Kurz, selten, heftig

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gien absorbieren. Das ist vor allem blaues
Licht mit einer Wellenlänge von etwa 430
Nanometern und gelbes Licht mit etwa
650 Nanometern. Reflektiert wird das
grüne Licht, dessen Wellenlängen dazwischen liegen. So entsteht die für uns sichtbare Farbe der Blätter. Infrarotes Licht,
das vergleichsweise energiearm ist, wird
von der Pflanze nicht benötigt und daher
reflektiert.
Zudem nehmen Biologen an, dass die
Pflanze überhitzen würde, wenn sie alle
Wellenlängen des einfallenden Lichts absorbierte. Das resultierende Spektrum
lässt sich also vermutlich dadurch erklären, dass Pflanzen zwischen der notwendigen Absorption und dem Vermeiden von Überhitzung geschickt die Waage halten. So gesehen liegt es nahe, dass
auch Pflanzen auf anderen Planeten ein
ähnliches Spektrum aufweisen, sofern
sie überhaupt Photosynthese betreiben.
Auch auf Planeten bei kühleren Sternen
wäre Photosynthese möglich, wenn auch
durch eine andere Reaktionskette als auf
der Erde. Die steile Kante im Spektrum
wäre selbst in diesem Fall vorhanden,
sie würde nur zu größeren Wellenlängen wandern. Generell halten Biologen
die Photosynthese für einen sehr effektiven und nahe liegenden Mechanismus
und finden es plausibel, dass er sich in der
Evolution auch auf anderen Planeten gut
durchsetzen könnte.
Für die Astrobiologen bleibt also zu
hoffen, dass die untersuchten Planeten
möglichst wenige Wolken und dafür
umso mehr vegetationsbedeckte Gebiete
aufweisen, und zum Zeitpunkt der Beobachtungen von ihrem Stern möglichst
optimal beleuchtet werden. Sind diese
Voraussetzungen allerdings gegeben, so
wäre es mit der Beobachtung der »roten
Kante« sogar möglich, die Rotationsperiode eines nicht räumlich aufgelösten Exoplaneten zu bestimmen. Gebiete mit und
ohne Vegetation würden abwechselnd in
das Gesichtsfeld wandern, und die Ausprägung der »roten Kante« würde sich periodisch ändern – eine geradezu phantastische Vorstellung!
ELISABETH GUGGENBERGER
Kurz, selten, heftig
Neue Klasse von Neutronensternen entdeckt
Nicht alle Strahlungsquellen am Himmel leuchten permanent (wie
die Sterne) oder periodisch (wie die Pulsare). Jetzt wurden Radiostrahler entdeckt, die für wenige Millisekunden aufblitzen, sich
dann aber für Minuten oder Stunden völlig ruhig verhalten. Die Signale dieser »rotating radio transients« genannten Objekte sind für
weniger als eine Sekunde pro Tag nachweisbar.
Auch im »Licht« der Radiostrahlung betrachtet, ist der Himmel noch immer für
Überraschungen gut. Ein internationales
Team um Maura A. McLaughlin von der
Universität Manchester hat mit dem Parkes-Radioteleskop in Neusüdwales (Australien) eine neue Spezies von Neutronensternen entdeckt: Für die Dauer von
wenigen Millisekunden gehören sie zu
den stärksten Radioquellen am Himmel,
aber nach einem solchen Ausbruch verfallen sie in ungewöhnlich langes, Minuten bis Stunden währendes Schweigen,
bevor es erneut zu einem sporadischen
Ausbruch kommt (M. A. McLaughlin et
al., Nature 439, Seiten 817–820, 16. Februar 2006).
Neutronensterne entstehen in Supernovaexplosionen, wenn ein Stern mit
dem ursprünglich Zwei- bis Dreifachen
der Sonnenmasse nach Ende der Kernfusionsprozesse seine Gashülle abstößt
20
STERNE UND WELTRAUM
Juni 2006
und sich die restliche Materie unter Einfluss der Gravitation so weit verdichtet,
dass Elektronen und Protonen sich zu
Neutronen vereinen. Die Umdrehungsgeschwindigkeit des auf kompakte 20 bis 30
Kilometer Durchmesser geschrumpften
Objekts aus Neutronenmaterie nimmt
dabei infolge der Drehimpulserhaltung
entsprechend zu: Rotationsperioden im
Sekunden- oder sogar Millisekundenbereich sind möglich.
