Julius-Maximilians-Universität Würzburg Fakultät für Mathematik Bachelorarbeit Diophantische Gleichungen vom Fermat-Typ vorgelegt von Marion Engert unter Betreuung von Prof. Dr. Jörn Steuding September 2014 Inhaltsverzeichnis 2 1. Einleitung 1 2. Die biquadratische Gleichung 2 3. Die kubische Gleichung √ 3.1. Grundlagen des Körpers Q( −3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Beweis der kubischen Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die quintische Gleichung 8 √ 4.1. Grundlagen des Körpers Q( 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4.2. Beweis der quintischen Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 5. Die Gleichung für n=7 4 4 6 16 6. Sophie Germain 21 6.1. Ihr Leben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 6.2. Ihr Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 7. Zu den Beweismethoden 23 7.1. Vergleich der aufgeführten Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 7.2. Der Beweis von Wiles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Literaturverzeichnis 25 Erklärung 26 2 1 1. Einleitung Im Jahr 1601 wurde Pierre Fermat als Sohn eines wohlhabenden Lederhändlers in einer Kleinstadt in der Nähe von Toulouse geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und erlernte viele Sprachen. Sein Interesse an der Mathematik, welches nicht unüblich war, kann nicht aus seinem Studium hervorgegangen sein, da höhere Mathematik zu der damaligen Zeit nicht an Universitäten gelehrt wurde. Zudem gab es noch keine wissenschaftlichen Zeitschriften, weshalb Entdeckungen mittels Brief mitgeteilt und diskutiert wurden. Er arbeitete als Anwalt in Toulouse, weshalb er in den Adelsstand erhoben wurde und sich Pierre de Fermat nennen durfte. Einige Jahre nach Fermats Tod im Jahr 1665 veröffentlichte sein ältester Sohn Clément-Samuel Aufzeichnungen und Notizen seines Vaters. (cf. [AW78]). So wurde eine der berühmtesten Aussagen von Fermat, welche er an den Rand seiner Ausgabe von Diophants Arithmetica geschrieben hatte, publiziert [Nag51, S. 252]: Cubum autem in duos cubos, aut quadrato-quadratum in duos quadrato” quadratos, et generaliter nullam in infinitum ultra quadratum potestatem in duos ejusdem nominis fas est dividere; cujus rei demonstrationem mirabilem sane detexi. Hanc marginis exiguitas non caperet.“ Übersetzt bedeutet das, dass die Gleichung xn + y n = z n für ganzzahliges n größer 2 keine nichttriviale ganzzahlige Lösung besitzt, jedoch sei für seinen wunderbaren Beweis nicht ausreichend Platz. Heutzutage wird die mathematische Aussage als Großer fermatscher Satz bezeichnet. Da er mehr als 300 Jahre nicht bewiesen werden konnte, ist er auch unter dem Namen Fermatsche Vermutung bekannt. Im Englischen nennt man dies Fermat’s Last Theorem, wodurch teilweise der Begriff Fermats letzter Satz im Deutschen verwendet wird. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die Spezialfälle n = 4, 3, 5, 7 und deren Beweise behandelt. Danach wird die bemerkenswerte französische Mathematikerin Sophie Germain und ihre wichtigsten Ergebnisse zu dem Thema vorgestellt. Im letzten Kapitel sollen unter anderem die Unterschiede der verschiedenen Beweismethoden der aufgeführten Spezialfälle deutlich gemacht werden. Für das Verständnis der nachfolgenden Arbeit werden Grundlagen der Algebra und der Zahlentheorie vorausgesetzt. 2 2. Die biquadratische Gleichung Bei dem Studium des Werkes Arithmetica von Diophant stieß Fermat auf die Fragestellung, ob die Fläche eines pythagoräischen Dreiecks das Quadrat einer ganzen Zahl sei. Wie wir später sehen, beschäftigte er sich dadurch mit der Gleichung x4 −y 4 = z 2 . Mit der Methode des unendlichen Abstiegs bewies er, dass die Gleichung in den natürlichen Zahlen keine Lösung hat. Fermat selbst entwickelte die Methode des unendlichen Abstiegs, welche auf den Eigenschaften, vor allem dem Wohlordnungsprinzip, der natürlichen Zahlen beruht: Angenommen, a, b, c ∈ N sei eine Lösung einer bestimmten Gleichung f (x, y, z), so konstruiere man eine weitere Lösung a1 , b1 , c1 ∈ N mit c1 < c. Wiederholt man dieses Vorgehen, so erhält man eine unendliche, absteigende Folge von natürlichen Zahlen, was unmöglich ist, da jede nichtleere Menge natürlicher Zahlen ein kleinstes Element hat. Satz 2.1. Die Gleichung x4 − y 4 = z 2 (1) besitzt keine Lösung x, y, z ∈ N. Beweis. Angenommen, das Tripel x, y, z ∈ N erfülle die Gleichung (1). Es sei ggT(x, y) = d und x/d = x1 , y/d = y1 , z/d2 = z1 ∈ N, so erhält man mit (1): x41 − y14 = z12 , wobei ggT(x1 , y1 ) = 1 ist. Aus der Teilerfremdheit von x1 und y1 folgt mittels einfachem Widerspruchsbeweis, dass ggT(x1 , z1 ) = ggT(y1 , z1 ) = 1 gilt. Also genügt es, den Satz für paarweise teilerfremde x, y, z zu betrachten. Es sei x minimal. Unter der Annahme, dass y 4 + z 2 ≡ 0(mod4) gilt, sind die Kongruenzen y 4 ≡ z 2 ≡ 0(mod4), y 4 ≡ z 2 ≡ 2(mod4) oder aber y 4 ≡ 1(mod4) und z 2 ≡ 3(mod4) beziehungsweise y 4 ≡ 3(mod4) und z 2 ≡ 1(mod4) möglich. Dabei ist der erste und der zweite Fall widersprüchlich zur Teilerfremdheit von y und z. Der letzte Fall kann ebenfalls nicht gelten, da nur 1 und 0 quadratische Reste modulo 4 sind, nicht aber 3 modulo 4. Also ist y 4 + z 2 = x4 nicht durch 4 teilbar, weshalb x ungerade ist. Zunächst nehmen wir an, dass y gerade sei. Der größte gemeinsame Teiler von x2 + z und x2 − z sei g. Teilt eine ungerade Primzahl p die Zahl g, so auch x2 + z, x2 − z und deren Summe (x2 + z) + (x2 − z) = 2x2 und Differenz (x2 + z) − (x2 − z) = 2z, was ggT(x, z) = 1 widerspricht. Da g die Zahl 2z teilt, und z ungerade ist, gilt g 6= 2k mit k ∈ N\{1}. Wir erhalten ggT(x2 + z, x2 − z) = 2. Mit (x2 + z)(x2 − z) = x4 − z 2 = y 4 bei geradem y folgt 16 | (x2 + z)(x2 − z). Somit ist einer der Faktoren durch 8, der andere durch 2 teilbar, und 12 (x2 ± z) und 18 (x2 ∓ z) teilerfremd. Da das Produkt von 21 (x2 ± z) und 81 (x2 ∓ z) eine vierte Potenz ist und sie teilerfremd sind, sind sie selbst von vierter Potenz, also ergibt sich folgendes System: x2 ± z = 2a4 , x2 ∓ z = 8b4 , y = 2ab mit teilerfremden a, b. Da x2 ± z durch 2 teilbar ist, aber durch keine höhere Potenz von 2, ist a ungerade. Mittels Addition der ersten beiden Gleichungen folgt x2 = a4 + 4b4 . Der größte gemeinsame Teiler von x + a2 und x − a2 lässt sich analog zu Obigem berechnen und ist 2. Da das Produkt der teilerfremden Zahlen 21 (x + a2 ) und 21 (x − a2 ) eine vierte Potenz ergibt, nämlich b4 , müssen sie selbst von vierter Potenz sein, also gilt: x + a2 = 2c4 , x − a2 = 2d4 , b = cd mit teilerfremden c, d ∈ N. Daraus ergibt sich a2 = c4 − d4 , was eine weitere Lösung c, d, a ∈ N der Gleichung (1) mit x > y = 2acd > c ist, im Widerspruch zur Minimalität von x. 3 Nun nehmen wir an, dass y ungerade und damit z gerade sei. Der größte gemeinsame Teiler von x2 + y 2 und x2 − y 2 ist 2, also sind 21 (x2 + y 2 ) und 12 (x2 − y 2 ) teilerfremd. Ihr Produkt ist 41 z 2 , also eine zweite Potenz, weshalb sie selbst Quadrate sind: x2 + y 2 = 2a2 , x2 − y 2 = 2b2 mit teilerfremden a, b ∈ N. Außerdem ist 2z = ab. Mittels Addition beziehungsweise Subtraktion und Division mit 2 erhalten wir aus obigen Gleichungen x2 = a2 + b2 , y 2 = a2 − b2 . Mulitpliziert man diese miteinander, so gelangt man zu einer weiteren Lösung a, b, xy der Gleichung (1): (xy)2 = a4 − b4 . √ √ Es gilt a = a2 < a2 + b2 = x, im Widerspruch zur Minimalität von x. Korollar 2.2. Die Gleichung x4 + y 4 = z 4 (2) besitzt keine Lösung x, y, z ∈ N. Beweis. Es sei x, y, z eine Lösung von (2), so erfüllt x, y, z auch z 4 − y 4 = (x2 )2 , im Widerspruch zu Satz 2.1. Gemäß [Rib99] erwähnte Fermat in Briefen an Mersenne, Saint-Martin, Pascal, Digby und Carcavi zwischen 1636 und 1659 das von Diophant gestellte Problem (siehe oben). Der Zusammenhang zwischen diesem und Satz 2.1 wird in Korollar 2.3 deutlich gemacht: Korollar 2.3. Die Fläche eines pythagoräischen Dreiecks ist nicht das Quadrat einer ganzen Zahl. Beweis. Es seien a, b, c ∈ N die Längen der Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks, mit der Hypotenuse c, so gilt a2 + b2 = c2 . Unter der Annahme, dass 12 ab = x2 mit ganzzahligem x gelte, folgt: (a + b)2 = a2 + b2 + 2ab = c2 + 4x2 , (a − b)2 = a2 + b2 − 2ab = c2 − 4x2 . Durch Multiplikation der beiden Gleichungen erhält man c4 − (2x)4 = (a + b)2 (a − b)2 = a4 − 2a2 b2 + b4 = (a2 − b2 )2 , im Widerspruch zu Satz 2.1. 