Datum: 17. Oktober 2007 Thema: Die Geißel Rheuma Ein schleichender Prozeß Referent: Prim. Dr. Dietmar Striberski Leiter der Abteilung für Innere Medizin, LKH Bludenz Prim. Dr. Günter Höfle Leiter der Abteilung für Inner Medizin, LKH Hohenems Prim. Dr. Dietmar Striberski Die Rheumatoide Arthritis Die Rheumatoide Arthritis, früher auch als „Primär Chronische Polyarthritis“ (PCP) ist nur eines von vielen Krankheitsbildern, mit denen sich der Rheumatologe oder der rheumatologisch interessierte Internist zu beschäftigen hat. Doch in kaum einem anderen Fachgebiet der Inneren Medizin haben sich in den letzten Jahren so viele bahnbrechende Forschungsergebnisse in Diagnostik und Therapie erzielen lassen wie gerade in diesem Bereich. Die echte Rheumatoide Arthritis betrifft etwa 1% der Bevölkerung, das sind in Vorarlberg zumindest 3.600 Menschen, davon 140-250 Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren (4-7%). Die Erkrankung kann somit in jedem Lebensalter auftreten, am häufigsten manifestiert sie sich zwischen dem 25. und 50. Lebensjahr. Definitionsgemäß handelt es sich um eine meist chronisch und in der Regel progredient verlaufende Systemerkrankung des Bindegewebes, die sich mit destruierenden Veränderungen an den Gelenken manifestiert und fakultativ Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel sowie Augen und Innere Organe befällt. Die endgültige Ursache der Rheuamtoiden Arthritis ist noch ungeklärt. Zu Beginn der Erkrankung steht eine Fehlregulation des Immunsystems. Aktuelle Forschungsergebnisse konnten dabei die besondere Rolle von B- und T-Lymphozyten, Mastzellen, Makrophagen, Histiozyten, dendritische Zellen u.v.m. nachweisen, die auch über eine Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen den Krankheitsprozess aktivieren und aufrecht erhalten. Von besonderer Bedeutung dürfte dabei das Ungleichgewicht von entzündungsfördernden (proinflammatorischen) und entzündungshemmenden (antiinflammatorischen) Zytokinen sein. Für eine effektive Therapie und zur Vermeidung der invalidisierenden Spätfolgen, die diese Erkrankung nach sich ziehen kann, ist eine möglichst frühzeitige Diagnostik von ganz entscheidender Bedeutung. Die drei klassischen „Frühwarnsymptome“ sind: • 3 oder mehr schmerzhaft geschwollene Gelenke • Positiver „Squeeze Test“ ( MTP / MCP – Gelenke beteiligt) • Morgensteifigkeit länger als 30 Minuten Das gemeinsame Auftreten dieser Symptome sollten den Patienten zum Arzt und im weiteren zum Spezialisten führen, der dann eine umfassende Abklärung veranlassen sowie eine wirksame Therapie einleiten kann. Gerade im Bereich der Therapie der Rheumatoiden Arthritis konnten in den letzten Jahren ganz wesentliche Fortschritte erzielt werden: Die Anwendung sog. DMARDs (Disease Modifying Antirheumatic Drugs) in der richtigen Kombination und Dosierung führen häufig zur Kontrolle der zerstörerischen entzündlichen Aktivität. An der Spitze der Therapiepyramide stehen dann schließlich die hochwirksamen, aber leider sehr teuren sog. „Biologicals“, die selektiv – zum Beispiel in Form sog. „Monoklonaler Antikörper“ -wesentliche Botenstoffe (z.B. TNF-Alpha, Interleukin 6, Interleukin1) oder auch die Schlüsselzellen (B- und T-Lymphozyten) in ihrer Wirkung hemmen oder komplett antagonisieren können und so zu einer nachhaltigen Kontrolle des zerstörerischen entzündlichen Prozesses führen. Die rechtzeitige Diagnosestellung und die folgende konsequente Therapie sind von entscheidender Bedeutung, dass heutzutage schwere, unter Umständen bis zur Invalidisierung führende Gelenkszerstörungen nicht mehr hingenommen werden müssen. Prim. Dr. Günter Höfle Rheuma: Häufigkeit: Bis zu zwei Millionen Österreicher leiden an einer rheumatischen Erkrankung, Junge und Alte. Begriffserklärung: Mit „Rheuma“ beschreibt man einen „fließenden Schmerz“. Man unterscheidet zwischen Rheumaarten mit und solchen ohne Entzündung. 1) Entzündliches Rheuma: Verschiedene Formen, z.B. a) Erkrankung des Immunsystems, die ohne erkennbare Ursache zu einer Entzündung führt und dann Gelenksschwellungen und –schmerzen hervorruft. Manchmal sind auch innere Organe von der Entzündung betroffen. b) Gicht: ca. 1 % der Bevölkerung ist betroffen; Auslöser sind starker Fleisch- und Alkoholgenuss; durch Harnsäurekristallbildung kommt es zu äußerst schmerzhaften Gelenksschwellungen. 2) Nicht-entzündliches Rheuma: Weichteilrheuma inkl. Fibromyalgie, Arthrose (Abnützung des Gelenksknorpels) Medikamente: Entzündungshemmer kommen vor allem zum Einsatz. Durch neue Medikamente kann immer noch effizienter behandelt werden. Kortisoninjektionen in Gelenke können auch kleine Wunder bewirken. Nicht-medikamentöse Therapie: Physiotherapie, physikalische Maßnahmen (Wärme, Kälteanwendungen, Strom, Ultraschall, etc.), Ergotherapie, Diät (z.B. bei Gicht). Manchmal ist aber eine Operation notwendig, zum Beispiel wenn es zu Schäden an Gelenken oder Sehnen gekommen ist. In bestimmten Situationen kann die Gelenksentzündung auch nuklearmedizinisch behandelt werden, wenn nur ein oder zwei Gelenke betroffen sind. Fazit: Da sich die Rheumabehandlung rasant weiterentwickelt, gibt es für viele Patienten sehr gute Behandlungsmöglichkeiten! Weitere Informationen: Prim. Dr. Dietmar Striberski Leiter der Abteilung für Innere Medizin, LKH Bludenz Spitalgasse 13 A-6700 Bludenz Telefon: +435552/603 - 2600 Email: [email protected] Prim. Dr. Günter Höfle Leiter der Abteilung für Innere Medizin, LKH Hohenems Bahnhofstrasse 31 A-6845 Hohenems Tel: +43 (0)5576 / 703 - 2600 Email: [email protected]