Hinweis

Werbung
Hinweis
Bei dieser Datei handelt es sich um ein Protokoll, das einen Vortrag im Rahmen
des Chemielehramtsstudiums an der Uni Marburg referiert. Zur besseren
Durchsuchbarkeit wurde zudem eine Texterkennung durchgeführt und hinter das
eingescannte Bild gelegt, so dass Copy & Paste möglich ist – aber Vorsicht, die
Texterkennung wurde nicht korrigiert und ist gerade bei schlecht leserlichen
Dateien mit Fehlern behaftet.
Alle mehr als 700 Protokolle (Anfang 2007) können auf der Seite
http://www.chids.de/veranstaltungen/uebungen_experimentalvortrag.html
eingesehen und heruntergeladen werden.
Zudem stehen auf der Seite www.chids.de weitere Versuche, Lernzirkel und
Staatsexamensarbeiten bereit.
Dr. Ph. Reiß, im Juli 2007
Experimentalvortrag im Rahmen des Lehramtsstudiums für Chemie
an der Philipps-Universität-Marburg
Fachbereich Chemie
Leiter: Prof Dr. Perst, Dr. Gerstner, Dr. Butenuth
Referentin: Vera Kessel
Vortrag vom 08.05.96
Stoffwechselprodukt des l\lenschen
RUild
Uln
dei] Urin
(
SS 1996
Chemie in der Schule: www.chids.de
.:
-.
I
" -~
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
3
2. Bildung und Bedeutung des Urins in unserem Körper..
3
.4
3.Die Inhaltstoffe des Harns
3.1. Der Harnstoff
4
3.1.1. Bildung des Harnstoffs
4
3.1.2. Harnstotfuachweis über Biuret
8
3.2. Die Harnsäure
9
3.2.1. Bildung der Harnsäure
9
3.2.2 . Harnsäurenachweis
11
3.3. Glucose
/ \,
"
12
3.3.1. Glucosenachweis mit der Fehlingschen Probe
12
.-
13
3.4. Proteine
3.4 .1. Eiweißbestimmung mit Ninhydrin
13
4. Anwendung des Urins und seiner Bestandteile
15
4.1. Der Schwangerschaftstest
15
4.1.1.Durchfuhrung des Schwangerschaftstests
15
4.1.2 . Das Prinzip des Schwangerschaftstests
16
4 .2. Urin als Waschmittel ..
18
4.2 .1. Waschen mit Urin
18
4.3. Historische Indigofärbung mit Urin
19
4.3.1. Färben von Wollstoff mit Indigo
19
4.4 . Aminoplasten
21
4 .4.1. Darstellung von Aminoplasten
:1,
5. Literatur
Chemie in der Schule: www.chids.de
"
21
22
2
1. Einleitung
Im Zuge einer sich verstärkenden Diskussion über Urin als Naturstoff und Medikament, kann
es interessant sein, sich auch in naturwissenschaftlichen Kreisen mit diesem Thema auseinanderzusetzen . Dabei sollten uns Aussagen von Anwendern, die häufig von großen Erfolgen
bei der Eigenurinbehandlung berichten, hellhörig machen. Insbesondere, da viele Ratschl äge
unserer Großmütter über die Medikation mit Urin, eine wissenschaftlich begründete
Erklärung gefunden haben .
In meinem Vortrag sollte es jedoch nicht um solche Heilungsmethoden, oder deren wissenschaftlichen Erklärung gehen. Es sollte eher der Blick für dieses Naturprodukt geschärft und
der Versuch gestartet werden, den uns anerzogenen Ekel zum Urin abzubauen.
r,
2. Bildung und Bedeutung des Urins in unserem Körper
Urin ist neben dem Kot die wichtigste Ausscheidung des Körpers. In ihm werden viele Stoffe,
die der Organismus nicht direkt ben ötigt, ausgeschieden, wobei der wichtigste Bestandteil des
Urins der Harnstoff ist. Dieser Harnstoff wird in der Leber produziert und über die Blutbahn
zur Niere transportiert, wo er über semipermeable Membranen angereichert und über die
Harnwege als Urin ausgeschieden werden kann .
Neben dem Harnstoff, als Hauptbestandteil des Harns, befinden noch viele weitere Stoffe im
Urin. Meist nicht in angereicherter Form, aber doch in ähnlich hohen Konzentrationen wie im
Blut. Zu nennen wären hier : die Harnsäure als Abbauprodukt purinreicher Nahrungsmittel, das
Creatinin als Abbauprodukt der Muskelkontraktion, Proteine in Form von Antikörper,
, ,.
Chemie in der Schule: www.chids.de
3
. ..
,~
Ausscheidung/24 Stunden
Substanzen
45 - 75 mg
15 - 130 mg
Proteine
Glucose
ß,mylase (4-Nitrophenyl-a , D-Maltoheptaosid)
.
(4-Nitrophenyl-a, D-Maltopenta/hexaosld) .
(2-Chlor-4 -Nitropheny1- ß, D-Maltoheptaosld)
Kalium
Natrium
Chlorid
Phosphat
Calcium
Ammoniu mionen
titrierbare Acidität
unter 600 U /1
unter 300 U /1
unter 600 U /1
c'. , - .!,a,.
35 - 80 mmol ~
100 - 220 mrnol ~ ~,Ir-S'"~
100 - 240 mmol ~ 3, )-I,G', .