4 3. Die kubische Gleichung 1770 wurde Euler’s Werk Algebra veröffentlicht, in welchem sein Beweis für den Fall n = 3 zu finden ist. Er arbeitete mit ganzen Zahlen von der Form a2 +3b2 . Jedoch übersah Euler eine Lücke im Beweis, weshalb dieser als unvollständig gilt. Wir wollen uns im Folgenden Gauß’ Lösung näher ansehen. Gauß nutzte in seinem Beweis, im Gegensatz zu Euler, Zahlen von der Form a + b̺ mit ̺ = e2πi/3 (siehe unten). Sein Beweis, welcher keine Fehler oder Lücken aufweist, wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht. Beide Mathematiker nutzten die Methode des unendlichen Abstiegs. √ 3.1. Grundlagen des Körpers Q( −3). Für√Gauß’ Beweis sind unter anderem Grundkenntnisse des dritten Kreisteilungskörpers Q( −3) und im Besonderen der ganzen Zahlen des Körpers erforderlich, an welche √ in diesem Kapitel erinnert wird. √ 1 Es ist K := Q( −3) = Q( 2 (−1 + −3)) eine quadratische Körpererweiterung der rationalen Zahlen, wobei √ 1 ̺ = (−1 + −3) = e2πi/3 2 √ eine primitive dritte Einheitswurzel ist. Es gilt ̺2 = 12 (−1 − −3), ̺3 = 1 und 1 + ̺ + ̺2 = 0. Der Ring A := Z[̺] der ganzen Zahlen von K enthält die Zahlen a + b̺ mit a, b ∈ Z. Der Ring A wird auch der Ring der Eisenstein-Zahlen genannt. 2 Die Norm von α = a+b̺ ist N (α) = (a− 2b )2 +3 b4 = a2 −ab+b2 . Eine Zahl, deren Norm gleich eins ist, heißt Einheit. Die Einheiten von A sind die sechs Zahlen ±1, ±̺, ±̺2 (cf. [Leu96]). Es seien α, β ∈ A. Wenn α = βǫ mit einer Einheit ǫ gilt, so folgt α | β und β | α. In diesem Fall nennen wir α und β assoziiert, und schreiben α ∼ β. Wir setzen λ = 1 − ̺. Die Zahl λ ist ein Primelement in K und es gilt −̺2 λ2 = −̺2 (1 − ̺)2 = −̺2 (1 − 2̺ + ̺2 ) = −̺2 (−3̺) = 3, √ also 3 ∼ λ2 und −3 ∼ λ. Es ist {0, 1, −1} ein vollständiges Vertretersystem der Restklassen von λ. Dies liegt daran, dass für x = a + b̺ ∈ Z[̺] gilt: a + b̺ = a + b(1 − λ) ≡ a + b(modλ). Dazu ist die Zahl a + b kongruent zu 0, 1 oder −1 modulo 3. Für α, β ∈ A gilt folgende Gleichung, welche durch einfache Rechnung mit Hilfe obiger Definitionen nachgewiesen werden kann: α3 ± β 3 = (α ± β)(α ± β̺)(α ± β̺2 ). Für den Beweis ist außerdem von großer Bedeutung, dass es für jede ganze Zahl ungleich Null aus dem Körper K eine eindeutige Zerlegung in Primzahlen gibt, wobei hier die Eindeutigkeit folgendermaßen zu verstehen ist: Es seien α = γ1 γ2 . . . γn und α = δ1 δ2 . . . δm zwei Zerlegungen mit primen γi , δj ∈ K, dann ist n = m und γi ∼ δj mittels Änderung der Reihenfolge, falls nötig. In Lemma 3.1 zeigen wir, dass Z[̺] ein euklidischer Ring ist. Damit existiert in diesem Ring eine Form des euklidischen Algorithmus, weshalb der Begriff des größten gemeinsamen Teilers besteht. 5 Lemma 3.1. Es seien ξ, η aus dem Ring der Eisenstein-Zahlen Z[̺] mit η 6= 0. Dann gibt es µ, ν ∈ Z[̺], sodass ξ = ηµ + ν mit N (ν) < N (η) gilt. Beweis. Teilt man ξ durch η, also zwei Elemente des Ringes der Eisenstein-Zahlen Z[̺], so erhält man ein Element aus dessen Quotientenkörper, also aus Q(̺): Es ist ηξ = a + b̺ mit a, b ∈ Q. Für a, b gibt es ganzzahlige x, y, sodass 1 1 und |b − y| ≤ (3) |a − x| ≤ 2 2 gilt. Wir betrachten nun x + y̺ und ξ − ηµ, welche wir als µ und ν benennen. Folglich gilt: ξ ν = η( − µ) = η((a + b̺) − (x + y̺)) = η((a − x) + (b − y)̺). η Die Norm von ν ist also N (ν) = N (η)((a − x)2 − (a − x)(b − y) + (b − y)2 ). Mit (3) folgt die Abschätzung N (ν) ≤ N (η)( 14 + 14 + 41 ) ≤ N (η). Damit ist gezeigt, dass zwei Zahlen aus dem Ring der Eisenstein-Zahlen existieren, für welche die im Lemma 3.1 genannten Eigenschaften gelten. Folgendes Lemma ist ein Analogon des Lemmas von Euklid: Lemma 3.2. Sei π ∈ Z[̺] prim und teile das Produkt der Zahlen ξ, η ∈ Z[̺]. Dann ist π Teiler von ξ oder von η. Beweis. Angenommen, π teile nicht ξ. Wir definieren die Zahlenmenge αξ + βπ mit beliebigen α, β aus Z[̺]. In dieser Menge gibt es gewisse Zahlen ungleich Null, deren Norm die geringst mögliche ist, welche wir mit N bezeichnen. Es gilt N < N (π). Gemäß Lemma 3.1 existiert ein β ∈ Z[̺], sodass N (ξ +βπ) < N (π) gilt. Die Zahl ξ +βπ kann nicht Null sein, da nach Annahme ξ kein Vielfaches von π ist. Es sei αξ +βπ = γ ∈ Z[̺] eine der oben erwähnten Zahlen mit N (γ) = N . Nach Lemma 3.1 gibt es χ, µ ∈ Z[̺], sodass π = χγ + µ gilt mit N (µ) < N (γ). Mit Hilfe der bisherigen Gleichungen lässt sich µ wie folgt schreiben: µ = π − χγ = π − χ(αξ + βπ) = ξ(−χα) + π(1 − χβ). Aus dieser Darstellung ist ersichtlich, dass µ offenbar der oben genannten Zahlenmenge angehört. Nach Definition von N ist N (µ) < N (γ) = N aber nur möglich, wenn µ gleich Null ist. Also gilt 0 = µ = π − χγ , was äquivalent zu π = χγ ist. Da die Normen von π und γ ungleich sind, können sie nicht assoziiert sein. Die Zahl γ ist also eine Einheit und besitzt damit ein inverses Element. Multipliziert man αξ + βπ = γ mit ηγ −1 , so ergibt sich αξηγ −1 + βπηγ −1 = γηγ −1 = η. Die linke Seite der Gleichung wird durch π geteilt, da im ersten Summanden die Faktoren ξη vorkommen und im zweiten Summanden π selbst. Folglich ist die rechte Seite der Gleichung, also η durch π teilbar. Lemma 3.3. Sei α ∈ Z[̺] und λ teile nicht α. So gilt: α3 = ±1(modλ4 ). Beweis. Wegen λ ∤ α muss α gleich ±1 modulo λ sein. Zunächst nehmen wir α ≡ 1(modλ) an , also α − 1 = βλ mit β ∈ Z[̺]. Wir berechnen: α − ̺ = (α − 1) + (1 − ̺) = βλ + λ = λ(β + 1), α − ̺2 = (α − ̺) + (̺ − ̺2 ) = λ(β + 1) + ̺λ = λ(β + 1 + ̺) = λ(β − ̺2 ), α3 − 1 = (α − 1)(α − ̺)(α − ̺2 ) = βλλ(β + 1)λ(β − ̺2 ) = λ3 β(β + 1)(β − ̺2 ). 6 Außerdem ist 1 − ̺2 = (1 − ̺)(1 + ̺) = λ(1 + ̺) ≡ 0(modλ), also ̺2 ≡ 1(modλ). Deswegen liegen β, (β + 1), (β − ̺2 ) in den drei verschiedenen Restklassen modulo λ, weswegen eine der Zahlen kongruent 0 modulo λ sein muss. Demnach folgt mit obiger Gleichung α3 − 1 ≡ 0(modλ4 ). Nun sei α ≡ −1(modλ). Mit Obigem gilt: −α3 = (−α)3 ≡ 1(modλ4 ), also α3 ≡ −1(modλ4 ). 3.2. Beweis der kubischen Gleichung. Satz 3.4. Die Gleichung (4) x3 + y 3 + z 3 = 0 √ besitzt keine nichttriviale Lösung x, y, z in den ganzen Zahlen des Körpers Q( −3). Beweis. Es seien ξ, η, θ ∈ Z[̺] ungleich Null, welche Gleichung (4) erfüllen. Es sei δ ein Teiler von ξ und η. Nach Lemma 3.2 teilt δ auch θ. Also lösen ξ/δ, η/δ, θ/δ ∈ Z[̺] ebenfalls Gleichung (4), weswegen es genügt, Satz 3.4 für paarweise teilerfremde ξ, η, θ zu beweisen. Wir nehmen zunächst an, dass keine der Zahlen durch λ teilbar sei, also gilt ξ ≡ ±1(modλ), was mittels Lemma 3.3 zu ξ 3 ≡ ±1(modλ4 ) führt. Analog dazu gilt η 3 ≡ ±1(modλ4 ) und θ3 ≡ ±1(modλ4 ). Mit Gleichung (4) folgt: 0 = ξ 3 + η 3 + θ3 ≡ ±1 ± 1 ± 1(modλ4 ). Je nach Kombination der Vorzeichen erhält man ±1 beziehungsweise ±3. Jedoch ist 0 nicht kongruent ±1 modulo λ4 , denn dies würde bedeuten, dass λ4 ein Teiler der Einheit ±1 wäre. Es verbleibt ±3 ≡ 0(modλ4 ), was äquivalent dazu ist, dass λ4 ein Teiler von ±3 ist. Das kann nicht zutreffen, denn es gilt ±3 ∼ ±λ2 . Eine der Zahlen ist folglich durch λ teilbar, dies sei ohne Beschränkung der Allgemeinheit θ: Sei also θ = λn γ mit n ∈ N, γ ∈ Z[̺] und λ ∤ γ. Es sei ǫ = 1, so erhalten wir mit Gleichung (4): (5) ξ 3 + η 3 + ǫλ3n γ 3 = 0 mit paarweise teilerfremden ξ, η, γ, λ und n als minimal mögliche Potenz. Mit Lemma 3.3 folgt die Kongruenz ±1 ± 1 + ǫλ3n γ 3 ≡ 0(modλ4 ). Da γ nicht ±2 teilt, muss gelten ±1 ± 1 = 0. Aus der Teilerfremdheit von γ und λ können wir 3n ≥ 4, also n ≥ 2 schließen. Wir definieren α1 := ξ + η, α2 := ξ + ̺η und α3 := ξ + ̺2 η. Damit gilt folgende Gleichung: −ǫλ3n γ 3 = ξ 3 + η 3 = (ξ + η)(ξ + ̺η)(ξ + ̺2 η) = α1 α2 α3 . Da λ eine Primzahl ist, welche die linke Seite der Gleichung teilt, wird mindestens einer der Faktoren der rechten Seite durch λ geteilt. Außerdem gilt (ξ + η) − (ξ + ̺η) = (1 − ̺)η = λη ≡ 0(modλ), und (ξ + η) − (ξ + ̺2 η) = (1 − ̺2 )η = (1 + ̺)(1 − ̺)η = −̺2 λη ≡ 0(modλ), das heißt, es gilt ξ + η ≡ ξ + ̺η ≡ ξ + ̺2 η(modλ). Also sind alle drei Faktoren α1 , α2 , α3 durch λ teilbar, und somit β1 := α1 /λ, β2 := α2 /λ, β3 := α3 /λ ganze Zahlen in Q(̺). Sei d ein Primelement, welches β1 und β2 teile, demnach auch deren Differenz β1 − β2 = 1 (α1 − α2 ) = λ1 (1 − ̺)η = η und λβ1 − β1 + β2 = α1 − λ1 (α1 − α2 ) = α1 − η = ξ. Dies λ ist widersprüchlich zur Teilerfremdheit von ξ und η. Damit ist gezeigt, dass β1 und β2 teilerfremd sind. Analog zeigt man ggT(β1 , β3 ) = 1 und ggT(β2 , β3 ) = 1. 