Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Elektrolytlösungen, Leitfähigkeit, Ionentransport Teil I 1. Einführende Überlegungen 2. Solvatation, Hydratation 3. Ionenbeweglichkeiten und Leitfähigkeiten Literatur: Wedler 1.6.2 -1.6.7 Teil II 4. Schwache Elektrolyte: Verdünnungsgesetz 5. Starke Elektrolyte: Debye-Hückel-Gesetz Literatur: Hamann/Vielstich 2.4 und 2.6 3-1 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ 4. Schwache Elektrolyte: Ostwaldsches Verdünnungsgesetz (Hamann/Vielstich 2.6) Die Anzahl der freien Ionen wird durch das Dissoziationsgleichgewicht bestimmt: HA + H2O A- + H3O+ schwache Säure K = [A-] [H3O+] / ([HA] [H2O]) Bzw., da Wasserkonzentration als konstant betrachtet werden kann: Kc = [A-] [H3O+] / [HA] (gilt nur näherungsweise, da statt Aktivitäten Konzentrationen verwendet wurden) Definition Dissoziationsgrad: = [A-] / c, c – Ausgangskon- zentration der Säure Konzentration der nicht dissoziierten Säure ist: (1 - ) c Kc = 2 c/(1- ) da nur die dissoziierten Ionen zur Leitfähigkeit beitragen, 0 dagegen auf vollständig dissoziierte Elektrolyte bezogen ist, 3-2 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ sollte die gemessene molare Leitfähigkeit durch Multiplikation mit dem Dissoziationsgrad erhalten werden: c c = c 2 0 /( 0 - c) 0 = Kc (Ostwald) Für kleine Dissoziationsgrade, << 1, lassen sich die For- meln näherungsweise vereinfachen: 2 Kc = c c 2 c und 2 / 0 = Kc Aus letzterer Gleichung folgt die hyperbelförmige Abhängigkeit der realen molaren Leitfähigkeit von der Konzentration: c = 0 Kc c und analog für den Dissoziationsgrad: = Kc c 3-3 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ 2 1.5 f( c) f2( c) 1 0.5 0 0.01 0.02 0.03 0.04 0.05 c f( c) := Kc c f2( c) := Kc 2c 1+ 4 c Kc Kc = 0.001 1 Vergleich zwischen exakter und Näherungslösung: Blau: exakt, geht gegen 1 für c 0 Rot: Näherung, geht gegen Unendlich für c 0 Beispiel Essigsäure, 25 °C 0,0001 mol/l: = 0.33 0,001 mol/l: = 0.12 0,02 mol/l: = 0.03 3-4 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ 5. Starke Elektrolyte: Debye-Hückel-Gesetz (Hamann/Vielstich 2.4) Die Leitfähigkeit starker Elektrolyte nimmt mit steigender Konzentration ab, da die interionischen Wechselwirkungen immer stärker werden: Immer kleinerer mittlerer Ionenabstand immer größere elektrostatische Anziehung/Abstoßung! Annahme von Debye und Hückel (1923): Jedes Ion ist im Mittel gleichermaßen von einer Ionenwolke umgeben, in der die entgegengesetzt geladenen Ionen im Überschuß vorliegen! Das ist kein Widerspruch zur Elektroneutralität der Lösung und zur gleichmäßigen Verteilung der Ionen! 3-5 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Zum Vergleich: „Ionenwolken“ im Ionenkristall In der Elektrolytlösung ist es ähnlich, nur dass es sich hier um Mittelwerte der sich zufällig bewegenden Ionen handelt! Bedingung der Gültigkeit der Debye-Hückel-Annahme: Die elektrostatische Wechselwirkungsenergie ist viel kleiner als die mittlere kinetische Energie der Ionen (Annahme I). Dann muß nur ein Ion und seine Ionenwolke stellvertretend für alle untersucht werden! 3-6 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Weitere Annahmen der Theorie: II. die Ionenwolke wird als ein Kontinuum betrachtet III. die Dielektrizitätskonstante wird identisch zu der des Lösungsmittels angenommen Skizze des Lösungsweges: Gesucht: Potentialverteilung und Ladungsdichteverteilung um ein Ion herum: Die Poissonsche Differentialgleichung verknüpft die lokale Änderung des elektrostatischen Potentials Ladungsdichte = + - - mit der lokalen : Eindimensionaler Fall: d2 = 2 dx , r - relative Dielektrizitätskonstante r 0 (die Ladungen sind die Quellen und Senken des elektrostatischen Feldes) im kugelsymmetrischen Fall (3 Dimensionen): 1 d 2 d (r ) r = r 2 dr dr (r ) (P) r 0 3-7 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Andererseits wird die räumliche Verteilung der Ionen im kugelsymmetrischen Feld des Zentralions durch die Bolzmannverteilung bestimmt: zi e (r ) kT n i (r ) = n i0 exp Ladungsdichte: Summe über alle Ionendichten multipliziert mit den einzelnen Ionenladungen: (r ) = i z i en i0 exp z i e (r ) kT (B) Einsetzen von (B) in (P) ergibt eine Differentialgleichung, welche nur noch das Potential enthält. Analytisch lösen lässt sie sich jedoch nur, wenn die Annahme I angewandt wird: Coulomb-Energie z i e (r ) << kT thermische Energie Reihenentwicklung der Exponentialfunktion: (r ) = i z i en 0 i z i e (r ) e 2 (r ) 2 0 1 = zi n i kT kT i wegen der Elektroneutralitätsbedingung! Weiterhin ist die Ionenkonzentration mit der Stoffmenge verknüpft: n i0 = N A ci 3-8 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Abhängigkeit nur von der Summe der Ionenladungen zum Quadrat sinnvoll den Begriff der Ionenstärke einer Elekt- rolytlösung einzuführen (Lewis, Randell): I= 1 2 i z i2ci 2N Ae2I (r ) = kT (r ) 1 d 2 d (r ) 2N Ae2I r = 2 r dr dr r 0 kT (r ) D.h. die zu lösende Differentialgleichung enthält nur noch einen Parameter, der am besten so definiert wird: 1 2N Ae2I = r 0 kT Aus Dimensionüberlegungen folgt, dass die Dimension ei- ner Länge haben muss: 1 d 2 d (r ) r = 2 r dr dr 1 2 (r ) 3-9 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Lösung: (r ) r exp und r (r ) r exp r - Radius der Ionenwolke, Ort größter Ladungsdichte innerhalb der Ionenwolke Effekt der Abschirmung des elektrischen Feldes! Für Wasser, 25°C, r C in mol/l = 78,5: 1-1-Elektrolyt, 0.0001 30.40 0.001 9.60 0.01 3.04 0.1 0.96 in nm 3-10 Ludwig Pohlmann PC III - Elektrochemie SS 2005 _________________________________________________________________________________________ Ionenbeweglichkeiten starker Elektrolyte: 1. Relaxations- (Asymmetrie-)Effekt: Bewegung der Ionen im elektrischen Feld: die Ionenwolke wird in die entgegengesetzte Richtung bewegt, so dass sich ständig eine neue Wolke bilden muss, die der Bewegung hinterherläuft. Daraus resultiert eine bremsende Kraft, welche mit der Konzentration der Ionen zunimmt. 2. Elektrophoretischer Effekt: Die Solvathüllen sich begegnender Ionen reiben aneinander. Diese Begegnungen werden auch häufiger, wenn die Konzentration der Ionen zunimmt. Auf Grundlage dieser Effekte leiteten Debye, Hückel und Onsager eine Beziehung ab, welche das empirische KohlrauschGesetz bestätigte: c = 0 (B1 0 + B2 ) c 3-11