Mathematik für Informatiker Teil II Prof. Dr. Thomas Risse www.weblearn.hs-bremen.de/risse/MAI www.weblearn.hs-bremen.de/risse/MAI/docs Fakultät Elektrotechnik & Informatik Hochschule Bremen WS 2016/2017 Inhaltsverzeichnis 1 Fourier-Transformation 4 1.1 Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Fourier-Integral . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2 Differentialgleichungen 12 2.1 Lösen durch Trennen der Veränderlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Lösen durch Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.3 Lineare Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.4 Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . 21 2.4.1 Homogene, lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Inhomogene, lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.5 Bernoulli’sche Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.6 Riccati’sche Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 2.7 Systeme linearer Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . 28 2.8 Numerische Lösungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.8.1 Euler-Cauchy-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.8.2 modifiziertes Euler-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.4.2 1 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2 2.8.3 Heun-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.8.4 Runge-Kutta-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.8.5 Differentialgleichungen höherer Ordnung . . . . . . . . . . . . . . 32 3 Integral-Transformationen 34 3.1 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 3.2 Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 4 Funktionen mehrerer Variabler 44 4.1 Stetigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 4.2 Differenzierbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.2.1 partielle Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 4.2.2 Extremwerte reellwertiger Funktionen mehrerer Veränderlicher . 53 4.2.3 Taylor-Entwicklung von Funktionen mehrerer Variabler . . . . . 56 4.2.4 Vektor-wertige Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4.2.5 Totales Differential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 4.2.6 Richtungsableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.3.1 Kurven-Integrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.3.2 Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.3.3 Volumina . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 4.3.4 Integral-Sätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 4.3 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 3 5 Stochastik 5.1 85 Wahrscheinlichkeitsrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 5.1.1 bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabhängigkeit . . . . . . . . 87 5.1.2 totale Wahrscheinlichkeit, Satz von Bayes . . . . . . . . . . . . . 88 5.1.3 Bernoulli-Experiment, Bernoulli-Kette . . . . . . . . . . . . . . . 89 5.1.4 Zufallsvariable und ihre Verteilungsfunktionen . . . . . . . . . . 89 diskrete Zufallsvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5.1.4.1 5.1.4.2 Binomial-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . 91 5.1.4.1.2 geometrische Verteilung . . . . . . . . . . . . . 92 5.1.4.1.3 hypergeometrische Verteilung . . . . . . . . . . 92 5.1.4.1.4 Poisson-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 92 stetige Zufallsvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 5.1.4.2.1 Exponential-Verteilung . . . . . . . . . . . . . 94 5.1.4.2.2 Weibull-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.1.4.2.3 Gamma-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.1.4.2.4 Normal-Verteilung . . . . . . . . . . . . . . . . 95 5.1.5 Das Gesetz der großen Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5.1.6 mehrdimensionale Zufallsvariable . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 5.1.6.1 zweidimensionale, diskrete Zufallsvariable . . . . . . . . 98 5.1.6.2 zweidimensionale, stetige Zufallsvariable . . . . . . . . . 98 5.1.6.3 Randverteilungen, Randdichten . . . . . . . . . . . . . 99 5.1.6.4 Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 5.1.6.5 Funktionen mehrerer Zufallsvariabler . . . . . . . . . . 100 5.1.7 5.2 5.1.4.1.1 Zentraler Grenzwertsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 5.2.1 Erwartungstreue Schätzer für µ und σ 2 . . . . . . . . . . . . . . 102 5.2.2 Konfidenz-Intervall für eine unbekannte Wahrscheinlichkeit p . . 103 5.2.3 Konfidenz-Intervall für den unbekannten Erwartungswert µ bei bekannter Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.2.4 Konfidenz-Intervall für den unbekannten Erwartungswert µ bei unbekannter Varianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 1 4 Fourier-Transformation Die Fourier1 -Analyse liefert das Frequenz-Spektrum von Schwingungsvorgängen; die Fourier-Synthese erlaubt etwa, aus Schwingkreisen vorgegebene periodische Funktionen zu erzeugen. Weitere Anwendungen sind Filtern oder Komprimieren und Dekomprimieren von Daten (eindimensional: z.B. Audio-Signale, zweidimensional: Bilder) 1.1 Fourier-Reihen Fourier-Reihen sind das Hilfsmittel zur Darstellung beliebiger periodischer Funktionen als Linearkombination von Sinus- und Cosinus-Funktionen. Anwendungen sind Übertragen, Filtern, Komprimieren usw. Die Verwendung von beispielsweise Fourier-Deskriptoren ist eine Methode, Muster in Raster-Bildern anhand ihrer Berandungen zu erkennen. Def. Eine Funktion f auf R heißt periodisch mit der Periode T genau dann, wenn f (x + T ) = f (x) für alle x ∈ R, wo T > 0 minimal. Z.B. f (x) = sin(nx) und g(x) = cos(nx) sind periodische Funktionen mit der c Periode 2π/n. Bem. Eine periodische Funktion f mit Periode T wird durch die Transformation T ) in eine periodische Funktion mit der Periode 2π überführt. Ohne g(x) = f (x 2π Beschränkung der Allgemeinheit brauchen also nur 2π-periodische Funktionen betrachtet zu werden. ◦ Problem: Mit welchen Koeffizienten ak und bk läßt sich eine 2π-periodische Funktion f : R → R darstellen als trigonometrische Reihe f (x) = 12 ao + ∞ X (ak cos(kx) + bk sin(kx)) . k=1 Bem. Im Folgenden werden die Orthogonalitätsrelationen für die trigonometrischen Funktionen benötigt: die Additionstheoreme liefern 2 sin(nx) sin(mx) = cos((n − m)x) − cos((n + m)x) 2 sin(nx) cos(mx) = sin((n − m)x) + sin((n + m)x) 2 cos(nx) cos(mx) = cos((n − m)x) + cos((n + m)x) . 1 Jean Baptiste Fourier (1760-1830) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Fourier.html BDH 7.3, 417 BHW Bd.I 5.3,418 BrSe 7.4, 315 Pap Bd.2 II 1,158 Sti 9.3, 490 Stö A2 10, 215 Stö TB 19.1, 643 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5 Integration mit Substitution liefert für n, m ∈ N mit n 6= m sin((n − m)x) sin((n + m)x) − n−m n+m Z cos((n − m)x) cos((n + m)x) 2 sin(nx) cos(mx) dx = − − n−m n+m Z sin((n − m)x) sin((n + m)x) + 2 cos(nx) cos(mx) dx = n−m n+m 2 Z sin(nx) sin(mx) dx = und für n = m sin(2nx) 2n Z Z cos(2nx) 2 sin(nx) cos(nx) dx = sin(2nx) dx = − 2n Z Z sin(2nx) 2 cos2 (nx) dx = (1 + cos(2nx)) dx = x + . 2n 2 Z sin2 (nx) dx = Z (1 − cos(2nx)) dx = x − Damit folgen insbesondere die Orthogonalitätsrelationen Z π sin(nx) sin(mx) dx = −π Z π −π Z π cos(nx) cos(mx) dx = πδn,m sin(nx) cos(mx) dx = 0 . −π mit δn,m = 1 für n = m und δn,m = 0 sonst. ◦ z.H. Verifiziere die Ableitung der Orthogonalitätsrelationen. o Die Koeffizienten bm der trigonometrischen Reihe werden durch Berechnung von Rπ −π f (x) sin(mx) dx bestimmmt. Mit −π sin(mx) dx = 0 folgt Z π a0 Z π sin(mx) dx f (x) sin(mx) dx = 2 −π Z −π Z Rπ ∞ X + k=1 ∞ X = π ak π −π cos(kx) sin(mx) dx + bk sin(kx) sin(mx) dx −π bk πδk,m = bm π k=1 Die Koeffizienten am der trigonometrischen Reihe werden durch Berechnung von Rπ Rπ f (x) cos(mx) dx bestimmt. Mit cos(mx) dx = 2πδm,0 folgt −π −π Z π −π f (x) cos(mx) dx Z π 1 = 2 a0 cos(mx) dx −π Z ∞ π X + ak k=1 −π = a0 πδm,0 + cos(kx) cos(mx) dx + bk ∞ X k=1 ak πδk,m = am π . Z π −π sin(kx) cos(mx) dx Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 6 Insgesamt erhält man so die Fourier-Koeffizienten der Fourier-Reihe als Bem. ak = 1 π bk = 1 π Z π Z π Die Fourier-Reihe f (x) sin(kx) dx für k = 1, 2, 3 . . . −π a0 2 P∞ A0 2 f (x) cos(kx) dx für k = 0, 1, 2 . . . −π + A0 2 P∞ auch als k=1 (akqcos(kx) + bksin(kx)) läßt sich P∞ ak 2 2 + k=1 ak + bk sin kx+arctan bk darstellen. + k=1 Ak sin(kx+ϕk ) = In a cos(kx) + b sin(kx) = A sin(kx + ϕ) = A sin(kx) cos(ϕ) + A sin(ϕ) cos(kx) bestimmen sich die unbekannte Amplitude A und die unbekannte Phasenverschiebung ϕ nämlich durch Auswerten in kx = 0 und damit a = A sin(ϕ) und in kx = π/2 und damit b = A cos(ϕ) zu tan(ϕ) = ab und a2 + b2 = A2 , also √ A = a2 + b 2 . ◦ Zeige, daß in a cos(kx) + b sin(kx) =√A cos(kx−ϕ) = A cos(kx) cos(ϕ)+ o A sin(ϕ) sin(kx) analog tan ϕ = ab und A = a2 + b2 gelten. z.H. z.H. Wenn f gerade, dann bk = 0 für alle k; wenn f ungerade, dann ak = 0 für alle k. Also ist die Fourier-Reihe einer ungeraden Funktion eine reine Sinus- und diejenige einer geraden Funktion eine reine Cosinus-Reihe. o Bem. In der Fourier-Reihen-Entwicklung einer 2π-periodischen Funktion f heißt 1 a Gleichstrom/Gleichspannungs- oder DC (direct current)-Anteil. Der Reihen2 o P Rest ∞ k=1 (ak cos(kx) + bk sin(kx)) heißt Wechselstrom/Wechselspannungs- oder AC (alternating current)-Anteil. ◦ z.H. Die Fourier-Reihen der beiden 2π-periodischen Funktionen f und g = f +C für konstantes C unterscheiden sich nur im Gleichspannungsanteil. o Satz (Fourier) Für jede 2π-periodische, stückweise glatte Funktion f konvergiert die Fourier-Reihe überall und stimmt in den Stetigkeitsstellen von f mit f überein. An Sprungstellen nimmt die Reihe den Mittelwert des links- und rechtsseitigen Grenzwertes an. • Z.B. Sei f (x) = ax für |x| < π und f (π) = 0 auf ganz R periodisch fortgesetzt (‘Sägezahn’). Da f ungerade, gilt ak = 0 für alle k. Partielle Integration ergibt bk = = a π Rπ −π x sin(kx) dx = k+1 2a (−1)k a π −x und damit f (x) = 2a cos(kx) π k −π + (−1)k+1 k=1 k P∞ R π cos(kx) −π k = dx a π −2π cos(kπ) +0 k c sin(kx). z.H. Sei f (x) = (π − x)/2 für 0 < x < 2π mit f (2π) = 0 periodisch auf R fortgesetzt (‘Sägezahn rückwärts’). Zeige f (x) = P∞ 1 k=1 k sin(kx). o Z.B. Sei f (x) = a sgn(x) für |x| < π und f (π) = 0 auf ganz R periodisch fortge- π setzt (‘Rechteck’). Da f ungerade, gilt ak = 0. Wegen bk = πa −π sgn(x) sin(kx) dx π 2a −(−1)k +1 2a R π 2a − cos(kx) 4a P∞ sin((2k+1)x) = π 0 sin(kx) dx = π = π gilt f (x) = π k=0 2k+1 . c k k R 0 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 7 z.H. Sei f (x) = x2 auf [−π, π] periodisch auf ganz R fortgesetzt. Zeige f (x) = π2 3 −4 k cos(kx) k=1 (−1) k2 P∞ o und werte für x = 0 und x = π aus. z.H. Sei f (x) = |x| auf [−π, π] periodisch auf ganz R fortgesetzt. Zeige f (x) = π 2 − 4 π P∞ 1 k=1 (2k−1)2 cos((2k − 1)x) und werte in x = 0 aus. o Z.B. Die Funktion f (x) = | sin(x)| (‘gleichgerichteter’ Sinus) ist gerade. AlsoR gilt bk = 0 für alle k. Mit f ist auch f (x) cos(kx) gerade, so daß ak = 2 Rπ 1 π | sin(x)| cos(kx) dx = π 0 sin(x) cos(kx) dx. Zweimal partiell integrieren erπ −π Rπ Rπ π sin(kx) π gibt 0 sin(x) cos(kx) dx = sin(x) k − 0 cos(x) sin(kx) dx = cos(x) cos(kx) + k k2 0 1 k2 Rπ 0 sin(x) cos(kx) dx, aufgelöst so daß ak = k +1 − π2 (−1) k2 −1 Rπ 0 k2 −(−1)k−1 = k2−1 k2 P∞ 1 cos(2kx) 2 k=1 4k −1 sin(x) cos(kx) dx = und damit f (x) = 4 π 1 2 − 0 k +1 , − (−1) k2−1 folgt. c z.H. Sei f (x) = a ex für 0 ≤ x < 2π auf ganz R periodisch fortgesetzt. Zeige a(e2π −1) π f (x) = 1 2 + P∞ k=1 1 k ( 1+k 2 cos(kx) − 1+k 2 sin(kx)) . o T x) eine 2πBem. Sei f eine T -periodische Funktion. Dann ist g(x) = f ( 2π P∞ a0 + b sin kx). Mit periodische Funktion und es gilt g(x) = 2 + k=1 (ak cos kx k T 1 Rπ der Substitution u = 2π x und wegen ω = 2π/T folgt ak = π −π g(x) cos kx dx = R T /2 1 2π R T /2 f (u) cos(kωu) du = T2 −T /2 f (u) cos(kωu) du sowie entsprechend bk = π T −T /2 1 π R T /2 Rπ g(x) sin kx dx = T2 −T /2 f (u) sin(kωu) du. Da für jede T -periodische Funktion f Integrale überReine Perioden-Länge unabhängig vom Anfangspunkt sind, R da also 0T f (x) dx = aa+T f (x) dx für jedes a ∈ R gilt, lassen sich die Koeffizienten in der Fourier-Reihe −π f (t) = 1 a 2 o + ∞ X (ak cos(kωt) + bk sin(kωt)) mit ω = 2π T k=1 durch ak = 2 T Z T /2 f (t) cos(kωt) dt −T /2 bzw. bk = 2 T Z T /2 f (t) sin(kωt) dt −T /2 ◦ bestimmen. Z.B. Ein ASCII-’b’, also 01100010, werde ständig (von links nach rechts) über 8 tragen. Dazu wird f (x) = χ[1,3] + χ[6,7] ( 2π x) für 0 ≤ x < 2π auf ganz R R periodisch fortgesetzt. Für die Fourier-Koeffizienten a0 = π1 02π f (x) dx gilt dann ao = 2 83 = 34 und für k > 0 R 1 ak = π1 02πf (x) cos(kx) dx = kπ sin( 43 kπ)−sin( 14 kπ)+sin( 47 kπ)−sin( 46 kπ) sowie bk = π1 R 2π 0 1 f (x) sin(kx) dx = kπ cos( 14 kπ)−cos( 43 kπ)+cos( 46 kπ)−cos( 74 kπ) . c Die Fourier-Reihe von f (t) = a χ[0,T /2] (t) sin(ωt) mit T = 2π (‘Einwegω cos(2kωt) a a 2 a P∞ gleichgerichteter Sinus’) ist f (t) = π + 2 sin(ωt) − π k=2 (2k−1)(2k+1) . o z.H. jkx −jkx jkx −jkx Bem. Wegen cos(kx) = e +e und sin(kx) = e −e (Euler-Gleichung) 2 2j P∞ a0 läßt sich jede Fourier-Reihe f (x) = 2 + k=1 (ak cos(kx) + bk sin(kx)) komplex Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 8 ak −jbk jkx k −jkx als f (x) = a20 + ∞ e + ak +jb e darstellen. Praktisch ist, a−k := ak k=1 2 2 1 und b−k := −bk mit bo := 0 sowie ck := 2 (ak − jbk ) zu setzen. Dann gilt P f (x) = c0 + ∞ X jkx ck e +c−k e −jkx = k=1 ∞ X jkx mit ck = ck e k=−∞ 1 2π Z π f (x) e−jkx dx −π und umgekehrt ak = 2<ck = ck + c−k und bk = −2=ck = j(ck − c−k ). ◦ x2 x + π2 π für |x| < π sei periodisch auf ganz R fortgesetzt. Bestimme die Fourier-Reihe in komplexer Darstellung. o z.H. Die Funktion f (x) = Satz (Identitätssatz für Fourier-Reihen) Die Darstellung als Fourier-Reihe ist P P jkx jkx für alle x ∈ R impliziert ck = dk = ∞ eindeutig, d.h. ∞ k=−∞ dk e k=−∞ ck e für alle k ∈ Z. • P∞ ejkx = 0 für alle x ∈ R impliziert ck = 0 für alle k ∈ Z. Sei dazu ko ∈ Z beliebig gewählt. Aus der Voraussetzung folgt 0 = R π P∞ R π j(k−k )x P∞ P jkx −jko x o e = c e dx = c e dx = ∞ ) ( k=−∞ k k=−∞ k −π k=−∞ ck 2πδk,ko √ −π 2π cko und damit cko = 0. Bew. Es reicht zu zeigen: k=−∞ ck Z.B. Sei g(x) = f (x − xo ) eine zur 2π-periodischen Funktion f ‘verschobene’ P jkx Funktion. Die Fourier-Reihe von g ergibt sich aus der Fourier-Reihe ∞ k=−∞ ck e P P∞ −jkxo jkx e = von f zu g(x) = f (x − xo ) = k=−∞ ck ejk(x−xo ) = ∞ k=−∞ ck e P∞ jkx −jkxo mit dk = e ck . c k=−∞ dk e Bem. Sei f eine T -periodische Funktion, also mit der Frequenz 1/T bzw. der T x) eine 2π-periodische FunkKreisfrequenz ω = 2π/T . Dann ist g(x) = f ( 2π P T jkx mit ck = tion. Die Fourier-Reihe von g ist g(x) = f ( 2π x) = ∞ k=−∞ ck e R R T /2 π 1 T 1 T −jkx −jkωt f ( 2π x)e dx = T −T /2 f (t) e dt per Substitution t = 2π x = ωx bzw. 2π −π x = ωt. Also ergibt sich die Fourier-Reihe von f aus derjenigen von g zu f (t) = ∞ X jkωt ck e mit ck = 1 T k=−∞ Z T /2 f (t) e−jkωt dt −T /2 ◦ Fourier-Reihenentwicklung kann zur Lösung von Differentialgleichungen eingesetzt werden. Sei für ein schwingendes System – etwa ein Federpendel – die Reibung berücksichtigt: eine Lösung x(t) der homogenen Differentialgleichung mẍ + rẋ + cx = 0 beschreibt das Verhalten xh (t) des nicht angeregten Systemes, d.h. für beliebige a, b ∈ R Z.B. xh (t) = a e−λ1 t + b e−λ2 t mit λ1,2 = √ r± r2 −4mc 2m für r2 −4mc > 0 starke Dämpfung xh (t) = e−r t/(2m) (a + b t) xh (t) = e−r t/(2m) (a cos(ωt) + b sin(ωt)) mit ω = für r2 −4mc = 0 aperiodischer Grenzfall √ 4mc−r2 2m für r2 −4mc < 0 schwache Dämpfung Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 9 Die Konstanten a und b werden aus den Anfangsbedingungen, etwa x(to ) = xo und ẋ(to ) = vo bestimmt. In jedem Fall gilt limt→∞ xh (t) = 0. Lösungen der inhomogenen Differentialgleichung mẍ + rẋ + cx = K(t) lassen sich wie im Fall linearer Gleichungssysteme darstellen als Summe einer beliebigen partikuläre Lösung xp (t) der inhomogenen mit einer Lösung xh der homogenen Differentialgleichung. Solche Lösungen beschreiben das Verhalten des durch K(t) angeregten Systemes. Sei nun K(t) eine T -periodische Funktion, also P P jkωt liefert ck ejkωt mit ω = 2π/T . Der Ansatz x(t) = ∞ K(t) = ∞ k=−∞ k=−∞ dk e P∞ 2 2 jkωt = 0 und damit wegen der Eindeuk=−∞ ((−m k ω + j r k ω + c)dk − ck ) e tigkeit der Fourier-Koeffizienten dk = c−m k2 ωck2 +j r k ω . Wegen limt→∞ xh (t) = 0 beschreibt xp (t) das eingeschwungene System. c Bem. Wie bei der Taylor-Entwicklung überführt auch hier die Fourier-ReihenEntwicklung eine Differentialgleichung in algebraische Gleichungen für die unbekannten Fourier-Koeffizienten dk . ◦ 1.2 Fourier-Integral Die Voraussetzung der Periodizität wird obsolet, wenn die Perioden-Länge T gegen Unendlich geht. Bei diesem Prozess T → ∞ gehen Fourier-Reihen in FourierIntegrale über. Def. Eine periodische Funktion fT (t) mit Perioden-Länge T hat die Grundkreisfrequenz ωo = 2π/T . Bei der Transformation in eine 2π-periodische Funktion fT (t) = f2π (x) mit x = ωo t ergeben sich aus kx = kωo t = ωk t die Oberschwingun. Die resultierenden Amplituden plus Phasenverschiebungen gen ωk = kωo = k 2π T q in f2π (x) = a0 P∞ + k=1 2 a2k +b2k sin(kx+arctan abkk ) bilden das (diskrete!) Linienspek- trum, bestehend aus Amplituden-Spektrum k 7→ k 7→ arctan abkk von f . q a2k + b2k und Phasen-Spektrum Für die folgende Skizze der Herleitung des Fourier’schen Integralsatzes sei zunächst a0 derart, daß fT (t) = f2π (x) = ∞ X (ak cos(kx) + bk sin(kx)) . k=0 Im Grenzübergang T → ∞ ergibt sich ωo = 2π → 0 und ∆ω = ωk+1 − ωk = T 2π (k+1)ωo −kωo = ωo ≈ dω. Nun folgt also mit x = T t für die Fourier-Koeffizienten von fT (t) = f2π (x) bei der Substitution dx = 2π dt T ak = 1 π = 2 T Z 2π 0 f2π (x) cos(kx) dx = Z T /2 −T /2 1 π Z π −π f2π (x) cos(kx) dx fT (t) cos(ωk t) dt = a(ωk ) BDH 7.3.4, 430 BHW Bd.III 8,283 BrSe 15.3, 603 Sti 10.6, 549 Stö A2 19.1, 345 Stö TB 19.2, 657 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 10 und analog bk = 1 π = 2 T Also gilt fT (t) = Z 2π P∞ 0 fT (t) = f2π (x) sin(kx) dx = Z T /2 k=0 1 π −T /2 Z π −π f2π (x) sin(kx) dx fT (t) sin(ωk t) dt = b(ωk ) . (a(ωk ) cos(ωk t) + b(ωk ) sin(ωk t)) und eingesetzt 1 π ∞ X Z T /2 k=0 ∞ X 1 +π k=0 −T /2 ! 2π T fT (τ ) cos(ωk τ ) dτ Z T /2 −T /2 cos(ωk t) ! fT (τ ) sin(ωk τ ) dτ 2π T sin(ωk t) . Die (Riemannsche) Summe ∞ (a(ω) cos(ωt) + b(ω) sin(ωt))∆ω geht dann für R k=0 ∞ T → ∞ über in das Integral 0 (a(ω) cos(ωt) + b(ω) sin(ωt)) dω. P Satz R(Fourier’scher Integralsatz) Jede (Zeit-) Funktion f (t) mit endlichem In∞ tegral −∞ |f (t)| dt läßt sich darstellen als Fourier-Integral f (t) = √1 π Z ∞ a(ω) cos(ω t) dω + 0 √1 π Z ∞ b(ω) sin(ω t) dω 0 mit den Spektral-Funktionen √1 π a(ω) = Z ∞ f (τ ) cos(ω τ ) dτ und b(ω) = −∞ √1 π Z ∞ f (τ ) sin(ω τ ) dτ −∞ (Der Faktor π1 wird in der Literatur auch anders auf die Integrale in ω bzw. in τ aufgeteilt – vgl. Übersicht auf S. 11.) • ∞ Bem. Die Bedingung −∞ |f (t)| dt < ∞ schließt die Darstellung von T -periodischen Funktionen f als Fourier-Integral aus: solche Funktionen werden eben durch ihre Fourier-Reihe dargestellt. ◦ R z.H. Für gerade Funktionen f (t) gilt b(ω) = 0; für ungerade Funktionen f (t) o gilt a(ω) = 0. Z.B. Sei f (t) = a χ[−t0 ,t0 ] (t) die Zeit-Funktion eines einzelnen Rechteck-ImpulR∞ √1 f (t) cos(ωt) dt π −∞ sin(ω t ) 2a 0 √ , insgesamt also π ω ses. Da f gerade ist, verschwindet b. Aus a(ω) = a(ω) = R t0 √2 π 0 a cos(ω t) dt = √2 a πω f (t) = π2 a sin(ω Z ∞ Wegen f (0) = a gilt insbesondere 0 π 2 t)|t00 = folgt sin(ω t0 ) cos(ω t) dω ω = R ∞ sin(ω t0 ) 0 ω c dω. Z.B. Für die (Einheits-) Dreiecksfunktion f (t) = (1 − |t|)χ[−1,1] (t) gilt a(ω) = √2 π R1 √2 o (1 − τ ) cos(ωτ ) dt = π wegen Symmetrie b(ω) = 0. 1 ) ) ) − cos(ωτ − τ sin(ωτ ( sin(ωτ ) o = ω ω2 ω √2 π ) und ( cos(ω)−1 ω2 c Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 11 Bem. Aus f (τ )( cos(ωτ ) cos(ωt) + sin(ωτ ) sin(ωt)) = f (τ ) cos(ω(t − τ )) folgt √1 π f (t) = Z ∞ f (τ ) −∞ √1 π Z ∞ cos(ω(t − τ )) dω dτ 0 ◦ wegen der Vertauschbarkeit der Integrale. Z.B. Das Spektrum der geraden Funktion f (t) = e−|t| ergibt sich durch zwei R∞ ∞ sin(ωt) cos(ωt) dt = e−t sin(ωt) + 0 e−t ω dt = 0 ω 0 ∞ R∞ R∞ cos(ωt) − 0 e−t ω2 dt = ω12 − ω12 0 e−t cos(ωt) dt zu eben b(ω) = 0 0 − e−t cos(ωt) ω2 0 R 2 und a(ω) = √2π 0∞ e−t cos(ωt) dt = √2π ωω2 +1 ω12 = √2π ω21+1 . Damit läßt sich f also R R als f (t) = e−|t| = √1π 0∞ a(ω) cos(ωt) dω = π2 0∞ cos(ωt) dω darstellen. c ω 2 +1 partielle Integrationen aus R ∞ −t e ∞ Bem. MitRf (t) = π1 −∞ f (τ ) ( R0∞ cos ω(t − τ )dω) dτ und 2 cos x = ejx +e−jx folgt R ∞ −jω(t−τ ) ∞ ∞ jω(t−τ ) zunächst 2 0 cos ω(t−τ )dω = 0 e dω+ 0 e dω und per SubstitutiR R ∞ jω(t−τ ) e dω, so daß sich der Fourier’sche Integralsatz on 0∞ cos ω(t − τ )dω = 12 −∞ in komplexer Darstellung in der Form R f (t) = √1 2π R Z ∞ F (ω) e jωt dω mit F (ω) = −∞ √1 2π Z ∞ f (τ ) e−jωτ dτ −∞ ergibt. F (ω) ist dabei die Spektral-Funktion in komplexer Darstellung. P∞ P∞ ◦ 1 R T /2 Sei fT (t) = k=−∞ ck ejkωo t = k=−∞ T −T /2 f (τ ) e−jkωo τ dτ ejkωo t . Mit ωo = 2π T und ωk = kωo sowie ∆ωk = ωk+1 − ωk = ωo ≈ dω gilt für T → ∞ dann fT (t) = P∞ 1 R T /2 1 R∞ −jωk τ jωt dτ ejωk t ∆ω → 2π dω mit der Fourierk=−∞ 2π −T /2 f (τ ) e −∞ F (ω) e R∞ −jωτ dτ . Für ein nicht-periodisches Signal f Transformierten F (ω) = −∞ f (τ ) e ergibt sich also die gleichwertige Darstellung f (t) = R∞ 1 Z∞ F (ω) ejωt dω mit F(f (t))(ω) = F (ω) = −∞ f (τ ) e−jωτ dτ 2π −∞ A(ω) = |F (ω)| heißt das Amplituden-Spektrum von f und ϕ(ω) = arc(F (ω)) q heißt das Phasen-Spektrum von f . b(ω) Also ist A(ω) = a2 (ω) + b2 (ω) und ϕ(ω) = arctan a(ω) . Die unterschiedlichen Schreibweisen seien exemplarisch vorgestellt: Original-Funktion 1 R∞ F (t) = 2π f (y) ejyt dy R−∞ ∞ 1 f (t) = √π o φc (ω) cos(ωt) dω R + √1π o∞ φs (ω) sin(ωt) dω R f (x) = ∞ fˆ(s) eixs ds Fourier-Transformierte R∞ f (y) = −∞ F (t) e−jyt dt R∞ 1 φc (ω) = √π −∞ f (τ ) cos(ωτ ) dτ R∞ φs (ω) = √1π −∞ f (τ ) sin(ωτ ) dτ R∞ 1 fˆ(s) = f (t) e−ist dt f (x) = f (x) = ∞ 1 g(u) = 2π f (t) e−iut dt R ∞ −∞ fˆ(t) = −∞ f (x) e−itx dx R−∞ ∞ iux du −∞ g(u) e 1 R∞ ixt 2π ˆ −∞ f (t) e dt 1 R∞ jωt dω f (t) = 2π −∞ F (ω) e f (t) = R∞ iωt dω ˆ −∞ f (ω)e 2π R−∞ F (ω) = R∞ fˆ(ω) = 1 2π −∞ f (t) e R∞ −jωt dt −iωt dt −∞ f (t)e nur Laplace ohne ‘Fourier-Herkunft’ Bartsch Brauch/Dreyer /Haacke Burg/Haf/Wille Bronstein Habetha Stingl –Stöcker Hoffmann/ Marx/Vogt Papula Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2 12 Differentialgleichungen Differentialgleichungen (DGl) sind das wichtigste Mittel zur Beschreibung der physischen Wirklichkeit, d.h. von Vorgängen in Physik, Biologie (Populationsdynamik), Chemie (Reaktionskinetik) usw. Z.B. Geschwindigkeit v(t) = ṡ(t), Beschleunigung a(t) = v̇(t) = s̈(t), wobei C (t) durch Kondenetwa a(t) = const, Bewegungsgleichungen, Strom ı(t) = C d udt d ıL (t) sator der Kapazität C, Spannung uL (t) = L dt an Spule der Induktvität L, elektrischer Schwingkreis usw. c Def. (Funktional-) Gleichungen der Form h x, y, y 0 , y 00 , . . . , y (n) = 0 heißen gewöhnliche Differentialgleichungen2 der Ordnung n, falls y (n) die höchste vorkommende Ableitung ist. Lösungen einer Differentialgleichung sind Funktionen y = f (x), die die Funktional-Gleichung identisch erfüllen. 2 Z.B. Für den freien Fall gilt a(t) = −g und v(t) = g t+c1 sowie s(t) = −g t2 +c1 t+ c2 . Die Integrationskonstanten sind durch die Anfangsbedingungen bestimmt, beispielsweise v(0) = 0 und s(0) = h0 . c Z.B. y(x) = c löst y 0 = 0, y(x) = 21 x2 + c löst y 0 = x, y(x) = 31 x3 + c löst y 0 = x2 und y(x) = 13 x3 + 12 x2 + c löst y 0 = x + x2 . y(x) = c1 x + c2 löst y 00 = 0, allgemein: jedes Polynom pn (x) vom Grad n − 1 löst y (n) = 0. c Z.B. y(x) = c ex = ex+xo löst y 0 = y etwa durch Potenzreihen-Ansatz. c Z.B. Ist die Lösung bekanntermaßen periodisch, so liefert für mẍ+rẋ+cx = K(t) jkωt mit K(t) = sin ωt = ∞ und ck = 0 für k 6= ±1 und c1 = 12 = c−1 k=−∞ ck e P P∞ 2 2 der Fourier-Reihen-Ansatz x(t) = k=−∞ dk ejkωx und damit ∞ k=−∞ ((−mk ω + rjkω + c)dk − ck )ejkωx = 0 und daher dk = c−mk2cωk2 +jrkω , dk = 0 für k 6= ±1 und d1 = 12 c−mω12 +jrω d−1 = 12 c−mω12 −jrω eine partikuläre Lösung x(t) = d−1 e−jωt + d1 ejωt . c P Sammle und typisiere bekannte Differentialgleichungen aus Physik und Elektrotechnik. z.H. Newton: F = ma, d.h. s̈ = v̇ = F/m, z.B. Schwingungen des (Dreh-) Pendels, barometrische Höhenformel: Druck p(h) = kσ(h) ist proportional zum spezifischen Gewicht σ(h) in der Höhe h und dieses ist proportional der negativen Druckänderung σ(h) = −p0 (h), also p0 (h) = −k p(h), radioaktiver Zerfall 2 dm (t) dt = ṁ(t) = −γm(t), Halbwertszeit? (Funktional-) Gleichungen, in denen partielle Ableitungen vorkommen, heißen partielle Differentialgleichungen. Diese sind nicht Gegenstand dieses Skripts. s.a. heath.pdf BDH 12, 565 BHW Bd.III 1,1 BrSe 9, 376 Pap Bd.2 V 433 Sti 10, 503 Stö A2 IV, 234 Stö TB 18, 606 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 13 Strom ı(t) = d q(t) und induzierte Spannung u(t) = L ddtı , Laden/Entladen eidt nes Kondensators, (Selbst-) Induktion, elektrischer Schwingkreis aus Kondensator C, Widerstand R und Induktivität L in Reihe: (uC + uR + uL )(t) = u(t). Aus 2 ı(t) uC C (t) , uL (t) = L d dt = L dtd (C d udt uR (t) = Rı(t) = R C d dt ) = L C d dtuC2(t) und damit o LC u00C (t) + RC u0C (t) + uC (t) = u(t) läßt sich uC (t) gewinnen. Bem. Die allgemeine Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung ist eine Funktionen-Schar mit n Integrationsvariablen, also mit n unabhängigen Parametern, die durch Anfangswert- oder Randwert-Bedingungen bestimmt sein können. Umgekehrt kann zu einer n-parametrigen Kurvenschar durch Bilden der Ableitungen y 0 , y 00 , . . . , y (n) und Eliminieren der Parameter die zugehörige Differentialgleichung abgeleitet werden. ◦ z.H. Worin bestehen die Parallelen zum Integrieren? o Z.B. y(t) = A sin(ωt + ϕ) bildet eine dreidimensionale Kurven-Schar: die der sogenannten harmonischen Schwingungen mit y 0 = A ω cos(ωt + ϕ) und y 00 = 000 0 2 y0 −A ω 2 sin(ωt + ϕ) = −ω 2 y sowie y 000 = −ω 2 y 0 , so daß yy00 = −ω = yy und −ω 2 y damit die zugehörige Differentialgleichung y y 000 − y 0 y 00 = 0 folgt. c z.H. Verifiziere, daß y(x) = c1 sinh(x) + c2 cosh(x) eine zweiparametrige Lö- sungsmenge von y 00 − y = 0 ist. o Def. Feldlinien sind Kurven, deren Tangentenrichtung in jedem Punkt (x, y) mit einem vorgegebenen Vektor- oder Richtungsfeldfeld V = (g(x, y), h(x, y)) : R2 → R2 übereinstimmt. Eine Feldlinie y = y(x) durch (xo , yo ) löst also gerade die Differentialgleichung y 0 = h(x, y)/g(x, y). Die Feldlinien zu V(x, y) = (y, x) erfüllen y 0 = x/y. Integration liefert 1 2 y = 12 x2 + c. Die Feldlinie durch (xo , yo ) ist also die Hyperbel y 2 − x2 = yo2 − x2o 2 mit 2c = yo2 − x2o . c Z.B. Bem. Eine Differentialgleichung der Form y 0 = h(x, y) läßt sich als Tangentialfeld veranschaulichen: im Punkt (x, y) haben die Feldlinien gerade die Steigung y 0 = h(x, y). ◦ Z.B. y 0 = x/2 mit von y unabhängigem Richtungsfeld und Lösungsgesamtheit y = x2 + c. y 0 = y/x mit radialem Richtungsfeld und Lösungsgesamtheit y = cx. y 0 = −x/y mit dazu punktweise senkrechtem Richtungsfeld und Lösungsgesamtheit x2 + y 2 = c = r2 . y 0 = y mit von x unabhängigem Richtungsfeld und der Lösungsgesamtheit y(x) = c ex . c 2.1 Lösen durch Trennen der Veränderlichen Falls sich die Differentialgleichung als y 0 = g(x) h(y) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 14 schreiben läßt, falls sich also die Veränderlichen trennen lassen, so ergibt sich die y0 1 Lösung aus h(y) = g(x) bzw. aus h(y) dy = g(x)dx zu H(y) + cy = Z Z dy = g(x) dx = G(x) + cx h(y) mit Stammfunktionen G und H. Soweit möglich liefert dann Auflösen von H(y)+ cy = G(x) + cx oder H(y) = G(x) + c nach y die Lösung y(x). Z.B. Integration der DGl y 0 = xn liefert y = n+1 dy = xn dx = xn+1 + c. R R Integration der DGl y 0 = y liefert ln y = dy = dx = x + c und damit die y Lösungsgesamtheit y = y(x) = ex+c = c0 ex . R R √ √ Integration der DGl y 0 = 2 y liefert 2 y = √dyy = 2 dx = 2x + c und damit die Lösungsgesamtheit y = (x + c0 )2 . c R R z.H. y 0 = x y, y 0 = y/x, y 0 = sin x, y 0 = 1 − sin2 x, y 0 = y sin x, y 0 = y 2 o Z.B. Den freien Fall unter Berücksichtigung der (Newton-) Reibung (Luftwider- stand) beschreibt ms̈ = mv̇ = mg − mkv 2 für eine von der Objekt-Geometrie und vom Medium abhängigen Konstante k. Eine Anfangsbedingung sei v(0) = 0. R dv R Trennen der Veränderlichen in v̇ = g − kv 2 liefert g−kv = dt und damit 2 q q √ √1 artanh( k/g v) = t + Co , Auflösen liefert v(t) = g/k tanh( gk t + C1 ) gk q √ und Berücksichtigung der Anfangsbedingung eben v(t) = g/k tanh( gk t). Weq gen limx→∞ tanh(x) = 1 ist v∞ = g/k die sich nach unendlich langer Zeit einstellende und zugleich die maximale Sinkgeschwindigkeit. Aus ṡ √= v ergibt R R sich die zurückgelegte Fallstrecke als s(t) = v(t) dt = v∞ tanh( gk t) dt = √ 1 ln cosh( gk t) + C mit C = s(0). c k z.H. Visualisiere v(t) und s(t). Bestimme t1/2 mit v(t1/2 ) = v∞ /2. o Z.B. Die Wechselspannung u(t) = Uo cos(ωt) liege an der Induktivität L an. ı(t) Dann gilt u(t) = L d dt = Uo cos(ωt). Trennung der Variablen liefert L ı(t) = R R Uo (sin(ωt) + c0 ) L dı = Uo cos(ωt) dt = Uo (sin(ωt)/ω + c) oder mit ı(t) = ωL zunächst c0 = 0 und per Koeffizientenvergleich mit ı(t) = Io cos(ωt + ϕ) eben Uo ı(t) = Io cos(ωt − π/2) = ωL cos(ωt − π/2). c z.H. Die Wechselspannung u(t) = Uo cos(ωt) liege an der Kapazität C an. Dann gilt u(t) = q(t) C und mit ı(t) = d q(t) dt eben .... o Bem. Lösungen, die nicht in der allgemeinen Lösung, also in der n-parametrigen Lösungsmenge einer Differentialgleichung der Ordnung n enthalten sind, heißen singuläre Lösungen. Eine singuläre Lösung ist in jedem Punkt tangential zu einer der allgemeinen Lösungen. ◦ √ Z.B. y ≡ 0 ist singuläre Lösung von y 0 = 2 y, tangential zu den Parabeln y = (x + c)2 der allgemeinen Lösung. c z.H. Löse y 0 − xn y m = 0 durch Trennen der Veränderlichen. