SRH Hochschule Heidelberg School of Engineering and Architecture Semesterarbeit für das 7. Semester in der Fachrichtung: Architektur Fach: Gebäudelehre Schriftliche Zusammenstellung als Referat Erstellungsdatum: 12.02.2008 Dozent: Prof. Helmut Lerch Verfasser: Thomas Eulenberger, Mart.Nr.: 0056734 Michael Flock, Mart. Nr.: 0058906 Renzo Piano Architekturrichtung / Ortsbezug in der Anwendung Inhaltsverzeichnis 1. Kurzbiographie: Renzo Piano (*14.09.1937) ………………………………….……… 3 2. Werke …………………………………………………………………………………….... 4-5 3. Architekturgedanke …………………………………………………………………….. 6 3.1 Ortsbezug in der Anwendung …………………………………………………….. 7 3.2 Technische Ausarbeitung ………………………………………………………….. 7 4. Zentrum Paul Klee (Bern, 1999-2005) …………………………………………………. 8-9 5. Fondation Beyeler (Riehen/Basel) 1991-1997) ……………………………………… 9-11 6. Fazit ………………………………………………………………………………………….. 11-12 7. Bildersammlung …………………………………………………………………………… 13-29 8. Literaturverzeichnis ………………………………………… ……………………………. 30 9. Video: Ortsbegehung Bern & Basel …………………………………………………… 30 2 1. Kurzbiographie: Renzo Piano (* 14.09.1937) Renzo Piano wurde am 14.09.1937 in Genua Italien geboren. Piano wuchs in einer Familie von Bauunternehmern auf. Seine Leidenschaft zur Architektur verdankt er seinem Vater. Er hatte einen Bruder und eine Schwester. Renzo Piano studierte von 1962 bis 1964 an der Universität Florenz und erlangte 1964 das Diplom am Mailänder Polytechnikum. Von 1965 bis 1968 arbeitete er dort als Dozent. Die Unterstützung seines Vaters und Bruders ermöglichte es ihm, nach dem Studium sofort mit der Erforschung von Materialien und Technologien zu beginnen. Auf Studienreisen nach Großbritannien und in die USA lernte er unter anderem Louis I. Kahn kennen. Piano machte im renommierten Architekturbüro von Kahn in Philadelphia ein Praktikum. Magda Arduino war Renzo Pianos erste Frau und Gefährtin seiner langen Entwicklung. Mit ihr hatte Renzo Piano drei Kinder: Carlo, Matteo und Lia. Durch seinen Unterricht am Polytechnikum und an der Architectural Association School in London kam Renzo Piano in engeren Kontakt zu Richard Rogers. Renzo Piano und Richard Rogers gründeten in Paris ein gemeinsames Büro, nachdem sie den Wettbewerb für das Pariser Centre Pompidou (1971–1977) gewonnen hatten. Vorläufer zum Centre Pompidou war das 1973 fertig gestellte Bürogebäude von B & B Italia. 1977 gründete Renzo Piano mit dem Ingenieur Peter Rice ein gemeinsames Büro mit dem Namen „Piano & Rice“. Sie führten das Büro bis zum Rice' Tode im Jahre 1993. Es entstanden Arbeiten wie das Quartierslaboratorium für Stadterneuerungen in Otranto (1979) sowie das Museum der Menil Collection in Houston, Texas (1981–1986). Renzo Piano lernte viel von seinem guten Freund Peter Rice. Anfang der 1980er-Jahre verwandelte sich das Studio in ein Building Workshop mit Büros in Paris und Genua. Der neue Name sollte vor allem den Teamwork-Charakter der gemeinsamen Arbeit unterstreichen. Seit 1992 ist Renzo Piano mit Milly verheiratet. Zur Zeit leitet der Architekt je ein Atelier in Genua und Paris, die unter dem Namen „Renzo Piano Building Workshop“ (RPBW) vereint sind. Im RPBW arbeiten Architekten, Ingenieure und weitere Spezialisten zum Teil seit Jahren zusammen. In Berlin war Piano unter anderem mit der Bebauung eines Teils des Potsdamer Platzes betraut und führte dort zeitweise ebenfalls ein Büro. Er ist zudem Architekt des London Bridge Tower, der bei seiner Fertigstellung das höchste Hochhaus Westeuropas sein wird. Neben dem Centre Pompidou in Paris war Renzo Piano an der Planung von Großprojekten, wie der Terminal des Kansai International Airport in Osaka, Japan, die Rekonstruktion des Potsdamer Platzes in Berlin und die Umgestaltung des Porto Antico (Alter Hafen) in seiner Heimatstadt Genua beteiligt. Seinen Ruf als Museumsarchitekt erhielt Piano mit Projekten wie der Menil Collection in Houston, Texas, der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel, dem Jean-Marie Tjibaou Cultural Center in Nouméa, auf der Südseeinsel Neukaledonien, dem Nasher Sculpture Center in Dallas, Texas USA, 1999-2003 und dem eben fertig gestellten Zentrum Paul Klee in Bern. Zudem gestaltete er in Italien zwei große Auditorien: das Auditorium Niccolò Paganini in Parma und das Auditorium Parco della Musica in Rom. Zu seinen neusten Projekten gehören der London Bridge Tower, der mit 306 Meter das höchste Gebäude Europas wird, sowie mehrere Aufträge in New York City, darunter das The New York Times Headquarters und die Erweiterung der Pierpont Morgan Library. Renzo Piano gilt als ein Meister der Bautechnik. Durch den Bau von unzähligen Gebäuden rund um den Globus mit den verschiedensten Konstruktionen und Baumaterialien beweist er seine Fähigkeiten im Bereich der Bautechnologie. Bei all seinen Projekten dient die Technologie dazu, das Licht zu beleben, das Umfeld zu respektieren und die Integration in die Natur zu ermöglichen. Piano fällt durch Werke auf, bei denen die innovativen und konstruktiven Techniken lediglich das Werkzeug sind, um komfortable, solide und ökologische Gebäude zu gestalten. Piano gilt als sehr vielfältig in Bezug auf die Stilrichtungen seiner Werke. Funktion und Bedeutung der Gebäude sind für die Gestaltung sehr entscheidend. 