Warberger Heimatblatt 1.2.2007 Geschichten aus Warberg und Umgebung 05355/8661 Idee von Hermann Koerber Nr.34 Seidenraupenzucht Nach Flurnamen Aufzeichnungen von 1934, von dem Lehrer Heinrich Schwanbeck, hat es in Warberg mal Versuche mit einer Seidenraupenzucht gegeben. Schwanbeck schreibt: Wenn alle Erscheinungen unseres Bodens bisher ihren Beitrag lieferten zur Namensgebung unserer Ackerstücke, so wird es uns jetzt nicht mehr wundern, dass die lebendige Natur nicht dahinter zurücksteht. Die Pflanzennamen kommen in unserer Flurbezeichnung allerdings recht kurz weg. Der Knuttenbusch und die Knuttenbuschbreite sollen auf eine Pflanze hinweisen, deren Knopfartigen Früchte (Knutten) zu diesen Namen Anlass gegeben haben sollen. Heute finden wir sie freilich nicht mehr. Dieses Gebiet war es auch, das seinerzeit mit Maulbeerbäumen bestanden war, zu jener Zeit der allgemeinen Versuche mit der Seidenraupenzucht, von denen an dieser Stelle vor kurzem erst aus Vorsfelde berichtet wurde. Zwei stattliche Exemplare dieser Maulbeerbäume, stumme Zeugen einstiger Misserfolge, finden sich noch oberhalb des Dorfes unmittelbar links hinter dem Feuerteich. In Deutschland wurden in den 30ger Jahren wieder Maulbeerbäume gepflanzt. Der sprunghafte Bedarf an Fallschirmseide führte zu einem erneuten Anbau von Maulbeerbäumen. Die Seidenraupenzucht stammt aus China. Jahrtausendelang hüteten die Chinesen das Geheimnis der Seidenraupenzucht. Wer Kokons oder Seidenraupeneier ausführen wollte, dem drohte die Todesstrafe. Um 200 vor Christus wurde die Seide zu einer begehrten Handelsware. In dieser Zeit entstand die legendäre Seidenstrasse, die fast 8000 Km lang, auf dem Landweg von China nach Venedig und Rom führte. Die Karawanen brauchten für diese Strecke sechs bis acht Jahre. In dieser Zeit kostete im römischen Reich ein Kilo Seide so viel wie ein Kilo Gold. 1 Die Bemühungen in der Seidenraupenzucht setzten in Deutschland mit Ende des 16. Jahrhunderts ein, nachdem aus dem Ausland schon hervorragende Erfolge vorlagen. Wer in Deutschland Seide erzeugen wollte, bekam vom Staat kostenlos Eier des Seidenspinners überlassen. Wenn die Blätter des Maulbeerbaums zu sprießen beginnen, werden die bis dahin an kühlem Ort aufbewahrten Eier der Seidenraupe, in einen leicht vorgewärmten Raum gebracht. Nach 20 Tagen schlüpfen aus den Eiern, kleine Raupen. Die Raupen werden auf Weidengeflecht gesetzt und mit Häcksel zugedeckt. Die kleinen Raupen haben gleich sehr großen Hunger und fressen Tag und Nacht. Die Blätter des Maulbeerbaums werden gepflückt, zerkleinert und den Raupen gefüttert. Es werden meist Blätter des weißen Maulbeerbaums genommen, sie sind etwas dicker und saftiger als die schwarzen. Nach 18 Tagen sind die Raupen schon doll gewachsen und haben sich 4-mal gehäutet. 35 Tage lang wird den Raupen regelmäßig Tag und Nacht, das aus fein gehackten Maulbeerblättern bestehende Futter verabreicht. Wenn dann die Raupen groß genug sind, fangen sie an sich mit einem Konkon zu um spinnen, indem sie aus zwei Drüsen, am Mund, zwei feine, miteinander verklebte Fäden herauspressen und sie in achterförmigen Schleifen rund 100000-mal um sich legen. Der flüssige weiße Faden wird an der Luft eine feste Faser. Hat die Seidenraupe erst mit dem Spinnen begonnen, spinnt sie 35 Zentimeter in der Minute. Nach 2 Tagen haben die Raupen zwischen 2000 bis 3000 Meter in einem Konkon um sich herum gesponnen. Wenn die Raupen mit dem spinnen fertig sind, werden sie im heißem Wasser abgetötet. Ein Leben nach dem Spinnen findet für die Wirtschaftsrassen nur in zentralen Nachzuchtstationen statt. Dort beißen sich nach 2 Wochen weiße Nachtfalter durch den Konkon. Sie paaren sich in einem Liebesakt, der bis zu 12 Stunden dauert. Die männlichen Falter sterben erschöpft, die weiblichen legen vor ihrem Tod wieder bis zu 500 Eier. Nach dem die Raupen aus dem Konkon entfernt sind, beginnt das Haspeln, was heute