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 15 Ein Kondensator der Kapazität C mit der Spannung U und daher der Ladung Qo = C U werde über den Widerstand R entladen. Dabei fließt der Strom ı(t) = d q(t) . Also ist u(t) = R ı(t) = − q(t) oder ddtq = − q(t) . Trennung dt C RC R dq R −1 −t der Veränderlichen liefert q = RC dt und damit ln q = RC + const, so daß Z.B. −t sich q(t) = const e RC ergibt. Aufgrund der Anfangsbedingung q(0) = Qo folgt −t q(t) = Qo e RC = Qo e−t/τ mit der Zeitkonstanten τ = RC. c z.H. Der Entladungsvorgang beginne z.Zt. to . Bestimme in diesem Beispiel q(t) sowie auch ı(t) und u(t). o z.H. Löse x y 0 − y x+1 = 0 mit der Anfangsbedingung y(1) = 12 . o Z.B. Ein induktiver Verbraucher bestehe aus Widerstand R und Induktivität L. Über einen Spannungsteiler mit den Widerständen R1 und R2 werde die GleichSpannung Uo angelegt und z.Zt. t = 0 eingeschaltet. R2 R Uo R1 L A A A Sei u2 der Spannungsabfall an R2 und u1 derjenige an der Parallelschaltung von R1 mit der Serie von R und L. Wenn ı1 der Strom durch R1 , ıL derjenige durch L und R sowie ı = ı1 + ıL den Strom durch das gesamte Netzwerk bezeichne, gilt Uo = u1 + u2 = ı1 R1 + ıR2 und u1 = ı1 R1 = ıL R + L dıdtL . Auflösen nach R2 ıL liefert Uo = ıL R + L dıdtL + ı1 R2 + ıL R2 = ıL (R + RR21R + R2 ) + L dıdtL (1 + R ) 1 dıL R1 und damit Uo R1 = (R(R1 + R2 ) + R1 R2 )ıL + L(R1 + R2 ) dt bzw. Uo R1 +R2 = R2 (R + RR11+R )ıL + L dıdtL oder Uo R1 d ıL R1 R2 = L1 dt. 2 R1 +R2 −(R+ R 1 +R2 )ıL Integration durch Trennung der Variablen ergibt mit ıL∞ = ıL (t) = Uo R 1 R1 +R2 R1 R2 ) 1 t+const 1 +R2 L Uo R1 R(R1 +R2 )+R1 R2 −(R+ R −e R+ R1 R2 R1 +R2 = ıL∞ (1−e−t/τ ) mit τ = L R2 R+ RR11+R 2 . Der Ausgleichsvorgang ist also durch ı = ı(t) = ıo + (ı∞ − ıo )(1 − e−t/τ ) mit der L Uo Uo Zeitkonstanten τ = sowie ı∞ = R1 R2 und ıo = R +R R1 R beschrieben. c 1 2 R+ R 0 R2 + R 1 +R2 0 1 +R yy 0 + x = 0 1 2 0 x , x y + (y − a) = 0 mit mit Lsg. y = c − x2 , x2 y 0 + y = 0 mit Lsg. y = ce q √ 1 Lsg. y = a + ce x , 2xyy 0 = (1 + x2 ) mit Lsg. y = x − x1 + c, 2y 0 x = y mit √ Lsg. y = ce x , y 0 = (2y + 1) cot x mit Lsg. y = c sin2 x − 21 , x2 y 0 + y 2 = 0 mit x Lsg. y = cx−1 , y 0 (x2 − 4) = 2xy mit Lsg. y = c(x2 − 4), y 0 + y tan x = 0 mit Lsg. y = c cos x – jeweils mit Probe. o z.H. xy − y = 0 mit Lsg. y = c x, xy + y = 0 mit Lsg. y = √ c , x Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2.2 16 Lösen durch Substitution Substitution von Variablen kann helfen, Differentialgleichungen zu lösen. Differentialgleichungen der Form y 0 = h( xy ) lassen sich durch die Substitution z = xy und damit y 0 = (z x)0 = z + x z 0 in die Differentialgleichung z + x z 0 = h(z) oder z 0 = x1 (h(z) − z) überführen, die durch Trennen der Veränderlichen zu lösen ist. c Z.B. Z.B. Gegeben sei x2 − y 2 + 2 x y y 0 = 0. Umformen liefert y 0 = y 2 −x2 2xy z 2 −1 2z (y/x)2 −1 = 2(y/x) z 2 −1 0 xz = 2z = mit z = y/x und also y 0 = z + xz 0 . Damit ergibt sich z + 2 und dieR durch Trennen der Veränderlichen lösbare DGl z 0 = − z 2z+1 x1 . Integration R liefert z22z+1 dz = − dx und per Substitution ln |z 2 + 1| = − ln |x| + C bzw. x z 2 + 1 = C/x für eine geeignete Integrationskonstante C. Resubstitution liefert endlich die ein-parametrige Lösungsschar y 2 + x2 − Cx = 0. (Probe!) c √ z.H. Verifiziere, daß y = ± cx − x2 für jedes c ∈ R Lösungen der obigen DGl x2 − y 2 + 2 x y y 0 = 0 sind. Klassifiziere die Lösungen geometrisch. o Bem. Allgemein lassen sich Differentialgleichungen der Form y 0 = f (y)/g(x) für homogenen Funktionen f und g mit demselben Homogenitätsgrad, d.h. f (c y) = cr f (y) und g(c x) = cr g(x), also y 0 = f ( xy ) für eine geeignete Funktion f , durch die Substitution z = xy lösen. ◦ 2 y x 2 in x2 y 0 = x2 + xy + y 2 liefert y 0 = z + xz 0 = x +xy+y = x2 2 1+z 2 0 1 + z + z , also z = x . Durch Trennung der Veränderlichen ergibt sich z(x) = tan ( ln(cz |x|)) und wegen y = x z eben y(x) = x tan ( ln(cz |x|)). (Probe!) c Z.B. Substitution z = z.H. Löse jeweils durch Substitution z = xy : √ √ x2 + y 2 − 2xyy 0 = 0 mit Lsg. y = x2 − cx, y 0 = xy − xy mit Lsg. y = x c − 2 ln x, xy 0 cos xy = y cos xy −√ x mit Lsg. y = x arcsin(c − ln x), x2 y 0 = y 2 + xy mit Lsg. x y = c−ln , xy 0 = y + x2 + y 2 mit Lsg. y = x sinh(ln x + c), xy 0 = y(1 + ln xy ) mit x Lsg. y = xecx (Proben!) o Bem. Differentialgleichungen der Form y 0 = f (ax + by + c) lassen sich durch die Substitution z = ax + by + c lösen. ◦ 0 2 0 2 Z.B. Substitution q z = 2x + 3y in y = (2x + 3y) liefert z = 2 + 3z mit der √ Lösung z(x) = 23 tan( 6(x + cz )) und wegen y = 31 (z − 2x) eben die Lösung √ √ y(x) = 96 tan( 6x + c) − 32 x. (Probe!) c Bem. Differentialgleichungen, die x, y 0 und y 00 , aber y nicht explizit enthalten, lassen sich durch die Substitution z = y 0 und y 00 = z 0 lösen. ◦ liefert w0 = z 00 = y 000 = x63 und damit jeweils durch Trennung der Veränderlichen w(x) = x32 + cw und z = 3 + cw x + cz und endlich y(x) = 3 ln x + c2 x2 + c1 x + co . (Probe!) c x Z.B. Die Substitution z = y 0 und w = z 0 in y 000 = 6 x3 z.H. Vermittels Substitution z = y 0 löse y 00 = 4 cos(2x), y 00 = 1, y 00 x ln x = y 0 , jeweils mit Probe. 1 , 1+x2 x3 y 00 + x2 y 0 = o BHW Bd.III 1.2,33 Pap Bd.2 V 2.3,450 Sti 10.2, 513 Stö A2 13.2, 252 Stö TB 18.3, 609 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 17 Bem. Differentialgleichungen, die y, y 0 und y 00 , aber x nicht explizit enthalten, dz dz dy dz lassen sich durch die Substitution z = y 0 und y 00 = dx = dy = dy z lösen. ◦ dx Z.B. Die Substitution y 0 = z und y 00 = dz in yy 00 + (y 0 )2 = 0 liefert y dy z + z2 = 0 bzw. ln z = z = − dy = − ln y + c1 und damit z(y) = cy1 . Wegen y 0 = z = cy1 √ folgt y(x) = c1 x + co . (Probe!) c R dz dz z dy R z.H. Vermittels der Substitution y 0 = z und y 00 = dz z dy jeweils mit Probe. löse y 00 tan y = 2(y 0 )2 , o Z.B. Parallel zur x-Achse von rechts einfallende Lichtstrahlen sollen so gespiegelt werden, daß sie im Ursprung fokussiert werden. Wie sieht der Spiegel aus? Der Graph der unbekannten Funktion y = y(x) stellt die Spiegel-Oberfläche dar. y = y(x) B α α yo C α p x2o + yo2 xo x A Sei B = (xo , y(xo )) der Punkt, in dem der Lichtstrahl auf den Spiegel trifft, C der Schnittpunkt der Tangenten an die Spiegel-Oberfläche in B mit der xAchse und sei A = (xo , 0) der Fußpunkt des Lotes von Bqauf die x-Achse. Das Dreieck ∆(O, B, C) ist gleichschenklig mit Schenkel-Länge x2o + yo2 . Das Dreieck ∆(A, B, C) ist auch ein Steigungsdreieck der Tangenten an den Graphen von y = y(x) in B. Also gilt die Differentialgleichung y 0 = √y 2 2 . x+ x +y √ 0 Differentation der Substitution z = x2 + y 2 liefert z 0 = x+yy und aufgelöst y 0 = z 0 0 y zz −x . In die Differentialgleichung eingesetzt ergibt sich zz y−x = x+z , was z 0 = 1 y und damit z = x + C impliziert. Resubstitution liefert dann (x +√C)2 = x2 + y 2 und damit die ein-parametrige Lösungsgesamtheit y = y(x) = ± 2Cx + C 2 für C > 0. Der Spiegel ist also ein Rotationsparaboloid. c Welche Tricks bei der Lösung von Differentialgleichungen weiterhelfen, zeigt folgendes Beispiel. Z.B. Aufgrund des Newton3 schen Gravitationsgesetzes besteht zwischen zwei Körpern mit den Massen m und M im Abstand r die Anziehungskraft F = γ mr2M mit der Gravitationskonstanten γ. Also gilt mr̈ + γ 3 Isaac Newton (1643-1727) mM M = 0 bzw. r̈ = −γ 2 2 r r www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Newton.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 18 Wenn etwa die Fluchtgeschwindigkeit bestimmt werden soll, also die minimale Geschwindigkeit, die zum Verlassen des Anziehungsbereiches der Erde notwendig ist, so lauten die Anfangsbedingungen r(0) = R mit dem Erd-Radius R und ṙ(0) = vo . Zur Lösung des Anfangswertproblemes liefert die Multiplikation mit ṙ die Differentialgleichung ṙr̈ = −γ M r−2 ṙ oder eben dtd (ṙ)2 = −2γ M r−2 ddtr , also d(ṙ)2 = −2γM r−2 dr. Integration liefert (ṙ)2 = 2γ M r−1 + c. Aus den Anfangsbedingungen ṙ(0) = vo und r(0) = R ergibt sich vo2 = γ M R−1 + c sowie c = vo2 − γ M R−1 und damit (ṙ)2 = 2γ M (r−1 − R−1 ) + vo2 , aufgelöst also ṙ = q 2γ M (r−1 − R−1 ) + vo2 Für r →√ ∞ und zugleich limr→∞ ṙ = 0 ergibt sich die Fluchtgeschwindigkeit vF zu vF = 2γ M R−1 ≈ 11.2km/s. Die Lösbarkeit der Differentialgleichung hängt nun davon ab, ob vo größer, gleich oder kleiner als vF ist. √ Falls vo = vF = 2γM R−1 gilt, ist die resultierende Differentialgleichung (ṙ)2 = √ Variablen geschlossen 2γ M r−1 oder ṙ =R √ 2γ M r−1 durch Trennung der √ R√ 3 lösbar: r dr = 2γ M dt liefert zunächst 23 r 2 = 2γ M t + c oder eben 2 √ r(t) = ( 23 2γ M t+c) 3 und mit r(0) = R schließlich geschlossen die Lösung q √ √ 2 √ 3 2 r(t) = ( 32 2γ M t + R 2 ) 3 = 3 32 2γM t + R3 . √ Falls vo < vF = 2γ M R−1 gilt, ergibt sich die endliche Steighöhe rs aus vo2 vo2 R ṙ = 0 = 2γ M (rs−1 − R−1 ) + vo2 zu rs−1 = R−1 − 2γM oder rs = R/(1 − 2γ . M) dt dr = r 1 dr (t(r)) dt √ = 2 √ q 2γ M r v2 dr dt q 2γM (r−1 −R−1 +vo2 folgt √ . Mit Konstanten k = 2γ M und t(r) ist leichter als r(t) zu bestimmen. Aus = 1−(R−1 − 2γ oM )r √ xdx R−1 − 2γvoM liefert Integration t(r) = k1 Rr √1−c 2 x und Substitution √ √ R 2 du c r u = c x bzw. du = 2c √1x dx eben t(r) = kc23 c√R √u1−u 2 . Partielle Inte√ √ 1 gration liefert endlich t(r) = kc3 ( − c2 r − c4 r2 − arccos(c r + a)) mit √ √ a = c2 R − c4 R2 + arccos(c R). Die Bestimmung der Umkehr-Funktion ist nur numerisch – etwa mit dem Verfahren von Newton – möglich. √ Falls vo > vF = 2γ M R−1 gilt, so ergibt sich für r → ∞ die Geschwindigkeit 2 −1 v∞ aus limq − R−1 ) + vo2 ) = −2γ M R−1 + vo2 r→∞ (ṙ) = limr→∞ (2γ M (r zu v∞ = vo2 − 2γ M R−1 . Analog zum obigen Fall ergibt sich mit den r √ R √x dx 2 Konstanten k = 2γ M und c = 2γvoM − R−1 hier t(r) = k1 Rr 1+c 2 x und √ √ R 2 du mit derselben Substitution u = c x eben t(r) = kc23 cc√Rr √u1+u 2 . Partielle Integration liefert schließlich die (Umkehrfunktion der) Lösung √ t(r) = √ √ √ 1 2 4 2 2 4 2 c r+c r − arcsin(c r+a)) mit a = − c R+c R + arcsin(c R). kc3 ( c = R Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 19 c o z.H. Bestimme t(rs ) und diskutiere t(r) für R < r < rs . z.H. Bestimme Entfernung und Zeitpunkt für das Erreichen von 12 v∞ . Diskutiere o t(r) für R < r < rs . 2.3 Lineare Differentialgleichungen BDH 12.1.4, 573 BHW Bd.III 2,120 BrSe 9.1.2.3, 389 Pap Bd.2 V 2.4,453 Sti 10.3, 520 Stö A2 13.1, 244 Stö TB 18.4, 610 Def. Differentialgleichungen der Form n X fi (x) y (i) (x) = g(x) i=0 heißen lineare Differentialgleichungen. Lineare Differentialgleichungen heißen homogen, falls g ≡ 0, sonst inhomogen. Bem. Wie bei den linearen Gleichungssystemen läßt sich jede Lösung einer linearen Differentialgleichung als Summe einer Lösung der inhomogenen und einer solchen des homogenen Systemes darstellen: Die Differenz zweier ‘inhomogener’ Lösungen ist selbst nämlich eine ‘homogene’ Lösung. Eine ‘inhomogene’ Lösung heißt partikuläre oder spezielle Lösung. ◦ o z.H. Allgemeiner Nachweis und Verifikation an Beispielen. Bem. Im Fall linearer Differentialgleichungen erster Ordnung f1 (x) y 0 (x) + f0 (x) y(x) = g(x) 0 + f0 (x) yhom = 0 immer läßt sich das zugehörige homogene System f1 (x) yhom durch Trennung der Veränderlichen lösen: Integration von ln yhom = R dy yhom =− R f0 (x) f1 (x) y0 hom yhom (x) = − ff10 (x) liefert dx + const und damit − yhom = c e R f0 f1 dx . Eine spezielle Lösung, also eine Lösung des inhomogenen Systemes kann mit der Methode der Variation der Konstanten4 bestimmt werden: die ‘inhomogene’ Lösung y wird als Vielfaches y(x) = c yhom (x) der ‘homogenen’ Lösung yhom angesetzt, wo die Konstante c = c(x) eine Funktion der unabhängigen Variablen 0 x ist. Mit y 0 = c0 (x) yhom (x) + c(x) yhom (x) folgt 0 f1 (x)y 0 +f0 (x)y = f1 (x) c0 (x) yhom (x)+f1 (x) c(x) yhom (x)+f0 (x) c(x) yhom (x) 0 0 = f1 (x) c (x) yhom (x)+c(x)(f1 (x) yhom (x)+f0 (x) yhom (x)) = g(x) 4 entdeckt von Euler und Lagrange vgl. www.aas.org/publications/baas/v35n4/dda2003/2.htm Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 20 Der Faktor von c(x) verschwindet, da yhom das homogene System löst. Integration von f1 (x) c0 (x) yhom (x) = g(x) durch Trennung der Variablen liefert c(x) = die spezielle Lösung y(x) = Z R g(x) f1 (x) yhom (x) dx + const und daher ! g(x) dx + co yhom (x) . f1 (x) yhom (x) ◦ Die sich ergebende Lösungsgesamtheit ist ein-parametrig. y x y 0 = + 5x hat die ‘homogene’ Lösung yhom (x) = c x der homogenen y 0 = hom Gleichung yhom . Der Ansatz y(x) = c(x) x liefert die Differentialgleichung x 0 c (x) x = 5x für c(x) mit der Lösung c(x) = 5x + co und daher die Lösungsgesamtheit y(x) = c(x) yhom = (5x + co )x = 5x2 + co x. c Z.B. Z.B. y 0 = y − x mit yhom = c ex und y = co ex + x + 1, y 0 = y + x2 mit yhom = c ex und y = co ex − x2 − 2x − 2. Z.B. y 0 −4 y = −ex hat die ‘homogene’ Lösung ln |y| = c R dy R = 4 dx = 4x+const oder yhom (x) = c e . Variation der Konstanten y = c(x) e und Einsetzen von y 0 = c0 e4x + c 4 e4x in die inhomogene Differentialgleichung y 0 − 4 y = c0 e4x + c 4 e4x − 4 c e4x = −ex oder c0 = −e−3x und damit c(x) = 31 e−3x liefert die partikuläre Lösung yp (x) = c(x) e4x = 31 e−3x e4x = 13 ex . Die allgemeine Lösung c ist also y(x) = yp (x) + yhom (x) = c e4x + 13 ex . 4x y 4x Z.B. An eine Wechselspannungsquelle u(t) = Uo sin(ωt) sind ein Widerstand R und eine Spule mit Induktivität L in Serie angeschlossen: für die Stromstärke ı = UL0 sin ωt. Variation der Konstanı(t) gilt dann u = ıR + L ddtı oder ddtı + R L R R ten in der ‘homogenen’ Lösung ı(t) = c(t) e− L t ergibt c0 (t) = ULo e L t sin(ωt) und R Uo t L (R sin(ωt) − ωL cos(ωt)) + c . Es gibt nun ein ϕ derdamit c(t) = R2 +ω o 2 L2 e R √ ωL art, daß arccos √R2 +ω = ϕ = arcsin gilt. Dann folgt mit c(t) = 2 L2 R2 +ω 2 L2 √ R Uo eLt R2 +ω 2 L2 sin(ωt − ϕ) + co endlich R ı(t) = co e− L t + √ Uo sin(ωt − ϕ) . R2 + ω 2 L2 Nach genügend langer (Einschwing-) Zeit stellt also der Strom eine harmonische Schwingung mit Erreger-Frequenz dar. c An Widerstand R und Induktivität L liege die Gleichspannung Uo an. Bestimme ı(t) durch Variation der Konstanten. o z.H. z.H. Löse die Differentialgleichung L ddtıL = R1 Io − R0 ıL (Ausgleichsvorgang am Spannungsteiler) auch durch Variation der Konstanten. o z.H. Löse durch Variation der Konstanten: y 0 − 3 xy = x, y 0 + 2 xy = x2 y 0 = 2xy − 3. 1 −x2 e , x y 0 cos x − y sin x = sin(2x), xy 0 + y = ln x + 1, o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 21 Bem. Die Methode der Variation der Konstanten ist so leistungsfähig, daß sie auch einige nicht lineare Differentialgleichungen löst. ◦ Z.B. Die zu x2 y 2 y 0 +xy 3 = 1 gehörende homogene Differentialgleichung xy 0 +y = 0 löst yhom (x) = xc . Variation der Konstanten c = c(x) liefert die Differentialglei2 0 3 chung x2 xc 2 ( cxq− xc2 ) + x xc 3 = 1 bzw. c2 c0 = x für c(x) mit c3 (x)q= 23 x + co q 3 + xco3 = bzw. c(x) = 3 32 x + co und damit die Lösung y = x1 3 32 x2 + co = 3 2x q 3 3 −1 x 2 + co x−3 . c z.H. Löse durch Variation der Konstanten die nicht-lineare Differentialgleichung √ 1 x3 yy 0 + x2 y 2 = 1 mit Lsg. y = 2.4 x o 2 ln x2 + c. Lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten BDH 12.1.5, 577 BHW Bd.III 3,145 BrSe 9.1.2.4, 391 Pap Bd.2 V 3,475 Sti 10.4, 527 Stö A2 14.3, 276 Stö TB 18.4, 612 Zur Lösung einer linearen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten n X i=0 ai y (i) (x) = n X fi (x)y (i) (x) = g(x) mit fi (x) ≡ ai i=0 ist wieder eine spezielle Lösung der ‘inhomogenen’ und die n-dimensionale Lösungsgesamtheit der ‘homogenen’ Gleichung gesucht. 2.4.1 Homogene, lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Zur Bestimmung der Lösungsgesamtheit der ‘homogenen’ Gleichung ist der Ansatz y(x) = c eλ x naheliegend. Notwendigerweise gilt dann für c 6= 0 die charakteristische Gleichung p(λ) = n X ai λi = 0 . i=0 Die n Nullstellen λi von p(λ), des sogenannten charakteristischen Polynomes nten Grades in λ mit den Koeffizienten ai liefern also die Lösungen y(x) = ci eλi x für beliebige Konstanten ci . Wenn alle Nullstellen λi reell und einfach sind, ist die Lösungsgesamtheit durch P die Funktionen der Form y(x) = ni=0 ci eλi x gegeben. Z.B. y 00 − 4y 0 + 3y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ2 − 4λ + 3 = 0 mit den Nullstellen 3 und 1. Die Lösungsgesamtheit ist also y = c1 e3x + c2 ex . y 00 + 21 y 0 − 32 y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ2 − 12 λ− 23 = 0 mit den beiden Nullstellen λ1,2 = − 14 ± 54 , d.h. λ1 = 1 und λ2 = − 32 . Die Lösungsgesamtheit ist also y = c1 ex + c2 e−3x/2 . c z.H. Löse y 00 − 4y = 0, y 00 + 4y 0 = 0, y 00 + 3y 0 − 4y = 0, 4y 00 + y 0 = 0, jeweils mit Probe. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 22 Z.B. Die DGl y 000 − y 00 − 4y 0 + 4y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ3 − λ2 − 4λ + 4 = 0 mit den Nullstellen 1, 2 und −2. Die Lösungsgesamtheit ist also y = c1 ex + c2 e2x + c3 e−2x . Probe! c Bei mehrfachen, reellen Nullstellen wäre bei diesem Ansatz die Lösungsgesamtheit nicht vollständig, da sich ihre Dimension um r − 1 für jede r-fache Nullstelle reduziert. Variation der Konstanten offenbart die fehlenden Lösungen: Das charakteristische Polynom der Differentialgleichung a2 y 00 + a1 y 0 + a0 = 0 habe in λo eine doppelte Nullstelle. Anstelle von y = (c1 + co )eλo x liefert der Ansatz y = c(x) eλo x mit den beiden Ableitungen y 0 = c0 eλo x + λo c eλo x sowie y 00 = c00 eλo x + 2 λo c0 eλo x + λ2o c eλo x in die Differentialgleichung eingesetzt die Bestimmungsgleichung a2 c00 + (2 λo a2 + a1 )c0 + (a2 λ2o + a1 λo + a0 )c = 0. Die Koeffizienten von c bzw. c0 verschwinden als Nullstelle des charakteristischen Polynoms bzw. als Ableitung des charakteristischen Polynoms in seiner doppelten Nullstelle λo . Also folgt c00 = 0 und damit c(x) = c1 x + co . Zu einer doppelten Nullstelle λo ergeben sich somit die beiden linear unabhängigen Lösungen y(x) = c1 x eλo x und y(x) = co eλo x . Z.B. y 00 − 4y 0 + 4y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ2 − 4λ + 4 = 0 mit der doppelten Nullstelle λo = 2. Die Lösungsgesamtheit ist y(x) = (c1 x + co )e2x . Probe! c Entsprechendes gilt für Nullstellen höherer Vielfachheit. z.H. Löse y 000 − 8y = 0 und y 000 − 5y 00 + 8y 0 − 4y = 0 mit Probe. o Grundsätzlich kommen komplexe Nullstellen nur als konjugiert komplexe Paare vor: mit zo = xo + j yo ist auch zo∗ = xo − j yo Nullstelle. Diese Paare führen ∗ zu den Lösungen y(x) = c1 ezo x + c2 ezo x = exo x (c1 ej yo x + c2 e−j yo x ) oder mit der Euler5 schen Identität ex (cos y + j sin y) = ex+jy eben zunächst zu y(x) = exo x ((c1 +c2 ) cos(yo x) + j(c1 −c2 ) sin(yo x)) und mit neuen Parametern c1 und c2 zu y(x) = exo x (c1 cos(yo x) + j c2 sin(yo x)). Z.B. y 00 −4y 0 +13y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ2 −4λ+13 = 0 mit den beiden komplexen Nullstellen 2 + 3j und 2 − 3j. Die Lösungsgesamtheit ist y(x) = c1 e(2+3j)x + c2 e(2+3j)x = e2x ((c1 + c2 ) cos(3x) + j(c1 − c2 ) sin(3x)) bzw. mit neuen Parametern y(x) = e2x (c1 cos(3x) + jc2 sin(3x)). Probe! c z.H. Löse y 00 + 4y = 0 y 00 + 2y 0 + 2y = 0, y (4) + 4y = 0, y (4) − 3y 00 − y = 0, jeweils o mit Probe. Kombinationen dieser Fälle sind selbstverständlich möglich: Z.B. y (4) − 16y = 0 hat das charakteristische Polynom p(λ) = λ4 − 16 = 0 mit zwei reellen Nullstellen ±2 und zwei imaginären Nullstellen ±2j. Die Lösungsgesamtheit ist y(x) = c1 e2x + c2 e−2x + c3 cos(2x) + jc4 sin(2x). Probe! c Z.B. Aufgrund des Energie-Erhaltungssatzes gilt für ein ‘mathematisches’ Pen- del Epot + Ekin =const, wobei Epot = mgl(1 − cos ϕ) und Ekin = 5 Leonhard Euler (1707-1783) 1 m v2 2 = www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Euler.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 23 1 m l2 ϕ̇2 für ein Pendel der Masse m und der Länge l gilt. Eingesetzt ist da2 mit 21 ml2 ϕ̇2 + mgl(1 − cos ϕ) =const oder 21 ϕ̇2 − gl cos ϕ =const. Differenzieren liefert ϕ̈ + gl sin ϕ = 0. Wegen sin ϕ ≈ ϕ für kleine Ausschläge ϕ gilt daher die ‘linearisierte’ DGl ϕ̈ + gl ϕ = 0 (homogen, linear mit konstanten Koeffizienten). Das zugehörige charakteristische Polynom λ2 + gl = 0 hat die beiden Nullstellen q λ1,2 = ± gl j. Daher besitzt die homogene DGl ϕ̈+ gl ϕ = 0 die Lösungsgesamtheit q ϕ(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t und mit ω = gl und neuen Konstanten c1 und c2 eben ϕ(t) = c1 cos(ωt) + j c2 sin(ωt). Unter den Anfangsbedingungen ϕ(0) = ϕo und ϕ̇(0) = 0 ergibt sich damit für die beiden Integrationskonstanten c1 = ϕo sowie c2 ω = 0 und daher die Lösung ϕ(t) = ϕo cos(ωt). q q − sin2 ϕ2 um. Die Die nicht-linearisierte DGl formt man in ϕ̇ = 2 gl sin2 ϕmax 2 Lösung führt auf ein nicht geschlossen angebbares elliptisches Integral 1. Gattung und ist damit wesentlich anspruchsvoller. c 2.4.2 Inhomogene, lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Eine spezielle Lösung findet man entweder durch Variation der Konstanten oder für bestimmte rechten Seiten nach folgendem Rezept: rechte Seite g(x) = co + c1 x + . . . + cm xm g(x) = c eax ) g(x) = c sin(ωx) g(x) = c cos(ωx) ) g(x) = c eax sin(ωx) g(x) = c eax cos(ωx) Ansatz für eine spezielle Lösung ys (x) ys (x) = do + d1 x + . . . + dm xm ys (x) = d eax ys (x) = d1 sin(ωx) + d2 cos(ωx) ys (x) = eax (d1 sin(ωx) + d2 cos(ωx)) Einsetzen in die DGl liefert Gleichungen in den Unbekannten do , . . . , dm , d oder d1 und d2 und Koeffizientenvergleich eine spezielle Lösung ys . Z.B. Zu y 00 − 4y = 3x gehört die homogene DGl y 00 − 4y = 0 mit charakteristi- schem Polynom p(λ) = λ2 − 4 mit den Nullstellen λ1,2 = ±2 und daher mit der ‘homogenen’ Lösung yhom (x) = c1 e2x + c2 e−2x . Der Ansatz ys (x) = do +d1 x für eine spezielle Lösung ys muß ys00 −4ys = 0−4(d0 + d1 x) = 3x erfüllen. Koeffizientenvergleich liefert do = 0 und d1 = − 43 und damit ys (x) = − 34 x sowie zusammen mit der ‘homogenen’ Lösung die zweidimensionale Lösungsgesamtheit y(x) = c1 e2x + c2 e−2x − 34 x. Probe! c z.H. Bestimme die Lösung von y 00 −4y = 3x zu den Anfangsbedingungen y(0) = 0 und y 0 (0) = 0. o z.H. Bestimme die Lösung von y 00 − 4y = sin(3x) zu den Anfangsbedingungen y(0) = 0 und y 0 (0) = 0. o BHW III, 1.3.3, S.78 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 24 Bem. Falls die Funktion g(x) schon in der Lösungsgesamtheit der homogenen Differentialgleichung enthalten ist, ist die Funktion im Lösungsansatz mit xr zu multiplizieren (r ist die Vielfachheit der zugehörigen Nullstelle des charakteristischen Polynoms). ◦ Z.B. y 0 − 2y = 3e2x mit zugehöriger homogener Differentialgleichung y 0 − 2y = 0 und p(λ) = λ−2 mit einfacher Nullstelle λ1 = 2 und yhom (x) = c1 e2x . Der Ansatz ys (x) = d1 e2x führt eingesetzt zu 2d1 e2x − 2d1 e2x = 0 6= 3e2x . Erst der Ansatz ys (x) = d1 x e2x führt über d1 e2x (1 + 2x) − 2d1 x e2x = 3e2x per Koeffizientenvergleich zu d1 = 3 und damit zu ys (x) = 3 x e2x . Probe! c Bem. Die Summe der Kräfte, die auf ein System bestehend aus der Masse m, einer Dämpfung mit der Dämpfungskonstanten b und einer Feder mit der FederKonstanten c einwirken, ist in jedem Zeitpunkt Null. Also wird die Auslenkung x = x(t) der Masse durch die DGl m ẍ + b ẋ + c x = 0 beschrieben. Differentialgleichungen desselben Typs beschreiben auch elektrische Reihen- oder Parallel-Schwingkreise. Die folgende Konkordanz c m Math Mech Serien Parallel a m L C 1 b b R R Koeffizient Koeffizient Koeffizient Lösungsfunktion Abklingkonstante δ Kreisfrequenz ωo c c x(t) x(t) b 2a q c a b 2m q b m 1 C 1 L ı(t) u(t) R q2L 1 LC 1 2RC q 1 LC x L A A A A C A A A A b C zeigt die Entsprechung der verschiedenen Größen. b A A A A A A A A - ı- R b b b L A A A A A A A A R u - ◦ Z.B. An drei in Reihe geschalteten Verbrauchern, dem Ohmschen Widerstand R, der Kapazität C und der Induktivität L liege die Erreger-Spannung uerr (t) an. Dann gilt wegen uR (t) = R ı(t) und ı(t) = C u̇(t) sowie uL (t) = L ı(t) für die dt Spannung u(t) = uC (t) am Kondensator uR (t) + u(t) + uL (t) = R ı(t) + u(t) + ı(t) L d dt = RC u̇(t) + u(t) + LC ü(t) = uerr (t) oder eben die DGl Lü(t) + Ru̇(t) + 1 u(t) = C1 uerr (t). C 1 u̇(t) + LC u(t) = 0 hat Die zugehörige homogene Differentialgleichung ü(t) + R L R 1 2 das charakteristische Polynom p(λ) = λ + L λ + LC mit den beiden Nullstellen √ 1 λ1,2 = 2LC (−RC ± R2 C 2 − 4LC). Die drei Fälle R2 C 2 > 4LC R2 C 2 = 4LC R2 C 2 < 4LC (starke Dämpfung ) (aperiodischer Grenzfall ) (schwache Dämpfung ) sind zu unterscheiden. Falls R2 C 2 > 4LC (starke Dämpfung), so hat p(λ) zwei reelle Nullstellen λ1 und λ2 mit λ1 , λ2 < 0 und die allgemeine Lösung u(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t mit Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 25 limt→∞ u(t) = 0. Die Funktion u(t) hat für t > 0 entweder ein Maximum (u(t) > 0), ein Minimum oder keinen Extremwert (u(t) > 0). Falls R2 C 2 = 4LC (aperiodischer Grenzfall), so hat p(λ) eine doppelte Nullstelle mit λ < 0 und die allgemeine Lösung u(t) = eλ t (c1 t + co ) mit λ = −R 2L limt→∞ u(t) = 0. Wieder hat die Funktion u(t) für t > 0 entweder ein Maximum, ein Minimum oder überhaupt keinen Extremwert. Falls R2 C 2 < 4LC (schwache Dämpfung), so hat p(λ) die √ beiden zueinander 1 konjugiert komplexen Nullstellen λ1,2 = 2LC (−RC ± j 4LC − R2 C 2 ). Mit √ 1 R ωeigen = 2LC 4LC − R2 C 2 und δ = 2L lautet die allgemeine Lösung u(t) = e−δ t (c1 cos(ωeigen t) + c2 sin(ωeigen t)) ωeigen heißt die Eigenfrequenz des gedämpften Systemes und δ seine Abklingkonstante. Im Fall des ungedämpften Systems (R = 0) und daher mit δ = 0 ergibt sich mit ωo = q 1 LC die allgemeine Lösung als harmonische Schwingung u(t) = c1 cos(ωo t) + c2 sin(ωo t) ωo heißt Eigenfrequenz des ungedämpften Systemes. Die beiden Eigenfre2 + δ 2 verknüpft. quenzen ωo und ωeigen sind durch ωo2 = ωeigen Die harmonischen Schwingungsanteile können als q c21 + c22 sin(ω t + ϕs ) mit q tan ϕs = cc21 oder ebenso als c21 + c22 cos(ω t − ϕc ) mit tan ϕc = cc12 geschrieben werden, wobei für das gedämpfte System ω = ωeigen und für das ungedämpfte System ω = ωo zu setzen ist. Neben der Lösung der homogenen Differentialgleichung, die die freie Schwingung beschreibt, ist eine spezielle Lösung der inhomogenen Differentialgleichung, die die erzwungenen Schwingung beschreibt, zu bestimmen. Der Ansatz u(t) = d1 cos(ωerr t) + d2 sin(ωerr t) liefert für die spezielle Erreger-Spannung uerr (t) = Uo cos(ωerr t) in Lü + Ru̇ + C1 u = UCo cos(ωerr t) eingesetzt per Koeffizienten-VerUo gleich ( ωerr1 C − ωerr L)d1 + R d2 = ωerr und −R d1 + ( ωerr1 C − ωerr L)d2 = 0 und C damit d1 = 1 −ωerr L) err C ωerr C(R2 +( ω 1 C −ωerr L)2 ) err Uo ( ω sowie d2 = Uo R . ωerr C(R2 +( ω 1 C −ωerr L)2 ) Eine spezielle err Lösung ist also die harmonische Schwingung u(t) = d1 cos(ωerr t) + d2 sin(ωerr t). Die allgemeine Lösung setzt sich also zusammen aus abklingender Schwingung des gedämpften Systemes plus einer harmonischen Schwingung mit Erreger-Frequenz. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 u(t) 26 u(t) 6 6 t - - t starke Dämpfung oder aperiodischer Grenzfall schwache Dämpfung Diese harmonische Schwingung kann auch als u(t) = dargestellt werden. Ihre Amplitude √ C Uo 2 R2 +( 1 −ω 2 L)2 ωerr err C = √ C q s d21 + d22 = Uo Uo 2 R2 +L2 (ω 2 −ω 2 )2 ωerr o err q d21 + d22 cos(ωerr t − ϕ) 1 −ωerr L)2 +R2 err C 1 2 C 2 (R2 +( ωerr −ωerr L)2 )2 ωerr C (ω = wird maximal, wenn der Nenner mi- nimal wird: Für das ungedämpfte System (R = 0) verschwindet der Nenner genau dann, Uo wenn ωerr = ωo gilt. u(t) = 2LCω t sin(ωo t) ist eine spezielle Lösung und o ( o cos(ωerr t) für ωerr 6= ωo c1 cos(ωo t) + c2 sin(ωo t) + LC(ωU2 −ω 2 o err ) u(t) = die Uo c1 cos(ωo t) + c2 sin(ωo t) + 2LCωo t sin(ωo t) für ωerr = ωo allgemeine Lösung des ungedämpften Systemes, beschrieben durch die DifUo cos(ωerr t). Für ωerr = ωo wächst die ferentialgleichung ü(t) + ωo2 u(t) = LC Amplitude im ungedämpften System durch Aufschaukeln unbeschränkt: es kommt zur Resonanz-Katastrophe. Für das gedämpfte System (R > 0) wird der positive Nenner minimal, falls q 2 R d Nenner 2 2 2 2 = 0, oder R − 2L (ωo − ωerr ) = 0, d.h. für ωerr = ωo2 − 2L2 = dωerr q q ωo2 − δ 2 . Im gedämpften System ergibt sich für ωerr = ωo2 −δ 2 ein Maxic mum der Amplitude. z.H. Bestimme die Lösungen und ihre Extremwerte unter den Anfangsbedin- gungen u(0) = Uo und u̇(0) = ν für unterschiedliche ν ∈ R. o z.H. In einem Wechselstrom-Kreis mit in Reihe geschaltetem Ohmschen Wi1 derstand R, induktivem Widerstand ωL und kapazitivem Widerstand ωC gilt d q(t) q dı d2 ı u = ı R + L dt + C . Differenzieren nach t zusammen mit ı = dt liefert L dt2 + R ddtı + Cı = ddtu . Mit u(t) = Uo cos ωt ergibt sich die Lösung ı(t) = Io cos(ωt − α), ωL− 1 wobei Io = √ 2 Uo 1 2 und tan α = R ωC gelten. o R +(ωL− ωC ) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2.5 27 Bernoulli’sche Differentialgleichungen BHW Bd.III 1.2,42 BrSe 9.1.1.2, 379 Stö A2 13.2.2,254 Stö TB 18.5, 612 Bernoulli6 7 sche Differentialgleichungen sind von der Form y 0 = g(x) y + h(x) y a oder y −a y 0 = g(x) y 1−a + h(x) für y 6= 0 Die Transformation z = y 1−a und y −a y 0 = 1 (y 1−a )0 1−a liefert für a 6= 0 1 1 0 (y 1−a )0 = g(x)y 1−a + h(x) und damit z = g(x)z + h(x) . 1−a 1−a Somit ist das Problem auf eine lineare Differentialgleichung zurückgeführt, deren Lösung z dann die gesuchte Lösung y = z 1/(1−a) liefert. √ √ Z.B. Aus y 0 = y + y wird durch die Substitution z = y mit z 0 = 21 √1y y 0 0 √ eben 2 z 0 = √y y = y + 1 = z + 1. Die zugehörige homogene Differentialgleichung 1 z 0 − 12 z = 0 hat p(b) = b − 12 mit der Nullstelle b = 21 und daher zhom = c e 2 x . Der Ansatz zs = co liefert 0 − 12 co = 12 und daher die spezielle Lösung zs = −1. x x Die Lösungsgesamtheit ist also z = c e 2 − 1 und somit y = z 2 = (c e 2 − 1)2 = x c2 ex − 2 c e 2 + 1. (Probe!) c Die Schwingung einer Masse m an einer Feder mit Federkonstante k und Reibungskraft proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit wird durch m ẍ + c ẋ2 + k x = 0 beschrieben. Mit der Substitution ẋ = p(x) = ẋ(t(x)) und d d 1 somit p0 (x) = dx ẋ(t(x)) = ẍ(t(x)) dx t(x) = ẍ(t(x)) ẋ(t(x)) = ẍ(t(x)) p1 und damit k x p−1 . Die Transẍ(t(x)) = p0 p ergibt sich die Bernoullische DGl p0 = − mc p − m formation z(x) = p2 (x) liefert mit z 0 = 2 p p0 die lineare Differentialgleichung R 2c 2c k k (u−xo ) m z 0 = −2 mc z − 2 m x mit der Lösung z(x) = ( xxo (−2 m ue q )du + zo )e− m (x−xo ) Z.B. q 2c m und – geschickt mit xo = 2c – daher p(x) = z(x) = − kc + mk + c e− m x . We2c2 R dx 1 gen t0 (x) = ẋ(t(x)) ergibt sich t(x) durch Integration zu t(x) = p(x) + c. Dieses Integral ist allerdings nur mit numerischen Näherungsmethoden zu bestimmen. Durch Übergang zur Umkehr-Funktion x(t) ergibt sich dann die Lösung x(t). c √ √ z.H. Löse y 0 = y, y 0 = 3 y und y 0 = y 2/3 sowie y 0 = x y 2/3 und y 0 = x(x2 −1) y 2/3 durch Trennung der Veränderlichen und als Bernoullische Differentialgleichung. √ √ Löse dann y 0 = x y + y, y 0 = x2 y + 3 y und y 0 = x3 y +y 2/3 sowie y 0 = x4 y +x y 2/3 und y 0 = x5 y + x(x2 − 1) y 2/3 . o Z.B. y 0 x + y = −xy 2 wird durch die Substitution z = oder y = z1 wegen y 0 = 0 0 − zz2 in − zz2 x + z1 = −x z12 oder in z 0 x − z = x überführt. Die zugehörige homogene Differentialgleichung erster Ordnung ist z 0 x = z. Trennung der Veränderlichen R dz R dx liefert ln z = z = x = ln x + c und so yhom = cx. Variation der Konstanten liefert c0 = xx2 = x1 und daher mit c(x) = ln x + cp die Lösung z(x) = (ln x + cp )x 1 bzw. y = (ln x+c . c p )x 2 z.H. y 0 − xy = −y 3 e−x mit Lsg. y = √ 6 7 Johann I. Bernoulli (1667-1748) Nicolaus I. Bernoulli (1687-1759) 2 1 ex /2 2x+cp 1 y o www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Bernoulli_Johann.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Bernoulli_Nicolaus(I).html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2.6 28 Riccati’sche Differentialgleichungen Riccati8 sche Differentialgleichungen sind von der Form BHW Bd.III 1.2,56 BrSe 9.1.1.2, 380 Stö TB 18.5, 612 y 0 = f (x) + g(x) y + h(x) y 2 . Für eine spezielle Lösung ys löst z = y−ys die Bernoulli’sche Differentialgleichung z 0 = (g(x)+2 h(x) ys )z+h(x) z 2 , die mit u = z1 auf u0 = −(g(x)+2 h(x) ys )u−h(x) zurückgeführt wird. z.H. Bestimme die Lösungsgesamtheit von y 0 = tialgleichung ist ys = x2 eine spezielle Lösung. 