3 2. Werke Porto di Genova Masterplan, Genova I, 2004 Whitney Museum of American Art, New York City USA, 2004 Columbia University Expansion Masterplan, New York City USA, 2002 Pinacoteca Giovanni e Marella Agnelli, Turin, 2002 St. Giles Court, London UK, 2001 La Rocca Winery, Gavorrano, Grosseto I, 2001 London Bridge Tower, London UK, 2000-2009 The New York Times Building, New York City USA, 2000 Pierpont Morgan Library, New York City USA,2000-2006 EMI Music France Headquarters, Paris F, 2000-2004 Lingotto Agnelli Art Gallery, Torino I, 2000-2002 La Bolla, anlässlich des G8-Gipfels 2001, Genova I, 2000-2001 California Academy of Sciences Expansion, San Francisco, California USA, 2000 Zentrum Paul Klee, Bern CH, 1999-2005 Woodruff Arts Center, High Museum of Art, Atlanta, Georgia USA, 1999-2005 Weltstadthaus, Köln D, 1999-2005 Nasher Sculpture Center, Dallas, Texas USA, 1999-2003 Chicago Art Institute Expansion, Chicago, Illinois USA, 1999 Il Sole 24 Ore Headquarters, Milano I, 1998-2004 Lingotto Ingenieurschule, Torino I, 1998-2002 Lingotto Movie Theater, Torino I, 1998-2002 Maison Hermes, Tokyo J, 1998-2001 Auditorium Niccolò Paganini, Parma I, 1997-2001 KPN Telecom Office Tower, Rotterdam NL, 1997-2000 Centre Pompidou Renovation, Paris F, 1996-2000 Aurora Place, Sydney AUS, 1996-2000 Ferrari Wind Tunnel, Maranello, Modena I, 1996-1998 Auditorium Parco della Musica, Roma I, 1994-2002 Mercedes Benz Design Center, Sindelfingen bei Stuttgart D, 1993-1998 debis-Haus im Quartier Daimler, Berlin D, 1993-1997 Potsdamer Platz, Masterplan zur Rekonstruktion (Quartier Daimler), Berlin D, 1992-2000 NEMO Nationales Wissenschafts- und Forschungszentrum, Amsterdam NL, 1992-1997 Atelier Brancusi Reconstruction, Paris F, 1992-1996 Cy Twombly Gallery, Houston, Texas USA, 1992-1995 4 Chiesa Padre Pio, San Giovanni Rotondo, Foggia, Apulien I, 1991-2004 Banca Popolare di Lodi Headquarters, Lodi I, 1991-2001 Jean-Marie Tjibaou Cultural Center, Nouméa, New Caledonia, 1991-1998 Fondation Beyeler, Riehen bei Basel CH, 1991-1997 Ushibuka Bridge, Ushibuka, Kumamoto J, 1989-1996 Renzo Piano Building Workshop, Punta Nave, Genova I, 1989-1991 Kansai International Airport Terminal, Osaka J, 1988-1994 IRCAM Erweiterungsbau, Paris F, 1988-1990 Thomson Optronics Factory, Saint Quentin-en-Yvelines F, 1988-1990 Appartements Rue de Meaux, Paris F, 1987-1991 Bercy 2 Shopping Center, Paris F, 1987-1990 Stadio San Nicola für die Fußball-WM 1990, Bari I, 1987-1989 Cité International, Lyon F, 1985-1996 Porto Antico, Genova I, 1985-1992 Credito Industriale Sardo Headquarters, Cagliari I, 1985-1992 Institute for Research into Light Metals, Novara I, 1985-1987 Lowara Company Offices, Montecchio Maggiore, Vicenza I, 1984-1985 Lingotto Fabrikumbau, Torino I, 1983-1993 Subway Stations, Genova I, 1983-1991 IBM Travelling Pavillon, Europe, 1983-1986 PROMETEO Musical Space, Venezia/Milano I, 1983-1984 Menil Collection, Houston, Texas USA, 1981-1987 Casa El Rigo Evolutive, Corciano, Perugia I, 1978-1982 Centre Pompidou, Paris F, 1971-1977 (in Zusammenarbeit mit Richard Rogers) B&B Italia Offices, Novedrate, Como I, 1971-1973 5 3. Architekturgedanke „In unserem seltsamen Beruf genügt es nicht, eine Vision der Leichtigkeit und Transparenz zu haben, eine Utopie. Ein Architekt, der seine Utopie umsetzen will, muss, ob er will und kann oder nicht, auch ein Wissenschaftler werden, ein Ingenieur, ein Handwerker. Es handelt sich um eine Kunst, in der alles zusammenfließt: Die Soziologie, die Klimatologie, die Geografie, die Topologie, aber eben auch die anderen Künste. Ich würde nicht soweit gehen und behaupten, die Architektur sei die Kunst der Künste. Aber vielleicht ist sie das Haus der Künste. Alle Künste brauchen ein Dach über dem Kopf, ein Haus, um sich in Ihm darzustellen. Die Architektur ist die komplexeste, die kontaminierteste Kunst und eben deswegen dem Leben am nächsten. Nicht von ungefähr interessieren sich die Leute so dafür und schauen den Architekten auf die Finger. Denn mit keiner anderen Kunst kann man im realen Leben der Menschen so viel bewirken, mit keiner kann man auch soviel Schaden anrichten.