Abzählprinzipien Geordnete Stichproben ohne Zurücklegen: Wieder ziehen wir s–mal aus einer Urne mit n nummerierten Kugeln, diesmal jedoch, ohne die Kugeln zurückzulegen. Natürlich erfordert dies s ≤ n. Wir notieren die Nummern in der Reihenfolge, in der sie erscheinen. Es gibt also s Stufen, die jedoch keine Kopien voneinander sind. Wir haben also für den ersten Schritt n mögliche Ausgänge, für den zweiten noch n − 1 usf. Für den s–ten Schritt bleiben n − s + 1 Möglichkeiten. Nach der allgemeinen Produktregel hat das Gesamtexperiment (n)s := n · (n − 1) · · · (n − s + 1) mögliche Ausgänge. Ist s = n, d.h. wird die Urne vollständig leer gezogen, so gibt es n! := (n)n = n · (n − 1) · · · 3 · 2 · 1 mögliche Versuchsausgänge. Matthias Löwe Stochastik Exkurs: Stirlingsche Formel Für größere n benutzt man häufig die Stirlingformel n n √ n! ∼ 2πn. e zur Approximation, die nach James Stirling (1696–1770) benannt wurde. Hierbei schreiben wir an ∼ bn für zwei Folgen (an )n und (bn )n , falls an −→ 1 für n → ∞ bn gilt. Dies bedeutet, dass der relative Fehler (an − bn )/bn , den wir durch die Approximation in Kauf nehmen, gegen Null geht. Für den absoluten Fehler an − bn muss dies keineswegs gelten! Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Duale Darstellung: Es sollen s unterscheidbare Kugeln auf n unterscheidbare Urnen verteilt werden. Es gelte aber das folgende Ausschließungsprinzip: In jeder Urne darf höchstens eine Kugel liegen. Für die erste Kugel stehen dann n Urnen zur Verfügung, für die zweite noch n − 1 und so weiter; für die s–te Kugel kann noch zwischen n − s + 1 Urnen gewählt werden. Auch hier ergeben sich also (n)s = n · (n − 1) . . . (n − s + 1) verschiedene Versuchsausgänge. Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Ungeordnete Stichproben ohne Zurücklegen Häufig interessiert nur, welche Elemente gewählt wurden, aber nicht die Reihenfolge. Gegeben sei eine Urne mit n nummerierten Kugeln, aus der wir mit einem Griff s Kugeln ziehen, s ≤ n. Dann beschreibt dieses Experiment eine Ziehung ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge der gezogenen Elemente. Wir wollen die Anzahl der möglichen Versuchsausgänge mit n s bezeichnen. Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Ungeordnete Stichproben ohne Zurücklegen n s ist die Anzahl der s–elementigen Teilmengen von {1, . . . , n}. Jede dieser Teilmengen kann auf s! verschiedene Arten angeordnet werden. Nach der Produktregel gibt es daher s! · ns geordnete Stichproben. Andererseits hatten wir diese Anzahl bereits berechnet und zwar zu (n)s . Somit gilt n! n (n)s = . = s! s! · (n − s)! s Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Duale Darstellung: Die duale Darstellung dieses Versuchs ist das Verteilen von s identischen, d.h. ununterscheidbaren Kugeln auf n nummerierte Urnen nach dem Ausschlussprinzip. Dafür wählen wir s der n verschiedenen Urnen aus und legen in jede eine Kugel. Die einzige Wahl findet bei dem Festlegen der s–elementigen Teilmenge der Urnen statt und dafür gibt es gerade ns Möglichkeiten. Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Ungeordnete Stichproben mit Zurücklegen Wieder haben wir eine Urne mit n nummerierten Kugeln. Diesmal wollen wir mit Zurücklegen s Kugeln ziehen und die Reihenfolge der gezogenen Kugeln spielt keine Rolle. Da bei jeder Ziehung alle Kugeln zur Verfügung stehen, muss keineswegs s kleiner als n sein. Zur Berechnung der Anzahl der Möglichkeiten: Wir legen uns eine Tabelle mit den Zahlen 1, . . . , n an und jedesmal, wenn die Kugel mit der Nummer k gezogen wird, machen wir in der Tabelle ein Kreuz bei dieser Nummer. Nach der Ziehung haben wir z.B. folgendes Bild: Kugelnummer wurde gezogen 1 2 ... n − 1 n × × × × ... ×× Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Wenn wir die Anzahl aller so entstehenden Tabellen zählen, dann ist dies gleich der Anzahl aller Möglichkeiten bei der Ziehung, denn jede Tabelle entspricht umkehrbar eindeutig einer Ziehung. Dazu abstrahieren wir noch einen Schritt weiter und zeichnen nur noch ×× × × × × ... | {z } s Kreuze und n − 1 Striche als Tabelle. Eine Ziehung ist also nichts anderes als eine Anordnung von s Kreuzen und n − 1 Strichen und deren Anzahl ist s +n−1 , s denn wir müssen ja nur aus den s + n − 1 zur Verfügung stehenden Positionen genau s für die Kreuze wählen. Matthias Löwe Stochastik Abzählprinzipien Duale Darstellung Bei der dualen Darstellung des Problems werden s identische Kugeln auf n nummerierte Urnen verteilt. Diese Darstellung ist bekannt: Es beschreibt eine Wahl! Die s Wähler haben je eine Stimme und alle Stimmen zählen gleich. Weiter gibt es n unterscheidbare Kandidaten, die zur Wahl stehen. Der Wahlausgang wird dann genau durch ein wie oben gezeichnetes Schema wiedergegeben. Man kann daran ablesen, wie viele Stimmen jeder Kandidat erhielt. Matthias Löwe Stochastik Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit Satz (Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit) Sei (Ω, A, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum und B1 , . . . , Bn ∈ A eine Partition von Ω mit P(Bi ) > 0 für alle i = 1, . . . , n. Dann gilt für jedes A ∈ A n X P(Bi ) · P(A|Bi ). P(A) = i=1 Matthias Löwe Stochastik Satz von Bayes Satz (Satz von Bayes) Sei (Ω, A, P) ein Wahrscheinlichkeitsraum und B1 , . . . , Bn ∈ A eine Partition von Ω mit P(Bi ) > 0 für alle i = 1, . . . , n. Dann gilt für jedes A ∈ A mit P(A) > 0 P(Bk ) · P(A|Bk ) P(Bk |A) = Pn i=1 P(Bi ) · P(A|Bi ) Matthias Löwe Stochastik für alle 1 ≤ k ≤ n.