7 Es gilt: ξ + η ξ + ̺η ξ + ̺2 η )( )( ) = β1 β2 β3 . λ λ λ Aus Gleichung (6) und der paarweisen Teilerfremdheit von β1 , β2 , β3 folgt, dass λ3n−3 genau eine der Zahlen β1 , β2 , β3 teilt. Wir wählen hierfür ohne Beschränkung der Allgemeinheit β1 . (Gleichung (5) ändert sich nicht, wenn man γ durch ̺γ oder ̺2 γ ersetzt, denn ̺3 = 1.) Aufgrund der Eigenschaft der eindeutigen Zerlegbarkeit der ganzen Zahlen des Körpers Q(̺), folgt aus Gleichung (6), dass β1 , β2 , β3 selbst auch von dritter Potenz sind, also: β1 = ǫ1 λ3n−3 θ13 , β2 = ǫ2 η13 , β3 = ǫ3 ξ13 mit Einheiten ǫ1 , ǫ2 , ǫ3 und paarweise teilerfremden θ1 , η1 , ξ1 ∈ Z[̺], welche alle drei nicht durch λ teilbar sind. Wir erlangen durch Rechnung 1 1 ̺2 β3 +̺β2 +β1 = (̺2 (ξ +̺2 η)+̺(ξ +̺η)+(ξ +η)) = ((̺2 +̺+1)ξ +(̺2 +̺3 ̺+1)η) = 0, λ λ was auf ̺2 ǫ3 ξ13 + ̺ǫ2 η13 + ǫ1 λ3n−3 θ13 = 0 führt. Dies kann man umschreiben in: (6) (7) ǫλ3(n−1) (−γ)3 = ( ξ13 + ǫ4 η13 + ǫ5 λ3n−3 θ13 = 0 mit Einheiten ǫ4 , ǫ5 . Da n ≥ 2 und ξ1 , sowie η1 nicht durch λ teilbar ist, folgt ±1 ± ǫ4 ≡ 0(modλ3 ), also ǫ4 = ±1. Gleichung (7) entspricht demgemäß (8) ξ13 + (±η1 )3 + ǫ5 λ3(n−1) θ13 = 0. Gleichung (8) hat die gleiche Form wie Gleichung (5). In (8) ist die Potenz von λ geringer, als in (5), im Widerspruch zur Minimalität von n. Also kann (5) nicht lösbar sein in Z[̺]\{0}. 8 4. Die quintische Gleichung Im Jahr 1825 legte der junge Mathematiker Dirichlet seinen Beweis für den Fall n = 5 an der Académie des Sciences de Paris vor, welcher, wie Legendre feststellte, unvollständig war. Der bereits über siebzigjährige Legendre bewies unabhängig von Dirichlet den Fall. Dirichlet verbesserte seine Arbeit, die 1828 im Crelle Journal erschien und im Folgenden dargelegt wird. (cf. [Rib99, Edw77]). √ 4.1. Grundlagen des √ Körpers Q( 5). In dem Beweis wird die quadratische Körpererweiterung Q( 5) und deren Wir bezeichnen den Ring √ √ Eigenschaften verwendet. der ganzen Zahlen des Körpers Q( 5) mit A := Z[ 21 (1 + 5)]. Dieser enthält die Zahlen √ (a + b 5)/2 mit ganzzahligen a, b.√ Da die Norm einer Einheit (a + b 5/2) gleich ±1 ist, muss a2 − 5b2 = ±4 gelten. Der Zusammenhang zur Pellschen Gleichung wird nun genutzt (cf.[Leu96]). Die Pellsche Gleichung x2 − ky 2 = ±1, wobei k eine natürliche Zahl ist, deren Wurzel keine ganze Zahl ergibt, hat unendlich viele Lösungen √ (x, y)k ∈ Z × Z. Die Einheiten von A sind damit √ die unendlich vielen Zahlen ±((1 + 5)/2) mit ganzzahligem k. Die Zahlen 2 und 5 sind Primzahlen in A. Von Bedeutung für den Beweis ist die eindeutige Zerlegbarkeit eines Elementes aus A in Potenzen von Primfaktoren, also die Tatsache, dass A ein faktorieller Ring ist. Um den Beweis von Lemma 4.2 übersichtlich zu halten, wird im Nachfolgenden eine Aussage, welche wir später benötigen, mit Hilfe von einfacher Modulorechnung bewiesen: Lemma 4.1. Es gelte √ a+b 5= √ !5 h+k 5 2 mit ganzzahligen a, b, h, k, wobei h und k gleiche Parität haben. Dann sind die Zahlen h, k gerade. Beweis. Angenommen h und k seien ungerade, und es gelte: √ √ !5 √ (h5 + 50h3 k 2 + 125hk 4 ) + (5h4 k + 50h2 k 3 + 25k 5 ) 5 h+k 5 a+b 5= . = 2 25 Daraus lesen wir 32b = 5k(h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 ) ab. Da b eine ganze Zahl ist, muss 25 = 32 die Zahl h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 teilen. Aufgrund der Annahme, dass h ungerade ist, gilt h ≡ ±1(mod8) oder h ≡ ±3(mod8), was äquivalent zu h = 8n ± 1 bzw. h = 8n ± 3 für eine ganze Zahl n ist. Die zweite und vierte Potenz lässt sich folgendermaßen berechnen: h2 = 64n2 ± 16n + 1 ≡ 1(mod16) bzw. h2 = 64n2 ± 16 · 3n + 9 ≡ 9(mod16). Dies ist äquivalent zu h2 = 16m + 1 bzw. h2 = 16m + 9 für ganzzahliges m, und es gilt: h4 = 162 m2 + 2 · 16m + 1 ≡ 1(mod32) bzw. h4 = 162 m2 + 2 · 16 · 9m + 92 ≡ 17(mod32). Für ungerades k lassen sich analog die gleichen Kongruenzen bilden. Damit erhalten wir für h ≡ k ≡ ±1(mod8) die Kongruenz h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 ≡ 1 + 10 + 5 ≡ 16(mod32), 9 für h ≡ k ≡ ±3(mod8) die Kongruenz h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 ≡ 17 + 10 · 9 · 9 + 5 · 17 ≡ 16(mod32), für h ≡ ±1(mod8) und k ≡ ±3(mod8) die Kongruenz h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 ≡ 1 + 10 · 9 + 5 · 17 ≡ 16(mod32), und für h ≡ ±3(mod8) und k ≡ ±1(mod8) die Kongruenz h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 ≡ 17 + 10 · 9 + 5 ≡ 16(mod32). Für ungerades h und k ist also h4 + 10h2 k 2 + 5k 4 nicht durch 32 teilbar. Lemma 4.2. (i) Es seien a, b von Null verschiedene, teilerfremde ganze Zahlen verschiedener Parität. Die Zahl b sei√ein Vielfaches von 5. Wenn a2 − 5b2 die fünfte Potenz einer ganzen Zahl des Körpers Q( 5) ist, dann gibt es teilerfremde, von Null verschiedene ganze Zahlen c, d unterschiedlicher Parität, sodass (9) a = c(c4 + 50c2 d2 + 125d4 ), b = 5d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 ) gilt, wobei c nicht durch 5 teilbar ist. (ii) Es seien a, b ungerade, teilerfremde ganze Zahlen. Die Zahl b sei ein Vielfaches von √ 2 2 5. Wenn (a − 5b )/4 die fünfte Potenz einer ganzen Zahl des Körpers Q( 5) ist, dann gibt es teilerfremde, ungerade ganze Zahlen c, d, sodass (10) a = c(c4 + 50c2 d2 + 125d4 )/16, b = 5d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/16 gilt, wobei c nicht durch 5 teilbar ist. Beweis. (i) Zunächst zeigen wir die Existenz von √ c und d. √ Teilt eine Primzahl α aus A √ die Zahlen a + b 5 und a − b 5, so teilt sie auch deren Summe 2a und Differenz 2b 5. √ √ Unter der Annahme, dass α die Primzahl 5√teile, muss α = 5ǫ gelten, wobei ǫ eine Einheit ist. Folglich ist 2a ein Vielfaches von 5, und damit 4a2 ein Vielfaches von 5 (in Z), also teilt 5 die Zahl a, im Widerspruch zur Annahme. Nun teile α die Zahl 2b. Mit dem Lemma von Bézout und gewissen ganzzahligen s, t ergibt sich 2as + 2bt = 2, woraus wir erkennen können, dass 2 von α geteilt wird. Da√2 eine Primzahl a+b 5 √ in A ist, muss α = 2ǫ gelten, wobei ǫ eine Einheit ist.2 Die Zahlen 2 und a − b 5 sind folglich beide gerade, somit ist deren Produkt a − 5b ein Vielfaches von 4. Dies ist widersprüchlich dazu, dass a und b verschiedene Parität haben, wodurch a2 − √ 5b2 ungerade √ sein muss. Damit ist gezeigt, dass der größte gemeinsame Teiler von a + b 5 und a − b 5 gleich 1 ist. 2 Die Zahl a2 − √ 5b , welche nach Annahme die fünfte Potenz einer ganzen Zahl aus √ dem Körper Q( 5) ist, besitzt eine Zerlegung in die zwei teilerfremden Zahlen a + b 5 √ √ und a − b 5. Da Elemente aus A eindeutig zerlegbar sind, muss a + b 5 selbst eine fünfte Potenz sein. Es seien t,√ u, m, n gewisse ganze Zahlen mit t ≡ u(mod2) und m ≡ n(mod2). Außerdem sei (t + u 5)/2 eine Einheit in A, also ist t2 − 5u2 = ±4. Dann gilt die Gleichung √ ! √ !5 √ t+u 5 m+n 5 a+b 5= . 2 2 Wir definieren die ganzen Zahlen m′ , n′ folgendermaßen: √ √ √ (m + n 5)5 (m5 + 50m3 n2 + 125mn4 ) + 5(m4 n + 10m2 n3 + 5n5 ) 5 m′ + n′ 5 = = . 25 25 2 10 Also gilt 16m′ ≡ m5 (mod5) und 16n′ ≡ 0(mod5), was gleichbedeutend dazu ist, dass n′ ein Vielfaches von 5 ist. Obige Gleichung lautet nun: √ !5 √ √ ! √ √ m+n 5 t+u 5 m′ + n′ 5 t + u 5 m′ t + 5n′ u m′ u + n′ t √ 5. = · = + a+b 5 = 2 2 2 2 4 4 Wir entnehmen daraus 4a = m′ t + 5n′ u und 4b = m′ u + n′ t. Da a nicht durch 5 geteilt wird, kann m′ und (wegen 16m′ ≡ m5 (mod5)) auch m kein Vielfaches von 5 sein. Die Zahl 5 ist ein Teiler von n′ und von b, also auch von m′ u. Da 5 nicht m′ teilt, ist u durch 5 teilbar. Zunächst nehmen wir u = 0 an, womit t = ±2 folgt und damit auch √ !5 √ m+n 5 a+b 5=± . 