2.7 y2 x3 − xy + 2x. Für diese Differeno Systeme linearer Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten Systeme von lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten treten direkt in physikalischen Anwendungen auf oder entstehen durch Transformation von Differentialgleichungen höherer Ordnung. y10 = 3y1 + 3y2 + e4x . Für das zugehörige homoy20 = 3y1 − 5y2 + e−6x c λ = 3c1 + 3c2 gene System liefert der Ansatz yi = ci eλx das LGS 1 . Für die c2 λ = 3c − 5c2 1 3 − λ 3 eindeutige Lösbarkeit muß die Determinante der Koeffizienten = 3 −5 − λ λ2 + 2λ − 24 = (λ − 4)(λ + 6) = 0 verschwinden. Also sind mit e4x und e−6x auch beliebige Linearkombinationen ‘homogene’ Lösungen. Mit y1 (x) = c1 e4x + c2 e−6x folgt dann durch Einsetzen y2 (x) = 31 c1 e4x − 3c2 e−6x . Ableiten des ‘inhomogenen’ Systemes liefert y100 = 3y10 + 3y20 + 4e4x = 3y10 + 9y1 − 5·3y2 +3e−6x +4e4x und Einsetzen y100 = 3y10 +9y1 −5(y10 −3y1 −e4x ) +3e−6x +4e4x oder eben y100 + 2y10 + 24y1 = 9e4x + 3e−6x . Der Ansatz y1s (x) = d1 x e4x + d2 x e−6x 9 liefert (10d1 − 9)e4x − (10d2 + 3)e−6x = 0 und so die Lösung d1 = 10 und d2 = −3 10 1 3 1 9 4x −6x sowie y2s (x) = ( −1 + d + x e − + 3d − x e . c ) ( ) 1 2 30 3 10 10 10 Z.B. Gegeben das System Z.B. Gekoppelte lineare inhomogene DGlen mit konstanten Koeffizienten erge- ben sich bei Anwendung der Maschenregel auf elektrische Netze: an der ersten Masche bestehend aus L1 und R1 liege u = u(t) an. Die zweite Masche besteL d ı1 + R1 (ı1 − ı2 ) − u = 0 he aus R1 , L2 und R2 . Dann gilt 1 ddtı2 oder aufgelöst L2 dt − R1 (ı1 − ı2 ) + R2 ı2 = 0 d ı1 1 1 = −R ı +R ı + Lu1 dt L1 1 L1 2 . c d ı2 1 2 =R ı − R1L+R ı2 dt L2 1 2 Bem. Die DGl n-ter Ordnung y (n) = f (x, y, y 0 , . . . , y (n−1) ) 8 Jacopo Riccati (1676-1754) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Riccati.html BDH 12.1.6, 583 BHW Bd.III 3.2,178 BrSe 9.1.2.5, 394 Pap Bd.2 V 7,573 Sti 10.5, 536 Stö A2 15.2, 290 Stö TB 18.10, 625 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 29 mit Anfangswerten y(xo ) = yo(0) , y 0 (xo ) = yo(1) , y 00 (xo ) = yo(2) , . . . , y (n−1) (xo ) = yo(n−1) ist äquivalent zu dem System von Differentialgleichungen erster Ordnung in den n Funktionen yo = y, y1 = y 0 , y2 = y 00 , . . . , yn−1 = y (n−1) 0 0 yi0 = y (i) = y (i+1) = yi+1 für i = 0, . . . , n − 2 und yn−1 = f (x, yo , y1 , . . . , yn−1 ) mit Anfangswerten yi (xo ) = yo(i) für i = 0, . . . , n − 1. ◦ Def. Lineare Differentialgleichungssysteme mit konstanten Koeffizienten lassen sich in der Form y0 = Ay mit y = (y1 , . . . , yn )T und y0 = (y10 , . . . , yn0 )T sowie quadratischer Koeffizienten-Matrix A = (aij ) darstellen. Bem. Das System von DGl y10 = a11 y1 + a12 y2 y20 = a21 y1 + a22 y2 läßt sich einerseits durch Auf- lösen y2 = a112 (y10 − a11 y1 ), Differenzieren y20 = a112 (y100 − a11 y10 ) und Einsetzen 1 22 (y 00 − a11 y10 ) = y20 = a21 y1 + aa12 (y10 − a11 y1 ) in die lineare DGl zweiter Ordnung a12 1 y100 −(a11 +a22 )y10 +|A|y1 = 0 mit der Determinanten |A| der Koeffizienten-Matrix A = (ai,j ) überführen und lösen. Alternativ führt ein Ansatz yi = ci eλx zu yi0 = λ ci eλx = λ yi und damit zum λ y1 = a11 y1 + a12 y2 (a11 − λ)y1 + a12 y2 = 0 LGS oder . Eine nichttriviale λ y2 = a21 y1 + a22 y2 a21 y1 + (a22 − λ)y2 = 0 Lösung (y1 , y2 ) existiert nur, wenn die Determinante der Koeffizienten-Matrix a −λ a 12 verschwindet, d.h. 11 = λ2 − λ(a11 + a22 ) + (a11 a22 − a12 a21 ) = a21 a22 − λ λ2 −sp(A)λ+|A| = 0. Für zwei verschiedene Eigenwerte λ1 und λ2 von A, d.h. für zwei verschiedene Nullstellen des charakteristischen Polynomes sind y1 = c1 eλ1 x + 11 11 c2 eλ2 x und durch Einsetzen y2 = λ1a−a c1 eλ1 x + λ2a−a c2 eλ2 x die Komponenten 12 12 des Lösungsvektors (Probe durch Einsetzen). ◦ 0 Z.B. Sei etwa a2 y 00 + a1 y 0 + ao y = 0 gegeben. Mit y1 = y ist dann ! y1 = y2 0 1 hat das ao − a2 − aa12 charakteristische Polynom p(λ) = |A − λE| = λ2 + aa12 λ + aao2 bzw. das Polynom p(λ) = a2 λ2 + a1 λ + ao , da nur die Nullstellen von Interesse sind. Die Lösungsgesamtheit des Systems von DGlen stimmt damit mit der der zugehörigen linearen Differentialgleichung zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten überein. c und y20 = − aao2 y1 − a1 y. a2 2 Die Koeffizienten-Matrix A = Satz Für lineare Differentialgleichungssysteme der Form y0 = Ay mit y = (y1 , . . . , yn )T und quadratischer Koeffizienten-Matrix A = (aij ) liefert der Ansatz yi = ci eλx das LGS λy = Ay. Dieses ist lösbar und damit der Ansatz richtig, wenn λ Eigenwert, EW, d.h. Nullstelle des charakteristischen Polynoms p(λ) = |A−λE| ist. Falls alle Eigenwerte λi verschieden sind, gilt y1 (x) = nk=1 ck eλk x . Die übrigen Lösungen gewinnt man durch Auflösen. Mehrfache, etwa m-fache Eigenwerte λo P Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 30 k λo x führen zu Anteilen m−1 in der Linearkombination. Komplexe Eigenk=o ck x e werte liefern – wie im Fall komplexer Nullstellen des charakteristischen Polynoms – per Euler als Lösungen gedämpfte Sinus- und Cosinus-Schwingungen. P Die Lösung des ’inhomogenen’ Systemes y0 (x) = Ay(x) + g(x) erfolgt gemäß Faustregel: yis (x) ist Linearkombination aller laut Faustregel für die gi (x) erforderlichen Funktionen. • c Z.B. zweimaschiges Netzwerk z.H. Überführe die DGl des Schwingkreises in ein System von DGlen mit kon- o stanten Koeffizienten und löse dieses System von DGlen. 2.8 Numerische Lösungsverfahren 2 Viele Differentialgleichungen sind nicht geschlossen lösbar, etwa y 0 = e−x (vgl. Trapez- oder Simpson-Regel). In diesen Fällen kann die Lösung bei vorgegebenen Anfangswerten nur approximativ, d.h. näherungsweise bestimmt werden. Grundsätzlich werden also Näherungen für y(x) an äquidistanten Stützstellen xi = xo + i h für i = 0, . . . , imax der Schrittweite h berechnet. Dies sei zunächst für Anfangswert-Probleme y 0 = f (x, y) mit y(xo ) = yo erster Ordnung erläutert. 2.8.1 BDH 12.3 616 BHW III 1.2.6,44 BrSe 19.4,765 Pap Bd.2 V.6,558 Stö A2 13.3,258 Stö TB 18.12 631 Euler-Cauchy-Verfahren Das Verfahren von Euler9 und Cauchy10 approximiert die Lösung y = y(x) ≈ y(x) + h y 0 (x) durch die Tangente in der letzten Stützstelle xi , also durch die ersten beiden Terme der Taylor-Entwicklung in xi , d.h. y(xi+1 ) ≈ yi+1 = yi + h f (xi , yi ) mit y(xo ) = yo Offensichtlich setzen sich so die Fehler stark fort. Es gilt y(xi ) − yi = O(h), d.h. numerik.pdf für genügend kleine h ist h1 (y(xi ) − yi ) beschränkt; lax ausgedrückt: der Fehler ist euler.cpp proportional zu h. 2.8.2 modifiziertes Euler-Verfahren Meist liefert die Approximation durch die Tangente in den Mittelpunkten xi+1/2 = xi + h2 zwischen den Stützstellen xi und xi+1 bessere Näherungen: y(xi+1/2 ) ≈ yi+1/2 = yi + h2 f (xi , yi ) 0 y 0 (xi+1/2 ) ≈ yi+1/2 = f (xi+1/2 , yi+1/2 ) y(xi+1 ) ≈ yi+1 = yi + h f (xi+1/2 , yi+1/2 ) also 9 10 Leonhard Euler (1707-1783) Augustin Luis Cauchy (1789-1857) numerik.pdf apprxdgl.cpp www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Euler.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Cauchy.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 31 y(xi+1 ) ≈ yi+1 = yi + h f (xi + h2 , yi + h2 f (xi , yi )) mit y(xo ) = yo 2.8.3 Heun-Verfahren Das Verfahren von Heun11 verwendet einen Prädiktor-Schritt y(x+h) ≈ y präd (x+ h) = y(x) + h f (x, y(x)) nach Euler und einen Korrektor-Schritt durch Mittelung y(x+h) ≈ y(x)+ h2 (f (x, y(x))+f (x+h, y präd (x+h)) der Steigungen der Tangenten in x und in x + h, also y(xi+1 ) ≈ y präd (xi+1 ) = yi + h f (xi , yi ) y(xi+1 ) ≈ yi + h2 (f (xi , yi ) + f (xi+1 , y präd (xi+1 ))) so daß y(xi+1 ) ≈ yi + 2.8.4 h 2 (f (xi , yi ) + f (xi+1 , yi + h f (xi , yi ))) mit y(xo ) = yo Runge-Kutta-Verfahren Das vielleicht wichtigste Verfahren, das von Runge12 und Kutta13 , verwendet zur Approximation von y 0 insgesamt vier Steigungen: 1. (eine Näherung der) Steigung y 0 (x) = f (x, y(x)) in x, 2. eine erste Näherung der Steigung in der Intervall-Mitte x + h2 , nämlich y 0 (x + h2 ) = f (x + h2 , y(x + h2 )) ≈ f (x + h2 , y(x) + h2 f (x, y(x))) 3. eine zweite Näherung der Steigung in der Intervall-Mitte x + h2 , nämlich y 0 (x + h2 ) ≈ f (x+ h2 , y(x) + h2 herste Näherung der Steigung in x + h2 i) = f x + h2 , y(x) + h2 f (x + h2 , y(x) + h2 f (x, y(x))) 4. und eine Näherung der Steigung in x + h, nämlich Näherung der y 0 (x + h) ≈ f x + h, y(x) + h f (x + h2 , y(x) + h2 hzweite h i) Steigung in x + 2 = f x + h, y(x) + h f x + h2 , y(x)+ h f 2 11 12 13 x+ h y(x) 2 Heun (?) Carle David Tolmé Runge (1856-1927) Martin Wilhelm Kutta (1867-1944) + h f 2 (x + h y(x) 2 + h f (x, y(x)) 2 ! ) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Runge.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Kutta.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 32 Mittelung über diese vier Steigungen, wobei die Steigungen in der Intervall-Mitte doppeltes Gewicht bekommen, liefert so die Approximation des Funktionswertes in der nächsten Stützstelle: y 0 (xi ) ≈ yi0 = f (xi , yi ) h 0 y 0 (xi + 2 ) ≈ ȳi+1/2 = f (xi+1/2 , yi + h2 yi0 ) 0 0 y 0 (xi + h2 ) ≈ ȳ¯i+1/2 = f (xi+1/2 , yi + h2 ȳi+1/2 ) = f xi+1/2 , yi + h2 f (xi+1/2 , yi + h2 yi0 ) 0 y 0 (xi +h) ≈ ȳi+1 = f (x + h, yi + hȳ¯i+1/2 ) = f x + h, yi + hf xi+1/2 , yi + h f 2 (xi+1/2 , yi + h 2 yi0 ) ! 0 0 0 yi+1 = yi + h6 (yi0 + 2ȳi+1/2 + 2ȳ¯i+1/2 + ȳi+1 wobei ) h 0 0 = f (xi , yi ) ȳi+1/2 = f (xi + 2 , yi + h2 yi0 ) yi 0 0 0 0 ȳ¯i+1/2 = f (xi + h2 , yi + h2 ȳi+1/2 ) ȳi+1 = f (xi + h, yi + hȳ¯i+1/2 ) Für das Runge-Kutta-Verfahren gilt y(xi ) − yi = O(h4 ), d.h. für genügend kleine h ist h14 (y(xi ) − yi ) beschränkt; lax ausgedrückt: der Fehler ist proportional zu h4 . z.H. Vergleiche die vorgestellten Verfahren anhand eigener Beispiele etwa mit www.weblearn.bs-bremen.de/risse/MAI/docs/numerik.pdf o z.H. Untersuche die von obigen Verfahren produzierten Näherungslösungen für ausgewählte Differentialgleichungen mithilfe etwa des Programms apprxdgl.cpp in www.weblearn.bs-bremen.de/risse/MAI/progs. o 2.8.5 Differentialgleichungen höherer Ordnung Differentialgleichungen höherer Ordnung können durch Substitution auf Systeme von Differentialgleichungen erster Ordnung zurückgeführt werden. Z.B. Die DGl zweiter Ordnung y 00 + y = 0 mit y(0) = 0 und y 0 (0) = 1 wird durch die Substitution y 0 = z und damit z 0 = y 00 auf das System y0 = z y(0) = 0 mit Anfangsbedingungen 0 z = −y z(0) = 1 von zwei Differentialgleichungen jeweils erster Ordnung zurückgeführt. Diese können gemeinsam mit einem der Verfahren für Differentialgleichungen erster Ordnung numerisch gelöst werden: etwa das Euler-Verfahren approximiert mit yi+1 = yi + h zi y =0 mit Anfangsbedingungen o zi+1 = zi − h yi zo = 1 zugleich die Funktionen y und y 0 (x) in den Stützstellen xi . c 00 z.H. Wende jedes der übrigen Verfahren auf obiges Anfangswertproblem y +y = 0 mit y(0) = 0 und y 0 (0) = 1 an. o Stö A2 15.3,294 Stö TB 18.12 638 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 33 Allgemein erlaubt die ’vektorielle’ Version der obigen Verfahren, beliebige Systeme von Differentialgleichungen erster Ordnung und mit erneuter Substitution sogar beliebiger Ordnung zu lösen. Für das Anfangswertproblem (System von DGl mit Anfangsbedingungen) 0 yo 1 y1 (xo ) y1 f1 (x, y1 , ..., yn ) . . .. y0 = ... = = f (x, y1 , ..., yn ) mit y(xo ) = .. = .. = yo . yn0 fn (x, y1 , ..., yn ) yn (xo ) yo n lautet die ’vektorielle’ Version beispielsweise des Euler-Verfahrens also y1 (xi+1 ) ≈ y1i+1 = y1i + h f1 (xi , y1i , . . . , yni ) .. . yn (xi+1 ) ≈ yni+1 = yni + h fn (xi , y1i , . . . , yni ) mit Anfangsbedingungen y1 (xo ) = y1o .. . yn (xo ) = yno z.H. Entwickle ’vektorielle’ Versionen der obigen Verfahren und untersuche aus- gewählte Differentialgleichungssysteme unter Verwendung etwa der Programme in www.weblearn.bs-bremen.de/risse/mai/progs. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 3 34 Integral-Transformationen Integral-Transformationen wie Fourier-Transformation oder Laplace-Transformation stellen eine Methode zur Lösung von Differentialgleichungen dar: die Fourierwie auch die Laplace-Transformation überführen eine Differentialgleichung nämlich in eine algebraische Gleichung. Deren Lösung ergibt dann rücktransformiert die Lösung der Differentialgleichung. algebraische Gleichung im Bildbereich Auflösen im Bildbereich - BHW Bd.III 8,279 BrSe 15, 587 Sti 10.6, 549 Stö A2 V, 306 Lösung im Bildbereich 6 Integral-Transformation Integral-Rücktransformation ? Lösung im Originalbereich Differentialgleichung im Originalbereich Dieses Verfahren kann offensichtlich nur dann funktionieren, wenn das Bild der Ableitung f 0 einer Funktion f ein algebraischer Ausdruck des Bildes von f unter der Integral-Transformation ist. 3.1 Fourier-Transformation 14 Die Fourier -Transformation (als Ergebnis des Grenz-Prozesses T → ∞ angewandt auf Fourier-Reihen T -periodischer Funktionen) ist eine spezielle IntegralTransformation: sie ordnet jeder geeigneten Funktionen f (t) deren Spektral-Funktion fˆ(ω) = F (ω) = F (f (t))(ω) zu mit Z ∞ 1 Z∞ −jωτ ˆ f (τ )e dτ , so daß f (t) = fˆ(ω) ejωt dω f (t) 7→ f (ω) = 2π −∞ −∞ gilt, soweit das Integral für die Fourier-Transformierte fˆ = F(f ) existiert. 1 wird oft auch gleichmäßig auf f und fˆ verteilt, was auf Bem. Der Faktor 2π R R∞ ∞ ˆ f (ω) ejωt dω mit fˆ(ω) = √12π −∞ f (t)e−jωt dt führt. ◦ f (t) = √12π −∞ Z.B. Sei f (t) = a χ[−t0 ,t0 ] (t) die Zeit-Funktion eines einzelnen Rechteck-Impulses. Dann ist fˆ(ω) = 1 2π R to −jωt dt = −to a e t a e−jωt o 2π −jω −to = −jωto a ejωto −e 2π jω = a sin(to ω) . π ω c Wie im Fall der Fourier-Reihen gibt es für die Fourier-Transformation auch eine reelle Darstellung: f (t) = Z ∞ o 14 ∞ a(ω) = π1 −∞ f (t) cos(ωt) dt R (a(ω) cos(ωt)+b(ω) sin(ωt)) dω mit 1 ∞ b(ω) = π −∞ f (t) sin(ωt) dt Jean Baptiste Fourier (1760-1830) R www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Fourier.html BDH 7.3.4, 430 BHW Bd.III 8,283 BrSe 15.3, 603 Sti 10.6, 549 Stö A2 19.1, 345 Stö TB 19.2, 657 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 35 Bem. Aus f (τ ) (cos(ωτ ) cos(ωt) + sin(ωτ ) sin(ωt)) = f (τ ) cos(ω(t − τ )) folgt ! 1 Z∞ 1 Z∞ f (t) = √ f (τ ) √ cos (ω(t − τ )) dω dτ π −∞ π 0 ◦ wegen der Vertauschbarkeit der Integration. R dτ und 2 cos x = ejx +e−jx folgt Bem. Mit Rf (t) = −∞ f (τ ) ( oR∞ cos ω(t − τ )dω) R ∞ −jω(t−τ ) ∞ ∞ jω(t−τ ) zunächst 2 o cos ω(t − τ )dω = o e dω + o e dω und per SubstituR∞ 1 R∞ jω(t−τ ) 1 π R∞ tion o cos ω(t−τ )dω = 2 −∞ e dω, so daß sich der Fouriersche Integralsatz in komplexer Darstellung in der Form f (t) = Z ∞ 1 Z∞ mit fˆ(ω) = F (ω) = f (τ ) e−jωτ dτ 2π −∞ fˆ(ω) ejωt dω −∞ ergibt. fˆ(ω) ist die Spektralfunktion in komplexer Darstellung. ◦ Z.B. Da der Rechteck-Impuls f (t) = a χ(−to ,to ) (t) gerade ist, verschwindet b(ω). ∞ Aus a(ω) = π1 −∞ f (t) cos(ωt) dt folgt a(ω) = π2 0t0 a cos(ω t) dt = π2 ωa sin(ω t)|t00 R ∞ sin(ω t0 ) sin(ω t0 ) = 2a , insgesamt ist also f (t) = 2a cos(ω t) dω. Wegen f (0) = a π ω π 0 ω R ∞ sin(ω t0 ) π dω = 2 . c gilt insbesondere 0 ω R R Z.B. Die Fourier-Transformierte von f (t) = e−|t| ist fˆ(ω) = 1 Ro t −jωt dt + −∞ e e 2π R R R ∞ o b 1 1 1 −t −jωt t −jωt −t −jωt e e dt = 2π lima→−∞ a e e dt+ 2π limb→∞ o e e dt und damit 2π 0 (1−jω)t o −(1+jω)t b 1 e e 1 1 1 1 1 1 fˆ(ω) = 2π lima→−∞ 1−jω + 2π limb→∞ −(1+jω) = 2π 1−jω + 2π 1+jω = π1 1+ω 2. a o In der reellen Darstellung ergibt sich das Spektrum dieser geraden Funktion ∞ f R ∞ −t −t sin(ωt) durch zweimalige partielle Integrationen aus o e cos(ωt) dt = e + ω o ∞ R R ∞ −t sin(ωt) ∞ −t cos(ωt) 1 1 R ∞ −t −t cos(ωt) dt = 0 − e dt = ω2 − ω2 o e cos(ωt) dt zu − o e o e ω ω2 ω2 o 2 R ∞ −t 2 1 a(ω) = π o e cos(ωt) dt = π ω2 +1 . Damit läßt sich f (t) = e−|t| durch e−|t| = 1 R∞ 2 R ∞ cos(ωt) π o a(ω) cos(ωt) dω = π o ω 2 +1 c dω darstellen. Z.B. Für die Sprungfunktion f (t) = χ[0,∞) (t) ist fˆ nicht definiert, da der Limes fˆ(ω) = 1 2π R ∞ −jωt e dt o = limb→∞ z.H. Verifiziere, daß fˆ(ω) = b e−jωt −jω o = limb→∞ b 1−e−jωb jω o c nicht existiert. 2 √1 e−ω /2 2π 2 /2 die Spektralfunktion zu f (t) = e−t √ R 2 Verwende dazu quadratische Ergänzung und o∞ e−x dx = 21 π. ist. o Satz (Umkehrsatz der Fourier-Transformation) Es gilt f (t) = Z ∞ 1 Z∞ fˆ(ω) ejωt dω eben für fˆ(ω) = f (t) e−jωt dt 2π −∞ −∞ also für jede Funktion f (t) mit existierender Fourier-Transformierten oder gleichermaßen mit Spektralfunktion fˆ(ω): das sind genau die Funktionen f (t) mit R∞ • −∞ |f (t)| dt < ∞. √ Bew. trickreich! siehe z.B. BHW, Bd.III, S.293 oder Hoffmann/Marx/Vogt Die wesentlichen Eigenschaften der Fourier-Transformation sind Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 36 Eindeutigkeit: fˆ = ĝ impliziert f = g . Linearität: f[ + g = fˆ + ĝ und ccf = c fˆ für jede Konstante c. Faltung: f[ ∗ g = fˆ · ĝ mit der Faltung (f ∗ g)(t) = 1 R∞ f (t − u)g(u) du. 2π −∞ 1 R∞ f (t − u)g(u)du e−jωt dt 2π −∞ 1 ∞ 1 ∞ −jωt dt = 2π fd ∗g(ω) = 2π ) −∞ (f ∗ g)(t) e −∞ ( R R ∞ ∞ 1 −jωt d liefert f ∗g(ω) = 4π2 −∞ −∞ f (t − u) e dt g(u) du durch Vertauschen der IntegrationR undR per Substitution v = t − u mit dv = −du eben ∞ ∞ 1 1 −jω(v+u) fd ∗g(ω) = 2π dv g(u) du. Damit folgt aus −∞ −∞ f (v) e 2π R R ∞ ∞ 1 1 −jωv d f ∗g(ω) = 2π −∞ ( 2π −∞ f (v) e dv )g(u) e−jωu du für die SpektralfunkR ∞ ˆ 1 −jωu du = fˆ(ω) · ĝ(ω). tion der Faltung fd ∗g(ω) = 2π −∞ f (ω)g(u)e R R Differentation: fb0 (ω) = j ω fˆ(ω) Es gilt ab f 0 (t) e−jωt dt = f (t) e−jωt —ba + jω ab f (t) e−jωt dt vermittels partieller Integration. Für jede absolut integrierbare Funktion f , d.h. für jeR∞ des f mit −∞ |f (t)| dt < ∞ gilt nun notwendigerweise f (t) → 0 für t → ±∞. Im Grenzübergang a → −∞ und b → ∞ gilt somit fb0 (ω) = R∞ 1 R∞ 1 f 0 (t) e−jωt dt = 2π jω −∞ f (t) e−jωt dt = j ω fˆ(ω). 2π −∞ R R Z.B. Sei die DGl y 00 + 5y 0 − 6y = g(x) gegeben. Damit ist (y 00 +\ 5y 0 − 6y)(ω) = ĝ(ω) yc00 + 5yb0 − 6ŷ = (ω 2 + 5jω − 6)ŷ(ω) = ĝ(ω) oder eben ŷ(ω) = ω2 +5jω−6 , so daß die RRücktransformation dann die Lösung y = y(x) liefert, wenn das Integral ∞ y(x) = −∞ ŷ(ω)e−jωx dω geschlossen lösbar ist. c 1 x>0 Mit der Sprung- oder Heaviside -Funktion H(x) = 1/2 x = 0 , die auch durch 0 x<0 15 H(x) = 1 2 + 1 π R ∞ sin(xt) o t dt spezifiziert(ist, und deren Ableitung (!), der Dirac16 - oder δ-Funktion δ(x) = d H(x) dx = R∞ ∞ x=0 , wobei −∞ δ(x) dx = 1 gilt, 0 x= 6 0 die auch durch δ(x) = limb→0 H(x+b)−H(x−b) = limh→0 2b spezifiziert ist, gelten folgende Korrespondenzen f (t) fˆ(ω) χ[−b,b] (t) sin(bω) πω 1 1 −bω e 2 2 t +b 2b jω −bω t e t2 +b2 2b n ˆ tn f (t) j n d dωf (ω) n (x+h)χ[−h,0) (x)+(x−h)χ[0,h] (x) h2 f (t) fˆ(ω) 1 δ(ω) H(t) 12 δ(ω) + 2π1jω sgn(t) π 1jω 1 δ(t) 2π sin(ωo t) 2j (δ(ω + ωo ) − δ(ω − ωo )) Funktionen zusammen mit ihren Fourier-Transformierten sind tabelliert z.B. in 15 16 Oliver Heaviside (1850-1925) Paul Adrien Maurice Dirac (1902-1986) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Heaviside.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Dirac.html BrSe 21.12,956 Stö TB 19.3,668 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 37 Bronstein/Semendjajew: Taschenbuch der Mathematik; oder in Stöcker: Taschenbuch Mathematischer Formeln und moderner Verfahren; oder in Hoffmann, Marx, Vogt: Mathematik für Ingenieure 2. Wichtige Anwendungsfälle sind im übrigen partielle Differentialgleichungen, zur Bestimmung z.B. der Wärmeleitung oder des elektrostatischen Potentials. 3.2 Laplace-Transformation Die Laplace-Transformation kann als Derivat der Fourier-Transformation aufgefaßt werden. Für viele Funktionen, wie z.B. χ[0,∞) (t), eαt , sin(ωt) oder cos(ωt) existiert keine Fourier-Transformierte. Häufig interessieren Einschalt- oder Einschwingvorgänge. Daher betrachtet man anstelle von f (t) die Funktion f ∗ (t) = 2πχ[0,∞) (t) e−αt f (t). Der TermR e−αt heißt Konvergenz-erzeugender Faktor. Die Fourier-Transformierte R R ∞ fc∗ (ω) = −∞ f ∗ (t) e−jωt dt = o∞ f (t) e−(α+jω)t dt = o∞ f (t) e−zt dt = F (z) von f ∗ definiert eine komplex-wertige Funktion F in z = α + jω ∈ C. Def. Die zu einer Funktion f (t) definierte Funktion F : C ⊃ D → C F (z) = L(f (t))(z) = Z ∞ o f (t) e−zt dt für z ∈ D ⊂ C heißt die Laplace17 -Transformierte von f . Bem. Falls |f (t)| ≤ M eγt für alle t ∈ R+ sowie für Konstanten M > 0 und γ ∈ R so existiert die Laplace-Transformierte für alle z mit <(z) > γ (KonvergenzHalbebene). Damit existieren die Laplace-Transformierten eines jeden Polynomes, der Sinusund Cosinus-Funktionen oder etwa der Exponentialfunktion. Grundsätzlich sind dabei diese Funktionen – wie alle Argumente der LapaceTransformation – als Funktionen auf R+ aufzufassen. ◦ Satz (Umkehrsatz der Laplace-Transformation) Es gilt für jede stetige Funktion f (t) mit |f (t)| ≤ M eγt für alle t ∈ R+ und f (t) = 0 für alle t ∈ R− Z x+jc 1 f (t) = lim F (z) ezt dz 2πj c→∞ x−jc mit F (z) = L(f (t))(z) = Z ∞ f (t) e−zt dt o • für jedes feste x > γ. ∗ −xt 1 2π R∞ ∗ −jωt Für f (t) = e f (t) und x > γ gilt fc∗ (ω) = dt = −∞ f (t) e 1 −(x+jω)t f (t) e dt = F (x + jω). Mit dem Umkehrsatz der Fourier-Transo 2π Ra c Ra 1 formation gilt f ∗ (t) = lima→∞ −a f ∗ (ω) ejωt dω = 2π lima→∞ −a F (x+jω) ejωt dω für alle t, in denen f ∗ stetig ist. Für diese t gilt somit Bew. 1 2π R∞ 17 Pierre Simon Laplace (1749-1827) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Laplace.html BDH 13, 627 BHW Bd.III 9,322 BrSe 15.2, 590 Pap Bd.2 VI,626 Sti 10.7, 562 Stö A2 18, 310 Stö TB 20, 683 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 38 a a 1 1 f (t) = ext 2π lima→∞ −a F (x + jω) ejωt dω = 2π lima→∞ −a F (x + jω) e(x+jω)t dω. R √ x+ja 1 Mit der Substitution z = x + jω folgt f (t) = 2πj lima→∞ x−ja F (z)ezt dz. R R Im folgenden werden einige der für die Lösung von Differentialgleichungen wesentlichen Eigenschaften der Laplace-Transformation, jeweils angewandt auf Funktionen f mit |f (t)| ≤ M eγt für t ∈ R+ und f (t) = 0 für t ∈ R− dargestellt. f (t) = g(t) L(f )(z) = L(g )(z) ⇒ für alle t : f und g stetig in t für alle z : <z > γ per Umkehrsatz der Laplace-Transformation; sonst würde Rücktransformation keine eindeutige Lösung liefern! Eindeutigkeit: Z.B. L(H(t − to )) = L(χ[to ,∞ (t)) steht nicht im Widerspruch zur Eindeutigkeit der Laplace-Transformation, da H(t−to ) und χ[to ,∞) (t) in allen Stetigkeitsstellen, d.h. in allen t 6= to übereinstimmen. Dabei ist H(t) = χ[0,∞) (t) und H(t − to ) = χ[to ,∞) (t). c Linearität: L(cf + dg) = cL(f ) + dL(g) für beliebige Konstanten c und d. Differentation: L(f 0 (t))(z) = z L(f (t))(z) − f (0) für <z > γ Zunächst gilt L(f 0 )(z) = o∞ f 0 (t) e−zt dt und mit partieller Integration folgt R L(f 0 )(z) = limb→∞ f (t) e−zt |bo + z o∞ f (t)e−zt dt = −f (0) + z L(f )(z). R Sei f (t) = χ[to ,∞) (t). Dann ist L(f (t))(z) = F (z) = o∞ f (t) e−zt dt = R ∞ −zt −bz −e−to z dt = limb→∞ e −z = z1 e−to z und speziell L(χ[0,∞) (t))(z) = z1 . to e Laplace-Transformieren der DGl y 0 = 0 mit y(0) = yo liefert zL(y )(z) − yo = 0, aufgelöst also L(y )(z) = yzo und rücktransformiert y(x) = yo . c R Z.B. Z.B. Für die Laplace-Transformierte der Exponentialfunktion f (t) = eαt und für (α−z)b 1 <z > α gilt L(eαt )(z) = o∞ eαt e−zt dt = o∞ e(α−z)t dt = limb→∞ e α−z −1 = z−α . 1 Für α = 0 ergibt sich wie gehabt L(χ[0,∞) (t))(z) = z . Laplace-Transformation der DGl y 0 = y mit Anfangsbedingung y(0) = yo liefert L(y 0 )(z) = zL(y )(z) − y(0) = zL(y )(z) − yo = L(y )(z) oder zusammengefaßt yo (z − 1)L(y )(z) = yo , aufgelöst L(y )(z) = z−1 und so die Lösung y(x) = yo ex . c R R z.H. Die DGl ṁ(t) = −β m(t) beschreibt den radioaktiven Zerfall einer Stoff- o menge m(t), etwa mit der Anfangsbedingung m(0) = mo . Bestimme m(t). Z.B. Für x = <z > 0 gilt L( cos(ωt))(z) + jL( sin(ωt))(z) = R∞ cos(ωt) e −zt dt +j o sin(ωt) e dt = o = o = = z+jω 1 = z2 +ω2 . Dasselbe für −ω statt ω liefert L( cos(ωt))(z)−jL( sin(ωt))(z) = z−jω z−jω z ω und daher L( cos(ωt))(z) = z2 +ω 2 sowie L( sin(ωt))(z) = z 2 +ω 2 . z 2 +ω 2 Laplace-Transformieren der DGl y 00 + ω 2 y = 0 mit y(0) = 0 und y 0 (0) = 1 1 liefert z 2 L(y )(z) − 1 + ω 2 L(y )(z) = 0, aufgelöst L(y )(z) = z2 +ω 2 und damit 1 y(t) = ω sin(ωt). c R∞ −zt R ∞ jωt −zt e e dt R ∞ (jω−z)t e dt o (jω−z)b limb→∞ e jω−z −1 z.H. Löse y 00 + ω 2 y = 0 mit y(0) = yo und y 0 (0) = yo0 für beliebige Konstanten yo und yo0 . o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 −αt −zt e dt = o∞ te−(α+z)t o te −1 1 R ∞ −(α+z)t t e−αt |∞ dt o + α+z o e α+z Z.B. Mit f (t) = t e−αt ist L(f (t))(z) = mit partieller Integration L(f (t))(z) = 1 1 −1 −(α+z)t ∞ e |o = (α+z) 2. α+z α+z 39 R∞ R dt und = 0+ c Dämpfung: L(eat f (t))(z) = L(f (t))(z − a) für <z > γ + a L(eat f (t))(z) = Z.B. mo z−α+β = R ∞ at e f (t)e−zt dt o = R∞ o f (t)e−(z−a)t dt = F (z − a). = L(eαt mo e−βt )(z) = L(mo e−βt )(z − α) = mo z−(α−β) mo (z−α)+β mo z−α+β Z.B. L(eαt sin(ωt))(z) = L( sin(ωt))(z − α) = αt chend L(e cos(ωt))(z) = L( cos(ωt))(z − α) = ω und (z−α)2 +ω 2 z−α . (z−α)2 +ω 2 = c natürlich entsprec Verschiebung: L(H(t − to ) f (t − to ))(z) = e−to z L(f (t))(z) für <z > γ denn L(H(t − to ) f (t − to ))(z) = e−to z L(f (t))(z). R∞ to f (t − to )e−zt dt = R∞ o f (τ )e−(to +τ )z dτ = Ähnlichkeit: L(f (at))(z) = a1 L(f (t))( az ) für <z > a γ Zunächst ist L(f (at))(z) = o∞ f (at)e−zt dt und mit der Substitution τ = at und R z damit dτ = a dt eben L(f (at))(z) = a1 o∞ f (τ )e− a τ dτ = a1 L(f (at))( az ). R Z.B. 1 1 a az 1 z z to e− a z = L(χ[ to ,∞) (t))(z) = L(χ[to ,∞) (at))(z) = e−to a = 1 z a t0 1 L a (χ[to ,∞) (t))( az ) = e− a z . c o z.H. Verifiziere den Ähnlichkeitssatz anhand von sin t und sin(ωt). Integration: L( Rt o f (u) du)(z) = 1 z L(f (t))(z) für <z > γ Rt Mit g(t) = o f (u) du gilt nämlich L(f )(z) = L(g 0 )(z) = zL(g )(z) − g(0) = zL(g )(z). Auflösen liefert die Behauptung. Bem. Unter Verwendung der Eigenschaft bzgl. der Differentation ergibt sich R R R L(f (t))(z) = L( dtd ot f (u) du)(z) = zL( ot f (u) du)(z) − oo f (u) du und damit R L( ot f (u) du)(z) = z1 L(f (t))(z). ◦ Z.B. L(t)(z) = L( m per Induktion L(t Rt )(z) = z1 L(1)(z) = o 1 du )(z) = m! z m+1 1 R ∞ −zt e z o dt = 1 −zt o e |∞ z2 für <z > 0. = 1 z2 und c sin2 (t) = 2 sin(t) cos(t) = sin(2t) gilt sin2 (t) = ot sin(2u) du und mit dem Integrationssatz L( sin2 (t))(z) = z1 L( sin(2t))(z) = z1 z21+4 . c Z.B. Wegen d dt R Faltung: L(f ∗ g ) = L(f ) · L(g ) mit der für f (t) = g(t) = 0 falls t ∈ R− definierten (Laplace-) Faltung (f ∗ g)(t) = R ot f (t − u)g(u) du für t ∈ R. R∞ R t=∞ u=t L(f ∗g )(z) = o (f ∗ g)(t) e−zt dt = t=o f (t − u)g(u)du)e−zt dt liefert bei ( u=o R ∞ R t=∞ Vertauschung der Integrationsreihenfolge (Dreieck) L(f ∗g )(z) = u=0 t=u f (t − −zt u) e dt g(u) du und per Substitution v = t − u mit dv = −du eben L(f∗g )(z) = R u=∞ R v=∞ −z(v+u) dv g(u) du. Das Doppel-Integral ist trennbar und damit u=0 v=0 f (v) e R Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 40 folgt für die Laplace-Transformierte der Faltung L(f ∗g )(z) = R v=∞ −zv dv = L(f )(z) · L(g )(z). v=o f (v) e R∞ −∞ g(u)e−zu du · Bem. Die Faltung ist offensichtlich eine (bi-) lineare Operation und zudem kommutativ (zu verifizieren), wie sich auch sofort aus der Faltungseigenschaft der Laplace-Transformation ergibt. ◦ f (t − u)R g(u) du = omin(t,1) χ[0,1] (t − u) du und es gilt (f ∗ g)(t) = o χ[0,1]R(t − u) du = ot du = t für 0 < t < 1 sowie R1 R1 t (f ∗ g)(t) = o χ[0,1] (t − u) du = t−1 χ[0,1] (v) dv = t−1 dv = 2 − t für t > 1. Für f ∗ g ergibt sich der Dreiecksimpuls im Intervall [0, 2] mit Amplitude 1. c Z.B. Mit f = χ[0,1] = g ist (f ∗ g)(t) = R R Rt z.H. Verifiziere die Faltungseigenschaft von L für f = χ[0,1] und g = χ[0,1] . Z.B. Die Faltung von f (t) = t und g = χ[0,1] ist (f ∗g)(t) = o Rt o (t−u) χ[0,1] (u) du = 1 2 1 2 min(t,1) 1 = 2 t χ[0,1) (t) + (t − 2 )χ[1,∞) (t). Laut Defini(tu − 2 u )|o R R R (z) = o∞ (f ∗g)(t)e−zt du = 21 o1 t2 e−zt dt + 1∞ (t − 12 )e−zt du = R min(t,1) (t − u) du = o tion ist nun L(f ∗g ) 1 (1 − e−z ). z3 Aufgrund der Integrationseigenschaft von L ist zugleich L(f (t))(z) = z12 und mit c(t) ≡ 1 wieder L(g(t))(z) = L(c(t) − χ[1,∞) (t))(z) = z1 − L(c(t − 1))(z) = 1 (1 − e−z ), so daß sich erwartungsgemäß L(f ∗g )(z) = z13 (1 − e−z ) = L(f (t))(z) · z L(g(t))(z) ergibt. c Bem. Die Beziehung L(f ∗ g ) = L(f ) · L(g ) wird zur Rücktransformation genutzt: Bildfunktionen F (z) = L(f )(z) werden durch F (z) = G(z) · H(z) = L(g )(z) · L(h)(z) faktorisiert. Die Faltung g ∗ h ist dann die gesuchte Originalfunktion f . ◦ 1 1 = z1 z−a = L g (z)·L h (z) = L 1 ·L eat (z) folgt z(z−a) R R at 1 so f (t) = g ∗ h (t) = ot 1 ea(t−u) du = eat ot e−au du = eat −a (e−at − 1) = e a−1 . 1 1 Partialbruchzerlegung z(z−a) = a1 − z1 + z−a und Rücktransformation liefern 1 at c ebenso f (t) = a − 1 + e . 1 Z.B. Aus L f (t) (z) = (z 2 +1)z = z21+1 z1 = L g (z) · L h (z) ergibt sich f (t) = R R g ∗h (t) = ot g(u) h(t−u) du = ot sin(u) 1 du = 1−cos(t). Partialbruchzerlegung 1 = z1 − z2z+1 und Rücktransformation liefern ebenso f (t) = 1 − cos t. c z(z 2 +1) ( ) Z.B. Aus L(f (t))(z) = ( ( ) ( ) ) ( ( ( ( ( ) ) ) ) ( ) ( ) ) Sprung-Funktion: Für die Heaviside18 -Funktion gilt H(t − to ) = χ[to ,∞) (t) für alle t 6= to und damit L(H(t − to )f (t − to ))(z) = e−to z L(f (t))(z) für to > 0. Per Substitution τ = t − to und dτ = dt ist L(H(t − to )f (t − to ))(z) = R to ) e−zt dt = o∞ f (τ ) e−z(τ +to ) dτ = e−to z L(f (t))(z). R∞ to f (t − Für einen erst im Zeitpunkt to beginnenden Abkling-Vorgang e−αt gilt 1 L(H(t − to) e−α(t−to ) )(z) = e−to z L(e−αt )(z) = z+α e−to z . c Z.B. 18 Oliver Heaviside (1850-1925) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Heaviside.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 41 z.H. Für jedes geeignete f berechne allgemein L(f (t + to ))(z) für to > 0 und speziell L(t + to ))(z) für to > 0. o Bem. Aus L(f 0 (t))(z) = zL(f (t)) −f (0) folgt L(f 00 (t))(z) = zL(f 0 (t)) −f 0 (0) = z (L(f (t))(z) − f (0)) − f 0 (0) = z 2 L(f (t))(z) − z f (0) − f 0 (0) und verallgemeinert L(f (n) (t))(z) = z n L(f (t))(z) − Pn−1 n−1−i (i) z f (0) i=0 ◦ . Z.B. Gegeben y 00 + ω 2 y = 0 mit Anfangsbedingungen y(0) = 1 und y 0 (0) = π. Laplace-Transformation liefert L(y 00 + ω 2 y )(z) = (z 2 + ω 2 )L(y ) − z y(0) − y 0 (0) = z π (z 2 +ω 2 )L(y )−z−π = 0 und aufgelöst L(y )(z) = z2 +ω 2 + z 2 +ω 2 = L( cos(ωt))(z)+ π L sin(ωt))(z) = L( cos(ωt) + ωπ sin(ωt))(z). Wegen der Eindeutigkeit ist damit ω ( c y = cos(ωt) + ωπ sin(ωt). Für ein ‘mathematisches’ Pendel gilt aufgrund des Energie-Erhaltungssatzes Epot + Ekin = m g l (1 − cos ϕ) + 21 m l2 ϕ̇2 = const und damit 12 ϕ̇2 + g cos ϕ = const. Differenzieren liefert ϕ̈ + gl sin ϕ = 0. Wegen sin ϕ ≈ ϕ für l |ϕ| 1 gilt also ϕ̈ + gl ϕ = 0 für kleine Ausschläge. Laplace-Transformieren liefert L(ϕ̈(t))(z) = z 2 L(ϕ(t))(z) − zϕ(0) − ϕ̇(0) = − gl L(ϕ(t))(z) und Auflösen ϕ̇(0) L(ϕ(t))(z) = zϕ(0)+ . Mit Anfangsbedingungen ϕ(0) = ϕo und ϕ̇(0) = 0 liefert z 2 +g/l Z.B. Rücktransformieren die Lösung ϕ(t) = ϕo cos(ωt) mit ω = q g . l c Z.B. Die DGl y 0 + 5y = 4 sin(3t) mit Anfangsbedingung y(0) = 1 sei gegeben. Laplace-Transformation liefert L(y 0 +5y )(z) = L(y 0 )(z)+5L(y )(z) = zL(y )(z)− y(0) + 5L(y )(z) = (z + 5)L(y )(z) − 1 = 4L( sin(3t))(z) = 4 z23+9 , aufgelöst 2 +9+12 a 2 also L(y )(z) = (zz2 +9)(z+5) = z+5 + zbz+c 2 +9 . Identität der Zähler ergibt z + 21 = a(z 2 + 9) + (bz + c)(z + 5) und ausgewertet für z = −5 eben 46 = 34a oder 23 bzw. für z = 3j eben 12 = (c + j3b)(5 + 3j) = 5c − 9b + j(3c + 15b), a = 17 6 und c = 30 folgt. Damit d.h. c + 5b = 0 und 5c − 9b = 12, so daß b = − 17 17 1 23 z 3 ist L(y) = 17 ( z+5 − 6 z2 +9 + 10 z2 +9 ) und Rücktransformieren liefert die Lösung 1 y(t) = 17 c (23 e−5t − 6 cos(3t) + 10 sin(3t)). z.H. Löse y 00 + 9y = cos(2x) mit den beiden Anfangsbedingungen y(0) = 1 und y( 21 π) = −1 per Laplace-Transformation. o Z.B. An der Serienschaltung aus Widerstand R und Kondensator C liege die Er- regerspannung uerr (t) an. Die am Kondensator abfallende Spannung u(t) = uC (t) sei zu bestimmen. Wegen R1 uR (t) = ı(t) = dtd q(t) = C dtd uC (t) ist uR (t) = R C dtd u(t) und damit also uerr = uR +uC = R C u̇+u. Mit der Anfangsbedingung u(0) = 0 liefert die Laplace-Transformation R C zL(u)(z) + L(u)(z) = L(uerr ) δ und aufgelöst L(u)(z) = z+δ L(uerr ) mit δ = R1C . ω Bei Sinus-förmiger Erregung uerr (t) = û sin(ωt) ist L(uerr )(z) = û z2 +ω 2 und 1 ω c2 c1 z+c0 damit L(u)(z) = δû z+δ z2 +ω2 = δû( z+δ + z2 +ω2 ). Partialbruchzerlegung lie2 1 fert also L(u)(z) = δû δ2 δ+ω2 ( z+δ + z−z+δ 2 +ω 2 ) und die Rücktransformation u(t) = ω δ −δt δû δ2 +ω2 (e + ω sin(ωt) − cos(ωt)). Die Lösung läßt sich durch Zusammenfassen √ der Sinus- und Cosinus-Anteile gemäß a sin(ωt)+b cos(ωt) = a2 + b2 sin(ωt+ϕ) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 42 mit tan ϕ = ab , sin ϕ = √a2b+b2 und cos ϕ = √a2a+b2 zu einem Phasen-verschobenen Sinus-Anteil mit tan ϕ = −R C ω darstellen als u(t) = û cos ϕ( sin(ωt + ϕ) − sin ϕ e−δt ). Bei Rechteck-Impuls-förmiger Erregung ist etwa uerr (t) = û für t ∈ [to , t1 ], so daß uerr (t) = û(H(t − to ) − H(t − t1 )) mit L(uerr )(z) = û z1 (e−to z − e−t1 z ). δ 1 Wie oben folgt mit Partialbruchzerlegung L(u)(z) = û z+δ e−to z − e−t1 z ) = z( −1 1 1 û( z+δ + z1 )(e−to z − e−t1 z ) = û( z+δ e−t1 z − z+δ e−to z + z1 e−to z − z1 e−t1 z ) und damit per Rücktransformation u(t) = û(H(t − t1 )e−δ(t−t1 ) − H(t − to )e−δ(t−to ) + H(t − to ) − H(t − t1 )) = uerr (t) + û e−δt (H(t − t1 )eδt1 − H(t − to )eδto ). uerr (t) = û 2( t1o tχ[0, to ) (t) + tot−t χ[ to ,to ] (t)) beschreibt eine Dreieck-Impuls-förmige o 2 2 2 û Erregung. Dann ist u0err (t) = to (H(t)−2 H(t− t2o )+H(t−to )) mit L(u0err (t))(z) = to to 2 2 û 1 1 − 2 e− 2 z + e−to z = 2toû z1 1 − e− 2 z . Integration liefert L uerr (z) = to z to to 2 1 L u0err (t) (z) = 2toû z12 1 − e− 2 z = 2toû z12 1 − 2 e− 2 z + e−to z und Partialbruchz to 2 δ 1 1 δ L uerr (z) = 2toû z+δ 1 − e− 2 z = 2toû 1δ z+δ + zδ2 − zerlegung L u (z) = z+δ z2 to to 2 1 1 1 1 + zδ2 − z1 − 2 ( z+δ + zδ2 − z1 ) e− 2 z + ( z+δ + zδ2 − z1 ) e−to z 1 − e− 2 z = 2toû 1δ z+δ z to und Rücktransformation die Lösung u(t) = 2toû 1δ e−δt + δ t − H(t) − 2 (e−δ(t− 2 ) + δ (t − t2o ) − 1) H(t − t2o ) + (e−δ(t−to ) + δ (t − to ) − 1) H(t − to ) . c ( ) ( ) ( ) ( ( ) ) ( ( ) ) )( ( ) ) ( ) ( ( ) ( ) z.H. Im obigen Beispiel sei die Dreieck-Impuls-förmige Erregung durch uerr (t) = −t o û( tt−t χ[to ,t1 ) (t) + tt22−t χ[t1 ,t2 ] (t)) gegeben. Berechne u(t) auch unter Verwendung 1 −to 1 der Faltung. o Bem. Es gilt L(f (t))(z) = 1 1−e−T z RT o f (τ )e−zτ dτ für <z > 0 und jede auf R+ T -periodische Funktion f , da durch stückweise Integration aus L(f (t))(z) = R kT +T R∞ P −zt f (t) e−zt dt mit der SubstitutionR t = τ + kT eben dt = ∞ k=0 o f (t)e P P∞ R T kT −zkt T −zτ dt und L(f (t))(z) = k=0 o f (τ + kT ) e−z(τ +kT ) dt = ∞ k=0 e o f (τ ) e P∞ −zkt 1 mit der geometrischen Reihe k=0 e = −T z für die Laplace-Transformierte RT R P∞ −zkt1−e −zτ = 1−e1−T z oT f (τ )e−zτ dτ folgt. eben L(f (t))(z) = o f (τ )e dt k=0 e ◦ Der periodische Rechteck-Impuls kann als periodische Fortsetzung der Funktion f (t) = ho (t)−2hT /2 (t) = h(t)−2h(t−T /2) für t ∈ [0, T ) aufgefaßt werR R den. Damit ist L(f (t))(z) = 1−e1−zT ( oT /2 e−zτ dτ − TT/2 e−zτ dτ ) = 1−e1−zT z1 (1 − Z.B. 2e−zT /2 + e−zT ) = 1 (1−e−zT /2 )2 z 1−e−zT = 1 z tanh( T4 z). c Z.B. Für L(f (t))(z) des Einweg-gleichgerichteten Sinus f (t) = max(sin(ωt), 0) gilt L(f (t))(z) = π 1 1−e − 2π ω z R 2π ω o max(sin(ωt), 0) e−tz dt = 1 2π 1−e− ω z π ω R 1 −tz Mit oω sin(ωt) e−tz dt = z2 +ω (−z sin(ωt) − ω cos(ωt)) = 2 e o ω 1 folgt L(f (t))(z) = z2 +ω2 1−e− ωπ z . R π ω o sin(ωt) e−tz dt. ω z 2 +ω 2 π (e− ω z + 1) c Korrespondenzen von Funktionen f zu ihren Laplace-Transformierten L(f ) sind in Lehrbüchern wie Brauch/Dreyer/Haacke (Korrespondenzentafel,S.655), Burg/Haf/Wille, Band III (Zur Laplacetransformation, S.341) oder Papula, Band II (Tabelle spezieller Laplace-Transformationen S.666) sowie in Tafelwerken wie Bartsch Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 43 (Korrespondenzentabelle einiger rationaler Laplace-Integrale), Bronstein (OperatorenMethode zur Lösung gewöhnlicher Differentialgleichungen) oder sehr ausführlich in Stöcker (Laplace-Transformierte (Tabelle)) aufgelistet. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 4 44 Funktionen mehrerer Variabler Die mehrdimensionale Analysis untersucht Skalar- und Vektor-wertige Funktionen von mehreren Variablen oder Veränderlichen. Def. Eine Funktion f : Rn ⊃ D → W , d.h. f : r = (x1 , ..., xn ) 7→ f (r) ∈ W mit n > 1 heißt Funktion mehrerer Variabler oder mehrerer Veränderlicher. f ist eine Funktion der n unabhängigen Variablen x1 , x2 , . . . , xn . Falls W ⊂ R oder W ⊂ C heißt f Skalar-wertige, falls W ⊂ Rn oder W ⊂ Cn mit n > 1 heißt f Vektor-wertige Funktion von r ∈ D. Bem. Die Funktionen sind reell- oder komplexwertig, falls W ⊂ R oder W ⊂ C, sie sind Vektor-wertig, falls W ⊂ Rm oder W ⊂ Cm mit m > 1. Arithmetische Operationen, Nullstellen, Beschränktheit usw. sind völlig analog zum Fall der Funktionen einer Veränderlichen definiert. Eine komplex-wertige Funktion ist genau dann beschränkt, wenn Real- und Imaginär-Teil der Funktionswerte oder gleichermaßen wenn der Betrag der Funktionswerte beschränkt ist. ◦ Z.B. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, Spannung U = R I, Leistung T P = U I, Kraft F = m a, Frequenz f = f (L, C), Zustandsgleichung p = n R für V 2 n a ideale Gase bzw. Zustandsgleichung (p + V 2 ) · (V − nb) = nRT für reale Gase (van der Waal), Kennlinienfelder (z.B. Anodenstrom abhängig von Gitter- und Anodenspannung), Ebenen-Gleichung ax + by + cz + d = 0, Matrix-Transformationen r 7→ rT, Geschwindigkeit v(t) = f (a, vo , t) etwa bei konstanter Beschleunigung a und Anfangsgeschwindigkeit vo z.Zt. to und Ort r(t) = f (a(t), vo , ro , t) als Funktion der (variablen) Beschleunigung a(t) und der Anfangsgeschwindigkeit vo und des Ortes ro z.Zt. to , usw. c Bem. Darstellung durch explizite oder implizite Funktionsgleichungen, durch Werte-Tabellen oder auch Parameter-Darstellungen; graphische Darstellung des Funktionsgraphen {(x1 , . . . , xn , y) ∈ Rn+1 : y = f (x1 , . . . , xn )} für reellwertiges f und n = 2 im R3 , sonst durch Schnitte (Projektionen in R2 oder R3 ), Darstellung des Funktionsgraphen komplexwertiger Funktionen f etwa durch getrennte Darstellung von <f und =f bzw. |f | und arc f (vgl. Polar-Darstellung bzw. Amplituden- und Phasen-Spektrum). ◦ x zo z.H. Für f : R2 → R mit z = f (x, y) = e−(x + y zo für z = zo z = f (x, y) = x · y mit den Schnitten z = a y für x = a, z = x b für y = b bzw. c = x y für z = c. c Z.B. Ebene z = f (x, y) = x + y mit Schnitten zo = x + y oder 1 = 2 +y 2 ) ∈ R und für g : C → C mit g(z) = z bestimme (eine) implizite Darstellung, Graphen und Schnitte. Im Fall der komplexwertigen Funktion g stelle die Graphen von <g, =g, |g| und arc g im R3 dar, etwa (r, ϕ) 7→ r ejϕ . o 2 z.H. Zur Bestimmung des Graphens von z = f (x, y) = Koordinaten x = r cos ϕ und y = r sin ϕ. x2 x2 +y 2 verwende Polaro BDH 9, 461 BHW Bd.I 6.2,462 BrSe 13, 523 Pap Bd.2 IV 1 269 Sti 7.8, 335 Stö A2 1, 1 Stö TB 16, 558 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 45 Exkurs: Funktionsgraphen vs Parameter-Darstellungen Bem. Eine Fläche A ⊂ R3 sei Funktionsgraph von z = f (x, y) : R2 ⊃ D → R. Eine Parameter-Darstellung für A ist r(s, t) = (s, t, f (s, t)) für (s, t) ∈ D. ◦ z.H. Bestimme f und r(s, t) für die um den Translationsvektor (xt , yt , zt ) verschobene Fläche A. o Z.B. Der Zylinder-Mantel mit der z-Achse als Symmetrie-Achse und den Koor- dinaten-Ebenen als Symmetrie-Ebenen ist nicht als Graph einer Funktion z = f (x, y) darstellbar. Eine Parameter-Darstellung ist r(s, t) = (r cos t, r sin t, sh) für (s, t) ∈ [− 21 , 12 ] × [0, 2π]. Schnitte des Zylinders mit z = zo sind die Kreise r( zho , t) = (r cos t, r sin t, zo ). c z.H. Bestimme den Schnitt des Zylinders mit der Ebene x + y + z − 1 = 0. o z.H. Bestimme eine Parameter-Darstellung des schiefen Zylinders mit Radius r, Mittelpunktslinie von 0 nach u = (ux , uy , uz ) und Boden bzw. Deckel in bzw. parallel zu x-y-Ebene. o Z.B. Obere bzw. untere √ Halb-Kugel mit Radius r und Mittelpunkt 0 ist Graph von z = f (x, y) = ± r2 − x2 − y 2 oder implizit x2 + y 2 + z 2 − r2 = 0. Eine Parameter-Darstellung der Kugel ist r(s, t) = (x(s, t), y(s, t), z(s, t)) mit x(s, t) = r cos s cos t, y(s, t) = r cos s sin t und z(s, t) = r sin s für (s, t) ∈ [− π2 , π2 ] × [0, 2π] (vgl. Globus mit Längen- und Breitenkreisen). Schnitte des Funktionsgraphen mit x = xo , y = yo bzw. z = zo sind die Kreise c x2o + y 2 + z 2 − r2 = 0, x2 + yo2 + z 2 − r2 = 0 bzw. x2 + y 2 + zo2 − r2 = 0. z.H. Bestimme die obigen Schnitte mit der Kugel in Parameter-Darstellung. o Z.B. Der gerade Kreis-Kegel mit Grundkreis mit Radius r in z = 0, mit der Höhe h und √ der z-Achse als Symmetrie-Achse ist Funktionsgraph von z = f (x, y) = h(1 − x2 + y 2 /r) : R2 ⊃ D = {(x, y) : x2 + y 2 ≤ r2 } → R. Der Kegel hat eine Parameter-Darstellung r(s, t) = (1 − s)(r cos t, r sin t, 0) + s(0, 0, h) für (s, t) ∈ [0, 1] × [0, 2π]. c z.H. Bestimme f bzw. r(s, t) für den schiefen Kreis-Kegel mit Spitze in s = (xs , ys , zs ) bzw. für den allgemeinen Kegel, dessen Grundfläche in z = 0 von der Kurve c(t) für t ∈ [tmin , tmax ] berandet wird. o Z.B. Das (Normal-) Paraboloid ist Funktionsgraph von z = f (x, y) = x2 + y 2 . c z.H. Bestimme eine nicht-triviale, also von r(s, t) = (s, t, s2 + t2 ) verschiedene Parameter-Darstellung r(s, t) für das Paraboloid. z.H. Bestimme die Oberfläche eines Parabol-Spiegels der Höhe h. o o Der Torus (Ring) mit der z-Achse als Symmetrie-Achse und z = 0 als Symmetrie-Ebene und mit Radien r und R ist Funktionsgraph von z = f (x, y) = q √ 2 2 2 ± r − ( x + y − R)2 : R2 ⊃ D = {(x, y) : R − r ≤ |(x, y)| ≤ R + r} → R. Eine Parameter-Darstellung des Torus ist r(s, t) = (ρ(s) cos t, ρ(s) sin t, z(s)) mit ρ(s) = R + r cos s und z(s) = r sin s sowie (s, t) ∈ [−π, π] × [0, 2π]. c z.H. Bestimme Schnitte des Torus mit z = zo sowie mit y = cx. o Z.B. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 46 Def. Skalar-wertige Funktionen φ : Rn ⊃ D → W ⊂ R heißen auch SkalarFelder, Vektor-wertige Funktionen V : Rn ⊃ D → W ⊂ Rm heißen auch VektorFelder. Häufig wird f (r) für Skalar- bzw. f (r) für Vektor-Felder geschrieben. Funktionen der Form c : R ⊃ D → Rn liefern Kurven im Rn , solche der Form s : R2 ⊃ D → Rn liefern Flächen im Rn , jeweils in Parameter-Darstellung. ◦ Bem. Vektor-Felder sind Vektoren von Skalar-Feldern! Z.B. Massen-, Dichte-, Druck- oder Temperatur-Verteilungen, usw. vs Geschwin- digkeitsverteilungen in Strömungen, Schwerkraft-Felder, elektromagnetische Felder, usw. c Bem. Man verwendet Niveau-Linien/-Flächen, Isohypsen, Isothermen, Isobaren, usw. zur Darstellung von Skalar-Feldern. ◦ Bem. Geometrische Objekte wie Zylinder, Kegel, Kugel und ihre Schnitte lassen sich durch explizite Funktionen darstellen: der Graph ist das Objekt; oder in Parameter-Darstellung angeben: die Werte-Menge ist das Objekt. ◦ Z.B. Durch Äquipotentialflächen, also Flächen gleichen Potentials Kondensator geladener Leiter Punkt-Ladung '$ u j &% Zylindermäntel Ebenen '$ r j &% Kugeloberflächen kann das Skalarfeld ‘Potential’ z.B. eines Plattenkondensators, eines geladenen Drahtes unendlicher Länge oder einer Punkt-Ladung dargestellt werden. c Bem. Man verwendet Feld-Linien zur Darstellung von Vektor-Feldern V. Dabei ist eine Feld-Linie eine derartige Kurve, daß für jeden Punkt r der Kurve der Vektor-Feld-Vektor V(r) zu der Kurve tangential ist. Feldlinien schneiden sich nicht. Naturgemäß ergeben sie sich als Lösung von Differentialgleichungen (dr parallel zu V(r) genau dann, wenn dr × V(r) = 0). Die Feld-Linien-Dichte ist dabei ein Maß für die Intensität |V| des Feldes, d.h. für die Feld-Stärke. ◦ Das elektrische Feld E einer Punktladung wird anhand seiner Feld-Linien veranschaulicht, die – gleich verteilt – als Strahlen von der Punktladung ausgehen. und damit zu r−2 . Also ist |E| (in der Ebene) proportional zu n πLinien r2 Z.B. Punkt-Ladung @ @u @ @ Strahlen Dipol u Strom-durchflossener Leiter u '$ u &% zur Verbindungsstrecke konzentrische Kreise rotationssymmetrische Feld-Linien Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 47 Das magnetische Feld H eines Strom-durchflossenen Leiters wird anhand seiner Feld-Linien veranschaulicht, die – gleich verteilt – zum Leiter konzentrische Kreise sind. Also ist |H| (in der Ebene) proportional zu r Linien und damit zu r−1 . c π r2 Bem. Durch Hinzunahme der Zeit als einer weiteren unabhängigen Variablen bekommt man veränderliche, also zeitabhängige Vektor-Felder, etwa elektrische oder magnetische Felder E(r, t), H(r, t) : R3 × R+ ⊃ D → W ⊂ R3 . ◦ z.H. Visualisiere die Skalar-Felder f (x, y) = x y, g(x, y) = das Vektor-Feld V(x, y) = (y, x) sowie komplexe Polynome. x y und h(x, y) = 1 , xy o Im folgenden sind einschlägige Beispiele für Skalar- und Vektor-Felder zusammengestellt: Kurven und Flächen jeweils in Parameter-Darstellung. @m n@ @ 1 2 3 4 Parameter-DarParameter-Dar1 y = f (x) ... stellung r(t) von stellung r(t) von 2 3 Kurven im R Kurven im R Parameter-Darw = f (x, y), z.B. Matrix-Transforstellung r(s, t) 2 ... Temperatur-Verteimationen des R2 , von Flächen im lung auf Oberflächen z.B. Rotationen R3 ! Matrix-Transforu(x, y, t) mationen des R3 w = f (x, y, z), z.B. v(x, y, t) 2 3 ... Temperatur-Verteiz.B. zeitabhängige oder des R – in lung im Raum Matrix-Transfor- homogenen KoFelder mationen des! R2 ordinaten, Matrixu(x, y, z, t) u(x, y, z, t) w = f (x, y, z, t), Transformati v(x, y, z, t) v(x, y, z, t) z.B. zeitabhängige 4 onen des R3 w(x, y, z, t) z.B. Temperatur Temperatur-Verteiu und Druck v in orts- und zeitab- in homogenen lung im Raum hängige Felder Koordinaten Ort und Zeit .. . Skalar-Felder Vektor-Felder Z.B. In der generativen Computer-Graphik sind Matrix-Transformationen wie Skalierung und Rotation einschlägig. Bei Verwendung homogener Koordinaten kann auch die Translation als Matrix-Transformation aufgefaßt werden. In homogenen Koordinaten sind Transformationen der Ebene Funktionen f : R3 → R3 und solche des Raumes Funktionen f : R4 → R4 . c 4.1 Stetigkeit Def. Eine Funktion f : Rn ⊃ D → W ist in ro ∈ D genau dann stetig, wenn für jede Folge rn → ro , d.h. |rn −ro | → 0 auch f (rn ) → f (ro ), d.h. |f (rn )−f (ro )| → 0 gilt, also genau dann, wenn lim f (r) = f r→r o lim r = f (ro ) . r→r o BDH 9.1.2, 462 BHW Bd.I 6.2.3,469 BrSe 2.16.4, 107 Sti 7.8, 338 Stö A2 1.5, 37 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 48 Dasselbe gilt für Vektor-wertige Funktionen f : Rn ⊃ D → W ⊂ Rm . Eine Funktion f bzw. f ist in (ganz) D genau dann stetig, wenn f bzw. f in jedem ro ∈ D stetig ist. Geometrisch anschaulich ist folgende, gleichwertige Definition: Def. f ist in ro stetig genau dann, wenn mit jedem stetigen Weg r(t) nach ro auch f (r(t)) ein stetiger Weg nach f (ro ) ist. Bem. Diese Definition führt die Stetigkeit einer Funktionen mehrerer Variabler zurück auf die gleichzeitige Stetigkeit einer Familie von Funktionen einer reellen Variablen, nämlich aller Funktionen f ◦ r des Parameters t. ◦ Z.B. Da mit rn → ro auch in jeder Komponente (rn )i → (ro )i gilt, sind die c Projektionen f (r) = f (x1 , . . . , xn ) = xi für i = 1, ..., n stetig. Bem. Wie schon für Funktionen einer Variablen, folgt damit unmittelbar, daß für in ro ∈ D ⊂ Rn stetige, Skalar-wertige Funktionen f und g auch die Funktionen f f + g, cf für beliebigen Skalar c, f · g und für g(xo ) 6= 0 in ro stetig sind. ◦ g Z.B. Da die Projektionen stetig sind, ist auch jedes Polynom p(r) in den Veränderlichen x1 , ..., xn seines vektoriellen Argumentes r = (x1 , . . . , xn ) stetig. c z.H. Untersuche die Stetigkeit etwa von z = f (x, y) = sin x cos y (Verallgemei- o nerung?) sowie die der Beispiel-Funktionen. Z.B. Die Funktion f (x, y) = 2xy x2 +y 2 ist in (0, 0) nicht durch 0 stetig ergänzbar, da f (0, y) ≡ 0 und f (x, 0) ≡ 0 sowie f (x, x) ≡ 1 für alle x, y 6= 0, obwohl sowohl f (0, y) als auch f (x, 0) jeweils für alle x bzw. y stetig sind. c z.H. Bestimme limx→0 f (x, mx) für festes m ∈ R und veranschauliche f . Z.B. Die Funktion f (x, y) = lim f (0, y) = lim y→0 −y 2 2 y→0 y x2 −y 2 x2 +y 2 o ist in (0, 0) nicht stetig ergänzbar, da einerseits 2 = −1 und andererseits lim f (x, 0) = lim xx2 = 1 gilt. x→0 x→0 c Def. Seien r = (x1 , . . . , xn ) und ro = (xo1 , . . . , xon ). Grenzwerte der Form limxi →xoi f (r), also Grenzwerte in einer Variablen xi bei festgehaltenen übrigen Variablen x1 , . . . , xi−1 , xi+1 , . . . , xn heißen partielle Grenzwerte. Bem. Notwendig aber nicht hinreichend für Stetigkeit ist, daß alle nacheinander gebildeten partiellen Grenzwerte unabhängig von der Reihenfolge übereinstimmen. ◦ Bem. Vektor-wertige Funktionen f : D → W ⊂ Rm oder f : D → W ⊂ Cm sind genau dann stetig, wenn jede Komponente fi : D → R bzw. fi : D → C von f = (f1 , . . . , fm ) stetig ist. ◦ Z.B. r(t) = (x(t), y(t), z(t)) ist genau dann eine stetige Kurve im R3 , wenn jede der (Komponenten-) Funktionen x(t), y(t) und z(t) stetig ist. c Untersuche die Stetigkeit gängiger Skalar- und Vektor-Felder, also etwa 2 c −c f (x, y) = x2x+y2 , f (r) = |r| oder V(r) = |r| o 3 r. z.H. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 4.2 49 Differenzierbarkeit Zur Einführung seien zunächst Ableitungen Vektor-wertiger Funktionen einer einzigen Variablen betrachtet. Def. Für Funktionen f : R ⊃ D → W ⊂ Rn , also f (t) = (f1 (t), . . . , fn (t)) ist die Ableitung dtd f (to ) = ḟ (to ) in to der Vektor dtd f (to ) = ḟ (t) = (f˙1 (t), . . . , f˙n (t)) der Komponenten-Ableitungen. p(t) = r(cos t, sin t) ∈ R2 für t ∈ [0, 2π] ist die Parameter-Darstellung des Kreises mit Radius r um 0 in der Ebene. Der Tangential-Vektor ṗ(t) = r(− sin t, cos t) steht wegen p(t)·ṗ(t) = r(cos t, sin t)·r(− sin t, cos t) = 0 senkrecht auf dem zugehörigen Ortsvektor p(t). c Z.B. z.H. Berechne Geschwindigkeit und Beschleunigung einer Bewegung auf einer Schraubenlinie: r(t) = (ro cos ωt, ro sin ωt, vo t) und interpretiere das Ergebnis. o d (f dt · g) = ḟ · g + f · ġ sowie f = f (t) und g = g(t). z.H. Zeige d (f dt × g) = ḟ × g + f × ġ für Funktionen o Z.B. Mit Newton ist F = m a = m v̇ = ṗ mit dem Impuls p = m v. Falls sich die Masse in der Zeit ändert (Abbrand des Raketen-Treibstoffs) gilt F = ṗ = ṁ v + m v̇ = ṁ v + m a. c Ein Elektron der Masse m bewege sich auf der Bahnkurve r(t) im konstanten, homogenen Magnet-Feld der Induktion B = (Bx , By , Bz ), bei Wahl eines geeigneten Koordinatensystems B = (Bx , 0, 0). Es ist die sich ergebende Bahnkurve zu bestimmen. Auf das Elektron wirkt die Kraft F = −e ṙ × B = mr̈. Mit r(t) = (x(t), y(t), z(t)) ergibt der Komponentenvergleich ẍ = 0, ÿ = − me Bx ż und z̈ = me Bx ẏ. Integration unter den Anfangsbedingungen x(0) = y(0) = z(0) = 0, Bx Bx z sowie ż = e m y + ż(0) und daẋ(0) = ẏ(0) = 0 sowie ż(0) > 0 liefert ẏ = − e m 2 e Bx e Bx d 2 2 2 2 2 2 2 mit ẏ +ż = ( m ) (z +y )+2 m y ż(0)+ż (0). Wegen dt (ẏ +ż ) = 2ẏ ÿ+2ż z̈ = Bx 2 em (−ẏ ż + ż ẏ) ≡ 0 folgt (ẏ 2 + ż 2 )(t) ≡const und wegen (ẏ 2 + ż 2 )(0) = ż 2 (0) y ż(0) = 0 oder eben (ẏ 2 + ż 2 )(t) ≡ ż 2 (0). Daher ergibt sich z 2 + y 2 + 2 e m Bx Z.B. (y + 2 m ż(0) e Bx 2 ) + z 2 = ( e mBx ż(0)) bzw. (y + ro )2 + z 2 = ro2 mit ro = m ż(0). e Bx Das Elektron bewegt sich also auf dem Kreis um (0, −ro , 0) mit Radius ro in der ż(0) die Unbekannte me bestimmt werden y-z-Ebene, so daß aus dem Radius e m Bx kann. Laplace-Transformation liefert statt einer impliziten Darstellung der Bahn des Bx Elektrons die Unbekannten y(t) und z(t) direkt: aus ẏ = − e m z und ż = e Bx e Bx y + ż(0) folgt L(ẏ(t))(s) = sL(y(t))(s) = − m L(z(t))(s) und L(ż(t))(s) = m Bx sL(z(t))(s) = e m L(y(t))(s) + 1s ż(0). Durch Einsetzen ergibt sich L(z(t))(s) = Bx 1 2 1 = s2 +(ż(0) −( e m L(z(t))(s) + s12 ż(0) und damit L(z(t))(s) = ż(0) eBx 2 = s) s2 1+( eBx 1 )2 ) m s m ω e Bx e Bx 1 ro s2 +ω 2 mit ω = m und durch erneutes Einsetzen L(y(t))(s) = − m s L(z(t))(s) ω 1 s s 1 2 1 1 = −ro ω 1s s2 +ω 2 = −ro ω ( ω 2 s − ω 2 s2 +ω 2 ) = ro ( s2 +ω 2 − s ). Mit z(t) = ro sin(ωt) und y(t) = ro (cos(ωt) − 1) liefert Rücktransformieren die Lösung. c BDH 9.2, 464 BHW Bd.I 6.3,472 BrSe 6.2, 288 Pap Bd.2 IV 2,287 Sti 7.8, 339 Stö A2 2, 40 Stö TB 12.6, 487 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 50 Was passiert unter den Anfangsbedingungen x(0) = y(0) = z(0) = 0, ẋ(0) = ż(0) = 0 und ẏ(0) > 0 oder etwa zusätzlich ẋ(0) = vox ? o z.H. Exkurs: Erzeugen von Parameter-Darstellungen von Oberflächen durch Verschieben von ebenen Kurven c(t) entlang einer Leit-Kurve m(s), so daß die Ebenen-Normalen der zu verschiebenden Kurve immer mit den Tangenten ṁ(s) an die Leit-Kurve zusammenfallen Z.B. Verschieben eines Kreises senkrecht zu und entlang einer Strecke erzeugt Zylinder: aus der Leit-Kurve m(s) = shez für s ∈ [0, 1] auf der z-Achse und dem Kreis c(t) = r(cos t, sin t, 0) für t ∈ [0, 2π] in der x-y-Ebene wird der Zylinder p(s, t) = m(s) + c(t) für (s, t) ∈ [0, 1] × [0, 2π]. c z.H. Erzeuge ebenso gerade und schiefe Kegel und Pyramiden. o Bem. Um c(t) in der x-y-Ebene (normierter Normalen-Vektor ist ez ) mit Bezugspunkt 0 in Ebenen mit Bezugspunkt m und vorgegebenen, normierten Normalen n = (a, b, c) transformieren zu können, sind zwei Rotationen und eine nachfole gende Translation nötig: die Rotation Rβy um die y-Achse und den Drehwinkel β, gegeben durch Multiplikation des Argumentes als Zeilen-Vektor mit der Matrix e Rβy d 0 −a cos β 0 − sin β 1 0 = 0 1 0 = 0 a 0 d sin β 0 cos β √ mit d = b2 + c2 überführt den Normalen-Vektor ez der x-y-Ebene in den nore mierten Normalen-Vektor (a, 0, d) = (0, 0, 1)Rβy der gedrehten Ebene. Eine zweite Rotation Rαex um die x-Achse mit Drehwinkel α gegeben durch Multiplikation des Argumentes als Zeilen-Vektor mit der Matrix Rαex 1 0 0 = 0 cos α sin α = 0 − sin α cos α d 0 0 1 0 c −b d 0 b c überführt (a, 0, d) in den gegebenen Vektor n = (a, b, c) = (a, 0, d)Rαex . Damit überführt die Hintereinander-Ausführung dieser beiden Rotationen, gegeben e durch das Matrix-Produkt Rβy Rαex nicht nur ez in (a, b, c) sondern zugleich die x-y-Ebene in die Ebene durch 0 mit dem vorgegebenen Normalen-Vektor (a, b, c). Eine Translation um m verschiebt diese Ebene parallel in die gewünschte Ebene mit dem Bezugspunkt m. ◦ Z.B. Der Torus (Ring) mit kleinem Radius r und großem Radius R ≥ r wird erzeugt durch Verschieben von Kreisen c(t) mit Radius r in Ebenen senkrecht zur x-y-Ebene entlang des Kreises m(s) = R(cos s, sin s, 0) für s ∈ [0, 2π] als Leit-Kurve. Für jedes s ∈ [0, 2π] wird dazu der Kreis c(t) = r(cos t, sin t, 0) für t ∈ [0, 2π] um 0 in der x-y-Ebene mit normiertem Normalen-Vektor ez in die 1 Ebene mit normiertem Normalen-Vektor n = |ṁ(s)| ṁ(s) gedreht und nach m(s) verschoben. Dabei ist n = (− sin s, cos s, 0) = (a, b, c). c z.H. Modelliere eine Schrauben-Feder durch Verschieben von Kreisen entlang 3d_model.cc 3d_model.exe Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 51 einer Schraubenlinie. o z.H. Modelliere Fleischerhaken, Büro-Klammern, Kleiderbügel, Glühbirnen ... o 4.2.1 partielle Ableitungen Eine Funktion mehrerer Veränderlicher x1 , . . . , xn läßt sich als Funktion der Veränderlichen xi auffassen, indem alle übrigen Veränderlichen festgehalten werden. ∂f Def. Die Ableitungen ∂x einer Funktion f : Rn ⊃ D → W ⊂ R nach einer i Variablen xi bei festgehaltenen übrigen Variablen heißen partielle Ableitungen von f . Für ro = (xo1 , . . . , xon ) gilt dann f (xo1 , ..., xoi + h, ..., xon ) − f (xo1 , . . . , xon ) ∂f ∂f = lim (ro ) = h→0 ∂xi ∂xi ro h d f (xo1 , ..., xi , ..., xon ) dxi xi =xo f (ro + hei ) − f (ro ) = fxi (ro ) ∈ R h→0 h = lim i f heißt (partiell) differenzierbar in ro genau dann, wenn alle partiellen Ableitungen existieren. f heißt in ro stetig (partiell) differenzierbar genau dann, wenn die partiellen Ableitungen zudem in ro stetig sind. f heißt in D (stetig) differenzierbar genau dann, wenn f in jedem ro ∈ D (stetig) differenzierbar ist. ∂f (ro ) entspricht der Steigung der Tangente an Bem. Die partielle Ableitung ∂x i ◦ die Schnittkurve des Funktionsgraphen mit der Ebene xi = xoi . Für f (x, y) = xy gilt fx (xo , yo ) = ∂∂xf (xo , yo ) = yo und fy (xo , yo ) = ∂f (xo , yo ) = xo . ∂y 2 2 2 2 ∂g (xo , yo ) = −2xo e−(xo +yo ) = −2xo g(xo , yo ) und Für g(x, y) = e−(x +y ) gilt ∂x 2 2 ∂g (xo , yo ) = −2yo e−(xo +yo ) = −2yo g(xo , yo ). c ∂y Z.B. 1 z.H. Bestimme alle partiellen Ableitungen von f (x, y) = xy , g(x, y) = sin(x) cos(y) und h(r) = c |r| sowie die der Komponenten-Funktionen von V(r) = − |r|c 3 r. o Bem. Die Rechenregeln für das Differenzieren übertragen sich auf die partiellen Ableitungen, da eine Funktion mehrerer Veränderlicher als Funktion einer Veränderlicher aufgefaßt werden kann, wenn alle Variablen bis auf eine festgehalten werden. Es gilt also für partiell differenzierbare Funktionen f und g der n Veränderlichen x1 , . . . , xn und für jeden Skalar c ∂(f +g) ∂f ∂g ∂(cf ) ∂f ∂(f · g) ∂f ∂g = + und =c sowie = g+f . ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi Falls alle Veränderlichen xi = xi (t) von einer gemeinsamen Variablen t abhängen, gilt für g(t) = f (x1 (t), . . . , xn (t)) bei Stetigkeit der partiellen Ableitungen und aufgrund der Kettenregel für Funktionen einer Variablen n X dg ∂f d xi (t) = = dt i=1 ∂xi dt ∂f ∂f , ..., ∂x1 ∂xn ! d x1 d xn · , ..., dt dt ! = grad f |r(t) > ṙ(t) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 52 Es gilt nämlich zunächst für eine Funktion z = f (x, y) zweier Veränderlicher und > > für r(t) = (x(t), y(t)) mit ṙ(t) = (ẋ(t), ẏ(t)) sowie für die sich durch Einsetzen ergebende Funktion g = f ◦ r oder eben g(t) = f (r(t)) einer Veränderlichen ġ(t) = d f (x(t), y(t)) f (x(t+h), y(t+h)) − f (x(t), y(t)) dg (t) = (t) = lim h→0 dt dt h f (x(t+h), y(t+h)) −f (x(t), y(t+h)) f (x(t), y(t+h)) −f (x(t), y(t)) + lim h→0 h→0 h h = lim = > ∂f d x ∂f d y > + = fx (r(t)), fy (r(t)) (ẋ(t), ẏ(t)) = grad f |r(t) ṙ(t) ∂x dt ∂y dt und ebenso allgemein d f (x1 (t), . . . , xn (t)) dg (t) = (t) dt dt f (x1 (t+h), . . . , xn (t+h)) − f (x1 (t), . . . , xn (t)) = lim h→0 h f (x1 (t+h), ..., xn (t+h)) − f (x1 (t), x2 (t+h), ..., xn (t+h)) = lim h→0 h f (x1 (t), x2 (t+h), ..., xn (t+h)) −f (x1 (t), x2 (t), ..., xn (t+h)) + lim h→0 h f (x1 (t), ..., xn−1 (t), xn (t+h)) −f (x1 (t), ..., xn−1 (t), xn (t)) +. . .+ lim h→0 h n X f (x1 (t), ..., xi (t+h), ..., xn (t)) − f (x1 (t), ..., xi (t), ..., xn (t)) = lim h→0 h i=1 n X ∂f d xi = = i=1 ∂xi dt ∂f ∂f , ..., ∂x1 ∂xn ! d xn d x1 · , ..., dt dt ! = grad f |r(t) > ṙ(t) Diese Form der Kettenregel findet etwa in der Taylor-Entwicklung von Funktionen mehrerer Veränderlicher ihre Anwendung. ◦ √ 2 Z.B. Für z = x + y 2 mit x = x(t) = r cos t und y = y(t) = r sin t (Höhenlinie) ∂z dx ∂z dy = ∂x + ∂y = − xz r sin t + yz r cos t = −xy+xy = 0 und per Einsetzen für gilt dz dt dt dt z dz z = z(t) ≡ r ebenso dt = 0. c Bem. Die Koordinatentransformation x = x(u, v) und y = y(u, v) überführt die Funktion z = f (x, y) in g(u, v) mit z = f (x(u, v), y(u, v)) = g(u, v). Die Kettenregel liefert gu = fx xu +fy yu und gv = fx xv +fy yv oder per Skalarprodukt gu = (fx , fy )(xu , yu )> und gv = (fx , fy )(xv , yv )> . ◦ Z.B. Die Funktion z = f (x, y) = x2 , x2 +y 2 in Polar-Koordinaten x = r cos ϕ und y = r sin ϕ dargestellt, lautet z = g(r, ϕ) = cos2 ϕ. Die partiellen Ableitungen x y2 −2 x2 y sind fx = (x22 +y 2 )2 und fy = (x2 +y 2 )2 sowie gr = 0 – wie ja vom Graphen her zu erwarten – und gϕ = −2 cos ϕ sin ϕ. Diese ergeben sich auch mit der Kettenregel 2 2 2 −x2 y 2 ϕ−x2 y sin ϕ gr = fx cos ϕ + fy sin ϕ = 2 x y cos = 2r x(xy2 +y = 0 wie eben auch gϕ = 2 )2 (x2 +y 2 )2 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 3 3 53 2 2 +x y y +x x y −fx r sin ϕ + fy r cos ϕ = −2 x(xy2 +y 2 )2 = −2 x y (x2 +y 2 )2 = −2 r r = −2 cos ϕ sin ϕ. Polar-Koordinaten sind offensichtlich die Koordinaten der Wahl zur Visualisierung des Graphens von f . In Cartesischen Koordinaten liegt zunächst nur der 1 Werte-Bereich 0 ≤ f (x, y) ≤ 1 auf der Hand. Erst f (x, cx) = 1+c 2 erschließt, daß f (x, y) nur von y/x bzw. von x/y abhängt. c Def. Partielle Ableitungen von partiellen (ersten) Ableitungen heißen parti∂2f ∂ ∂ = ∂y f . Partielelle Ableitungen zweiter Ordnung. Man schreibt fxy = ∂y∂x ∂x le Ableitungen n-ter Ordnung sind partielle Ableitungen von partiellen Ableinf ∂ n−1 f ∂ tungen (n − 1)-ter Ordnung. Man schreibt fx1 ...xn = ∂xn∂...∂x = = ∂xn ∂xn−1 ...∂x1 1 ∂ ∂ . . . ∂x∂ 1 f . ∂xn ∂xn−1 Z.B. Durch y(x, t) = A sin ( 2π (ct − x)) ist eine Transversalwelle mit Ausbreiλ tung in x-Richtung, Maximal-Amplitude A, Ausbreitungsgeschwindigkeit c und Wellenlänge λ zur Zeit t gegeben. Solche Wellen erfüllen die partielle Differential2 ∂2y c Gleichung ∂∂t2y = c2 ∂x 2 , die sogenannte Wellengleichung. Satz (Schwarz19 ) Ist eine Funktion mehrerer Variabler n-mal stetig differenzierbar, so sind die partiellen Ableitungen n-ter Ordnung unabhängig von der Reihenfolge des Differenzierens: d.h. es gilt ∂ f ∂y ∂ ∂x ! = fxy = fyx ∂ = ∂y ∂ f ∂x ! = fxj1 x . oder fxi1 x . j2 . i2 . . xj . xi n n für beliebige Permutationen i1 , . . . , in und j1 , . . . , jn derselben Index-Menge mit {i1 , . . . , in } = {j1 , . . . , jn } (einschließlich Mehrfachheit). • Z.B. Für 3-mal stetig differenzierbare Funktionen f (x, y) gilt also etwa fx y = ∂fx ∂fy = = fy x und fx2 y = fx y x = fy x2 sowie fy2 x = fy xy = fx y2 . ∂y ∂x So gilt etwa für das Polynom f (x, y) = x2 + 2xy + y 2 in x und y zugleich fx y = ∂ ∂ (2x + 2y) = 2 wie auch fy x = ∂x (2x + 2y) = 2. c ∂y z.H. Verifiziere die Aussage des Satzes von Schwarz für alle partielle Ableitungen √ 2 2 von f (x, y) = ln(x) y, g(x, y) = sin(2x) cos(3y) und h(x, y) = e−(x +y ) bis zur dritten Ordnung. o 4.2.2 Extremwerte reellwertiger Funktionen mehrerer Veränderlicher Die Betrachtung der partiellen Funktionen einer Veränderlichen wie etwa z = f (xo , y) oder z = f (x, yo ) für feste xo bzw. yo und z = f (x, y) liefert folgenden Satz Notwendig aber nicht hinreichend für einen Extremwert einer reellwertigen Funktion mehrerer Variabler an der Stelle xo ist das Verschwinden aller partiellen Ableitungen erster Ordnung in xo . • 19 Hermann Amandus Schwarz (1843-1921) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Schwarz.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 54 Z.B. Die Regressions- oder Ausgleichsgerade y = ax+b minimiert die Summe der Fehlerquadrate bei n Beobachtungen (xi , yi ): Notwendig für minimales f (a, b) = Pn ∂f ∂f 1 Pn 2 i=1 (yi − a xi − b) ist ∂a = 0 und ∂b = 0. Sei zur Abkürzung x = n i=1 xi ∂f (a,b) 1 Pn der Mittelwert der xi und y = n i=1 yi derjenige der yi . Dann folgt aus ∂a = Pn Pn Pn 2 i=1 xi + b n x sowie aus i=1 yi xi = a i=1 (−2)(yi − a xi − b)xi = 0 einerseits Pn ∂f (a,b) = i=1 (−2)(yi − a xi − b) = 0 andererseits b = y − a x und daher a = ∂b P P y]−[x]·[y] (n y x − ni=1 yi xi ) / (n x2 − ni=1 x2i ). Andere Darstellungen wie a = n[x n[x2 ]−[x]2 und b = [x2 ]·[y]−[x]·[x y] n[x2 ]−[x]2 mit der Gauß’schen Summenschreibweise [x y] := oder numerisch stabiler a = Pn (x −x̄)(yi −ȳ) i=1 i P n 2 i=1 (xi −x̄) Pn i=1 xi yi und b = ȳ − a x̄ mit den Mittelwerten x̄ = n1 [x] und ȳ = n1 [y] sind gebräuchlich und gleichbedeutend, s.a. (linear) least squares in heath.pdf. c 1 n Pn ri von n identischen Masse-Punkten in ri = (xi , yi , zi ), d.h. Masse-Punkten mit derselben Masse, die P P Summe der Abstandsquadrate ni=1 |ri −rs |2 = ni=1 ((xi−xs )2 +(yi−ys )2 +(zi−zs )2 ) minimiert. Wie berechnet sich der Schwerpunkt für beliebige Massen mi in ri ? o z.H. Zeige, daß der Schwerpunkt rs = (xs , ys , zs ) = i=1 Bem. Die Bedingung ist nicht hinreichend, wie etwa f (x, y) = x·y zeigt: in jeder Umgebung der Nullstelle (0, 0) gibt es positive und negative Funktionswerte. Der Ursprung (0, 0) kann also trotz fx (0, 0) = 0 = fy (0, 0) keine Extremwertstelle sein. ◦ Z.B. Das hyperbolische Paraboloid z = f (x, y) = x2 − y 2 hat in 0 trotz fx (0) = 0 = fy (0) gerade keine Extremwertstelle, wie ja auch die partiellen Funktionen f (0, y) und f (x, 0) zeigen. c Bem. Eine Funktion f = f (x, y) zweier Veränderlicher hat in ro = (xo , yo ) einen lokalen Extremwert, wenn an der Stelle ro fx (ro ) = 0 = fy (ro ) d.h. 2 ∂f ∂x ro =0= gilt. Wenn ∂∂xf2 (xo , yo ) und Maximum (Minimum) vor. fxx (ro )fyy (ro ) > (fxy fyx )(ro ) = (fxy (ro )) und ∂f ∂y ro und ∂2f (xo , yo ) ∂y 2 ∂2f ∂2f ∂x2 ro ∂y 2 ro > 2 2 ∂2f ∂x∂y ro zugleich negativ (positiv) sind, liegt ein ◦ z.H. f = f (x, y) hat in ro einen lokalen Extremwert, wenn fx (ro ) = 0 = fy (ro ), f d.h. grad f |ro = 0, und |H(ro )| = xx fyx 2 fxy (r ) > 0 gilt. fyy 0 o 2 Die Funktion f (x, y) = e−(x +y ) hat in (0, 0) ein (lokales) Maximum, 2 2 2 2 da erstens ∂f (0, 0) = −2xe−(x +y ) |(0,0) = 0 und ∂f (0, 0) = −2ye−(x +y ) |(0,0) = ∂x ∂x Z.B. 2 2 ∂ f ∂2f ∂2f | − | = (4x2 −2) f (x, y) · (4y 2 −2) f (x, y)|(0,0) − 2 2 (0,0) (0,0) ∂x ∂y ∂x∂y 2 2 4xyf (x, y)|(0,0) = 4 > 0 und drittens ∂∂xf2 (0, 0) = (4x2−2) f (x, y)|(0,0) = −2 < 0 2 c wie auch ∂∂yf2 = (4y 2 −2) f (x, y)|(0,0) = −2 < 0 gilt. 0, zweitens Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 55 z.H. Das Paraboloid z = f (x, y) = x2 + y 2 hat ein absolutes Minimum in 0. o Z.B. f (x) = x2 und g(x) = x − 1 seien gegeben und die Paare von Punkten jeweils auf den Funktionsgraphen mit minimalem Abstand d zu bestimmen. Die beiden Punkte (u, f (u)) = (u, u2 ) und (v, g(v)) = (v, v − 1) haben den Abstand d2 (u, v) = (u − v)2 + (u2 − v + 1)2 . Wenn dieser in (u, v) eine Extremwertstelle 2 d2 (u, v) = 0 und ∂∂vd (u, v) = 0, d.h. 2(u − v) + 4(u2 − hat, gilt notwendigerweise ∂∂u v + 1)u = 0 oder 4u3 + 6u − 2v(2u + 1) = 0 sowie (u − v) + (u2 − v + 1) = 0 oder u2 +u−2v +1 = 0 und damit 2v = u2 +u+1. Eingesetzt ergibt sich 0 = 4u3 +6u− (2u + 1)(u2 + u + 1) = 2u3 − 3u2 + 3u − 1 = (u − 12 )2(u2 − u + 1). Außer der reellen Nullstelle uo = 12 gibt es also nur noch zwei (konjugiert) komplexe Nullstellen. Daher ist (uo , vo ) = ( 21 , 87 ) Minimumsstelle. (uo , vo ) ist eine Extremwertstelle, da die Bedingung (d2uu d2vv − (d2uv )2 )|(uo ,vo ) = ((6 + 12u2 − 4v)4 − (2 − 4u)2 )|(uo ,vo ) = (20 + 32u2 − 16(u + v))|(uo ,vo ) = 6 > 0 erfüllt ist. d2uu (uo , vo ) = 6 + 124 − 288 > 0 und d2vv (uo , vo ) = 4 > 0 zeigen, daß es sich um ein Minimum handelt. Der minimale 9 9 9 Abstand ist dann d2 (uo , vo ) = ( 21 − 87 )2 + ( 14 − 87 + 1)2 = 64 + 64 = 32 . c Zeige, daß der Abstand d der beiden Geraden pi (t) = qi + tri durch d = |[q2 − q1 , r1 , r2 ]|/|r1 × r2 |, also durch das durch seine Grundfläche dividierte Volumen des durch r1 , r2 und q2 − q1 aufgespannten Spates (Parallelepipeds) berechnet werden kann. o z.H. z.H. Warum ist das lokale Maximum von f (x, y) = e−(x ein globales Maximum? 