CoRoT-Mission wies bereits Planeten eines anderen

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CoRoT-Mission wies bereits Planeten
eines anderen Sonnensystems nach
Enttarnt im
Vorübergehen
Von Thomas Bührke
IGNITION 2007 | 46
A
m 27. Dezember 2006 brachte eine Sojus-Rakete das Satellitenteleskop CoRoT vom
Weltraumbahnhof Baikonur aus in eine etwa 900 Kilometer hohe Erdumlaufbahn.
Eine der Aufgaben dieses Teleskops ist die Entdeckung von Planeten, die ferne Sterne
umkreisen. CoRoT ist damit der erste Satellit, der systematisch nach solchen extrasolaren
Planeten sucht. Und er ist als erstes Instrument in der Lage, Planeten aufzuspüren, die
nur wenig größer sind als die Erde. Die ersten Messungen haben gezeigt, dass CoRoT
die gestellten Anforderungen voll erfüllt. Schon nach kurzer Zeit wurde der erste Exoplanet gefunden. Das etwa 1.500 Lichtjahre entfernte Objekt mit der Bezeichnung
CoRoT-Exo-1b ist ein Gasplanet mit 1,8 Jupiterradien und etwa 1,3 Jupitermassen.
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Exoplaneten auf der Spur
Ende des Jahres 1995 gelang Michel
Mayor und Didier Queloz vom Observatorium Genf die erste zweifelsfreie Entdeckung eines Planeten, der einen fernen
Stern umkreist. Seitdem hat sich das Wissen in punkto extrasolare Planeten, kurz
Exoplaneten, so stürmisch entwickelt,
wie in kaum einem anderen Bereich der
Astrophysik.
Für die Astronomen ging mit dieser Entdeckung ein lang gehegter Traum in Erfüllung: Wohl jeder war von der Existenz
extrasolarer Planeten überzeugt, aber alle
bis dahin angestellten Entdeckungsversuche waren fehlgeschlagen. Nun endlich ist es möglich, ferne Planetensysteme
zu studieren. Ist unser Planetensystem
ein Normalfall im Universum, oder bildet
es mit seinen Eigenschaften eine Ausnahme? Gibt es extrasolare Planeten, auf
denen lebensfreundliche Bedingungen
herrschen, wie wir sie von der Erde her
kennen? – Das sind nur einige der brennenden Fragen.
Bislang haben die Astronomen noch keinen Gesteinsplaneten wie die Erde entdeckt. Doch das könnte seine Ursache
in einer grundsätzlichen Beschränkung
der derzeitig erfolgreichsten Entdeckungsmethode, dem so genannten Radialgeschwindigkeits- oder Doppler-Verfahren,
haben. Sie beruht darauf, dass der Zentralstern und der ihn umrundende Planet
um einen gemeinsamen Schwerpunkt
kreisen. Während der Planet nicht sichtbar ist, verrät er sich indirekt durch die
Bewegung des Sterns, die sich wiederum durch den Doppler-Effekt im Spektrum belegen lässt.
Auf diese Weise können nur massereiche
Planeten entdecken werden, die mindestens so groß wie unsere Gasplaneten
Jupiter, Saturn oder Uranus sind. In ganz
seltenen Ausnahmefällen sind auch kleinere Körper auffindbar. Außerdem liefert
diese Methode für die Planeten lediglich
eine untere Massengrenze.
Eine zweite Möglichkeit, Exoplaneten
aufzuspüren, bietet die Transitmethode.
Sie funktioniert nach einem einfachen
Prinzip. Wenn die Umlaufbahn eines Exoplaneten zufällig so liegt, dass dieser bei
jedem Umlauf vor dem Stern vorbeizieht,
so schwächt sich das Sternenlicht während dieser Mini-Sonnenfinsternis geringfügig ab.
Diese Transitmethode hat den entscheidenden Vorteil, dass sich aus der Stärke
des Lichtabfalls unmittelbar der Durchmesser des Planeten ermitteln lässt.
