Vortrag Inkontinenz Oktober 2014 - Wundnetz Alb-Fils

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Kontinenzförderung aus
pflegerischer Sicht
Brigitte Sachsenmaier
Freiberufliche Dozentin für Pflegethemen
Erkennen der Inkontinenz
Scham und Verleugnung führt zu einer
hohen Dunkelziffer der Inkontinenz
Es geht primär um die Identifizierung der
inkontinenten Menschen (DNQP)
−
Vor allem in den Bereichen, in denen sich
die Betroffenen nicht unbedingt dazu äußern
würden*..
1
Sensibilisierung zum „AktivWerden“
Das Problem ist jedoch oft
nicht, dass die Inkontinenz
nicht erkannt wird.
Das Problem ist, dass das
Vorhandensein von
Inkontinenz als normal
erscheint.
Dazu ein Beispiel***
Beispiele zur Kontinenzförderung
und Prävention
Beispiel: Dranginkontinenz
Beispiel: „Überversorgung“ mit Hilfsmitteln
Beispiel: Beckenbodenaktivierung
Beispiel: Kontinenzförderung bei dementen
Personen
Beispiel: Inkontinenz und transurethraler
Dauerkatheter
Beispiel: Inkontinenz nach Apoplexie
Beispiel: Intermittierender Katheterismus
2
Miktionsablauf und
Inkontinenzformen
Belastungsinkontinenz
Dranginkontinenz
(motorisch und
sensorisch)
Überlaufinkontinenz
Neurogene Blase
Extraurethrale
Inkontinenz
Belastungsinkontinenz
Konservative Therapie
−
Beckenbodentraining
−
Hilfsmitteleinsatz, Biofeed-back
−
Elektrotherapie
Operative Therapie
−
z.B. TVT
Medikamentöse Therapie
−
Yentreve
−
Östrogene
3
Miktionsablauf und
Inkontinenzformen
Belastungsinkontinenz
Dranginkontinenz
(motorisch und
sensorisch)
Überlaufinkontinenz
Neurogene Blase
Extraurethrale
Inkontinenz
Kontinenztraining
Der Expertenstandard unterscheidet:
−
Angebotene Toilettengänge
Stärkung der Blasenkontrolle bei Menschen mit oder ohne
kognitiver Einschränkung mittels verbaler Aufforderung und
positiver Unterstützung
−
Toilettengänge zu individuellen Zeiten
Unterstützung der Ausscheidung nach einem festgelegten
Plan
Basierend auf dem individuellen Ausscheidungsmuster
Bei Menschen, die kognitiv und psychisch eingeschränkt
sind und deshalb nicht von einem Verhaltenstraining
profitieren
−
Toilettengänge zu festen Zeiten
Zwei- bis dreistündliche Toilettengänge
Ziel ist die Vermeidung von inkontinenten Episoden
4
Individuelles
Kontinenztraining
Vorgehensweise:
−
Erhebung mittels
Miktionsprotokoll
(3-5 Tage)
Individuelles Kontinenztraining
Umgebungsgestaltung
− Festlegen der
individuellen Zeiten
− Probephase
− Reflexion ggf.
Veränderung der
Zeiten
−
5
Checkliste für das Kontinenztraining
Diagnostik und Therapie, Inkontinenzursache und Inkontinenzform
Nutzen des Kontinenztrainings, Einstellung des Betroffenen zum Kontinenztraining,
Psychische Verfassung, Beziehung zu den Pflegepersonen und Mitbewohnern
Bereitschaft des Pflegeteam, der Angehörigen, Behindernde Routineabläufe?
Mobilität des Betroffenen
Erlangen der Selbständigkeit möglich?
Beckenbodenaktivierung
Zeitliche und örtliche Orientierung
Gebrauch von Hilfsmitteln (Selbständigkeit?), angepasste Inkontinenzversorgung?
Äußerungsfähigkeit (z.B. Sprechen, Klingelbenutzung?), Sehfähigkeit des Betroffenen
Räumlichkeiten (z.B. Entfernungen zur Toilette), Hindernisse auf dem Weg zur Toilette,
Toilettenbeschriftung, Toiletten (warm, gemütlich, Höhe, Haltegriffe*)
Waschmöglichkeiten nach dem Toilettengang
Ausstattung des Bettes (Höhe, Bettgitter, Wärme etc.)
Türgriffe und Türverriegelung
Intimsphäre
Kleidung (inkontinenzgerecht, warm, leicht zu bedienen?)
