Thema41 Nukleotide 12

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Biochemieseminar 4.1. Nukleotide
erstellt von H. Wolfes und J. Alves
4.1. Nukleotide und Nukleotidstoffwechsel
Nukleotide erfüllen vielfältige
Aufgaben
im
Zellstoffwechsel:
sie sind zelluläre
Energieüberträger und Bausteine der Nukleinsäuren DNA und RNA. Ferner können zyklische
Nukleotide als Signalmoleküle und Regulatoren des zellulären Metabolismus und der
Reproduktion wirken. Nukleoside bestehen aus einer Base und einem Zucker (Pentose:
Ribose in RNA, Desoxyribose in DNA).
Die Purinbasen Adenin und Guanin kommen sowohl in RNA und DNA vor, von den
Pyrimidinbasen kommen Uracil in der RNA, Thymin in der DNA und Cytosin in beiden
Nukleinsäuren vor. Die Basen sind über ein Stickstoffatom mit dem Kohlenstoff 1 der
Pentose verknüpft, dies wird als N-glycosidische Bindung bezeichnet. Die Namen der
Nukleosiden werden von den Basen abgeleitet, bei Purinderivaten wird die Endung –osin, bei
den Pyrimidinen die Endung –idin angehängt. Wenn ein Nukleosid mit einer oder mehreren
Phosphatgruppen verknüpft ist, spricht man von einem Nukleotid. Der Name wird aus dem
Nukleosid mit Zusatz der Anzahl der Phosphate aufgebaut: also z. B. Adenosinmonophosphat
(AMP) oder Desoxycitidintriphosphat (dCTP).
Base
Cytosin
Pentose
Nukleosid
Ribose
Cytidin
Desoxyribose Desoxycytidin
Thymin Desoxyribose Desoxythymidin
Uracil
Ribose
Uridin
Desoxyribose
Desoxyuridin
Adenin
Ribose
Adenosin
Desoxyribose Desoxyadenosin
Guanin
Ribose
Guanosin
Desoxyribose Desoxyguanosin
Abkürzung
C
dC
dT
U
dU
A
dA
G
dG
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Biosynthese von Purinnukleotiden
Das Grundgerüst der Purine wird in
10 Schritten an der Pentose aufgebaut. Hierzu wird Ribose-5-Phosphat
mit Hilfe von ATP am Kohlenstoff 1
mit
zwei
Phosphatresten
zu
Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP)
verestert und so aktiviert. Der geschwindigkeitsbestimmende
Schritt
der Purinsynthese (committed step)
ist dann der Einbau des ersten Atoms des Purinrings. Dies ist ein Stickstoffatom, das
sozusagen die N-glykosidische Bindung eingeht und aus dem Glutamin stammt. Alle Atome
des Purinringes werden im wesentlichen von Aminosäuren geliefert. Das Enzym GlutaminPRPP-Amido-Transferase katalysiert die erste Reaktion und wird durch AMP, GMP und IMP
gehemmt. Dies nennt man eine „feedback“-Hemmung, denn Inosinmonophosphat (IMP) ist
erstes Endprodukt der Purinringsynthese,
aus
dem
dann
die
eigentlichen
Endprodukte AMP und GMP gebildet
werden: IMP wird mittels Aspartat und
GTP
zu
Adenosinmonophosphat
(AMP)
oder
mit
Glutamin
und
ATP
zu
Guanosinmonophosphat (GMP) umgewandelt. Die reziproke Verwendung von ATP um
GMP, bzw. GTP um AMP zu synthetisieren dient dazu, ein ausgewogenes Verhältnis der
beiden Purine zu garantieren. Wenn mehr ATP als GTP vorhanden ist, wird mehr IMP zu
GMP konvertiert. Wenn mehr GTP als ATP vorhanden ist, wird mehr IMP zu AMP
konvertiert. Dies ist eine besondere Form der „feedback“-Regulation.
Hemmstoffe der Purinbiosynthese
Strukturanaloga von Nukleosiden oder
auch Glutamin binden häufig an Enzyme
der Nukleosidbiosynthese und hemmen
dadurch die Synthese. Solche Moleküle
werden als Antimetabolite bezeichnet.
Antimetabolite werden häufig in der
Tumortherapie, als Immunsuppressiva und
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als Virostatika eingesetzt. Sie setzen die Konzentration der zur Verfügung stehenden
Nukleoside herab und behindern die Replikation. Ein solcher Antimetabolit ist das Ribavirin.
Ferner kann die Mycophenolsäure zu einer Verarmung von Guaninnukleotiden führen.
Biosynthese der Pyrimidinnukleotide
Die Pyrimidinnukleotide werden nicht auf der Ribose aufgebaut. Aus Carbamoylphosphat und Aspartat wird Orotat
synthetsiert, der Vorläufer von
UMP und CMP. Das Orotat
wird dann auf das
PRPP
übertragen, aus dem Orotidinmonophosphat
(OMP)
Uridinmonophosphat
wird
(UMP)
gebildet. Dies kann zum UTP
phosphoryliert werden. UTP wird zu CTP umgewandelt.