Beobachten lassen sich Neutronensterne im Radio-, Gamma- und Röntgenbereich, sehr selten im Optischen. Besitzt
der Neutronenstern eine Magnetosphäre,
können geladene Teilchen an deren Oberfläche so stark beschleunigt werden, dass
sie gebündelte Synchrotronstrahlung
emittieren. Überstreicht der Strahlungskegel dann in jeder Rotationsperiode des
Neutronensterns – einem Leuchtturm
ähnlich – einmal die Erde, so können die
Astronomen im Radiobereich eine Folge
von kurzen Strahlungspulsen empfangen. Seit 1967, als der erste »pulsierende«
Neutronenstern im Krebsnebel entdeckt
wurde, sind rund 1600 solcher Pulsare
im Milchstraßensystem wie auch einige
in den Magellanschen Wolken identifiziert worden. Wesentlichen Anteil an dieser Ausbeute hatte das mit einem Multibeam-Empfänger ausgestattete 64-mParkes-Radioteleskop, mit dem von 1998
bis 2002 eine Pulsar-Durchmusterung
durchgeführt wurde.
Sie meldet sich,
sie meldet sich nicht…
In den dabei gesammelten Daten suchte
das Team von McLaughlin nicht nur nach
regelmäßig emittierenden Pulsaren, sondern auch nach einzelnen Strahlungsausbrüchen kompakter Objekte: Elf Quellen
wurden gefunden, die meisten in der galaktischen Ebene. Seit August 2003 wurden sie alle intensiv bei Radiofrequenzen
zwischen 1300 und 1500 MHz nachbeobachtet. Die Gesamtbeobachtungszeit lag
für verschiedene Quellen zwischen 8 und
41 Stunden.
Das »schweigsamste« Objekt, das entsprechend seiner Koordinaten die Katalogbezeichnung J 1911+00 trägt, machte sich
in insgesamt 13 Stunden Beobachtungszeit nur viermal für jeweils rund fünf Millisekunden bemerkbar. Die anderen zehn
Quellen funken zwar auch nicht regelmäßig, aber durchschnittlich mindestens
doppelt so oft oder (mehrmals) stündlich,
was immerhin eine genauere Analyse der
Pulsankunftszeiten gestattete. Je nach anvisierter Quelle dauern die Einzelpulse
zwei bis 30 Millisekunden. Da die Objekte somit kaum mehr als eine Sekunde pro
Tag für Erdbewohner sichtbar sind, wurden diese sporadischen Quellen »Rotating
Radio Transients« (RRATs) genannt.
Der mit durchschnittlich knapp vier
Minuten Pulsabstand »sendefreudigste«
RRAT ist zugleich auch eine der strahlungsstärksten Quellen am Himmel, zumindest für kurze Zeit: J 1819–1458
emittierte in 13 Stunden Beobachtungszeit 229 Mal mit Pulsdauern von typischerweise nur drei Millisekunden. Die in
dieser Zeit größte gemessene Flussdichte
betrug 3600 Millijansky (siehe Abb. 1 c).
Das sehr schmale Zeitfenster, in dem die
Strahlung emittiert wird, erklärt zum einen, dass die Quelle trotz der hohen Intensität bei bisherigen Pulsar-Durchmusterungen nicht auffiel, zum anderen liefert
es einen Hinweis auf einen möglicherweise lokalen Entstehungsmechanismus der
Strahlung. Die Maximalflussdichten der
anderen RRATs fallen mit 100 bis 1100
Millijansky deutlich niedriger aus; ihre
durchschnittlichen »Wartezeiten« zwi-
schen zwei Pulsen liegen zwischen zwölf
und 100 Minuten.
Es sind die Pulsankunftszeiten, die auf
rotierende Neutronensterne als Quelle der
Pulse schließen lassen: Bei vier der zehn
Objekte liegt die ermittelte Rotationsperiode unter einer Sekunde, in fünf Fällen
zwischen vier und sieben Sekunden, was
typisch für Magnetare, junge Neutronensterne mit außerordentlich starkem Magnetfeld, untypisch dagegen für »normale«
Pulsare ist (siehe Abb. 2).
Bei drei RRATs, deren Positionen am
genauesten bekannt sind, konnte auch
die Verlangsamung der Sternumdrehung,
also die langfristig sich erhöhende Rotationsperiode P, gemessen werden. Für
diese Objekte wurde mit Hilfe der gemessenen Größen P und dP/dt das Magnetfeld und das ungefähre Alter des Objekts
berechnet (siehe Sternsymbole in Abb.
