Kurzer Überblick zur Bestandssituation der Bachmuschel Unio

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Kurzer Überblick zur Bestandssituation
der Bachmuschel Unio crassus
Die Bachmuschel kommt ursprünglich mit Ausnahme der Britischen Inseln, der
Iberischen Halbinsel und Italien in fast ganz Nord- und Mitteleuropa vor; aber nicht
östlich des Ural. Deutschland liegt im Zentrum der Gesamtverbreitung.
Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war die Bachmuschel häufig und verbreitet. Der
dann folgende schnelle Rückgang wird zumeist ursächlich mit Nährstoffbelastungen
der Fließgewässer in Verbindung gebracht.
Situation in Deutschland:
Die aktuellen Hauptvorkommen von Unio crassus liegen in Süddeutschland und im
mittleren Teil Norddeutschlands. In den einzelnen Bundesländern sind die
Kenntnisse über die Verbreitung und die Populationsentwicklung der Bachmuschel
im Detail sehr unterschiedlich.
Die Einstufung der Art in den jeweiligen länderspezifischen Roten Listen ist entweder
„ausgestorben“ (Berlin) oder „vom Aussterben bedroht“.
Im Rahmen der Berichtspflicht über FFH-Arten an die EU wurde der Bestand der
Bachmuschel in Deutschland 2007 auf mehr als 240 Standorte geschätzt. Die
Chance zur Erhaltung der Art in Deutschland wurde dabei als „schlecht“ eingestuft.
In der nachfolgenden Übersichtskarte des Bundesamtes für Naturschutz BfN sind auf
der Basis der verfügbaren Rasterdaten des Jahres 2007 die bekannten
Verbreitungsgebiete der Bachmuschel in der BRD eingetragen.
Danach werden kurze textliche Erläuterungen zu der Bestandssituation in den
einzelnen Bundesländern gegeben.
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In Mecklenburg-Vorpommern wird seit 1993 der Bestand von Großmuscheln in
Fließgewässern untersucht, seit 2003 wird ein spezifisches Monitoring-Programm
durchgeführt. Als Ergebnis konnten seit 1993 Bachmuschel-Bestände in 52
Fließgewässern nachgewiesen werden. Allerding gibt es derzeit nur noch 18 lebende
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Populationen. Die übrigen sind erloschen. Vermutete Ursache ist ein zu hoher
Stoffeintrag von Nitrat-Stickstoff (Zettler & Jueg 2007).
Die im westlichen Landesteil noch vorhandenen 18 Populationen stellen mit
geschätzten 1,9 Mio. Individuen etwa 90 % des bundesdeutschen Gesamtbestandes
(Zettler & Wachlin 2010).
In Niedersachsen ist die Bachmuschel extrem selten. Es gibt wahrscheinlich nur
noch in der Lüneburger Heide und im Wendland überlebensfähige Populationen
(NLWKN 2011).
In Schleswig-Holstein wurden dramatische Bestandsrückgänge von Unio crassus
festgestellt
(https://schleswig-holstein.nabu.de/tiere-und-pflanzen/sonstige-arten/05224.html.
Mit Stand 2010 gibt es aber immerhin noch 16 Populationen, von denen 6 Bestände
Inidividuenzahlen von teilweise deutlich über 5.000 Tieren aufweisen
(http://www.fischschutz.de/bachmuschel/71-kleine-flussmuschel).
Brandenburger Gewässer beherbergten 2006 insgesamt noch 12 Populationen.
Allerdings waren nur wenige reproduktiv (Petrick 2006). In den Jahren 2010 und
2011 konnten durch gezielte Nachsuche Bestände in 16 Gewässern gefunden
werden. Der Erhaltungszustand ist aber nur in 6 Fließgewässern gut (Hartenauer via
Internet http://www.rana-halle.de/steckbriefe/bachmuschel.html).
In Berlin gilt die Bachmuschel als ausgestorben.
In Sachsen ist Unio crassus vermutlich ausgestorben. Zwischen 1991 und 2010
wurden nur noch Leerschalen gefunden (Schniebs 2015).
In Sachsen-Anhalt sind derzeit 3 Teilpopulationen bekannt. Eines davon reicht bis in
das Nachbarland Thüringen hinein (Hartenauer 2010).
In Thüringen ist die Bachmuschel unmittelbar vom Aussterben bedroht. Die Art
kommt offenbar noch in 3 Teilpopulationen vor; insgesamt mit ca. 3.300 Individuen.
Eine der Populationen ist stark überaltert (TLUG 2009). Es gibt darüber hinaus
Hinweise, dass einzelne Exemplare in bis zu 3 weiteren Gewässern überlebt haben
könnten (Bößneck 2011).