Beobachtet man die Transits über mehrere Umlaufperioden hinweg, so erhält
man mit bekannter Sternmasse aus der
Periode den Bahnradius.
Darüber hinaus kann man aus der Transitdauer die Neigung der Bahnebene bestimmen. Kombiniert man die Transitund Radialgeschwindigkeitsmessungen
miteinander, so kann man die wahre
Masse eines Planeten und mit dem be-
CoRoT entstand unter der Leitung
der französischen Weltraumbehörde
CNES. Das DLR ist mit substanziellen
Beiträgen an diesem Projekt beteiligt,
ebenso wie die Europäische
Weltraumorganisation ESA.
Einige Daten
Satellit
Startmasse
630 kg
Abmessungen
(ohne Sonnensegel)
4,1 m x 2,0 m x 2,0 m
Elektrische Leistung
530 Watt
Teleskop
Hauptspiegel
27 cm
Brennweite
110 cm
Umlaufbahn
Lage
polare Kreisbahn
Höhe
896 km
Umlaufzeit
2 Stunden
Dauer der Mission
3 Jahre
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kannten Durchmesser auch die Dichte
ermitteln – eine astrophysikalisch sehr
bedeutende Größe.
Die große Herausforderung besteht darin,
die extrem geringen Intensitätsschwankungen im Sternenlicht zu messen. Das
zweite Problem ist die geringe Wahrscheinlichkeit für einen Transit: Er ereignet
sich nur, wenn die Planetenbahn fast genau senkrecht zur Himmelsebene liegt.
ist es gelungen, ins Instrument eindringendes Streulicht bis auf ein Zehnbillionstel (10 -13) zu reduzieren, was die Messempfindlichkeit ganz erheblich erhöht.
Darüber hinaus ist CoRoT einem erdgebundenen Teleskop gegenüber im Vorteil, weil es nicht durch die Atmosphäre
hindurchschauen muss und die Sterne
unabhängig vom Tag-Nacht-Rhythmus
beobachten kann.
60.000 Sterne im Blickfeld
Die bislang von der Erde aus mit der
Transitmethode entdeckten Exoplaneten
befinden sich alle im Größenbereich des
Jupiter. Kleinere Planeten ließen sich auf
diese Weise bisher nicht nachweisen. Das
soll CoRoT ändern.
All diese Maßnahmen haben es ermöglicht, mit CoRoT noch Intensitätsvariationen in der Lichtkurve des Sterns bis herunter zu 0,02 Promille (2 mal 10 -5) der Sternhelligkeit messen zu können. Damit ist
das kleine Teleskop in der Lage, Planeten
aller Größen bis herunter zum zwei- bis
dreifachen Erddurchmesser aufzufinden.
Herz des Satelliten ist ein Teleskop mit
einem Sammelspiegel von 27 Zentimetern
Durchmesser. Durch das Design des Satelliten sowie durch die Wahl der Umlaufbahn und der Ausrichtung des Teleskops
Transits treten sehr selten auf. Um die
Wahrscheinlichkeit einer Entdeckung zu
erhöhen, beobachtet CoRoT gleichzeitig
sehr viele Sterne. Das Teleskop wird insgesamt fünf Himmelsfelder jeweils 150
Tage lang im Blickfeld haben und kontinuierlich die Helligkeiten von rund
12.000 Sternen pro Feld aufzeichnen.
Jedes Feld ist 2,8 mal 2,8 Quadratgrad
groß, was etwa dem 30fachen der Vollmondfläche entspricht. Nach der geplanten Missionsdauer von drei Jahren wird
CoRoT somit insgesamt 60.000 Sterne
mit scheinbaren Helligkeiten zwischen
11. und 16. Größenordnung beobachtet
haben.
Wenn ein Stern periodisch seine Helligkeit ändert, muss die Ursache hierfür
nicht unbedingt ein Planetentransit sein.