2 Wegen Lemma 4.1 wissen wir, dass m, n gerade sein müssen, also sind c := ±m/2 und d := ±n/2 ganze Zahlen. Mit Hilfe der bisherigen Überlegungen überprüft man leicht, dass c und d Gleichung (9) erfüllen. Nun betrachten wir den Fall, bei welchem u ungleich Null ist. Dann gilt √ !k √ t+u 5 1+ 5 =± 2 2 mit ganzzahligem k ungleich Null. √ Wir können k√ > 0 annehmen. Für k < 0 muss man lediglich (1 + 5)/2 durch sein Inverses (−1 + 5)/2 ersetzen. Aus k = 1 folgt u = ±1, was 5 | u widerspricht, weshalb k ungleich 1 ist. Es gilt: √ √ ±2k−1 (t + u 5) = (1 ± 5)k . Aus k k−1 2 k +5 + ··· ±2 u = k + 5 5 3 entnehmen wir 2k−1 u ≡ ±k(mod5). Da u ein Vielfaches von 5 ist, gilt 5 | k, also ist h := k/5 eine ganze Zahl. Es gelte √ √ ! √ !h m+n 5 c′ + d ′ 5 1± 5 = 2 2 2 mit c′ , d′ von gleicher Parität. Dann ist √ a+b 5=± √ !5 c′ + d ′ 5 . 2 Wegen Lemma 4.1 wissen wir, dass c′ , d′ gerade sein müssen. Also sind c := ±c′ /2 und d := ±d′ /2 ganze Zahlen, welche Gleichung (9) erfüllen. (ii) Der Beweis für diesen Teil ist analog zu dem Beweis von Teil (i). Der Vollständigkeit wegen wird der Fall komplett ausgeführt, welcher sich unter anderem durch Vorfaktoren zu Obigem unterscheidet. √ √ Es sei α eine Primzahl aus A, welche die Zahlen (a + b 5)/2 und (a − b 5)/2 teilt. √ Demnach teilt√α auch deren Summe√a und Differenz b 5. Nehmen wir nun an, dass α die Primzahl 5 teile, so muss α = 5ǫ gelten, wobei ǫ eine Einheit ist. Damit ist a ein 11 √ Vielfaches von 5, und also a2 ein Vielfaches von 5 (in Z), folglich teilt 5 die Zahl a. Dies steht im Widerspruch zur Annahme.√Da a und b teilerfremd sind, ist gezeigt, dass der √ größte gemeinsame Teiler von (a + b 5)/2 und (a − b 5)/2 gleich 1 ist. Nach Annahme ist die Zahl (a2 − 5b2 )/4 die fünfte Potenz einer ganzen Zahl aus dem √ Körper√Q( 5). Außerdem √ besitzt sie eine Zerlegung in die zwei teilerfremden Zahlen (a + b 5)/2 und (a − b 5)/2. Da A ein√faktorieller Ring ist und damit Elemente aus A eindeutig zerlegbar sind, muss (a + b 5)/2 selbst eine fünfte Potenz sein. Es seien t, u, m, n√gewisse ganze Zahlen, für welche t ≡ u(mod2) und m ≡ n(mod2) gilt. Zudem sei (t+u 5)/2 eine Einheit in A, weswegen t2 −5u2 = ±4 gilt. Dann besteht die Gleichung √ √ ! √ !5 a+b 5 t+u 5 m+n 5 . = 2 2 2 Wir definieren die ganzen Zahlen m′ und n′ folgendermaßen: √ √ √ (m5 + 50m3 n2 + 125mn4 ) + 5(m4 n + 10m2 n3 + 5n5 ) 5 m′ + n′ 5 (m + n 5)5 = = . 25 25 2 Es gilt damit 16m′ ≡ m5 (mod5) und 16n′ ≡ 0(mod5). Also ist n′ ein Vielfaches von 5. Obige Gleichung lautet nun: √ ! √ !5 √ √ √ t+u 5 m′ t + 5n′ u m′ u + n′ t √ m′ + n′ 5 t + u 5 m+n 5 a+b 5 = · = + = 5. 2 2 2 2 2 4 4 Wir können hiermit ableiten, dass 2a = m′ t + 5n′ u und 2b = m′ u + n′ t gilt. Die Zahl a wird bekanntlich nicht durch 5 geteilt. Demnach kann m′ und (wegen 16m′ ≡ m5 ( mod 5)) auch m kein Vielfaches von 5 sein. Da 5 die Zahlen n′ und b teilt, ist 5 auch ein Teiler von m′ u. Jedoch teilt 5 nicht m′ , weswegen u durch 5 teilbar ist. Wir nehmen zunächst u = 0 an, womit t = ±2 und √ !5 √ m+n 5 a+b 5 =± 2 2 folgt. Es sind also c := ±m und d := ±n ganze Zahlen, welche Gleichung (10) erfüllen. Nun sei u ungleich Null. Dann gilt √ √ !k t+u 5 1+ 5 =± 2 2 mit ganzzahligem k ungleich Null. Wie oben können wir k > 1 annehmen. Es gilt: √ √ ±2k−1 (t + u 5) = (1 ± 5)k . Aus ±2 k−1 k 2 k u=k+5 + ··· +5 5 3 entnehmen wir 2k−1 u ≡ ±k(mod5). Da 5 die Zahl u teil, gilt 5 | k. Demzufolge ist h := k/5 eine ganze Zahl. Es gelte √ ! √ √ !h m+n 5 c+d 5 1± 5 ± = 2 2 2 12 mit c, d von gleicher Parität. Dann ist √ (a + b 5)/2 = √ !5 c+d 5 , 2 und damit die Existenz von c, d, welche Gleichung (10) erfüllen, gezeigt. Angenommen, die ganzen Zahlen c, d erfüllen Gleichung (9) beziehungsweise Gleichung (10). Auf Grund der beiden Gleichungen teilt der größte gemeinsame Teiler von c und d sowohl a, also auch b. Da a und b teilerfremd sind, sind folglich auch c und d teilerfremd. Außerdem teilt 5 nicht c, andernfalls würde 5 auch a teilen im Widerspruch zur Annahme. (i) Wären c, d beide ungerade (beziehungsweise gerade), so wären a und b beide gerade (beziehungsweise ungerade). Damit ist gezeigt, dass c nicht kongruent zu d modulo 2 ist. (ii) Die Zahlen c, d können nicht beide gerade sein, denn dadurch wären a und b gerade. Angenommen c und d seien nicht kongruent modulo 2. Dann ist eine der Zahlen c(c4 + 50c2 d2 + 125d4 ) und 5d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 ) ungerade. Dies widerspricht a, b ∈ Z. 4.2. Beweis der quintischen Gleichung. Satz 4.3. Die Gleichung (11) x5 + y 5 + z 5 = 0 besitzt keine nichttriviale, ganzzahlige Lösung x, y, z. Beweis. Das Tripel x, y, z ∈ Z\{0} erfülle die Gleichung (11), wobei x, y, z als paarweise teilerfremd angenommen werden können. Zunächst betrachten wir den Fall, bei welchem 5 ∤ xyz gilt. Also sind x, y, z kongruent ±1 oder ±2 modulo 5. Mit dem kleinen fermatschen Satz ergibt sich x5 ≡ x(mod5), y 5 ≡ y(mod5) und z 5 ≡ z(mod5). Gleichung (11) lässt sich damit umschreiben in: (12) 0 = x5 + y 5 + z 5 ≡ x + y + z(mod5). Für paarweise verschiedene x, y, z modulo 5 kann Gleichung (12) nicht gelten, also sei ohne Beschränkung der Allgemeinheit x ≡ y( mod 5). Eingesetzt in Gleichung (12) erhalten wir 2x ≡ x + y ≡ −z( mod 5). Mit einem ganzzahligen k gilt y = x + 5k. Potenzieren wir dies, so gelangen wir zu y 5 = x5 + 5(5x4 k + 50x3 k 2 + 250x2 k 3 + 54 xk 4 + 54 k 5 ) ≡ x5 (mod52 ). Aus 2x ≡ −z(mod5) beziehungsweise x + y ≡ −z(mod5) folgt analog −z 5 ≡ 25 x5 (mod 52 ) beziehungsweise 2x5 = x5 + y 5 ≡ −z 5 (mod52 ), was zusammen −z 5 ≡ 25 x5 ≡ 2x5 (mod52 ), demnach 25 ≡ 2(mod52 ) ergibt. Dies ist offensichtlich nicht wahr. Nun gelangen wir zum zweiten Fall, bei welchem das Produkt der Zahlen x, y, z durch 5 teilbar ist. Angenommen 5 teile z. Da x, y, z paarweise teilerfremd sind, können x und y beide keine Vielfachen von 5 sein. Außerdem können x, y nicht beide gerade sein. Es seien x und y ungerade. So ist x5 + y 5 = −z 5 gerade, also gilt z = 2m 5n z̃, mit m, n ∈ N und 5 ∤ z̃, 2 ∤ z̃. Gleichung (11) lässt sich nun umschreiben in: (13) −25m 55n z̃ 5 = x5 + y 5 mit ungeraden, paarweise teilerfremden x, y, z̃, deren Produkt nicht durch 5 teilbar ist. Da x und y ungerade sind, gibt es teilerfremde, ganze Zahlen p, q ungleich Null, von denen eine gerade und die andere ungerade ist und für welche gilt: x + y = 2p, x − y = 2q, also x = p + q und y = p − q. Eingesetzt in Gleichung (13) erhalten wir −25m 55n z̃ 5 = (p + q)5 + (p − q)5 = 2p5 + 20p3 q 2 + 10pq 4 = 2p(p4 + 10p2 q 2 + 5q 4 ). 13 Da die linke Seite ein Vielfaches von 5 ist, muss 2p oder p4 + 10p2 q 2 + 5q 4 ebenfalls durch 5 teilbar sein. In beiden Fällen ist erforderlich, dass 5 die Zahl p teilt. Also gilt p = 5r für eine ganze Zahl r ungleich Null. Aus den oben genannten Eigenschaften von p und q folgt, dass eine der Zahlen r, q gerade und die andere ungerade ist und sie zueinander teilerfremd sind. Es gilt: (14) −25m 55n z̃ 5 = 2 · 5r(54 r4 + 10 · 52 r2 q 2 + 5q 4 ) = 2 · 52 r(125r4 + 50r2 q 2 + q 4 ). Es sei t = 125r4 + 50r2 q 2 + q 4 = 252 r4 + 2 · 25r2 q 2 + q 4 − 500r4 = (25r2 + q 2 )2 − 5 · (10r2 )2 mit den Zahlen u = 25r2 + q 2 und v = 10r2 ungleich Null. Da entweder r oder q ungerade ist, ist u ungerade. Es sei δ ein gemeinsamer Teiler von u und v = 10r2 . Dann teilt δ auch 4u − 10v = 4(25r2 + q 2 ) − 10 · 10r2 = 4q 2 . Jedoch kann δ nicht 2 sein, da u ungerade ist. Aus der Teilerfremdheit von r und q können wir schließen, dass δ gleich 1 ist, und somit auch u und v teilerfremd sind. Die Zahl v ist gerade(, da der Faktor 2 in 10 enthalten ist) und u ist bekanntlich ungerade, weshalb t = u2 − 5v 2 ungerade ist. Da q kein Vielfaches von 5 ist, kann t nicht durch 5 teilbar sein. Es sind t und r teilerfremd, da ggT(r, q) = 1 