maschinell gemacht wird. Die Konkons werden in Heißwasserbädern erweicht, damit die Seidenfäden mit Bürsten abgelöst und dann aufgehaspelt werden können. Meist werden gleich mehrere Fäden von dem Konkon auf einen Faden gehaspelt. Seide ist eine der ältesten Textilfasern, Seide ist sehr stabil, ist Hautverträglich und bei Hitze nimmt die Seidenfaser den Schweiß auf. Auch wärmt sie bei Kälte und kühlt bei Hitze. Seide ist ein Rohmaterial für Farbbänder und Fallschirme, RennradSättel, Tennisschlägersaiten und Astronautenanzüge. der weiße Nachtfalter die gelblich weißen Raupen werden 6-8 cm lang 2 Zeitzeuge Karl Keune berichtet vom Elmgarten im Kriege Es muss so Anfang Juli 1944 gewesen sein, da kam oben im Elmgarten ein deutscher Offizier, in Leutnantrang, hat sich mit Krüger vorgestellt. Ob das stimmte, das weiß kein Mensch. Der kam auch mit seiner Frau, er sagte sie kämen aus Zwickau. Der Offizier hat Anna Ohk erzählt, dass ihr ganzes Grundstück von der Wehrmacht beschlagnahmt wird. Dieses Grundstück wird ganz hoch eingezäumt und alle Leute die hier wohnen müssen ausziehen. Die Aufregung war dann natürlich groß. Richards sind dann zu Eggebrechts ins Haus gezogen. Der Architekt Stieghahn wohnte auf der Bühne. Frau Anna Ohk hatte schon Bettwäsche und andere Sachen nach Keunes gebracht. Nach einiger Zeit kam der Offizier wieder und erklärte Anna Ohk, dass sie mit ihrer Tochter Inge hier wohnen bleiben können, alle anderen müssen ausziehen. Alles war so geheimnisvoll. Dann ging das immer so hin und her und dann war am 20. Juli 1944 das Attentat auf Hitler und als das misslungen war, war der Leutnant Krüger, wie er sich nannte, verschwunden. Dann haben wir gedacht, dass der irgendetwas mit den Widerstandskämpfern zu tun gehabt hatte und dass sie darum dieses Grundstück beschlagnahmen wollten. Offizier Krüger, wie er sich nannte, war ein großer Kerl und hatte immer eine hellblaue Luftwaffenuniform an, er brachte auch oft seine Frau mit. Das war die Episode mit dem Offizier Krüger. Dann ist Stieghahn in die Wohnung von Richards rein gezogen. Richard waren aus Hamburg-Wandsbeck, sie sind bei dem großen Fliegerangriff 1941 auf Hamburg, ausgebombt worden. Etwas später kamen wieder Leute von der Wehrmacht und haben vorne den kleinen Saal in Beschlag genommen. Es waren ca. 30 Leute, es waren auch viele Ungarn dabei und auch deutsche Soldaten. Diese Soldaten mussten dann hier in den Wald und haben Holz eingeschlagen. Wofür dieses Holz war, das wusste keiner. Es muss so um Weihnachten 1944 gewesen sein, da wurden die Soldaten in den Harz verlegt. Da war ein Fritze Haberlein bei, der war ein sehr netter Mensch, er stammte aus Bayern und unterhielt sich viel mit uns. Dieser Haberlein ist im Harz beim Holzrücken verunglückt und war tot, das hat uns allen sehr leid getan. Stieghahn aus Braunschweig sind im Elmgarten bis zum Kriegsende geblieben, dann ist Stieghahn mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter, Frau Böker, wieder nach Braunschweig gezogen. Stieghahn kannten in Braunschweig viele vermögende Leute, und von diesen Leuten stand der ganze Parkettsaal, oben im Elmgarten, mit Möbeln voll. Zum Teil waren es Kisten die übereinander standen, mit Geschirr drin. Erst eine ganze Weile nach dem Krieg wurden die Sachen wieder abgeholt. Fritz Ohk war ja 1940 auch in den Krieg eingezogen und war auch noch in amerikanische Gefangenschaft. Wir Kinder sind mit meiner Mutter oft hoch gegangen und mussten dann im Dunkeln mit einer Stalllaterne wieder zurückgehen. Die Gastwirtschaft im Elmgarten war im Krieg immer geöffnet, das Bier war damals aber nicht so gut, es schmeckte mehr nach Brause. Dachdeckermeister Karl Kühne spielte mit einigen Männern immer Karten im Elmgarten, einer war der Tischlermeister Meseberg. Wenn Karl Kühne ein neues Bier haben wollte, sagte er immer „Anna hal mik noch mal ein Glas “Pünche“(dünnes Bier). 3 Elmgarten Warberg 4