Obstipation und Ernährung, Flüssigkeitszufuhr
Medikamenteneinnahme
Hilfsmittel
Übersicht, Anforderung und Vorteile
Praktische Tipps zum Anlegen
6
Hilfsmittelversorgung
• Ableitende Systeme
•
•
•
•
•
Kondom-Urinale
Urinkollektoren
Intermittierender Einmalkatheterismus
Transurethraler Dauerkatheterismus
Suprapubischer Blasenverweilkatheter
• externe Urinableiter, Fäkalkollektor
bei immobilen Betroffenen
Hilfsmittelversorgung
• Bein- und/oder Bettbeutel
• Funktionell-anatomische
Hilfsmittel:
• Pessare
• Tampons, Harnröhrenstöpsel
(vom Gynäkologen/Urologen
angepasst)
7
Hilfsmittel
Mobile Toilettenhilfen
• Toilettenstuhl
• Urinflasche
• Steckbecken
Hilfsmittel
• Funktionell anatomische Hilfsmittel
• z.B. Pessare, RECA air - ContiRing©
Vaginalkonen oder –tampons Contam©
(Med. SSE-System)
8
Hilfsmittel
• Funktionell anatomische Hilfsmittel:
• „PVA-Analtampons werden in
verschiedenen Formen und Größen
gefertigt. Sie sind aus Polyvinylalkohol
(PVA)-Schaumstoff, dieser ist
toxikologisch und dermatologisch
unbedenklich“ ©Med. SSE-System
Instrumentelle Ableitungen
• „Katheter“
9
Katheter – Pro & Contra
Strenge ärztliche Indikationsstellung!
Pro:
Contra:
−
−
−
−
−
−
−
Harnwegsinfekte
(extraluminäre
Sekretstraße, Restharn!!)
Drangsymptomatik
Verletzung der Harnröhre
und Blase
Inkrustration
Sekretstau
Behinderung im täglichen
Leben
Sexualität
?
Hilfsmittelüberblick
• Aufsaugende Hilfsmittel
• Vorlagen, Vorlagen mit Fixierungssystem, Pullups, Inkontinenzslips
• Auswahlkriterien
• Individuelle Beratung anhand der Kontinenzstörung und Situation
• individuelle Aspekte
• Tragekomfort / Sicherheit / Diskretion / Lebensqualität
• Produkteigenschaften, Besonderheiten
• Einfache Handhabung / Unabhängigkeit
• Anlagetechniken, Tipps, und Tricks
• Kosten
• Argumentationen
10
Hilfsmittelversorgung
• Absorbierende/saugende Hilfsmittel
(Einmal- oder waschbare Materialien)
• Tropfenfänger, Vorlagen
• halboffene und geschlossene Systeme
• Pullons und Pants oder Trainers
-
Moderne dreiteilig aufgebaute Einmalprodukte mit:
Flüssigkeitsabweisendem Vlies
Zellstoff mit integriertem Superabsorber (Gelbinder)
Wasserundurchlässiger Schicht auf der Körper
abgewandten Seite
Übersicht
• Leichte Saugstärke
Urinverlust unter 50 ml (1 Kaffeetasse), Saugstärke
bis 200 ml
• Mittlere Saugstärke
Urinverlust 50 – 100 ml (1 Kaffeebecher), Saugstärke
150 – 300 ml
• Hohe Saugstärke
Urinverlust 100 – 250 ml (2 Kaffeebecher),
Saugleistung 300 – 750 ml
• Starke Saugleistung
Urinverlust über 250 ml, Saugleistung über 1.000 ml
11
Saugende Hilfsmittel
Saugende Hilfsmittel
Vorlagen „Halboffene Systeme“
• für immobile wie auch aktive, mobile
Menschen geeignet
• einfache Handhabung
• Gute Akzeptanz Seitens der Betroffenen
• angenehm zu tragen
• Individuell und wirtschaftlich einzusetzen
• große Sortimentsbreite
12
Saugende Hilfsmittel
• Inkontinenzhosen
Pants, Pullup, Pullons, Trainers*
• Sind vor allem für mobile Betroffene
bei mittlerer bis schwerer Inkontinenz
bzw. bei unruhigen oder verwirrten
Betroffenen geeignet
• Handhabung wie Unterwäsche, ohne
Öffnen und Schließen von
Klebestreifen, dadurch leichtes Anund Ausziehen
• Ideal beim Toilettentraining, hohe
Akzeptanz seitens der Betroffenen
Saugende Hilfsmittel
Inkontinenzslips
• Eignen sich bei
Diarrhö und extrem
unruhigen
Bewohnern
Ausschließlich diese
beiden Indikationen
rechtfertigen laut
MDK den Einsatz von
Inkontinenzslips!!!