Hemmstoffe der Pyrimidinbiosynthese
3-Deazauridin und Cyclopentenylcytosin sind
ebenfalls Antimetabolite, sie werden in der
Zelle phosphoryliert und hemmen kompetitiv
Enzyme der Pyrimidinbiosynthese. Sie werden
in der Chemotherapie eingesetzt, weil sie die
Menge der zur Verfügung stehenden Pyrimidine
verringern und damit die Replikation von
Krebszellen verhindern.
Biosynthese von Desoxyribonukleotiden
Für die Synthese der DNA braucht die Zelle
Desoxyribonukleotide als Vorstufen. Die
Ribonukleotidreduktase reduziert dazu die
Ribose in Ribonukleotiden an der 2´-Posi-
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tion: Das dabei entstehende dUDP ist gar nicht für den Einbau in die DNA vorgesehen,
sondern wird als Monophosphat in dTMP umgewandelt.
Biosynthese von dTMP
Die
Thymidylatsynthase
überträgt
eine
Methyl-
gruppe vom Methylentetrahydrofolat auf dUMP, hierdurch entstehen Dihydrofolat und dTMP.
Hemmstoffe der Thymidylatbiosynthese
Das 5-Fluoruracil hemmt nach Umwandlung ins Nukleotid die Thymidilatsynthase. Es kann sich im aktiven Zentrum an die Stelle des dUMPs setzen
und wird dann irreversibel an das Enzym geknüpft. Die Vorstufe des
Methylentetrahydrofolates ist die Folsäure. Eine Verminderung der Folsäurekonzentration
führt daher zur Störung der Thyminnukleotid-Biosynthese und hemmt als Folge die Replikation. Die Folsäureanaloga Aminopterin und Amethopterin (Methotrexat)
bilden einen inaktiven Komplex mit der Dihydrofolatreduktase, die an der Rückbildung des Cofaktors Methylentetrahydrofolat beteiligt ist. Alle drei Antimetabolite
hemmen relativ spezifisch die Bildung der Desoxyribonukleotide und damit die DNASynthese. Sie werden in der Chemotherapie eingesetzt um die Proliferation der sich schnell
teilenden Krebszellen zu verhindern.
Wiederverwertung von Purinen und Pyrimidinen
Purin- und Pyrimidinbasen entstehen beim intrazellulären Abbau von Nukleinsäuren, ferner werden sie mit der Nahrung
aufgenommen. Weil Nukleotide mit einem erheblichen Energieaufwand synthetisiert werden, ist es sinnvoll, sie
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wieder zu verwenden. Es wird hier nur die Wiederverwertung (engl.: salvage pathway) der
Purine vorgestellt. Es gibt eine analoge Phosphoribosyltransferase für Uracil (noch nicht in
allen Lehrbüchern), die auch die Einschleusung von 5-Fluoruracil in den Stoffwechsel
ermöglicht.
Die
Adenin-Phosphoribosyltransferase
(APRT) überträgt das Adenin auf das
Phosphoribosylpyrophosphat (PRPP):
Hypoxanthin und Guanin werden von der Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase
(HGPRT) wiederverwertet: Eine defekte
HGPRT
führt
zum
Lesch-Nyhan
Syndrom. Das Gen für HGPRT liegt auf
dem X-Chromosom. Die Krankheit kommt in einer Frequenz von 1 zu 100000 in der
männlichen Bevölkerung vor. Das Syndrom zeigt sich durch Selbstverstümmelung (Zerbeißen
der Lippen und Finger, mit dem Kopf gegen die Wand rennen, Angriffe auf das
Pflegepersonal, Treten, Schlagen), leichte mentale Retardierung sowie Hyperurikämie (hohe
Harnsäuregehalte im Blut, siehe unten) als Folge des Purinabbaus und verstärkter
Purinsynthese. Eine Senkung der Harnsäure mildert nicht die neurologischen Symptome.
Abbau von Purinnukleotiden
Die Purinnukleotide werden zu
den Nukleosiden dephosphoryliert. Adenosin wird zum
Inosin
umgewandelt.
Inosin
und Guanosin werden vom
Zucker abgespalten und durch
die Xanthinoxidase zu Xanthin
umgewandelt, das dann gleich
weiter zu Harnsäure oxidiert
wird. Sie ist das Endprodukt
des Purinabbaus in Primaten.
Die haben hohe Harnsäurewerte, weil sie diese nicht weiter
abbauen können (das UricaseGen ist defekt). Bei physiologischen pH liegt Harnsäure als Mononatriumurat vor und ist so
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schwer löslich. Bei 30° C liegt die Löslichkeit von Harnsäure bei 400ng/ml. Die Sättigung des
Plasmas liegt bei etwa 700 ng/ml. Ein höherer Gehalt ist definiert als Hyperurikämie. In
ungefähr 10% der Betroffenen lagern sich nadelförmige Mononatrium-uratkristalle dort ab,
wo die Durchblutung schlechter und die Temperatur niedriger ist: in den Extremitäten und
Knorpel (Nase, Ohren). Gerade in den Gelenken (typischerweise im großen Zeh) ist dies sehr
schmerzhaft und führt zu Entzündungen (Gicht). Ferner werden Arthritis und Lithiasis
(Nierensteine) beobachtet.