gilt. Die linke Seite der Gleichung (14) ist ein Vielfaches von 55n . Aus Obigem wissen wir, dass 5n > 2 und 5 ∤ t gilt, woraus wir folgern können, dass r durch 5 teilbar ist. Das Produkt von 2 · 52 r und t ist eine fünfte Potenz und ihr größter gemeinsamer Teiler ist 1(, denn es gilt: 2 ∤ t, 5 ∤ t und ggT(r, t) = 1). Folglich sind 2 · 52 r und t selbst fünfte Potenzen. Nun können wir Lemma 4.2 anwenden. Danach gibt es teilerfremde, ganze Zahlen c, d ungleich Null, sodass u = c(c4 + 50c2 d2 + 125d4 ), v = 5d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 ) gilt, wobei c und d verschiedene Parität haben und c nicht durch 5 teilbar ist. Aus 5 | r und damit 53 | v folgt mit der unteren Gleichung, dass d durch 5 teilbar ist. Für den Beweis ist später von Bedeutung, dass d positiv ist. Angenommen d sei nicht positiv. Dann ist v ≤ 0, was r ∈ Z\{0} widerspricht. Multiplizieren wir die untere Gleichung mit 2 · 53 , so erhalten wir (2 · 52 r)2 = 2 · 53 v = 2 · 54 d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 ). Die Primzahl p sei ein Teiler von 2 · 54 d und c4 + 10c2 d2 + 5d4 . Demnach teilt p die Zahl 2, 5 oder d, was c4 + 10c2 d2 + 5d4 ≡ 1(mod2), 5 ∤ c und der Teilerfremdheit von c und d widerspricht. Damit ist gezeigt, dass 2 · 54 d und c4 + 10c2 d2 + 5d4 teilerfremd sind. Das Produkt von 2 · 54 d und c4 + 10c2 d2 + 5d4 ist eine fünfte Potenz. Daraus und aus ihrer Teilerfremdheit folgt, dass sie selbst fünfte Potenzen sind. Wir betrachten nun die ungerade Zahl c4 + 10c2 d2 + 5d4 = (c2 + 5d2 )2 − 5(2d2 )2 genauer. Der größte gemeinsame Teiler von c2 + 5d2 und 2d2 ist offensichtlich 1, denn c2 + 5d2 ist ungerade und c, d sind teilerfremd. Ein Teiler von 2d2 ist 5(, denn 5 teilt d). Jedoch wird c2 + 5d2 nicht von 5 geteilt(, da 5 nicht c teilt). Damit sind alle Voraussetzungen von Lemma 4.2 erfüllt. Danach existieren teilerfremde, ganze Zahlen c̃, d˜ ungleich Null, sodass c2 + 5d2 = c̃(c̃4 + 50c̃2 d˜2 + 125d˜4 ), ˜ 4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 ) 2d2 = 5d(c̃ gilt. Dabei haben c̃, d˜ verschiedene Parität und c̃ ist nicht durch 5 teilbar. Aus 52 | d2 folgt mit der unteren Gleichung, dass d˜ ein Vielfaches von 5 ist. 14 Angenommen d˜ sei nicht positiv, dann ist d2 ≤ 0, was d ∈ Z\{0} widerspricht. Für den Beweis wird d˜ > 0 eine wichtige Tatsache sein. Wir multiplizieren die untere Gleichung mit 2 · 58 , und erhalten ˜ 4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 ). (2 · 54 d)2 = 2 · 59 d(c̃ Die Primzahl p sei ein Teiler von 2 · 59 d˜ und c̃4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 . Also wird 2, 5 oder d˜ von p geteilt, was c̃4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 ≡ 1(mod2), 5 ∤ c̃ und der Teilerfremdheit von c̃ und d˜ widerspricht. Die Zahlen 2 · 59 d˜ und c̃4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 sind damit teilerfremd. Da das Produkt von 2 · 59 d˜ und c̃4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 eine fünfte Potenz ist, und die beiden Zahlen teilerfremd sind, sind sie selbst fünfte Potenzen. Dies ist analog zu obigen Überlegungen mit den beiden fünften Potenzen 2 · 54 d und c4 + 10c2 d2 + 5d4 . ˜ 4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 ) ≥ 25d˜5 , also d > d˜ > 0. Fährt man mit dem Es ist 2d2 = 5d(c̃ Verfahren fort, so wird man eine ganze Zahl d′ erhalten, für welche 1 > d′ > 0 gilt. Dies ist offensichtlich unmöglich. Nun betrachten wir den Fall, bei welchem x und y verschiedene Parität haben. Weiterhin sei z durch 5 teilbar. Wir definieren p, q durch x + y = p und x − y = q. Es ist leicht einzusehen, dass p und q ungerade und teilerfremd sind. Die Summe der beiden Gleichungen ist 2x = p + q, die Differenz 2y = p − q. Gleichung (11) können wir nun schreiben wie folgt: (15) −25 55 z̃ 5 = (2x)5 + (2y)5 = (p + q)5 + (p − q)5 = 2p(p4 + 10prq 2 + 5q 4 ). Die linke Seite ist teilbar durch 5, weshalb 2p oder p4 + 10prq 2 + 5q 4 ein Vielfaches der 5 ist. In beiden Fällen muss p durch 5 teilbar sein, weshalb p = 5r für ein ganzzahliges r ungleich Null gilt. Die Zahl q wird nicht durch 5 geteilt(, da ggT(p, q) = 1 ist). Außerdem sind offenbar q und r teilerfremd und ungerade. Es gilt: (16) −25 55n z̃ 5 = 2 · 52 r(125r4 + 50r2 q 2 + q 4 ). Es sei t = 125r4 + 50r2 q 2 + q 4 = (25r2 + q 2 )2 − 5 · (10r2 )2 mit u = 25r2 + q 2 und v = 10r2 ungleich Null. Da r und q ungerade sind, ist u gerade und es gilt u ≡ 2(mod4). Die Zahl t ist gerade und nicht durch 5 teilbar(, denn q ist nicht durch 5 teilbar). Der größte gemeinsame Teiler von r und t ist 1(, denn q und r sind teilerfremd). Die linke Seite der Gleichung (16) ist durch 55n teilbar und es gilt 5n > 2, also teilt 5 die Zahl r. Wir definieren ũ = u/2 und ṽ = v/2. Aus den Eigenschaften von u und v folgt ũ ≡ ṽ ≡ 1(mod2) und die Teilerfremdheit von ũ und ṽ. Des Weiteren teilt 5 nicht ũ, hingegen ist ṽ ein Vielfaches von 5. Es ist ũ2 − 5ṽ 2 = t/4 = t̃, mit t̃ ≡ 0(mod4), womit wir Gleichung (16) nun folgendermaßen schreiben: 52 rt t̃ = 52 r . 16 4 Die Faktoren 52 r und t̃/4 sind teilerfremd. Die linke Seite der Gleichung ist eine fünfte Potenz , also können wir schließen, dass 52 r und t̃/4 jeweils selbst fünfte Potenzen sind. Nun können wir Lemma 4.2 anwenden, welches besagt, dass es zwei teilerfremde, ungerade ganze Zahlen c, d gibt, mit 5 ∤ c, für die gilt: (17) −55n z̃ 5 = ũ = c(c4 + 50c2 d2 + 125d4 )/16, ṽ = 5d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/16. Die Zahl d wird von 5 geteilt(, denn es gilt 5 | r, also 52 | ṽ und 5 ∤ c). Für den Beweis ist später wichtig, dass d positiv ist. Angenommen d sei nicht positiv. Dann ist wegen der unteren Gleichung ṽ = 5r2 ebenfalls nicht positiv. Dies widerspricht der Tatsache, dass r eine ganze Zahl ungleich Null ist. 15 Multiplizieren wir die untere der beiden Gleichungen mit dem Faktor 53 , so erhalten wir: 53 ṽ = (52 r)2 = # " 2 54 d c4 + 10c2 d2 + 5d4 54 d c2 + 5d2 54 d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 ) = · = − 5d4 . 16 4 4 4 2 Also ist (1/4)54 d(c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/4 eine ganze Zahl. Da 54 d ungerade ist, und damit kein Vielfaches der 4, ist der Faktor (c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/4 durch 4 teilbar. Es sei δ ein primer Teiler von 54 d und (c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/16. Da 5 ∤ c gilt, kann δ nicht 5 sein. Die Zahl δ kann auch nicht d teilen, wegen der Teilerfremdheit von c und d. Der größte gemeinsame Teiler von 54 d und (c4 + 10c2 d2 + 5d4 )/16 ist damit 1. Wir wissen bereits, dass (52 r)2 eine fünfte Potenz ist. Mit obiger Gleichung und der 2 2 1 (c4 + 10c2 d2 + 5d4 ) = 14 (( c +5d )2 − 5d4 ) folgt, dass Teilerfremdheit der Faktoren 54 d und 16 2 sie selbst fünfte Potenzen sind. Alle Voraussetzungen von Lemma 4.2 sind offenbar erfüllt. Damit existieren teilerfremde, ungerade ganze Zahlen c̃, d˜ für welche (c2 + 5d2 )/2 = c̃(c̃4 + 50c̃2 d˜2 + 125d˜4 )/16, ˜ 4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 )/16 d2 = 5d(c̃ gilt. Außerdem ist c̃ nicht durch 5 teilbar. Offenbar ist d˜ ein Vielfaches von 5(, denn 52 teilt d2 ). Wir nehmen d˜ ≤ 0 an. Dann ist wegen der unteren der beiden Gleichungen auch d2 nicht positiv, was ein Widerspruch zu d > 0 ist. Damit haben wir gezeigt, dass d˜ positiv ist, was für den Beweis von Bedeutung sein wird. Die zweite Gleichung mit 58 multipliziert ergibt !2 2 2 9 9˜ 4 2 ˜2 4 5 d(c̃ + 10c̃ d + 5d˜ ) 5 d˜ c̃ + 5d˜ − 5(d˜2 )2 . 58 d2 = (54 d)2 = = 16 4 2 Da 54 d eine fünfte Potenz ist und der größte gemeinsame Teiler der beiden Faktoren 59 d˜ 2 d˜2 2 ) −5(d˜2 )2 ) gleich 1 ist, sind die beiden Faktoren selbst fünfte Potenzen. Dies und 41 (( c̃ +5 2 ist offenbar analog zu obigen Überlegungen, bei welchen wir darauf geschlossen haben, 2 2 )2 − 5d4 ) fünfte Potenzen sind. dass die beiden Zahlen 54 d und 41 (( c +5d 2 ˜ 4 + 10c̃2 d˜2 + 5d˜4 ) ≥ 25d˜5 , also d > d˜ > 0. Wiederholt man dieses Es ist 16d2 = 5d(c̃ Verfahren, so wird man ein ganzzahliges d′ erhalten, für welches 1 > d′ > 0 gilt. Dies ist offensichtlich unmöglich. 