25- 50mmol~.,t$-..(.~~
3 8 mmol: t'. . . ' -~f3,
20 - 70 mmol
unter 40 mmol
15
Männer
Frauen
6
0,2
Creatin
Creatinin (pro kg Körpergewicht)
Harnstoff-N (abhängig von der Proteinzufuhr)
Harnsäure (abhängig von der Purinzufuhr)
o-Aminolävulinsäure
Porphobilinogen
Uroporphyrine
Coproporphyrine
Dopamin
Noradrenalin
Adrenalin
3 - Methy1-4 - Hydroxymandelsäure (Vanillinmande lsäure)
5-Hydroxyindo1essigsäure
- 250 mg
15 - 30 mg/kg
10 - 25 mg/kg
- 15 g
- 1,0 g
unter 7 mg
unter 2 mg
. unter 20 p.g
unter 80 ug
200 - 450 ug
20 - 100 ug
5 - 15 p.g
3 7 mg
2 7 mg
Tab .I : Ausscheidung von Harnbestandteilen beim gesunden Erwachsenen
(Quelle : Rick 1990, S.409)
3.Die Inhaltstoffe des Harns
3.1. Der Harnstoff
I)
3.1.1. Bildung des Harnstoffs
Überschüssige Aminosäuren, die nicht zur Synthese von Proteinen und anderen Biomolekülen
verwendet werden, lassen sich im Gegensatz zu Fettsäuren und Glukose im Körper nicht
speichern; sie werden aber auch nicht ausgeschieden, sondern dienen im Stoffwechsel als
Brennstoff. Das Kohlenstoffgerüst wird im Citratzyklus zu C02 oxidiert oder in wichtige
Bausteine der Zellen, wie: Acetyl-CoA oder Pyruvat umgewandelt. Die meisten Aminogruppen
der überschüssigen Aminosäuren werden jedoch in Harnstoff umgewandelt, der in >der '
Hauptsache mit dem Urin ausgeschieden wird . Ein Teil des Urins wirdauch im Darm wieder
zu C02 und 1\TH3 zersetzt .
Chemie in der Schule: www.chids.de
4
...
a) Der Amionsäureabbauabbau
Der Abbauprozess der Aminosäuren ist in der Leber lokalisiert. Hier wird zunächst die aAminogruppe der entsprechenden Aminosäure auf cc-Ketoglutarat übertragen, wobei Glutamat
entsteht. Diese Reaktion wird von der Aminotransferase katalysiert. Das Enzym überträgt
0.-
Aminogruppen von verschiedenen Aminosäuren auf cc-Ketoglutarat. Zurück bleiben
0.-
Ketosäuren.
H
I
I
+H N-C-R
J
cooGlutamat
Aminosäure
Reaktion 1: Transaminierung von Aminosäuren zu Glutamat
(Quelle: Stryer 1990, S.51?)
Diese Übertragung ist wichtig, da zum emen der nächste wichtige Schritt für den
Aminosäureabbau, die oxidative Desaminierung, hoch selektiv nur mit Glutamat abläuft und
zum anderen
in dieser Reaktion .die
Schaltstelle zum Ein-
und
Ausschalten
des
Aminosäureabbaus liegt, denn nur bei einem Aminosäureüberschuß soll die Reaktion ablaufen.
In der Natur werden viele wichtige Reaktionen in Teilreaktionen zerlegt, um dem Organismus
eine größere Kontrollmöglichkeit über den Reaktionsablauf zu geben.
Bei der anschließenden oxidativen Desaminierung wird Glutamat wieder zu u-Ketoglutarat
und einem Ammoniumion gespalten. Diese Reakion wird von der Glutamat-Dehydrogenase
katalysiert, der NAD+ als Coenzym dient. Es reicht als Erklärung aus , Daß NAO+
(Nikotinamidadenosindinukleotid) eine Verbindung ist, die in der Lage ist Hydridionen aufzunehmen. Es ist also ein Oxidationsmittel.
°c-coo-
NH +
I
J
11
H-C-COO-
I
I
CH2
I
CH 2
+
NAD+
+ H20
=== NH + +
4
(oder NADP+)
I
I
CH2
I
CH2
+
NADH
+W
(oder NADPH)
coo-
coo-
a-Ketoglutarat
Glutamat
Reaktion 2: Oxidative Desaminierung des Glutamats
(Quelle: Stryer 1990, S.518 .)
Das gebildete Ammonuimion ist giftig für den Organismus. Daher wird der Teil, der nicht, für .
die Synthese neuer Aminosäuren gebraucht wird, bei den Landwirbeltieren auf dem schnellsten
Wege in Harnstoff überfuhrt und in dieser Form über den Urin ausgeschi'~~en.
Chemie in der Schule: www.chids.de
5
...... ....
I
o
.-Am'",,'u,') (
11
H 2N-C-NH 2
a-Ketoglutarat
Harnstoff
Glutamat
a-Ketosäure
Abb.l : Schematische Darstellung des Werdegangs der a.-Aminogruppen vom Proteinen bis zum Harnstoff
(Quelle: Stryer 1990, S.518)
b) Der HarnstoffzykJus
Die Umwandlung der Ammoniumionen in Harnstoff findet im Harnstoffzyklus statt, der ebenfalls in der Leber lokalisiert ist. Hier wird über einen mehrstufigen Prozess aus C02 und NH4 +
das Diamid der Kohlens äure synthetisiert.
Der Harnstoffzyklus (nach Hans Krebs auch Krebszyklus genannt) ist der erste zyklisch ver-
(1
laufende Stoffwechselweg, der entdeckt wurde (5 Jahre früher als der Citratzyklus). Eines der
Stickstoffatome des in diesen Zyklus synthetisierten Harnstoffs stammt aus einer Aminosäure,
dem Aspartat. Der andere Stickstoff und der Kohlenstoff stammen von NH4+ und C02.
Ornithin ist der Carrier dieser C- und N-Atome.
Fum",! ~~";"
~91";)\
Ornithin
/ ->: Carbamoylphosphat
)
V'
R-C-NH 2
11
Aspartat
o
Citrullin
R''''':''NH 2
Abb 2: Der Harnstoffzyklus
(Quelle: Stryer 1990, S.522)
Zunächst wird in einer komplexen Reaktion aus NH4 +, C02, ATP (Adenosintriphosphat) und
H20 das Carbamoylphosphat. Diese Reaktion wird von der Carbamoylphosphat-Synthetase
katalysiert.
o
cO 2
+
+ NH 4 + 2
ATP
+ H20
0
11
11
---.. H2 N - C- O- ) - 0 -
0Carbamoylphosphat
Reaktion 3: Bildung des Carbamoylphosphats
(Quelle : Stryer 1990, 5.523)
Chemie in der Schule: www.chids.de
6
+2
ADP
+ Pi + 3
H+
Das Posphatderivat besitzt aufgrund seiner Anhydridbindung ein hohes Übertragungspotential
der
Carbamoylgruppe,
welche
mit
Ornithin
zu
Citrullin
reagiert.
