V E.0 Leitfähigkeit, Widerstand, Kapazität – die elektrischen Eigenschaften von biologischen Elektrolyten und Membranen Ziele: In diesem und dem folgenden Praktikum werden wir uns mit elektrischen Bauteilen und deren Bedeutung für die Physiologie des menschlichen Körpers beschäftigen. Zunächst wird mit den grundlegenden Funktionsweisen von Widerständen, Kondensatoren und Elektrolyten begonnen (V E.0), bevor wir anschließend die Erregungsbildung und -ausbreitung an biologischen Membranen simulieren (V E.1) und einige der elektrischen Eigenschaften des Herzmuskels (V E.2) demonstrieren können. Biologische Membranen stellen Barrieren zwischen wässrigen Medien dar. So trennt beispielsweise die Zellmembran das Zytosol vom Interstitium. Da in allen wässrigen Lösungen unseres Körpers Salze dissoziiert sind, sind sie elektrisch leitfähig und werden als Elektrolyte bezeichnet. Elektrische Potentialdifferenzen und Ionengradienten über Membranen stellen die treibenden Kräfte für einen Ionenstrom dar. Dabei wirkt die Membran einerseits wie ein elektrischer Widerstand, der den Ionenstrom begrenzt und andererseits wie ein Kondensator, der Ladungen an der Membran speichert. Aus diesem Grunde wurden elektrische Ersatzschaltbilder für Membranen entwickelt, mit denen physiologische Prozesse anhand von Parallel- und Serienschaltungen von Widerständen und Kondensatoren erklärt werden können. 1. Widerstand und Leitfähigkeit 1.1 Ohm’sches Gesetz, Leitwert und Widerstand Abb.1.1 Gleichstromkreis mit Schaltsymbolen. Ein einfacher elektrischer Stromkreis besteht aus einer Spannungsquelle (z.B. einer Batterie) mit einer Spannung U, die in Volt (V) gemessen wird, und einem Transportweg entlang eines elektrischen Leiters, der die Bewegung von Ladungen von einem Pol mit hohem elektrischem Potential zum anderen mit niedrigem elektrischen Potential erlaubt (elektrischer Strom I in Ampere (A) gemessen, Abb.1.1). Die Stromstärke im Leiter ist von der vorhandenen Spannung abhängig. Unter bestimmten Bedingungen wird dabei folgende Beziehung beobachtet: 1 U = R⋅I (1.1). Den Quotienten aus U und I bezeichnet man als den elektrischen Widerstand R, der in Ohm (Ω) gemessen wird. R= U I (1.2). Der Kehrwert des Widerstands ist der elektrische Leitwert G, der in Siemens [S] gemessen wird: R= 1 G (1.3) Der elektrische Widerstand hängt vom Querschnitt und von der Länge des Leiters ab. Vergrößert man bei unveränderter Spannung den Leiterquerschnitt A [m²], so können proportional zur Fläche mehr Ladungen pro Zeit fließen. Vergrößert sich dagegen der Leitungsweg L [m], so nimmt der Widerstand zu, weil bewegliche Ladungen dadurch Energie verlieren, dass sie häufiger an den Atomrümpfen (eines metallischen Leiters) anstoßen. Der Strom wird geringer (Abb.1.2). Außer der Geometrie beeinflusst das Leitermaterial mit den spezifischen Eigenschaften der Ladungsträger den Stromfluss. Diese Größe wird als spezifischer Widerstand ρ [Ω .m] bezeichnet. Hieraus ergibt sich für den Strom folgende Beziehung: I= 1 A U ρ L (1.4) d A l Abb.1.2 Spezifischer Widerstand eines Leiters. 