“ (1) Renzo Piano hat in seiner Werkvielfalt eine unverkennbare Handschrift, allerdings ist es nicht so, dass man auf den ersten Blick direkt die Herkunft erkennt, wie z.B. bei Richard Meyer, Frank Lloyd Wright oder Le Corbusier, man erkennt erst beim genaueren Hinschauen und Verstehen, aus welchem Büro entworfen wurde. Seine Gebäude leben vom Ortsbezug und seiner Fachkenntnis in der Materialauswahl. Die Moderne, behauptete er, bedeute eben auch, die Baumaterialien – Holz, Stein, Marmor, Glas, Stahl – neu zu erfinden. Piano arbeitet auf dem gesamten Globus und er bezieht sich nicht nur auf regionale Güter, nein er bezieht verschiedene Materialien aus verschiedenen Ländern, er arbeitet mit Baufirmen die mehrere 1000 km weit entfernt hantieren. Er nutzt die Technologien, welche er für die Realisierung seiner Bauwerken braucht und beschränkt sich eben nicht auf einen bestimmten Bereich. Wie kaum ein anderer Architekt unserer Zeit, weiß Renzo Piano den Ortsbezug und die Technischen Komponenten miteinander zu verbinden. Er befindet sich im ständigen Dialog mit Ingenieuren und Bauherren und nicht zuletzt mit dem Ort und der Architektur. Er verschweigt nie, die Phantasie und den Einfallsreichtum seiner Mitarbeiter, die ein wichtiger Bestandteil seines Schaffens sind. In einem Interview wurde Reno Piano gefragt, wo die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von drei seiner Projekte ( Museum in Riehen 1993 – 97, Kansai Terminal, Osaka 1988 – 94 und dem Centre Jean – Marie Tjibao, Neu Kaledonien, 1990 – 97) lägen. Er antwortete: „ Die Frage spricht das Problem des Stils und der Stimmigkeit an. Es wird behauptet, dass sich keine Pianobauten ähneln. Ich meide das, was Stil genannt wird, den ein Stil ist ein goldener Käfig. Ich bin an der Bezeichnung nicht interessiert. Jedes Gebäude spricht eine andere Geschichte. Jede Baustelle ist anders. Ich bevorzuge den Begriff Stimmigkeit(Kohärenz); es ist ein ebenso wesentliches Kriterium wie Helligkeit, nicht nur im physischen Sinn. Wäre das Osaka Terminal etwas anderes als Licht ( in der Konstruktion), hätte es wohl kaum das Erdbeben bei Kobe vor drei Jahren überlebt. Um Kohärenz zu erreichen muss man in einer imaginären Zeit bauen, man muss tief in der Geschichte, der Geographie, der Topographie und der Erde graben. Die Annäherung an ein Projekt ergibt sich immer auf die gleiche Art und Weise. In Neu Kaledonien muß man die Kultur des gesamten Pazifikraumes verstehen, nicht nur die Kultur der Kanaken. Was ich an ihr bewundere ist die Idee der Ewigkeit. Nicht Stein, wie wir es in Europa und in Rom vorfinden. Die japanischen Tempel und die mailänder Kirchen sind auf eine völlig unterschiedliche Art und Weise erbaut worden. Man kann sich kein Kolloseum in Japan oder in Neu Kaledonien vorstellen. In dieser Region besteht Ewigkeit aus einer Wiederholung der Gesten: zeitliche Gesten, kurzlebige Gesten sind viel wichtiger. In Riehen waren bereits Mauern und Mauerfragmente unter der Erde. Das Fundament war vorhanden, die Topographie existierte schon. Ich wurde mit einer Situation konfrontiert, wie sie schon immer vorhanden war, die so erschien, als ob sie immer so sein würde. Wenn sie mich nach einer Verbindung der drei Projekte fragen, würde ich sagen, es ist die Schichtung der Materialien. Die grundlegenden Materialien in Riehen waren Stein und Licht. Wir haben viel mit der „Saat“ der Mauern und der Überlagerung der anderen Materialien gearbeitet. Schließlich ist das Dach eine völlig neue Konstruktion“(3) Bezeichnend für die Werke Pianos ist ebenso die gekonnte Kombination von High – Tec und Kunsthandwerk. (1) „Mein Architekturtagebuch“ Renzo Piano (3) „Renzo Piano – Fondation Beyeler“ Fondation Beyeler 6 3.1. Ortsbezug in der Anwendung „Ich habe noch nie etwas gebaut, ohne den Bauort Dutzende von Malen zu besuchen. Du läufst herum, rauchst deine Pfeife oder Zigarette, nimmst auf, absorbierst und irgendwann nimmt etwas vor deinem inneren Auge Gestalt an. Eine Idee, eine Skizze, die aus dem Lauschen kommt. Du hörst den Geräuschen zu, dem Wind, dem Licht und dem, was die anderen Gebäude dir erzählen“ (1) Renzo Pianos interessiert die Möglichkeit, Ort & Produkt gemeinsam zu formen. Gerade bei seinen letzten Projekten ist der Bezug zur Primärstruktur und seinen Gebäuden immer stärker geworden. Die tragende Struktur seiner Gebäude bestehen in der Regel aus den Materialien, welche vor Ort gewonnen werden. Piano beweist mit zahlreichen Referenzbauten, dass er den „Geist des Ortes“ zu verstehen weiß. Er bringt sich nicht nur beispielhaft in die Umgebung ein sondern versteht auch mit regionalen und überregionalen Bauweisen umzugehen. Ein Beispiel dafür ist das Tjibaou Cultural Center in Neukaledonien. Entlang einer Lagune auf einer Insel errichtet, wirken die ovalen, korbartigen Aufbauten wie künstliche, fremdartige Riesenpflanzen - schwer zu sagen wo die Natur aufhört und wo die Konstruktion beginnt. Die vertikalen, bis zu achtzig Meter hohen Bögen aus Holz, die mit Stahlstreben verflochten sind, folgen dem Muster der geflochtenen Rundbauten der Ureinwohner. (2) (Abb. 02) Das 110 Millionen Franken teure Zentrum Paul Klee beweist ebenfalls mit wie viel Gefühl ein Renzo Piano an seine Bauwerke herangeht. Für die Vision seines eigenen Werks lies sich Renzo Piano von der Identität des