DFP-Literatur Nach Herzinfarkt und bei KHK: Ohne Angst zurück zur Sexualität Ärztlicher Fortbildungsanbieter: Akademie für Sexuelle Gesundheit (AfSG) Autorin: a.o. Univ. Prof. Dr. Michaela Bayerle-Eder, Medizinische Universität Wien Lecture Board: Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Eber (Kardiologe), Dr. Elia Bragagna (Allgemein­medizin/Sexual­therapie), Dauer des Artikels: ca. 90 Minuten DFP-Fachpunkte: 2 Punkte Hintergrund: Ein wichtiger Bestandteil der Lebensqualität nach Herzinfarkt oder bei Koronarer-HerzKrankheit ist die Erhaltung oder Wiederherstellung der Sexualität. Oft gehen Herzerkrankungen mit nachfolgender Angst, Depression oder mit sozialer Vereinsamung einher, die durch den sexuellen Rückzug noch weiter verstärkt werden (Stenke 2008). Eine Wiederaufnahme sexueller Intimität ist daher sowohl für das „psychische” Wohlbefinden als auch für den Erhalt der „sexuellen Organfunktion” besonders wichtig. Durch regelmäßigen Sport 2 (z.B.: Koronarsportgruppen) möglichst früh nach Herzinfarkt oder bei stabiler KHK kommt es zur Verbesserung der Endothelfunktion der koronaren, aber auch der penilen Gefäße. In einer Studie an Adipösen mit erektiler Dysfunktion konnte bei 30 % der Patienten allein durch Bewegung die Sexualfunktion komplett wiederhergestellt werden (2004). Je früher die sexuelle Aktivität wieder aufgenommen oder probiert wird, desto eher kann eine Aufrechterhaltung und Wiederherstellung der Sexualfunktion erreicht werden – frei nach dem Motto „Use it or Lose it” (Tabelle 1). Beim sexuellen Akt ist eine Leistung von ca. 3 – 5 MET (Metabolisches Äquivalent) oder 25 – 75 Watt notwendig. Das entspricht folgender Belastung: zwei Treppenabsätzen in zehn Sekunden erklimmen, zwei Stockwerke im normalen Tempo hinaufsteigen, im Garten arbeiten, Golf spielen oder 1,6 km in 20 Minuten im flachen Gelände gehen. Es kommt nur selten zu einem höheren Blutdruckanstieg als systolisch 170 mmHG und einen Herzfrequenzanstieg über 140 bpm (Cheitlin 2005). Daher kann allen stabilen Patienten mit niedrigem Risiko sexuelle Aktivität empfohlen werden (Tabelle 1, Levine 2012). Eine Angst vor einer „Angina d’amour” oder plötzlichem Herztod während des sexuellen Aktes ist unbegründet, da nur <1 % aller akuten Herzinfarkte und 1,7 % des plötzlichen Herztodes bei sexueller Aktivität auftreten (de Busk 2003). Von diesen Betroffenen waren zudem 93 % Männer, die zu 75 % eine außereheliche sexuelle Handlung mit einer deutlich jüngeren Partnerin in ungewohnter Umgebung nach exzessiver Alkohol- und Nahrungsaufnahme durchführten (Dahabreh 2011). Allen Patienten, die sich in einem instabilen Zustand (hohes Risiko) befinden (Tabelle 2, Levine 2012), wird empfohlen von sexueller Aktivität bis zur Stabilisierung des Zustandsbildes Abstand zu nehmen. Sexualfunktion und Kardiovaskuläre Medikamente Viele Klassen von kardiovaskulären Medikamenten stehen im Ruf, eine Sexualfunktionsstörung zu verursachen (NOCEBO-Effekt). Rezente Studien zeigen jedoch keinen klaren Zusammenhang: In einer Metaanalyse über 15.000 Fälle unter Blockertherapie und sexueller Funktionsstörung konnte legendlich bei 5 von 1000 Männern eine SexualfunktionsAkademie für Sexuelle Gesundheit störung gesehen werden (Ko 2002). In diesen Fällen könnte auf Nebivolol, ein Betablocker mit NO freisetzenden Eigenschaften umgestellt werden. Bei Frauen kann es unter