Die
Ornithin-
Transcarbamoylase ist das katalysierende Enzym dieser Reaktion.
o
+H N
3
H-N-C-NH
I
1
CH2
I
?H 2
?H 2
0
0
CH2
11
11
?H 2
?H 2
I
coo-
2
f
+ H2 N - C - 0 - f - 0 - ~
0-
H-C-NH+
"
+ Pi
H-C-NH+
f
3
coo-
Ornithin
Carbamoylphosphat
3
Citrullin
Reaktion 4:' Bildung von Citrullin
(Quelle: Stryer 1990, S.523)
Die Argininosuccinat-Synthetase katalysiert dann die Kondensation von Citrullin und Aspartat,
wobei ATP in AMP (Adenosinmonophosphat) umgewandelt wird. Da in dieser Reaktion ATP
verbraucht wird, ist der Reaktionsschritt irreversibel.
o
11
H-N-C-NH
I
2
COOI
11
H-N-C-N-C-H
2
I
coo-
CH2
I
I
+ +H 3N-C-H
I
I
CH2
CH2
I
I
cooH-C-NH +
I
3
CH2
ATP
AMP
~L
+ PP
j
I
I
H CH 2
CH2
I
CH2
I
I
H-C~NH +
I
3
1
coo-
CH2
coo-
coo-
Citrullin
+H N
Argininosuccinat
Aspartat
Reaktion 5: Kondensation von Citrullin und Aspartat
(Quelle: Stryer 1990, 5.523)
Aus dem Argininosuccinat wird unter Abspaltung von Fumarat Arginin, das, durch die
Ti
Arginase katalysiert, hydrolytisch in Ornithin und Harnstoff gespalten wird.
+H N
COO-
2"
I
H-N-C-N-C-H
I
I
CH2
I
H
1
CH2
t
coo~
CH2
1
CH 2
I
I
H-C-NH +
coo-
3
Argininosuccinat
+H 2N
NH
11
I
HN-C-NH
I
2
CH 2
CH2
I
I
CH 2
I
t
CH 2
CH 2
H-C-NH
1
COOArginin
+
3
I
I
H-C-NH +
I
3
CH 2
+
3
COOFumarat
Harnstoff
Ornithin
Reaktion 6: Bildung von Harnstoff aus Argininosuccinat
(Quelle: Strycr 1990, S.522)
Auf diese Weise wird also in den terrestrischen Wirbeltieren der Harnstoff gebildet. Vögel .
scheiden aufgrund ihres begrenzten Wasserhaushaltes Harnsäure Anstelle von Harnstoff aus.
7
Chemie in der Schule: www.chids.de
Aber auch Menschen bilden zu einem gewissen Teil Harnsäure, die bei Gesunden ebenfalls mit
dem Urin ausgeschieden wird.
3.1.2. HarnstotTnachweis über Biuret
(Quelle : Beyer 1976, S.302)
Materialien :
Chemikalien:
Trockenschrank
Ethanol (technisch)
Becherglas
I O%-igeNatronlauge
Filter
1%-ige Kupfersulfat-Lsg.
Bunsenbrenner
Urin
Demonstrationsreagenzglas
Zunächst wurde der Harnstoff durch Einengen des Urins im Trockenschrank ausgefallt und
über UmkristaIIisieren mit Ethanol gereinigt .
Der so isolierte Harnstoff wurde über der Bunsenbrennerflamme erhitzt. Zunächst schmolz der
Feststoff. Bei weiterem Erhitzen zerfiel der Harnstoff, wobei Ammoniak ausgaste und ein
weißer Feststoff zurück blieb. Dieser wurde in etwas lO%-iger Natronlauge aufgenommen und
tropfenweise mit 1%-iger Kupfersulfatlösung versetzt. Die Lösung färbte sich zunächst rosa
9und bei weiterer Zugabe der Kupfersulfatlösung violetrot.
Den Reaktionsmechanismus muß man sich folgendermaßen vorstellen:
Zunächst hat sich aus einem Molekül Harnstoff, unter Abspaltung von Ammoniak
Isocyansäure gebildet.
o
11
~
HIJ-C-AJH
:c
~
•
HA; =C =0
Reaktion 7: Bildung der Isocyansäure aus Harnstoff
(Quelle: Beyer 1976, 5.302)
Mit einem weiteren Molekül Harnstoff reagiert diese zum Biuretreagenz.
o
I-I{;=c=o
,0
11
-I-
Ir
~ JJ-c -IJ~ ~ HoG, )J -C - JJII &~,L
Reaktion 8: Bildung des Buiretrcagenzes aus Isocyansäure und Harn stoff
(Quelle: Bcycr 1976. S.:102)
Chemie in der Schule: www.chids.de
8
0
11
c
-A.J~
Aber auch Menschen bilden zu einem gewissen Teil Harnsäure, die bei Gesunden ebenfalls mit
dem Urin ausgeschieden wird.
3.1.2. Harnstoffnachweis über Biuret
(Quelle: Beyer 1976, S.302)
Materialien:
Chemikalien:
Trockenschrank
Ethanol (technisch)
Becherglas
10%-ige Natronlauge
Filter
1%-ige Kupfersulfat-Lsg.
Bunsenbrenner
Urin
Demonstrationsreagenzglas
Zunächst wurde der Harnstoff durch Einengen des Urins im Trockenschrank ausgefallt und
über Umkristallisieren mit Ethanol gereinigt.
Der so isolierte Harnstoff wurde über der Bunsenbrennerflamme erhitzt. Zunächst schmolz der
Feststoff Bei weiterem Erhitzen zerfiel der Harnstoff: wobei Ammoniak ausgaste und ein
weißer Feststoff zurück blieb. Dieser wurde in etwas lO%-iger Natronlauge aufgenommen und
tropfenweise mit 1%-iger Kupfersulfatlösung versetzt. Die Lösung färbte sich zunächst rosa
9und bei weiterer Zugabe der Kupfersulfatlösung violetrot.