Ortes, der sanft geschwungenen Linie des Terrains inspirieren. Es schont den Landschafsraum. Obgleich es quer zu Ihm liegt, unterbricht es ihn nicht. Dass da noch die Autobahn war, die mit einem tiefen Einschnitt die Bauparzelle abrupt begrenzt, störte ihn nicht. Als eine «Lebensader» unserer Zivilisation sollte sie vielmehr ins Projekt einbezogen werden und hier ihr ästhetisch-funktionales Echo finden. Laut Kritiker ist vielleicht aber gerade beim Zentrum Paul Klee von außen etwas zu viel Ortsbezug und dafür im Inneren zu wenig. (Abb. 04) 3.2. Technische Ausarbeitung Renzo Pianos Bauten zeichnen sich durch ein breites Spektrum sowie eine große Formen-, Material- und Konstruktionsvielfalt aus. Er selbst sieht die Architektur als Dienstleistung an den Menschen, als Entwurf des Zusammenlebens und der Gestaltung des Lebensraumes. Anfangs war für Piano das bauen mit sowenig Material wie möglich die Herausforderung, die es umzusetzen gab. Bei der praktischen Anwendung kam er zu dem Entschluss, dass leichte Bauten weit mehr ausdrücken können. Den sparsamen Umgang mit Material zählt er zu den Leistungsspektren eines Architekten. Ein Beispiel ist das Bürohochhaus Aurora Place in Sydney. Die Gestaltung und die technische Ausstattung der Fassade ist ein weiteres, architektonisches Highlight. Die Fassade aus beweglichen Glaselementen und aus Pianos Studio entwickelte Keramik auf Terrakottabasis wirkt wie eine Haut, deren Poren sich je nach Witterung und Temperatur öffnen oder schließen. Er nutzt somit die Winde und Brisen die von der Bai von Sydney herüberwehen für ein natürliches Ventilationssystem. (Abb 03) Piano scheut sich nicht davor neue Technologien einzusetzen. Seine Mitarbeiter erforschen Stein, Stahl, Holz, Zement und Ton. Das Experimentieren in der Werkstatt kennt keine Grenzen. Es ist ein kontinuierlicher Prozess des Verschmelzens verschiedener Elemente, was der ursprünglichen Aufgabe des Architekten am Ehesten entspricht. Dieser kontinuierliche Entwicklungsprozess ist unter dem in der Fachwelt geprägten Begriff „Schritt für Schritt – Architektur“ ein besonderes Markenzeichen Pianos, das Aufschluss über seine raffinierten Details und innovativen Konstruktionen gibt. „ Als ich ein junger Architekt war, fühlte ich mich davon angezogen, Objekte zu entwickeln. Ich war von der Körperlichkeit fasziniert. Die schrittweise Annäherung war für mich ein wesentlicher Bestandteil meines Schaffens. Später wurde mir bewusst, dass das nicht genug war. Architektur ist mehr, als nur Dinge zusammenzufügen. Sie handelt vom Organischem, von Illusionen, sie ist eine Art Gedächtnis, eine strukturierte Herangehensweise. Ich mag den Gedanken, vom Allgemeinen ins Detail zu gehen und vom Detail ins Allgemeine. Man kann nicht an die Präsenz eines Gebäudes in der Stadt denken, ohne dabei an dessen Materialität denken zu müssen. Und wenn man an die Materialität denkt, fängt man an, an das Detail zu denken“ (3) Wohl geprägt durch seine Kindheit in einer Bauunternehmerfamilie hatte er schon früh den Praxisbezug. (2) „Mein Architekturtagebuch“ Renzo Piano (3) „Renzo Piano – Fondation Beyeler“ Fondation Beyeler (4) „Architekturen des Lebens“ Lebik Andres) 7 4. Zentrum Paul Klee (Bern, 1999-2005) „Der Ort liegt neben dem Friedhof, auf dem Paul Klee ruht. Angefangen hat alles mit einer ersten Besichtigung des Ortes, bei der mich die sanft geschwungenen Hügel beeindruckten. Die Form des Gebäudes war eigentlich bereits in der Landschaft enthalten. Und so haben wir angefangen, das „ Feld zu bestellen“, als wären wir Bauern und nicht Architekten, bis sich die Landschaft in ein Gebäude verwandelte. Im Geiste ist das Gebäude groß! Der Blick kann ausschweifen. Der Bau steht in der Nähe eines großen Kornfelds, das im sich im Winde wiegt, und je nach Jahreszeit verändert. Es ist praktisch ein Ort der Stille, der auf die Begegnung mit Paul Klee einstimmt. Das Museum besteht aus drei Hügeln. Einem großen, einem Mittleren und in der Mitte und einem kleineren: Der große ist für Beziehungen mit anderen gedacht, für Musik, Kongresse, Begegnungen. Der zweite ist Paul Klee selbst gewidmet und für Ausstellungen gewidmet. Der dritte ist ein Forschungszentrum. Es handelt sich um ein Zentrum, bei dem sich alles um die Figur Paul Klee und seinem Traum dreht. Im Werk von Paul Klee finden sich Natur, Bäume, Landschaften, Felder, Menschen, Personen, Vögel,…er ist in diesem architektonischen Werk sehr präsent. Wir haben in Bezug auf Akkustik und Physik versucht, einen fast metaphysischen Ort außerhalb der Welt zu schaffen….denn wir wollen, dass Paul Klees Werke in einem Umfeld gezeigt werden, das lebt und atmet; Darüber hinaus soll eine stimmungsvolle Atmosphäre geschaffen werden. Im Innern gibt es eine Straße, die gewissermaßen den profanen Bereich darstellt – denn ein Museum ist immer eine Mischung aus profanen und sakralen Elementen.