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10 Wohnen & Lifestyle
SAMSTAG, 29. OKTOBER 2016
Von den Erdlöchern zur energieeffizienten Kühltechnik
Der Kühlschrank revolutionierte vor gar nicht allzu langer Zeit den Alltag der Menschen und ist heute selbstverständlicher Bestandteil einer jeden
Küche. Seine Erfindung führte dort zu einer echten Revolution, die viele traditionelle Abläufe grundlegend verwarf.
„Jäger“ und „Sammler“ jagten und
sammelten ihre Nahrung und aßen
diese direkt auf. In der Antike holten
sich die Alpenanrainer Eisblöcke von
den Bergen, um ihre Speisen vor dem
Verderben zu schützen. Wer nicht in
Gletschernähe wohnte oder Arktisbewohner war, musste sich jahrhundertelang mit anderen Konservierungsmethoden anfreunden: so wurde gepökelt und eingekocht, getrocknet
und geräuchert.
Bis in die Neuzeit hinein schufen
sich die Menschen kühle Aufbewahrungsorte, wie Nischen mit schweren
Holzklappen in dickem Mauerwerk,
Erdlöcher im Garten oder wasserdichte Gefäße in Teichen und Gewässern.
Später übernahm der kalte Keller die
Kühlfunktion. Noch in den 1950er
Jahren war es für die meisten Familien
üblich, Käse, Butter, Milch und Fleisch
im Untergeschoss zu lagern. In Etagenwohnungen diente die an die Küche angedockte kühle Speisekammer
als Lagerraum. Bis in diese Zeit hinein
war es daher üblich, täglich einzukaufen. Doch erst der Kühlschrank – fundamentaler Vorläufer war eine technisch-chemische Kältemaschine von
Carl von Linde 1876 – änderte die
Langlebigkeit der Lebensmittel und
die Konsummuster der Hausfrauen
durchgreifend.
Auf Anhieb hohe Akzeptanz:
Sonderangebote kamen auf
Experiment aus den späten 50er
Jahren: Der hoch eingebaute Kühlschrank mit Eisfach.
Fotos: AMK
In der Neuzeit der 1920er Jahre war
der Kühlschrank in den USA bereits
ein Verkaufsschlager, doch hierzulande kaum gebräuchlich. Der zweite
Weltkrieg sollte seine Verbreitung
noch bis in die 1950er Jahre hinein
verzögern.
Die Akzeptanz dieses innovativen
Küchengerätes war dann – anders als
bei Wasch- und Spülmaschine – übrigens auf Anhieb sehr groß, denn der
Kühlschrank unterstützte eine sparsame Haushaltsführung. Es kam zu
weniger Verderb, weniger Vorkochen
und zum Mehreinkauf von nur durch
den Kühlschrank aufgekommenen
Sonderangeboten. Das sparte nebenbei auch noch Zeit.
Bald erweiterte der Kühlschrank
auch den Speiseplan: Kalte Platten,
Buttercreme, Torten, Würste, exotisches Obst, Eier und Mayonnaise wurden Protagonisten und Zeugen des
Lebensstils der 1960er Jahre.
Kühlschrank als Ausdruck
des Wohlstands
Die Gestaltung der Nachkriegskühlschränke war durch das damals sehr
angesagte „stromlinienförmige“ Design geprägt. Die Solitäre standen dabei meist auf Beinen, sahen sehr dickwandig und gewölbt aus und hatten
runde Ecken. Ein überaus stabiler, demonstrativer Öffnungsgriff aus
Chrom erinnerte visuell und auditiv an
die Türöffner der US-amerikanischen
Straßenkreuzer. Man wollte den aufkommenden Wohlstand mit und
durch den Kühlschrank sichtbar repräsentieren.
Erst als der Kühlschrank in den
1970er Jahren zur Standardausstattung wurde, wurde er „eingebaut“
und verschwand optisch. Im Laufe der
Jahre wurde das Volumen des Kühlschranks immer größer. Wieder durch
US-amerikanische Vorbilder beeinflusst, kamen in den 1970er und
1980er Jahren hohe Kühl-GefrierKombinationen auf den europäischen
Markt. Bequemlichkeit beim Ein- und
Ausräumen, aber auch bessere Übersicht und die Erleichterung der Reinigung waren fortan gegeben.
Ein wesentliches Thema beim modernen Kühlschrank ist heute seine
Energieeffizienz. Einher mit energie-
sparender Motorisierung geht eine
bessere Isolierung und eine funktionaleZoneneinteilung.DieseZonendefinition des Kühlraums ist für unterschiedliche Lebensmittel optimiert.
So ist heute beispielsweise die kalte
und luftfeuchtegeregelte Gemüseschublade ein kleines professionelles
Kühlhaus. Manche Schubladen sind
mittlerweile mit LED-Licht ausgestattet, um Obst und Gemüse auch bei geschlossener Tür zu beleuchten. So
wird es vor seinem automatisch ein-
setzenden Vitaminabbau in Dunkelheit geschützt.
Die wohl neueste Entwicklung
zeigt Modelle, die durch einen digitalen Scan des Innenraums die eingelagerten Produkte erkennen. Auf das
Smartphone übermittelt, ergibt sich
so eine Bestandsliste, die in Zukunft
direkt an einen Lebensmittellieferanten geschickt werden könnte. Der
Kühlschrank kann also immer noch
das Einkaufsverhalten der Menschen
verändern.
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