Doppelpack«. Chancen und Risiken von Dual Career Couples

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Karriere im „Doppelpack“.
Chancen und Risiken von dual career
Paaren.
Andrea E. Abele
Lehrstuhl Sozialpsychologie
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Braunschweig, 14.5.2009
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
1
Partnerschaftliche Lebensgemeinschaften
befinden sich in einem Wandlungsprozess
■ Weg von traditioneller Arbeitsteilung hin zu stärker
egalitären Rollenmodellen
■ Weg von Ein-Verdiener-Familien hin zu Ein-einhalb bzw.
Doppel-Verdiener Familien
■ Weg vom Bildungsgefälle in der Partnerschaft hin zu
ähnlichem Bildungsniveau beider Partner
■ Mit steigendem Bildungsniveau – besonders von Frauen –
steigt der Anteil von Paaren, bei denen beide einer
anspruchsvollen Berufstätigkeit nachgehen:
Doppelkarrierepaare (DCC)
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
2
Doppelkarrierepaare (dual career couples: DCC)
DCCs sind Paare, bei denen beide ein hohes Bildungsniveau bzw. einen hoch
qualifizierten Beruf (meist Akademiker) haben, beide Vollzeit arbeiten, beide
“Karriere machen”, d.h. beruflich vorankommen möchten und beide als
Paar zusammenleben möchten; teilweise gult als Kriterium auch ein
Zusammenleben schon seit längerer Zeit.
DCC
•Hohes Bildungsniveau
•Anspruchsvolle Berufe
•Beide arbeiten Vollzeit
•Karriereorientiert
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
Doppelverdienerpaare
•Beide Partner arbeiten Vollzeit
•Zumindest einer der Partner ist
nicht karriereorientiert im
engeren Sinn
3
Warum bilden Paare eine DCC Gemeinschaft?
■ Ökonomische Überlegungen?
– Beide Partner bringen ihre (beruflichen)
Ressourcen in die Partnerschaft ein –
gemeinsame Optimierung
■ Wertebezogene Entscheidungen?
– Egalitäre Rollenverteilung als Wert – „gender“
Perspektive
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Sozialpsychologie
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DCC und gender Perspektive: DCC häufiger bei
Frauen als bei Männern
■ Frauen verfügen im Vgl. zu Männern über eine bessere
Ausbildung (2001 hatten z.B. 42% der 18-21jährigen Frauen,
aber nur 36% der Männer Abitur; 2006 waren nahezu 50% der
Hochschulabsolventen weiblich);
■ Frauenerwerbstätigkeit ist extrem gestiegen; mehr als 70%
aller Akademikerinnen sind erwerbstätig;
■ Frauen praktizieren höhere “Bildungshomogamie” als Männer,
d.h. sie leben meist mit Partnern zusammen, die den gleichen
Bildungsabschluss haben wie sie selbst.
Folge: Frauen leben häufiger in DCC
Partnerschaften als Männer.
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Forschung zu DCC
■ Erste Forschungen zu DCC Ende der 60er Jahre in den
USA
■ Anfängliche Forschungen unter psychologischer und
soziologischer Perspektive, z.B.:
– Partnerschaftszufriedenheit oder Stresserleben bei DCC
– Partnerschaftsstabilität bei DCC
– Mobilitätsentscheidungen bei DCC
■ Spätere Forschungen auch unter ökonomischer
Perspektive:
– Z.B. Relevanz und Konsequenzen von DCC für Arbeitgeber und deren
Personalpolitik
■ Insgesamt noch relativ wenig gesicherte empirische
Forschung, meist kleine Stichproben, retrospektive
Erhebungen.