Thiazid-Diuretika-Therapie und Spironolacton zu Lubrikationsstörungen bzw. Zyklusveränderungen kommen (Steinke 2008). In deisen Fällen wäre eine Umstellung auf Eplerenone sinnvoll. Von der Substanzklasse der AT-II-Antagonisten scheint Valsartan einen positiven Effekt auf die sexuelle Funktion auszuüben (Düsing 2003). In jedem Fall sollte die Sexualfunktion vom behandelnden Arzt angesprochen werden. Denn dadurch ist möglich, im Einzelfall auf ein anderes Präparat umzustellen, um die Gefahr des selbstständiges Absetzen des Präparates durch den Patienten aufgrund eines vermeintlichen NOCEBO -Effekts zu verhindern. Therapie der Sexualfunktionsstörung bei Herzpatienten Wichtig ist es, dem Patienten klar zu machen, dass die kardiovaskuläre Therapie gleichzeitig auch eine Therapie zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Sexualfunktion durch Reduktion der gemeinsamen Risikofaktoren darstellt – insbesondere bei Diabetes (AbbilDFP-Fortbildung 3 DFP-Literatur Tabelle 1: Niederes Risiko für sexuelle Aktivität bei Herzkrankheiten dung 1). Auf jeden Fall steht eine Lifestyle-Modifikation im Vordergrund. Bis zu 90 % aller Patienten mit KHK leiden auch an einer erektilen Funktionsstörung. Umgekehrt stellt erektile Dysfunktion (ED) einen unabhängigen Risikofaktor für eine koronare Herzkrankheit dar und führt in 3 bis 5 Jahre mit 60 bis 80 %iger Wahrscheinlichkeit zu einer KHK (Abbildung 1). Bei Patienten mit einer ED sollte unbedingt eine kardiale Risikoevaluierung erfolgen (Abbildung 2). Patienten mit einem niederen Risiko (Tabelle 1) wird sexuelle Aktivität empfohlen werden und es können auch PDE-5 Hemmer verordnet werden. Die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von Tadalafil, Sildenafil und Vardenafil bei Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen wurde in zahlreichen, kontrollierten Studien nachgewiesen (De Busk 2004, Jachson 2004). Zu beachten ist der zeitliche Abstand zu Nitropräparaten (Tadalafil 48 Stunden, Sildenafil und Vardenafil 24 Stunden). Eine gleichzeitige Einnahme ist unbedingt zu vermeiden, da es zu unkontrollierter Hypotonie kommen kann. Für Vardanafil wurde eine Verlängerung des QTIntervalls gezeigt und es sollte daher bei Patienten, die Klasse 1a- oder III-Antiarrytmika bekommen, vermieden werden. Die Wirksamkeit von PDE-5-Inhibitoren ist bei Patienten mit metabolischem Syndrom deutlich herabgesetzt (Suetomi 2008). Für Frauen mit ErregungStörungen konnte keine Wirkung eines PDE5-Inhibitors gezeigt werden (Chivers 2010). Bei verminderter Lubrikation und dadurch erhöhten Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs ist eine lokale Östrogentherapie vernünftig und erhöht nicht das kardiale Risiko (Chery 2002). Patienten mit einem hohen Risiko (Tabelle 1) sollten von sexueller Aktivität Abstand nehmen bis sich der Zustand stabilisiert hat. Patienten mit einem mittleren Risiko (mit 3 oder mehr Abb. 1: Risikofaktoren für Koronare Herzkrankheit und Erektile Dysfunktion Abbildung 1) Risikofaktoren für Koronare Herzkrankheit und Erektile Dysfunktion kardialen Hauptrisikofaktoren, einer moderate Angina pectoris oder mit nicht kardialen Gefäßerkrankungen wie Insult oder pAVK) sollten sich einer Belastung Diagnostik (Fahrradergometrie, Dobutamin-Echo oder Thallium-Szintigrafie ) oder einer Bildgebung (multislice CT) unterziehen (Abb. 2) und je nach Ergebnis in niederes oder hohes kardiales