Hessen beherbergt noch 2 Populationen der Bachmuschel (Artgutachten HessenForst 2011). Diese haben Bestandsgrößen von ca. 3.200 und 7.500 Individuen.
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In Rheinland-Pfalz kommen ca. 15 Populationen vor. Darunter sind aber nur wenige
individuenreiche Bestände
(http://www.natura2000.rlp.de/steckbriefe/index.php?a=s&b=a&c=ffh&pk=1032).
Im Saarland konnten im Jahr 2011bei speziellen Großmuschelerfassungen keine
lebenden Bachmuscheln nachgewiesen werden (ProLimno 2011).
In Baden-Württemberg ist die Bachmuschel zwar noch mit ca. 15 Populationen
verbreitet
(http://www.fachdokumente.lubw.badenwuerttemberg.de/servlet/is/50090/pabl20015.html?COMMAND=DisplayBericht&FIS=
200&OBJECT=50090&MODE=BER&RIGHTMENU=null).
Viele Bestände sind aber überaltert und offenbar nicht mehr fortpflanzungsfähig.
Bayern beherbergt trotz erheblicher Bestandseinbrüche noch einige individuenreiche
Populationen der Bachmuschel (LFU 2011). Die Art ist außerdem noch über weite
Landesteile verbreitet.
In Nordrhein-Westfalen sind derzeit drei Populationen der Bachmuschel bekannt, die
alle im Einzugsgebiet der oberen Lippe leben.
Der individuenstärkste Bestand lebt im Boker Kanal. Dieses künstliche Gewässer
wurde vor ca. 150 Jahren angelegt. Es zweigt unterhalb von Schloß Neuhaus von
der Lippe ab, wird mit Lippewasser gespeist und mündet nach einer Fließläng von 32
km unterhalb von Lippstadt über die Glenne wieder in die Lippe ein.
Der Gewässerlauf ist kanaltypisch gestreckt, hat aber durchaus Abschnitte mit
wechselnden Uferstrukturen. Ca. 15 Querbauwerke, die zumindest gewässeraufwärts nicht durchgängig sind, untergliedern den Gewässerlauf. Die Breite des
Kanals schwankt zwischen 6 und 10 m. Die durchschnittliche Wassertiefe beträgt
0,5 m.
Insgesamt dürfte die Populationsgröße der Bachmuschel im Boker Kanal deutlich
über 1.000 Tiere umfassen. Höchste Muscheldichten finden sich in weitgehend
beschatteten Bereichen mit lagestabilisierten Sohlsubstraten (von lehmig-schluffigen
Substraten im Uferbereich bis zu sandigen, von Steinen durchsetzten Sedimenten).
Die Bachmuschel reproduziert sich im Boker Kanal.
Ein weiterer Bestand kommt in einem linksseitigen Nebengewässer der oberen Lippe
vor. Es handelt sich um ein vollständig begradigtes und regemäßig geräumtes
Gewässer mit grabenartiger Struktur und der Hauptfunktion „Vorfluter für die
angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen“. Das Gewässer und ein kleiner
Nebengraben weisen meist eine sandiger Sohle, aber auch Lehm- und DetritusBereiche auf. Die Gewässerbreite beträgt zwischen 1 und 2 m. Abschnittsweise ist
die Gewässersohle stark verschilft.
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Diese beiden Gewässer beherbergen den zweitgrößten Bachmuschelbestand
Nordrhein-Westfalens, der über den Mündungsbereich auch in geringem Umfang bis
in die Lippe ausstrahlt. Insgesamt wurden im Jahr 2013 127 lebende Muscheln
gezählt. Der Bestand reproduziert sich. Insbesondere die Anzahl der im Sediment
eingegrabenen Jungmuscheln dürfte deutlich höher sein.
Oberhalb von Schloß Neuhaus fließt der Lippe rechtsseitig der sogenannte
Muschelgraben zu. Es handelt sich um einen ca. 800 m langen Bachlauf mit einer
Breite zwischen 0,5 und 1,5 m. Der Muschelgraben beherbergt 74 gezählte
Individuen der Bachmuschel (Stand 2012). Der Bestand reproduziert sich.
Seit 2003 führen die Untere Landschaftsbehörde des Kreises Paderborn und die
Biologsiche Station Paderborn-Senne e. V. in Zusammenarbeit mit den Dezernaten
für Fischerei in Albaum Maßnahmen zur künstlichen Infektion von Fischen mit
Muschellarven und zur Neuansiedlung in einem benachbarten Sennegewässer
durch.
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