“ (Auszüge aus einem ARTE – Interview, zur Eröffnung des Paul Klee Zentrums, mit Susanna Lotz) Bereits in Pianos ersten Entwürfen verschmelzen drei Hügel als Terrainartikulationen mit dem Gelände und lassen das gesamte Areal zur Landschaftsskulptur werden. Vom Park herkommend ist zuerst nicht ganz klar, ob die drei geheimnisvollen Wellen künstlich sind oder doch Natur. (Abb.05) Erst vor der Hauptfassade sind die Dimensionen offensichtlich: 12 Meter hoch ist die mittlere Welle, über 150 Meter lang die Glasfront gegen die Autobahn. Die Dächer zeichnen kräftige Schatten auf die tief hinter die Traufe gesetzte Fassade. An ihren höchsten Stellen misst die Glasfassade 19 Meter, und mit Flächen von 6 x 1.6 Meter bringen die größten Glasscheiben nahezu eine halbe Tonne auf die Waage. Der vorderste Bereich innerhalb des Zentrums, die Museumsstrasse, bildet das Rückrat der Anlage. Sie verbindet die 3 Hügel, in denen sie sich zu Empfang & Cafeteria, zu einem Museumsshop bzw. zu einem Lounge- und Lesebereich ausweitet. Die Entwicklung des Baus in die Tiefe der Hügel ist demgegenüber nur schwach spürbar und wird von hohen fast geschlossenen Wänden abgeschnitten. In der westlichen Welle befindet sich das Audiotorium und das Kindermuseum im Untergeschoß. In der mittleren Welle befinden sich sowohl im Untergeschoß wie auch im Erdgeschoß die Ausstellungsräume des Paul Klee Zentrums und in der östlichen Welle der Lesesaal und die Bibliothek. Kennzeichnend für die außergewöhnliche Architektur des Zentrum Paul Klee ist die Stahlkonstruktion des Dachtragwerks. Die von hinten nach vorne ansteigende Wellengeometrie des Daches ist so einmalig, dass jeder einzelne Meter der insgesamt 4.2 Kilometer Stahlträger eine andere Form besitzt. Da die starke Krümmung der Stahlträger keine maschinelle Schweißung erlaubte, sind mehr als 40 Kilometer Schweißnaht von Hand geschweißt worden. Problematisch erscheint es dem Bauphysiker natürlich wenn es darum geht, was mit den Träger Abschnitten passiert, die im Erdreich verschwinden? (Abb.06; Abb. 08; Abb.09) Widerspricht es doch der typischen Bauweise im Stahlbau wird es scheinbar für sein Entwurfsprinzip vernachlässigt. Weiterhin sind die Stahlträger mit Inoxblechen eingefasst, welche ebenfalls bis ins Erdreich übergehen und auch im inneren keine ansehnliche Einheit mit dem Holzparkett bilden. (Abb.11) Ungeschützt vor mechanischen Einflüssen sind die Bleche bereits verformt (Abb.08) und lassen den Betrachter fragend zurück , ob die zum Teil mit Blechen verkleideten Stahlträger keine Abweichung zum ursprünglichen Entwurfsgedanken und der Materialwahl sind ? Der geschwungene Steg, der das Hauptgebäude erschließt, besteht aus einem Materialzusammenschluss von Stahlbeton, Glas und Stahlteilen. Ein Blick auf die Unterseite der Brücke zeigt typische Korrosionsmerkmale der Stahlverbindungen auf und eine leicht verschwenderische und nicht sauber ausgeführte Silikonversiegelung (Abb.10). Die Erdberührenden und Erdnahen Bauteile aus Stahl sind zum Teil mit einem korrosionsbeständigen Oberflächenschutz und zusätzlich mit einem dunklen bituminösen Anstrich versehen, welcher die Bauteile natürlich farblich abhebt. Laut den ausführenden Ingenieuren haben sie mit dieser Maßnahme eine „technische Todsünde“ begangen, die nach Ihrer Aussage in ca 15 Jahren einer Kontrolle des Bestandes unverzichtbar macht und eventuelle erneute Behandlungen der Stahlträger zu Folge hat. 8 Der Entschluss zu Gunsten von Edelstahl für das Dachblech erfolgte nach gründlicher Prüfung alternativer Materialien wie Aluminium, Kupfer und Titan. Ausschlaggebend waren ökologische, finanzielle und technische Kriterien. Wegen der besonderen Gebäudegeometrie steht ein Teil der Stahlbögen leicht, aber jeweils in unterschiedlichen Winkeln, geneigt. Damit die Bögen nicht nach hinten kippen, sind sie mit Druckstreben abgestützt, die direkt im Dachaufbau integriert wurden. Die thermischen Bewegungen eines Stahldaches dieser Dimensionen sind sehr beachtlich. Ganz entscheidend ist deshalb die Fähigkeit der Fassadenstruktur, den temperaturbedingten Bewegungen des Hauptdaches folgen zu können, ohne zusätzliche Krafteinwirkungen auf die einzelnen Fassadenelemente zu verursachen. Das innovative Tragsystem für das Zentrum Paul Klee macht es möglich, die Fassade aufzuhängen und die grossen Lasten aus der Fassade sowie die hohen Windkräfte ohne Schaden ins flexible Bogendach übertragen zu Weil beim Betonbau für das Zentrum Paul Klee auf die wartungsanfälligen Bewegungsfugen verzichtet wurde, konnte das ganze Bauwerk in einem Stück hergestellt werden. Nur an vereinzelten Stellen wurden temporär so genannte Schwindgassen angeordnet, um Risse in der Konstruktion zu vermeiden. Die Fassadenausbildung ist sehr schön strukturiert und bis in das kleinste Detail durchdacht und ausarbeitet. (Abb.16) Was in der Museumsstraße in einer großartigen Inszenierung des Raumes mit dem Tageslicht gelingt, gerät in den dahinter liegenden Räumen zur Plattitüde. In ähnlicher Manier wechseln wunderbare Details, z.B. die freihängende Treppe zur unteren Ebene (Abb.14) oder die filigrane Aufständerung der Sitzreihe im Audiotorium mit seltsam toten Ecken. Im Gesamtwerk Renzo Pianos ist das Zentrum Paul Klee ein in Teilbereichen nicht ganz ausgewogenes Gebäude, dem der gestalterische Entwurf das Hauptaugenmerk gewidmet wurde, auch wenn er die ein oder andere technische Einschränkung hinnehmen musste. 