Risiko eingeteilt werden (Abbildung 2). Fazit oft bei Manifestation Koronare Herz Krankheit Erektile Dysfunktion nach 3 bis 5 Jahren Gemeinsame Risikofaktoren: Bewegungsmangel Dyslipidämie Hypertension Diabetes Rauchen Adipositas Depression Alter Zusammenfassend kann gesagt werden, dass nach Herzinfarkt und bei KHK ein möglichst frühes Training sowohl der kardialen als auch der genitalen Gefäße die Wiederherstellung der Organfunktion fördert. Alle Patienten mit niederem kardialem Risiko sollen sexuell aktiv sein und können auch mit PDE-5-Hemmer bzw. lokalem Östrogen therapiert werden. Patienten mit hohem kardialem Risiko müssen zuerst stabilisiert werden, ein mittleres kardiales Risiko muss mittels Belastungstest evaluiert werden, bevor Verkehr empfohlen werden kann. Wichtig ist es dem Patienten und seinem Partner die Angst vor der Sexualität zu nehmen und die gemeinsame Lebensqualität wiederherzustellen. Autorin: a.o. Univ. Prof. Dr. Michaela Bayerle-Eder Medizinische Universität Wien Klinik für Innere Medizin III, Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel AKH-Währinger Gürtel 18-20, A-1090 Wien Zustandsbild/Intervention: Zeitraum bis zur Wiederaufnahme der Sexualität: Symptom freie Patienten mit < 3 kardialen Risikofaktoren sofort Bei stabiler Angina Pectoris UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität* sofort Nach unkomplizierterem und komplett revaskulisiertem Herzinfarkt UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität* Nach kompletter perkutaner koronarer Revaskularisation bei blander Punktions­stelle UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität* Aortokoronarer Bypass OP, oder Operation am offenen Herzen bei geheilter Sternotomienarbe 7 bis 14 Tage einige Tage nach der Intervention 6 – 8 Wochen Kompensierte, milde Herzinsuffizienz (NYHA I und II) sofort Gut kontrolliertes Vorhofflimmern , Flattern sofort Schrittmacher oder ICD Implantation (primär Prevention) sofort ICD (Sekundärprevention) UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität sofort Kontrollierte Hypertonie ohne Symptome sofort Asymptomatische milde Klappenerkrankungen sofort Tabelle 1 (Ergänzungen mit freundlicher Genehmigung von Prof. B. Eber) – vergleiche auch Abbildung 2 4 Akademie für Sexuelle Gesundheit DFP-Fortbildung 5 DFP-Literatur Referenzen: Cheitlin MD et al.; Sexual activity and cardiac risk. Am J Cardiol. 2005 Dec 26;96 Cherry N et al.; Oestrogen therapy for prevention of reinfarction in postmenopausal women: a randomised placebo controlled trial. Lancet 2002 Dec 2128;360(9350):2001-8. Chivers ML, Rosen RC ; Phosphodiesterase type 5 inhibitors and female sexual response: faulty protocols or paradigms? Sex Med. 2010 Feb;7(2 Pt 2):858-72 Dahabreh IJ et al.; Association of episodic physical and sexual activity with triggering of acute cardiac events: systematic review and meta-analysis. JAMA 2011, Mar 23;305(12):1225-33. DeBusk RF et al.; Sexual activity in patients with angina. JAMA 2003 Dec 17;290(23):3129-32. DeBusk RF et al.; Efficacy and safety of sildenafil citrate in men with erectile dysfunction and stable coronary artery disease. Am J Cardiol. 2004 Jan 15;93(2):147-53. Düsing Ret al.; Effect of the angiotensin II antagonist valsartan on sexual function in hypertensive men. Blood Press Suppl. 