2 1.2 Bestimmung eines elektrischen Widerstands Der Wert eines Widerstands kann durch eine Strom- und Spannungsmessung nach Abb.1.1. und Gl.1.2 bestimmt werden. Dabei tritt ein prinzipieller Fehler auf - der gemessene Strom I ist die Summe aus dem Strom durch den Widerstand R und dem Strom durch das Voltmeter mit seinem Innenwiderstand Ri. Damit der Fehlerstrom durch das Voltmeter vernachlässigbar klein wird, wählt man hier Messgeräte mit sehr hohem Innenwiderstand bzw. Eingangswiderstand. Diese Zusammenhänge lassen sich auch auf Wechselstromkreise anwenden. Als Spannungsquelle dient ein Wechselspannungsgenerator. Die Messgeräte müssen für Wechselstrommessungen geeignet sein. Zur Widerstandsbestimmung werden in Gl.1.2 die Effektivwerte von Strom und Spannung verwendet. Effektivwerte ergeben sich aus der Leistung P im Wechselstromkreis: P= U0 ⋅ I0 = U eff ⋅ I eff . 2 U0 und I0 sind die Amplituden der sinusförmigen Wechselspannung und des sinusförmigen Wechselstroms. Dementsprechend sind U eff = U 0 2 und I eff = I 0 2 . (Zu beachten ist, dass bei sinusförmigen Wechselspannungen die elektrische Leistung nur der Hälfte der Leistung bei Gleichspannungen mit gleicher Amplitude entspricht.) R= Ueff Ieff (1.5) 1.3 Experiment: Reihen- und Parallelschaltun von Widerständen bzw. Widerstandsmessung bei simulierter Membran In diesem Versuch soll veranschaulicht werden, welche Auswirkung das Öffnen von Ionenkanälen für die Stromstärke durch eine Membran hat. Vereinfachend gehen wir davon aus, dass eine Membran mit geschlossenen Ionenkanälen einen unendlich großen Widerstand darstellt. Dies entspricht einem offenen Schaltkreis, in dem kein Strom fließen kann. Ein geöffneter Ionenkanal kann im Modell durch den Schluss des Stromkreises über einen endlich großen Widerstand repräsentiert werden. Im Versuch sollen Sie nun bei anliegender Spannung die Anzahl an geöffneten Ionenkanälen erhöhen (Parallelschalten von mehreren Widerständen). Mit den vorhandenen Laborkabeln ist auf dem Steckbrett zunächst wieder die Messschaltung nach Abb. 1.1. aufzubauen. Entscheiden Sie sich entweder für die 2,2 kΩ oder 5,6 kΩ oder 22 kΩ Widerstände. Fangen sie mit einem Widerstand an. Nachdem Sie diese in die Schaltung eingesetzt und die Schaltung überprüft haben, werden die Messgeräte und der Generator eingeschaltet. Mit Hilfe des Amplitudenreglers legen Sie eine Spannung von 2 V an und lesen den zugehörigen Stromwert am Messgerät ab und tragen ihn in die Tabelle ein! Erhöhen Sie dann die Anzahl immer um einen Widerstand nach Abb.1.3a (verwenden Sie nur gleich große Widerstände). Regeln sie die Spannung immer auf ca. 2V nach! Um den Vergleich zu einer Reihenschaltung zu sehen, verfahren sie analog und nutzen den Aufbau gemäß Abb.1.3b. Anschließend stellen sie die Stromstärke in Abhängigkeit von der Anzahl der Widerstände graphisch dar. Aufbauhilfe: Zur Strom- und Spannungsmessung stehen zwei Digitalmultimeter zur Verfügung. Sie werden wie folgt mit den Polen verbunden: • negativer Pol - COM-Buchse 3 • positiver Pol o A-Buchse bei Stromstärkemessung (Wechselstrommessbereich zu wählen, bei dem die Stromstärke gut zu bestimmen ist) o V-Buchse für die Spannungsmessung (Wechselspannungsmessbereich (20 V) Der Generator wird auf Sinusspannung und die Frequenz von 1 kHz eingestellt. Parallelschaltung Anzahl 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Widerstand U=2V Stromstärke I Reihenschaltung Anzahl Widerstand U=2V Stromstärke I Tabelle 1.1 Messreihe der Stromstärke 4 A Zellmembran Ionenkanäle I Ampermeter R R R R R Um Widerstände U Voltmeter Spa nnungs que lle B Ampermeter R R R Um U Voltmeter Spannungsquelle I R Widerstände Abb.1.3 Parallel- und Reihenschaltung von Widerständen. 