16 5. Die Gleichung für n=7 Im Jahr 1839 bewies Lamé den Spezialfall n = 7 der Fermatschen Vermutung. Ein Jahr später hatte Lebesgue einen einfacheren Beweis gefunden. Im Folgenden wird die Methode von Genocchi ausgeführt. (cf. [Rib99]). Bemerkung. Für den Beweis benötigen wir die Newtonsche Potenzsummenformel: Es Q P sei f = ni=0 ai X n−i = ni=0 (X − αi ) ein normiertes Polynom mit den Nullstellen αi . Dann gelten die Formeln k−1 X l=0 al sk−l + kak = 0 für 1 ≤ k < n und n X l=0 al sn+k−l = 0 für k ≥ 0, P wobei die symmetrischen Polynome sk = ni=1 αik als Potenzsummen bezeichnet werden. Außerdem gilt s0 = n. Für weitere Informationen wird auf [Leu96] verwiesen. Satz 5.1. Wenn x, y, z die Nullstellen eines kubischen Polynoms mit rationalen Koeffizienten sind, und die Gleichung (18) x7 + y 7 + z 7 = 0 gilt, so trifft einer der folgenden Fälle zu: (i) Das Produkt xyz ist gleich Null. (ii) Die Zahlen x, y, z sind in geeigneter Reihenfolge proportional zu den dritten Einheitswurzeln 1, ̺, ̺2 . Beweis. Es seien x, y, z die Nullstellen eines kubischen Polynoms f = X 3 − pX 2 + qX − r, mit p, q, r ∈ Q. Also sind a0 = 1, a1 = −p, a2 = q, a3 = −r die Koeffizienten des Polynoms f . Mit Hilfe von Newtons Potenzsummenformel berechnen wir: s1 = −a1 = p, Damit folgt s2 = −a1 s1 − 2a2 = ps1 − 2q, s3 = −a1 s2 − a2 s1 + 3r = ps2 − qs1 + 3r, s4 = ps3 − qs2 + rs1 , s5 = ps4 − qs3 + rs2 , s6 = ps5 − qs4 + rs3 , s7 = ps6 − qs5 + rs4 . s7 = p7 − 7p5 q + 7p4 r + 14p3 q 2 − 21p2 qr − 7pq 3 + 7pr2 + 7q 2 r = p7 − 7(pq − r)(p4 − p2 q + q 2 ) + 7(pq − r)2 p. Setzt man in der Gleichung s7 = α17 + α27 + α37 für die Nullstellen αi von f die Zahlen x, y, z ein und verwendet m := pq − r ∈ Q, so ergibt sich aus obiger Gleichung x7 + y 7 + z 7 = p7 − 7m(p4 − p2 q + q 2 ) + 7pm2 . Wenn Gleichung (18) erfüllt sein soll, so gilt für p, q, m: (19) p7 − 7m(p4 − p2 q + q 2 ) + 7pm2 = 0. Angenommen, p sei ungleich Null. Wir definieren die rationalen Zahlen q̃, m̃ durch q = p2 q̃ und m = p3 m̃. Eingesetzt in (19) erhalten wir 1 − 7m̃(1 − q̃ + q̃ 2 ) + 7m̃2 = 0. 17 Mit der Mitternachtsformel folgt 1 m̃ = (1 − q̃ + q̃ 2 ) ± 2 s 1 4 (1 − q̃ + q̃ 2 )2 − . 4 7 Da m̃ eine rationale Zahl ist, ist die Wurzel ebenfalls eine rationale Zahl. Es seien s und t teilerfremde, ganze Zahlen mit positivem t, sodass 2q̃ − 1 = s/t gilt. Die Diskriminante multipliziert mit 64t4 ergibt: ! 2 2 ! 2 2 2 1 64 1 t + s 3t + s t + s 1 − − = 64t4 1− = (3t2 +s2 )2 − t4 . + 64t4 2 4 2t 2t 7 8t 7 7 Bezeichnen wir dies mit u2 , so erhalten wir: 1 s4 + 6s2 t2 − t4 = u2 . 7 2 Da 7u eine ganze Zahl ist, ist u selbst eine ganze Zahl, und damit teilt 7 die Zahl t. Wegenp der Teilerfremdheit von s und t, ist s kein Vielfaches der 7. Die Wurzel ist also gleich u2 /(64t4 ) = u/(8t2 ). Gleichung (20) ist äquivalent zu folgender Darstellung: 64 (s2 + 3t2 + u)(s2 + 3t2 − u) = (s2 + 3t2 )2 − u2 = t4 . (21) 7 Es sei δ ein primer Teiler ungleich 2 der Zahlen s2 + 3t2 + u und s2 + 3t2 − u. Dann teilt δ deren Summe 2(s2 + 3t2 ) und Differenz 2u, also gilt δ | s2 + 3t2 und δ | u. Wir nehmen zunächst an, dass δ gleich 7 sei, und damit δ die Zahl t teilt. Wegen δ | s2 + 3t2 wird auch s von δ geteilt, im Widerspruch zur Teilerfremdheit von s und t. Es sei nun δ ungleich 7. Das Produkt aus s2 + 3t2 + u und s2 + 3t2 − u ist nach Gleichung (21) gleich 26 t4 /7, welches ebenfalls von δ geteilt wird. Aufgrund der Annahmen über δ muss t ein Vielfaches von δ sein, was wegen δ | s2 + 3t2 der Teilerfremdheit von s und t widerspricht. Angenommen, t sei ungerade. Entweder u oder s ist auf Grund von Gleichung (20) gerade. Der größte gemeinsame Teiler von s2 + 3t2 + u und s2 + 3t2 − u ist für gerades u wegen δ | u eine Zweierpotenz 2k mit k > 1, und für ungerades u gleich 2. Bis auf Vorfaktoren sind also s2 + 3t2 + u und s2 + 3t2 − u selbst vierte Potenzen, also 1 s2 + 3t2 ± u = αa4 , 7 2 2 s + 3t ∓ u = βb4 , wobei α, β gerade, natürliche Zahlen sind, deren Produkt 64 ergibt, und a, b ungerade, teilerfremde, natürliche Zahlen sind, deren Produkt gleich t ist. Außerdem ist a durch 7 teilbar. Addieren wir die beiden Gleichungen, so erhalten wir α1 4 β 4 (22) a + b. s2 = −3t2 + 27 2 2 Für ungerades x = 2k + 1 mit k ∈ N gilt x = 4k(k + 1) + 1 ≡ 1(mod8). Gleichung (22) liefert mittels Modulorechnung die Kongruenz α β s2 ≡ −3 − + (mod8). 2 2 Wir betrachten alle möglichen Fälle für αβ = 64: Für α = 32 und β = 2 folgt mit obiger Kongruenz s2 ≡ −2( mod 8), was nicht wahr sein kann, da nur 1 und 4 quadratische Reste modulo 8 sind. Für α = 16 und β = 4 erhalten wir s2 ≡ −1(mod8). Dies ist aus obigem (20) 18 Grund ebenfalls unmöglich. Für α = β = 8 gilt s2 ≡ −3(mod8), und für α = 4 und β = 16 ist s2 ≡ −5(mod8). Diese Fälle sind offenbar auch unmöglich. Nun verbleibt der Fall, bei welchem α = 2 und β = 32 ist. Hier gilt s2 ≡ 4(mod8), was möglich ist. In Gleichung (22) eingesetzt erhalten wir s2 = −3a2 b2 + a4 /7 + 16b4 . Dies ist äquivalent zu 1 [±8s + (32b2 − 3a2 )][±8s − (32b2 − 3a2 )] = 64s2 − (32b2 − 3a2 )2 = a4 . 7 2 2 2 2 Da a ungerade ist, sind ±8s + (32b − 3a ) und ±8s − (32b − 3a ) ebenfalls ungerade, weswegen kein Teiler der beiden Zahlen gerade ist. Es sei δ ein primer Teiler. Dieser teilt die Summe ±16s von ±8s + (32b2 − 3a2 ) und ±8s − (32b2 − 3a2 ) , also δ | s, die Differenz 2(32b2 − 3a2 ), also δ | 32b2 − 3a2 und das Produkt a4 /7. Dann teilt δ auch die Zahl a, was mit δ | 32b2 − 3a2 dazu führt, dass δ auch b teilt, im Widerspruch zur Teilerfremdheit von a und b. Damit ist gezeigt, dass ±8s + (32b2 − 3a2 ) und ±8s − (32b2 − 3a2 ) teilerfremd sind. Da das Produkt der beiden Zahlen eine vierte Potenz ist und ihr größter gemeinsamer Teiler 1 ist, sind sie selbst bis auf den Vorfaktor 1/7 vierte Potenzen, das heißt, es gibt c, d ∈ Z mit ±8s + (32b2 − 3a2 ) = ±c4 , 1 ±8s − (32b2 − 3a2 ) = ± d4 . 7 Ohne Beschränkung der Allgemeinheit sind c und d natürliche Zahlen. Diese sind ungerade, ihr Produkt ist a, und d ist ein Vielfaches von 7. Betrachten wir die beiden Gleichungen modulo 8, so ergeben sich die Kongruenzen −3a2 ≡ ±c4 (mod8), was äquivalent ist zu − 3 ≡ ±c4 (mod8), und 1 3a2 ≡ ± d4 (mod8), was äquivalent ist zu 3 ≡ ∓1(mod8). 7 Dies ist offenbar unmöglich, da wie oben erwähnt nur 1 und 4 quadratische Reste modulo 8 sind. Nun nehmen wir an, dass t eine gerade Zahl sei, woraus mit der Teilerfremdheit von s und t, und mit Gleichung (20) folgt, dass s und u ungerade sind. Gleichung (20) lässt sich darstellen wie folgt: 64 4 [(s2 + 3t2 ) + u][(s2 + 3t2 ) − u] = (s2 + 3t2 )2 − u2 = t4 = (2t)4 . 7 7 Analog zu obiger Überlegung erhalten wir den größten gemeinsamen Teiler von (s2 +3t2 )± u und (s2 + 3t2 ) ∓ u, welcher gleich 2 ist, da u ungerade ist. Bis auf Vorfaktoren sind also s2 + 3t2 + u und s2 + 3t2 − u selbst vierte Potenzen, also 2 s2 + 3t2 ± u = a4 , 7 s2 + 3t2 ∓ u = 2b4 mit teilerfremden, natürlichen Zahlen a, b, deren Produkt 2t ist, und a ein Vielfaches von 7 ist. Wir bilden die Summe der beiden Gleichungen und erhalten 1 3 (23) s2 = a4 + b4 − a2 b2 . 