2003 Dec; 2:29-34. Esposito K et al.; Effect of lifestyle changes on erectile dysfunction in obese men: a randomized controlled trial. JAMA. 2004 Jun 23;291(24):2978-84. Jackson G et al.; Update on clinical trials of tadalafil demonstrates no increased risk of cardiovascular adverse events. J Sex Med. 2004 Sep;1(2):161-7. Ko DT et al.; Beta-blocker therapy and symptoms of depression, fatigue, and sexual dysfunction. JAMA. 2002 Jul 17;288(3):351-7. Levine GN et al.; Sexual activity and cardiovascular disease: a scientific statement from the American Heart Association. Circulation. 2012 Feb 28;125(8):1058-72. Steinke EE et al. ; The role of sexual satisfaction, age, and cardiac risk factors in the reduction of post-MI anxiety. Eur J Cardiovasc Nurs. 2006 Sep;5(3):190-6. Suetomi T et al. ; Negative impact of metabolic syndrome on the responsiveness to sildenafil in Japanese men. J Sex Med. 2008 Jun;5(6):1443-50. Abb.2: Kardiale Risikoevaluieruntg für Männer mit Erektiler Dysfunktion nach dem Princton III Konsensus 2012 Tabelle 2: Hohes Risiko für sexuelle Aktivität bei Herzkrankheiten Zustandsbild/Intervention: Sexualanamnese und Evaluierung kardialer Risikofaktoren, insbesondere Frage nach Leistungsfähigkeit von 3–5 MET Niederes Risiko Nach inkompletter perkutaner koronarer Revaskularisation Keine sexuelle Aktivität bis zur Abklärung der residualen Ischämie mittels Stress Test Bei instabiler Angina Pectoris, kompliziertem Herzinfarkt Mittleres Risiko Hohes Risiko Unkontrollierte Hypertonie Obstruktive hypertrophe Kardiomyopathie mit Symptomen Belastungstext Rezenter Herzinfarkt ohne Intervention < 2 WO Keine sexuelle Aktivität bis zur Stabilisierung des Zustands Bildes Mäßige bis schwere Herzklappenkrankheiten insbesondere Aortenklappen-Stenose Niederes Risiko Sexualität empfohlen PDE-5 Hemmer erlaubt Hohes Risiko Überweisung zum Kardiologen Dekompensierte, schwere Herzinsuffizienz (NYHA III und IV), unkontrolliertes Vorhofflimmern oder Flattern, unkontrollierte supraventrikuläre Arrhythmien, Spontane oder belastungsinduzierte ventrikuläre Arrhythmien, Patienten mit ICD Implantation, die rezidivierende Schocks erhalten haben. Tabelle 2 (Ergänzungen mit freundlicher Genehmigung von Prof. B. Eber) – vergleiche auch Abbildung 2 vergleiche auch Tabelle 1 und 2 6 Zeitraum bis zur Wiederaufnahme der Sexualität: Akademie für Sexuelle Gesundheit DFP-Fortbildung 7 DFP-Fallbeispiel Der Fall: Emilia K.: Sexualiät im dualen Gleichgewicht Emilia K., geboren 1959, arbeitet als Logopädin in einer Privat­ordination, ist geschieden, lebt aber seit zehn Jahren in einer Partnerschaft. Der Vater starb mit 72 Jahren an einem Insult. Bei beiden Geschwistern wurde eine Hypercholes­terinämie diagnostiziert. Frau K. ist Ex-Raucherin (20 Zigaretten), hat einen BMI von 25 und einen Blutdruck von 133/82 mmHg. Im Kindesalter wurden bei ihr Appendektomie und Tonsillektomie durchgeführt. Diagnostik: ● St. P. Hyperprolaktinämie (unter DostinexTherapie 1995 bis 1998 ) ● Hypertonie, fam. Hypercholestererinämie ● Zufallsbefund eines Meningioms linke Orbita 1 cm größenkonstant seit 2010 ● 2009 Hinterwandinfarkt mit PCTA und Stent in der RCA „Emilia nimmt Statine unregelmäßig ein“ ● 2011 In-Stent Restenose in der RCA ,neuerliche PTCA und Stent der RCA (elektiv im Rahmen der KO Untersuchung) ● Laut Sexualanamnese hatte sie zwei normale Geburten (1982 und 1990), keine Fehlgeburten, keine Curettagen, Uterusprolaps seit 1990 leicht progredient (0,5 