5 6 1.4 Experiment: Spezifischer Widerstand eines Leiters Abb.1.4 „Leiterbox“. Drähte aus unterschiedlichen Materialien und Durchmessern sind in einer sogenannten Leiterbox aufgespannt. Bauen Sie den Stromkreis gemäß Abb. 1.1 auf und messen Sie dann analog zum Punkt 1.3. die Stromstärke Ieff bei einer von Ihnen gewählten Spannung Ueff. Ermitteln Sie aus den Werten für Ueff und Ieff den ohmschen Widerstand R des jeweils in den Stromkreis eingebauten Drahtes. Berechnen Sie für drei unterschiedliche Materialien mit Hilfe der Gleichungen 1.2 und 1.4 den spezifischen Widerstand des Materials, aus dem die Drähte bestehen. Material Ueff [V] Ieff [mA] R [Ω] L (mm) d (mm) ρ (Ωm) 1000 1000 1000 Tabelle 1.2 Messreihe des Ohm’schen Widerstandes 1.5 Leitfähigkeit bei Elektrolyten Flüssigkeiten, die dissoziierte Ionen enthalten, heißen Elektrolyte und eignen sich zum Ladungstransport zwischen zwei Elektroden bei angelegter elektrischer Spannung. Wenn in einem Elektrolyten ein Gleichstrom (die Richtung des Stroms bleibt konstant) fließt, so werden die Ionen getrennt (Elektrolyse, siehe Abb. 1.5.). Im Falle einer NaCl-Lösung hieße dies, dass sich Na+-Ionen an der Kathode ansammeln und dort Natronlauge bilden würde, an der Anode entstünde Salzsäure, deren Konzentrationen von der Stromdichte abhinge. In der Medizin macht man sich diese sog. Iontophorese zu Nutze, mit der man dissoziierende Medikamente gezielt an bestimmte Orte im Körper transportieren kann. Will man bei elektrischen Messungen an einem Elektrolyten, z.B. einer Widerstandsmessung, das Auftreten von Elektrolyse verhindern, so kann man das mit Wechselstrom erreichen. 7 Abb.1.5 Elektrolytische Leitfähigkeit. 1.6 Experiment: Spezifischer Widerstand eines Elektrolyten Die Elektrolytlösung wird in den elektrolytischen Trog (Abb. 1.6.) eingefüllt. An beiden Stirnflächen befinden sich parallel zueinander zwei Niroblech-Elektroden im Abstand l [cm]. Zwischen den Elektroden A und B liegt die Spannung U und damit ein elektrisches Kraftfeld. Entlang dieses Kraftfeldes kann ein elektrischer Strom fließen, der durch den elektrischen Widerstand des S p a nn u ng U E lek trode B Br ei te b Höhe h E lek trode A L ä ng e l Elektrolyten bestimmt wird. Abb. 1.6 Elektrolytischer Trog Füllen Sie destilliertes Wasser in den elektrolytischen Trog. Messen Sie den Flüssigkeitsstand h [cm] und den Elektrodenabstand l [cm] und notieren beide Werte in Tabelle 1.3. Bauen Sie die Schaltung aus Abb. 1.1, in der der elektrolytische Trog die Rolle des Widerstands R übernimmt. Mit Hilfe des Amplitudenreglers am Generator stellen Sie einen Spannungswert Ueff ein und lesen Sie den zugehörigen Stromwert am Messgerät ab. Beobachten Sie das Amperemeter, während Sie langsam einen Löffel Natriumchlorid in das Wasser rieseln lassen und mit einem zweiten Löffel umrühren. Nachdem die erste Portion NaCl gelöst ist, notieren Sie den zugehörigen Stromwert in der Tabelle. Verfahren Sie mit einer weiteren Portion Natriumchlorid entsprechend. • • Was konnten sie beobachten? Womit lässt sich ihre Beobachtung begründen? Berechnen Sie den Widerstand R und bestimmen Sie anschließend den spezifischen Widerstand ρ [Ωm] und die spez. Leitfähigkeit σ [Ω-1m-1] des Elektrolyten. 