7 4 Da das Produkt aus a und b eine gerade Zahl ist und sie teilerfremd sind, ist entweder a oder b gerade. Wir nehmen an, die Zahl b sei gerade. Gleichung (23) modulo 8 genommen ergibt eine unmögliche Kongruenz s2 ≡ −3 (b/2)2 − 1(mod8), was wegen ungeradem s 19 äquivalent zu 2 ≡ −3 (b/2)2 (mod8) ist. Also ist a gerade und b ungerade, weswegen a := 2ã mit ã ∈ N gilt. Eingesetzt in Gleichung (23) und modulo 8 genommen ergibt dies 1 ≡ s2 ≡ −3ã2 + 1(mod8). Die Zahl ã ist also ein Vielfaches von 4. Gleichung (23) ist mit a = 2ã äquivalent zu 2 3 2 3 2 3 2 1 2 2 2 2 ±s − b − ã = ã4 . ±s + b − ã = s − b − ã 2 2 2 28 Aufgrund der Definition und den Eigenschaften von ã sind ã4 /28 und ã·3/2 ganze Zahlen. Es sei δ ein primer Teiler ungleich 2 der Zahlen ±s−(b2 −(3/2)ã2 ) und ±s+(b2 −(3/2)ã2 ). Dann teilt δ deren Summe 2s und Differenz 2(b2 − (3/2)ã2 ), also gilt δ | s und δ | b2 − (3/2)ã2 . Wir nehmen an, dass δ gleich 7 sei, und damit δ die Zahl (3/2)ã2 teilt. Wegen δ | 2 b − (3/2)ã2 wird auch b von δ geteilt, im Widerspruch zur Teilerfremdheit von 7 und b. Es sei nun δ ungleich 7. Das Produkt aus ±s − (b2 − (3/2)ã2 ) und ±s + (b2 − (3/2)ã2 ) ist nach obiger Gleichung gleich ã4 /28, welches ebenfalls von δ geteilt wird. Aufgrund der Annahmen über δ muss ã ein Vielfaches von δ sein, was wegen δ | b2 − (3/2)ã2 der Teilerfremdheit von a und b widerspricht. Der größte gemeinsame Teiler der beiden Faktoren, ist also eine Zweierpotenz 2k . Da s ungerade ist und δ | 2s gilt, ist k = 1. Damit sind ±s−(b2 −(3/2)ã2 ) und ±s+(b2 −(3/2)ã2 ) bis auf Vorfaktoren selbst vierte Potenzen: 3 2 2 ±s − b − ã = ±2c4 , 2 3 2 2 2 ±s + b − ã = ± d4 2 7 mit teilerfremden, natürlichen Zahlen c, d, deren Produkt ã/2 ergibt. Außerdem teilt 7 die Zahl d. Ziehen wir die beiden Gleichungen voneinander ab, so folgt b2 = 6c2 d2 ± (c4 − d4 /7). Angenommen, es gelte b2 = 6c2 d2 − (c4 − d4 /7), was äquivalent zu b2 + c4 = 6c2 d2 + d4 /7 ≡ 0(mod7) ist. Die Zahlen c, d sind nicht durch 7 teilbar, weshalb ihr Quadrat kongruent zu 1, 2 oder 4 modulo 7 ist. Also kann b2 + c4 ≡ 0(mod7) nicht gelten. Damit gilt das Pluszeichen in der Gleichung. Durch Umstellen folgt 1 c4 + 6c2 d2 − d4 = b2 , 7 was die gleiche Darstellung wie Gleichung (20) hat. Es ist t = ab/2 = ãb = 2bcd > d. Mit Hilfe der Methode des unendlichen Abstiegs folgt, dass dieser Fall unmöglich ist. Es verbleibt der Fall p = 0. Aus Obigem wissen wir, dass s1 = p und s1 = α1 + α2 + α3 gilt. Setzen wir für die αi die Nullstellen x, y, z ein, so folgt 0 = p = s1 = x + y + z. Mit Gleichung (18) erhalten wir 0 = x7 + y 7 − (x + y)7 = 7xy(x + y)(x2 + xy + y 2 )2 . Die Gleichung ist erfüllt, wenn einer der Faktoren gleich % y 2 0 yist. Angenommen es gelte 2 2 2 (x + xy + y ) = 0, so ist für x 6= 0 die Darstellung x + x + 1 = 0 möglich. Wendet √ man hierauf die Mitternachtsformel an, so ist y/x = −(1/2) ± (1/2) −3, also y/x eine dritte Einheitswurzel ̺ beziehungsweise ̺2 . Damit ergeben sich also die Zusammenhänge: y = x̺, also z = −(x + y) = −x(1 + ̺) = x̺2 , beziehungsweise y = x̺2 , also z = −(x + y) = −x(1 + ̺2 ) = x̺. Es sind x, y, z damit proportional zu 1, ̺, ̺2 beziehungsweise zu 1, ̺2 , ̺. 20 Korollar 5.2. Die Gleichung x7 + y 7 + z 7 = 0 hat keine nichttriviale Lösung in den ganzen Zahlen. Beweis. Das Tripel x, y, z sei eine ganzzahlige Lösung der Gleichung x7 + y 7 + z 7 = 0. Wir betrachten das Polynom f (X) = (X − x)(X − y)(X − z) = X 3 − pX 2 + qX − r, welches x, y, z als Nullstellen hat. Aufgrund von Satz 5.1 wissen wir, dass x, y, z entweder proportional zu 1, ̺, ̺2 sind, was hier der Ganzheit widerspricht, oder xyz = 0 gilt. 21 6. Sophie Germain 6.1. Ihr Leben. Sophie Germain wurde 1776 in Paris geboren. Sie wuchs während den Unruhen, welche der Französischen Revolution vorausgingen, auf, wodurch sie häufig gezwungen war im Haus zu bleiben. In der Bibliothek ihres Vaters verbrachte sie viel Zeit, um sich weiterzubilden, da allgemeine Schulbildung nur Jungen ermöglicht wurde. Laut einigen Erzählungen soll sie bereits mit 13 Jahren eine Geschichte über Achimedes gelesen haben, welche sie sehr beeindruckte. Daraufhin beschloss sie sich der Mathematik zu widmen, was ihre Eltern zunächst missbilligten. Im Alter von 18 Jahren beabsichtigte sie ihr Studium an der neu eröffneten École Polytechnique fortzusetzen. Allerdings nahm die angesehene Schule nur Männer auf. Über andere Studenten bekam sie Mitschriften der Vorlesungen, mit denen sie arbeitete. Aus Angst vor Vorurteilen gegenüber Frauen richtete sie sich unter dem Pseudonym Monsieur Le Blanc an Joseph Louis Lagrange, welcher ihre Leistungen bewunderte. Bald klärte sich Sophie Germains wahre Identität auf. Lagrange schätzte ihre Arbeit dennoch weiterhin und unterstützte sie. Ihre Aufmerksamkeit galt vor allem dem Gebiet der Zahlentheorie, weshalb sie Carl Friedrich Gauß ihre Gedanken zu seinem Werk Disquisitiotles Arithmeticae schrieb, wieder unter dem Namen Monsieur Le Blanc. Auch der deutsche Mathematiker erfuhr nach einigen Briefen von ihrer Identität und zeigte nach wie vor seine Anerkennung [Die10]: Wenn dann aber eine Person dieses Geschlechts, das aufgrund unserer ” Sitten und Vorurteile unendlich viel mehr Hindernisse und Schwierigkeiten vorfindet als ein Mann, bei dem Versuch, sich mit diesen dornigen Forschungen vertraut zu machen, es dennoch versteht, diese Fesseln zu sprengen und in die tiefsten Geheimnisse einzudringen, so muss diese Person ohne Zweifel den vornehmsten Mut, ein außerordentliches Talent und ein überlegenes Genie besitzen.“ Neben ihrem Interesse an der reinen Mathematik beschäftigte sich Sophie Germain mit mathematischer Physik. Im Jahr 1816 erhielt sie für ihre Arbeit zur Elastizitätstheorie einen Preis von der Académie des sciences, wodurch sich wichtige Kontakte zu anerkannten Mathematikern ergaben. In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts kehrte sie zur Zahlentheorie zurück und arbeitete hauptsächlich an der Fermatschen Vermutung. Ihre wichtigsten Ergebnisse dazu werden im folgenden Abschnitt dargelegt. 1831 starb sie an Krebs. Ihr wurde posthum die Ehrendoktorwürde der Universität von Göttingen vergeben, wofür sich Gauß eingesetzt hatte. (cf. [MP98]). 6.2. Ihr Werk. Als Sophie Germain an der Fermatschen Vermutung arbeitete, stellten sich gewisse Primzahlen besonders dar (siehe unten), welche später nach ihr benannt wurden: Eine Primzahl p heißt Germainsche Primzahl, wenn 2p + 1 ebenfalls prim ist. Beispielsweise sind 2, 3, 5, 11 und 23 solcher Art. Für die nachfolgenden Sätze benötigen wir noch den Begriff des ersten und zweiten Falls der Fermatschen Vermutung: Der erste Fall gilt für einen primen Exponent p > 2, wenn keine ganzen Zahlen x, y, z existieren, sodass xp + y p + z p = 0 gilt und p das Produkt xyz nicht teilt. Teilt p jedoch eine der Zahlen x, y, z, so ist dies bekannt als der zweite Fall. 1823 arbeitete die französische Mathematikerin einen Erfolg aus: Satz 6.1. Der erste Fall der Fermatschen Vermutung gilt für Germainsche Primzahlen. 22 Der folgende Beweis ist mit der Hilfe des nachstehenden Satzes 6.2 leicht verständlich. Es ist klar, dass Sophie Germain eine andere Methode verfolgte, welche nicht mit diesem zu vergleichen ist. Beweis. Es genügt zu überprüfen, ob Germainsche Primzahlen die Voraussetzungen von Satz 6.2 erfüllen. Dafür seien p und q = 2p + 1 ungerade Primzahlen. Angenommen, es gelte ap ≡ p(modq) für ganzzahliges a. Dann ist a kein Vielfaches von q. Benutzen wir das Legendre Symbol und das Eulersche Kriterium, so erhalten wir a ±1 = ≡ a(q−1)/2 = ap ≡ p(modq). q Also gilt p ≡ ±1(modq), was wegen p = (q − 1)/2 unmöglich ist. Nun nehmen wir an, dass xp + y p + z p ≡ 0(modq) gelte und keine der Zahlen x, y, z Vielfaches von q sei. Mit der Folgerung von Euler des kleinen fermatschen Satzes erhalten wir: xp ≡ ±1(modq), y p ≡ ±1(modq), z p ≡ ±1(modq). Damit gilt 0 = xp + y p + z p ≡ ±1 ± 1 ± 1(modq). Dies ist offenbar unmöglich, womit gezeigt ist, dass alle Voraussetzungen von Satz 6.2 erfüllt sind. Der nachstehende Satz ist eines der Hauptergebnisse von Sophie Germain bezüglich der Fermatschen Vermutung. Damit konnte sie den ersten Fall für alle Primzahlen kleiner 100 beweisen. Außerdem erweiterten Mathematiker wie Legendre dieses Resultat und bauten darauf auf. (cf. [Edw77]). Satz 6.2. Es sei p eine ungerade Primzahl und x, y, z ∈ Z\{0}. Weiter gebe es eine ’Hilfsprimzahl’ q, mit den folgenden Eigenschaften: (i) Die Kongruenz ap ≡ p(modq) ist unmöglich für a ∈ Z. (ii) Aus xp + y p + z p ≡ 0(modq) folgt q | xyz. Dann gilt der erste Fall der Fermatschen Vermutung für p. Auf einen Beweis wird an dieser Stelle verzichtet, dafür wird auf [Edw77] verwiesen. Wie wir nun andeutungsweise gesehen haben, erarbeitete Sophie Germain als Frau für die damalige Zeit erstaunliche Ergebnisse. Diese lassen jedoch noch Fragen offen: Man vermutet zwar, dass es unendlich viele Germainsche Primzahlen gibt, allerdings ist dies bis heute nicht bewiesen. Dazu kommt, dass die Sätze nur den ersten Fall der Fermatschen Vermutung abdecken. Der zweite Fall muss somit getrennt bewiesen werden. 