20. Kinetische Gastheorie

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Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
20.
Kinetische Gastheorie
... behandelt ideale Gase, d.h., die Gasteilchen verhalten sich wie elastische Kugeln
mit vernachlässigbarem Eigenvolumen.
20.1.
!
Gasdruck und Zustandsgleichung
−
Teilchen werden an den Wänden reflektiert:
−
Aus den beiden Gleichungen
∆p
∆t
F
p=
A
F=
(2. NEWTONsches Axiom)
(3 - 6)
(statischer Druck)
(12 - 1)
folgt für die physikalische Interpretation des Drucks:
⇒
−
Druck =
an die Wand abgegebener Im puls
∆p
=
∆t ⋅ A
Zeit ⋅ Wandfläche
(1)
vereinfachte Herleitung von Gl. (1):
N Teilchen im Volumen V ⇒ Teilchenzahldichte n =
gegeben:
N
V
(2)
Teilchen haben mittlere Geschwindigkeit v
je
1
der Teilchen bewegt sich in jede "Hauptrichtung":
6
Wir betrachten das Volumen der Dicke v dt vor der Wandfläche A:
⇒ N = n ⋅ A ⋅ v ⋅ dt Teilchen sind im Volumen,
1
⋅ n ⋅ A ⋅ v ⋅ dt auf die Wand
6
zu und erreichen diese.
davon fliegen
⇒
dp =
1
nAvdt ⋅ 2mv
6
(3)
Teilchenzahl ∆p für ein Teilchen
6
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
Aus Gl. (3) folgt für den Druck p (Vorsicht, gleiches Symbol wie Impuls!):
1
⋅ n ⋅ A ⋅ v 2 ⋅ m ⋅ dt
dp
1
p=
= nmv 2
=3
A ⋅ dt
A ⋅ dt
3
⇒
−
Mit Gl. (19 - 1) können wir Gl. (4) auch schreiben als
p = n ⋅kB ⋅T
−
Jetzt führen wir wieder n =
(5)
N
ein und erhalten
V
p⋅ V = N ⋅kB ⋅T
−
(4)
(6)
Die Gasmenge N entspreche ν Mol: N = ν ⋅ N L ; damit folgt aus Gl. (6)
p ⋅ V = ν ⋅ NL ⋅ kB ⋅ T
−
Wir führen ein
R ≡ N L ⋅ k B = 8,31
J
K ⋅ Mol
und erhalten
p⋅ V = ν ⋅R ⋅T
ν ... Stoffmenge und
R ... allgemeine Gaskonstante.
mit
−
(7)
Kommentar:
Gl. (5) und Gl. (7) stellen die Zustandsgleichungen idealer Gase dar, in
atomistischer und in makroskopischer Form.
Daraus folgen das Gesetz von BOYLE-MARIOTTE (vgl. <13.1.>)
p ⋅ V = const.
( T = const. )
sowie die Gesetze von GAY-LUSSAC
bzw.
p~T
V~T
( V = const. )
( p = const. )
7
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
20.2.
−
Innere Energie; Erster Hauptsatz der Wärmelehre
gegeben: thermodynamisches System
Kessel mit Inhalt (z.B. Wasser + Dampf)
−
Der Kessel hat als Ganzes bestimmte Energieanteile, z. B.
Epot
Ekin (infolge der Bewegung des Kessel als Ganzes!)
⇒ äußere Energien.
−
Wir betrachten nun die innere Energie U des Systems mit folgenden Anteilen:
(
−
ungeordnete Bewegungsenergie der Teilchen (sogenannte thermische Energie)
entsprechend den gegebenen Freiheitsgraden (vgl. <19.1.> und <19.3.>)
Energieanteile, die mit der chemischen Bindung oder dem Aggregatzustand
zusammenhängen
Energie der Bindungen innerhalb der Atome und der Kerne)
Die innere Energie U kann sowohl durch den Austausch von Arbeit als auch
den von Wärme verändert werden:
∆U = ∆Q + ∆W
Also: Jede Zu-/Abfuhr von Arbeit oder Wärme findet sich entsprechend in U
wieder. Es wird keine Energie erzeugt oder vernichtet.
!
(8)
!
Dies ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltungssatz). Daraus
folgt die Unmöglichkeit des Perpetuum mobiles 1. Art.
−
U ist eine Zustandsgröße, d.h., wenn man einer bestimmten Stoffmenge (Kesselinhalt) ein bestimmtes Volumen V und eine bestimmte Temperatur T gibt, erhält man einen bestimmten Druck p und eine bestimmte innere Energie U.
Jeder Zustand {p, V, T}1 hat eine eindeutig bestimmte innere Energie U, unabhängig davon, wie der Zustand erreicht wurde.
−
!
Anders verhält es sich bei ∆Q und ∆W: Dies sind lediglich „unterschiedliche
Wege, um die innere Energie U zu ändern“.