8 l (cm) h (cm) Ueff [V] Ieff [mA] b (cm) R [Ω] ρ [Ωm] σ [Ω-1m-1] H2O 1 Löffel NaCl 2 Löffel NaCl Tabelle 1.3 Messreihe des elektrolytischen Widerstandes 1.7 Plattenkondensator, Kapazität, Beladung und Entladung Ein Kondensator besteht aus zwei leitenden Schichten, die durch ein Dielektrikum voneinander getrennt sind. Ein Dielektrikum ist ein nicht leitendes Medium. Der Kondensator speichert elektrische Ladung bzw. elektrische Energie. Die einfachste Bauform ist ein Plattenkondensator, der die Eigenschaften der Zellmembran gut wiedergibt. Wird eine Spannung an den Kondensator angelegt, so entsteht ein elektrisches Feld, wie in Abb.1.7 zu sehen ist. Die Zellmembran kann als Kondensator betrachtet werden. Dabei entspricht die nichtleitende Lipiddoppelschicht dem Dielektrikum zwischen den Platten eines Kondensators. Membrannahe Schichten der umgebenden Elektrolytlösungen können auf beiden Seiten der Membran (intrazellulär und extrazellulär) Ionen akkumulieren und entsprechen damit den Plattenelektroden (Abb.1.7). Abb.1.7 Elektrisches Feld und Schaltzeichen eines Plattenkondensators (links). Die Zelle als Kondensator (rechts). Die Speicherfähigkeit eines Kondensators für elektrische Ladung wird durch die physikalische Größe Kapazität C angegeben. Sie kann mit der folgenden Gleichung berechnet werden: C= Q U (1.6) Q ist die elektrische Ladungsmenge und U die elektrische Spannung des Kondensators. 9 Bei einem Plattenkondensator ist die Kapazität umso größer, je größer die Flächen der Platten A und je kleiner der Abstand d zwischen ihnen ist: C = εr ⋅ ε0 ⋅ A d (1.7) Dabei ist die Kapazität eines Kondensators auch von der materialspezifischen Durchlässigkeit des Dielektrikums für elektrische Felder (Dielektrizitätszahl εr) abhängig. Die Dielektrizitätszahl eines Mediums (auch relative Permittivität genannt) ist das Verhältnis seiner Permittivität zu der des Vakuums (zur elektrischen Feldkonstante ε0): εr = ε/ε0 . 1.8 Der Plattenkondensator als Widerstand Im Gleichstromkreis wirkt der Kondensator wie ein unendlich großer Widerstand - vergleichbar mit einer Unterbrechung des Stromkreises, da sich zwischen den leitenden Schichten ein Isolator befindet. Mit Ausnahme der kurzen Aufladungsphase fließt kein Strom. Bei Wechselspannung verhält sich das etwas anders. Durch die ständig wechselnde Stromrichtung, wird der Kondensator kontinuierlich und alternierend beladen und entladen. Es kann also sowohl eine Effektivspannung als auch ein Effektivstrom gemessen werden. Mit Hilfe des Ohm’schen Gesetzes und den Effektivwerten von Spannung und Strom lässt sich ein endlich großer kapazitiver Widerstand RC berechnen: RC = U eff I eff (1.8). Der kapazitive Widerstand ist von der Kapazität des Kondensators C und der Frequenz ω (= 2πf) der anliegenden sinusförmigen Wechselspannung abhängig. RC = 1 1 = ω ⋅ C 2 ⋅π ⋅ f ⋅ C (1.9). Der Widerstand eines Kondensators ist umso größer, je kleiner die Kapazität des Kondensators (weniger Ladungsträger können gespeichert werden) und je kleiner die Frequenz der anliegenden Spannung ist. Je kleiner die Kapazität ist, desto schneller