13
Saugende Hilfsmittel
Krankenunterlagen
• Zum Schutz von
Bettwäsche und
Matratzen
• Als textile, waschbare
oder einmal
Bettschutzeinlage
erhältlich
Funktionen der gesunden Haut
Verhornung
Talg- und
Schweißdrüsen
Infektvermeidung durch
Säuerung
Fettschutzmantel
verhindert Austrocknung
Wasserspeicher in der
Haut
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Hautprobleme können entstehen
durch:
Nachlassende Funktionen der
Haut
Säureproduktion
Talgproduktion
Wasserbindungsfähigkeit
Austrocknung der Haut
Verschiebung der
Keimbesiedelung in
pathogene Bereiche
Ursachen für Hautprobleme bei
Inkontinenz
Kontakt mit Harn- und Stuhl
Feucht-warmes Milieu
Ungeeignete Inkontinenzversorgung
−
−
Produktqualität
Anwendungsfehler (Hautpflegeprodukte,
Körperfern*)
Starke Keimbesiedelung der Haut
−
−
−
Stuhlinkontinenz
Hygienemängel
Evtl. infizierter/alkalischer Urin
Verlust des Säure-Fett-Schutzmantels der Haut
Ammoniakentstehung
Häufige Waschungen mit ungeeigneten Produkten
15
6-7 Waschungen täglich mit
Seife
Wundschutzcreme
Unzureichende
Inkontinenzversorgung
Wechselintervall nicht an die
Ausscheidung angepasst
Hygienemängel
Waschlappen nicht gewechselt
Keimverschleppung in der
Waschschüssel
Hartes Reinigungmaterial
(Zellstoff)
Inkontinenzversorgung
Guter Rücknässeschutz
durch Gelbildner
Angepasster Wechselintervall
(dazu evtl. Miktionsprotokoll)
Häufiger Wechselintervall
Möglichst „offene“ Versorgung
Evtl. ableitende Versorgung (Kondomurinal)
Reduzierung oder Vermeidung der Hilfsmittel
durch:
Toilettentraining
Beckenbodentraining
Verhaltenstraining
Therapie der paradoxen Diarrhöe
Irrigation bei Stuhlinkontinenz
16
Feuchtigkeit der Haut
Wasserbindungsfähig
keit der Haut erhöhen
(z.B.
Harnstoffpräparate)
Flüssigkeitszufuhr
erhöhen
Reinigung und Pflege (1)
Wasser mit Zitrone oder Essig
Evtl. PH-hautneutrale Syndets
mit Rückfettern (Richtige
Dosierung und Anwendung
beachten!)
Keine Seifen oder
Pflegeschaum
Nur so oft, wie nötig waschen!
Waschrituale!
*.und Gerüche??
17
Reinigung und Pflege (2)
Keine abdeckenden Salben, Pasten und
Fette!
Nährböden!
Austrocknung (Lippenpflege-Effekt)
Schlechte Entfernbarkeit
Mineralöle oder Naturöle?
Hautprotektor
Therapie der Mykose nach Hautabstrich
Reinigung und Pflege (2)
W/O-Lotionen
Möglichst:
−
−
−
−
−
Ohne Parfüm
Ohne Farbstoffe
Ohne ätherische Öle
Ohne austrocknende
Zusatzstoffe (z.B.
Teebaumöl)
Ohne desodorierende
Stoffe
18
Intermittierender Katheterismus
Schlaffe Blase (Detrusor)
Spastischer Sphinkter
Indikationen
−
−
Schlaffe Blase (Detrusor)
Schlaffer Sphinkter
−
−
Spastische Blase
Spastischer Sphinkter
−
Spastische Blase
Schlaffer Sphinkter
−
Neurogene Blase
Restharnproblematik
Ersatzblase
Blasenüberaktivität in
Kombination mit
medikamentöser Therapie
(z.B. Botulinum-Toxin)
Abflussbehinderung
(gutartige
Prostatavergrößerung)
Chronischer Harnverhalt
Spina bifida
19
Mainz-Pouch I
ISK (1)
Kathetertypen und
Größen
Katheterismus
Steril
Desinfektion
Geeigneter Katheter
Gleitmittel (Arten)
Infektionsprophylaxe
Handhabung
Zeitabstand
Ein-/Ausfuhrkontrolle
anfangs Protokoll
Flüssigkeitszufuhr
20
ISK (2)
Technik
Im Sitzen auf Toilette
Im Rollstuhl, evtl. Beinspreizer
Im Stehen, ein Bein aufstellen
Im Liegen, evtl. Standspiegel
Zu Hause/unterwegs/auf Reisen*.