cm), kein Sexualtrauma, seit 2010 Menopause. Seit damals hat sie absolut keine Lust mehr. 8 Schon seit ca. sieben Jahren gibt es „keine genitale Schwellung”, mangelnde Erregung und Lubrikation. ● Medikamente: Thrombo® ASS 100 mg 100 1-0-0; Plavix® 75 mg 1-0-0; Concor® 10 mg, Simvastatin® 40 mg, Amlodipin® 5, Acecomb® semi, Trittico 100 mg 0-0-1/3 (seit Tod des Vaters 2010). ● Das aktuelles Ruhe EKG zeigt den St. p. Hinterwandinfarkt, ist aber sonst unauffällig. Beim Echo erkennt man eine normale LVF. Im Labor fällt vor allem der erhöhte Prolaktinwert auf. Erhöhte Prolaktinspiegel stören die pulsierende Sekretion der Geschlechtshormone der Frau. ● Emilias Partner ist Akademiker (Informatiker) im vorzeitigen Ruhestand. Seine Familienanamnese ist unauffällig. Nichtraucher, BMI 23, RR 130/85 mmHg. 2006 gab es eine Operation wegen einer hochgradigen Aorten-Stenose. 2009 wurde bei ihm Morbus Parkinson diagnostiziert (Behandlung mit Madopar®) Beziehungsanamnese: Das Paar ist seit zehn Jahren zusammen und noch immer „verliebt” und sehr fürsorglich miteinander. Es sind keine Beziehungstraumata erhebbar. Das Sexualleben war die ersten drei Jahre ausgesprochen gut , danach gab es einen „Bruch”. Emila wird nicht mehr erregt/ feucht (lt. Frauenarzt damals 2006 und jetzt wieder 2013 alles unauffällig. Peter war immer schon sexuell sehr aktiv, seit zwei Jahren ist sein Sexualtrieb deutlich gesteigert und er leidet sehr unter Emila’s Unlust. Er muss täglich masturbieren. Emila leidet sehr darunter, nicht „sexuell ausreichend zu sein” und hat Angst Peter, der einige Jahre jünger ist, zu verlieren. Zusätzlich leidet sie seit ihrem Tod ihres Vaters unter einer Depression und „Herzangst”. Mögliche Ursachen: mehr als 60 % aller Frauen mit CVD leiden an einer Female Sexual Dsyfunction (FSD) verminderte Libido (fehlendes E2, leicht erhöhtes PRL?, SSRI?) *Anmerkung: laut Prof. M. Aigner 15.12.2013, zählt Trazodon zu den „sexualfreundlichen“ AD, trotzdem kann es Sexualstörungen verursachen (< 20%) Trockenheit (fehlendes E2, endotheliale Dysfunktion? VIP-Mangel?) schmerzhafter Geschlechtsverkehr verminderte genitale Sensibilität (ED?) verminderte OR-Fähigkeit (Serotoninüberschuß?) arteriell (Störung der Endothelfunktion im Plexus cavernosus-hypogastricus) neurogen (Vasa nervorum?) Akademie für Sexuelle Gesundheit hormonal (Menopause?) pharmakologisch (Betablocker; SSRI, Thiazide, Statine) Lifestyle (Stress als Logopädin) psychogenetische Faktoren (Angst vor neuerlichem Infarkt ) Generell ist jede Erregungsstörung auch Frühwarnsystem für Frauen. Deshalb muss Emilia genauer über ihre Leistungsmöglichkeit befragt werden. Laut American Heart Association 2012 darf sich jeder der Sexualität hingeben, der 3 – 5 MET’S (= Metabolisches Äquivalent) ohne Symptome leisten kann. Dieser Energie­ verbrauch entspricht einer Leistung von 75 bis 100 Watt, z.B. zwei Treppenabsätze in 10 sec erklimmen, zwei Stockwerke in normalem Tempo gehen, Golf spielen oder 1,6 km in 20 min gehen (5.5 bis 6 km in der Stunde). Emilia ist sportlich sie geht 2x in der Woche walken, aufgrund des Risikoprofils (>3 kardiale Risikofaktoren) wurde trotzdem ein Belastungs-EKG durchgeführt. Ergebnis: LF fast 90 % , Abbruch wegen Beinschwäche bei 150 Watt. Therapie-Umstellungen: Die Lipidstoffwechseleinstellung wurde adaptiert: Umstellung auf Crestor® 10mg. Zudem erfolgt eine Lifestylemodifikation, der