ist der Kondensator aufgeladen. Der Strom ist kleiner und somit der Widerstand größer. Bei einer sinusförmigen Wechselspannung ändert sich die Spannung ständig. Be- und Endladestrom erreichen immer dann einen Scheitelwert (Maximum bei Beladung, Minimum bei Entladung), wenn sich die Wechselspannung am stärksten ändert. Das ist im Nulldurchgang der Spannungskurve. Bei den Scheitelwerten der Spannungskurve fließt dagegen kein Strom. Strom und Spannung sind zueinander phasenverschoben. Die Spannung eilt dem Strom um 90° nach (bzw. der Strom eilt der Spannung um 90° voraus). Zum besseren Verständnis dient hier eine Simulation: http://www.walter-fendt.de/ph14d/wstromkreis.htm 10 Abb.1.8 Strom -und Spannungsverlauf bei einem kapazitiven Widerstand. 1.10 Experiment: Auswirkung der aktiven Eigenschaften biologischer Membranen auf die Ausbreitung elektrischer Signale (siehe App. A2-A4) 1.10.1 Untersuchung der Abhängigkeit des Kondensatorwiderstands von der Frequenz der angelegten Spannung und der Kapazität des Kondensators Bauen Sie einen Stromkreis aus Funktionsgenerator (Wechselspannungsquelle variabler Frequenz), Widerstand und Kondensator auf. Wählen Sie dabei einen beliebigen Kondensator aus der Aufbewahrungsbox. Stellen Sie am Funktionsgenerator die Amplitude der Wechselspannung auf den Wert „3“ und messen Sie mit Hilfe des Oszilloskops die Spannung am Kondensator (Eine Bedienungsanleitung des Scope-Oszilliskops befindet sich im Appendix Abschnitt 1). Verändern Sie die Frequenz der Wechselspannung von 1kHz bis 10kHz (Abb.1.9). Die Stromstärke Ieff wird mit Hilfe eines in Reihe verschalteten Amperemeters gemessen. Tragen Sie Ihre Messwerte in die Tabelle ein und berechnen Sie RC. Bei bekannter Frequenz kann nun auch die Kapazität des Kondensators bestimmt werden (Siehe Gl. 1.9). Stimmt diese mit der angegebenen Kapazität auf dem Bauteil überein? Frequenz [kHz] UC eff [mV] IC eff [mA] RC [Ω] C (pF) 1 2 5 10 Tabelle 1.4 Abhängigkeit des Kondensatorwiderstands von der Frequenz der angelegten Spannung. 11 Ampermeter Funktionsgenerator Oszilloskop A com ++++++++++++++ ++++++++++++++ +++R +++++++++++ ++++++++++++++ ++++++++++++++ ++++++++++++++ Abb. 1.9 Schaltung zur Messung der Abhängigkeit des Kondensatorwiderstands von der Frequenz. 12 Wiederholen Sie die Messung mit den Ausgangseinstellungen. Benutzen Sie dabei einen Kondensator mit unterschiedlicher Kapazität. Wie hat sich die Amplitude auf dem Oszilloskop verändert? Versuchen Sie das Beobachtete zu erklären. Wechseln Sie am Funktionsgenerator zu rechteckiger oder dreieckiger Spannung. Wie verändert sich der Strom durch den Kondensator? Rechenübung: Berechnen Sie die erwartete Veränderung des Wechselstromwiderstands eines Kondensators bei einer Verdopplung der Fläche der Kondensatorplatten! Ist diese Veränderung abhängig von der Frequenz des Wechselstroms? 1.10.2 Untersuchung der Abhängigkeit des Phasenverschiebung von der Frequenz der angelegten Spannung und der Kapazität des Kondensators Bauen Sie die unten abgebildete Schaltung aus in Reihe verschaltetem Widerstand und Kondensator (Abb. 1.10). Stellen Sie eine Frequenz von 500 Hz am Funktionsgenerator ein. Beobachten Sie dabei die Phasenverschiebung (die zeitliche Verschiebung zwischen der Spannung am Kondensator und Widerstand, Abb. A4 im Appendix, vergleiche mit Abb. 1.8). Die Phasenverschiebung φ lässt sich mithilfe der folgenden Formel aus dem Wechselstromwiderstand des Kondensators Rc (siehe Gl. 1.9) und dem Widerstand R kalkulieren (s. Appendix): tan(ϕ ) = RC R (1.10). 