Den Reaktionsmechanismus muß man sich folgendermaßen vorstellen:
Zunächst hat sich aus einem Molekül Harnstoff: unter Abspaltung von Ammoniak
Isocyansäure gebildet.
o
H-e
11
IJ-C-/uH:c
Reaktion 7: Bildung der lsocyansäure aus Harnstoff
(Quelle: Beyer 1976, S.302)
Mit einem weiteren Molekül Harnstoff reagiert diese ZUlU Biuretreagenz.
o
"-
~
(,.0
11
u-c -IJ~
'11
~ 11<, ,u -c -J..JII-C -.lJ~
t8~~
Reaktion 8: Bildung des Buiretreagenzes aus Isocyansäure und Harnstoff
(Quelle: Bcyer 1976, 5.302)
Chemie in der Schule: www.chids.de
8
0
11
-
' ;' ,
I ...,.,.
,' ,,' ", ', -, <. ~ . :... ;....\
Im Basischen bildet sich über eine Säure-Base-Reaktion und unter Zugabe von Kupfer UIonen ein Chelatkomplex mit Kupfer II als Zentralatom und vier Stickstoffatomen aus Biuret
als Liganden. Dieser Komplex ist violettrot.
I.
Reaktion 9: Bildung eines Kupfer Il-Komplexes aus Biuret und Kupfer Il-Ionen
(Quelle : Beyer 1976, S.302)
Der Nachweis ist spezifisch für Harnstoff
3.2. Die Harnsäure
3.2.1. Bildung der Harnsäure
(Quelle : Stryer 1990, S.645)
Auch die Harnsäure ist ein Abbauprodukt, das, bei gesunden Organismen, über den Harn aus
I '
dem Körper ausgeschieden wird. Bei Säugetieren ist es jedoch kein Abbauprodukt der
Aminosäuren (Vögel scheiden aufgrund ihres geringen Wasserhaushaltes auch bei
Aminosäureabbau Harnsäure aus), sondern entsteht beim Zersetzen von Nucleosiden.
NucIeoside sind die kleinsten Bausteine der DNA und sind aus den entsprechenden Basen:
Tymin, Adenosin, Cytosin und Guanin aufgebaut, die über eine Stickstoff-Sauerstoff-Bindung
mit einem Ribosemolekül am l '-Ende verbunden sind. Am 5' -Ende ist die Ribose über eine
Anhydridbindung mit einem Phosphat verbunden .
Die Nucleoside einer Zelle unterliegen einem kontinuierlichem Umsatz. Am Beispiel 'des'
Abbaus von AMP (Adenosinmonophosphat) läßt sich die
Harnsäure exemplarisch darstellen.
Chemie in der Schule: www.chids.de
Umwan~lung
(;
9
von Purinen zu
...... _..'
o
;
...•...... :..
o11
11
HN/C '-C ---N~
---->
I
11
~C H
HC"", / C---NI
N
I
Ribose -®
IMP
Hypoxanthin
/
Harnsäure
(Ketoform)
Xanthin
Reaktion 10: Der Abbau von AMP zu Harnsäure
(Quelle: Stryer 1990, S.645)
AMP wird zunächst zu IMP (Inosinmopophosphat) hydrolysiert und anschließend hydrolytisch
in Hypoxanthin (die freie Base) und Ribose-S'-Phosphat gespalten. Die Xanthin-Oxidase katalysiert dann die Oxidation des Hypoxanthin zu Xanthin und weiter zu Urat . Oxidationsmittel ist
bei dieser Reaktion der molekulare Sauerstoff; er wird zu H202 reduziert, das dann durch die
Katalase in H20 und 02 zelegt wird.
Auch die Harnsäure gelangt über die Blutbahn in die Niere und wird dort im Urin angereichert
und über die Harnwege ausgeschieden . Die Harnsäurekonzentration im Urin sagt also nichts
über die Konzentrationen im Blut aus. Es gibt Menschen die aus einem Defekt heraus nicht in
der Lage sind Harnsäure anzureichern und auszuscheiden .-Dieser Defekt tritt verstärkt im fortgeschittenen Alter auf. Bei diesen Menschen kristallisiert die Harnsäure in den Gelenken aus
und sie bekommen Gicht. Sie müssen purinreiche Nahrungsmittel wie Fleisch meiden. Eine entsprechende Diät kann die Symtome nur lindern jedoch nicht beheben, da der eigene
Organismus ja ebenfalls Purine erzeugt und wieder abbaut.
(
Chemie in der Schule: www.chids.de
10
;
' . ': : :
3.2.2. Harnsäurenachweis
3.) Fällung der Harnsäure
(Quelle: Holleman; Schuler 1965, S.92)
Materialien:
Chemikalien:
11 Standrundkolben
Hel (konz.)
1DOml Meßzylinder
Ethanol (technisch)
Filter
Urin
Zur Vorbereitung des Hamsäurenachweises muß die Säure zunächst aus dem Urin gefallt werden. Dazu wurde 11 Urin mit IOOml konz. Hel versetzt und 48-72 Stunden zum Kristallisieren
ruhen gelassen. Das Reaktiongemisch färbte sich tief dunkelbraun und die Harnsäure fiel als
dunkelbraune Kristalle aus. Diese Kristalle wurden 4-mal mit Ethanol gewaschen und getrocknet.
b.) Nachweis als Murexid
(Quelle: Beyer 1976, S.704-705)
Materialien:
Chemikalien:
Porzellanschale
HN03 (konz.)
-Tropfpipette
2n Ammoniak
gefällte Harnsäure
In einer Porzellanschale wurde eine Spatelspitze Harnsäure mit zwei Tropfen konz.
Salpetersäure versetzt und über der Bunsenbrennerflamme zur Trockne eingedampft. Der
Rückstand wurde in 2n NH 3 aufgenommen, wobei ein purpumer Farbstoff entstand.
lc
Der Mechanismus dieser Reaktion kann folgendermaßen erklärt werden:
o
o?
U.H
T~~
)=0
H~
1
o~x
)Lll
I
H
~
.
T
r
H)~
HIt)
---+
0
~
11
~HC-~H2
T
I
"~....
H
I
OH
~.
I
I
I
0
0
1I. HX
. : ~HC-~H:!