2 +y 2 ) in (0, 0) zugleich o Bem. Wenn fxx fyy − (fxy )2 ≤ 0 in (xo , yo ) gilt, so hat f in (xo , yo ) kein (lokales) Extremum. ◦ z.H. Zeige, daß f (x, y) = (x + y)3 − 12xy in (0, 0) kein Maximum und in (1, 1) o ein Minimum hat. z.H. f (x, y) = x ln(x + y) − y hat für x + y > 0 kein (lokales) Extremum. o n Satz Eine Funktion f : R ⊃ D → R sei in xo zweimal stetig differenzierbar. Wenn alle partiellen Ableitungen fxi = 0 für i = 1, . . . , n verschwinden und die Hesse20 -Matrix H(xo ) = (fxi xj )(xo ) definit ist, also entweder nur positive oder nur negative Eigenwerte, i.e. Nullstellen des charakteristischen Polynomes p(λ) = (H − λE) hat, so hat f in xo ein (lokales) Extremum, und zwar ein Maximum bzw. Minimum, falls H = (fxi xj )(xo ) negativ bzw. positiv definit ist, falls also alle Eigenwerte negativ bzw. positiv sind. • z.H. Für festes a 6= 0 und |r| < 1 hat die Funktion f (r) = a · r + √ 1 a 1+|a|2 ihr absolutes Maximum. q 1 − |r|2 in o z.H. Leite die Bedingungen für Extrema von Funktionen f : R2 ⊃ D → R aus den Bedingungen für Extrema von Funktionen f : Rn ⊃ D → R ab. 20 Ludwig Otto Hesse (1811-1874) o www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Hesse.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 56 Sei f (t) eine 2π-periodische Funktion. Gesucht sei das approximierende P ‘Fourier-Polynom’ Pn (t) = a2o + nk=1 (ak cos(kt) + bk sin(kt)) des ‘Grades’ n. Die Fourier-Koeffizienten ak und bk ergeben sich als Minimum des Abstandes Rπ 2 ∂d d(ao , . . . , an , b1 , . . . , bn ) = −π = 0 folgt nämlich ao = (f (t) − Pn (t)) dt. Aus ∂a 0 R 1 π ∂d ∂d f (t) dt und aus ∂ak = 0 sowie ∂bk = 0 mithilfe der Orthogonalitätsrelationen π −π R Rπ π ak = π1 −π f (t) cos(kt) dt sowie bk = π1 −π f (t) sin(kt) dt für k = 1, . . . , n. o z.H. Bem. Extrema unter Nebenbedingungen: maximiere etwa f (x, y) unter der Nebenbedingung g(c, y) = c. Beobachte: ein (x, y) auf den Isohypsen f (x, y) = d und g(x, y) = c kann nur dann das Optimierungsproblem lösen, wenn eine Bewegung auf g = c tangential zu f = d verläuft. Sonst könnte man sich nämlich auf g = c ’vorwärts’ oder ’rückwärts’ bewegen und dabei f vergrößern oder verkleinern, ohne die Nebenbedingung g = c zu verletzen. In der Extremwertstelle sind also die Gradienten parallel, grad f = −λ grad g. Man ’übersetzt’ also das Optimierungsproblem mit Nebenbedingung in ein ’normales’ ohne Nebenbedingungen durch Optimieren von Λ(x, y, λ) = f (x, y) + λ(g(x, y) − c) Der Faktor λ heißt Lagrange21 -Multiplizierer. Nun ist (x∗ , y ∗ , λ∗ ) kritischer Punkt von Λ(x, y, λ) genau dann, wenn grad Λ = 0 in (x∗ , y ∗ , λ∗ ), d.h. 0= 0= 0= ∂Λ ∂x ∂Λ ∂y ∂Λ ∂λ ∂g = ∂f + λ ∂x =0 ∂x ∂g = ∂f + λ = 0 ∂y ∂y = g(x, y) − c = 0 ) ⇔ grad f (x∗ , y ∗ ) = −λ∗ grad g(x∗ , y ∗ ) ⇔ g(x∗ , y ∗ ) = c Nebenbedingung Optimiere beispielsweise f (x, y) = x + y unter der Nebenbedingung g(x, y) = x2 + y 2 = 1. Der Graph von f ist die Ebene p(s, t) = 0 + se√x + tey , so daß f für Argumente auf dem Einheitskreis offensichtlich maximal in 22 (1, 1) und minimal √ in − 22 (1, 1) ist. Für Λ(x, y, λ) := f (x, y) + λ(g(x, y) − c) = x + y + λ(x2 + y 2 − 1) gilt in kritischen Punkten ∂Λ = 1 + 2λx = 0, ∂Λ = 1 + 2λy = 0 und ∂Λ = x2 + y 2 − 1 = 0, so ∂x ∂y ∂λ 1 daß für λ 6= 0 aus ∂Λ − ∂Λ = 2λ(x − y) = 0 eben x = y = − 2λ folgt. In ∂Λ =0 ∂x ∂y ∂λ √ eingesetzt ergibt sich übereinstimmend x = y = ± 4.2.3 2 . 2 ◦ Taylor-Entwicklung von Funktionen mehrerer Variabler Wie die Taylor-Entwicklung g(t) = g(0) + g 0 (0)t + g 00 (0)t2 /2! + . . . einer Funktion g(t) der einen Veränderlichen t soll die Taylor-Entwicklung etwa von Funktionen z = f (x, y) der beiden Veränderlichen x und y den Funktionswert aus Werten von f und seiner Ableitungen in (xo , yo ) bestimmen. Die Ketten-Regel liefert die Taylor-Entwicklung von g(t) = f (r(t)) mit r(t) = (xo + t(x − xo ), yo + t(y − yo )) um 0 in t 21 Joseph-Louis Lagrange (1736-1813) www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Lagrange.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 57 2 g(t) = g(0) + g 0 (0)t + g 00 (0) t2! + . . . = f (ro ) + t((x−xo )fx (ro ) + (y−yo )fy (ro )) 2 + t2 ((x−xo )2 fxx (ro ) + 2(x−xo )(y−yo )fxy (ro ) + (y−yo )2 fyy (ro )) + . . . Daher ergibt sich für t = 1 die Taylor-Entwicklung von f um ro = (xo , yo ) in r = (x, y) zu g(1) = f (x, y) = f (r) = f (ro ) + ((x−xo )fx (ro ) + (y−yo )fy (ro )) + 21 ((x−xo )2 fxx (ro ) + 2(x−xo )(y−yo )fxy (ro ) + (y−yo )2 fyy (ro )) + . . . Zur Herleitung der Taylor-Entwicklung einer Funktion f (x) mehrerer Variabler r = (x1 , . . . , xn ) um ro = (xo1 , . . . , xon ) sei f auf der geradlinigen Verbindung r(t) = ro + t(r − ro ) betrachtet: die Taylor-Entwicklung der Funktion g(t) = f (r(t)) der einen Variablen t um t = 0 lautet für ein tm ∈ (0, 1). k (k) (0) tk! g(t) = f (ro + t(r − ro )) = ∞ k=0 g 3 r 2 tr+1 m . = g(0)+g 0 (0) t+g 00 (0) t2 +g 000 (0) t3! +. . .+g (r) (0) tr! +g (r+1) (0) (r+1)! P Mit der Ketten-Regel für Funktionen mehrerer Variabler und d xdti (t) = (xi − P P ∂f (r(t)) (xi − xoi ) = ni=1 fxi (r(t)) (xi − xoi ), alxoi ) folgt daher g 0 (t) = ni=1 ∂x i P fxi (ro ) (xi − xoi ), und bei erneuter Anwendung der Ketten-Regel so g 0 (0) = ni=1 Pn Pn ∂fxi 00 g (t) = i=1 j=1 ∂xj (r(t)) (xj − xoj ) (xi − xoi ), was für t = 0 für die Ableitungen höherer Ordnung geschickter geschrieben werden kann als g 00 (0) = P 2 n ∂ (x − x ) f (ro ). Der Ableitungsoperator links von f ist also auf die i oi i=1 ∂xi Funktion f anzuwenden und das Ergebnis an der Stelle ro auszuwerten. So ergibt sich die Taylor-Entwicklung von f um ro an der Stelle r für einen Zwischenwert rm = ro − tm (r − ro ), also mit einem tm ∈ (0, 1) zu 2 1 Pn ∂ f (ro )+... (x − x ) oi ∂xi i=1 i 2 P r P r+1 n n ∂ ∂ 1 ...+ r!1 f (rm ). i=1 (xi−xoi ) ∂xi f (ro )+ (r+1)! i=1 (xi −xoi ) ∂xi f (r) = f (ro ) + Pn ∂ i=1 (xi − xoi ) ∂xi f (ro ) + Z.B. Mit dem Satz von Schwarz liefert die Entwicklung von z = f (x, y) um ro = (xo , yo ) allgemein in zweiter Näherung f (x, y) ≈ f (ro ) + ((x − xo )fx (ro ) + (y − yo )fy (ro )) 1 + (x−xo )2 fxx (ro )+2(x−xo )(y−yo )fxy (ro )+(y−yo )2 fyy (ro ) , 2 so daß etwa f (x, y) = sin(x2 + y 2 ), um ro = (0, 0) entwickelt, mit partielle Ableitungen in ro partielle Ableitungen in ro fx =2x cos(x2 +y 2 ) 0 fy =2y cos(x2 +y 2 ) 0 2 2 2 2 2 2 2 fxx =2 cos(x +y ) − 4x sin(x +y ) 2 fyx =−4xy sin(x +y ) 0 fxy =−4xy sin(x2 +y 2 ) 0 fyy =2 cos(x2 +y 2 ) − 4y 2 sin(x2 +y 2 ) 2 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 58 durch f (x, y) ≈ 0 + 0(x−0) + 0(y−0) + = x2 + y 2 1 2 (2(x−0)2 + 2 · 0(x−0)(y−0) + 2(y−0)2 ) approximiert wird. (Erinnere sin x ≈ x für |x| 1.) −(x2 +y 2 )/2 z.H. Entwickle f (x, y) = e Taylor-Polynom dritten Grades. c um (0, 0) und approximiere f durch das o Bem. Konstante plus lineare Terme der Taylor-Entwicklung ergeben die sogenannte Tangential-Ebene, für w = f (r) = f (x1 , . . . , xn ) eben die Ebene w = f (ro ) + n X i=1 mit den n Richtungsvektoren Z.B. z = f (xo , yo ) + ∂f (xi − xoi ) durch (ro , f (ro )) ∂xi ro ∂f ∂xi ro ∂f ∂x (xo ,yo ) ◦ für i = 1, . . . , n. (x − xo ) + ∂f ∂y (xo ,yo ) (y − yo ) ist die Tangential- Ebene an z = f (x, y) in (xo , yo ), diejenige an z = f (x, y) = xy in (1, 1) ist z = 1+1(x−1)+1(y −1) = x+y −1, also die Ebene mit den Achsen-Abschnitten 1, 1 und −1. c Def. Der Vektor grad f (ro ) der partiellen Ableitungen einer skalaren Funktion f : Rn ⊃ D → W ⊂ R in ro grad f (ro ) = ∂f ∂f (ro ), . . . , (ro ) ∂x1 ∂xn ! heißt Gradient grad f (ro ) von f in ro . Falls die partiellen Ableitungen auf ganz D existieren, ist grad f : Rn ⊃ D → Rn . Bem. w = f (ro ) + grad f (ro ) · (r − ro ) ist die Tangential-Ebene an den Graphen von w = f (r) im Punkt (ro , f (ro )). ◦ √ Z.B. Für die Kugel-Oberfläche z = f (x, y) = 1 − x2 − y 2 gilt ∂∂xf = − xz und ∂f = − yz . Die Tangential-Ebene an f in ro = (xo , yo , zo ) mit zo = f (xo , yo ) ist ∂y z − zo = − xzoo (x − xo ) − yzoo (y − yo ) oder xzoo (x − xo ) + yzoo (y − yo ) + (z − zo ) = 0, d.h. mit r = (x, y, z) eben ( xzoo , yzoo , 1) · (r − ro ) = 0 oder n ⊥ (r − ro ) mit n = ( xzoo , yzoo , 1). Damit ist n = z1o ro ein Normalen-Vektor der Tangential-Ebene und zutreffenderweise zugleich Vielfaches des Ortsvektors ro . c z.H. Zeige: Ellipsoid x2 a2 xo x + ybo2y + zco2z = 1 ist die Tangential-Ebene an das a2 2 2 + yb2 + zc2 = 1 im Punkt (xo , yo , zo ) des Ellipsoids. z.H. Berechne die Tangential-Ebenen an f (x, y) = e−(x speziell in (xo , 0) und (0, yo ). implizit gegebene o 2 +y 2 )/2 in (xo , yo ) und o z.H. Berechne die Gradienten von f (x, y) = xy, g(x, y) = cos x sin y und h(r) = 1 |r| und die Tangential-Ebenen in (1, 1), ( π4 , π4 ) bzw. in allen r mit |r| = 1. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 59 Berechne die Tangential-Ebene in zo = (xo , yo ) an das Dipol-Potential f (z) = |z − p|−1 − |z + p|−1 (unter Vernachlässigung der Proportionalitätskonstanten hier in der Ebene statt im Raum) mit Ladungen in p = (px , py ) und −p und z = (x, y). o z.H. o z.H. Zeige die Linearität des Gradienten (-Operators). z.H. Zeige grad(f g) = (grad f ) g + f grad g und grad h(f ) = dh df grad f . o Bem. Für w = f (x, y, z) = f (r) heißt {r : f (r) = c} Niveau- oder Äquipotentialfläche von f zur Konstanten c. Für eine Kurve r(t) in einer Niveau-Fläche gilt ( ) d f r(t) = grad f (r(t)) · ṙ(t). Also f (r(t)) ≡ c und damit nach Kettenregel 0 ≡ dt steht der Gradient senkrecht auf der Tangential-Ebene der Äquipotentialfläche und damit senkrecht auf der Äquipotentialfläche selbst. ◦ Q 1 4πo |r| einer Punktladung Q ergibt sich als grad ϕ(r) = Da grad ϕ senkrecht auf Äquipotentialflächen steht und grad ϕ(r) dieselbe Richtung wie der Ortsvektor r hat, sind die Äquipotentialflächen Kugeloberflächen. − grad ϕ ist die elektrische Feldstärke E(r) der Punktladung Q. c Z.B. Der Gradient des Potentials ϕ(r) = Q r . 4πo |r|3 Def. Wenn f in ro durch die Tangential-Ebene approximiert werden kann, so ist f total differenzierbar und es gilt df = grad f · dr oder ∆f = grad f · ∆r . Speziell für z = f (x, y) ist also ∆z = fx ∆x + fy ∆y = (fx , fy ) (∆x, ∆y)> . Daher wird die Änderung des Funktionswertes, ’der Höhenkoordinate’, durch das Skalarprodukt aus Gradient und Änderungsvektor approximiert. Z.B. Der relative Fehler bei der Bestimmung des Volumens V (h, r, R) = π3 h(r2 + rR + R2 ) eines Kegelstumpfes mit Höhe h und Radien r und R ist ∆V ≈ dVV = V 2 2 1 ∂V +rR ∆r +rR ∆R ∆h+ ∂∂rV ∆r + ∂∂RV ∆R) = ∆h + r22r + r22R . Der relative Fehler V ( ∂h h +rR+R2 r +rR+R2 R der Ausgangsgröße ist so eine Funktion der Eingangsgrößen und ihrer relativen Fehler. c ∆r Bem. Aus df = grad f · ∆r = grad f · e ∆r mit dem Einheitsvektor e = |∆r| in df df Richtung ∆r folgt ∆r = grad f · e. ∆r hängt also nur von e ab und steht für die Ableitung von f in Richtung e. Speziell ist grad f · exi = fxi . ◦ Def. Für einen normierten Richtungsvektor e heißt ∂f (ro ) = grad f (ro ) · e = | grad f (ro )| cos ∠( grad f (ro ), e) ∂e Richtungsableitung von f in Richtung e an der Stelle ro . z.H. Wieso sind die partiellen Ableitungen spezielle Richtungsableitungen? o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 60 Bem. Der Betrag | ddef | der Richtungsableitung ist für ∠(grad f, e) = 0 maximal. Die Änderung der Funktion f ist also in Richtung des Gradienten maximal und hat in dieser Richtung den maximalen Betrag | grad f |. ◦ Z.B. Die Funktion z = f (x, y) = f (r) = e−(x 2 +y 2 ) ändert sich am stärksten im Maximum von | grad f (r)| = (x + und 0 2 −2r2 h (r) = 2r(1−2r )e = 0 für ro = = 21 . Dasselbe ergibt sich genauso für | grad f (r)| = g(s), wobei g(s) = s e und 1 0 −2s 2 2 2 g (s) = (1 − 2s) e für so = 2 und daher für alle |r| = x + y = so = 21 , 2 2 wie ja auch der Betrag |f 0 (x)| = 2xe−x der Steigung der Funktion f (x) = e−x √ 2 c maximal für (2 − 4x2 )e−x = 0 also für x = ± 22 wird. 2 2 2 y 2 ) f 2 (r) = h(r), wobei h(r) = r2 e−2r √ 2 und daher für alle |r|2 = x2 +y 2 = ro2 2 2 −2s Berechne das Maximum von | grad f (r)| als Extremwert einer Funktion mehrerer Veränderlicher. o z.H. 4.2.4 Vektor-wertige Funktionen Def. Für eine partiell differenzierbare Funktion f : Rn ⊃ D → R, also für ein entsprechendes Skalar-Feld f heißt der Vektor der partiellen Ableitungen grad f (ro ) = grad f |ro = ∂f ∂f ,..., ∂x1 ∂xn ! ro Gradient von f in ro . Der Gradient grad f : Rn ⊃ D → Rn eines Skalar-Feldes f : Rn ⊃ D → R ist also ein Vektor-Feld. Z.B. ro sei Extremwertstelle einer Funktion f : Rn → R. Dann gilt notwendi- c gerweise grad f (ro ) = 0. Z.B. Die Ketten-Regel für eine Funktion g(t) = f (x1 (t), . . . , xn (t)) läßt sich also als n X df ∂f d xi (t) = = grad f · (ẋ1 , . . . , ẋn ) schreiben. dt i=1 ∂xi dt Z.B. grad f von f (x, y) = e−(x −2f (x, y) · (x, y). 2 +y 2 ) ist grad f = (−2xe−(x c 2 +y 2 ) , −2ye−(x 2 +y 2 ) )= c Bem. Eine kleine Änderung du eines Skalar-Feldes u kann durch das totale Differential du = ∂u dx + ∂u dy + ∂u dz angenähert werden. Mit dr = dxex + ∂x ∂y ∂z dyey + dzez gilt du = grad u · dr. Der Gradient grad u steht daher senkrecht auf Niveau-Flächen, da auf Niveau-Flächen du = 0 gilt. ◦ Z.B. Für die Gravitationskraft oder die elektrostatische Anziehungkraft F gilt F(r) = |r|c 3 r und daher ist F betragsmäßig indirekt proportional zum Quadrat des Abstandes r = |r|, nämlich F (r) = |F(r)| = c(r)−2 = c r−2 . Die NiveauFlächen des Skalar-Feldes F sind Kugel-Oberflächen, auf denen grad F (r) = −2c r |r|4 2c offensichtlich senkrecht steht. Es ist | grad F | = |r| c 3. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 61 Bem. Der Gradient grad f ist von den Flächen niedrigen zu denen höheren Niveaus gerichtet. ◦ Def. Ein Vektor-Feld V(r) heißt konservativ genau dann, wenn es ein SkalarFeld φ(r) mit V = grad φ gibt. V heißt dann Potential-Feld und φ Potential von V. Bem. Es muß keine Energie aufgewandt werden und es wird keine Energie gewonnen, wenn ein Köper in einem konservativen Kraft-Feld auf einer geschlossenen Kurve bewegt wird. ◦ Das Gravitationsfeld V(r) = −c r|r|−3 einer Punktmasse (mit c > 0) ist ein Potentialfeld mit dem (Newton22 schen) Potential φ(r) = c |r|−1 . c Z.B. z.H. Zeige: das elektrostatische Feld einer Punkt-Ladung ist konservativ. o Def. Für eine partiell differenzierbare Funktion f : Rn ⊃ D → W ⊂ Rn , also das Vektor-Feld f mit f = (f1 , . . . , fn ) heißt der Skalar, also das Skalar-Feld div f = n X ∂fi ∂u ∂v ∂w + + bzw. für n = 3 und f = (u, v, w) div f = ∂x ∂y ∂z i=1 ∂xi Divergenz von f . Die Divergenz eines Vektor-Feldes ist also ein Skalar-Feld. ro mit div f (ro ) > 0 heißt Quelle, ro mit div f (ro ) < 0 heißt Senke von f . Ein Vektorfeld V mit div V ≡ 0 heißt Quellen- und Senken-frei. Bem. Es gilt div f (ro ) = lim|Q|→0 1 |Q| f (r) · dA, wobei Q Achsen-parallele RR A=∂Q Quader mit ro ∈ Q, Volumen |Q| und Rand, d.h. Oberfläche A = ∂Q sind. Das Integral entspricht dabei dem Fluß des Vektorfeldes durch die Quader-Oberfläche, der sogenanten Ergiebigkeit im Quader. Gewichtet mit 1/|Q| ergibt sich die mittlere Ergiebigkeit und im Grenzübergang die Ergiebigkeit von V in ro , was die obigen Bezeichnungen rechtfertigt. ◦ Bem. Als Summe der Zunahmen der Komponenten in Komponenten-Richtung ist die Divergenz eine Quellstärke je Volumen-Einheit. Quelle Senke 6 J J - ? div > 0 Isaac Newton (1643-1727) ? J^ J J JJ J^ JJ ^ J 22 J J JJ J^ J J ^ J div = 0 J J J^ J 6 div < 0 www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Newton.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 62 Für etwa eine strömende Flüssigkeit mit Geschwindigkeitsfeld v bedeutet div v > 0 eine Quelle (Zufluß) und div v < 0 eine Senke (Abfluß). ◦ Für das elektrische Feld E gilt laut der dritten Maxwell23 sche Gleichung div E = 1 ρ mit der elektrischen Feld-Konstanten und der (skalaren) Ladungsdichte ρ. c Z.B. Gleichermaßen das Gravitationsfeld einer Punktmasse und das elektrosta−c o tische Feld einer Punktladung V(r) = |r| 3 r sind quellen- und senkenfrei. z.H. Def. Rotation rot f einer partiell differenzierbaren Funktion f : R3 ⊃ D → W ⊂ R3 , also eines Vektor-Feldes f mit f (x, y, z) = (u(x, y, z), v(x, y, z), w(x, y, z)) heißt der Vektor bzw. das Vektor-Feld ! rot f = ! ! ∂w ∂v ∂u ∂w ∂v ∂u − ex + − ey + − ez = ∂y ∂z ∂z ∂x ∂x ∂y ex ∂ ∂x u ey ez ∂ ∂y v ∂ ∂z w Vektor-Felder V : R3 ⊃ D → R3 mit rot V ≡ 0 heißen Wirbel-frei. Bem. Die Rotation rot f läßt sich durch die Wirbeldichte, d.h. durch die relative Wirbelstärke längs des Randes ∂A eines Flächenstückes A veranschaulichen, d.h. 1 R durch die, durch den Flächeninhalt |A| relativierte Arbeit |A| ∂A f · dr, einen Punkt entlang des Randes ∂A von A zu bewegen. ◦ Z.B. Im Inneren einer homogen geladenen Kugel gilt E(r) = Q r 4πo R3 mit Kugelradius R, Ladung Q und elektrischer Feldkonstante o . Dann ist rot E ≡ 0, da der Operator rot linear und rot r ≡ 0 ist. c Z.B. Für die Rotation um eine feste Achse mit der Winkelgeschwindigkeit ω (kollinear zur Drehachse) gilt ṙ = ω × r und damit rot(ω × r) ≡ 2ω. c z.H. Zeige rot F(r) = 0 für das Kraft-Feld F(r) = −c |r|−3 r, also für das Gravi- tationsfeld wie gleichermaßen für das elektrische Feld einer Punktladung. o Bem. Es gilt div(rot V) ≡ 0 und rot(grad φ) ≡ 0 für zweimal stetig differenzierbare Skalar-Felder φ und Vektor-Felder V. ◦ Bem. Wegen div rot V ≡ 0 sind also Wirbelfelder rot V Quellen- und Senkenfrei. Es gilt aber auch umgekehrt, daß sich Quellen- und Senken-freie Felder als Wirbelfelder darstellen lassen. Wegen rot grad φ ≡ 0 sind konservative Felder V = grad φ wirbelfrei. Es gilt aber auch umgekehrt, daß wirbelfreie Felder zugleich konservativ sind. ◦ Def. Der Differential-Operator ‘Nabla’ ∇ = ex 23 James Clerk Maxwell (1831-1879) ∂ ∂ ∂ + ey + ez ∂x ∂y ∂z www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Maxwell.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 63 heißt Hamilton24 scher Operator. Bem. Für Skalar-Felder φ : R3 ⊃ D → R gilt grad φ = ∇φ . Für Vektor-Felder V : R3 ⊃ D → R3 gilt div V = ∇ · V sowie rot V = ∇ × V. ◦ z.H. Zeige die Linearität von ∇, rot(φV) = φ rot V − V × grad φ und div(φV) = φ div V + V grad φ, div(V × W) = W rot V − V rot W. o Def. Der Differential-Operator ∆= ∂2 ∂2 ∂2 + + ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 (‘Delta’) heißt Laplace25 scher Operator. z.H. Zeige die Linearität von ∆, rot(rot V) = grad(div V) − ∆V ∇ · ∇ = ∇2 = ∆, div grad φ = ∆φ, und grad div(V) = ∆V + rot rot V. o Für die Potentialfelder des Gravitationsfeldes oder des elektrischen Feldes einer Punktladung gilt die Potentialgleichung ∆φ = 0. c Z.B. Z.B. Sei φ(r) = c |r| das Potentialfeld eines Kraftfeldes. Zeige für φ die Potentialgleichung ∆φ = 0. c 4.2.5 Totales Differential Def. Für eine partiell differenzierbare Funktion f : Rn ⊃ D → W ⊂ Rm , also f = (f1 , . . . , fm ) mit Komponenten(-Funktionen) fi : D → R, heißt die m × nMatrix ∂f1 ∂f1 . . . ∂x ! ∂x1 n . df ∂fi .. . (ro ) = = . . dr ∂xj i = 1...m ∂fm ∂fm j = 1...n r . . . ∂xn o ∂x1 Funktional-Matrix von f in ro . Die Funktional-Matrix besteht somit aus den Gradienten der Komponenten-Funktionen. ! ∂fi der FunktionalFür f : Rn ⊃ D → W ⊂ Rn heißt die Determinante ∂xj i,j Matrix Funktional-Determinante von f . Bem. Die Funktional-Determinante wird für die Substitution bei Integranden von Mehrfach-Integralen gebraucht. ◦ Def. Eine Funktion f : Rn ⊃ D → W ⊂ Rm heißt (total) differenzierbar in ro ∈ D genau dann, wenn eine lineare Abbildung A, also eine m × n-Matrix mit lim r→ro 24 25 f (r) − f (ro ) − A(r − ro ) =0 |r − ro | William Rowan Hamilton (1805-1865) Pierre Simon Laplace (1749-1827) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Hamilton.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Laplace.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 64 existiert. (Vektoren sind als Spalten-Vektoren aufzufassen!) z.H. Welche lineare Abbildung entspricht der Ableitung f 0 (xo ) in xo ∈ D von Funktionen f : R ⊃ D → W ⊂ R einer Veränderlichen? o Sei z = f (r) : R2 → R mit r = (x, y) in ro = (xo , yo ) partiell stetig differenzierbar. Die Taylor-Entwicklung von f um ro = (xo , yo ) liefert dann x (ro ),fy (ro ))(r−ro ) bis auf Terme mit dreifachen und höhefür limr→ro f (r)−f (ro )−(f|r−r o| Z.B. ren partiellen Ableitungen limr→ro 1 (f (x−xo )2 +2fxy (x−xo )(y−yo )+fyy (y−yo )2 )+··· 2! xx (x−xo )2 +(y−yo )2 √ = 0, da alle Koeffizienten der höheren partiellen Ableitungen Potenzen von (x − xo ) 2 2 o) o| und (y − yo ) enthalten und etwa 0 ≤ limr→ro (x−x ≤ limr→ro |r−r = 0, also |r−ro | |r−ro | (x−xo )2 = 0, wie ebenso |r−r | q o −1 1 limr→ro (y−y1 o )2 + (x−x = 0 2 ) o limr→ro limr→ro (y−yo )2 |r−ro | = 0 und limr→ro (x−xo )(y−yo ) |r−ro | = gilt. Die gesuchte Matrix A = (fx (ro ), fy (ro )) ist also gerade die Funktional-Matrix , ∂f von f . ( ∂f ∂x ∂y ) c Def. Für eine in ro partiell differenzierbare Funktion z = f (r) : Rn → R ist z = f (ro ) + grad f (ro ) · (r − ro ) eine Ebene im Rn+1 , die sogenannte TangentialEbene in (ro , f (ro )). Z.B. Sei z = f (r) : R2 → R mit r = (x, y) in ro = (xo , yo ) partiell differenzierbar. z = f (ro ) + fx (ro )(x − xo ) + fy (ro )(y − yo ) ist dann die Tangential-Ebene von f in ro . c z.H. Berechne Tangential-Ebenen von f (x, y) = e−(x 2 +y 2 ) ro = (1, 1). etwa in ro = 0 und in o Bem. Falls f in ro (total) differenzierbar ist, so ist f in ro auch stetig. Falls zudem alle partiellen Ableitungen existieren, so ist die Matrix A gerade die FunktionalMatrix von f . ◦ Def. Das totale Differential einer in ro partiell differenzierbaren, Skalar-wertigen Funktion f (r) : Rn → R ist d f (ro ) = grad f (ro ) · d r Mit d r = r − ro gilt also limd r→0 f (r)−f (ro )−d f (ro )·d r |d r| = 0. Bem. Das totale Differential stellt die Änderungen des Funktionswertes ∆f abhängig von den Änderungen der Argumente ∆xi dar, für skalare Funktionen z = f (x, y) zweier Veränderlicher also ∆z ≈ fx ∆x + fy ∆y. ◦ Z.B. Für das Zylinder-Volumen V = π r2 h gilt ∆V ≈ Vr ∆r +Vh ∆h = 2πrh∆r + πr2 ∆h und damit ist der relative Fehler der Volumen-Bestimmung durch ∆V = V ∆h + als Funktion der relativen Fehler bei der Bestimmung von Radius und 2 ∆r r h Höhe gegeben. c z.H. Sei ω = √1 LC die Resonanz-Frequenz des Schwingkreises mit Induktivität L und Kapazität C. Zeige ∆ω = − 12 ( ∆L + ∆C . o ω L C ) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 z.H. Berechne das totale Differential von f (x, y) = e−(x 65 2 +y 2 ) ro = (1, 1). etwa in ro = 0 oder o Bem. Aus der Existenz aller partiellen Ableitungen einer Funktion folgt nicht die (totale) Differenzierbarkeit dieser Funktion. So existieren für z.B. f (x, y) := 2xy für (x, y) 6= (0, 0) und f (0, 0) := 0 beide partiellen Ableitungen, obwohl f x2 +y 2 in (0, 0) nicht einmal stetig ist. Hier soll genügen, daß – wie sich oben gezeigt hat – eine Funktion in ro total differenzierbar ist, wenn sie in ro in eine Taylor-Reihe entwickelbar ist. ◦ Satz (Ketten-Regel) Falls eine Funktion f : Rn ⊃ Df → Wf ⊂ Rm partiell differenzierbar in ro ∈ Df und eine Funktion g : Rm ⊃ Dg → Wg ⊂ Rl partiell differenzierbar in f (xo ) ∈ Dg ist, so ist g ◦ f partiell differenzierbar in ro ∈ Df und es gilt d f d (g ◦ f ) dg df d g d (g ◦ f ) = (r (f (r (r o) = o )) o) = d r ro dr dr dr d r f (ro ) d r ro ) Die Funktional-Matrix d (g◦f (ro ) von g ◦ f in ro ist also gleich dem Produkt der dr dg Funktional-Matrix d r (f (ro )) von g in f (ro ) mit derjenigen dd rf (ro ) von f in ro . • Bem. Mit in ro bzw. in f (ro ) (total) differenzierbaren Funktionen f und g ist also auch g ◦ f in ro (total) differenzierbar. ◦ Z.B. Das elektrische Feld einer Punktladung ist in Kugel-Koordinaten durch die Hintereinanderausführung E ◦ T mit E(r) = E(x, y, z) = |r|c 3 r und der Transformation T(ϕ, ψ, r) = (r cos ϕ cos ψ, r cos ϕ sin ψ, r sin ψ) gegeben. c z.H. Verifiziere die Kettenregel für E ◦ T. 4.2.6 o Richtungsableitung Die Richtungsableitung, als Ableitung einer Funktion ‘entlang’ einer Kurve, stellt – wie gehabt – eine Verallgemeinerung der partiellen Ableitung dar. Def. r = p(t) sei eine differenzierbare Kurve durch ro = p(to ) mit Tangente in d f (p(t)) ∂f to , also ṗ(to ) 6= 0. Dann heißt (ro ) = dt (to ) Richtungsableitung von f ∂p |ṗ(t)| nach p(t) an der Stelle ro . z.H. Die Definition ist unabhängig von der jeweiligen Parametrisierung der Kurve o p(t). Bem. Die Ableitung in Richtung ṗ(to ) ergibt sich ebenso als Ableitung in Rich(ro ) ∂f o) tung des Einheitsvektors v = |ṗ(t als ∂v (ro ) = limt→0 f (ro +t v)−f . ◦ ṗ(to )| t Bem. Per Ketten-Regel gilt für die Richtungsableitung n X ∂f df ṗ(to ) ∂f (ro ) = (ro ) = vi , = v> grad f (ro ) ∂p dr |ṗ(to )| i=1 ∂xi Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 66 wobei v den Tangenten-Einheitsvektor an p(t) in ro = p(to ) bezeichnet. ∂f Für Skalar-wertiges f gilt dann ∂p (ro ) = v · ∇f (ro ) ∈ R. Dieser Wert ist genau dann maximal, wenn v = ±∇f (ro ) gilt, da v∇f (ro ) = v grad f (ro ) = |v| · | grad f (ro )| cos ∠(v, grad f (ro )) nur genau für ∠(v, grad f (ro )) = 0 also für v = ± grad f (ro ) maximal ist. Der Gradient zeigt also im Punkt ro in die Richtung der größten Änderung (Anstieg bzw. Gefälle) der Fläche {(r, f (r)) : r ∈ D}, also des Graphens von f . ◦ 4.3 Integrale Verallgemeinerungen des Integral-Begriffes sind notwendig, um beispielsweise die Oberflächen und Volumina von Nicht-Rotationskörpern, um die aufzuwendende Energie zum Ladungstransport in elektrischen Feldern oder um magnetische Flüsse zu bestimmen. 4.3.1 Kurven-Integrale Kurven- oder Linien-Integrale sind unverzichtbar, um etwa die Arbeit (Kraft mal Weg) zu berechnen, die aufzuwenden ist, um im Kraftfeld eine Masse oder im elektrischen Feld eine Ladung entlang einer Kurve zu bewegen. Beispielsweise im Kraftfeld gilt W = F · r = mg · r = m|g||r| cos ∠(g, r) = m g h (schiefe Ebene, da cos ∠(g, r) = hl ) bei über den Weg r konstanter Kraft F bzw. ∆W ≈ F(r) · ∆r für kleine Strecken-Stücke ∆r und veränderliches Kraft-Feld F(r). Annäherung der Kurve C durch approximierende Polygon-Züge und Auffassen als Riemannsche Summen liefert Z n F · dr = lim W = C X n→∞ F(ri )∆ri . i=1 Im Raum gelte also etwa F(r) = (u(r), v(r), w(r)) sowie r = (x, y, z) und damit R R dr = (dx, dy, dz), so daß W = C F · dr = C (u(x, y, z) dx + v(x, y, z) dy + w(x, y, z) dz ) und mit einer Parametrisierung r(t) = (x(t), y(t), z(t)) für t ∈ [tmin , tmax ]) der Kurve C per Substitution W = Z F · dr = C Z tmax tmin u(r(t)) ẋ(t) + v (r(t)) ẏ(t) + w(r(t)) ż(t) dt = Z tmax tmin ẋ(t) u(r(t)), v (r(t)), w(r(t)), ẏ(t) dt ż(t) folgt. o z.H. Zeige die Unabhängigkeit von der speziellen Parametrisierung. Für alle Typen von Kurven-Integralen gilt allgemein Satz (‘Erweitern Rmit dt’) Kurven-Integrale der Form C . . . ds = C . . . |dr| (Bogenlänge) oder C . . . dr werden durch Substitution einer Parametrisierung R R BDH 9.3, 477 BHW Bd.I 7,521 BrSe 8, 321 Pap Bd.2 IV 3,348 Sti 8.6, 407 Stö A2 3, 70 Stö TB 15.6, 544 BDH 10.2.3, 512 BHW Bd.IV 1.6.2,95 BrSe 8.3, 353 Pap Bd.3 I 7,142 Sti 8.9, 433 Stö A2 3.4, 94 Stö TB 15.6, 544 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 67 max r(t) für t ∈ [tmin , tmax ] und ds = |dr| = |ṙ(t)| zu C . . . ds = ttmin . . . ds dt bzw. dt dt dt R R tmax dr C . . . dr = tmin . . . dt dt berechnet. Speziell gilt also für die skalaren Integrale R Z f (r) ds = C Z f (r) |dr| = Z tmax C Z tmin f (r) · dr = C Z tmax R f (r(t)) |ṙ(t)| dt f (r) · ṙ(t) dt tmin und für die vektoriellen Integrale Z f (r) ds = C Z C f (r) dr = Z tmax tmin Z f (r) |dr| = C f (r(t)) ṙ(t) dt Z tmax tmin Z f (r(t)) |ṙ(t)| dt f (r) × dr = C Z tmax tmin f (r(t)) × ṙ(t) dt • wobei die vektoriellen Integrale komponentenweise zu bilden sind. r, also F = |F| = Nach Newton26 ist die Gravitationskraft F(r) = γ mM |r|3 mM mM γ |r|2 = γ r2 , indirekt proportional zum Quadrat des Abstandes r = |r| der co co beiden Massen m und M . Es gilt F(r) = |r| 3 r = |r|3 (x, y, z ) mit r = (x, y, z) und Z.B. 3 m co = γ m M . Dabei ist γ die Gravitationskonstante mit γ ≈ 6.67428 · 10−11 kg·s 2. MErde m Die Fallbeschleunigung g ergibt sich zu g = γ R2 ≈ 9.81 s2 . Erde Die Arbeit W1 , einen Körper der Masse m gegen das Schwerefeld der Erde auf der geradlinigen Kurve C1 von ro nach r1 mit ri = (xi , yi , zi ) und |ro | < |r1 | zu bewegen, also anzuheben, ist für die Parametrisierung r(t) = ro + t(r1 − ro ) R R1 für t ∈ [0, 1] der Kurve C1 also W1 = C1 F(r(t)) · dr = 0 F(r(t)) · ṙ(t) dt = R R 2 o )+t(r1 −ro ) 1 −ro ))·(r1 −ro ) dt = co 01 ro (r|r1o−r dt = co (I1 +I2 ). Für den Nenner co 01 (ro +t(r |ro +t(r1 −ro )|3 +t(r1 −ro )|3 √ 3 |ro + t(r1 − ro )|3 gilt at2 + bt + c mit a = ∆2x + ∆2y + ∆2z = (r1 − ro )2 , b = 2(xo ∆x + yo ∆y + zo ∆z ) = 2ro (r1 − ro ) und c = x2o + yo2 + zo2 = |ro |2 , wobei ∆x = x1 − xo , ∆y = y1 − yo und ∆ = z − zo gilt. Für X = X(t) = at2 + bt + c ist R z dt 1 √ das erste Integral von der Form X √X = 2 2at+b und das zweite Integral von der ∆ X R t dt bt+2c 2 Form X √X = −2 ∆√X , wobei ∆ = 4ac−b gesetzt ist. Zudem gilt a+b+c = |r1 |2 und daher ! ! 2a + b 2(r1 −ro )2 b + 2c 2ro (r1 −ro ) b 2c √ √ I1 + I2 = −√ − −√ 4ac − b2 c 4ac − b2 c a+b+c a+b+c b (2a + b)|ro | − b|r1 | 2a (b + 2c)|ro | − 2c|r1 | = − 2 4ac − b |r1 ||ro | 4ac − b2 |r1 ||ro | 2 2 1 (2ab + b )|ro | − b |r1 | − (2ab + 4ac)|ro | + 4ac|r1 | = 2 4ac − b |r1 ||ro | 2 1 −(4ac + b )|ro | + (4ac − b2 )|r1 | 1 1 = = − , 2 4ac − b |r1 ||ro | |ro | |r1 | 26 Isaac Newton (1643-1727) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Newton.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 so daß W1 = co (I1 + I2 ) = co ( |r1o | − 1 |r1 | 68 ) folgt. |r1 | r und mit der Pa|ro | o R |r1 |/|ro | |r1 | [1, |ro | ] ist W2 = 1 F(r(t)) · ṙ(t) dt = |ro | |r1 |−|ro | co (1− |r1 | ) = co |r1 ||ro | = co |r1o | − |r11 | . |ro | Die Arbeit W2 entlang der Kurve C2 von ro nach r2 = rametrisierung r(t) = tro mit t ∈ co R |r1 |/|ro | tro ·ro 1 |r(t)|3 dt = co R |r1 |/|ro | dt |ro | 1 t2 = ( ) Wie für W1 entlang der geradlinigen Kurve C1 ergibt sich für W2 entsprechend auch W2 = co ( |r1o | − |r12 | ) = co ( |r1o | − |r11 | ). Die Arbeit Wo entlang der Kurve Co von r1 nach r2 mit den Cartesischen Koordinaten |r1 |( sin ψi cos ϕi , sin ψi sin ϕi , cos ψi ) ausgedrückt in den Polar-Koordinaten |r1 |, ϕi und ψi für i = 1, 2 verschwindet. Mit der Parametrisierung r(t) = |r1 |( sin ψ(t) cos ϕ(t), sin ψ(t) cos ϕ(t), cos ψ(t)) mit ψ(t) = ψ1 +t(ψ2 −ψ1 ), ϕ(t) = ϕ1 + t(ϕ2 − ϕ1 ) und t ∈ [0, 1] von Co ist Wo = 0, da der Integrand verschwindet. Es gilt nämlich mit ∆ψ = ψ2 − ψ1 und ∆ϕ = ϕ2 − ϕ1 sin ψ(t) cos ϕ(t) cos ψ(t) cos ϕ(t)∆ψ−sin ψ(t) sin ϕ(t)∆ϕ r(t) · ṙ(t) = sin ψ(t) sin ϕ(t) · cos ψ(t) sin ϕ(t)∆ψ+sin ψ(t) cos ϕ(t)∆ϕ 2 |r1 | cos ψ(t) − sin ψ(t)∆ψ = cos2 ϕ(t) sin ψ(t) cos ψ(t)∆ψ − sin2 ψ(t) sin ϕ(t) cos ϕ(t)∆ϕ + sin2 ϕ(t) sin ψ(t) cos ψ(t)∆ψ + sin2 ψ(t) sin ϕ(t) cos ϕ(t)∆ϕ − sin ψ(t) cos ψ(t)∆ψ = 0 Die Arbeit entlang der Kurve Co verschwindet, da in jedem Punkt der Kurve der zugehörige Richtungsvektor senkrecht auf dem Kraftvektor steht. Wie für W1 entlang der geradlinigen Kurve C1 gilt für die Arbeit W entlang der c geradlinigen Verbindung von r2 nach r1 auch W = co ( |r12 | − |r11 | ) = 0. Z.B. Mit dem Erdradius R bestimmt sich die Arbeit W , einen Körper (Satellit) aus dem Schwerefeld der Erde zu entfernen, zu W = ∞ R ∞ mM −1 mM also etwa W = R γ r2 dr = γmM r = γ R . R C R F dr für einen Weg C, c Bem. Also ist W1 = W2 + Wo und damit die Arbeit entlang der Kurve C1 gleich der Arbeit entlang der Kurve C2 ∪ Co . Wie sich zeigen wird, gilt nämlich für das Gravitationsfeld für jede geschlossene Kurve Co Z F · dr = I F · dr = 0 oder gleichermaßen Co Z F · dr = Z C1 F · dr C2 für beliebige Kurven C1 und C2 mit denselben Anfangs- und Endpunkten. ◦ Def. Zu einer Funktion f = (f1 , . . . , fn ) : Rn ⊃ D → Rn heißt eine Funktion F : Rn ⊃ D → R genau dann Stammfunktion von f , wenn grad F = ∇F = f d.h. ∂F = fi ∂xi für i = 1, . . . , n gilt. Mit F ist auch F + c für jede Konstante c eine Stammfunktion. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 69 Das Newton-Potential φ(r) = −c|r|−1 ist eine Stammfunktion des Gra∂ √ c vitationsfeldes V(r) = c |r|−3 r, da mit r = (x, y, z) etwa ∂φ = ∂x = ∂x 2 2 2 Z.B. x +y +z c√ −3 x x2 +y 2 +z 2 3 c = c|r| x gilt. Bem. Wie schon für Funktionen einer Variablen sind Stammfunktionen nur bis auf additive Konstanten eindeutig bestimmt. Allerdings hat nicht jede Funktion f eine Stammfunktion, wie das Beispiel f (x, y) = (y, −x) zeigt: für eine zugehörige Stammfunktion F würde nämlich Fx = y sowie Fy = −x und damit 1 = Fxy 6= Fyx = −1 im Widerspruch zum Satz von Schwarz gelten. ◦ Satz Eine Funktion f = (f1 , . . . , fn ) : Rn ⊃ D → Rn hatR genau dann eine Stammfunktion F : Rn ⊃ D → R, wenn das Kurven-Integral C f (r) · dr nur von Anfangspunkt a und Endpunkt b einer Kurve C ⊂ D abhängt. Es gilt dann Z f (r) · dr = F (b) − F (a) bzw. I f (r) · dr = 0. C Für einfach zusammenhängende, also etwa konvexe Gebiete D existiert genau dann eine Stammfunktion, wenn die Integrabilitätsbedingungen ∂fi ∂fj = ∂xj ∂xi für i, j = 1, . . . , n • erfüllt sind. Für das Gravitationsfeld V(r) = −c|r|−3 r existiert die Stammfunktion φ(r) = c |r|−1 . Das Gravitationsfeld ist also ein Potential-Feld. Die Arbeit im Gravitationsfeld ist damit – wie im Beispiel – unabhängig vom Weg. c Z.B. ∂fi ∂F Bem. Wegen ∂x = ∂x∂ j ∂x = j i notwendige Bedingungen. ∂ ∂F ∂xi ∂xj = ∂fj ∂xi sind die Integrabilitätsbedingungen ◦ Für f (x, y, z) = (x + yz, y + zx, z + xy) gilt C1 f · dr = C2 f · dr = C3 f · dr, wobei C1 , C2 und C3 Wege vom Ursprung 0 nach C = (1, 1, 1) sind mit den Parametrisierungen r1 (t) = t(1, 1, 1) und r2 (t) = (t, t2 , t3 ) sowie r3 (t) = χ[0,1/3] (t)3t (1, 0, 0)+χ[1/3,2/3] (t)((1, 0, 0)+3(t−1/3)(0, 1, 0)) +χ[2/3,1] (t)((1, 1, 0)+ 3(t − 2/3)(0, 0, 1)) jeweils mit t ∈ [0, 1], weil dann die Funktion F (x, y, z) = 1 (x2 + y 2 + z 2 ) + xyz wegen grad F = ( ∂F , ∂F , ∂F = (x + yz, y + zx, z + xy) = f 2 ∂x ∂y ∂z ) eine Stammfunktion von f ist. c Z.B. R R R 2 Z.B. Im (Kraft-) Vektor-Feld V(r) = V(x, y, z) = (y, xa , x + z) wird ein Körper auf den beiden Wegen C1 und C2 von p = (a, 0, 0) nach q = (a, 0, c) bewegt. Für t ∈ [0, 1] habe C1 die Parametrisierung r1 (t) = (a, 0, ct) (Strecke) und C2 die Parametrisierung r2 (t) = (a cos(2πt), A sin(2πt), ct) (Schraubenlinie um z-Achse). R R1 Die Arbeit entlang C1 ist dann einerseits C1 V(r) · dr = o V(r1 (t)) · r˙1 (t) dt = R1 R1 a2 1 2 2 2 t2 1 o (0, a , a + ct) · (0, 0, c) dt = o (ac + c t) dt = (act + c 2 )|o = ac + 2 c und dieR R1 jenige entlang C2 dagegen ist andererseits C2 V(r) · dr = o V(r2 (t)) · r˙2 (t) dt = R1 a2 cos2 (2πt) , a cos(2πt) + ct) · ( − 2πa sin(2πt), 2πa cos(2πt), c) dt = o (a sin(2πt), a Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 70 −2πa2 o1 sin2 (2πt) dt + 2πa2 o1 cos3 (2πt) dt + ac o1 cos(2πt) dt + c2 o1 t dt. Die Ar1 1 1 sin(4πt))|1o + a2 ( 2π sin(2πt) − 6π sin3 (2πt)|1o + beit entlang C2 ist also −πa2 (t − 4π 2 ac sin(2πt)|1o + c2 t2 |1o = −πa2 + 12 c2 . Damt ist die Arbeit entlang der beiden Wege 2π verschieden. V(r) = (u(r), v(r), w(r)) ist also kein Potential-Feld, es hat keine Stammfunktion F oder – gleichbedeutend – die Integrabilitätsbedingungen sind verletzt: 2 = u = y, ∂F = v = xa und ∂F = w = x + z folgt dann etwa denn mit ∂F ∂x ∂y ∂z R ∂ ∂F ∂y ∂x = R ∂ y ∂y = 1 6= 2x a = ∂ x2 ∂x a R = ∂ ∂F , ∂x ∂y R im Widerspruch zum Satz von Schwarz. c Z.B. Das Magnet-Feld H(r) eines unendlich langen vom Strom I durchflossenen Leiters entlang der z-Achse hat eine verschwindende z-Komponente und es gilt I H(r) ⊥ r sowie |H(r)| ≈ 2πρ , wobei ρ die Länge des Lots auf den Leiter bezeichne. Mit r = (x, y, z) ist daher H(r) = 2π(x2I+y2 ) (−y, x, 0). Für zum Leiter konzentrische Kreise bzw. Kreis-Abschnitte C mit Parameterdarstellung r(t) = ro (cos t, sin t, 0) für t ∈ [ϕ1 , ϕ2 ] gilt H(r(t)) = 2πIro (− sin t, cos t, 0) R I ro R ϕ2 sowie ṙ(t) = ro (− sin t, cos t, 0) und damit C H(r) · dr = 2π (− sin t, cos t, 0) · ro ϕ1 I (− sin t, cos t, 0) dt = 2π (ϕ2H − ϕ1 ), insbesondere also für die Linien-Integrale entlang vollständiger Kreise H(r) · dr = I. Im Gegensatz dazu verschwinden die H Integrale C H(r) · dr = 0 bei Integration längs einer geschlossenen Kurve C, die den Leiter nicht umschließt. Sei beispielsweise C = C1 ∪ C2 ∪ C3 ∪ C4 ein solcher Weg mit Parameterdarstellung r1 (t) = r1 (cos t, sin t, 0) für t ∈ [ϕ1 , ϕ2 ] und r2 (t) = tr1 (ϕ2 ) für t ∈ [1, |r3 |/|r1 |] und r3 (t) = r3 (cos t, sin t, 0) Rfür t ∈ [ϕ2 , ϕ1 ] und endlich r4 (t) =R tr3 (ϕ1 ) für t ∈ [1, |r |/|r3 |]. DannR folgt C1 H(r) · dr = R 1 I ro (ϕ − ϕ ) = − H(r) · dr sowie · dr = 0, da 2 1 C3 C2 H(r) · dr = C4 H(r) 2π H H(ri (t)) ⊥ ri (t) für i = 2, 4 gilt. Zusammen ergibt sich somit H(r) · dr = 0 für zumindest diese speziellen Kurven C, die den Leiter nicht umschliessen. c Bem. Offensichtlich gelten obige Ergebnisse auch für Kurven C mit Parameterdarstellung r(t) = ro ( cos t, sin t, z(t)) für beliebige z-Komponenten z(t), und mit z(0) = z(2π) im Fall geschlossener Kurven. ◦ 4.3.2 Flächen 2 3 Durch eine stetige, partiell differenzierbare Funktion r : R ⊃ D → R ist die Fläche A = {r(u, v) : (u, v) ∈ D} ⊂ R3 in Parameterdarstellung gegeben. Um den Flächeninhalt |A| zu bestimmen, wird die Fläche durch Polyeder-Flächen, bestehend aus Dreiecksflächen, approximiert. Die entstehenden Summen lassen sich als Riemannsche Summen auffassen und liefern so Integral-Ausdrücke für den Flächeninhalt. Sei (zunächst) D = [umin , umax ] × [vmin , vmax ]. (ui )i=0,...,n und (vj )j=0,...,m seien Zerlegungen von [umin , umax ] bzw. [vmin , vmax ]. Dann läßt sich die Fläche A durch BHW Bd.I 7.1,521 BrSe 8.4, 360 Pap Bd.2 IV 3.1,349 Sti 8.10, 447 Stö A2 3.3, 79 Stö TB 15.6, 545 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 71 die ‘Parallelogramme’ Aij mit den Eckpunkten r(ui−1 , vi−1 ), r(ui , vi−1 ), r(ui , vi ) und r(ui−1 , vi ) approximieren. Für den Flächeninhalt |A| gilt damit m n |A| ≈ i=1 Pj=1 |Aij | Pn m = j=1 |(r(ui , vj−1 )−r(ui−1 , vj−1 )) × (r(ui−1 , vj )−r(ui−1 , vj−1 ))| i=1 Pn Pm r(ui ,vj−1 )−r(ui−1 ,vj−1 ) i−1 ,vj−1 ) = ) × ( r(ui−1 ,vj )−r(u )|∆ui ∆vj . j=1 |( i=1 ∆ui ∆vj P P Im Grenzübergang n → ∞ und m → ∞ derart, daß auch lim max ∆ui = 0 und n→∞ i=1,...,n lim max ∆vj = 0 gilt, ergibt sich also folgender m→∞ j=1,...,m Satz Die Fläche A = {r(u, v) : (u, v) ∈ D} mit D = [umin , umax ] × [vmin , vmax ]} RR ∂r ∂r hat den Flächeninhalt |A| = ∂u × ∂v dv du, d.h. D |A| = Z umax Z vmax ∂r ∂u v u min min Z vmax Z umax ∂r ∂r ∂r dv du = du dv × × ∂v ∂v umin ∂u vmin • für jede stetig partiell differenzierbare Funktion r = r(u, v). Z.B. r(ϕ, t) = ((1 − t) r cos ϕ, (1 − t) r sin ϕ, t h) für ϕ ∈ [0, 2π) und t ∈ [0, 1] ist eine Parameterdarstellung des Kegels mit Kreis mit Radius r als Grundfläche in der x-y-Ebene, der Höhe h und der z-Achse als Symmetrie-Achse. Dann gilt ∂r = ( − (1 − t) r sin ϕ, (1 − t) r cos ϕ, 0) sowie ∂r = (−r cos ϕ, −r sin ϕ, h) und ∂ϕ ∂t ∂r ∂r ∂r daher ∂ϕ × ∂t = (1 − t) r(h cos ϕ, h sin ϕ, r). Für den Integranden gilt | ∂ϕ × ∂r |= ∂t √ (1 − t) r h2 + r2 R= (1 − t) r s mit der Seitenlänge s. Für den Kegelmantel A folgt R c endlich |A| = r s 02π o1 (1 − t) dt dϕ = r s 21 2π = π r s. Z.B. r(ψ, ϕ) = r( cos ψ cos ϕ, cos ψ sin ϕ, sin ψ ) für ϕ ∈ [0, 2π) und |ψ| ≤ π/2 ist eine Parameter-Darstellung der Kugel mit Radius r in 0. Wegen r(- sin ψ cos ϕ, - sin ψ sin ϕ, cos ψ ) und ∂r ∂ϕ × folgt ∂r(ψ,ϕ) ∂ϕ ∂r(ψ,ϕ) ∂ψ = = r(- cos ψ sin ϕ, cos ψ cos ϕ, 0) gilt T cos2 ψ cos ϕ ex ey ez ∂r 0 = r2 = r2 − cos ψ sin ϕ cos ψ cos ϕ cos2 ψ sin ϕ . Daraus ∂ψ − sin ψ cos ϕ − sin ψ sin ϕ cos ψ cos ψ sin ψ ∂r ∂r nun ∂ϕ × ∂ψ = r 2 cos ψ. Für den Flächeninhalt der Kugeloberfläche A R π/2 R 2π 2 R 2 π/2 2 folgt |A| = −π/2 0 r cos ψ dϕ dψ = 2π r −π/2 cos ψ dψ = 4π r . c Z.B. r(ϕ, t) = (ρ cos ϕ+t d, r sin ϕ, t h) ist eine Parameterdarstellung des schiefen √ √ 2 2 Zylinders der Höhe h und Radius r, wobei wegen ρr = d h+h eben ρ = hr d2 + r2 √ ∂r ∂r gilt. Wegen ∂ϕ = ( − hr d2 + h2 sin ϕ, r cos ϕ, 0) und ∂r = (d, 0, h) gilt ∂ϕ × ∂r = ∂t ∂t √ 2 ∂r × ∂r = h2 r 2 cos2 ϕ + (h r cos ϕ, −h hr d2 + h2 sin ϕ, −d r cos ϕ) und damit ∂ϕ ∂t r2 (d2 +h2 ) sin2 ϕ+d2 r2 cos2 ϕ = r2 (d2 +h2 ).RAlso ist√der Flächeninhalt der√MantelR fläche des schiefen Zylinders gerade |A| = o1 o2π r d2 + h2 dϕ√dt = 2πr d2 + h2 und stimmt mit demjenigen des geraden Zylinders der Höhe d2 + h2 überein – wie ja auch die geometrische Anschauung zeigt. c Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 72 Eine Schraubenfläche entsteht durch Rotation eines Lots der Länge r etwa um die z-Achse bei gleichzeitiger, gleichmäßiger Verschiebung des Fußpunktes. Das Flächenstück A bei Rotation des Lotes um den Winkel α hat etwa die Parameter-Darstellung r(ρ, ϕ) = (ρ cos ϕ, ρ sin ϕ, h ϕ) für ρ ∈ [0, r] und ∂r ∂r ϕ ∈ [0, α]. Wegen ∂ρ = (cos ϕ, sin ϕ, 0) und ∂ϕ = (−ρ sin ϕ, ρ cos ϕ, h) gilt für R √ Rr Rα√ die Schraubenfläche A gerade |A| = o o ρ2 +h2 dϕ dρ = α or ρ2 +h2 dρ = √ 2 2 √ 2 2 r α √ 2 2 α 2 ρ c ρ +h + h ln(ρ + ρ +h )) = 2 (r r +h + h2 arsinh hr ). ( 2 Z.B. o Der Flächeninhalt einer Fläche A = {r(u, v) : (u, v) ∈ D} läßt sich aber auch für ‘nicht-rechteckige’ Parameter-Bereiche D bestimmen. Dazu wird etwa vermittels der beiden Funktionen vmin (u) und vmax (u) für jedes u ∈ [umin , umax ] der WerteBereich der v in v ∈ [vmin (u), vmax (u)] oder genauso für jedes v ∈ [vmin , vmax ] der Werte-Bereich der u in u ∈ [umin (v), umax (v)] in der u-v-Ebene vorgegeben. Satz Die Fläche A = {r(u, v) : (u, v) ∈ D} mit D = {(u, v) : u ∈ [umin , umax ], v ∈ [vmin (u), vmax (u)]} oder D = {(u, v) : v ∈ [vmin , vmax ], u ∈ [umin (v), umax (v)]} hat RR ∂r ∂r du dv, d.h. den Flächeninhalt |A| = ∂u × ∂v D |A| = Z umax Z vmax (u) ∂r u v (u) ∂u min min Z vmax Z umax (v) ∂r ∂r ∂r × × dv du = du dv ∂v ∂v vmin umin (v) ∂u für jede stetig partiell differenzierbare Funktion r = r(u, v). • Bem. Sei A = {(x, y, f (x, y)) : (x, y) ∈ D} mit D = {(x, y) : x ∈ [xmin , xmax ], y ∈ [ymin (x), ymax (x)]} oder D = {(x, y) : y ∈ [ymin , ymax ], x ∈ [xmin (y), xmax (y)]}. Die Fläche A ist also der Graph von f . Für jede stetig partiell differenzierbare RR q Funktion f hat A dann den Flächeninhalt |A| = 1+(fx )2 +(fy )2 dy dx, d.h. D |A| = Z xmax Z ymax (x) q xmin 1+(fx )2 +(fy )2 dy dx = ymin (x) Z ymax Z xmax (y) q ymin e x | 1 0 1+(fx )2 +(fy )2 dx dy xmin (y) ey ez r 2 2 ∂f ∂(x,y,f ) ∂(x,y,f ) ∂f ∂f 0 da ∂x × ∂y = 1 + ( ∂f + ( ∂f ∂x | = ( − ∂x , − ∂x , 1) = ∂x ) ∂y ) 1 ∂f ∂y für die Parameter-Darstellung r(x, y) = (x, y, f (x, y)) von A gilt. ◦ √ 2 h Z.B. Die Mantelfläche |A| des Kegels z = f (x, y) = h − r x + y 2 zum √ Grundkreis |x| ≤ r und |y| ≤ r2 − x2 ist wegen ∂f = − hr √ x2 2 und ∂f = ∂x ∂y x +y r √ 2 2 2 − hr √ 2y 2 sowie 1 + hr2 √x 2+y 2 2 = 1r r2 + h2 = rs als Integranden gerade |A| = x +y x +y r √ √ R r R √r2 −x2 s R r s 2 −x2 dx = s (x r 2 −x2 + r 2 arcsin x ) √ dy dx = 2 r = πsr 2 2 −r − r −x r −r r r r −r und stimmt daher mit dem Ergebnis der Parameterdarstellung überein. c √ 2 Z.B. Die Oberfläche |A| derqHalbkugel z = f (x, y) = r − x2 − y 2 ist wegen √ 2 2 ∂f = − xz und ∂f = − yz sowie 1 + xz2 + yz2 = z1 x2 + y 2 + z 2 = zr als Integranden ∂x ∂y Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 gerade |A| = 2π r2 . R r R √r2 −x2 r √ −r − r2 −x2 dy dx = r z 73 √ 2 2 r −x √ √ y −r arcsin r2 −x2 |− r2 −x2 dx = rπ s Rr q Rr −r dx = c 2 Projektion des Kreises x2 + y 2 = b2 in die Ebene z = ab2 − 1 x liefert eine Ellipse mit Halbachsen a und b. Der Flächeninhalt der Ellipse ist r denq √ 2 R √ R R 2 2 2 |A| = 4 0b 0 b −x 1 + ab2 − 1 + 0 dy dx = 4 ab 0b b2 − x2 dx. Damit ist der b √ Flächeninhalt |A| = 2 ab (x b2 − x2 + b2 arcsin xb ) = 2 ab (0 + b2 π2 − 0) = π a b. c Z.B. 0 z.H.√ Die Mantelfläche A der Halb-Tonne mit Länge ` und Radius r ist durch z= r2 − y 2 für |x| ≤ l 2 und |y| ≤ r explizit gegeben. Zeige |A| = π l r. o Z.B.√Ein halbzylindrischer Tunnel entlang der x-Achse mit Radius r ist durch z = r2 − y 2 gegeben. Das Ansatzstück für Einmündungen hat den FlächeninR r R x q r2 Rr Rxr −y 2 √ halt |A| = 2 0 0 1+0+( 2 2 ) dy dx = 2 0 0 r2 −y2 dy dx, mit der Substir −y R R x/r du eben |A| = 2 0r 0 √r1−u 2 dx = 2 √ 1 R 2r2 01 arcsin v dv = 2r2 (v arcsin v+ 1−v 2 ) = (π−2)r2 . tution u = y r und dann v = x r Rr x 0 r arcsin r dx = c 0 z.H. Bestimme die restliche Wandfläche der Tunnel-Einmündung, d.h. die Tun- o nel-Wandfläche, die zum Balken der T-Einmündung gehört. z.H. Welche Flächeninhalte ergeben sich für verschiedene Radien von durchlau- fendem und einmündendem Tunnel? für nicht senkrechte Einmündungen? o Bem. Der Schwerpunkt (xs , ys ) einer durch die Graphen von f (x) und g(x) sowie die Geraden x = a und x = b berandeten Fläche A der Ebene ist durch b Z b 1 xs = |A| a x(g(x) − f (x)) dx mit |A| = (g(cx) − f (x)) dx 1 Rb 2 2 ys = 12 |A| a a (g (x) − f (x)) dx R gegeben. Mit Doppel-Integralen gilt allgemeiner xs = 1 ZZ x dx dy |A| und ys = A 1 ZZ y dx dy |A| RR x dx dy = A als auch A y dx dy = R b R g(x) a f (x) y dy dx = Rb 1 a 2 Rb a x R g(x) f (x) dy dx = ZZ dx dy A A übereinstimmend, da sowohl RR mit |A| = Rb a x(g(x) − f (x)) dx (g2 (x) − f 2 (x)) dx gilt. ◦ √ x und f (x) = x2 berandeten Fläche. o √ √ z.H. Bestimme den Schwerpunkt der durch g(x) = 2 x und f (x) = 3 x berandeten Fläche. o z.H. Bestimme den Schwerpunkt der durch g(x) = Bem. Schwerpunkt rs eines Systemes starr verbundener Masse-Punkte mi in P mi ri ri ist rs = P mi . Die Masse mi sei proportional zum Flächeninhalt ’kleiner’, die Fläche approximierender Parallelogramme angenommen. Im Grenzübergang (homogene Massenverteilung) ergibt sich für r(u, v) = (f (u, v), g(u, v), h(u, v)) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 R umax R vmax ∂r ∂r xs = umin vmin ∂u × ∂v f (u, v) du dv R R 1 umax vmax ∂r ∂r ys = |A| umin vmin ∂u × ∂v g(u, v) du dv , ys = 1 R umax R vmax ∂r ∂r zs = |A| zs = umin vmin ∂u × ∂v h(u, v) du dv 1 xs = |A| 74 q 1 R xmax R ymax |A| xmin ymin x 1+(fx )2 +(fy )2 dx dy 1 R xmax R ymax |A| xmin ymin y 1+(fx )2 +(fy )2 dx dy 1 R xmax R ymax |A| xmin ymin z 1+(fx )2 +(fy )2 dx dy q q ◦ falls die Fläche A Graph einer Funktion z = f (x, y) ist. Z.B. r(ϕ, t) = ((1 − t) r cos ϕ, (1 − t) r sin ϕ, t h) für ϕ ∈ [0, 2π) und t ∈ [0, 1] ist ∂r eine Parameter-Darstellung des Kegelmantels. Wegen ∂ϕ × ∂r = (1 − t) r s gilt ∂t R R 2π 1 1 für die Schwerpunktskoordinaten xs = πrs o o (1 − t) r s (1 − t) r cos ϕ dt dϕ = R1 1 R 2π R 1 r R 2π r1 2π 2 sin ϕ| = 0 und y = cos ϕ (1 − t) dt dϕ = s o o o o (1 − t) r s (1 − π πrs o Rπ1 3 r1 r R 2π 2π 2 t) r sin ϕ dt dϕ = π o sin ϕ o (1 − t) dt dϕ = − π 3 cos ϕ|o = 0 sowie zs = R1 1 R 2π R 1 1 2 c o (1 − t) r s t h dt dϕ = 2h o (t − t ) dt = 3 h. πrs o √ 2 Z.B. Der Graph von z = f (x, y) = r − y 2 für |x| ≤ 2l und |y| ≤ r ist ein Halb-Zylinder der Länge l, der q Radius r und mit derqx-Achse als Symmetrie2 Achse. Wegen |A| = π l r und 1 + (fx )2 + (fy )2 = 1 + yz2 = zr gilt für die R l/2 r 1 Rr r −l/2 −r x z dx dy = πlr −r z dy −l/2 x dx = 0 y 1 Rr y 1 R l/2 R r r ebenso ys = πlr −l/2 −r y z dx dy = π −r z dy = 0 (da z 1 R l/2 R r r dx dy = π2 r. c πlr −l/2 −r Schwerpunktskoordinaten xs = (da x ungerade) wie ungerade) sowie zs = 1 πlr R l/2 R r Bem. Der Schwerpunkt rs von Flächen in Parameter-Darstellung r(u, v) mit (u, v) ∈ D und nicht-rechteckigem Argument-Bereich D ist rs = Z umaxZ vmax (u) ∂r ∂r × r(u, v) dv du ∂v umin vmin (u) ∂u bzw. mit der Abkürzung w(x, y) = = Z vmaxZ umax (v) ∂r ∂r × r(u, v) du dv ∂v vmin umin (v) ∂u q 1+(fx (x, y))2 +(fy (x, y))2 rs = Z xmax Z ymax (x) xmin ymin (x) Z ymax Z xmax (y) x x y w(x, y) dy dx = y w(x, y) dx dy ymin xmin (y) z z für Graphen von Funktionen z = f (x, y) mit (x, y) ∈ D und nicht-rechteckigem Argument-Bereich D. ◦ Z.B. 1 πrs RR D Für den Schwerpunkt rs = (0, zs ) der Kegel-Mantelfläche √ 0, √ 2 gilt2 zs = s h 2 2 z r dx dy für z = f (x, y) = h − r x + y und D = {(x, y) : x + y ≤ r}. Den Cartesischen Koordinaten (x, y) entsprechen die Polar-Koordinaten ρ = √ 2 2 ρ(x, y) = x + y und ϕ = ϕ(x, y) = arctan xy bzw. umgekehrt x = x(ρ, ϕ) = ρ cos ϕ und y = y(ρ, ϕ) = ρ sin ϕ. Für diese gleichzeitige Substitution gilt D0 = ∂x ∂ρ {(ρ(x, y), ϕ(x, y)) : (x, y) ∈ D} = [0, r] × [0, 2π] und D(ρ, ϕ) = ∂y ∂ρ cos ϕ sin ϕ ∂x ∂ϕ ∂y ∂ϕ = −ρ sin ϕ = ρ und damit zs = ρ cos ϕ 1 πr2 RR D z dx dy = h πr2 RR D0 (1 − ρr )ρ dρ dϕ = Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 2h R r (ρ r2 o − ρ2 ) dρ r = 2h ρ2 ( r2 2 − ρ3 r )| 3r o 75 = 31 r, vgl. Substitution in Abschnitt 4.3.3, S. 79. c o z.H. Bestimme den Schwerpunkt der Mantelfläche der Halbkugel. Bem. Der Fluß durch eine Fläche bestimmt sich wie folgt. Durch die ebene Fläche ∆A senkrecht zur Strömung v strömt während ∆t das Flüssigkeitsvolumen ∆V = ∆A v ∆t mit v = |v|, also pro Zeiteinheit ∆V = ∆A v. Sei ∆A eine ∆t Flächen-Normale zu ∆A mit |∆A| = |∆A|. Dann gilt ∆A = ∆A n mit normier= v ∆A = v · ∆A = ∆A(v · n). Dies gilt auch tem Normalen-Vektor n und ∆V ∆t für nicht zu v senkrechte ebene Flächen ∆A. Addition der Flüsse durch Parallelogramme ∆Ai,j für i = 1, ..., n und j = 1, ..., m, Pn Pm P P also ni=1 m i=1 j=1 vij · j=1 vij · ∆Aij und Auffassen als Riemannsche Summe nij ∆Aij liefert im Grenzübergang n → ∞ und m → ∞ den Gesamtfluß Φ durch eine Fläche A27 . Für eine Parameterdarstellung A = {r(u, v) : u ∈ [umin , umax ], v ∈ [vmin , vmax ]} von A ist nun n = = Pn Pm i=1 Pn ∂r ∂r × ∂v n ∂u ∂r ∂r i=1 | ∂u × ∂v | (ri,j−1 −ri−1,j−1 )×(ri−1,j −ri−1,j−1 ) . Also konvergiert P Pm j=1 vij · nij ∆Aij j=1 vij · |(ri,j−1−ri−1,j−1 )×(ri−1,j−ri−1,j−1 )| |(ri,j−1 −ri−1,j−1 )×(ri−1,j −ri−1,j−1 )| ri,j−1 −ri−1,j−1 i−1,j−1 × ri−1,j −r ∆ui ∆vj im Grenzübergang gegen j=1 vij · ∆ui ∆vj Pm = i=1 ) ( das Integral für den Fluß Φ durch die Fläche A Φ= ZZ v · dA = ZZ v · n dA = Z umax Z vmax umin A A Für das spezielle Vektor-Feld v = n = damit |A| = RR A dA = R umax R vmax umin vmin vmin v(r(u, v)) · ( ∂r(u,v) × ∂u ∂r ∂r × ∂u ∂u ∂r ∂r | ∂u × ∂u | ∂r(u,v) ∂v ) dv du ergibt sich v · n = n2 = 1 und × ∂r(u,v) dv du – wie gehabt. — ∂r(u,v) ∂u ∂v — ◦ Satz Für ein Vektor-Feld v im Raum und eine Fläche A im Raum mit Parameterdarstellung A = {r(u, v) : u ∈ [umin , umax ], v ∈ [vmin , vmax ]} ist Φ= ZZ A v · dA = Z umax Z vmax umin vmin ∂r(u, v) ∂r(u, v) v(r(u, v)) · × ∂u ∂v der Fluß Φ von v durch die Fläche A. ! dv du • Durch einen Leiter parallel zur y-Achse durch den Punkt (0, 0, h) fließe der Strom I. Dann ist die magnetische Feldstärke H(x, y, 0) = 2π(h2I+x2 ) (h, 0, x) mit H(x, y, 0) ⊥ (x, 0, −h), also H(x, y, 0) senkrecht zum Lot von (x, y, 0) auf den Leiter, und mit |H(x, y, 0)| proportional zu I und indirekt proportional zum Abstand von (x, y, 0) vom Leiter. Z.B. 27 vgl. Computer-Graphik: die von einer etwa durch Dreiecke approximierten Kugel-Oberfläche reflektierte Strahlung ist proportional zur Summe der von jedem Dreieck reflektierten Strahlungen ∆A n · v mit Flächeninhalt ∆A und Normalen-Vektor n des Dreiecks und Beleuchtungsvektor v. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 76 Der rechteckige Bereich [0, a] × [0, b] der x-y-Ebene spezifiziert die Fläche A= R {(x, y, 0) : x ∈ [0,R a], y ∈ [0, b]} im Raum. Der magnetische Fluß Φ = A B dA = R x µo A H dA = µo A H(r) · ez dA durch A sei zu bestimmen. Wegen H · ez = h2I+x 2 R R R R µo I b a µo I b 1 µo I b x h2 +a2 2 2 a gilt Φ = 2π 0 0 h2 +x2 dx dy = 2π 0 . 2 ln(h + x )—0 dy = 4π 0 ln h2 dy = 2 2 µo I b ln h h+a . 2 4π Konzentrische Kreise mit Radius R um und senkrecht zum Leiter bilden geschlossene Wege C mit Parameter-Darstellung r(t) = (x(t), y(t), z(t)) = (0, yo , h) + I R(cos t, 0, sin t) für t ∈ [0, 2π). Mit H(x, y, z) = 2π(x2 +(z−h) 2 ) (h − z, 0, x) bestimmt H R 2π das Umlaufintegral C H · dr = 0 H(r(t)) · (ẋ(t), ẏ(t), ż(t)) dt die Zirkulation H R 2π I(h−z(t),0,x(t))·R(−sin t,0,cos t) I R 2π (h−z(t),0,x(t))·(−z(t),0,x(t)) dt = dt = 2 2 C H · dr = 0 2π(x (t)+(z(t)−h) ) 2π 0 x2 (t)+(z(t)−h)2 R 2π R2 cos2 (t)+(h+R sin t)R sin t 2 2π R +hR sin t I dt = 2π dt = I + 2πI hR 0 = I, wie sich R2 RR H 0 auch aus dem Durchflutungssatz H · dr = S dA = I mit der Stromdichte I 2π R2 cos2 (t)+R2 sin2 (t) 0 R A S= dI dA c ergibt. Für die vorstehende Anordnung berechne den Fluß Φ durch die Fläche A0 = {(h, y, z) : y ∈ [0, a0 ], z ∈ [h, h + b0 ]} mit a0 b0 = ab. Die Fläche A0 liegt also in der Ebene x = h und damit parallel zur y-z-Ebene und hat denselben Flächeninhalt wie A. o z.H. Ein elektrischer Dipol in 0 mit dem Moment M = M ez und M > 0 erregt im Vakuum in einem Punkt r = (x, y, z) die elektrische Flußdichte D(r) = M M 2 2 2 2 o E(r) = 4π|r| 5 (3xz, 3yz, 2z −x −y ) = 4π|r|5 (3zr−|r| ez ). Für die HalbkugelOberfläche A der Kugel um 0 mit Radius R und mit der Parameterdarstellung cos ϕ cos ψ A = {r(ϕ, ψ) = R sin ϕ cos ψ : ϕ ∈ [0, 2π], ψ ∈ [0, π/2]} ergibt sich die Flußsin ψ 3 cos ϕ sin ψ cos ψ − sin ϕ cos ψ ∂r(ϕ,ψ) M 1 3 sin ϕ sin ψ cos ψ dichte D(r(ϕ, ψ)) = 4π = R cos ϕ cos ψ , . Aus R3 ∂ϕ 3 sin2 ψ − 1 0 − cos ϕ sin ψ ∂r(ϕ,ψ) ∂r(ϕ,ψ) − sin ϕ sin ψ = R × ∂r(ϕ,ψ) = und der Normalen n(ϕ, ψ) = ∂ψ ∂ϕ ∂ψ cos ψ ex ey ez R2 − sin ϕ cos ψ cos ϕ cos ψ 0 = R cos ψ r(ϕ, ψ) ergibt sich der Verschie − cos ϕ sin ψ − sin ϕ sin ψ cos ψ R R bungsfluß Ψ = A D(r) dA durch die Halbkugel zu Ψ = A D(r(ϕ, ψ))n(ϕ, ψ) dA = Z.B. M R 2 sin ψ cos ψ 4π R B R 2π M M dϕ = 2R . 4π R 0 dA = M R 2π R π/2 0 4π R 0 sin(2ψ) dψ dϕ = π/2 M R 2π − cos(2ψ) 4π R 0 2 0 dϕ = c H z.H. Der Fluß Ψo = Ao D·dA durch eine die Ladung Q umhüllende, geschlossene Fläche Ao heißt Hüllenfluß. Es gilt Ψo = Q. Verifiziere dies im vorigen Beispiel für die (Ganz-) Kugel Ao um den Dipol. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 77 Bem. Sei V : R3 → R3 ein Vektorfeld und Q ein Quader um ro mit Rand, i.e. RR Oberfläche ∂Q. Dann ist Φ = V(r) · d∂Q der Fluß durch den Quader Q. Der ∂Q Φ relative Fluß |Q| pro Quader-Volumen |Q| heißt mittlere Ergiebigkeit von V in Q. 1 RR V(r) · d∂Q der mittleren Ergiebigkeit für Quader Der Grenzwert lim|Q|→0 |Q| ∂Q Q mit ro ∈ Q heißt Ergiebigkeit von V in ro . ◦ Satz Die Ergiebigkeit ist gleich der Divergenz, es gilt also 1 ZZ div V(ro ) = lim V(r) · dA |Q|→0 |Q| A=∂Q für Quader Q mit ro ∈ Q und Oberfläche A = ∂Q. • Bew. Seien f (r), g(r) und h(r) die Komponenten von V = (f, g, h). Die beiden Flächen Axmin = {r(u, v) = (xmin , y, z) : u ∈ [ymin , ymax ], v ∈ [zmin , zmax ]} und Axmax = {r(u, v) = (xmax , y, z) : u ∈ [ymin , ymax ], v ∈ [zmin , zmax ]} sind die beiden zur x-Achse senkrechten Quader-Seiten mit ∂r(u,v) × ∂r(u,v) = −ex für r(u, v) ∈ ∂u ∂v ∂r(u,v) ∂r(u,v) Axmin und ∂u × ∂v = ex für r(u, v) ∈ Axmax . Die Normalen-Vektoren weisen also jeweils nach außen (Igel). Für den Fluß ΦxQ durch diese beiden Quader-Seiten gilt ΦxQ = ZZ Ax min = = ZZ V · dAxmin + V · dAxmax Ax max Z zmax Z ymax f (xmax , u, v) du dv − z Z min zmax y Z min ymax Z xmax zmin ymin xmin und ganz entsprechend ΦyQ = Z zmax Z ymax zmin fx (x, u, v) dx du dv = ymin ZZZ f (xmin , u, v) du dv fx dQ Q RRR Q gy dQ sowie ΦzQ = RRR hz dQ. Der Gesamtfluß Q ΦxQ ΦQ durch das Quader Q ergibt sich also als ΦQ = + ΦyQ + ΦzQ zu ΦQ = RRR RR V · d∂Q = (fx + gy + hz ) dQ und die mittlere Ergiebigkeit Φ|Q|Q mit dem Q ∂Q Mittelwertsatz zu also 1 lim|Q|→0 |Q| 1 (f |Q| x RR + gy + hz )(rm )|Q|. Der Grenzübergang |Q| → 0 liefert V(r) · dA = lim|Q|→0 A=∂Q für (beliebige) Quader Q mit ro ∈ Q. 4.3.3 ΦQ |Q| = (fx + gy + hz )(ro ) = div V(ro ) √ Volumina Das Integral als Fläche unter dem Graphen einer Funktion einer Variablen wird für Funktionen f etwa der beiden Variablen x und y direkt zum Volumen |V | = RR f (x, y) dx dy verallgemeinert. D Für rechteckiges D = [xmin , xmax ] × [ymin , ymax ] ⊂ R2 sei der Körper V begrenzt BDH 9.3, 477 BHW Bd.I 7.2.4,576 BrSe 8.4.2, 364 Pap Bd.2 IV 3.2,386 Sti 8.6, 408 Stö A2 3.3.2, 85 Stö TB 15.6, 544 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 78 durch den Graphen {(x, y, f (x, y)) ∈ R3 : (x, y) ∈ D} von f , die x-y-Ebene sowie die vier Ebenen x = xmin , x = xmax , y = ymin und y = ymax . Für beliebiges, nicht-rechteckiges D sei V begrenzt durch den Graphen von f , die x-y-Ebene und den ‘unendlichen’ Zylinder mit Grund-Fläche D ⊂ R2 . Das Volumen |V | wird approximiert durch Summen der Quader-Volumen |Vi,j | = f (xi , yj ) ∆xi ∆yj mit ∆xi = xi − xi−1 und ∆yj = yj − yj−1 . Aufgefaßt als Riemannschen Summen gilt im Grenzübergang n → ∞ und m → ∞ derart, daß limn→∞ max1≤i≤n ∆xi = 0 und limm→∞ max1≤j≤m ∆yj = 0 |V | = n X m X lim n → ∞ i=1 j=1 m→∞ f (xi , yj ) ∆xi ∆yj = ZZ f (x, y) dx dy D Satz Der Körper V = {(x, y, z) : (x, y) ∈ D, zRR∈ [0, f (x, y)]} ⊂ R3 mit D = [xmin , xmax ] × [ymin , ymax ] hat das Volumen |V | = f (x, y) dx dy, d.h. D |V | = Z ymax Z xmax ymin f (x, y) dx dy = Z xmax Z ymax xmin xmin f (x, y) dy dx ymin • für jede auf D stetige Funktion f = f (x, y). Z.B. Schüttgut in einem rechteckigen Kasten, d.h. in einem Silo mit Grund- fläche [−xo , xo ] × [−yo , yo ], bilde ein Paraboloid (Scheitel im Urspung) geschnitten mit dem Quader {(x, y, z) : |x| ≤ xo , |y| ≤ yo } aus. Die Oberfläche ist durch f = f (x, y) = h − c(x2 + y 2 ) für die Füllhöhe h und eine MaterialR yo R xo f (x, y) dx dy und mit dem Konstante c gegeben. Das Volumen |V | = −y o −xo spezifischen Gewicht γ das Gewicht G = γ|V | der Silo-Füllung bestimmt sich x R yo R xo R yo c 3 o 2 2 2 zu G = γ −yo ( −xo (h − cx − cy ) dx)dy = γ −yo ((h − cy )x − 3 x ) dy = γ yo R yo c 3 c 3 c 2 3 −yo 2((h − cy )xo − 3 xo )dy = 2γ (hxo y − 3 xo y − 3 xo y ) c 3 xy 3 o o −yo − 3c xo y03 ) = 4γ(hxo yo − 3c (x3o yo + xo yo3 )). R xo −xo = 4γ(hxo yo − c R yo − cx2 − cy 2 ) dy )dx. o √ 2 R xo R yo z.H. Berechne mit |V | = −xo ( −yo (h − c x − y 2 ) dy )dx das Volumen eines Kegels geschnitten mit dem Quader {(x, y, z) : |x| ≤ xo , |y| ≤ yo }. o z.H. Berechne G = γ −xo ( −yo (h Das Volumen V hat die rechteckige Grundfläche D = [xmin , xmax ] × [ymin , ymax ]. Dies läßt sich wie bei Flächen im Raum verallgemeinern zu Grundflächen D, die durch die Graphen zweier Funktionen begrenzt sind. Satz Gegeben seien stetige Funktionen ymin (x) und ymax (x), definiert für x ∈ [xmin , xmax ], bzw. xmin (y) und xmax (y), definiert für y ∈ [ymin , ymax ], die eine Grundfläche D in der x-y-Ebene begrenzen. Der Körper V , begrenzt vom Graphen einer auf D stetigen Funktion f , der x-y-Ebene und dem ‘unendlichen’ RR Zylinder mit Grundfläche D hat das Volumen |V | = f (x, y) dx dy, d.h. D |V | = Z ymax Z xmax (y) ymin xmin (y) f (x, y) dx dy = Z xmax Z ymax (x) xmin ymin (x) f (x, y) dy dx Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 79 wobei entweder D = {(x, y) : x ∈ [xmin , xmax ], y ∈ [ymin (x), ymax (x)]} oder eben D = {(x, y) : y ∈ [ymin , ymax ], x ∈ [xmin (y), xmax (y)]} gilt. • Z.B. Damit bestimmt sich das √ Volumen |V1/8 | eines Kugel-Oktanten (zwischen den positiven Achsen) mit z = r2 − x2 − y 2 und ymin (x)√≡ 0 sowie ymax (x) = √ r2 − x2 für x ∈√[0, r] bzw. xmin (y) ≡ 0 sowie xmax (y) = r2 − y 2 für y ∈ [0, r] R R R 2 2√ zu |V1/8 | = 0r ( 0 r −x r2 − x2 − y 2 dy )dx = 0r π4 (r2 − x2 ) dx = π6 r3 oder ebenso √ R R R r2 −y2 √ |V1/8 | = 0r ( 0 r2 − x2 − y 2 dx)dy = 0r π4 (r2 − y 2 ) dy = π6 r3 und damit das Kugel-Volumen V zu V = 34 π r3 . c Z.B. Das Volumen der Kugel K = {(x, y, z) ∈ R3 : x2 + y 2 + z 2 ≤ r2 } mit Radius r kann auch als Dreifach-Integral, aufgefaßt als Riemannsche Summe von ‘kleinen’ Volumen-Elementen ∆x∆y∆z, bestimmt werden. Im GrenzüberRRR gang ergibt sich dann für das Volumen das Integral |K| = dx dy dz und mit K √ R x=r R y=√r2−x2 R z= r2−x2−y2 √ √ dz dy dx = den richtigen Integrationsgrenzen |K| = x=−r y=− r2−x2 z=− r2−x2−y 2 √ √ R x=r R y= r2−x2 √ r2 −x2 −y 2 dy dx. Mit c2 = r2 − x2 ergibt sich für das Volumen x=−r 2 y=− r2−x2 R x=r R y=c √ |K| = x=−r 2 c y=−c c2 − y 2 dy dx und mit der Substitution y = c sin u, u = R u=arcsin 1 R x=r 2 2c2 u=− arcsin yc und dy = c cos u du gilt dann |K| = x=−r arcsin 1 cos u du dx = R R R R x=r π/2 π/2 x=r x=r 2 2 2 2 x=−r 2c 2 u=0 cos u du dx = x=−r 2c (u + sin u cos u)|u=0 dx = x=−r 2(r − r R x2 ) π2 dx = 2π 0r (r2 − x2 ) dx = 2π (r2 x − 31 x3 ) = 2π(r3 − 31 r3 ) = 43 πr3 . c 0 z.H. Bestimme das Volumen des Kegels und des Ellipsoids als Doppel-Integral und als Dreifach-Integral. Wieso ist das Rotationsellipsoid ein spezielles Ellipsoid 2 2 2 o E = {(x, y, z) : xa2 + yb2 + zc2 ≤ 1} ? Bem. Mit den obigen Dreifach-Integralen lassen sich die infinitesimal kleinen Volumen-Elemente dx dy dz individuell wichten: das Gewicht G eines Körpers K mit in Abhängigkeit vom Ort variierender Wichte, also mit spezifischem Gewicht RRR f (x, y, z) ist G = f (x, y, z) dx dy dz. ◦ K Schüttgut in einem Silo S wird verdichtet, so daß das spezifische Gewicht f (x, y, z) etwa proportional zur Menge des darüberliegenden Schüttgutes anwächst, d.h. f (x, y, z) = fo + c(h − z)RRRmit Füllhöhe h des Silos. Damit ist das Gewicht G der Silo-Füllung G = f (x, y, z) dx dy dz. Im Fall eiZ.B. S nes quaderförmigen Silos S = {(x, y, z) : |x| ≤ xo , |y| ≤ yo , z ∈ [0, h]} ergibt h xo yo h sich G = −x (fo + c(h − z))dz dy dx = 4 xo yo ((fo + c h)z − 2c z 2 )o = o −yo o 4 fo xo yo h + 2 c xo yo h2 . c R R R Satz (Substitution) Die Funktion f : R2 ⊃ B → R sei stetig. Für zwei Funktionen u = u(x, y) und v = v(x, y), die B umkehrbar eindeutig auf B 0 = {(u(x, y), v(x, y)) : (x, y) ∈ B} abbilden und deren Umkehrfunktionen x = φ(u, v) Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 80 und y = ψ(u, v) (partiell) stetig differenzierbar sind, gilt ZZ f (x, y) dx dy = ZZ f (φ(u, v), ψ(u, v))|D(u, v)| du dv , B0 B falls die Funktional-Determinante D(u, v) = ∂φ ∂φ ∂u ∂v ∂ψ ∂ψ 6= 0 auf ganz B 0 . • ∂u ∂v z.H. Zeige die Analogie zur Substitution im eindimensionalen Fall auf. o Die Abbildung (r, ϕ) → (x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) bildet die r-ϕ-Ebene der Polar-Koordinaten umkehrbar eindeutig auf die x-y-Ebene der cartesischen cos ϕ −r sin ϕ = r > 0. Damit gilt also Koordinaten ab. Es ist D(r, ϕ) = sin ϕ r cos ϕ RR RR f (x, y) dx dy = r f (r cos ϕ, r sin ϕ) dr dϕ. Z.B. B0 B Der Flächen-Inhalt eines ‘Sektors’ begrenzt durch die Strahlen ϕ = ϕ1 und ϕ = ϕ2 sowie durch den Graphen der in Polar-Koordinaten gegebenen Funktion r = r(ϕ) R R r(ϕ) RR RR R ist dx dy = r dr dϕ = ϕϕ12 0 r dr dϕ = 21 ϕϕ12 r2 (ϕ) dϕ. B0 B Die Fläche etwa des Kreis-Sektors (begrenzt durch r(ϕ) ≡ ro ) zwischen ϕ1 und ϕ2 ist also gerade 12 ro2 (ϕ2 −ϕ1 ), die der Archimedischen28 Spirale r(ϕ) = cϕ zwischen 2 ϕ1 und ϕ2 eben c6 (ϕ32 − ϕ31 ). c Mehrfach-Integrale und Substitution, wie sie hier für Funktionen zweier Variabler angegeben sind, lassen sich ganz entsprechend für Funktionen von n Variablen verallgemeinern. dung u = xa , v = y b und w = z c gel K. Für das Volumen von |E| gilt also RRR E RRR K x2 a2 2 2 + yb2 + zc2 = 1. Die (affine) Abbildes R3 überführt das Ellipsoid E in dieEinheitsku Z.B. Das Ellipsoid im R3 ist berandet durch abc du dv dw = 34 πabc. dx dy dz = ∂au ∂u RRR ∂bv ∂u K ∂cw ∂au ∂v ∂bv ∂v ∂cw ∂u ∂v ∂au ∂w ∂bv du dv ∂w ∂cw ∂w dw = c Z.B. Die Abbildung (x, y, z) = (r cos ϕ, r sin ϕ, h) für ϕ ∈ [0, 2π) bildet einen Bereich B 00 der r-h-Ebene mit r ≥ 0 auf den durch Rotation von B 00 um die hAchse erzeugten Rotationskörper B ab. Für das Rotationskörper-Volumen |B| = RRR B RRR B0 ∂ r cos ϕ ∂ r cos ϕ ∂ r cos ϕ ∂ϕ ∂r ∂h RRR ∂ r sin ϕ ∂ r sin ϕ ∂ r sin ϕ dx dy dz = | ∂ ϕ ∂r ∂ h | dϕ dr dh liefert diese Substitution |B| = B0 ∂ h ∂h ∂ h ∂ ϕ ∂ r ∂h −r sin ϕ cos ϕ 0 RRR RRR | r cos ϕ sin ϕ 0 | dϕ dr dh = | − r sin2 ϕ − r cos2 ϕ| dϕ dr dh = r dϕ dr dh B0 B0 0 0 1 RR 0 00 r dr dh mit B = [0, 2π) × B . = 2π B 00 28 Archimedes von Syrakus (287-212 v.Chr.) www-history.mcs.st-and.ac.uk/history/Biography/Archimedes.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 81 Falls B 00 in der Form B 00 = {(r, h) : h ∈ [a, b], r ∈ [rmin (h), rmax (h)]} mit zwei integrierbaren RFunktionen r und rmax vorliegt, so ist das Volumen des RotatiR rmax (h) min Rb 2 2 r dr dh = π onskörpers 2π ab ( rmin ) a (rmax (h) − rmin (h))dh. (h) Rotation etwa der Kreisscheibe√(r − ro )2 + h2 = R2 um die √ h-Achse erzeugt 2 2 einen Torus. Mit rmin (h) = ro − R − h und rmax (h) = ro + R2R − h√2 gilt dann √ R 2 2 (h) = 4ro R2 −h2 und das Torus-Volumen ist 4π ro −R (h) − rmin R2 −h2 dh rmax R π/2 = 4π ro 2 R2 0 cos2 u du = 4π ro π2 R2 = 2π 2 ro R2 . c Bem. Wie für Flächen bestimmt sich der Schwerpunkt rs = (xs , ys , zs ) eines RRR Körpers V mit Volumen |V | = dx dy dz als V xs = 1 ZZZ x dx dy dz, |V | ys = V 1 ZZZ y dx dy dz, |V | zs = V 1 ZZZ z dx dy dz |V | V ◦ Z.B. Für den Schwerpunkt rs der Halb-Kugel V mit Radius r und √ Volumen 2 3 RRR 3 3 z dx dy dz. In Zylinder-Koordinaten ρ(x, y) = π r gilt zs = ϕ(x, y) = 2π r3 V arctan xy wie x2 + y 2 und umgekehrt x = x(ρ, ϕ) = ρ cos ϕ und y = y(ρ, ϕ) = ρ sin ϕ ∂x ∂x cos ϕ −ρ sin ϕ ∂ρ ∂ϕ = ρ und sowie Funktional-Determinante D(ρ, ϕ) = ∂y ∂y = sin ϕ ρ cos ϕ ∂ρ ∂ϕ √ 2 B = {(x, y) : x + y 2 ≤ r} mit Bild B 0 = {(ρ(x, y), ϕ(x, y)) : (x, y) ∈ B} = √ √ r2 −x2 R r2 −x2 −y 2 3 Rr R √ [0, r] × [0, 2π] gilt per Substitution zs = 2π r3 −r − r2 −x2 z=o z dx dy dz = √ R R R R 2 2 r 2π r −ρ 3 z ρ dρ dϕ dz = r33 or 12 (r2 − ρ2 )ρ dρ = 2 3r3 ( 12 r2 ρ2 − 14 ρ4 )|ro = z=o 2π r3 o o 3 1 4 3 r = 8 r. c 2 r3 4 Der Kreis-Kegel K mit Radius r und h kann als Volumen unter √ 2 Höhe h 2 dem Graphen von z = f (x, y) = h − r x + y aufgefaßt werden. Für den Rauminhalt |K| gilt |K| = 31 πr2 h. Aus Symmetrie-Gründen verschwinden x- und y-Koordinate des Schwerpunktes rs von K. Für die z-Koordinate (rs )z gilt nun √ ZZ h−h x2 +y2 /r 1 ZZZ 1 1 2 (rs )z = z dx dy dz = z dx dy |K| |K| 2 2 2 2 o Z.B. K 1 = |K| = 3h r2 = h 4 x +y ≤r Z r Z 2π ρ=o ϕ=o 1 2 h (1 2 πh2 Z r − ρ/r) ρ dϕ dρ = (1 − ρ/r)2 ρ dρ |K| o r ( − 3r (1 − ρ/r)3 ρo + 3r (1 − o ρ/r)4 r = 2 Z r o (1 − ρ/r)3 dρ) = h r r (− 4r )(1 − ρ/r)4 o 1 h 4 wie erwartet. c z.H. Bestimme den Schwerpunkt rs von Pyramiden. o z.H. Bestimme den Schwerpunkt rs von Rotationsparaboloiden. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 4.3.4 82 Integral-Sätze Integral-Sätze stellen Verbindungen zwischen Kurven-, Oberflächen- und Volumen-Integralen her. Def. Für eine Menge D bezeichne ∂D den Rand von D, also die Menge der Punkte derart, daß in jeder Umgebung sowohl Punkte aus D als auch solche nicht aus D liegen. Z.B. Rand der Kreisscheibe in der Ebene ist der Kreis (Peripherie). Rand der c (Voll-) Kugel im Raum ist ihre Oberfläche. Bem. Im Folgenden sind Flächen A ⊂ R3 Bilder stetig differenzierbarer Funk! 2 3 tionen w = (f, g, h) : R ⊃ D̄ → R mit maximalem Rang, d.h. dw d(u,v) = hat für alle (u, v) ∈ D den Rang 2. ∂f ∂u ∂f ∂v ∂g ∂u ∂g ∂v ∂h ∂u ∂h ∂v ◦ Satz (Gauß29 scher Integralsatz) Für ein stetig differenzierbares Vektor-Feld V : R3 ⊃ D → R3 gilt ZZ V(r) · dA(r) = ZZZ div V dB = ZZZ B B A=∂B div V dx dy dz für jeden Bereich B ⊂ D ⊂ R3 mit glattem Rand ∂B, d.h. mit glatter Oberfläche A = ∂B. • Bem. Was durch die Oberfläche eines Gebietes herausfließt, entspricht dem, was die Quellen im Gebiet liefern! ◦ Sei das Vektorfeld V : R3 → R3 durch V(r) = |r|2 r gegeben und sei B = {r : |r| ≤ R} die Kugel mit Radius R im R3 . Zur Verifikation des Gaußschen RR Integralsatzes werde zunächst V(r)·dA mit A = ∂B = {r : |r| = R} berechnet. Z.B. A cos ϕ cos ψ Mit der Parameterdarstellung A = {r(ϕ, ψ) = R sin ϕ cos ψ : ϕ ∈ [0, 2π], ψ ∈ sin ψ RR ∂r(ϕ,ψ) ∂r(ϕ,ψ) π π [− 2 , 2 ]} von A gilt wieder ∂ϕ × ∂ψ = R cos ψ r(ϕ, ψ) und daher ist V(r)· A R 2π R π/2 × ∂r(ϕ,ψ) dψ dA = 0 −π/2 V(r(ϕ, ψ)) · ∂r(ϕ,ψ) ∂ϕ ∂ψ R R R π/2 5 2π π/2 5 R 0 −π/2 cos ψ dψ dϕ = 2π R 2 0 cos ψ dψ dϕ = R 2π R π/2 0 5 = 4π R 4 −π/2 |r| R cos ψ dψ π/2 sin ψ|0 = 4π R5 . dϕ = Weiterhin ist div V(x, y, z) = (3x2 + y 2 + z 2 ) + (x2 + 3yR2RR+ z 2 ) + (x2 + y 2 + 3z 2 ) = 5(x2 + y 2 + z 2 ) = 5|r|2 für r = (x, y, z). Das Integral div V dx dy dz wird per B Substitution durch x = f (ϕ, ψ) = r cos ϕ cos ψ, y = g(ϕ, ψ) = r sin ϕ cos ψ und z = h(ϕ, ψ) = r sin ψ berechnet. Dabei ergibt sich ∂ f (ϕ,ψ) ∂ f (ϕ,ψ) ∂ f (ϕ,ψ) ZZZ B 29 Z R Z π/2 Z 2π div V dx dy dz = 5 0 −π/2 Carl Friederich Gauß (1777-1855) 0 ∂ϕ 2 ∂ g(ϕ,ψ) r ∂ϕ ∂ h(ϕ,ψ) ∂ϕ ∂ψ ∂ g(ϕ,ψ) ∂ψ ∂ h(ϕ,ψ)) ∂ψ ∂r ∂ g(ϕ,ψ) ∂r ∂ h(ϕ,ψ) ∂r dϕ dψ dr www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Gauss.html BHW Bd.IV 3,134 BrSe 13.3.3, 545 Pap Bd.3 I 9,201 Sti 8.11, 455 Stö A2 6.8, 174 Stö TB 16.5, 567 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 = = 83 ∂ r cos ϕ cos ψ ∂ r cos ϕ cos ψ ∂ r cos ϕ cos ψ Z R Z π/2 Z 2π ∂ϕ ∂ψ ∂r ∂ r sin ϕ cos ψ ∂ r sin ϕ cos ψ 2 ∂ r sin ϕ cos ψ r 5 dϕ dψ dr ∂ϕ ∂ψ ∂r −π/2 0 0 ∂ r sin ψ ∂ r sin ψ ∂ r sin ψ ∂ϕ ∂ψ ∂r − sin ϕ − cos ϕ sin ψ cos ϕ cos ψ Z R Z π/2 Z 2π r4 cos ψ cos ϕ − sin ϕ sin ψ sin ϕ cos ψ dϕ dψ dr 5 −π/2 0 0 0 cos ψ sin ψ R R 2π R π/2 π/2 5 π/2 5 5 = R −π/2 0 cos ψ dϕ dψ = 2π R 2 0 cos ψ dψ = 4πR sin ψ|0 mit der Gaußsche Integralsatz in diesem Beispiel verifiziert ist. = 4πR5 , woc D = E sei die Verschiebungsdichte oder elektrische Flußdichte einer Q r Punktladung Q in 0 mit D(r) = E(r) = 4π . Für einen Bereich B ⊂ R3 gilt |r|3 mit dem Gaußschen IntegralsatzRR–R die linke Seite entspricht dem VerschiebungsH fluß Ψ – Ψ = A D(r) · dA(r) = div D(r) dx dy dz mit der Oberfläche A = ∂B Z.B. B von B und r = (x, y, z). Speziell für die Oberfläche A = ∂B der um 0 mit Radius R und Pa Kugel B cos ϕ cos ψ rameterdarstellung A = {r(ϕ, ψ) = R sin ϕ cos ψ : ϕ ∈ [0, 2π], ψ ∈ [− π2 , π2 ]} sin ψ − sin ϕ cos ψ Q −3 ergibt sich D(r(ϕ, ψ)) = 4π R r(ϕ, ψ) und aus ∂r(ϕ,ψ) = R cos ϕ cos ψ so∂ϕ 0 − cos ϕ sin ψ ∂r(ϕ,ψ) wie ∂ψ = R − sin ϕ sin ψ mit resultierender Flächen-Normalen n(ϕ, ψ) = cos ψ ex ey ez ∂r(ϕ,ψ) × ∂r(ϕ,ψ) = R2 − sin ϕ cos ψ cos ϕ cos ψ 0 = R cos ψ r(ϕ, ψ) der Ver∂ϕ ∂ψ − cos ϕ sin ψ − sin ϕ sin ψ cos ψ H Q 1 R 2π R π/2 2 schiebungsfluß Ψ = A D(r(ϕ, ψ)) n(ϕ, ψ) dA = 4π −π/2 r (ϕ, ψ) cos ψ dϕ dψ R2 0 = Q 4π R 2π R π/2 0 0 cos ψ dψ dϕ = Q R π/2 0 π/2 cos ψ dψ = Q sin ψ|0 Mit dem Gaußschen Integralsatz gilt also Q = RRR = Q. div D(r) dx dy dz, und dies B obwohl div V(r) = 0 für alle r 6= 0, da V in 0 singulär ist. c Satz (Stokes30 scher Integralsatz) Für ein stetig differenzierbares Vektor-Feld V : R3 ⊃ D → R3 gilt I V(r) · dr = C=∂A für jede glatt berandete Fläche A ⊂ D. ZZ rot V(r) · dA(r) A • Bem. Die Umströmung einer Fläche A, also die Zirkulation entlang des Randes C = ∂A von A, ist gleich dem Integral über die Wirbel in A. ◦ 30 Georg Gabriel Stokes (1819-1903) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Stokes.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 84 Bem. Aufgrund dieses Satzes gilt für ein solches Vektor-Feld V und jeden Bereich B ⊂ R3 mit glatter (Ober-) Fläche A = ∂B ZZ rot V(r) · dA(r) = 0 . A=∂B Der Wirbelfluß durch eine geschlossene (Ober-) Fläche ist Null! ◦ Bew. Aus ∂B werde dazu ein Flächenstück Ao ausgeschnitten. Für den Rest RR H ∂B\Ao gilt dann mit dem Satz von Stokes rot V(r) · dA(r) = ∂Ao V(r) · A=∂B\Ao dr. Zusammenziehen von Ao auf einen Punkt liefert dann 0 = RR rot V(r) · dA(r) und damit die Behauptung. H ∂Ao V(r) · dr √ = A=∂B Z.B. Sei das Vektorfeld V : R3 → R3 durch V(r) = 1 w 2 × r gegeben. Wegen rot V ≡ w heißt V konstantes Wirbelfeld. Sei nun A einR Flächenstück inRR der Ebene senkrecht zu w. Dann gilt mit dem Satz von Stokes ∂A V(r) · dr = rot V(r) · A dA = w RR dA = |w||A|. c A Das Magnet-Feld H : R3 → R3 eines Strom-durchflossenen Leiters, kollinear zur z-Achse mit Strom I = Iez , ist für r = (x, y, z) durch H(r) = I (−y, x, 0) gegeben. Sei nun A eine Kreisfläche parallel zur x-y-Ebene 2π(x2 +y 2 ) um den und senkrecht zum Leiter. Dann gilt mit dem Satz von Stokes I = R RR H(r)·dr = rot H(r)·dA, in Übereinstimmung damit, daß nach einer der vier ∂A Z.B. A Maxwellschen Gleichungen rot H = ı für die Stromdichte ı und, da die FlächenNormale von A gerade ezRRist und daher rot H · n = ı · ez = ıo ez · ez = ıo gilt, damit RR eben rot H(r) · dA = ıo dA = ıo A∗ = I, wenn A∗ die Querschnittsfläche des A A Leiters bezeichne. rot H = ex ∂ ∂x f ey ez ∂ ∂y ∂ ∂z h = 0 mit H = (f, g, h) steht dazu nicht g im Widerspruch, da rot H(r) = 0 nur für r 6= 0 gilt und rot H in 0 singulär ist. Das Magnet-Feld H hat an jeder Stelle des Leiters einen sogenannten punktförmigen Wirbel. c Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5 85 Stochastik Die Stochastik behandelt Verfahren und Methoden, vom Zufall gesteuerte Sachverhalte zu beschreiben, zu bewerten und verherzusagen. Sie umfaßt die Teilgebiete Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik, ihrerseits unterteilbar in beschreibende und schließende Statistik. Anwendungen finden sich überall, etwa in Naturwissenschaft und Technik, Wirtschaft, Sozial- und Geisteswissenschaften, z.B. Versicherungsmathematik, Temperatur = 1/mittlere, freie Weglänge oder Aufenthaltswahrscheinlichkeiten von Elektronen in der Physik, Funktionsfähigkeit, d.h. Zuverlässigkeit bzw. Verfügbarkeit etwa von Rechner-Systemen oder Qualitätskontrolle bei Produkten in der Technik, Käufer-Verhalten in der Wirtschaft, Medikamenten-Studien in der Medizin, Wahlverhalten und Wahlprognosen in Sozialwissenschaften, Testverfahren der experimentellen Psychologie, Stilkritische Untersuchungen in Linguistik und Philologie usw. usf. Gesetzmäßigkeiten des Zufalls Die Mathematik liefert Modelle und Verfahren etwa für Spieltheorie oder Warteschlangen-Theorie sowie das Fundament der Statistik und in der Informatik für Komplexitätstheorie (average case zwischen wort case und best case), fehlertolerante Codierung und Kompression durch Ausnutzen von (statistischer) Redundanz, Erzeugung von (Pseudo-) Zufallszahlen, statistische Erzeugung großer Primzahlen und statistische Primzahltests (Kryptographie) ... 5.1 Wahrscheinlichkeitsrechnung Die Wahrscheinlichkeitsrechnung beantwortet Fragen nach der Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter Ereignisse, z.B. Münze, Würfel, Karten-Spiele, Lotto, Roulett, Funktionsfähigkeit, Zuverlässigkeit oder Verfügbarkeit von Systemen, Qualität etc. Beiträge leisteten Pascal31 , Fermat32 , Laplace33 Gauß34 usw. Erst im 20. Jhrdt. legte Kolmogoroff35 die axiomatischen Grundlagen für weitere Entwicklungen, etwa für Markov36 -Prozesse, probabilistische Algorithmen usw. Fragestellungen: 1000 PC-Abstürze aufgrund von 800 mal BS, 100 mal Stromversorgung, 50 mal Stecker-Probleme, 40 mal RAM-Defekte und 10 mal sonstige, ungeklärte Ursachen – Wahrscheinlichkeit eines jeden Ursachen-Komplexes? 15 von 750 Bauteilen in einem Los sind defekt – Wahrscheinlichkeit für ein defektes Bauteil? 31 32 33 34 35 36 Blaise Pascal (1623-1662) Pierre de Fermat (1601-1665) Pierre Simon Laplace (1749-1827) Carl Friederich Gauß (1777-1855) Andrej Nikolajewitch Kolmogoroff (1903-87) Andrei Andrejewitsch Markov (1856-1922) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Pascal.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Fermat.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Laplace.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Gauss.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Kolmogorov.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Markov.html BDH 14, 657 BrSe 16, 743 Pap Bd.3 II-IV Sti 11, 581 Stö TB 21, 717 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 86 Baugruppen-Funktionstüchtigkeit von 99% – Funktionstüchtigkeit eines ReihenSystems aus 5 Baugruppen? Kolmogoroff definiert, welchen Ereignissen überhaupt Wahrscheinlichkeiten zugeordnet werden können und müssen: Def. Ω sei Menge von Elementar-Ereignissen. A = A(Ω) ⊂ P(Ω) heißt Ereignisfeld oder σ-Algebra, wenn ∅, Ω ∈ A und mit A ∈ A ist auch A = Ω \ A ∈ A sowie S mit Ai ∈ A sind auch i Ai ∈ A. Die Wahrscheinlichkeit P (probability) ist eine Funktion P : A → [0, 1] mit S P P (∅) = 0 , P (Ω) = 1 , P (A) = 1−P (A) für A ∈ A und P ( i Ai ) = i P (Ai ) falls die Ai ∈ A paarweise disjunkt sind. Z.B. Ergebnis eines Münz-Wurfes: Ω = {Kopf, Zahl}. true coin: P (Kopf) = p und P (Zahl) = q = 1 − p (auch Bernoulli37 -Experiment. c z.H. Ergebnis eines Münz-Wurfes: Ω = {Kopf, Zahl, Rand}. P (Kopf) =?, P (Zahl) =?, P (Rand) =? o Def. Ein Laplace38 -Experiment hat einen endlichen Wahrscheinlichkeitsraum Ω = {e1 , . . . , en } mit gleichwahrscheinlichen Elementar-Ereignissen P (ei ) = 1 , also P (A) = |A| , kurz “günstig/möglich”, für jedes A ∈ A(Ω) = P(Ω). n |Ω| Z.B. Würfel: Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. true dice: P (i) = 1 6 für jedes i ∈ Ω. c o z.H. P (gerade Augenzahl) =?, P (Augenzahl > 3) =? . . . Z.B. Die fünf Platonischen Körper, d.h. regelmäßige Polyeder, also Viel-Flache, deren Oberfläche aus kongruenten regelmäßigen Viel-Ecken gebildet sind (Tetraeder (4-Flach, Getränke-Tüte), Hexaeder (6-Flach, Würfel), Oktaeder (8-Flach, Doppel-Pyramide), Dodekaeder (12-Flach) und Ikosaeder (20-Flach)) stellen physikalische Realisierungen der Erzeugung von Zufallszahlen dar. c z.H. Erzeugung von Pseudo-Zufallszahlen durch Rechner? o Für beliebige A, B ∈ A gilt P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B) Z.B. Im Durchschnitt 900 von 1000 Schuhen im Toleranzbereich (g −, g +), 560 von 1000 Schuhen in [g, g + ) und 625 von 1000 Schuhen in [g, ∞), wobei g die Schuh-Größe (Soll-Wert). Gesucht P ((−∞, g − ]) =? Es gilt P ((−∞, g − ]) = 1 − P ((g − , ∞)) = 1 − P ((g − , g + ) ∪ [g, ∞)) = 1 − (P ((g − , g + )) + P ([g, ∞)) − P ([g, g + ))) = 1 − (0.9 + 0.625 − 0.56) = 0.035. c Z.B. Skat-Blatt: P (erste Karte ist 7 oder 8 oder 9) = 81 + 18 + 18 = 12 . c 32 Z.B. Urne mit 5 x Schwarz, 12 x Weiß, 13 x Rot und 20 x Grün. P (Schwarz oder Grün) = 5 50 + 20 50 = 12 . c Z.B. Skat: P (unter 3 Karten genau eine 10) = 4 28 / 2 z.H. Skat: P (unter 3 Karten mindestens eine 10) =? 37 38 Jacob (Jacques) Bernoulli (1654-1705) Pierre Simon Laplace (1749-1827) 32 3 . c o www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Bernoulli.html www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Laplace.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 87 c 49 6 Z.B. Lotto 6 aus 49 : P (6 Richtige) = 1/ o z.H. Lotto 6 aus 49 : P (r Richtige) =? für r = 0, 1, 2, 3, 4, 5. Zusatzzahl? Urne mit 2 x Weiß und 3 x Rot: zweimaliges Ziehen mit Zurücklegen: Ω = {(i, j) : 1 ≤ i, j ≤ 5} wobei 1 und 2 für Weiß und 3, 4 und 5 für Rot. und umgekehrt}| = 12 ; auch per P (verschiedenfarbig) = |{(1,3),(1,4),(1,5),(2,3),(2,4),(2,5) |Ω| 25 23 23 c Ereignis-Baum P (W R ∪ RW ) = 5 5 + 5 5 = 0.48 Z.B. 4 2 32 2 3 248 ≈ 0.012; auch per EreignisBaum P (BB) = = c Z.B. Urne mit 2 x Weiß und 3 x Rot: P (RRR mit Zurücklegen) = (3/5)3 = 0.216, dagegen P (RRR ohne Zurücklegen) = 53 24 31 = 0.1, ebenso per Ereignis-Baum c Z.B. Skat: P (zwei Buben im Stock) = 4 3 32 31 / = 3 248 z.H. Urne mit 2 x Weiß und 3 x Rot: P (dreimal Rot in Folge bei maximal 5 Ziehen mit/ohne Zurücklegen) =? am besten per Ereignis-Baum o z.H. Vgl. P (mindestens einmal 6 bei viermal Würfeln) mit P (mindestens einmal 6er-Pasch bei 24 Würfen von zwei Würfeln) o z.H. Skat: “ohne vier”, d.h. P (Blatt ohne Buben) =? o z.H. Toto mit 12 Tips für jeweils Sieg/Unentschieden/Niederlage: Wahrscheinlichkeit der Elementar-Ereignisse? P (alle Tips daneben) =?, P (r Tips richtig) =? für 1 ≤ r ≤ 12. o 5.1.1 bedingte Wahrscheinlichkeiten und Unabhängigkeit Bem. Die prozentualen Buchstabenhäufigkeiten in deutschem Text a 6.51 n 9.78 b 1.89 o 2.51 c 3.06 p 0.79 d 5.08 q 0.02 e 17.4 r 7.00 f 1.66 s 7.27 g 3.01 t 6.15 h 4.76 u 4.35 i 7.55 v 0.67 j 0.27 w 1.89 k 1.21 x 0.03 l 3.44 y 0.04 m 2.53 z 1.13 können für Dechiffrierung und Kompression genutzt werden. Auch BuchstabenPaare haben charakteristische Häufigkeiten, ‘en’, ‘er’, ‘ch’, ‘te’, ‘de’, ‘nd’, ‘ei’, ‘ie’, ‘in’, ‘es’ usw. mit P (‘en’) = 0.11 wie ebenso Buchstaben nach einem bestimmten Buchstaben: auf ‘e’ folgen ‘n’, ‘r’, ‘i’, ‘s’ jeweils in der Reihenfolge ihrer Häufigkeit. Entsprechendes gilt für Buchstaben-Tripel usw. ◦ Bisher waren nur unbedingte Wahrscheinlichkeiten gefragt: das Eintreten eines Ereignisses hängt von keinen weiteren Randbedingungen ab. Jetzt hängt beispielsweise die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von ‘n’ von dem vorangehenden Buchstaben ab: P (‘n’|‘e’) > P (‘n’|‘i’) > . . . Def. P (A|B) = P (A ∩ B)/P (B) ist die bedingte Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung des Eintretens von B. Z.B. bedingte Buchstaben-Häufigkeiten (OCR), Zustandsübergangswahrschein- lichkeiten in stochastischen Automaten, Markoff-Ketten (vgl. google page ranking), Markoff-Prozessen usw. c Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 88 Z.B. 600 Produkte von Zulieferer Y davon 540 mit Gütezeichen, 300 Produk- te von Zulieferer Z davon 180 mit Gütezeichen. Zu bestimmen sei P (A|B) mit A =‘Produkt von Y’ und B =‘Produkt trägt Gütezeichen’. Dann ist P (A|B) = P (Produkt von Y mit Gütezeichen)/P (B) = 54 / 54+18 = 0.75 wie ebenso auch 90 90 540 c P (A|B) = 720 = 0.75 Für A, B ∈ A gilt P (A ∩ B) = P (A|B)P (B) = P (B|A)P (A) Def. Ereignisse A, B ∈ A mit P (A ∩ B) = P (A) · P (B) heißen unabhängig, sonst abhängig. z.H. Ereignisse A und B sind unabhängig genau dann, wenn P (A|B) = P (A) o bzw. P (B|A) = P (B). z.H. Was bedeutet P (‘en’) = 0.11 für das Auftreten der Buchstaben ‘e’ und ‘n’ o in deutschem Text? Bem. P ( Ai ) = P (A1 )P (A2 |A1 )P (A3 |A1 ∩ A2 ) . . . P (An |A1 ∩ A2 ∩ ... ∩ An−1 ) = Qn i=1 P (Ai |A1 ∩ A2 ∩ ... ∩ Ai−1 ). T Q ◦ Wenn alle Ai unabhängig sind, gilt P ( Ai ) = ni=1 P (Ai ). T Z.B. Münz-Wurf: Ω = {Kopf, Zahl}. P (K n ) = ( 21 )n , da unabhängig. Also auch P (K|Z n ) = (1/2)n+1 (1/2)n = 1 2 c = P (K). Die Baugruppen-Funktionstüchtigkeit sei 85%. Die Funktionstüchtigkeit eines Reihen-Systems bestehend aus 5 Baugruppen ist dann (0.85)5 ≈ 0.44. c Z.B. Z.B. Im Durchschnitt sind 95 von 100 Produkten qualitätsgerecht. Sei A =’alle drei zufällig ausgewählten Produkte sind qualitätsgerecht’. Mit Zurücklegen gilt 95 94 93 ≈ P (A) = (0.95)3 ≈ 0.857 bzw. P (A) = P (A1 )P (A2 |A1 )P (A3 |A1 ∩A2 ) = 100 99 98 0.856 ohne Zurücklegen. c 5.1.2 totale Wahrscheinlichkeit, Satz von Bayes Sei Ω = Bi mit disjunkten Bi ∈ A = A(Ω). Dann folgt A = (A ∩ Bi ) für jedes A ∈ A. Daher gelten die beiden folgenden Formeln. S S Satz (totale Wahrscheinlichkeit) P (A) = Satz (Formel von Bayes39 ) P (Bj |A) = P i P (A∩Bi ) = P (A∩Bj ) P (A) P i P (A|Bi )P (Bi ) j )·P (Bj ) = PP (A|B P (A|Bi )P (Bi ) • • i Z.B. Urnen U1 mit 3 x Weiß und 2 x Rot, U2 mit 4 x Weiß und 6 x Rot, U3 mit 5 x Weiß und 5 x Rot. P (Rot bei Entnahme aus beliebiger Urne) = 15 1 = 12 10 3 21 53 6 1 5 1 + 10 + 10 = 3 3 c Z.B. 600 Teile von Zulieferer Y mit 2% Ausschuß, 900 Teile von Zulieferer Z mit 1.5% Ausschuß. P (Ausschuß-Teil) = 39 Thomas Bayes (1702-1761) 2 600 100 1500 + 1.5 900 100 1500 = 4 500 + 4.5 500 = 0.017. c www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Bayes.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 89 Zulieferer Zi , i = 1, 2, 3, 4 mit Anteil i/10 an Gesamt-Produktion und 3 ∩A) durchschnittlich (5−i)% Ausschuß. P (Z3 |Ausschuß-Teil) = P (Z3 |A) = P (Z = P (A) Z.B. PP4(A|Z3 )·P (Z3 ) P (A|Zi )P (Zi ) 1 5.1.3 = 0.02·0.3 0.04·0.1+0.03·0.2+0.02·0.3+0.01·0.4 = 0.006 0.02 = 0.3 c Bernoulli-Experiment, Bernoulli-Kette Z.B. Bei einer Wahrscheinlichkeit von 10−5 für ein gekipptes Bit ist P (genau 3 von 4 Bits nicht gekippt) = 4(1 − 10−5 )3 10−5 . c Die Bernoulli40 -Kette besteht aus n unabhängigen Bernoulli-Experimenten, d.h. aus n identischen, unabhängigen Versuchen mit binärem Ausgang A bzw. A und P (A) = p bzw. P (A) = 1 − p. Dann gilt P (in n Versuchen genau m-mal A) = 5.1.4 n m pm (1 − p)n−m Zufallsvariable und ihre Verteilungsfunktionen Def. Zufallsvariable sind Größen, die Zahlen-Werte zufällig annehmen. Zufallsvariable mit endlich oder abzählbar unendlich vielen möglichen Werten oder Ausprägungen heißen diskret, anderenfalls kontinuierlich. Kontinuierliche Zufallsvariablen heißen stetig, wenn sie jeden Wert in einem vorgegebenen Intervall, auch in (−∞, ∞) = R annehmen können. Z.B. Ergebnis des Münzwurf (etwa -1 für Kopf und 1 für Zahl) oder Augenzahl beim Würfeln sind diskrete Zufallsvariable; (Ist-) Größe der Schuhe oder (technische) Lebensdauern etc. (mean time to failure, MTTF, mean time to repair, MTTR, mean down time, MDT) sind stetige Zufallsvariable. c z.H. Sammle und klassifiziere weitere Zufallsvariablen. o Def. Die Funktion F : R → [0, 1] mit F (x) = P (X < x) heißt Verteilungsfunktion der Zufallsvariablen X. Bem. Offensichtlich ist P (x ≤ X < x + ∆x) ≈ F 0 (x)∆ =: f (x)∆x für 0 ≤ ∆x 1. ◦ z.H. Verifiziere: P (x1 ≤ X < x2 ) = F (x2 ) − F (x1 ) für x1 ≤ x2 und P (X ≥ x) = P (X < x) = 1 − P (X < x) = 1 − F (x) sowie F ist monoton, 0 ≤ F (x) ≤ 1, limx→−∞ F (x) = 0 und limx→∞ F (x) = 1. o 40 Jakob Bernoulli (1654-1705) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Bernoulli_Jacob.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5.1.4.1 90 diskrete Zufallsvariable Verteilungsfunktionen diskreter Zufallsvariablen sind Stufen-Funktionen, da sie P P wegen F (x) = xi <x P (X = xi ) = xi <x pi zwischen xm und xm+1 konstant sind. z.H. Verteilungsfunktionen gleichverteilter, diskreter Zufallsvariablen? o z.H. Verteilungsfunktionen von Münz-Wurf und Würfel-Augenzahl? o z.H. Wie unterscheiden sich die Verteilungsfunktionen von gleichverteilten und o nicht-gleichverteilten, diskreten Zufallsvariablen? Zufallsvariable werden durch Parameter wie u.a. Erwartungswert, Varianz und Standardabweichung charakterisiert. Def. P E(X) = µ = i P xi P (X = xi ) = i xi p i heißt Mittelwert oder Erwartungswert der diskreten Zufallsvariablen X. Var(X) = E ((X −E(X))2 ) = P i 2 (xi −E(X)) P (X = xi ) = 2 i (xi −µ) P pi heißt Varianz oder Streuung der diskreten Zufallsvariablen X. Dann heißt σ = q Var(X) Standardabweichung der diskreten Zufallsvariablen X. z.H. Zeige Var(X) = E(X 2 ) − µ2 = P i x2i pi − µ2 . o Z.B. X sei Ergebnis des Münz-Wurfes mit X = −1 für Kopf und X = 1 für Zahl: E(X) = −1 · 0.5 + 1 · 0.5 = 0 und Var(X) = E(X 2 ) − 0 = (−1)2 · 0.5 + 12 · 0.5 = 1 sowie σ = 1. c o z.H. Für die Augenzahl X beim Würfeln berechne E(X), Var(X) und σ. z.H. Berechne E(X) und Var(X) gleichverteilter diskreter Zufallsvariabler X. o z.H. Vergleiche Erwartungswert, Varianz und Standardabweichung des Einkom- mens X1 , X2 , X3 und X4 in vier Populationen: in der ersten P (X1 = 100) = 1, in der zweiten P (X2 = 50) = 0.5 und P (X2 = 150) = 0.5, in der dritten P (X3 = 30) = 1/3, P (X3 = 120) = 1/3 und P (X3 = 150) = 1/3 sowie in der vierten P (X4 = 10) = 0.8 und P (X4 = 460) = 0.2. o Die Bedeutung der Varianz zeigt auch die Tschebyscheff41 sche Ungleichung. Satz P (|X − µ| ≥ c) ≤ σ 2 /c2 für jede diskrete Zufallsvariable X und c ∈ R+ . • Bew. σ2 = X (xk − µ)2 P (X = xk ) = X 2 2 (xk − µ) P (X = xk ) ≥ c |xk −µ|≥c X (xk − µ)2 P (X = xk ) + |xk −µ|<c k ≥ X (xk − µ)2 P (X = xk ) |xk −µ|≥c X 2 P (X = xk ) = c P ({X = xk : |xk − µ| ≥ c}) |xk −µ|≥c also P (|X − µ| ≥ c) ≤ σ 2 /c2 und auch P (|X − µ| < c) ≥ 1 − σ 2 /c2 . 41 Pafnuty Lvovich Chebyshev (1821-1894) √ www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Chebyshev.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 91 √ 2 σ) ≥ 1 − 12 = 12 , √ √ d.h. in (µ − 2 σ, µ + 2 σ) liegen mindestens 50% der Ausprägungen von X. c Z.B. Für jede diskrete Zufallsvariable X gilt also P (|x − µ| < Bem. Die Ungleichung gilt für jede diskrete Zufallsvariable X und ist damit verteilungsfrei. Bei bekannter Verteilung sind i.a.R. wesentlich bessere Schranken möglich. Die Ungleichung ist dennoch scharf, wie etwa die Zufallsvariable X ∈ {−1, 0, 1} mit P (X = 0) = 1 − p und P (X = −1) = p2 = P (X = 1) zeigt: es gilt µ = E(X) = 0, σ 2 = Var(X) = 2 p2 = p und für c = 1 eben P (|X − µ| ≥ c) = 2 P (|X| ≥ 1) = p ≤ σc2 = p1 . ◦ 5.1.4.1.1 Binomial-Verteilung Das Ergebnis des Bernoulli-Experimentes mit P (A) = p und P (A) = 1 − p = q stellt eine diskrete Zufallsvariable X mit X ∈ {0, 1, 2, . . . , n} und P (X = m) = n pm,n = m pm (1 − p)n−m dar. Für die Verteilungsfunktion F von X gilt also F (x) = P (X < x) = 0 P 0<m<x 1 n m m n−m p (1 − p) x≤0 falls 0 < x ≤ n x>n F (x) heißt Binomial-Verteilung und X binomial-verteilt mit Erwartungswert Pn−1 Pn n−1 m n−1−m n m n−m = n p (p + q)n−1 = n p = n p m=0 m m p q E(X) = m=0 m m p q P und Varianz Var(X) = σ 2 = nm=0 m2 pm,n − (n p)2 = n p q, da Pn Pn Pn Pn 2 m(m−1) p + m(m−1)+m p = ) m,n m,n m=0 m pm,n = m=0 m=0 m pm,n = m=0 ( P n−2 n(n − 1)p2 nm=2 m−2 pm−2 q (n−2)−(m−2) + n p = n(n − 1)p2 (p + q)n−2 + n p = n2 p2 − n p2 + n p = n2 p2 + n p q. Z.B. Die Wahrscheinlichkeit p10,50 dafür, daß eine Stichprobe von 50 Teilen aus einer Grundgesamtheit von 10000 Teilen mit 10% Ausschuß genau 10 Ausschuß 50 Teile enthält, ist p10,50 = 10 0.110 0.940 . Die zu erwartende Anzahl von AusschußStücken ist 50 · 0.1 = 5. Die Varianz ist 50 · 0.1 · 0.9 = 4.5 und daher die mittlere quadratische Abweichung gut 2. Wo steckt die Näherung? c z.H. Berechne P (genau 2 1-Bit-Fehler), P (mindestens ein 1-Bit-Fehler) und die durchschnittliche Anzahl von 1-Bit-Fehlern in einem 16MB Speicher mit einer Wahrscheinlichkeit von 10−9 für 1-Bit-Fehler. o Bem. Die Binomial-Verteilung wird überall da verwendet, wo die Anzahl des Auftretens eines binären Ereignisses mit fester Wahrscheinlichkeit (entweder per Zurücklegen oder wegen großer Anzahl n) interessiert. ◦ Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5.1.4.1.2 92 geometrische Verteilung Eine ZV X mit Werten in N ist geometrisch mit Parameter p verteilt, wenn P (X = k) = q k−1 p für k ∈ N gilt. Dabei bedeutet X = k, daß im k-ten Versuch eines Bernoulli-Experimentes das Ereignis A erstmalig eintritt. z.H. Zeige, daß P (X = k) = q k−1 p für k ∈ N eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P∞ P∞ k−1 p = 1. k=1 q P P∞ d k d P∞ k Bem. Offensichtlich gilt E(X) = k=1 k q k−1 p = p ∞ k=1 dq q = p dq k=1 q P∞ d P∞ d 1 1 1 1 2 k−1 k p dq p − p12 k=1 k q k=o q = p dq 1−q = p (1−q)2 = p p2 = p und Var(X) = P P∞ P k−1 k−2 p − p12 = pq ∞ + p1 − p12 p k=1 k(k − 1))q k−1 + ∞ k=1 k q k=2 k(k − 1))q P∞ d2 k P P ∞ ∞ 1 1 d2 1 d2 1 k k pq k=2 dq2 q + p1 − p12 = pq dq 2 k=2 q + p − p2 = pq dq 2 k=o q + p − p2 2q p 2−2p+p−1 1 1 1 1 1 1 d2 1 = 1−p = pq2 . pq dq 2 1−q + p − p2 = 2pq (1−q)3 + p − p2 = p2 + p2 − p2 = p2 p2 ist, d.h. zeige k=1 P (X = k) = o = = = = ◦ Bem. Eine Urne enthalte N Kugeln, die mit 1 bis N durchnummeriert sind. Aus dieser Urne werden nacheinander Kugeln mit Zurücklegen gezogen. Das Problem der vollständigen Serie besteht darin, anzugeben, nach durchschnittlich wievielen Zügen jede Kugel mindestens einmal gezogen wurde. Die ZV X1 beschreibe, nach wieviel Zügen die erste (neue) Kugel gezogen wird. Offensichtlich ist P (X1 = 1) = 1 und daher E(X1 ) = 1. Die ZV X2 beschreibe, nach wievielen Zügen die nächste (neue) Kugel gezogen wird. X2 ist geometrisch verteilt mit Parameter p = NN−1 und E(X2 ) = NN−1 . usw. usf. Die ZV XN beschreibe, nach wievielen Zügen die letzte (neue) Kugel gezogen wird. XN ist geometrisch verteilt mit Parameter p = N1 und daher E(XN ) = N . Die ZV X beschreibe, nach wievielen Zügen jede Kugel mindestens einmal gezogen wurde (vollständige Serie). Wegen der Unabhängigkeit der Xi gilt dann E(X) = E(X1 + X2 + . . . + XN ) = E(X1 ) + E(X2 ) + . . . + E(XN ) = 1 + NN−1 + N + . . . + N1 = N (1 + 12 + . . . + N1 ). (Anfang der harmonischen Reihe) ◦ N −2 5.1.4.1.3 hypergeometrische Verteilung Die hypergeometrische Verteilung beschreibt die Auswahl ohne Zurücklegen. Eine Urne enthalte s schwarze und w weiße Kugeln. Man zieht ohne Zurücklegen. X sei die Anzahl der in n Zügen gezogenen schwarzen Kugeln. Dann gilt P (X = s w s+w s w s+w−n k) = k n−k / n mit E(X) = n s+w und Var(X) = E(X) s+w . s+w−1 z.H. Verifiziere zumindest P (X = k) ! 5.1.4.1.4 o Poisson-Verteilung Die Poisson42 -Verteilung ergibt sich als Grenzwert der Binomial-Verteilung für n m n−m n → ∞, so daß λ = n p konstant bleibt: aufgrund von pm,n = m p (1 − p) = 42 Simon Denis Poisson (1781-1840) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Poisson.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 n(n−1)...(n−m+1) λ m m! n λm −λ e m! n−m ( ) (1 − nλ ) = λm (1−λ/n)n m! (1−λ/n)m 93 Qm−1 i=0 Def. Eine Zufallsvariable X mit P (X = m) = tes λ > 0 heißt Poisson-verteilt. z.H. Zeige E(X) = P∞ m=0 (1 − ni ) also limn→∞ pm,n = λm −λ e m! m m λm! e−λ = λ und Var(X) = für m ∈ No und konstan2 λm −λ m=0 (m − λ) m! e P∞ für Poisson-verteiltes X. =λ o Z.B. Im Durchschnitt sei 0.9% Ausschuß. Unter 1000 Teilen ist mit durchschnitt- lich λ = n p = 1000 · 0.009 = 9 Ausschuß-Teilen zu rechnen. c Bem. Poisson-verteilte Zufallsvariable sind zur Modellierung seltener Ereignisse geeignet: Fehler-Analyse, Bedien-Prozesse, Qualitätskontrolle usw. ◦ 5.1.4.2 stetige Zufallsvariable x f (u) du heißt Def. Die Funktion F : R → [0, 1] mit F (x) = P (X < x) = −∞ Verteilungsfunktion der stetigen Zufallsvariablen X mit der (Wahrscheinlichkeits) Dichte f = F 0 . R Bem. Die sogenannte Verteilung einer Zufallsvariablen ist also gleichermaßen durch ihre Dichte wie durch ihre Verteilungsfunktion gegeben: die Dichte bestimmt die Verteilungsfunktion (wieso?) und umgekehrt. Mit P (x ≤ X < x + dx) ≈ f (x) dx für |dx| 1 hat auch die Dichte eine wahrscheinlichkeitstheoretische Bedeutung. ◦ Z.B. Wegen P (X < x) = x für die in [0, 1] gleichverteilte Zufallsvariable X gilt c f (x) = χ[0,1] (x) und F (x) = xχ[0,1] (x) + χ(1,∞) (x). R∞ Zeige F (∞) = −∞ f (u) du = 1 sowie P (X = x) = 0 für jede stetige Zufallsvariable X und jedes x ∈ R. o z.H. Wie sieht die Verteilungsfunktion von Pseudo-Zufallszahlen aus? o z.H. z.H. Was sagt die Verteilungsfunktion F (x) = 21 (x − 1)χ[1,3] (x) + χ(3,∞) (x) über o die zugehörige Zufallsvariable X aus? Def. E(X) = µ = R∞ −∞ x f (x) dx heißt Mittelwert oder Erwartungswert der stetigen Zufallsvariablen X. Var(X) = σ 2 = E ((X −E(X))2 ) = R∞ 2 −∞ (x−µ) f (x) dx = R∞ −∞ x2 f (x) dx − µ2 heißtqStreuung oder Varianz der stetigen Zufallsvariablen X. σ = Var(X) heißt Standardabweichung der stetigen Zufallsvariablen X. z.H. Berechne E(X), Var(X) und σ für eine auf [a, b] gleichverteilte Zufallsva- riable X. o Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 94 Bem. SeiR X ≥ 0 eine stetige Zufallsvariable. Mit partieller Integration gilt dann R∞ R∞ ∞ ∞ E(X) = −∞ x f (x) dx = o x f (x) dx = x(F (x) − 1)|o − o (F (x) − 1) dx = R∞ ◦ o (1 − F (x)) dx. Satz Die Tschebyscheff43 sche Ungleichung für stetige Zufallsvariable X besagt 2 P (|X − µ| ≥ c) = P (|X − µ| > c) ≤ σc2 für jedes c > 0. • Bew. Mit µ = E(X) und c > 0 gilt σ 2 = E ((X−µ)2 ) = R c2 2 P ((X − µ) > x) dx ≥ c P (|X − µ| > c). o 2 R c2 o R∞ (1−F(X−µ)2 (x)) dx ≥ R 2 P ((X − µ) > c ) dx = P ((X − µ)2 > c2 ) oc dx √ = 2 o 2 Bem. NB: die Tschebyscheff’sche Ungleichung gilt verteilungsfrei, d.h. unabhängig von der Verteilung von X, und es gibt Verallgemeinerungen! ◦ Bem. Sei U auf [0, 1] gleichverteilt. Dann hat die Zufallsvariable X = F inv (U ) wegen P (X < x) = P (F inv (U ) < x) = P (U < F (x)) = F (x) die vorgegebene Verteilungsfunktion F , so daß vermittels U beliebige Zufallsvariable X erzeugt werden können, solange ihre Verteilungsfunktionen F geschlossen invertierbar sind. ◦ 5.1.4.2.1 Exponential-Verteilung Def. Eine Zufallsvariable X mit der Dichte f (x) = α e−αx χ[0,∞) (x) heißt exponential-verteilt mit Erwartungswert 1/α und Varianz 1/α2 . Bem. E(X) = ∞ −α o e−αx R∞ o R −αx ∞ x α e−αx dx = α( x e−α − o∞ = α1 . o e−αx −α dx) = R ∞ −αx e dx o = ◦ z.H. Für exponential-verteiltes X verifiziere X ≥ 0, F (x) = (1 − e−αx )χ[0,∞) (x) und Var(X) = 1 . α2 o Z.B. Die Zwischen-Ankunftszeit X von Tasks sei exponential-verteilt mit Mit1 1 telwert 15ZE. Dann ist α = E(X) = 15 und P (X < 30ZE) = F (30) = 1 − e−2 oder P (X ≥ 45ZE) = 1 − F (45) = e−3 oder P (15 < X < 60) = F (60) − F (15) = e−1 − e−4 . c Z.B. Die Lebensdauer T eines Bauteils sei exponential-verteilt, d.h. P (T < t) = 1 − e−αt . Die durchschnittliche Lebensdauer ist also E(T ) = 1/α. Gesucht ist die bedingte Wahrscheinlichkeit P (T ≥ t + ∆t|T ≥ t) dafür, daß das Bauteil den Zeitpunkt t + ∆t überlebt, unter der Bedingung, daß es den Zeitpunkt t überlebte. P (T ≥ t + ∆t|T ≥ t) = P (T ≥ t + ∆t)/P (T ≥ t) = e−α(t+∆t) /e−αt = e−α∆t = P (T ≥ ∆t), d.h. die ‘Lebensdauer ab t’ entspricht der eines fabrikneuen Bauteils. Die Exponential-Verteilung ist ‘ohne Gedächtnis’. Bauteile mit exponential-verteilter Lebensdauer altern nicht. c Bem. Die Zwischen-Ankunftszeiten von Ereignissen, deren Anzahl Poisson-verteilt ist, sind exponential-verteilt. Die Exponential-Verteilung ist u.a. in der Erneuerungstheorie wichtig. ◦ 43 Pafnuty Lvovich Chebyshev (1821-1894) www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Chebyshev.