13 Funktionsgenerator Oszilloskop ++++++++++++++ ++++++++++++++ +++R +++++++++++ ++++++++++++++ ++++++++++++++ ++++++++++++++ Abb. 1.10 Schaltung zur Messung von Kapazität mittels Phasenverschiebung. Messen Sie den Zeitversatz ∆t zwischen den Spannungen am ohmschen Widerstand und am Kondensator und berechnen Sie daraus die Phasenverschiebung φ für 3 verschiedene Frequenzen. ϕ =2 ⋅π ⋅ ∆t T (1.11), wobei T die Periode der Wechselspannung ist. Berechnen Sie den theoretischen Wert des Kondensatorwiderstands und die erwartete Phasenverschiebung ϕTheorie zwischen Strom und Spannung. Benutzen Sie dabei die Formeln 1.9, 1.10 und 1.11. Vergleichen Sie die gemessenen mit den erwarteten Werten! Experiment Frequenz [kHz] Theorie ∆t[µs] ϕ[rad] C (pF) RC [Ω] ϕTheorie[rad] R[Ω] 0.5 1 2 Tabelle 1.4 Abhängigkeit des Kondensatorwiderstands von der Frequenz der angelegten Spannung. Die gemessene Zeitversetzung ∆t wird vorher in Phasenverschiebung ϕ umgewandelt (Formel 1.12) Wiederholen Sie die Messung mit den Ausgangseinstellungen. Benutzen Sie dabei einen anderen Kondensator mit anderer Kapazität. Wie hat sich die Phasenverschiebung verändert? 14 2. Übungsfragen 1. In welchen Einheiten werden die elektrischen Größen Strom, Spannung und Widerstand gemessen? 2. Unter welcher Bedingung erfüllt ein elektrischer Leiter das Ohm‘sche Gesetz? 3. Gegeben sei folgender Stromkreis aus drei Widerständen R1 , R2 und R3 : 1. • • Welcher Gesamtwiderstand ist in diesem Stromkreis wirksam? Welchen Wert haben die Teilspannungen U1 bzw. U2 (gegeben seien die Größen R1, R2, R3 und U0)? 4. Wie groß ist der elektrische Widerstand eines Drahtes der Länge l und des Querschnitts A; wie heißt die dabei auftretende Stoffkonstante? Ist es bei Experiment 1.3 wichtig, welcher Pol mit welcher Buchse am Multimeter verbunden wird? 5. Welcher chemische Vorgang findet bei der Elektrolyse an den Elektroden statt? 6. Was unterscheidet den Stromfluss bei einem Elektrolyten von dem bei Metallen? 7. Welche elektrischen Eigenschaften charakterisieren die Zellmembran? 8. Warum befindet sich zwischen den Kondensatorplatten ein Dielektrikum? 15 Appendix A1 Beschreibung des Programms Soundcard Oszillograph (Scope) Das Programm Soundcard Oszillograph (Skope) stellt zwei Kanäle der USB Messbox (oder den linken und rechten Kanal der Soundkarte) im Oszillographenfenster dar. Hierbei ist der linke Kanal als grüne und der rechte als rote Linie dargestellt. Im Programmfenster finden sich Einstellknöpfe und Eingabefenster für die folgenden Funktionen: Amplitude, Zeit, Trigger. Die Verwendete Messbox (Siehe Abbildung unten) verfügt über 4 Eingänge, wobei A1 und A2 zum aufnehmen von Signalen mit einer Maximalamplitude von +/- 10V geeignet sind. Bei kleineren Signalen (im Bereich +/-1V) kann man alternativ die Eingänge A3 und A4 benutzen. Wichtig: Beim Benutzen von A1 und A2 müssen die abgelesenen Werte mit dem Faktor 10 multipliziert werden. Abbildung der USB Messbox 16 In der folgenden Beschreibung wird nur ein Kanal des Oszilloskops