H~
oAx~o
II
)lY ~H ~
i
"'1
~l
·'H
i
- ~HJ o~x--Ao
H
~rarnil
Harnsäure
o
I
~
-,-
H
H~
0
0
Ä r",,0
':1'
1),0~N
c-: "'_ . /~-o
~"
H
I
NH 2 " ./
H../f,.
I
I
- -
,
/~ ~H
!
~-~
'~/
.... 0
H
()~
Alloxan
Urarn it
Reaktion 11: Reaktionsmechanismus der Murexidreaktion
(Quelle: Bcyer 1976, S.7(6)
Chemie in der Schule: www.chids.de
11
.._•...__ I
_.~"
.' :'
Beim Erhitzen der Harnsäure mit Salpetersäure laufen zwei Reaktionen parallel ab; zum einen
wird ein Teil der Harnsäure zu Alloxan oxidiert, zum anderen findet eine hydrolytische
Spaltung der Harnsäure unter Abspaltung von CO 2 und NB3 zu Uramil statt. Uramil und
Alloxan vereinigen sich im Alkalischen zu Murexid, einem purpurfarbenem Farbstoff.
3.3. Glucose
Im Gegensatz zur Harnsäure und zum Harnstoff, spiegelt die Glucosekonzentration im Urin
jene im Blut wieder, da Zucker durch die Niere nicht angereichert werden können . Wie aus
Tabelle 1 ersichtlich ist, scheidet der Mensch im Schnitt 45-75 mg Glucose täglich aus. Liegt
die Menge an ausgeschiedener Glucose wesentlich höher, so ist der Mensch zuckerkrank.
Ein qualitativer Nachweis der Glucose im Harn gesunder Menscher also bei einer
Konzentration von 25-50 mg/l ist mit der Fehlingschen Probe gut möglich.
3.3.1. Glucosenachweis mit der Fehling'schen Probe
(Quelle: Rick 1990, S.428)
Materialien
Chemikalien
50ml Becherglas
Fehlingsches Reagenz: 1,5g CUS04 . 5 H 20
Bunsenbrenner
6,Og Na,K-Tartrat
Dreifuß mit Drahtnetz
in 3,3%-iger NaOH
50ml Meßkolben
zu 11 gelöst
Urin
11
20 ml Urin wurde mit der gleichen Menge Fehlingschem Reagenz versetzt und über dem
Buns enbrenner erhitzt. Während des Erwärmens entfärbte sich die Reaktionslösung zunächst
allmählich, um in der Siedehitze ziegelrot zu werden.
Grundlage des Reaktionsmechanismus' ist die reduzierende Wirkung der Glucose. Die Glucose
besitzt eine Keto-Enol-Tautomerie, wobei die Enolfonn leicht durch CuII-Ionen oxidiert
werden kann. Es wird das di-Keton gebildet. Das Kupfer-Il-Sulfat wird zum ziegelroten
Kupfer-I-Hydroxid reduziert. Bei besonders hohen Zuckerkonzentrationen fällt das CuOH als'
ziegelroter Niederschlag aus.
, ,.
Chemie in der Schule: www.chids.de
12
u
"C ~
0
/-I,
I
C
,
HC 0/-1J.l 0
,
c 1-1
1-1
()fI.
~
,
+Ut.S~41IUR
-- J.I<-SOq
I-IOCI+
I
1-1(01-1
I
C~OH
c
//
0
,
,
f.JC==O
J.l C-OI-J
~
<,
I
11
J.JcoH-
'I
/'
I
I-IOCI-I
,
#4COIJ
,
1-1 L 01-1
/-ICOII
I-JColI
J
C /J.l
o1-1
+ Cu- 01-1
("hf.)
I
CH,zOI-l
Reaktion 12: Oxidation der Glucose in der Fehlingschen Probe
(Quelle: Rick 1990, 5.428)
3.4. Proteine
Beim gesunden Erwachsenen liegt die Tagesmenge der ausgeschiendenen Proteine bei
15-130 mg. Sie bestehen in der Regel aus Antikörpern und spiegeln ähnlich der
Glucosekonzentration die Mengen im Blutserum wieder. Zusätzlich kommt es aber auch zu
Verunreinigungen durch Fremdkörper in der Harnblase. Diese Verunreinigungen sind besonders hoch, bei einer entzündlichen Erkrankung der Harnwege. In diesem Fall bestehen die
Proteine in der Hauptsache aus Erytrocyten. Es ist möglich einen spezifischen Nachweis von
Proteinen getrennt nach Erytrocyten und anderen Eiweißen zu machen. Im Rahmen meines
Vortrags wäre dies jedoch zu aufwendig gewesen. Daher habe ich mich auf die allgemeine
Proteinbestimmung beschränkt.
3.4. t. Eiweißbestimmung mit Ninhydrin
(Quelle: Brewer; Pesce; Ashworth 1977, S.78fi)
Ninhydrin ist eine Substanz, die in der Biochemie vorrangig zur Proteinbestimmung im
Rahmen der Chromatographie angewandt wird. Sie ist aber auch im wässrigen Melieur wirksam. Für die Reaktion müssen die Proteine jedoch zunächst in die Aminosäuren gespalten
:!'
werden.
a) Aufbereitung der Proteine
Materialien:
Chemikalien:
Wasserbad mit Termostat
konz. Hel
Demonstrationsreagenzglas
Urin
Chemie in der Schule: www.chids.de
13
•
Zu Spaltung der Proteine in die entsprechenden Aminosäuren, wurden 40 ml Urin mit 4 ml
konz. Hel versetzt und 24 h im Wasserbad bei 900 e inkubiert. Anschließend wurde bis zur
Trockne eingedampft, um die Salzsäure aus dem Reaktionsgemisch zu entfernen, und in 40 ml
H20 aufgenommen.
b) Nachweis mit Ninhydrin
Materialien:
Chemikalien:
Dmonstrationsreagenzglas
ges. Ninhydrin-Lsg.
50ml Meßzylinder
aufbereiteter Urin
Meßpipette
Zu dieser vorbehandelten Urinprobe wurden 3 mI einer gesättigten Ninhydrinlösung gegeben.
Nach einer Inkubationszeit von 10 min färbte sich die Lösung allmählich violett. Nach weiteren
10 min war die Violettfärbung abgeschlossen.