Sozialer Aspekt
Angepasst an:
Tagesablauf
Behinderung (geistig oder körperlich)
Ressourcen
Handhabung
Unabhängigkeit anstreben
DNQP - Expertenstandard
Kontinenzförderung in der Pflege
Erwachsene Personen, die harninkontinent sind oder
zu einer Risikogruppe für das Entwickeln einer
Inkontinenz gehören
Stuhlinkontinenz und Urostomie wurde nicht
berücksichtigt
Literaturrecherchen von 1990 – 2004
Zu vielen Punkten wurde ein Expertenurteil gefällt
(mangels vorliegender Untersuchungen)
Die Einführung des Expertenstandards erfordert ein
interdisziplinäres Vorgehen
Der Expertenstandard orientiert sich an der Logik
professionellen Handelns, er kann jedoch nicht
vorschreiben, wie dieses Handeln in jedem Fall und
unter spezifischen institutionellen Bedingungen
umgesetzt wird.
Hier kommt dem jeweiligen Management die Aufgabe
zu, für eindeutige und effektive Verfahrensregelungen
Sorge zu tragen.
21
Expertenstandard Kontinenzförderung
S1
Die Pflegekraft verfügt über die
Kompetenz zur Identifikation von
Risikofaktoren und Anzeichen für eine
Harninkontinenz
−
−
−
Identifikation der Harninkontinenz
Präventive Maßnahmen
Ermittlung der Risikofaktoren
Personenbezogene Faktoren
Umgebungsbedingte Risikofaktoren (Toiletten,
Mobilität, Kleidung etc.)
Ausgewählte (patientenabhängige)
Risikofaktoren für Harninkontinenz
Kognitive Einschränkungen
Körperliche Einschränkungen
Erkrankungen z.B.:
−
−
−
−
−
Schlaganfall
Multiple Sklerose
Morbus Parkinson
Dement
Diabetes mellitus
Medikamente z.B.:
−
−
−
−
−
−
−
Diuretika
Anticholinergika
Antihistaminika
Antidepressiva
Neuroleptika
Kalziumantagonisten
Opiate
Harnwegsinfektionen
Obstipation
Belastung des
Beckenbodens durch
z.B. Schwangerschaften/
Entbindungen, Adipositas
Östrogenmangel
Veränderungen der
Prostata/Operationen der
Prostata
22
Beispiele für umgebungsbedingte
Risikofaktoren
Räumliche Gestaltung
(Wegstrecken,
Haltegriffe etc.)
Orientierung
Toilettengestaltung
Behindernde Routine!
Kleidung
Hilfsmittelauswahl
Intimsphäre
Expertenstandard Kontinenzförderung
P1
Die Pflegekraft identifiziert
im Rahmen der
pflegerischen Anamnese
Risikofaktoren und
Anzeichen einer
Harninkontinenz
− Erste Einschätzung bei
allen Patienten anhand
der empfohlenen
Initialfragen
23
Initialfragen
Verlieren Sie ungewollt Urin?
Verlieren Sie Urin, wenn Sie husten, lachen oder
sich körperlich betätigen?
Verlieren Sie Urin auf dem Weg zur Toilette?
Tragen Sie Vorlagen/Einlagen, um Urin
aufzufangen?
Verspüren Sie häufig (starken) Harndrang?
Müssen Sie pressen, um Wasser zu lassen?