BlutDFP-Fortbildung druck ist gut eingestellt, die CVD stabil. Durch regelmäßigen Sport kommt es zur Verbesserung der Endothelfunktion in den kardialen aber auch penilen Gefäßen. Weiteres Vorgehen: Daher wäre Emilia zu raten, je früher die Sexualität aufgenommen wird, desto eher wird eine Wiederherstellung der Sexualfunktion erreicht. Sex ist bei ihr, sogar empfohlen, aber Emilia will nicht. Hat sie eine Female Sexual Dysfunction (FSD)? Fragebögen: ● Female Sexual Function Index (FSFI) ergibt 20 Punkte (Maximum = 36) ● Female Sexual Distress Score ergibt 22 Punkte (Standard wäre von <11) ● Als nächtser Schritt kommt daher das PLISSIT-Model zur Anwendung: ● Permisson über Sex zu reden ● Limited Information (Parkinsontherapie des Partners erhöht Libido, Sex ist ungefährlich für Emilia’s Herz) ● Specific Suggestions (Relax-Sex, Masturbation von Peter akzeptieren, Privatordination mit zwei Logopädin – zur Stressminderung) 9 DFP-TEST ● Intensive Therapie ● Pharmakologische Therapie- Umstellung, Verhaltens-, Paar-, Psychotherapie (Depression) Ziel der Therapie muss es sein, dual auf ein Gleichgewicht hinarbeiten, um Peters Sexdrive (Parkinsonmedikament) und Emilias Sexdrive (Antidepressiva) auszugleichen. Medikationsumstellung: Neben der umfassenden Aufklärung werden auch die Medikamente umgestellt: „sexualfunktionsneutrale/verbessernde” SSRI-Medikation (Umstellung auf Bupropion 150 mg retard) statt Lisinopril Valsartan statt Bisoprolol Nebivolol Eine zugelassene medikamentöse Therapie für FSD gibt es nicht! Bei vaginaler Atrophie und /oder verminderter Lubrikation und bestehendem Östrogenmangel und dadurch erhöhten Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs ist eine lokale Östrogentherapie gerechtfertigt und erhöht nicht das kardiale Risiko. Aber Emila will keine Hormone ihre Freundin hat Brutkrebs. Daher werden Hylaloronsäure®Vaginalzäpfchen für zehn Tage zum Aufbau des Scheidenepithels verordnet, zusätzlich Lubrikantien in großzügigen Mengen. Wiedervorstellung nach drei Monaten: Bei einem Termin nach drei Monaten sind die Werte normalisiert: PRL normal, Chol 200 mg/dl , LDL 85 mg/dl, RR 138/79 mmHg. Die Fragebögenauswertung ergibt eine Steigerung von 20 auf 28 Punkte beim Female Sexual Function Index (Maximum = 36) und 10 eine Senkung von 21 auf 13 Punkte beim Female Sexual Distress Score (Normwert wäre < 11). Die Sexualität hat sich für beide deutlich gebessert, „zwar nicht so gut wie früher”, aber ein gegenseitiges Akzeptieren des unterschiedlichen Libidogrades ist vorhanden, ohne es auf sich selbst oder die Beziehung zu beziehen. Gemeinsame, angenehme sexuelle Erlebnisse sind zwei bis drei Mal im Monat möglich, die eine emotionale Nähe des Paares stärken. Zusammenfassung und Analyse: Zusammenfassend kann gesagt werden das „Female Sexual Dysfunction“ eine ernstzunehmende Störung ist, die bis zu 43 % aller Frauen und über 60 % aller Frauen mit KHK betrifft. Dies stellt eine deutliche Verschlechterung der Lebensqualität der Patientin und des Partners dar. Aber es gibt eine Vielzahl an therapeutischen Interventionen. Wichtig ist, dass nach Herzinfarkt und bei KHK ein möglichst frühes Training sowohl der kardialen als auch der genitalen Gefäße die Wiederherstellung der Organfunktion fördert. Alle Patienten mit niederem kardialen Risiko sollen sexuell aktiv sein und können auch mit lokalem Östrogen therapiert