Die Reaktion beruht auf der reduzierenden Wirkung der Aminogruppe einer Aminosäure.
Dabei wird die Aminogruppe am a-C-Atom der Säure zur Schiffsehen Base oxdiert und anschließend zum entsprechndem Aldehyden und Ammoniak hydrolysiert. Gleichzeitig geht oxNinhydrin in seine reduzierte Form über. Zusammen mit einem weiteren Molekül ox-Ninhydrin
und dem gebildeten Ammoniak entsteht Ruhemanns-Purpur, ein purpur- bis blaufarbener
Farbstoff.
HzO
Hp
R
HC-NH+)
~
I'
R
(-NH
t
C
I
t
I
coo-
COOH
OH
H
o
o
2 - Othydroxy -1,] - ind.ndion
12
~teu.rttS
1,°
'H
Aldehyd
0
Amfnosäure
(°2
R
Nlnhydnn)
2- Hydroxy -1,3 ·;ndandion
(f'tdulftt1., Ntnhydnn)
.N
o
0
Ru~-Purpur
Reaktion 13: Reaktionsmechanismus der Ninhydrinrcaktion
(Quelle: Brcwer; Pcscc; Ashworth 1977, S.78)
Chemie in der Schule: www.chids.de
14
---
4. Anwendung des Urins und seiner Bestandteile
Neben der Analyse des Urin in der Medizin, gibt es weitere Anwendungsmöglichkeiten des
Urins und seines Hauptinhaltstoffs, dem Harnstoff Eine moderne Anwendung ist der
Schwangerschaftstest, wobei man sich streiten kann, ob dieser nicht noch zu den Analysen zu
zählen ist.
Für weitere Bereiche muß man häufig tief in der Geschichte zurück gehen, da der Urin als
Rohstoff heute in den Hintergrund getreten ist. Anwendungbereiche waren der Urin als
Waschmittel oder zur Indigofärbung.
4.1. Der Schwangerschaftstest
Ist eine Frau schwanger, so streut ihr Körper ein Hormon aus, das Choriongonadotropin
(heG), oder auch Gelbkörperehenhormon heißt. Da es sich um ein Hormon handelt, das die
semipermeablen Membranen der Niere überschreiten kann, ist es im Urin in gleich hoher
Konzentration wie im Blut vorhanden. Der Schwangeschaftstest beruht nun auf dem Nachweis
dieses Hormons im Urin.
Da das Hormon nicht wärend der gesamten Schwangerschaft konstant im Körper vorhanden
ist, sondern seine Konzentration bis zum funften Monat ansteigt, am Anfang des fünften
Monats sein Maximum hat und anschließen wieder steil abfällt, ist ein Nachweis nur bis zum
sechsten Schwangerschaftsmonat möglich.
4.1.1.Durchführung d-es Schwangerschaftstests
Materialien:.
Chemikalien:
käuflicher Schwangerschaftstest
Urin
(Eva-Test)
Tropfpipette
Der Urin wurde mit einer Pipette gemäß der Anleitung auf die Auftragszone gegeben, mit dem
beigegebenen Deckel geschlossen und das Teststäbchen umgedreht. Nach etwa 5 min konnte
das Ergebnis abgelesen werden.
Chemie in der Schule: www.chids.de
15
1!
4.1.2. Das Prinzip des Schwangerschaftstests
das Prinzip des Schangerschaftstests beruht auf einer Antigen-Antikörper-Reaktion. Der
Begriff Antigen bezeichnet eine Fremdsubstanz in einem Körper, die vom Organismus auch als
solche erkannt wird und gegen die Antikörper gebildet wird. In diesem Fall ist das Antigen das
Gelbk örperehenhormon das über eine Präzibitatbildung mit Antikörper nachgewiesen wird .
Der monoklonale Antikörper kann folgendermaßen hergestellt werden (vgl. Abbildung 3) :
Zunächst wird das isolierten Gelbk örperehenhormon einer Schwangeren in eine Maus injiziert .
Der Organismus der Maus erkennt das Hormon als Antigen und bildet innerhalb von 3 Wochen
die entsprechenden Antikörper. Die Antikörper reakieren spezifisch nur auf dieses Hormon und
ihre Schablone für die Bildung ist in der Milz lokalisiert. Daher werden der Maus nach 3
Wochen Milzzellen entnommen und mit Myelomzellen fusioniert . Myelomzellen sind eine Form
von Krebszellen, die eine ungebremstes Zellwachstum besitzen . So kann der genetische Code
der Milzzellen beliebig oft repliziert werden. Zur Selektion ausschließlich hybridisierter Zellen
wachsen sie auf einem Medium, das nur fusionierte Zellen überleben läßt.
Die Zellen werden entsprechend der gewünschten Antikörper selektiert und anschließend
kloniert . Ist eine ausreichende Menge antikörperbildender Zellen vorhanden, kann der
monoklonale Antikörper über diese Zellen gebildet und isoliert werden.
.....
...1
Myelomlinie
in Zellkultur
:
i"
o.!~.,
~
Fusion in
Polyethyleng ly kol
---_
••
•••
••
Myelomz ellen
/HGPRT ' 1
M ilzzellen
/Ij ~\~
HAT-Medium
~l
Selektion der Hybridzellen
1
Test auf Antikör per
- - - - - - - - - - - ; ; . ) Einfrieren
/t~
Klonierunq
® @ C2
J\ . , 11.
ZÜChtung
gewünSChte r Klon e
~
~
Kultur in
gro ßem Ma ßstab
..
{
~ "
..
.:~.: ::
-
)
----;>
AntikÖrper
Abb. 3: Darstellung monoklonaler Antikörper
(Quelle : Stryer 1988, S.932)
16
Chemie in der Schule: www.chids.de
~ .-
...." .
".
""'.
......
,.,
.. ..-:
Die Antigen-Antikörper-Reaktion wird auch enzym-linked immunoassay kurz ELISA genannt.
Für diese Reaktion wird der Antikörper zwischen der Auftragszone für den Urin und der
Ablesezone des Testergebnisses auf einer festen Matrix im Schwangerschaftstester appliziert.