23 7. Zu den Beweismethoden Einem aufmerksamen Leser stellt sich die Frage, warum genau die Zahlen 4, 3, 5 und 7 in den jeweiligen Abschnitten behandelt wurden, nicht aber die Zahl 6 beispielsweise. Ist die Fermatsche Vermutung für eine natürliche Zahl n bewiesen, und ist m = kn ein Vielfaches von n, so gilt die Vermutung auch für m: Es seien x, y, z ganze Zahlen ungleich Null mit xm + y m = z m . Dies lässt sich umschreiben in (xk )n + (y k )n = (z k )n , was unmöglich ist, da die Gleichung an + bn = cn keine ganzzahlige, nichttriviale Lösung besitzt. Da jede ganze Zahl m größer 2 ein Vielfaches von 4 oder einer ungeraden Primzahl ist, genügt es die Fermatsche Vermutung für n = 4 und für jede Primzahl ungleich 2 zu beweisen. Also ist der Fall des Exponenten n = 6(= 3 · 2) auf den Fall n = 3 zurückzuführen. Bekanntlich gibt es unendlich viele Primzahlen, weswegen es unmöglich ist, für jede Primzahl einzeln die Vermutung zu beweisen. Viele Mathematiker erhofften sich eine Verallgemeinerung eines Beweises von einem Spezialfall ableiten zu können, weshalb sich ein großer Teil derjenigen zunächst an den Spezialfällen versuchten. 7.1. Vergleich der aufgeführten Beweise. Untersucht man die aufgeführten Beweise auf Gemeinsamkeiten, so ist festzustellen, dass überall die Methode des unendlichen Abstiegs verwendet wurde. Des Weiteren wird in jedem Beweis ein faktorieller Ring benötigt, um aus der Teilerfremdheit zweier Faktoren, deren Produkt eine kte Potenz ist, schließen zu können, dass die Faktoren selbst kte Potenzen sind. Für den Ring der ganzen Zahlen wird auf Grund der eindeutigen Primfaktorzerlegung obige Eigenschaft als selbstverständlich angenommen und verwendet, weshalb Vorsicht √ geboten ist, dies auf andere √ Ringe zu√übertragen: Der Ring Z[ −5] ist zum Beispiel nicht faktoriell, da 2 · 3 = (1 − −5)(1 + −5) zwei Zerlegungen der 6 in irreduzible Elemente darstellt. Um den Begriff des größten gemeinsamen Teilers verwenden zu dürfen, muss man sichergestellt haben, dass der Ring, mit welchem gearbeitet wird, ein euklidischer Ring ist, es also eine verallgemeinerte Division mit Rest gibt. In jedem der Beweise wird mehrfach der größte gemeinsame Teiler zweier Zahlen bestimmt, weshalb der verwendete Ring nicht nur faktoriell, sondern dazu auch euklidisch sein muss. Betrachtet man nun die einzelnen, aufgeführten Spezialfälle, so erkennt man die Unterschiede der Beweismethoden. Außerdem wird deutlich, dass die Herangehensweise an den jeweiligen Spezialfall von dem Exponenten abhängt und damit nicht verallgemeinert werden kann. Für den Beweis der kubischen Gleichung wurde folgende Darstellung benutzt: n n n z =x +y = n−1 Y (x + ̺in y), i=0 wobei ̺n eine primitive nte Einheitswurzel ist. Der Grund dieser Verwendung ist, dass es häufig einfacher ist, ein Produkt anstelle einer Summe zu gebrauchen. Um mit obiger Zerlegung arbeiten zu können, muss man Z[̺n ] betrachten. Im Jahr 1847 gab der französische Mathematiker Lamé an der Pariser Akademie bekannt, dass er einen Beweis für die Fermatsche Vermutung gefunden hatte. Sein Grundgedanke dabei war xn + y n wie oben in n lineare Faktoren zu zerlegen. Wenn die Faktoren paarweise teilerfremd sind, so folgt laut Lamé aus der Darstellung z n = xn + y n = (x + y)(x + ̺n y)(x + ̺2n y)..., 24 dass jeder der Faktoren selbst eine nte Potenz ist. Mit der Methode des unendlichen Abstiegs hatte er geplant seinen Beweis zu beenden. Sind die Faktoren nicht paarweise teilerfremd, so haben alle Faktoren einen gemeinsamen Teiler m, wodurch man mit (x + y)/m, (x + ̺n y)/m, ... paarweise teilerfremde Zahlen erlangt. Wie zuvor schon erläutert, benötigt man für diese Vorgehensweise einen faktoriellen Ring, um eine eindeutige Primfaktorzerlegung zu gewährleisten. Lamé nahm dies stillschweigend an. Kummer machte Liouville in einem Brief darauf aufmerksam, dass er schon drei Jahre zuvor einen Beweis veröffentlicht hatte, in welchem gezeigt wird, dass im Allgemeinen keine eindeutige Primfaktorzerlegung gilt. (cf. [Edw77]). So ist beispielsweise n = 23 die erste Primzahl, sodass in Z[̺n ] keine eindeutige Zerlegung existiert. Dadurch hatte Kummer gezeigt, dass Lamés Beweis falsch war. Um das Problem der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung zu umgehen führte Kummer ideale Zahlen ein. Dedekind erweiterte den Begriff zu dem, was heute als Idealtheorie bekannt ist. Für mehr Informationen wird auf [Rib79] verwiesen. Auch wenn die Beweismethode des Spezialfalls n = 3 also nicht geeignet ist den allgemeinen Fall zu beweisen, so hat sie zu neuen Denkanstößen und damit zu neuen Theorien geführt. Der Beweis der quintischen Gleichung enthält Zahlen der Form a2 − 5b2 mit speziellen Eigenschaften. Außerdem wird der kleine Fermatsche Satz angewandt und in einem der Lemmata auch das Lemma von Bézout. Der dargestellte Beweis von n = 7 macht von der Newtonschen Potenzsummenformel Gebrauch und unterscheidet sich damit grundlegend von den anderen Beweisen. Diese Formel ist zwar für jedes n ∈ N verwendbar und für kleinere Zahlen eventuell auch ohne großen Rechenaufwand anwendbar, doch es ist ersichtlich, dass sich die Newtonsche Potenzsummenformel bei dem Versuch einer Verallgemeinerung der Beweismethode als höchst kompliziert herausstellen würde. Es ist klar, dass der Beweis der biquadratischen Gleichung am einfachsten nachzuvollziehen ist. Dagegen sind die Spezialfälle von n = 3 und n = 5 durch die Verwendung der Körpererweiterungen etwas komplizierter. Persönlich betrachtet erscheint mir der Fall n = 7 besser verständlich zu sein als die Vorherigen. 7.2. Der Beweis von Wiles. Im Juni 1993 gab Andrew Wiles am Newton Institute in Cambridge bekannt, dass er den Beweis der Fermatschen Vermutung erarbeitet hatte. Es stellte sich heraus, dass der Beweis nicht ganz korrekt war. Mit der Hilfe von Richard Taylor veröffentlichte Wiles 1994 zwei Arbeiten, welche den Beweis der sogenannten Shimura-Taniyama-Vermutung für spezielle elliptische Kurven enthält. Nach der Entdeckung von Ribet impliziert dies auch den Beweis der Fermatschen Vermutung. Um Wiles’ Beweis nachvollziehen zu können, benötigt man unter anderem Kenntnisse von elliptischen Kurven, Modulformen und Galois-Darstellung, welche in keinster Weise mit den hier benötigten Voraussetzungen zu vergleichen sind. (cf. [Rib99]). Auf den Beweis von Wiles wird hier nicht weiter eingegangen. Nicht nur die Methoden würden den Rahmen einer solchen Arbeit weit überschreiten. Bis heute ist Wiles’ Arbeit die Einzige, welche den Großen fermatschen Satz vollständig beweist. Keine der elementaren Methoden der Spezialfälle konnte bisher verallgemeinert werden. 25 Literaturverzeichnis [AW78] Wolfgang Arnold; Hans Wußing (Hgg.), Biographien bedeutender Mathematiker. Eine Sammlung von Biographien, Aulis Verlag Deubner, Köln 1978 [Die10] Marcel Dieterle, NUC 1 Sophie-Germain-Primzahlen, 2010, URL: http://numberuniverse.com/pdf/de/sophie-germain-primzahl.pdf (besucht am 24.09.2014) [Edw77] Harold M. Edwards, Fermat’s Last Theorem. A Genetic Introduction to Algebraic Number Theory, Springer, New York 1977 [Leu96] Armin Leutbecher, Zahlentheorie. Eine Einführung in die Algebra, Springer, Berlin 1996 [MP98] Charlene Morrow; Teri Perl (Hgg.), Notable Women in Mathematics. A Biographical Dictionary, Greenwood Press, Westport, Conneticut 1998 [Nag51] Trygve Nagell, Introduction to Number Theory, Wiley, New York 1951 [Rib79] Paulo Ribenboim, 13 Lectures on Fermat’s Last Theorem, Springer, New York 1979 [Rib99] Paulo Ribenboim, Fermat’s Last Theorem for Amateurs, Springer, New York 1999 26 Erklärung Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet und die Arbeit keiner anderen Prüfungsbehörde unter Erlangen eines akademischen Grades vorgelegt habe. Ort, Datum Unterschrift