werden. Patienten mit hohem kardialen Risiko müssen zuerst stabilisiert werden, ein mittleres kardiales Risiko muss mittels Belastungstest evaluiert werden, bevor Verkehr uneingeschränkt empfohlen werden kann. Wichtig ist es, dem Patienten und seinem Partner die Angst vor der Sexualität zu nehmen und die gemeinsame Lebensqualität wiederherzustellen. Nach Herzinfarkt und bei KHK: Ohne Angst zurück zur Sexualität DFP-Literatur: Ärztlicher Fortbildungsanbieter: Akademie für Sexuelle Gesundheit (AfSG); Autorin: a.o. Univ.-Prof. Dr. Michaela Bayerle-Eder, MedUni Wien; Lecture Board: Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Eber (Kardiologe), Dr. Elia Bragagna (Allgemeinmedizin/Sexualtherapie) Medienpartner: Unlimited Media GmbH Dauer des Artikels: ca. 90 Minuten DFP Fachpunkte: 2 Punkte Mit mindestens 66 Prozent der richtigen Antworten haben Sie den Test postitiv abgelegt und erhalten Ihre DFP-Fachpunkte. Sie haben auch im Internet bei der österreichischen akademie der Ärzte die Möglichkeit, den Artikel zu lesen bzw. die Fragen zu beantworten. Zum Test bzw. Literaturstudium: http://www.meindfp.at/dynasite.cfm?dsmid=80575 Akademie für Sexuelle Gesundheit 1. W ie wahrscheinlich ist der Tod durch einen plötzlichen Herztod während des sexuellen Aktes? 4. W elche Patienten mit einer Herzkrankheit dürfen sofort mit der sexuellen Aktivität beginnen? a) Es gibt keinen Zusammenhang. b) Die Gefahr ist unbegründet, da nur 1 % aller der aller akuten Herzinfarkte und 1,7 % des plötzlichen Herztodes bei sexueller Aktivität auftreten. c) Vor allem nach einem Herzinfarkt sollte der/die Patient/in vier Wochen keinen Sex haben. a) Symptom freie Patienten mit <3 kardialen Risikofaktoren b) Patienten mit stabiler Angina Pectoris UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität. c) Patienten nach unkomplizierterem und komplett revaskulisiertem Herzinfarkt UND ohne Symptome bei milder bis moderater physischer Aktivität d) Patienten nach aortokoronarer Bypass-OP, oder Operation am offenen Herzen bei geheilter Sternotomienarbe. 2. W elche Medikamente können negativen Einfluss auf die Sexualfunktion haben? a) Betablocker b) AT-II-Antagonisten c) Cholesterinsenker d) Antidepressiva 3. W ie groß ist der Zusammenhang zwischen Patienten mit KHK und einer erektilen Funktionsstörung? a) Weniger als 10 % der Patienten mit KHK leiden auch an einer erektilen Funktionsstörung. b) Jeder 2. Patienten mit KHK leidet auch an einer erektilen Funktionsstörung. c) Bis zu 90 % aller Patienten mit KHK leiden auch an einer erektilen Funktionsstörung. d) Alle Patienten mit KHK leiden auch an einer erektilen Funktionsstörung. DFP-Fortbildung 5. Die gleichzeitige Gabe von Nitro und PDE-5 Hemmern ... a) ... ist problemlos möglich. b) ... sollte nie erfolgen. c) ...ist mit zeitlichem Abstand (24-48 Stunden) möglich. d) ...ist mit zeitlichem Abstand (3–5 h) möglich. 6. D ie Gabe von PDE-5-Hemmer sollte auch bei Frauen eingesetzt werden: a) ... bei Erregungs-Störungen b) ... bei Schmerzen während des Geschlechtsverkehr. c) ... bei verminderter Lubrikation d) ... macht keinen Sinn. Die Fragen sind auch unter www.afsg.at oder www.arztakademie.at abrufbar. Die Antworten bitte per Fax an: 0043/1/368 04 19 senden oder im Web unter www.meindfp.at absolvieren. Name:Geburtsdatum: AdressePLZ: Telefon:E-Mail: ÖÄK-Arztnummer: Ordinationsstempel Datum, Unterschrift 11