Wird Urin in den Tester gegeben, so wandert er entlang der Matrix vom Auftrage- zum
Ablesebereich. Der Antikörper kann nur in die mobile Phase übergehen, wenn eme
Präzipitatbildung zwischen Antikörper und Gelbkörperehenhormon stattgefunden hat (vgl.
Abbildung 4). Ist kein Hormon im Urin enthalten, so verbleiben die Antikörper im
ursprünglichen Auftragebereich.
In einem zweiten Schritt reagiert der Antigen-Antikörper-Komplex mit emem weiteren
Antikörper, der im Ablesebereich installiert wurde und an ein Enzym gebunden ist. Durch die
Bindung des Hormons findet eine Konformationsänderung des Enzyms statt, die eine
Rotfärbung zur Folge hat.
Antikörper 1
~L·.~te·P9f2eftMt2;~:- -~
1
Zugabe der Probe
interes sierend es
~~tein
I ·
zu bes timmendes
Protein
Abb. 4 : cn zym-linked immunoassay (ELISA)
(Quelle: Sirver 1988, S.65)
Ein positver Schwangerschaftstest wird durch Rotfärbung angezeigt, wogegen bei einem
negativem Testergebnis keine Farbreaktion zu bemerken ist.
Chemie in der Schule: www.chids.de
17
4.2. Urin als Waschmittel
Schmutz ist immer und überall. Als Straßenstaub ist er ein Gemenge von winzigen
Gesteinsteilchen, Ruß, pflanzlichen Bestandteilchen und Fetten. Flecken sind in der Regel
natürlicher Schmutz in konzentrierter Form. Unsere Kleidung wird allerdings auch von innen
schmutzig. Durch Talg- oder Haardrüsen sondert die Haut außerdem ständig Hautfett ab.
Dieses Hautfett mit Sporen, Pilzen und Bakterien durchsetzt die Kleidung.
Zur Gesunderhaltung ist es unbedingt notwendig diesen Schmutz aus der Kleidung zu
entfernen. Vor der Entdeckung der Seife (in Europa wurde sie durch Karl den Großen
verbreitet) wurde vergorener Urin zum Waschen der Wäsche verwandt. Bereits von den
Römern ist das Waschen mit Urin überliefert.
Da der Urin in großen Mengen gebraucht wurde, entwickelte sich in Rom ein besonderer
Berufsstand, der sich mit dem Einsammeln von Urin und der Wäsche beschäftigte; die Fullons
oder Fuller. Es wurden an allen Ecken der römischen Siedlungen irdene Töpfe aufgestellt, in
die die Bürger urinierten. In dieser Flüssigkeit wurde dann die Wäsche, unter Treten und
Stampfen mit den Füßen, vor der Stadt gewaschen. Anschließend wurde die Wäsche in am
Bach gepült und durch Schwefeln gebleicht. Nichts erinnerte hinterher an die unappetitliche
Prozedur.
Aus dieser Zeit hat sich auch ein Sprichwort gehalten, und zwar bekammen die Fuller für ihre
unangenehme Arbeit sehr viel Geld, wodurch sie sehr reich wurden. Also bat der Kaiser Titus
Vespasian (69-79) die vermögenden Fuller zur Kasse und belegten sie mit hohen Steuern. Als
die Fuller sich beim Kaiser beschwerten und ihre übelriechende Arbeit beschrieben, bemerkte
der Kaiser nur: " PeCU11ia 110n olet
n_
Geld stinkt nicht (Thomas 1995, S.2lt).
4.2.1. Wasellen mit Urin
(Quelle: Thomas 1993, S.26)
t\1aterialien:
Chemikalien:
Kristallisierschale
10 Tage alter Urin
verschmutzter Stoff
(Schmutz muß Fett enthalten')
Der verschmutzte Stoff wurde in dem vergorenem Urin (Abzug' stinkt ekelerregend) gewalgt •
und gewaschen bis der Stoff gereinigt war. Anschießend wurde der Stoff mit klarem Wasser
gut nachgespült und getrocknet.
Die Wirkung des Urins ist sehr simpel und entspricht fast der waschaktiver Subsstanzen. Beim
Gärungsprozess wird der Harnstoff im Urin enzymatisch gespalten. Es entwickelt sich C02
und Ammoniak. Der Ammoniak verseift die Fette im Schmutz und es bilden sich die
Chemie in der Schule: www.chids.de
18
..
Amoniumsalze der entsprechenden Fettsäuren. Diese sind bekanntlich waschaktive Substanzen,
die den Reinigungsvorgang unterstützen.
o
e
/t
fttC-O-c-R
I
J-J
H~C-O/l
I
0
11
J.I C-OII
C-o- c-I(
I
I
~c
0
11
J.lC-O-c-1(
~
+ 3
(i)
1J1I4
1
R.
-Oll
Glycerin
Ammoniumhydroxid
Fett
o~C /0
Ammoniumsalze
der Fettsäuren
Reaktion 14: Bildung waschaktiver Substanzen aus Amoniumhydroxid und den Fellen des K örpertal gs
4.3. Historische Indigofärbung mit Urin
Der Ursprung der Blaufärberei mit Indigofera-Arten ist nach heutigem Wissensstand auf dem
indischen Subkontinent zu suchen . In alten Ausgrabungsstätten lassen sich eindeutig
entsprechende Einrichtungen aus dem 3. Jahrtausend finden.
Das Färben mit Indigo kann als das erste biotechnologische Verfahren bezeichnet werden. In
ihm spielte der Urin eine herausrangende Rolle. Gefärbt wurde mit den farbstofthaltigen
Pflanzenteilen des Färberwaids (isatis linktorea) und seines tropischen Bruders indigofera
tinctorea.
Dazu wurden das zerstoßene Pflanzenmaterial angemaischt und unter Zusatz von Urin
vergoren. Dieser Prozeß erfolgte in Kübeln, und die erhalten Brühe nannte man - den
Wortstamm folgend - Küpe . Das gesponnene Gewebe wurde mit der Küpe getränkt und an der
Luft getrocknet. Dabei färbte sich der Stoff allmählich blau und zwar in einer Lichtechtigkeit,
der selbst die Tropensonne praktisch nichts anhaben konnte .