Illustration:
Es kann passieren, dass man Wärmeenergie in ein System steckt und sich dies
vollständig in einer Erhöhung des Wärmeinhaltes des Systems (d.h. in einer
Temperatur-Erhöhung) widerspiegelt → z.B. Topf mit Wasser, Fall a).
1
Von diesen Größen sind zwei unabhängig voneinander, die dritte ergibt sich durch die Zustandsgleichung.
8
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
Es ist aber auch möglich, dass man Wärmeenergie zuführt, ohne dass sich die
Temperatur des Systems erhöht → z.B. Topf mit Eiswasser, Fall b).
a)
b)
Deshalb ist die Wärme keine Zustandsgröße! Was sich in beiden Fällen geändert
hat, ist die innere Energie, entweder in Form von thermischer Energie (Fall a),
oder durch eine Änderung der Bindungsenergie (Schmelzen des Eises, Fall b).
−
Man weiß seit langem, dass Wärme kein Stoff ist. Oft geht man jedoch formal
so vor, als ob sie einer wäre, z. B. bei der Behandlung der Wärmeleitung. Dieses
Vorgehen ist streng genommen nicht korrekt, weil es nicht immer zulässig ist.
Dort, wo es zulässig ist, ist es aber sehr nützlich.
−
Wir betrachten Gl. (8) für den Fall des idealen Gases. Beim idealen Gas besteht
die einzige Möglichkeit, die innere Energie U zu beeinflussen, darin, die Bewegungsenergie der Gasteilchen zu verändern. Also gilt
∆U = C V ⋅ ∆T
Daraus folgt
C V ⋅ ∆T = ∆Q − p∆V 1
20.3.
−
(9)
CV und Cp bei Gasen
Wir betrachten ν Mol eines Gases. Diese haben eine Wärmekapazität CV von
1
C V = ν ⋅ C mol, V = ν ⋅ ⋅ f ⋅ N A ⋅ k B
2
(19 - 8‘)
≡R
⇒
CV = ν ⋅ R ⋅
f
2
(10)
bei V = const. ergibt sich eine Erwärmungsarbeit ∆Qe von
⇒
1
f
∆Q e = ν ⋅ R ⋅ ⋅ ∆T
2
(11)
Zum Vorzeichen: Bei Komprimierung ist ∆V < 0, entsprechend ∆W > 0 , d. h. zunehmendem U!
9
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
−
Wenn p = const. sein soll, muss neben der Erwärmungsarbeit noch die Druckarbeit durch Wärmezufuhr aufgebracht werden:
∆Q d = p ⋅ ∆V
Aus der Zustandsgleichung des idealen Gases (Gl. (7)) folgt:
⇒
⇒
dV
d  νRT  νR V

=
=
=
dT
dT  p 
p
T
∆V V
=
∆T
T
V
∆V = ⋅ ∆T
T
Somit ergibt sich für die Druckarbeit:
∆Q d = p ⋅ V ⋅
∆T
∆T
= νRT ⋅
T
T
∆Q d = νR∆T
−
(12)
Für die Gesamtarbeit erhält man mit Gl. (11) und (12):
∆Q
= ∆Q e + ∆Q d
f
C p ⋅ ∆T = νR ⋅ ∆T + νR ⋅ ∆T
2
(13)
CV
−
Aus Gl. (13) folgt zweierlei:
a)
Kürzen der ∆T
⇒
Cp − CV
= ν⋅R
(Betrachtung von ν Mol)
b) Zusammenfassen der
rechten Seite der
Gleichung
−
bzw.
C mol,p − C mol,V = R
(Betrachtung von 1 Mol)
⇒
f

C p =  + 1 ⋅ νR
2 






(14)
(15)
Mit Hilfe von Gl. (10) und (15) folgt die Definition des Adiabatenexponenten:
γ≡
Cp
CV
=
f +2
f
(16)
Gl. (16) wird von realen Gasen recht gut erfüllt (vgl. Tabelle in <19.4.>)!
10
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
20.4.
−
Adiabatische Zustandsänderungen
!
... laufen ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung ab (∆Q = 0)
damit folgt aus Gl. (9):
⇒
C V ⋅ ∆T
= −p∆V
Wird nun CV mittels Gl. (10) und p mit Gl. (7) ausgedrückt, so erhält man:
f
νRT
νR ∆T = −
∆V
2
V
⇒
∆T
T
2 ∆V
=− ⋅
f V
⇒
∫
dT
T
= −( γ − 1) ∫
2
= γ −1
f
(lt. Gl. (16))
dV
V
nach Integration ergibt sich:
ln T + ( γ − 1) ln V = const.
T ⋅ V γ −1
= const.
(17a)
Umformung mit Gl. (7) ergibt:
p ⋅ Vγ
= const.
(17b)
Dies sind die POISSON-Gleichungen, die adiabatische Prozesse in idealen Gasen
beschreiben.
