26 Rad Foto: Anton Geisser SPORT 28. Juni 2015 Roberto Marchetti will die Schweizer Rad-Jugend um jeden Preis in sein Team holen. Schweizer Rad-Talente passt auf: Er jagt euch mit grossen Versprechungen BMC hat ein eigenes Nachwuchsteam. IAM ein erfolgloses Scouting. Und das dritte Schweizer Team Roth Skoda verschickt Blankoverträge. VON HANS-PETER HILDBRAND R oberto Marchetti (54) ist wieder im Geschäft. Vielleicht stärker denn je. Obwohl er 1998 hoch und heilig versprochen hat: «Mit dem Radsport habe ich abgeschlossen.» Er ist jener Mann, der 1996 und 1997 als Teamchef der Sportgruppe Tissot-Saeco seinen Amateuren das Dopingmittel EPO verkauft. Erwischt werden die Fahrer nicht. Weil aber die Krankenkasse stutzig wird, fliegt der Doping- handel auf. Marchetti hatte für über 8000 Franken «Recormon» bezogen. Fünf Ampullen des Medikaments kosten 640 Franken. Das Dauerrezept hatte er von einem befreundeten Arzt. Marchetti gab ihm an, er benötige die Mittel für seine kranke Grossmutter in Italien. Vom Gericht wird er wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu sechs Monaten bedingt verurteilt. Marchetti war Anfang 1990 vom Radverband schon einmal gesperrt worden. Weil er Radprofi Dieter Runkel Saläre von 14 000 Franken nicht bezahlt hatte. Nach 34 Jahren in kleineren Teams hat Roberto Marchetti jetzt sein Hobby zum Beruf gemacht. Auch dank konsequentem Ausblenden der Vergangenheit. Er ist Generalmanager von «Roth Skoda», einem Team der dritthöchsten Rennklasse (UCI Europe Tour). Zurzeit liegt die Mannschaft (mit 7 Schweizern) auf Rang 31. Bei den heutigen Meisterschaften in Steinmaur ZH (Favorit ist Silvan Dillier, BMC) wird aber keiner seiner Fahrer (bekommen pro Saison nur zwei paar Rennhosen, zahlen Schuhplatten selbst) vorne dabei sein. Doch Marchetti kennt nichts. Jetzt telefoniert er talentierten Fahrern hinterher. Und lockt: «Komm zu mir. Ich habe noch einen Platz frei – und ich habe für 2016 einen Millionensponsor. Du kannst haben, was du willst. Ich schick dir einen Blankovertrag.» Marchetti sei bereit, in die zweite Profi-Kategorie (UCI Professional Continental) aufzusteigen. Der amtierende U23-Schweizermeister Fabian Lienhard (EKZ Racing Team) will nicht. Er traut der ganzen Sache nicht. Der Steinmaurer will lieber in ein Schweizer Profi-Team. Lienhard hat keinen Manager, er vertraut auf seine Stärken. Und hofft auf ein Stagiaires-Angebot von IAM. Die beiden Youngster Tom Bohli (21) und Théry Schir (22) steigen 2016 als Profis bei BMC ein. Noch nicht bereit dafür sind Patrick Müller und Lukas Spengler. Die werden gejagt. Von Marchetti mit grossen Versprechungen. l