abgebildet. Die Bedienung im Zweikanalmodus ist analog. A1.1 Einschalten des Programms Nach anschließen der USB Messbox kann das Programm durch anklicken der Verbindung „Scope“ gestartet werden. Abb. A1. Das Programm Scope: Beim Anschließen einer USB-Box erscheint für gewöhnlich ein neues Fenster ”Kanalauswahl“, indem die verwendeten USB-Box-Kanäle bestimmt werden können. Falls die Box nicht automatisch erkannt wird, kann man die Einstellungen manuell vornehmen: siehe Abb. A2. Abbildung A2. Festlegen des verwendeten Aufnahmegerätes (USB-Box) im Scope (Audio Geräte → Aufnahme). 17 A1.2. Anpassen der Anzeige Der Darstellungsbereich kann angepasst werden, indem die Signalamplitude und das Zeitfenster über die entsprechenden Drehknöpfe auf passende Werte eingestellt werden (Abb. A3, (1) und (2)). Über die OffsetOption (Abb. A3, (3)) kann ein evtl. Signal-Offset ausgeglichen werden, um somit z. B. die horizontale Signallinie auf die Amplituden-Nulllinie in der Mitte des Anzeigefensters zu legen. Um ein synchronisiertes Standbild beobachten zu können, wird der sogenannte Trigger verwendet (Abb. A3, (6)). In der Triggereinstellung finden sich die Modi „Aus“, „Auto“, „Normal“ und „Single“. Diese entsprechen den üblichen Modi von Oszillographen. Die Triggerschwelle kann hierbei sowohl über das Eingabefenster in der Triggerauswahl, als auch per Maus durch verschieben des gelben Kreuzes im Oszillographenfenster erfolgen. Der Triggerzeitpunkt kann ausschließlich per Maus durch verschieben des gelben Kreuzes verstellt werden. Im Single-Shot Modus des Triggers wird der RUN/Stop Schalter (Abb. A3, (7)) automatisch deaktiviert und muss für eine neue Datennahme erneut gedrückt werden. Der Knopf „Auto Set“ (Abb. A3, (5)) bewirkt, dass das Programm versucht die stärkste Frequenz im Signal zu bestimmen und die Zeitachse entsprechend wählt. Weiterhin wird die Triggerschwelle auf die halbe Amplitude des Signals gesetzt. Die Funktion ist wirkungslos, wenn das Signal sehr klein ist. Bei sehr niedrigen Frequenzen (unterhalb 20Hz) reicht das Analysefenster nicht aus, um die Frequenz absolut korrekt zu bestimmen. Die Funktion erzeugt ein kurzes Aussetzen der Datenerfassung. Abbildung A3. Der im Fenster dargestellte Amplituden- und Zeitbereich können über die Drehknöpfe (1) und (2) oder direkt in den jeweiligen Eingabefenstern unterhalb der Knöpfe eingestellt werden. Zur besseren Übersichtlichkeit kann das zweite über Kanal 2 eingespeiste Signal (rot) ausgeblendet werden (4). Die OffsetOption für diesen Kanal (3) erscheint daraufhin ausgegraut. 18 A1.3. Messen Unterhalb des Oszillographenfensters befindet sich ein Auswahlfeld für die Vermessung verschiedener Eigenschaften der Signale (Abb. A4). Einmal kann über die Auswahl „Hz und Volt“ die automatische Analyse der Frequenz, der Signalamplitude und Streuung aktiviert werden. Die Messergebnisse werden am oberen Rand des Schirms eingeblendet. Mit dem Auswahlfeld „Cursor“ (Abb. A4) ergibt sich die Möglichkeit über horizontale bzw. vertikale Cursor die Amplitude oder Zeit der Signale zu vermessen. Für diese Analyse bietet es sich an die Datenerfassung mit dem „RUN/STOP“ Knopf anzuhalten. Abbildung A4. Einschalten der Cursors (links) und das Auswählen von dem Amplitudenmodus (rechts). Im Amplitudenmodus