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6
Eigene Forschung
■ Langzeitstudie zur beruflichen und privaten
Entwicklung von Hochschulabsolventinnen und
–absolventen
■ Fragestellungen u.a.:
– Berufserfolg und Lebenszufriedenheit
– Work-life Balance
– Paarkonstellationen und Rollenverteilungen
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7
Langzeitstudie BELA-E
Wiederholte Befragung von knapp 2.000 Absolventinnen
und Absolventen der Jahrgänge 1995 und 1996
(Universität Erlangen-Nürnberg, sämtliche
Fachrichtungen) DFG-Projekt
t1: 1995
Alter 27
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t2: 1997
Alter 29
t3: 1999
Alter 31
t4: 2003/04
Alter 35
t5: 2005/06
Alter 37
t6: 2008
Alter 40/41
8
Ausgangsstichprobe (N = 1930)
Geisteswissenschaften
Wirtschaftswiss., Jura
Technik
Medizin
Naturwissenschaften
Lehramt
350
300
Anzahl
250
200
150
100
50
0
Frauen
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
Männer
9
Leben in einer festen Partnerschaft
100
Prozent
90
80
70
60
50
27
29
31
34
37
41
Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre
Frauen
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
M änner
10
Höchstes Bildungsniveau von Partner/in zu t6
Frauen
Männer
100
76
80
59
60
40
22
20
19
15
9
0
Haupt-, Realschule
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
Abitur
Studium
11
Paarkonstellationen zu t6
Frauen
M änner
50
40
30
20
10
0
selbst VZ,
Partner nicht
selbst VZ,
Partner TZ
Partner VZ,
selbst nicht
Partner VZ,
selbst TZ
beide VZ
Elternzeit,
Partner VZ
Andere
VZ: Vollzeit; TZ: Teilzeit
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Ähnliche Berufe der Partner zu t5
Frauen
Männer
60
40
20
0
Jura
Medizin
Phil
Nat/Tech*
BWL/VWL
Lehramt
Durchschnitt: Frauen: 28%; Männer: 18%
* Zusammengefasst aufgrund kleiner Fallzahlen für Frauen in der Technik
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13
DCC‘s zu t6 – Anteil an allen Paaren
Frauen
M änner
60
40
Durchschnitt:
Frauen 15,7%
Männer 11,6%
20
Technik: nur sehr
wenige Frauen
0
Geisteswiss.
Medizin
Jura/W irtsch.
Naturwiss.
Technik
Lehramt
Frauen in der Wissenschaft: 60% DCC, Männer 9% (aber kleine Zahlen)
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
14
Elternschaft zu t6
Frauen
Männer
100
90
80
78,8
83,1
70
60
50
35,4
40
31
30
20
kein DCC
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
DCC
15
Kinderwunsch der noch Kinderlosen zu t6
Frauen
Männer
100
80
64,6
60
46,1
40
51,2
38,9
20
0
kein DCC
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
DCC
16
Lebenszufriedenheit: Bereichszufriedenheiten
Karrierezufriedenheit
Zufriedenheit Freizeit
Zufriedenheit Partnerschaft
Zufriedenheit Finanzen
4,2
4,1
4
3,9
3,8
3,7
3,6
3,5
3,4
3,3
3,2
3,1
3
2,9
2,8
2,7
DCC
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
kein DCC
Single
17
Allgemeine Lebenszufriedenheit und
Arbeitszufriedenheit
Allg. Lebenszufriedenheit
Arbeitszufriedenheit
3,8
3,3
2,8
DCC
Lehrstuhl
Sozialpsychologie
kein DCC
Single
18
Zusammenfassung
■ Fast 90% der Befragten leben im Alter von 40 Jahren in einer festen
Partnerschaft.
■ 76% der Frauen und 59% der Männer leben mit einem Partner,
der/die ebenfalls einen Studienabschluss hat, zusammen.
■ Bei 28% der Frauen und 18% der Männer hat Partner/in sogar das
gleiche Fach studiert.
■ Fast alle Partner der Frauen, aber nur etwa ein Viertel der
Partnerinnen der Männer ist Vollzeit erwerbstätig.
■ Im Alter von 40 Jahren sind etwa 16% der Partnerschaften der
Frauen und 12% der Partnerschaften der Männer
Doppelkarrierepartnerschaften (Bevölkerungsdurchschnitt etwa 6
bis 8%). Besonders häufig finden sich Doppelkarrierepaare unter
Personen mit einem Abschluss in Wirtschaftswissenschaften oder
Medizin. Wissenschaftlerinnen leben besonders häufig als DCC.
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19
Zusammenfassung
■ DCCs sind sehr selten Eltern, möchten aber auch mit
durchschnittlich 41 Jahren gern noch Kinder haben.
■ DCC zeichnen sich durch eine deutliche Prioritätensetzung im
beruflichen zu Lasten des privaten Lebensbereichs aus.
