SWR2 ZEITWORT 12.11.2012, 6.45 Uhr 12.11.1799: Alexander von Humboldt beobachtet „Tausende von Feuerkugeln“ von Markus Bohn© Fünf Jahre lang , von 1799 bis 1804hat der große Naturforscher Alexander von Humboldt Amerika bereist. Und bereits im ersten Jahr, in der Nacht zum 12. November 1799, heute vor 213 Jahren wurde er in Venezuela Augenzeuge eines gewaltigen Naturschauspiels: Zitat: „ Gegen Morgen, um 2.30 Uhr, sah man gegen Ost höchst merkwürdige Feuermeteore. [...] Tausende von Feuerkugeln und Sternschnuppen fielen hintereinander, vier Stunden lang. Ihre Richtung war sehr regelmäßig von Nord nach Süd. Nach Bonplands Aussage war gleich zu Anfang der Erscheinung kein Stück am Himmel so groß wie drei Monddurchmesser, das nicht jeden Augenblick von Feuerkugeln und Sternschnuppen gewimmelt hätte.“ Alexander von Humboldt war beileibe nicht der erste, der so ein Spektakel zu Gesicht bekommen hat. Berichte über derart furiose Feuerwerke am Firmament sind bereits aus dem zehnten Jahrhundert bekannt. Aber noch anno 1799 wusste man nicht, wie diese mysteriösen Feuerkugeln zustande kommen. Und das konnte einen so universellen Wissenschaftler wie ihn natürlich nicht kalt lassen. Zeitlebens hat er sich mit dem Thema beschäftigt. Gelöst wurde das Rätsel aber erst wenige Jahre nach seinem Tod. Spekulationen gab es seinerzeit freilich schon viele. Etliche seiner Kollegen waren überzeugt, es müsse sich um Leuchterscheinungen der Atmosphäre handeln, vergleichbar den Polarlichtern. Andere Ideen muten heute recht skurril an. z.B. es handele sich um Gesteinsbrocken, die Vulkane auf dem Mond ausgespukt und zur Erde geschleudert hätten. Richtig daran war immerhin, dass es sich bei den Feuerkugeln um Materie aus dem Kosmos handelt, die in der Atmosphäre verglüht. Davon war auch Alexander von Humboldt überzeugt. Einen wichtigen Beitrag zur Sternschnuppenforschung hat in den 1830er Jahren dann der Bremer Arzt und Astronom Heinrich Wilhelm Olbers geleistet. Er sammelte Berichte wie die von Humboldt und schrieb 1837: Zitat: Dies merkwürdige Phänomen wurde auch zu derselben Zeit…im französischen Guayana,im Kanal von Bahama, auf dem festen Lande von Nordamerika, in Labrador und Grönland wahrgenommen, ja selbst in Deutschland zu Karlsruhe, Halle, Weissenfels u.s.w….“ Olbers vermutete, dass sich der Sternschnuppen-Regen, den Humboldt gesehen hatte, alle 33 Jahre wiederholt. Auch andere Wissenschaftler kamen zu ähnlichen Schlüssen, indem sie Berichte aus der Vergangenheit systematisch auswerteten. Aber der entscheidende Durchbruch gelang dann erst 1865/66. Unabhängig voneinander entdecken der deutsche Astronom Wilhelm Tempel, der damals in Marseille arbeitete und sein amerikanischer Kollege Horace Tuttle in Boston einen Kometen, der alle 33 Jahre einmal die Sonne umkreist. Dieser schmutzige Schneeball, der heute natürlich Tempel/Tuttle heißt, verliert immer dann besonders viel von seiner Masse, wenn er auf seiner elliptischen Bahn der Sonne am nächsten kommt. Die Staubschwaden die er dabei hinterlässt, umkreisen dann auf derselben Bahn alle 33 Jahre unser Zentralgestirn. Und immer im November wenn die Erde durch diese Staubschwaden fliegt, regnet es Sternschnuppen. Aufgrund einer optischen Täuschung scheinen diese Sternschnuppen alle aus dem Sternbild des Löwen zu kommen. Und daher haben sie haben sie auch ihren Namen. Die Leoniden. Dieser Umstand war Alexander von Humboldt offenbar noch entgangen, als er am 12. November 1799, heute vor 213 Jahren in Venezuela einen der eindrucksvollsten Leonidenschauer überhaupt beobachten konnte. Doch nun heißt es Geduld üben. Vermutlich erst im November 2032 wird es wieder „Tausende Feuerkugeln“ regnen.