−
Zustandsänderungen im p-V-Diagramm:
a) Adiabate
(lt. Gl.(17))
b) Isothermen
(lt. Gl. (7))
c) Isobare
(p = const.)
d) Isochore
(V = const)
11
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
Beispiel:
Adiabatische Zustandsänderung (entlang der Kurve a)): Bei der Komprimierung von V2
auf V1 erwärmt sich das Gas wegen ∆Q = 0 von T2 auf T3!
−
Adiabatische Vorgänge treten auf bei nicht ausreichender Wärmeleitfähigkeit der Luft,
z.B. beim Einströmen in ein Tiefdruckgebiet oder
bei der Schallausbreitung, wo die Wärmeabfuhr nicht schnell genug ist, so
dass die Zustandsänderungen praktisch adiabatisch verlaufen.
Deshalb muss Gl. (16 - 17‘) noch hinsichtlich des adiabatischen Charakters
der Zustandsänderung korrigiert werden. ⇒ Vollkommen exakt ist
v Ph =
γ⋅p
,
ρ
(16 -17‘‘)
anderenfalls beträgt die Abweichung in Luft
20.5.
−
Die BOLTZMANNsche Energieverteilung
Die barometrische Höhenformel war
p( h ) = p o ⋅ e
−
ρ0
⋅g ⋅h
po
(13 - 6)
(Die Verwendung des Ausdrucks
−
γ = 1,4 ≈ 1,18 , also 15 - 20 %!)
ρ0
po
in dieser Formel war nur ein Notbehelf!)
Wir nehmen jetzt die Zustandsgleichung des idealen Gases
p
= n ⋅kB ⋅T
p
=
ρ
⋅ kB ⋅ T
m
n=
ρ
m
=
p
k BT
⋅
ρ
m
mit m...Masse eines Gasteilchens
(5)
m
pk B T
⋅g⋅h
Nach der Multiplikation mit g h erhält man einen allgemeingültigen Ausdruck
ρ
ρ
für , der natürlich auch an der Erdoberfläche, d. h. für 0 , gilt:
p
p0
ρ
m⋅g ⋅h
= 0 ⋅g ⋅h
k BT
p0
(18)
12
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
−
Mit Gl. (18) können wir Gl. (13 - 6) umformen zu
p(h ) = p o ⋅ e
−
m⋅g⋅h
k BT
= po ⋅ e
−
E pot
k BT
(19)
Diskussion:
Die Drücke in verschiedenen Höhen - und damit wegen Gl. (5) auch die Teilchenzahldichten - hängen exponentiell von der potentiellen Energie Epot der Gasteilchen
in diesen Höhen ab!
−
!
Die barometrische Höhenformel ist ein Beispiel für das Wirken des Verteilungssatzes von BOLTZMANN:
Wenn ein System eine Reihe von Zuständen mit den Energien W1, W2, ... annehmen kann, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System im Zustand i befindet
−
mit
Wi
k BT
pi = g i ⋅ e
gi ... statistisches Gewicht des Zustandes i1
Diskussion:
Höherenergetische Zustände werden ungern eingenommen (exponentieller Abfall!), wobei eine Temperatur-Erhöhung dem entgegenwirkt.
!
(20)
!
Der BOLTZMANNsche Verteilungssatz ist eine sehr allgemeingültige Beziehung,
er gilt z.B. auch für die Besetzung von Energiezuständen in Atomen und Molekülen.
20.6.
−
1
Die MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung
... ist die Geschwindigkeitsverteilung der Teilchen eines idealen Gases. Sie ist
so beschaffen, dass hinsichtlich der Teilchenenergien - es gibt ja nur die kinetische Energie - die BOLTZMANN-Verteilung eingehalten wird.
!
Für die barometrische Höhenformel ist gi bedeutungslos!
13
Wärmelehre – Kinetische Gastheorie
Es ist:
dN( v1 ) = W ( v1 ) ⋅ N ⋅ dv
wobei dN(v1) den Bruchteil der Teilchen mit der Geschwindigkeit im Intervall
(v1, v1+dv) und W(v1) die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen v = v1 besitzt,
darstellen.
−
Wie erhält man die Verteilung? Es gilt, wie gesagt, die BOLTZMANN-Verteilung:
m 2
v
2
k BT
−
dN( v) = N ⋅ c ⋅ e
(21)
dv
wobei N die Gesamtzahl der Gasteilchen und c ⋅ e ... ≡ W ( v) ist.
Jedoch ist hier das statistische Gewicht der einzelnen v-Intervalle zu beachten:
Es lässt sich zeigen, dass es viel mehr Möglichkeiten gibt, eine höhere Geschwindigkeit einzunehmen, als eine niedrige:
!
⇒ In c steckt das statistische Gewicht des einzelnen Geschwindigkeitsintervalls. Es ist ~ 4πv2, da das Intervall (v, v+dv) eine Kugelschale im dreidimensionalen v-Raum darstellt. Damit erhalten wir für die MAXWELLsche
Geschwindigkeitsverteilung
3
mv 2
−
 m 2
 ⋅ 4πv 2 ⋅ e 2k BT ⋅ dv
dN( v) = N ⋅ 
 2πk B T 
(22)
14
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