■ DCCs hatten keine besseren Studienleistungen als andere, aber sie
hatten von vornherein ein Persönlichkeitsprofil, das dem
erfolgreicher Berufstätiger entspricht.
■ DCCs sind zufriedener mit ihren Finanzen, ihrer Karriere und ihrer
Partnerschaft als Nicht-DCC – gleichzeitig aber unzufriedener mit
ihrer Freizeit als andere Paare.
■ Allgemeine Lebenszufriedenheit und Arbeitszufriedenheit
unterscheiden sich bei DCC nicht von der anderer Paare – deutlich
jedoch von derjenigen von Singles.
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20
Allgemeine Folgerungen
■ DCCs sind rein quantitativ eine nicht zu
vernachlässigende Größe bei potentiellen
Bewerbern um eine hochqualifizierte
Position – auch im universitären Bereich.
Es ist zu erwarten, dass der Anteil von
DCC in Zukunft weiter steigen wird.
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Folgerungen für Universitäten
■ Universitäten sollten sich der Thematik von DCC verstärkt
zuwenden, weil:
– sie mit DCC besonders motivierte und engagierte Kolleginnen und
Kollegen gewinnen können;
– sie mit DCC Kolleginnen und Kollegen gewinnen können, die eine hohe
Bindung an ihre Universität haben;
– die Förderung der Vereinbarung von guter Forschung mit einem zufrieden
stellenden Privatleben fester Bestandteil der Philosophie einer
Spitzenuniversität sein sollte.
■ Mittels „dual career offices“ kann die Chance für Rufannahme exzellenter
Wissenschaftler/innen erhöht werden
– Hilfestellungen (Arbeitsplatz für Partner, Kinderbetreuung, Sprache, allg.
Integrationsangebote, etc.)
– Spezielle Ressourcen für die Gewinnung von DCC (Geld, Stellenpool, etc.)
– Aufbau von Kontaktnetzen
■ Es gibt bereits einige „best practice“ Modelle, diese gilt es, zu verbreiten und
weiter auszubauen.
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Überlegungen auf individueller Ebene
– DCC ist ein Drahtseilakt und die Partner müssen sich
darüber im klaren sein, dass nicht alles „geht“:
– DCC bedeutet – zwangsläufig – Abstriche im Privatleben
• Freizeit
• Kinder
• Freunde
– DCC bedeutet – häufig – auch Karriereabstriche
• Mobilitätseinschränkungen
• Flexibilitätseinschränkungen
– Trotzdem kann DCC sehr befriedigend sein (siehe z.B.
Befunde zu Partnerschaftszufriedenheit).
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Überlegungen auf individueller Ebene
■ Reden, reden, reden……
■ DCC gelingt umso besser, je mehr sich die Partner bereits zu
Beginn ihrer Partnerschaft über Berufs- und Lebensvorstellungen
ausgetauscht haben und auch immer wieder darüber sprechen;
■ DCC gelingt umso besser, je weniger starr die Partner an
traditionellen Rollenvorstellungen von „Frau“ und „Mann“ orientiert
sind;
– Z.B. hinsichtlich Familienarbeit und Haushaltsorganisation; hinsichtlich
Karriereplanung; hinsichtlich Kindererziehung
■ DCC gelingt umso besser, je mehr beide Partner Freude an ihrem
Beruf und ähnliche Vorstellungen zur Berufsausübung haben;
■ DCC gelingt umso besser, je mehr beide Partner bereit und in der
Lage sind, die Berufswelt des jeweils Anderen zu verstehen und
sich mit dieser auseinander zu setzen.
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Überlegungen auf individueller Ebene
– DCC gelingt umso besser, je mehr die Partner
anstehende berufliche Entscheidungen gemeinsam
fällen und beide diese als „gerecht“ empfinden;
– DCC gelingt umso besser, je mehr beide Partner bereit
sind, zugunsten ihres engagierten
Zusammenlebensmodells andere Lebensbereiche –
zeitweilig – hintanzustellen;
– Und: DCC gelingt umso besser, je mehr beide Partner in
der Lage sind, auch nicht-berufliche (gemeinsame)
Aktivitäten zu entwickeln und dafür auch Zeit zu haben.
Weitere Informationen zum Projekt:
http://www.sozialpsychologie.phil-uni.erlangen.de
Oder mail to: [email protected]
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