Über die filmische Darstellung einer globalen Ungerechtigkeit

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THEMEN UND KAMPAGNEN
von Martin David, Uwe Nadler
Über die filmische Darstellung
einer globalen Ungerechtigkeit
Foto ravir film GbR
„...auf dem Weg zum Feld“
Raum, Zeit und Wissen: Die Wahrnehmung des Klimawandels
Das Filmprojekt „Reality or non Reality“ – a little bit of both‘ bündelt Perspektiven über den Klimawandel von Menschen unterschiedlicher Gesellschaften. Dabei
werden problematische Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Wissenschaft und wahrgenommenem Alltag kontrastiert. Das Filmprojekt, das vom jungen
Dresdner Filmteam, der ravir film GbR und einem Wissenschaftlichen Mitarbeiter
des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen durchgeführt wird, geht dabei von
gesellschaftstypischen Arten der Wahrnehmung aus, die regional unterschiedlich
ausgeprägt sind. Besonders der Vergleich von Regionen des globalen Nordens mit
dem globalen Süden stellt solche Unterschiede in der Wahrnehmung heraus. Regional unterschiedlich ausgeprägte Folgeszenarien der Globalen Erwärmung treffen
paradoxerweise auf eine global aufgeteilte Informationsasymmetrie: Obwohl medial
stark präsent, sind die Folgen des Klimawandels für die Menschen des globalen
Nordens schwer begreifbar. Durch die Flut von Katastrophenmeldungen bleibt er im
überreizten Bewusstsein der Bürger urbaner Gesellschaften schlecht haften. Zudem
greift das im globalen Norden medial vermittelte Bild auf teils sehr abstrakte Mittel
wie kaum fassbare Grafiken oder eine eher schlecht vorstellbare Bildsprache zurück.
Obwohl wir im globalen Norden also besser informiert sein müssten, ist die eigentlich vermittelte Information sehr kurzlebig. Anders im globalen Süden: Hier erreicht
das Thema Klimawandel die Menschen medial nur selten und es sind eher Katastrophen wie Nahrungsmittelknappheit, Dürren oder Überschwemmungen, denen die
Menschen des globalen Südens ausgesetzt sind.
Vermitteln zwischen den Welten
Um uns der Herausforderung zu stellen, unterschiedliche Klimawahrnehmungen
auf der globalen Nord-Südachse in Form einer Filmcollage zu bebildern, begannen
wir im Winter 2010 die Planungen für Dreharbeiten im Bolivianischen Tiefland für
eine 25-minütige Kurzdokumentation. Interviews mit deutschen Großstädtern werden den Aussagen bolivianischer Landwirte gegenübergestellt, die Auswirkungen
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Foto ravir film GbR
des Klimawandels bereits heute in ihrem Alltag erleben. Diese
filmische Kontrastierung verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise
die Spannweite der menschlichen Wahrnehmung des Klimawandels. Für die FullHD-Produktion wurde handliche Technik
genutzt, im alten Auto ging es nach den drei ersten Drehtagen
in der Tieflandmetropole Santa Cruz ins ländliche Postrervalle. Die Dreharbeiten begannen auf dem Kartoffelacker des
Bauern Lorenzo, dessen Alltag wir vor Ort dokumentierten.
In Postervalle entstanden damit Bilder, die sinnbildlich für die
ländlich geprägte Wahrnehmung des Klimawandels stehen,
um diese dann den Vorstellungen des westlichen Großstädters
gegenüber zu stellen. Dafür wurden in Dresden Bildmaterial
gewonnen und Interviews mit PassantInnen durchgeführt.
„Dreharbeiten bei Lorenzo auf dem Feld“
Die Aufhebung ungerechter Darstellungsmittel
Viele filmische Darstellungen des Klimawandels fallen entweder auf einseitige Katastrophendarstellungen, statistisch erstellte Diagramme oder Expertenaussagen zurück und verknüpfen
mit erhobenem Zeigefinger wissenschaftliche Erkenntnisse
mit Handlungsaufforderungen. Unser Film geht bewusst
einen anderen Weg und bedient sich besonders der Erzählung
der Protagonisten als gestalterisches Mittel. Darüber hinaus
gibt es in unserer Dokumentation kein ‚Richtig‘ oder ‚Falsch‘,
vielmehr wird die Darstellung in Form der Collage Mittel zum
Zweck: Statt den im westlichen Klimadiskurs oft angeführten
‚Kleinbauern‘ als bloße Metapher eines notleidenden Statisten zu entpersonalisieren, gewinnt die ländliche Perspektive
zum Klimawandel in ihrer Gegenüberstellung zum städtischen
‚Medienkonsumenten‘ durch ausführliche anekdotische Beschreibungen des ländlichen Alltags mit dem Klimawandel an
Gewicht. Wir glauben, dass eine stärkere Berücksichtigung
individueller Perspektiven des Südens stärker Eingang in die
filmische Darstellung des Klimawandels finden muss.
Der Film wird mit 3D-Animationen und Zeichentrickszenen
nachbearbeitet. Die Verbreitung des Films ist zunächst auf
folgenden Filmfestivals vorgesehen: DOK Leipzig, One World
Prag und Dei Popoli Florenz, weitere themenspezifische sollen
folgen. Der Film soll beim MDR im Rahmen der Kurzfilmnacht
gezeigt werden und wird seine Premiere beim UMUNDU Festival am 26. und 27. Oktober in Dresden feiern. Im Moment
sucht das Produktionsteam noch Unterstützer und bietet
dafür Platz im Abspann des Filmes. Ihr könnt das Projekt auf
der Dresdner Internetplattform www.ravir.de/projekte/realityor-non-reality gern unterstützen.
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