Es gibt noch eine ganze Reihe anderer
Möglichkeiten, wie das Auftreten von
Sternenflecken, Pulsationen eines Sterns
oder den Transit eines anderen lichtschwachen Körpers, beispielsweise eines
Braunen Zwerges. Diese „Fehlalarme“
lassen sich zum Teil durch einen Trick
entlarven.
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Das beobachtete Himmelsfeld wird in
der Brennebene auf zwei CCD (Charged
Coupled Device) mit jeweils 2.048 mal
2.048 Pixel abgebildet. Vor diesem Detektor befindet sich ein Prisma, welches
das Sternenlicht in seine Spektralfarben
auffächert. Auf den CCD entsteht so
das Spektrum jedes Sternes als kleines
längliches Farbband. Auf diese Weise
lässt sich eine Helligkeitsänderung gleichzeitig in den drei Farben rot, grün und
blau messen. Bei einem Planetentransit
muss der Helligkeitsverlauf in allen drei
Farbbereichen gleich verlaufen. Bei den
anderen Ereignissen ist dies nicht der Fall.
Der Beitrag des DLR
Die Bilder können aus Kapazitätsgründen
in der Regel nicht unmittelbar vom Satelliten zur Bodenstation geschickt werden.
Deshalb bearbeitet der Onboard-Computer diese photometrisch und komprimiert
sie zusammen mit den Betriebsdaten des
Satelliten, bevor sie zur Erde gefunkt werden. Die Software wurde innerhalb von
fünf Jahren am DLR entwickelt. Sie steuert zudem die Instrumente und ist für
die präzise Ausrichtung des Satelliten
zuständig. Sie bildet gewissermaßen das
Gehirn des Satelliten.
Von den Bodenempfangsstationen gelangen die Daten ins französische CoRoTDatenzentrum. Dort werden Sternkataloge erstellt und die Lichtkurven der
Sterne kalibriert. Zeigt eine dieser Kurven
Anhaltspunkte für einen Planetentransit,
so übermittelt das Zentrum die Daten
dieses Objektes an das Missionszentrum
in Toulouse. Dort wird veranlasst, dass
CoRoT die Lichtkurve beim nächsten
Transit mit größerer zeitlicher Auflösung
beobachtet.
Gleichzeitig stehen die kalibrierten Lichtkurven den Ko-Investigatoren zur Verfügung. Hierzu gehören Prof. Dr. Heike
Rauer und Dr. Anders Erikson vom DLR
in Berlin-Adlershof. Ihre Gruppe hat ein
Suchprogramm entwickelt, um in den
Messdaten Transitkandidaten aufzuspüren. Solche Programme haben auch andere Gruppen des CoRoT-Projekts entwickelt, wobei jedes Team seine eigene
Vorgehensweise gewählt hat. Darin gehen statistische Überlegungen und
mathematische Methoden ein.
Diese Programme waren in den vergangen Jahren an simulierten Daten getestet
worden. Dabei wurden in rund tausend
künstlich erzeugten Lichtkurven mit realistischen Rauschbeiträgen Transitereignisse versteckt, welche von den Programmen aufgespürt werden. Jede Software,
und sei sie auch noch so gut, liefert zunächst einmal nur Kandidaten für Plane-
Streulichtblende
Eintrittspupille
Sekundärspiegel
Diaphragmen
Hauptspiegel
(27cm Durchmesser)
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CoRoT-Cam
(4 CCDs mit je 2048x2048
Pixeln)
Sternsensoren
Grafische Darstellung des Satelliten
mit den wichtigsten Bauteilen
tentransits. Nachbeobachtungen mit
anderen Teleskopen sind nötig, um mögliche Fehlinterpretationen auszuschließen. Grundsätzlich gibt es hierfür zwei
Möglichkeiten: photometrische und
Radialgeschwindigkeitsmessungen.