2). J 1819–1458, der bereits beschriebene
J 0848–43
27 Pulse
10
»Sendefreudige«, fällt dabei auch durch
eine – auf der Grundlage von Neutronensternmodellen berechnete – sehr hohe
Magnetfeldstärke von 5  109 Tesla auf.
Und sein Alter scheint mit 117 000 Jahren sehr gering. Im Gamma- und Röntgenstrahlenbereich findet sich an den
drei gut lokalisierbaren RRAT-Positionen
(Quellen J 1317–5759, J 1819–1458 und
J 1913–1333) keine bekannte Emission.
Auch deutet bei diesen Quellen nichts
darauf hin, dass die Neutronensterne einen Begleiter hätten.
Häufiger als »normale« Pulsare?
McLaughlins Team schätzte zudem, wie
groß die Population von RRATs im Milchstraßensystem sein könnte. Denn mit bisherigen Instrumenten, Beobachtungszeiten und Software-Algorithmen ist ein
Nachweis schwierig, insbesondere angesichts zahlreicher terrestrischer Interfe-
J1317–5759
108 Pulse
a
J1819–1458
229 Pulse
b
J1846–02
11 Pulse
c
d
Anzahl Pulse
10
10
1
80 90 100

70
1
1
500 1000
1000
100
Einzelpuls-Flussdichten bei 1400 MHz [Millijanksy]
Abb. 1: Die einzelnen Pulse der
neu entdeckten »rotating radio
transients« variieren deutlich in
ihrer Intensität. Für das Objekt
J 1819–1458 zum Beispiel wurden 229 Pulse gemessen, deren
Flussdichten bei 1400 MHz zwischen 200 und 3600 Millijansky
betrugen. (Bild: M. A. McLaughlin
et al.)

Abb. 2: Dieses Diagramm vergleicht die Rotationseigenschaften von Pulsaren (Punkte), Magnetaren (Quadrate), einem im
Radiobereich stillen Einzel-Neutronenstern (Raute) und drei
RRATs (Sterne). Aufgetragen ist
die zeitliche Änderung der Neutronenstern-Rotationsperiode
dP/dt in Abhängigkeit von der
Rotationsperiode P. Die gestrichelten Linien markieren Zonen
gleichen Sternalters und gleicher
Magnetfeldstärke. (Bild: M. A.
McLaughlin et al.)
10 10
1000
Tesl
a
–10
Logarithmus der Änderung der Rotationsperiode dP/dt
1
renzen. Die vorliegende Untersuchung
ist beispielsweise für Pulsdauern länger
als 32 Millisekunden eher unempfindlich.
Ebenso liegt wie bei Pulsaren der Strahlungskegel von RRATs nicht unbedingt
auf der Sichtlinie. Eine Simulation ergab,
dass es – unabhängig von ihrer Beobachtbarkeit – rund 400 000 RRATs innerhalb
der Galaxis geben könnte, viermal mehr
als vermutete Radiopulsare.
Pulsare werden als »kosmische Leuchttürme« von höchster Taktgenauigkeit gepriesen. Sie sind es auch, jedoch zeigt sich
ihre Zeitpräzision erst, wenn über eine
Vielzahl von Folgepulsen gemittelt wird.
Beobachtet man diese zeitaufgelöst, so ergeben sich auf verschiedenen Zeitskalen
bis in den Nano- und Mikrosekundenbereich bei einigen Pulsaren extreme Intensitätsfluktuationen. Ob diese Riesenpulse
der regelmäßig emittierenden Pulsare mit
den RRATs hinsichtlich des Emissionsmechanismus in Zusammenhang stehen,
ist allerdings höchst ungewiss, da sowohl
die Zeitskalen als auch die Größenordnung der Intensitäten sehr verschieden
sind. Vielleicht ist ein RRAT die Normalversion eines Neutronensterns? Möglicherweise wird man RRATs in »leeren«
Supernovaüberresten ohne nachweisbaren Pulsar finden? In jedem Fall werden
Neutronenstern-Theoretiker substanziell neues Datenmaterial für ihre Modelle
erhalten – vor allem, wenn die RRAT-Exploration mit neuen Teleskopen wie zum
Beispiel dem geplanten Square Kilometer
Array starten wird. SUSANNE SCHOOFS
–12
103 Jahre
10 8
–14
–16
0.01
Tesl
a
105 Jahre
107 Jahre
0.1
1
Rotationsperiode P [Sekunden]
STERNE UND WELTRAUM
10
Juni 2006
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