wird die Amplitude beider Cursor und die Differenz ausgegeben. Im Zeitmodus wird die Zeitdifferenz zwischen den Cursors und die zugehörige Frequenz angezeigt. Um zum Beispiel die Zeitversetzung zwischen der beiden Signale (Abb. A5, rot und grün), sollte man den Abstand zwischen den senkrechten Cursors (L) and (R) bestimmen (der Abstand zwischen 2 Maxima). Abbildung A5. Amplitudenanalyse mit Hilfe der Cursors (U) und (D). Die Amplitudenwerte beziehen sich auf Kanal 1. Analog kann man durch das Anklicken des Kästchens „Zeit“ den Abstand zwischen bestimmten den Cursors (L) and (R) bestimmen und somit eine Zeit/Frequenzanalyse durchführen. 19 A2 Phasenverschiebung bei einem Kondensator Abb. A6 Messung der Phasenverschiebung bei einem Kondensator. Ist ein Kondensator in Reihe mit einem ohmschen Widerstand geschaltet (Abb. A6), so fließt durch beide der gleiche Strom I. Dieser lässt sich in der Form darstellen: I (t ) = I 0 ⋅ cos(ω ⋅ t + ϕ s ) (A.1). Dabei bezeichnet I0 die Stromamplitude, ω - die Kreisfrequenz des Wechselstroms und ϕs – die Zeitversetzung zwischen Spannung und Strom im Stromkreis. Am ohmschen Widerstand fällt demnach die Spannung: U R (t ) = R ⋅ I 0 ⋅ cos(ω ⋅ t + ϕ s ) (A.2). und am Kondensator die folgende Spannung ab: U C (t ) = Rc ⋅ I 0 ⋅ cos(ω ⋅ t + ϕ s − π 2 ) (A.3). Die Summe dieser beiden Spannungen sollte: U s (t ) = RR +C ⋅ I 0 ⋅ cos(ω ⋅ t ) (A.4) RR + C = R 2 + RC (A.5) ergeben. Dabei ist: 2 der effektive Gesamtwidersand der Schaltung. Aus der Gleichsetzung von UR+UC=US ergibt sich dann die Phasenverschiebung für den oben abgebildeten Schaltkreis: tan(ϕ ) = RC R 20 A3 Untersuchungen von endo und- exozytotischen Prozessen mittels Kapazitätsmessungen : Mittels einer Glaselektrode kann die Kapazität einer einzelnen Zelle gemessen werden. Endo, -bzw. Exozytose (wie z. B. bei der synaptischen Übertragung) führt zur Veränderung der effektiven Oberfläche der Zelle. Diese Veränderung führt zu einer Veränderung der Zellkapazität (s. Abschnitt 1.7). So können einzelne endozytotische oder exozytotische Ereignisse als „sprunghafte“ Veränderungen der Zellkapazität beobachtet werden. Diese Methode wurde von dem Träger des Nobelpreises für Physiologie und Medizin Erwin Neher (Neher und Marty (1982) PNAS 79:6712-6716) entwickelt und hat sehr bedeutend zum Verständnis der Prozesse an neuronalen Synapsen und an der neuromuskulären Endplatte beigetragen. Zudem wird diese Methode bei elektrophysiologischen Untersuchung von Prestin benutzt, ein sehr schnell bewegliches Motorprotein der äußeren Haarzellen des Innenohrs (siehe Abb. A2 im Appendix). Die Messmethode erlaubt das Durchführen von sehr präzisen und schnellen Messungen von einzelnen endozytotischen/exozytotischen Ereignissen (wie z.B. an der neuromuskulären Endplatte) mit einer sehr hohen Auflösung (Abb. A7). Abb. A7 Prinzip der Untersuchung von Endo –oder Exozytose mittels Kapazitätsmessungen (modifiziert von http://www.bio.tu-darmstadt.de). Die Endo –bzw. Exozytoseereignisse werden als stufenförmige Summation beobachtet. 21 A4 Nichtlineare Kapazität der Haarzellen in der Hörschnecke Abb. A8 Untersuchungen der Elektromotilität der äußeren Haarzellen im Innenohr Kapazitätsmessungen (aus Dallos&Fakler (2002), Nature Molecular Cell Biology, 3:104-111). 22 mittels