Gicht kann durch Diät (purinarme Nahrung = viel
Getreideprodukte und Käse, wenig Fleisch, Fisch,
Tofu, Linsen und Erbsen, wenig Alkohol, der die
Löslichkeit von Harnsäure senkt) sowie durch
Allopurinol behandelt werden. Akute Anfälle
brauchen eine Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. Allopurinol ist ein Analogon
des Hypoxanthins und hemmt kompetitiv die Xanthinoxidase und damit auch die
Harnsäurebildung. Die Endprodukte des Purinabbaus sind dann Xanthin und Hypoxanthin.
Sie haben eine bessere Löslichkeit als die Harnsäure und werden im Urin ausgeschieden.
Neuerdings wird auch eine Therapie mit Uricase erprobt. Wegen eines zu schnellen
proteolytischen Abbaus im Blut muss sie als Konjugat mit Polyethylenglykol (pegylierte
Uricase) alle zwei Wochen intravenös verabreicht werden. Deshalb ist diese Therapie eher für
die Patienten geeignet, bei denen die anderen Therapieformen nicht anschlagen. Dies sind
ungefähr 1 % der Gichtpatienten, allein in den USA immer noch ca. 50 000 Menschen.
Warum haben Primaten so hohe Harnsäurewerte?
Harnsäure ist ein Antioxidants (Ascorbinsäureäquivalent) und kann Hydroxylradikale,
Superoxidanionen, singulären Sauerstoff und oxidierte Hämgruppen abfangen und dadurch
Schäden am Erbgut abwenden. Es wird spekuliert, dass dies einer der Gründe für die hohe
Lebenserwartung von Primaten ist. Harnsäure, Vitamin C und Billirubin sind die wichtigsten
Antioxidantien im Plasma.
Weitere Störungen des Purinabbaus
Nach den beschriebenen Effekten der Hyperuricämie sollte man meinen, dass ein
verminderter Purinabbau positiv für den Stoffwechsel sein sollte. Allerdings führen die beiden
sehr seltenen Erbdefekte im Adenosindesaminase- und Purinnucleotidphosphorylase-Gen zu
einer schweren kombinierten Immundefizienz (SCID), bei der die Proliferation der
Lymphozyten gestört ist. Bei der ADA-Defizienz (ca. 16% der SCID-Fälle) reichert sich
dATP in den Lymphzyten so stark an, dass die Ribonukleotidreduktase gehemmt ist. Bei der
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PNP-Defizienz (< 1% der SCID-Fälle) stimuliert der hohe dGTP-Spiegel die dATP-Bildung
mit dem gleichen Effekt. Warum aber bei letzterer die B-Zellen nicht betroffen sind, ist noch
nicht klar.
Häufig wiederkehrende Infektionen auch durch Pilze sind ein typisches Merkmal der (jungen)
Patienten. Sie müssen sich deshalb, wenn keine der unten angeführten Therapien greift, in
Einzelräumen mit hocheffizienten Luftfiltersystemen aufhalten. Die Adenosindesaminase
kann als Enzymkonjugat mit Polyethylenglykol ins Blut gegeben werden. Diese Substitution
muss natürlich in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Aber 20% der Patienten zeigen
nur wenig Verbesserung ihres Immunsystems und 10% entwickeln Antikörper gegen das
Enzym; die Überlebensrate liegt bei 74% der so behandelten Patienten. Eine
Knochenmarktransplantation ist dann die Therapie der Wahl. Allerdings liegt selbst bei gut
passenden Spendern die Überlebensrate nur bei 73%.
Die ADA-Defizienz war die erste monogene, rezessive Erbkrankheit, bei der eine Gentherapie
versucht wurde (2 Patienten schon 1990). Die bisherigen Gentherapieversuche haben aber
auch noch keinen großen Erfolg gebracht: bei 8 von 22 Patienten konnte das eingeführte Gen
noch nach 30 Monaten detektiert werden, 7 Patienten zeigten eine klinische Verbesserung.
Sowohl durch die Knochenmarktransplantation als auch die Gentherapie von hämatopoetischen Stammzellen wird außerdem nur das Immunsystem wieder hergestellt. Die bei den
Patienten auch häufig auftretenden neurologischen Probleme und Entwicklungsstörungen
können durch sie nicht gelindert werden.
Grundlegende Literatur
Löffler, Basiswissen Biochemie, 7. Auflage S. 193-208
Löffler Petrides Heinrich, Biochemie & Pathobiochemie, 8. Auflage S. 141-147, 585606
Rassow Hauser Netzker Deutzmann, Biochemie, 3. Auflage S. 401-416
Themen, die im Vortrag angesprochen werden sollten:
Nomenklatur von Nukleosiden und Nukleotiden
Biosynthese von Purinen und Pyrimidinen
• Hemmstoffe
Biosynthese von Desoxyribonukleotiden und dTMP
• Methotrexat
Wiederverwertung von Purinen und Pyrimidinen: Salvage Pathway
Abbau von Purinnukleotiden
• Gicht
• ADA-Defizienz
• PNP-Defizienz
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