Transitmessung mit CoRoT auf eine breitere Zeitbasis gestellt werden. So konnten
Beobachtungen mit BEST zur sicheren
Identifikation des ersten von CoRoT
gefundenen Planeten CoRoT-Exo-1b
beitragen.
Die photometrische Beobachtung ist sehr
wichtig bei Transitkandidaten in sternenreichen Feldern, um das Ereignis einem
Stern eindeutig zuzuordnen. Die räumliche Auflösung bei CoRoT reicht hierfür
nicht immer aus. Mit den beiden vom
DLR betriebenen Teleskopen BEST (Berlin
Extrasolar Search Telescope) am Observatoire de Haute Provence in Südfrankreich
und neuerdings auch BEST II in der chilenischen Atacama-Wüste werden solche
photometrischen Nachfolgemessungen
vorgenommen. Die CoRoT-Sternenfelder
wurden mit BEST bereits früher beobachtet, so dass hierfür ein Archiv von Lichtkurven existiert. Damit kann eine aktuelle
Zum deutschen CoRoT-Team gehört neben dem DLR und der Universität Köln
auch die Thüringer Landessternwarte,
die ein 2,5 Meter großes Schmidt-Teleskop für Nachfolgebeobachtungen mit
der Radialgeschwindigkeitsmethode betreibt. Der gesamte deutsche Beitrag zur
Mission beträgt rund fünf Millionen Euro.
Mit derzeitigen Beobachtungstechniken
ist es jedoch nicht möglich, solche Körper
detailliert zu untersuchen, weil ihre Zentralsterne sie um das Milliardenfache
überstrahlen. Weltweit suchen Astronomen an vielen Instituten nach neuen
Techniken, dieses Problem zu überwinden. Fernziel ist es, in Planetenatmosphären die spektralen Signaturen von
molekularem Sauerstoff, Ozon oder
Kohlendioxid zu suchen. Sie wären Anzeichen für biologische Aktivität auf
einem Planeten. Auf die Erfüllung dieses
Traums müssen die Wissenschaftler aber
sicher noch über zehn Jahre warten.
Wegbereiter für die Zukunft
Der Nachweis eines Planeten, der etwa
die Größe der Erde besitzt und daher
nach heutigen Vorstellungen ein Gesteinsplanet sein muss, wäre ein Meilenstein in der Geschichte der Astronomie.
Autor:
Thomas Bührke ist freiberuflicher
Wissenschaftsjournalist.
Schwingende Sterne
Der Name CoRoT steht für Convection, Rotation and Planetary Transits, was eine weitere
Aufgabe des Teleskops neben der Transitsuche
andeutet: das Studium von Sternschwingungen.
Schon vor Jahren hat man herausgefunden, dass
unsere Sonne in vielen unterschiedlichen Frequenzen schwingt. Ursache für diese Vibrationen sind auf- und absteigende Gasmassen
(Konvektion) im Innern, die den Himmelskörper
anschlagen wie ein Klöppel die Glocke.
Bei einigen wenigen Sternen ließen sich solche
Schwingungen ebenfalls nachweisen. Sie eröffnen die Möglichkeit, den inneren Aufbau der
Gestirne zu ermitteln. Diese Sternschwingungen
führen zu winzigen Helligkeitsschwankungen,
die sich jedoch leicht von Planetentransits unterscheiden lassen, weil sie mit wesentlich höherer Frequenz erfolgen. Die ersten Messdaten
zeigen, dass CoRoT in diesem Beobachtungsmodus Helligkeitsänderungen von weniger als
einem Millionstel (10 -6 ) registrieren kann.
Damit wurden bereits in der ersten 60-tägigen
Beobachtungsphase bei einem Stern Vibrationssignale mit Perioden zwischen 500 und
670 Sekunden deutlich nachgewiesen.
© ESA
Der Vorbeigang des Planeten Venus vor der
Sonne am 8. Juni 2004 veranschaulicht die
Situation bei der Entdeckung eines Exoplaneten mithilfe der Transitmethode
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