5. Fondation Beyeler (Riehen/Basel, 1991-1997) Das Designkonzept für das Museumsgebäude der Foundation Beyeler in Riehen bei Basel ist klar und einfach strukturiert. Das 4000 m² große und 55 Millionen Schweizer Franken teure Gebäude ist Nord – Süd ausgerichtet. Vier lange Mauern ziehen sich von Norden nach Süden, parallel zu der Wand, die das Anwesen von der viel befahrenen Baselerstraße im Osten trennt. Die 115 m langen Wände geben die Hauptausrichtung der Ausstellungsräume vor, während Querwände (in Leichtbauweise) mit raumhohen Durchgängen, die Räume aufteilen. Der Zugang von der Baselerstraße zum Haupteingang wird von der östlichen Wand und der Wand die das Anwesen zur Straße trennt, umrandet. Auf den Schmalseiten im Norden und Süden enden die Ausstellungsräume in raumhohen Glaselementen. Auf der Westseite befindet sich ein vollverglaster Wintergarten, der, an der Verbindungsstelle von Treppe und Aufzug ins Untergeschoss, über zwei Etagen hoch ist. Im Untergeschoss befinden sich ein großes Auditorium für Lesungen und Performances, sowie Diensträume. Die Technikräume befinden sich an der östlichen Längsseite, als Verlängerung der Kassenräume. Das Material der zweischaligen Außenwände besteht entgegen für Pianos üblicher Verwendung einheimischer Baustoffe, aus weitaus widerstandsfähigeren, patagonischen Porphyr, dessen rötliche Färbung der Baseler Kathedrale ähnelt. Die 70 cm breiten und 4,80 m hohen, zweischaligen Wände weisen hinter der Dämmschicht einen Betonkern auf. Im Innern sind sie zu, mit Gipskartonplatten verschalten, Säulen reduziert. Die raumhohe Verglasung der Schmalseiten im Norden und Süden wird durch eine stehende, filigrane Pfosten – Riegelkonstruktion gefasst, deren großformatige, doppelverglaste Füllung in acht Teilen über 6,80 m weit und 5 m hoch spannt. Um das Erscheinungsbild der 46 mm breiten und 120 mm tiefen Fensterpfosten möglichst filigran zu halten, bestehen sie aus drei Flachstahlprofilen, die in ihrer Mitte leicht verschattet werden. Des Weiteren sind alle Stahlbauteile ( außer die der Dachkonstruktion ) in nicht reflektierenden Anthrazit lackiert, was deren Zurückhaltung ebenfalls unterstützt. Das Glasdach bietet gleichmäßige, natürliche Beleuchtung der Kunstwerke, und ebenso Schutz vor Austretender Feuchtigkeit und Wärme. 9 Die Tragstruktur besteht aus 250 mm hohen HEA – Trägern, die im Raster von 1,5 m kreuzweise verlegt sind und punktweise auf Lagern, die mit der Außenwand verschraubt sind, befestigt wurden. Über der Wand befinden sich Träger, die über die gesamte Länge des Gebäudes laufen. Die sehr weit überspannten Ausstellungsräume machen eine zusätzliche Unterstützung der Dachbalken im Innenraum erforderlich, die ebenfalls aus geschweißten Stahlprofilen bestehen. Das gesamte Gitter ist mit einer weißen F 30 Grundierung gestrichen. Auf der Oberseite der Tragkonstruktion befindet sich die doppelte Dachverglasung, als isolierende und wasserabweisende Schicht. Die Dachentwässerung erfolgt durch 70 cm breite, über die gesamte Länge des Gebäudes laufende Dachrinne aus weiß grundierten, im Kern wärmegedämmten Aluminiumprofilen, die, thermisch getrennt, auf den Stahlträgern der Dachkonstruktion mittels Führungsschienen befestigt sind. Auf der Dachverglasung befinden sich, die sheddachähnlichen, im Winkel von 30 Grad aufgestellten, laminierten Glaselemente, die nach Süden ausgerichtet sind und dadurch den direkten Lichteinfall in den Innenraum vermeiden, das diffuse Nordlicht aber einleiten. Die Unterkonstruktion der Glaselemente besteht aus Stahlrohren, die mittels Schellen an der Dachkonstruktion befestigt sind. Der obere Teil der Stahlrohre verjüngt sich und ist im Winkel von 30 Grad gebogen, dadurch können die Glaselemente mit Punkthaltern befestigt werden. Die unterste Schicht der Dachkonstruktion im Innenraum ist eine transluzente Verkleidung ( 50 cm unterhalb der horizontalen Verglasung), gefertigt aus perforierten, abgeschrägten Blechpanelen, die später weiß glasiert wurden und so das einfallende Tageslicht gleichmäßig verstreuen. Auf der Nord – und Südseite des Museums befinden sich im Bereich des Dachüberstandes keine Sheddkonstruktion. Anstelle dessen sorgen laminierte, rechteckige Fritteglaspanele für eine zusätzliche, vertikale Beleuchtung des Innenraums. Um die Kunstwerke im Innern des Gebäudes vor zu hohen Temperaturen, unreiner Luft und zu hoher Feuchtigkeit zu schützen, wandte Piano