4.3.1. Färben von Wollstoff mit Indigo
(Quelle : Kreher; Hammerschmidt 1994, S.S3)
Materialien:
.
Chemikalien:
Kristallisierschale
Färberwaid
Wollstoff
CaC03
Spatel
KC03
NaC03
Urin
Traubensaft
Waschpulver
Chemie in der Schule: www.chids.de
19
-
'.,.
Zunächst wurde aus den Pflanzenstielen des Färberwaids und dem Urin eme Maische
angesetzt, der Traubensaft und Kalk zugegeben wurde, um den ,Gärungprozess in Gang zu
setzen. Als basische Zusätze wurden noch NaC03 und KC03 zugegeben. Nach zwei Wochen
war die Gärung so weit fortgeschritten, daß mit der Färbung begonnen werden konnte.
Gefärbt wurde mit Wolle, denn dieser Natustoff ist am besten in der Lagen , Naturfarbstoffe
aufzunehmen. Die
Wollfaser wurde unter Waschen von jeglichen Appreturen
und
Imprägnierungsmitteln befreit und in die auf 50 0C erhitzte Maische gegeben (Abzug).
Der eigendliche Färbevorgang in der Maische dauerte ca. 1/2 Stunde. Wärend dieser Zeit sollte
der Farbstoff tief in das Gewebe eindringen. Anschließend wurde der gelblich-farbende Stoff an
der Luft getrocknet, wobei er sich tiefblau färbte.
Ähnlich wie beim Waschen mit Urin, wird auch bei diesem Verfahren das Zersetzen des
Harnstoffes wärend der Gärung für die Färbezwecke genutzt. Betrachtet man die Struktur des
Indigofarbstoffes, so wird deutlich, daß er in der Pflanze zum einen in der reduzierten Form
vorliegt und zum anderen an ein Zuckermolekül gebunden ist. Beim Gärunsprozess der
Mais che wird der Zucker abgepalten und das Indican geht so in das wasserlösliche Indoxyl
über. Die Gärung fuhrt aber auch zum Freisetzen von Ammoniak durch das Zersetzen des
Harnstoffes. Dieser Ammoniak als ein schwaches Reduktionsmittel verhindert ein Oxidieren
des Indoxyls zu wasserunlöslichem Indigo in der Lösung. So kann der Farbstoff tief in das
Gewebe eindringen. An der Luft verflüchtig sich das Reduktionsmittel und Indoxyl wird vom
Luftsauerstoff zum blaufarbendem, wasserunl öslichen Indigo oxydiert (Seefelder 1994, S.15ft).
OI-l
OH
i
~! o~
10-/CH,OH
o
-,
i
(X)-"
Indican (Indigofera tinctoria)
Jt<
:- -, c;-;.c-H
"'-.'J
"
O=-< C
,Jt<
/
~.
• Indoxyl
·:>H
rl
lsatan 8 (Isatis tinctoria)
Reaktion 15: Fennentation und Oxidation des Indicans zu Indigo
(Quellc : Secfelder 1994, S.I (»
Chemie in der Schule: www.chids.de
20
Indigo
..
I
4.4. Aminoplasten
Nach den Krieg , als Rohstoff knapp wurden, war es üblich, Harnstoff, der für die Darstellung
einiger Kunststoffe, zum Beispiel den Aminoplasten, nötig ist, aus Urin zu isolieren. In der
heutigen Zeit wird der Harnstoff jedoch aus C02 und NH 3 unter Druck und bei hohen
Temperaturen dargestellt. Trotzdem kann die Darstellung von Aminoplasten als em
Anwendungsbeispiel für Urininhaltsstoffe angesehen werden.
Aminoplasten werden heute in der Industrie als Isolierungmaterial für Kabel eingesetzt.
4.4.1. Darstellung von Aminoplasten
(Quelle : Hollernan ; Schuler 1965, S.43)
Material:
Chemikalien:
Reagenzglas
Formaldehyd
Handschuhe!
Harnstoff
Spatel
Wasserbad
Harnstoff wurde in wenig Formaldehyd (so wenig wie möglich) gelöst und im Wasserbad auf
60 0 C erhitzt (Abzugl). Nach einer Reaktionszeit von 10 Min hatte sich ein weißer Feststoff
gebildet.
Bei dem Reaktionsmechanismus handelt es sich um eine einfache polymere Additionsreaktion.
Der Stickstoff im Harnstoffmolekül greift mit seinem freien Elektronenpaar nucleophil am
Kohlenstoffatom des Aldehyden an. Unter Umlagerung des Protons bildet sich ein Alkohol.
Mit einem weiteren Molekül Harnstoff findet eine Kondensationsreaktion statt, wobei ein
Amid gebildet wird .
Chemie in der Schule: www.chids.de
21
1_
.
o"
Reaktion 16: Darstellung von Aminoplasten
Dieser Vorgang wiederholt sich beliebig, wobei das Polymer entsteht. Durch Quervernetzung
kann dem Kunststoff eine größere Festigkeit gegeben werden.
5. Literatur
r:
...
I
Beyer, H. (1976): Lehrbuch der organischen Chemie, Stuttgart.
Brewer, lM.; Pesce, Al; Ashworth, R.B . (1977): Experimentelle Methoden
10
Biochemie, Stuttgart.
Cooper, T.G. (1981) : Biochemische Arbeitsmethoden, Berlin.
Holleman , A.F. ; Schuler, L. (1965): Einfache Versuche auf dem Gebiet der organischen
Chemie, Berlin.
Kilmartin, A (1982): Zystis-Urethritis, München.
Kreher, R.P .; Hammerschmidt, K. (1994) : Indigo - Farbstoff der Antike und der Moderne.
Na turwissenschaften im Unterricht Chemie ,24, S.53-57 .
Rick, W. (1990) : Klinische Chemie und Mikroskopie. Heidelberg.
Seefelder, M . (1994) : Indigo : Kultur, Wissenschaft und Technik , Landsberg.
Stryer, L. (1990) : Biochemie, Heidelberg.
Thomas, C. (19 95) : Ein ganz besonderer Saft-Urin, Köln.
Chemie in der Schule: www.chids.de
22
der
Herunterladen