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5.1.4.2.2 95 Weibull-Verteilung Beispielsweise die Weibull-Verteilung44 modelliert die Lebensdauer von Bauteilen mit Alterung. Damit werden Vorgänge wie Material-Ermüdung, Versprödung usw. modellierbar. Def. s Sei F (x) = (1 − e−αx )χ[0,∞) (x) Verteilungsfunktion einer Zufallsvarias blen X, die damit die Dichte f (x) = α s xs−1 e−αx χ[0,∞) (x) hat. Dann heißt X Weibull-verteilt mit Parametern α, s > 0. Offenbar ist für s = 1 die ExponentialVerteilung ein Spezialfall der Weibull-Verteilung. Bem. Es gilt E(X) = α−1/s Γ( 1s + 1) und Var(X) = α−2/s (Γ( 2s + 1) − Γ( 1s + 1)2 ) R ∞ x−1 −t 45 mit der Euler schen Gamma-Funktion Γ(x) = 0 t e dt. ◦ (t) f (t) = 1−F die Ausfallrate mit Bem. Wenn a(t) = 1−F1 (t) lim∆t→0 F (t+∆t)−F ∆t (t) a(t)∆t ≈ P (t ≤ T < t+∆t|T > t) definiert, so gilt für die Exponential-Verteilung s αe−αt αsts−1 e−αt a(t) = 1−(1−e −αt ) = α und für die Weibull-Verteilung dagegen a(t) = 1−(1−e−αts ) = αsts−1 . Unterscheide s < 1, s = 1 und s > 1. ◦ 5.1.4.2.3 Gamma-Verteilung Def. Zufallsvariable X ≥ 0 mit Wahrscheinlichkeitsdichte f (x) = wobei α > 0 und p > 0 heißen α-p-Gamma-verteilt. αp p−1 −αx x e Γ(p) Bem. Für p = 1 stimmt f (x) = αe−αx mit der Dichte der Exponential-Verteilung überein. Die Gamma-Verteilung verallgemeinert also die Exponential-Verteilung. Häufig werden beispielsweise Reparaturzeiten oder Zeiten zwischen Zustandswechseln von physikalischen Zufallszahlen-Generatoren als Gamma-verteilte Zufallsvariable modelliert. ◦ z.H. Zeige E(X) = 5.1.4.2.4 p α und Var(X) = p . α2 (vgl. Exponential-Verteilung) o Normal-Verteilung Eine der für die Praxis wichtigsten Verteilungen ist die Normal-Verteilung: Meßfehler, Kenngrößen großer Populationen wie Produkt-Istwerte in großen Serien sind normal-verteilt. Die Normal-Verteilung ist auch für die Statistik von zentraler Bedeutung. Def. Eine Zufallsvariable X mit der Dichte f (x) = √ 1 e− 2πσ 2 (x−µ)2 2σ 2 (Gaußsche Glocken-Kurve) heißt Gauß- oder normal-verteilt mit Erwartungswert µ und Varianz σ 2 . Man sagt kurz: X ist N (µ, σ 2 )-verteilt. Bem. Die Funktion f einer N (µ, σ 2 )-verteilten Zufallsvariablen ist eine Dichte, R∞ da f ≥ 0 und I = −∞ f (x) dx = 1. Die Parameter-Transformation u = σ1 (x − µ) 44 45 Wallodi Weibull (1887-1979) Leonhard Euler (1707-1783) http://www.barringer1.com/weibull_bio.htm www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Euler.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 1 dx σ mit du = macht aus I = √1 1 2π σ − −∞ e R∞ v2 96 (x−µ)2 2σ 2 2 R ∞ −u √1 e 2 du. 2π −∞ 2 +w2 R R v ∞ ∞ 1 e− 2 dv dw 2π −∞ −∞ dx eben I = w2 ∞ ∞ Dann gilt für I 2 = √12π −∞ e− 2 dv √12π −∞ e− 2 dw = nach Transformation in Polarkoordinaten v = ρ cos ϕ und w = ρ sin ϕ mit Funk 2 R ρ2 ∂(v,w) 1 R ∞ R 2π − ρ2 2 tionaldeterminanten ∂(ρ,ϕ) = ρ eben I = 2π dρ dϕ = o∞ e− 2 ρ dρ o o ρe R 2 /2 = − e−ρ ∞ o R ◦ = 1. z.H. Bestimme Maximum und Wendepunkte der Dichte normal-verteilter Zu- fallsvariabler. o 2 z.H. Verifiziere E(X) = µ und Var(X) = σ für normal-verteiltes X. o z.H. Zeige: Die Dichte ist Achsen-symmetrisch zu µ, die Verteilungsfunktion o Punkt-symmetrisch zu (µ, F (µ)) = (µ, 21 ). 2 Die normierte oder standardisierte Normal-Verteilung mit µ = 0 und σ = 1 ist tabelliert. Durch affines Transformieren werden so Werte von Dichte und Verteilungsfunktion jeder normal-verteilten Zufallsvariablen verfügbar. Seien ϕ(x, µ, σ 2 ) und Φ(x, µ, σ 2 ) Dichte und Verteilungsfunktion der N (µ, σ 2 )-verteilten Zufallsvariablen X und ϕ(x) = ϕ(x, 0, 1) und Φ(x) = Φ(x, 0, 1). Da für N (µ, σ 2 )verteiltes X die Zufallsvariable Y = (X − µ)/σ gerade N (0, 1)-verteilt ist, folgt Φ(x, µ, σ 2 ) = Φ( x−µ , 0, 1) = Φ( x−µ ). Tabellierte Näherungswerte: σ σ x ϕ(x) Φ(x) 0 0.2 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0 3.5 0.3989 0.3910 0.3521 0.2420 0.1295 0.0540 0.0175 0.0044 0.0009 0.5000 0.5793 0.6915 0.8413 0.9332 0.9773 0.9938 0.9987 0.9997 Bem. Grenzwert-Sätze (s.a. Abschnitt 5.1.7): die Summe unabhängiger Zufallsvariabler mit derselben Verteilung ist asymptotisch normal-verteilt. Und für n → ∞ konvergiert die Binomial-Verteilung gegen die Normal-Verteilung mit n µ ≈ n p und σ 2 ≈ n p q. Für genügend große n gilt daher pm,n = m pm q n−m ≈ √ 1 e− 2π n p q (m−np)2 2npq 2 2 1 e−(m−np) /(2 σ ) (s. ggfls. Stetigkeitskorrektur etwa Papu= √2π σ la, Band 3, 1994, Teil II, Abschnitt 6.5, S.389) ◦ Z.B. Eine Produktion habe durchschnittlich 20% Ausschuß. Eine Serie umfasse n = 40000 Teile. P (8240 Teile von n Teilen sind Ausschuß) = p8240,n ≈ ϕ(8240, n· (8240−8000)2 2 1 √1 1 1 0.2, n · 0.2 · 0.8) = √64001 √2π e− 2·6400 = 80 e−3 /2 = 80 ϕ(3) ≈ 80 0.0044 = 2π 0.000055, während p8240,n numerisch verläßlich nicht zu berechnen ist. c Bem. Für N (µ, σ 2 )-verteiltes X ist P (|X − µ| < kσ) = P (−k < X−µ < k) = σ Φ(k) − Φ(−k) = 2Φ(k) − 1: also liegen mit P (|X − µ| < σ) = 2Φ(1) − 1 ≈ 0.6829 knapp 70% der Werte von X im einfachen Streuungsbereich (µ − σ, µ + σ), mit P (|X − µ| < 2σ) = 2Φ(2) − 1 ≈ 0.9545 gut 95% der Werte von X im doppelten Streuungsbereich (µ − 2σ, µ + 2σ) und mit P (|X − µ| < 3σ) = 2Φ(3) − 1 ≈ 0.9973 gut 99% der Werte von X im dreifachen Streuungsbereich (µ − 2σ, µ + 2σ). ◦ BDH 14.3, 683 BrSe 21.15, 1087 Pap Bd.3 A 734 Sti 11.9, 645 Stö TB 21, 738 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5.1.5 97 Das Gesetz der großen Zahlen Seien Xi unabhängige, identisch verteilte Zufallsvariable mit E(Xi ) = µ und P Var(Xi ) = σ 2 mit arithmetischem Mittel X̄n = n1 ni=1 Xi . Das sogenannte StichP proben-Mittel x̄n = n1 ni=1 xi gewinnt man aus n-fachen, unabhängig erzeugten Ausprägungen xi von Xi , also aus n-fach durchgeführten Experimenten, aus nfachen Messungen oder drgl. 2 n→∞ Satz (schwaches Gesetz der großen Zahlen) P (|X̄n − µ| < c) ≥ 1 − nσc2 → 1. • Xi ) = n E(Xi ) = nµ und Var( ni=1 Xi ) = ni=1 Var(X) = nσ 2 folgt E(X̄n ) = µ und Var(X̄n ) = nn2 σ 2 = n1 σ 2 . Laut Tschebyscheff’scher √ σ2 Ungleichung gilt P (|X̄n − µ| ≥ c) ≤ nc 2. Pn Bew. Aus E( P i=1 P Bem. X sei eine Indikator-Variable für das Ereignis A, d.h. X = 1 wenn A eintritt und 0 sonst. Dann gilt µ = E(X) = P (X = 1) = P (A). Weiter stimmt das Stichproben-Mittel gerade mit der relativen Häufigkeit von A überein. Das schwache Gesetz der großen Zahlen besagt also in diesem Fall, daß die relativen Häufigkeiten von Ereignissen in einer bestimmten Weise die Wahrscheinlichkeit dieser Ereignisse approximieren (Bernoulli46 sches Gesetz der großen Zahlen). ◦ Eine noch schärfere Aussage macht das folgende Gesetz (ohne Beweis): Satz (starkes Gesetz der großen Zahlen) P ( limn→∞ X̄n = µ) = 1. 5.1.6 • mehrdimensionale Zufallsvariable Def. Zufallsvariable, die Werte im Rn annehmen, heißen mehrdimensional. Sie lassen sich als Vektor eindimensionaler Zufallsvariabler auffassen. O.B.d.A. seien – leicht zu verallgemeinernd – zweidimensionale Zufallsvariable Z = (X, Y ) betrachtet. Def. Die Verteilungsfunktion F einer Zufallsvariablen Z = (X, Y ) ist durch F (x, y) = P (X ≤ x ∩ Y ≤ y) definiert. Bem. Solche Verteilungsfunktionen haben offensichtlich folgende Eigenschaften P (a < X ≤ b ∩ c < Y ≤ d) = F (b, d) − F (a, d) − F (b, c) + F (a, c) (Rechteckregel) sowie F (−∞, y) = F (x, −∞) = F (−∞, −∞) = 0 und F (∞, ∞) = 1, kurz für limx→−∞ F (x, y) = limy→−∞ F (x, −∞) = limx→−∞,x→−∞ F (x, y) = 0 und limx→∞,x→∞ F (x, y) = 1. ◦ 46 Jacob (Jacques) Bernoulli (1654-1705) www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Bernoulli_Jacob.html BDH 14.3.3 Pap Bd.3 II 7 Sti 11.10 Stö TB 21.6 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 5.1.6.1 98 zweidimensionale, diskrete Zufallsvariable Def. Die Wertemenge W = W(X) × W(Y ) = {xi : i ∈ I} × {yj : j ∈ J} zweidimensionaler, diskreter Zufallsvariabler ist endlich oder abzählbar unendlich. ( pi,j falls x = xi , y = yj Sei pi,j = P (X = xi ∩ Y = yj ). Dann heißt f (x, y) = 0 sonst (diskrete) (Wahrscheinlichkeitsdichte, kurz Dichte von Z = (X, Y ). Z.B. Eine Urne enthalte 3 rote, 4 weiße und 5 schwarze Kugeln. Sei R bzw. W die Anzahl der in drei Zügen ohne Zurücklegen gezogenen roten bzw. weißen 2 Kugeln. Die Wertemenge W(Z) von Z = (R, W ) ist W ⊂ {0, 1, 2, 3} Sei pi,j = . 3 4 5 P (Z = (i, j)) = P (R = i ∩ W = j). Dann gilt etwa p0,0 = 0 0 3 / 12 , 3 p0,1 = 3 0 4 1 5 2 / 12 3 c , usw. Z.B. multinomial Verteilung: ein Experiment mit r möglichen Ausgängen A1 , A2 , . . . , Ar werde n-mal stochastisch unabhängig durchgeführt. Es gelte pi = P (Ai ) Q für i = 1, 2, . . . , r. Dann ist P (x1 mal A1 , . . . , xr mal Ar ) = x1 !x2n!!···xr ! ri=1 pxi i mit Pr c i=1 xi = n. Aufspaltung von Poisson-Ankünften: Ein dual core Prozessor bearbeite tasks, indem diese mit Wahrscheinlichkeit p dem ersten Kern und mit Wahrscheinlichkeit q = 1 − p dem zweiten Kern zugeordnet werden. Die Anzahl A der pro Zeiteinheit zu bearbeitenden tasks sei λ-Poisson-verteilt. Wie ist dann die Anzahl Ai der pro Zeiteinheit von Kern i zu bearbeitenden tasks verteilt? Sei dazu die zweidimensionale Zufallsvariable Z = (A1 , A2 ) definiert mit Z = (i, j) ⇐⇒ A1 = i ∩ A2 = j. Offensichtlich gilt A = A1 + A2 und per totaler Wahrscheinlichkeit und der Verteilung von A Z.B. P (Z = Ci,j ) = P (Z = (i, j)|A = i+j)P (A = i+j) + P (Z = (i, j)|A 6= i+j)P (A 6= i+j) = P (Z = (i, j)|A = i + j)P (A = i + j) = = e−λ(p+q) i+j i+j i j −λ λ i p q e (i + j)! (λp)i (λq)j (λp)i −λq (λq)j = e−λp ·e = P (A1 = i) · P (A2 = j) i! j! i! j! Also sind die Zufallsvariablen A1 und A2 erstens unabhängig und zweitens λpbzw. λq-Poisson-verteilt. c z.H. Wie sieht die gemeinsame Verteilung zweier unabhängig Laplace-verteilter Zufallsvariabler aus? 5.1.6.2 o zweidimensionale, stetige Zufallsvariable Def. Für die Verteilungsfunktion F einer zweidimensionalen, stetigen Zufallsvariablen Z = (X, Y ) mit Wertemenge R2 und Wahrscheinlichkeitsdichte f gilt Ry Rx R∞ R∞ F (x, y) = −∞ −∞ f (u, v) du dv mit −∞ −∞ f (u, v) du dv = 1 und mit der RechtRd Rb eckregel P (a < X ≤ b ∩ c < Y ≤ d) = y=c x=a f (x, y) dx dy. Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 99 Z.B. Die aus zwei unabhängig gleichverteilten Zufallsvariablen bestehende Zu( fallsvariable Z = (X, Y ) hat die Dichte f (x, y) = R = [a, b] × [c, d] und |R| = (b − a)(d − c). 1/|R| falls (x, y) ∈ R mit 0 sonst c ( 1/|R| falls (x, y) ∈ R 0 sonst und R = [a, b] × [c, d] sowie |R| = (b − a)(d − c) die Verteilungsfunktion F . o z.H. Bestimme für Z = (X, Y ) mit Dichte f (x, y) = Z.B. Die aus zwei normal-verteilten Zufallsvariablen bestehende Zufallsvariable 1 Z = (X1 , X2 ) hat die Dichte f (x) = 2π√ exp ( − 12 (x − µ)T Σ−1 (x − µ)) mit ∆! ! ! ! 2 x1 µ1 σ12 σ1,2 σ −σ 1,2 2 , Σ−1 = ∆1 x = , µ = und Σ = , wobei x2 µ2 σ1,2 σ22 −σ1,2 σ12 ∆ = det(Σ) > 0 vorauszusetzen ist. Xi ist dabei N (µi , σi2 )-verteilt und σ1,2 = Cov(X1 , X2 ) = E(X1 X2 ) − E(X1 )E(X2 ) (s.u.). c 5.1.6.3 Randverteilungen, Randdichten Aus der gegebenen Wahrscheinlichkeitsdichte f und Verteilungsfunktion F von Z = (X, Y ) lassen sich Wahrscheinlichkeitsdichten fX sowie fY und Verteilungsfunktionen FX sowie FY von X bzw. Y als sogenannte Randverteilungen bzw. Randdichten bestimmen: FX (x) = Z x u=−∞ Z ∞ f (u, v) dv du und v=−∞ fX (x) = Z ∞ f (x, y) dy −∞ und FY (y) = Z ∞ Z y fY (y) = v=−∞ Z ∞ f (u, v) du dv u=−∞ f (x, y) dx. −∞ Offensichtlich gilt P (X > x ∩ Y > y) = 1 − FX (x) − FY (y) + F (x, y). Z.B. Die Randdichten bzw. Randverteilungen einer aus zwei normal-verteilten Zufallsvariablen bestehenden Zufallsvariablen Z = (X1 , X2 ) sind die Dichten bzw. Verteilungsfunktionen dieser normal-verteilten Zufallsvariablen. c 5.1.6.4 Unabhängigkeit Def. Zwei diskrete oder stetige Zufallsvariable X und Y heißen unabhängig genau dann, wenn P (X ≤ x ∩ Y ≤ y) = P (X ≤ x) · P (Y ≤ y) gilt. X und Y sind unabhängig genau dann, wenn für Wahrscheinlichkeitsdichte f und Verteilungsfunktion F der zweidimensionalen Zufallsvariablen Z = (X, Y ) eben F (x, y) = FX (x) · FY (y) und f (x, y) = fX (x) · fY (y) gilt. Eine Urne enthalte 3 weiße und 5 schwarze Kugeln. Man zieht zweimal. Durch Xi = 1 ⇐⇒ ”i-te gezogene Kugel ist weiß” sind zwei BernoulliZufallsvariable definiert. Mit Zurücklegen sind X1 und X2 unabhängig, sonst nicht. o z.H. Z.B. Zwei Personen verabreden sich zwischen 1h und 2h. Sie treffen unabhängig und gleichverteilt z.Zt. X bzw. Y am Treffpunkt ein. Für die Wahrscheinlichkeit Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 100 P dafür, daß die zuerst eintreffende Person länger als 10min auf die andere Person warten muß, gilt dann P = P (X + 10 < Y ) + P (Y + 10 < X) = 2P (X + 10 < Y ) ZZ = 2 f (x, y) dx dy = 2 x+10<y = 2 = = y=10 x=0 Z 60 fX (x) · fY (y) dx dy = 2 (y − 10) dy = y=10 2 1 (60 602 fX (x) · fY (y) dx dy x+10<y Z 60 Z y−10 2 602 ZZ 2 Z 60 Z y−10 y=10 x=0 1 2 ( 60 ) dx dy 60 2 1 (y − 20y) 2 60 − 20 · 60 − 10 + 20 · 10) = y=10 1 (36 36 − 12 − 1 + 2) = 25 . 36 bei gleichverteilten, unabhängigen (!) Eintreffzeiten X und Y . c z.H. Die Eintreffzeiten X und Y seien wieder unabhängig. Diesmal haben sich die Personen um 1:30h verabredet. Beide kommen zu Fuß zum Treffpunkt, so daß 2 )- und Y N (1 : 30h, σY2 )-verteilt ist, die Modell-Annahme, daß X N (1 : 30h, σX vernünftig erscheint (wieso?). o 5.1.6.5 Funktionen mehrerer Zufallsvariabler Für beliebige Zufallsvariable X und Y mit gemeinsamer Wahrscheinlichkeitsdichte f und gemeinsamer Verteilungsfunktion F und für eine auf dem Wertebereich von (X, Y ) definierte Funktion g definiert Z = g(X, Y ) eine (eindimensionale) Zufallsvariable. Falls X und Y diskret sind, so ist auch Z diskret mit fZ (z) = P (Z = z) = P P g(x,y)≤z f (x, y). g(x,y)=z f (x, y) und FZ (z) = P (Z ≤ z) = Falls X und Y stetig sind, so ist auch Z stetig mit FZ (z) = P (Z ≤ z) = RR d f (x, y) dx dy und fZ (z) = dz FZ (z). g(x,y)≤z Z.B. X und Y seien unabhängige Zufallsvariable mit Dichten fX und fY . Die Dichte fZ der Zufallsvariablen Z = X+Y entsteht dann durch sogenannte Faltung R∞ von fX und fY und es gilt fZ (z) = −∞ fX (x) · fY (z − x) dx. c Offensichtlich gilt E (g(X, Y )) = XX i j g(xi , yj )pi,j bzw. E (g(X, Y )) = Z ∞ Z ∞ −∞ g(x, y)f (x, y) dx dy −∞ mit den Spezialfällen E (a g(X, Y ) + b h(X, Y )) = a E (g(X, Y )) + b E (h(X, Y )) für a, b ∈ R E(X1 + X2 + . . . + Xn ) = E(X1 ) + E(X2 ) + . . . + E(Xn ) Bem. X und Y seien unabhängige Zufallsvariable mit Dichten fX und fY . P P Dann gilt E(X · Y ) = E(X) · E(Y ), weil E(X · Y ) = i j xi · yj · fX,Y (xi , yj ) = Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 xi · yj · fX (xi ) · fY (yj ) = ( etwa im diskreten Fall. P P i j P i xi · fX (xi )) · ( 101 P j yj · fY (yj )) = E(X) · E(Y ) ◦ z.H. X und Y seien unabhängige, stetige Zufallsvariable mit Dichten fX und fY . Zeige E(X · Y ) = E(X) · E(Y ). o Mit der Definition der Kovarianz Cov(X, Y )) = E(X · Y ) − E(X) · E(Y ) zweier Zufallsvariabler X und Y gilt Var(X + Y ) = Var(X) + Var(Y ) + 2Cov(X, Y ) . z.H. Zeige Cov(X, Y )) = E ((X − E(X))(Y − E(Y ))), Cov(X, Y ) = Cov(Y, X) und Var(X) = Cov(X, X). Zeige Cov(aX + b, cY + d) = ac Cov(X, Y ) und Cov(X, (eY + f ) + (gZ + h)) = e Cov(X, Y ) + g Cov(X, Z). Zeige Var(X + Y ) = Var(X) + Var(Y ) für unabhängige X und Y . o Def. Der Korrelationskoeffizient ρ(X, Y ) mißt die ’Stärke’ der gegenseitigen q Abhängigkeit von X und Y durch ρ(X, Y ) = Cov(X, Y )/ Var(X) · Var(Y ) . Zwei Zufallsvariable X und Y mit ρ(X, Y ) = 0 heißen unkorreliert. z.H. Zeige: −1 ≤ ρ ≤ 1; Zeige: Y = aX + b ⇐⇒ |ρ| = 1 z.H. Zeige: unabhängige Zufallsvariable sind unkorreliert. o o Bem. Unkorrelierte Zufallsvariable sind nicht notwendig unabhängig, wie folgendes Gegenbeispiel zeigt. Sei X auf [−1, 1] gleichverteilt und Y = X 2 . Also sind X und Y sicher abhängig und wegen Cov(X, Y ) = E(X X 2 ) − E(X) E(X 2 ) = E(X 3 ) − 0 = 0 unkorreliert. ◦ z.H. Für Zufallsvariable X und Y mit P (X = 0, Y = 1) = 21 und P (X = 2, Y = 0) = P (X = 2, Y = 2) = 14 zeige: X und Y sind unkorreliert und abhängig. Vgl. ggfls. http://de.wikipedia.org/wiki/Kovarianz_(Stochastik) o z.H. Seien B1 und B2 unabhängige, binäre identisch verteilte Zufallsvariable. Zeige: X = B1 − B2 und Y = B1 + B2 sind unkorreliert und abhängig. Vgl. ggfls. http://de.wikipedia.org/wiki/Kovarianz_(Stochastik) o 5.1.7 Zentraler Grenzwertsatz Satz Xi seien unabhängig identisch verteilte Zufallsvariable mit gemeinsamem Erwartungswert µ = E(Xi ) und gemeinsamer Varianz σ 2 = Var(Xi ). Sei Yn = Pn Yn √ −nµ i=1 Xi . Dann ist die Zufallsvariable Zn = σ n asymptotisch normal-verteilt mit Erwartungswert 0 und Varianz 1, d.h. es gilt limn→∞ Fn (x) = Φ(x) für die Verteilungsfunktion Fn von Zn . • Bem. Wenn eine Größe X – etwa physikalische Meß-Größen – sich aus sehr vielen unabhängigen einzelnen Einflußgrößen zusammensetzt, darf man davon ausgehen, daß X normal-verteilt ist: in diesem Sinn sind etwa Meßgrößen und Meßfehler normal-verteilt! ◦ Z.B. Die Summe Yn = Pn i=1 Xi unabhängiger identisch Bernoulli-verteilter Zufallsvariabler Xi ist näherungsweise normal-verteilt mit Erwartungswert µ = np −np und Varianz σ 2 = npq. Also ist Zn = Ynσ−µ = Y√nnpq asymptotisch und damit Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 102 annähernd Standard-normal-verteilt mit den klassischen Quantilen √ P (|Yn − np| < 1 npq) = P (|Zn | < 1) = Φ(1) ≈ 0.68, √ P (|Yn − np| < 2 npq) = P (|Zn | < 2) = Φ(2) ≈ 0.95 und √ P (|Yn − np| < 3 npq) = P (|Zn | < 3) = Φ(3) ≈ 0.99. 5.2 c Statistik In der (schließenden) Statistik geht es i.a.R. darum, aus Eigenschaften einer Stichprobe auf Eigenschaften der Grundgesamtheit zu schließen. Hier derzeit nur einige wenige Handreichungen . . . 5.2.1 Erwartungstreue Schätzer für µ und σ 2 Man modelliert eine Stichprobe als Folge von (Ausprägungen (x1 , x2 , . . . , xn ) von) identisch verteilten, unabhängigen Zufallsvariablen (X1 , X2 , . . . , Xn ) mit unbekanntem Erwartungswert µ = E(X) = E(Xi ) für i = 1, 2, . . . , n und unbekannter Varianz σ 2 = Var(X) = Var(Xi ) für i = 1, 2, . . . , n. Man ermittelt nun Schätzungen für µ und σ 2 aus der Stichprobe mit Hilfe von sogenannten Schätzern. X̄n = n1 ni=1 Xi ist ein Schätzer für µ. X̄n heißt erwartungstreu, weil der ErwarP P P tungswert E(X̄n ) = E ( n1 ni=1 Xi ) = n1 ni=1 E(Xi ) = n1 ni=1 µ = µ des Schätzers mit dem unbekannten Erwartungswert µ identisch ist. Man nennt eine AuspräP gung x̄n = n1 ni=1 xi von X̄n auch Stichproben-Mittel. P Vielleicht überraschend stellt sich S12 = n1 ni=1 (Xi − X̄n )2 als nicht erwartungsP treuer Schätzer der Varianz heraus: (bei (*) verwenden wir ni=1 (Xi − µ) = 1 Pn n Pn i=1 Xi − nµ) = n( n i=1 Xi − µ) = n(X̄n − µ)) n( P E(S12 ) 1 n =E = 1 E n = n1 E = = = 1 E n 1 E n n X (Xi − X̄n ) i=1 n X = 1 E n n X ! (Xi − µ + µ − X̄n ) 2 i=1 2 2 (Xi − µ) − 2(Xi − µ)(X̄n − µ) + (X̄n − µ) i=1 n X i=1 n X i=1 n X i=1 n X 1 n ! 2 (Xi − µ)2 − 2 n X ! ! (Xi − µ)(X̄n − µ) + n(X̄n − µ)2 (∗) i=1 ! 2 2 (Xi − µ) − 2n(X̄n − µ)(X̄n − µ) + n(X̄n − µ) ! 2 2 (Xi − µ) − n(X̄n − µ) E (Xi − µ) 2 2 − nE (X̄n − µ) ! i=1 = 1 n nVar(X) − nVar(X̄n ) = Var(X) − Var(X̄n ) = σ 2 − n1 σ 2 = n−1 2 σ n Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 103 n 1 2 Genau dieses Ergebnis zeigt aber zugleich, daß S 2 = So2 = n−1 i=1 (Xi − X̄n ) ein 2 2 erwartungstreuer Schätzer für σ ist. Die Zufallsvariable S bzw. ihre Ausprägung 1 Pn 2 s2 = n−1 i=1 (xi − x̄n ) heißt auch korrigierte Stichproben-Varianz. P 5.2.2 Konfidenz-Intervall für eine unbekannte Wahrscheinlichkeit p Sei A das Ereignis mit der unbekannten Wahrscheinlichkeit P (A) = p und q = 1 − p. Bei n-facher unabhängiger Wiederholung des Experimentes zähle X die Anzahl des Eintretens von A. Dann ist X binomial-verteilt mit Parametern n und p. Dann gilt E(X) = np und σ 2 = Var(X) = npq. Für genügend große n ist X−np √ √ annähernd N (0, 1)-verteilt. Damit gilt P (| X−np | ≤ c) ≈ 2Φ(c) − 1, so daß npq npq q für die relative Häufigkeit n1 X von A bei n Versuchen P (|X/n − p| ≤ c pq/n) ≈ 2Φ(c) − 1 =: α folgt. z.H. Wie bedingen sich Konfidenz- oder Vertrauensintervall, Vertrauensniveau α und Stichproben-Umfang n gegenseitig? 5.2.3 o Konfidenz-Intervall für den unbekannten Erwartungswert µ bei bekannter Varianz X sei normal-verteilt mit unbekanntem Erwartungswert µX und bekannter VaP 2 . Das Stichprobenmittel X̄n = n1 ni=1 Xi für n unabhängige Ausprärianz σX gungen Xi der Zufallsvariablen X ist dann auch normal-verteilt mit demselben √ X̄−µ 2 X . Also ist U = σ X̄ = n X̄−µ E(X̄n ) = µX und Var(X̄n ) = n1 σX StandardσX X̄ √ normal-verteilt und es gilt P (|U | ≤ c) = 2Φ(c) − 1 = P (| X̄ n − µX | ≤ c σX / n). √ √ Das Intervall √ [µX − c σX / n, µX +√c σX / n] ist fest und √ unabhängig von X̄. Aus √ µX −c σX / n ≤ X̄n ≤ µX +c σX / n ⇐⇒ X̄ n −c σX / n ≤ µX ≤ X̄n +c σX / n √ folgt also P (|X̄n − µX | ≤ c σX / n) = 2Φ(c) − 1 =: α. z.H. Wie bedingen sich Konfidenz- oder Vertrauensintervall, Vertrauensniveau α und Stichproben-Umfang n gegenseitig? 5.2.4 o Konfidenz-Intervall für den unbekannten Erwartungswert µ bei unbekannter Varianz X sei normal-verteilt mit unbekanntem Erwartungswert µ und unbekannter Varianz σ 2 . Gegeben eine Stichprobe (X1 , X2 , . . . , Xn ) mit Xi unabhängig normalP verteilt mit E(Xi ) = µ und σ 2 (Xi ) = σ 2 für i = 1, 2, . . . , n. Sei X̄n = n1 ni=1 Xi 1 Pn 2 das Stichproben-Mittel und S 2 = n−1 i=1 (Xi − X̄n ) die (korrigierte) StichproX̄n√ −µ S/ n (student47 ) t-verteilt mit df = n − 1 Freiheits−(df +1)/2 Γ( df +1 ) t2 graden (degrees of freedom), d.h. mit Dichte fdf (t) = √ 2 df 1 + df df πΓ( 2 ) benvarianz. Dann ist Tdf = 47 William Sealy Gosset (1876-1937) www-history.mcs.st-andrews.ac.uk/Biographies/Gosset.html Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 104 und mit der Euler48 schen Gamma-Funktion Γ(x) = R∞ x−1 −t t e dt. 0 In der t-Verteilung treten die unbekannten Größen µ und σ 2 also nicht mehr auf! Bem. Die Dichte fdf (t) ist symmetrisch, so daß E(T ) = 0 für n > 2 folgt. Für die Stichproben-Varianz s2 = s2n gilt limn→∞ s2n = σ 2 . Also konvergiert auch −(df +1)/2 Γ( df +1 ) t2 1 fdf (t) gegen limdf →∞ √ 2 df 1 + df = limdf →∞ √1 ◦ 2 df πΓ( 2 ) df π (1+ tdf )(df +1)/2 Die t-Verteilung ist tabelliert, s.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Studentsche_ t-Verteilung oder http://en.wikipedia.org/wiki/Student’s_t-distribution Z.B. Angenommen, für a > 0 gilt P (−a < T < a) = 0.9, wo die Zufallsva- riable T t-verteilt ist mit n − 1 Freiheitsgraden. Wegen der Symmetrie ist also P (T < a) = 0.95 gleichwertig. Man sagt dann auch: a ist die 95. Perzentile dieser Wahrscheinlichkeitsverteilung, oder a = t(0.05,n−1) . M.a.W. gilt ! S S X̄n − µ √ < a = 0.9 = P X̄n − a √n < µ < X̄n + a √n P −a < S/ n n n ! Die t-Verteilung erlaubt somit Aussagen auf Grund von Stichproben-Mittel x̄n und Stichproben-Varianz s2 darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit der unbec kannte Erwartungswert µ im Intervall (x̄n − a √sn , x̄n + a √sn ) liegt. 48 Leonhard Euler (1707-1783) www-history.mcs.st-and.ac.uk/Biographies/Euler.html Index Abfluß, 62 AC-Anteil, 6 Additionstheorem, 4 Amplitude, 9 Amplituden-Spektrum, 9, 44 Analyse, Fourier-, 4 Arbeit, 66 Archimedische Spirale, 80 Ausfallrate, 95 gewöhnlich, 12 Heun-Verfahren, 31 Korrektor, 31 Prädiktor, 31 homogen, 8, 19 inhomogen, 9, 19 Lösung ein-parametrig, 20 homogen, 19 inhomogen, 19 Bayes-Formel, 88 partikulär, 19 Bernoulli, Jakob, 89 singulär, 14 Bernoulli, Johann I., 27 speziell, 19 Bernoulli, Nicolaus I., 27 linear, 19, 27 Beschleunigung, 12, 44, 49 1. Ordnung, 19 Bewegungsgleichung, 12 charakteristisches Polynom, 21, 23 Buchstaben, Häufigkeiten, 87 mit konstanten Koeffizienten, 21 mit konstanten Koeffizienten, hocase mogen, 21 average, 85 mit konstanten Koeffizienten, inbest, 85 homogen, 23 worst, 85 linearisiert, 23 Cauchy, Augustin Luis, 30 nicht linear, 21, 23 charakteristische Gleichung, siehe chanur numerisch lösbar, 30 rakteristisches Polynom Ordnung, 12 charakteristisches Polynom, 21, 29 Riccati, 28 Chebyshev, Pafnuty Lvovich, 90, 94 Runge-Kutta-Verfahren, 31 Codierung, 85 Substitution, 16, 27, 32 Trennen der Veränderlichen, 13, 16, Dämpfung, 24, 39 27 DC-Anteil, 6 Variation der Konstanten, 19, 23, 27 degrees of freedom, df, 103 Differentialgleichungssystem, linear, mit Dekomprimieren, 4 konstanten Koeffizienten, 28 Determinante Dipol, 59 Funktional-, 63, 80 -Potential, 59 Dichte, siehe Wahrscheinlichkeitsdichte Dipol, elektrisch, 76 Differential, totales, 60, 63 Dirac, Paul Adrien Maurice, 36 Differentialgleichung, 8, 12 Divergenz, 61, 77 n-ter Ordnung, 28, 32 Anfangsbedingung, 9, 12 Ebene, 44 Bernoulli, 27, 28 schiefe, 66 Euler-Cauchy-Verfahren, 30 Tangential-, 58, 64 modifiziert, 30 105 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 Einschaltvorgang, 15, 37 Einschwingvorgang, 37 Einweg-gleichgerichteter Sinus, 42 Elektron, 49 Elektrostatik, 60 Ellipse, 73 Ellipsoid, 79 Volumen, 80 Energie-Erhaltungssatz, 22 Ereignis abhängig, 88 Elementar-, 86 Feld, 86 unabhängig, 88 Ergiebigkeit, 61, 77 Erregung Dreieck-förmig, 42 Rechteck-förmig, 42 Sinus-förmig, 41 Euler, Leonhard, 22, 30 Euler-Cauchy-Verfahren, 30 modifiziert, 30 Euler-Gleichung, 7 Experiment Bernoulli-, 86, 91 Bernoulli-Kette, 89 Laplace-, 86 Fall, freier, 14 Fallbeschleunigung, 67 Faltung, 100 Feder, 24 Feld elektrisch, 46, 59, 62 elektrostatisch, 62 Gravitations-, 61–63, 67, 69 Kraft-, 66, 69 Linie, 13, 46 Magnet-, 47, 49, 70, 75, 84 Potential-, 61, 63, 69 Richtungs-, 13 Skalar-, 46, 60 Stärke, 46 Tangential-, 13 Vektor-, 13, 46, 60, 82, 83 konservativ, 61 Quellen-frei, 61 Rotation, 62 Senken-frei, 61 Wirbel-frei, 62 Wirbeldichte, 62 Wirbelstärke, 62 Fermat, Pierre de, 85 Filtern, 4 Fläche, 46, 70 Äquipotential-, 46, 59 geschlossen, 84 Inhalt, 70, 72 Niveau-, 59, 60 Normale, 75 Schwerpunkt, 74 Fluchtgeschwindigkeit, 18 Fluß durch Fläche, 75 Fluß durch Quader, 77 Flußdichte, elektrisch, 76, 83 Fourier, Jean Baptiste, 4, 34 Fourier-Transformation, 34 Differentation, 36 eindeutig, 36 Faltung, 36 invers, 35 linear, 36 Freiheitsgrade, 103 Funktion Delta-, 36 Dirac-, 36 Dreieck-, 40 Gamma-, 95, 104 Heaviside-, 40 Rechteck-, 6, 10, 35, 42 Sägezahn, 6 Sägezahn rückwärts, 6 Sinus Einweg-gleichgerichtet, 7 gleichgerichtet, 7 Spektral-, 11, 34 Sprung-, 40 Funktional-Determinante, 63 Funktional-Matrix, 63, 64 Funktionen 106 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 (total) differenzierbar, 63 Ableitung n-ter Ordnung, 53 partiell, 51, 53 differenzierbar, 49 partiell, 51 Extremum, 55 Extremwert, 53 gerade, 6 glatt, 6 Gradient, 58, 60 Graph, 45 Abstand, 55 homogen, 16 implizit, 44 Maximum, 54, 55 mehrere Variable, 44 Minimum, 54, 55 Parameter-Darstellung, 45 periodisch, 4, 12 Richtungsableitung, 59, 65 Skalar-wertig, 44 Sprung-, 35, 36 Sprungstelle, 6 stetig, 47, 48 stetig differenzierbar, 55 Stetigkeitsstelle, 6 total differenzierbar, 59 ungerade, 6 Vektor-wertig, 44, 60 Gauß, Carl Friederich, 82, 85 Gerade Ausgleichs-, 54 Regressions-, 54 Geraden-Abstand, 55 Geschwindigkeit, 12, 44, 49 Gesetz der großen Zahlen, 97 Bernoulli’sches, 97 schwaches, 97 starkes, 97 Gleichspannungsanteil, 6 Gleichstromanteil, 6 Gleichung Euler, 22 107 Maxwell, 62, 84 Größe, cosinusoidale, 6 Größe, sinusoidale, 6 Gradient, 63 Gravitation, 17, 60, 67 Gravitationskonstante, 67 Grenzübergang, 9 Grenzwert, partiell, 48 Grenzwertsatz, zentraler, 101 Halb-Kugel Schwerpunkt, 81 Halbwertszeit, 12 Hamilton, William Rowan, 63 Heaviside, Oliver, 36, 40 Hesse-Matrix, 55 Heun, ?, 31 Heun-Verfahren, 31 Korrektor, 31 Prädiktor, 31 Höhenformel, barometrisch, 12 Hüllenfluß, 76 Hyperbel, 13 Igel, 77 Impuls, 49 Induktivität, 14 Integrabilitätsbedingung, 69 Integral, 66 Fourier-, 9 Spektral-Funktion, 10 Kurven-, 66, 82 Linien-, 66 Oberflächen-, 82 Riemannsche Summe, 10, 66, 70, 75, 78, 79 Transformation, 34 Volumen-, 82 Integration Konstante, 12, 16 numerisch, 27 partiell, 6, 7, 11, 35, 36, 39 Substitution, 5, 16, 35, 36, 63, 66, 79–82 Isohypse, 46 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 Körper Platonisch, 86 Schwerpunkt, 81 Kegel, 50 Abschnitt Volumen, 78 allgemein, 45 gerade, 45 Mantel Fläche, 71, 72 Schwerpunkt, 74 schief, 45 Schwerpunkt, 81 Stumpf, 59 Koeffizienten, Fourier-, 6 Koeffizientenvergleich, 23 Kolmogoroff, Andrej Nikolajewitch, 85 Komprimieren, 4 Kondensator, 12, 15 Konfidenz-Intervall, 103 unbekannte Wahrscheinlichkeit, 103 unbekannter Erwartungswert, 103 Konvergenz-erzeugender Faktor, 37 Koordinaten homogene, 47 Kugel-, 65 Polar-, 44, 52 Korrelationskoeffizient, 101 Kreisfrequenz, 8, 9 Kryptographie, 85 Kugel, 45, 62 Oberfläche, 71, 72 Oktant Volumen, 79 Volumen, 79 Kurve, 46 geschlossen, 68, 70 stetig, 48 Kutta, Martin Wilhelm, 31 Lade/Entlade-Strom, 13 Laplace, Pierre Simon, 37, 63, 85, 86 Laplace-Transformation, 34, 37 Ähnlichkeit, 39 Differentation, 38 108 eindeutig, 38 Faltung, 39 Integration, 39 invers, 37 Konvergenz-Halbebene, 37 linear, 38 Verschiebung, 39 Lebensdauer, 94 Leiter, Strom-durchflossen, 47, 70, 75, 84 Linearität, 59 Linearkombination, 4 Linienspektrum, 9 Markov, Andrei Andrejewitsch, 85 Maschenregel, 28 Matrix charakteristisches Polynom, 55 definit, 55 Eigenvektor, 29 Eigenwert, 29, 55 Funktional-, 63 negativ definit, 55 positiv definit, 55 Matrix-Transformation, 47 Maxwell, James Clerk, 62 MDT, siehe mean down time mean down time, 89 mean time to failure, 89 mean time to repair, 89 Menge Rand, 82 Meßfehler, 101 MTTF, siehe mean time to failure MTTR, siehe mean time to repair Newton, Isaac, 12, 17, 49, 61, 67 Niveau-Linie, 46 Oberschwingungen, 9 Operator Delta-, 63 Hamilton, 63 Laplace, 63 Nabla-, 62 Orthogonalitätsrelation, 4, 56 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 Paraboloid, 45, 55 Abschnitt Volumen, 78 Normal-, 45 Parallelepiped, 55 Parallelogramm, 71 Partialbruchzerlegung, 42 Pascal, Blaise, 85 Pendel, 12 mathematisch, 22, 41 Periode, 4 Phasen-Spektrum, 9, 44 Phasenverschiebung, 9 Poisson, Simon Denis, 92 Poisson-Ankünfte, 98 Aufspaltung, 98 Polar-Darstellung, 44 Polyeder, 70 Polygon-Zug, 66 Polynom, 12 Fourier-, 56 stetig, 48 Potential, 59, 61 Newton, 69 Potentialgleichung, 63 Prim-Zahlen, 85 Problem der vollständigen Serie, 92 Projektion, 44 stetig, 48 Punktladung, 46, 59, 83 Pyramide, 50 Quantil, 102 Quelle, 61 Randdichte, 99 Randverteilung, 99 Rechteckregel, 97, 98 Regel Ketten-, 51, 52, 56, 57, 60, 65 Reibung, 14 Newton-, 14 Stokes-, 14 Reihe Fourier-, 4, 6, 12 Potenz-, 12 TaylorEntwicklung, 52, 56, 64 trigonometrisch, 4 Resonanz-Frequenz, 64 Riccati, Jacopo, 28 Rotation, 50 Runge, Carle David Tolmé, 31 Runge-Kutta-Verfahren, 31 Satz Bayes, 88 Durchflutungs-, 76 Grenzwert-, 96 Identitätssatz, 8 Integral-, 82 Fourier, 10, 35 Gauß, 82 Stokes, 83 Schwarz, 53, 57, 69, 70 Schätzer, 102 erwartungstreu, 102 Schnitt, 44 Schrauben-Feder, 50 Schraubenfläche, 72 Schraubenlinie, 69 Schrittweite, 30 Schwarz, Hermann Amandus, 53 Schwerpunkt, 54, 73 schwingendes System Abklingkonstante, 25 aperiodischer Grenzfall, 8, 24 Eigenfrequenz, 25 gedämpft, 25 Reibung, 27 schwache Dämpfung, 8, 24 starke Dämpfung, 8, 24 ungedämpft, 25 Schwingkreis, 13, 24 Parallel-, 24 Reihen-, 24 Schwingung, harmonisch, 6, 13 Senke, 61 Sinkgeschwindigkeit, 14 Spannung, induziert, 13 109 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 Spat, 55 Spektrum Amplituden-, 9 Linien-, 9 Phasen-, 9 Spirale, Archimedisch, 80 Spule, 12 Stammfunktion, 68 Statistik, 102 Stichprobe, 102 Stichproben-Mittel, 97, 102 Stichproben-Varianz, 103 korrigiert, 103 Stochastik, 85 Stokes, Georg Gabriel, 83 Stromdichte, 84 Stützstelle, 30 Synthese, Fourier-, 4 Tangential-Ebene, 58 Tonne, 73 Torus, 45, 50 Volumen, 81 Transformation Fourier-, 4 Laplace-, 49 Transversalwelle, 53 Tschebyscheff’sche Ungleichung, 97 diskret, 90 stetig, 94 Tschebyscheff, Pafnuty Lvovich, 90, 94 Tunnel, 73 Bernoulli-, mehrdimensional, 99 Binomial-, 91 geometrisch, 92 gleichverteilt, 90 hypergeometrisch, 92 Laplace, mehrdimensional, 98 Poisson, 92, 94 gleichverteilt, mehrdimensional, 99 stetig (Student) t-, 103 Exponential, 94 Gamma-, 95 Gauß-, 95 gleichverteilt, 93 gleichverteilt, mehrdimensional, 99 Normal-, 95 Normal-, mehrdimensional, 99 Standard-Normal-, 96 Weibull-, 95 Verteilungsfunktion, 89 mehrdimensionale, 97 vollständigen Serie, 92 Volumen, 77, 78 Wahrscheinlichkeit, 86 bedingt, 87 total, 88 Wahrscheinlichkeitsdichte, 93 diskret, 98 mehrdimensional, 98 stetig, 93 mehrdimensional, 98 Wahrscheinlichkeitsrechnung, 85 Überlagerung von Sinus- und Cosinus- Wechselspannungsanteil, 6 Funktionen, 6 Wechselstromanteil, 6 Unabhängigkeit, 87 Weibull, Wallodi, 95 Wellengleichung, 53 Vektor Winkelgeschwindigkeit, 62 Normalen-, 58 Wirbel, 84 Tangential-, 49 Wirbelfeld, konstant, 84 Veränderliche, siehe Variable Wirbelfluß, 84 Verfügbarkeit, 85 Verschiebungsdichte, 83 Verschiebungsfluß, 76 Verteilung diskret 110 Zeitkonstante, 15 Zerfall, radioaktiv, 12, 38 Zerlegung, 70 Th. Risse, HSB: Mathematik WS16/17 Zirkulation, 76, 83 Zufallsvariable, 89 asymptotisch normal-verteilt, 101 diskret, 89 Erwartungswert, 90 mehrdimensional, 98 multinomial, 98 Standardabweichung, 90 Streuung, 90 Varianz, 90 kontinuierlich, 89 korreliert, 101 mehrdimensional, 97 stetig, 89, 93 Erwartungswert, 93 Erzeugung, 94 mehrdimensional, 98 Standardabweichung, 93 Streuung, 93 Varianz, 93 Verteilung, 93 Wahrscheinlichkeitsdichte, 93 unabhängig, 99 unkorreliert, 101 verteilt, siehe Verteilung Zufallszahlen, 86 Zufluß, 62 Zuverlässigkeit, 85 Zwischen-Ankunftszeit, 94 Zylinder, 50 Mantel, 45 Schwerpunkt, 74 schief, 45 Mantelfläche, 71 Volumen, 64 111