eine weitere technische Raffinesse an, um die Gemälde in optimaler Umgebung zu schützen. Um ideale Raumbedingungen unter energieeffizienten Gesichtspunkten zu schaffen, wurde das Museum als „Haus im Haus“ konzipiert: Die Ausstellungsräume sind im Zentrum des Gebäudes angeordnet und werden durch klimatische Pufferzonen, die sie von äußeren Einwirkungen schützen, getrennt. Die Eingangshalle im Osten und die Wintergärten im Norden und Süden wirken als Pufferzonen, die das Aufheizen und das Abkühlen des Gebäudes im Innern abmindern. Ferner ist das Museum mit drei unabhängigen Klimaanlagen ausgestattet, deren Aus – und Eintrittsöffnungen, ohne den Innenraum durch technische Installationen zu stören, dezent in den Gipskartonwänden eingelassen sind. „Jeder Ort wird durch seine Räume definiert, die in der Gegenwart mit ihrer Geographie und starken kulturellen und sozialen Faktoren beeinflusst werden. Aber bestehende Orte werden mit der Zeit, der Vergangenheit und der Zukunft verbunden. Solch ein Netz der Einflüsse definiert den ortgebundenen, einzigartigen Genius Loci.( Jochen Wiede, A Museum in the park)“(4) Um dem Genius Loci des Museumsgebäudes nachzukommen muss man im Vorhinein mehrere Punkte betrachten. Renzo Piano in einem Interview mit Lutz Windhöfel, 10 Monate nach der Eröffnung der Foundation Beyeler: „ Ein Gebäude ist immer eine Art Portrait des Kunden.“ Das Sammlerehepaar Hildy und Ernst Beyeler trug während fünfzig Jahren parallel zu seiner Galeristentätigkeit ausgesuchte Werke der klassischen Moderne zusammen. 1982 wurde die Sammlung in eine Stiftung überführt und 1989 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Sammlung umfasst rund 200 Bilder und Skulpturen. Das Schlüsselwort Pianos im Bezug auf den Entwurf des Gebäudes, bzw. auf die in ihm ausgestellten Kunstgegenstände war Stille. „ Die Werke brauchen Platz zum Atmen. Nur Stille erlaubt es dem Betrachter, der Tiefe der Werke Aufmerksamkeit entgegenzubringen.“(Renzo Piano im Interview mit Lutz Windhöfel). Diese Stille setzt Renzo Piano in dem Gebäude im Innenraum, sowie in der behutsamen Einbindung in die bestehende Landschaft grazil und sensibel um. Die Blickbezüge des Innenraums in den neu angelegten Park vermitteln dem Betrachter durch die Bepflanzung und die stark zurückspringende Loggia, auf der Nordseite, sowie den dezenten Einsatz von Tageslicht durch die Dachkonstruktion ein Gefühl der Geborgenheit, Abgeschiedenheit, ohne dem Raum einen sakralen Charakter zu verleihen, der von den Kunstwerken ablenken würde. (4) „Architekturen des Lebens“ Lebik Andres) 10 Der Ausblick der Südseite schweift ebenfalls in den Park auf den historischen Pavillion, der den Park mit der offenen Landschaft im Westen verbinden soll. Bezeichnend ist aber auch der künstlich angelegte Teich, in dem sich das Gebäude bei entsprechender Beleuchtung spiegelt. „ Wasser ist ein natürlicher Spiegel für Kunst“( Renzo Piano im Interview mit Lutz Windhöfel). Die Säulen, die aus dem Wasser emporragen scheinen zu einem antiken Tempel der Musen zu gehören, dessen Säulenordnung tatsächlich mit der des Museums übereinstimmt. Der Unterschied zwischen den historischen Tempel und des Museums ist allerdings, dass die Stufen, die weitläufig, im ( zur Südseite abfallenden) Gelände eingelassen sind, zu dem Museum herabführen, statt hinauf wie in dem historischen Vorbild. Dies ist ein zusätzliches Mittel Pianos, dem Gebäude eine Erdverbundenheit zu verleihen. Darüber hinaus bereitet das Zusammenspiel zwischen Teich und Gebäude den Besucher auf das Hauptstück der Ausstellung, Monets „Bassin aux Nympheas“ vor. Zusammen mit der bungalowartigen Bauform des Museums und der ruhigen Struktur des patagonischen Porphyrs wirkt das Gebäude, im Einklang mit dem umgebenden Park etwas geduckt, und durchaus erhaben und natürlich. Piano will dadurch den eher exzentrischen Museumsbauten dieser Zeit entgegenwirken. Bezeichnend für den Geist des Ortes sind ebenso die vier langgestreckten Mauern, von denen die Östlichste das Gebäude von der vielbefahrenen Baselerstraße abschottet. Diese Mauer hat auch im historischen Kontext eine Bedeutung, da sie auf der früher das Anwesen Bewerow umrahmenden Mauer errichtet ist. Die zum Park hin abgestufte Ostwand soll eine „ Verflechtung von Architektur und Natur“ andeuten. Nach Renzo Piano sollen die Wände das Gefühl vermitteln, dass sie eins mit dem Boden sind, aus dem sie sich als statische, geologische Komponenten erheben. Dies gibt Aufschluss auf die Bauarbeiten die momentan an dem Museum der Foundation Beyeler durchgeführt werden. An der Westwand des Gebäudes und entlang der Ostwand wurden Gräben ausgehoben, die mit einem Filtervlies ausgestattet und mit Grobkies aufgefüllt worden sind (Abb. 22/23). Weiterhin weisen die Wände vor allem im unteren (erdberührenden) Bereich erhebliche Durchfeuchtungen auf (Abb. 24), was wohl mit unter die Ursache für die Bauarbeiten ist. Die Feuchteschäden im oberen Bereich der Westwand (Abb. 28)und des Ganges zwischen der Wand und der Seminarräume werfen die Frage auf, wie lange die Konstruktion die Feuchtigkeit aushält ohne schwerwiegende Schäden in der Substanz mit sich zu führen. Weiterhin fällt die unsaubere Verarbeitung des Verbindungspunktes einiger Fensterelemente mit der äußeren Mauerwerksschale auf (Abb 26 ), was aber eventuell handwerklichen Defizite zu Grunde liegt. Kritiker mahnen die Unentschlossenheit des Erscheinungsbildes des riehener Museums an. Der fast schon archaisch anmutende Unterbau, der dem Betrachter den Eindruck einer antiken Ruine verleiht auf der einen Seite, andererseits das zeitgenössische, schützende High – Tech – Dach. Dem könnte man mit der Idee Pianos entgegnen, die er in früheren Bauten, wie zum Beispiel dem Centre Pompidou, anwandte, die High – Tech – Installationen auf der Außenseite des Gebäudes anzubringen, um der Gegenwart in der Gestalt des Gebäudes einen würdigen Platz zu verleihen. 6. Fazit: Die Arbeit Renzo Pianos ist eine gelungene Synthese von Kunst, Architektur und Ingenieurswesen. Bei genauerer Betrachtung setzt er sich aber im architektonischen Kontext mit weit mehr Wissenschaften auseinander. So spielen bei seiner Entwurfsarbeit Geographie, Soziologie, Ethnologie, Anthropologie und vor allem auch die Historie eine große Rolle. Gepaart mit einem hohen Maß an Intuition und Sensibilität, verfügt er über die Fähigkeit, Bauplätze zu interpretieren und die Landschaft in ein Gebäude zu verwandeln. Das Verschmelzen von Architektur und Landschaft, ebenso wie die schrittweise Herangehensweise beim Entwickeln von innovativen Bauwerken gehören zu den charakteristischen Markenzeichen Renzo Pianos. Ein weiterer Grundstein für Pianos Erfolg ist der ständige Dialog mit Ingenieuren, Bauherren und seinen Mitarbeitern. Als moderner Architekt gelingt ihm der oft schwierige Spagat zwischen High – Tech – Architektur und der Ortsverbundenheit (Naturverbundenheit) seiner Bauwerke, die er durch den perfiden Einsatz heimischer Baustoffe hervorhebt. Ferner ist er auf der ständigen Suche nach neuen Leichtbaukonstruktionen und Möglichkeiten der effektiven Tageslichtnutzung. Die Herangehensweise an seine Objekte über einfache Begrifflichkeiten verleihen ihm einen Vorbildcharakter für nachfolgende Architektengenerationen. Bei der Bestimmung des Begriffs „genius loci“ fügt Renzo Piano neben der Geographie, Soziologie und Geschichte des Ortes ein weiteres Kriterium hinzu: Den Bauherren als Portrait des Gebäudes und speziell bei seinen Museumsbauten die Ausstellungsstücke. Dennoch sieht sich auch ein Stararchitekt wie Renzo Piano mit Problemen konfrontiert, wenn es darum geht, wie viel Design verkraftet eine Konstruktion? 11 Sowohl beim Paul Klee Zentrum als auch beim Fondation Beyeler geben die Nachforschungen und Gebäude-/Ortsanalysen Aufschlüsse über das oft nicht perfekte Zusammenspiel von Gestalt & Baukonstruktion. Bei beiden Projekten fällt auf, dass bei der Verwirklichung das Hauptaugenmerk auf dem Entwurf und den damit verbundenen Gestaltelementen lag. Das prägnantesten Merkmal des Paul Klee Zentrums, sind die über 200 m langen, wellenförmigen Stahlträger. Aber die Durchsetzung und das Festhalten an der Entwurfsvorlagen und der Einbindung in die Landschaft führt zu den wesentlichen Schwachpunkten der Konstruktion. Die Stahlträger die kompromisslos das Erdreich durchstoßen, führen zu konstruktiven Defiziten. Die Inoxblechverkleidung der Stahlträger weist bereist zum heutigen Zeitpunkt erhebliche mechanische Gebrauchsspuren auf und ist als Baumangel anzusehen. Die Wände aus patagonischen Porphyr des Fondation Bayeler sollen laut Piano das Gefühl vermitteln, dass sie eins mit dem Boden sind, aus dem sie sich als statische, geologische Komponenten erheben. Der Entwurfsgedanke sah einen direkten Anschluss der Umgebung an die Wände vor und damit akzeptiert er bei der Umsetzung den fehlenden Einsatz der Entwässerungsmaßnahme, welche zum Zeitpunkt dieser Zusammenstellung nachträglich integriert wurde. Als Architekt bewegt man sich immer zwischen den Fronten von Vorschriften/Gesetze, Gestaltungswillen und Realisierbarkeit. Solange man ein Gleichgewicht schaffen kann zwischen allen Komponenten ist das Ergebnis akzeptabel. Selbstverständlich war sich Renzo Piano im Klaren darüber, welche Auswirkungen es haben kann Stahlträger durch das Erdreich zu führen oder Fassadenelemente ohne Entwässerungsmaßnahme an das Grundstück zu führen. Mit Sicherheit wurden diese Konstruktionen mit dem Bauherren und Ingenieuren abgesprochen und als akzeptabel befunden. Wenn sich alle Parteien im Klaren sind, dass das Gebäude nur auf eine bestimmte Zeit mängelfrei ist und im Anschluss saniert werden muss spricht doch nichts dagegen dieses so Auszuführen wie es geplant ist. Dann steht nun mal der Entwurf im Vordergrund ….. aber gewollt ! 12