Expertenstandard Kontinenzförderung
P1
Die Pflegekraft identifiziert im Rahmen der
pflegerischen Anamnese Risikofaktoren und
Anzeichen einer Harninkontinenz
−
−
Erste Einschätzung bei allen Patienten anhand der
empfohlenen Initialfragen
Versteckte Anzeichen erkennen
Verunreinigte Wäsche
Auffälliger Geruch oder Hautveränderungen
Stürze
−
Symptombeschreibung der Patienten
24
Symptombeschreibung der
Patienten
Diese können unter anderem sein:
−
−
−
−
−
−
−
Unwillkürlicher Harnverlust bei körperlicher
Betätigung
Unwillkürlicher Harnverlust einhergehend mit
Harndrang
Verzögerter Beginn der Miktion
Ständiger Harnabgang
Harntröpfeln
Das Gefühl der nicht vollständig entleerten Blase
Brennen beim Wasserlassen
Expertenstandard Kontinenzförderung
P1
Die Pflegekraft wiederholt die Einschätzung bei
Veränderungen der Pflegesituation und in
individuell festzulegenden Zeitabständen
−
−
−
−
Individuell festlegen
Bei Veränderung des Gesundheitszustandes
Innerhalb weniger Tage (da häufig
Kontinenzprobleme erst entstehen)
Nach ein bis zwei Monaten nach Heimeinzug,
danach in vierteljährigen Abständen
25
Expertenstandard Kontinenzförderung
E1
Risikofaktoren und Anzeichen für eine
Harninkontinenz sind identifiziert
Konnten Risikofaktoren und/oder Anzeichen für
eine Harninkontinenz oder bereits bestehende
Probleme mit der Harninkontinenz festgestellt
werden, muss eine differenzierte Einschätzung
eingeleitet werden. Die Ergebnisse der ersten
bzw. der wiederholten Einschätzung sind zu
dokumentieren.
Expertenstandard Kontinenzförderung
S2a
Verfahrensregelung
−
−
−
−
Klärung der Zuständigkeiten der einzelnen
Berufsgruppen z.B. im Rahmen der Anamnese,
der Bestimmung des Restharns, der Urinanalyse,
der körperlichen Untersuchung
Ablaufdiagramm zur Förderung der
Harnkontinenz/Kompensation der
Harninkontinenz (Was hat wann zu erfolgen?)
Aussagen zur Vorgehensweise bei der
Risikoeinschätzung und der differenzierten
Diagnostik (z.B. Festlegung, welches
Miktionsprotokoll verwendet wird)
Die Autorisierung der Pflegefachkraft für die
Initiierung und Koordination der multidisziplinären
Maßnahmen
26
Expertenstandard Kontinenzförderung
S2b
Zur differenzierten Einschätzung gehören:
Ausführliche Anamnese mit körperlicher
Untersuchung (Gewicht, Auffälligkeiten im
Genitalbereich), Erfassung der Medikation, der
Symptome, psychosoziale Auswirkungen und
Einschätzung der körperlichen und geistigen
Fähigkeiten
Urinanalyse zum Ausschluss eines Infektes
Bestimmung des Restharnvolumens
Führen eines Miktionsprotokolls
Durchführen eines 24Stunden
Vorlagengewichtstests
Expertenstandard Kontinenzförderung
P2
Die Pflegekraft führt beim Vorliegen von
Kontinenzproblemen eine differenzierte Einschätzung
(z.B. auf der Grundlage ein eines zielgruppenspezifischen
Miktionsprotokolls) durch bzw. koordiniert in Absprache
mit dem behandelnden Arzt erforderliche diagnostische
Maßnahmen
−
Objektivierung der Kontinenzsituation durch entsprechende
Instrumente
Miktionsprotokoll
Anamnese
Restharnbestimmung
Ausschluss eines Harnwegsinfektes
Vorlagengewichtstest
−
Initiiert und koordiniert die ärztliche Diagnostik
27
Inhalt der
Inkontinenzanamnese
Fragen zu den Ursachen der Inkontinenz
Fragen zur Miktion/Inkontinenzform
Fragen zu kontinenzbeeinträchtigenden
Faktoren
Fragen zur bisherigen Bewältigung des
Problems
Fragen zum Leidensdruck
Expertenstandard Kontinenzförderung
P2
Miktionsprotokoll (drei bis fünf Tage)
Anzahl und Volumen der Miktion
Häufigkeit der ungewollten Entleerungen
Die situativen Bedingungen
Das Ersuchen um Unterstützung beim
Toilettengang
Trinkgewohnheiten
Immer, wenn aus den Ergebnissen auch
Konsequenzen abgeleitet werden kö
können!!
28
Expertenstandard Kontinenzförderung
P2
Wurden Risikofaktoren identifiziert, sollte
gemeinsam mit anderen Berufsgruppen
überlegt werden, ob diese modifizierbar
sind (z.B. Gewichtsreduktion, BBT).
Darstellung des Kontinenzprofils
Kontinenzprofile
Vollständige Kontinenz
Abhängige Kontinenz
Es kommt zu keinem
Es kommt zu keinem unfreiwilligen Harnverlust.
unfreiwilligen Harnverlust.
Es ist keine personelle
Personelle Unterstützung ist notwendig bei der Durchführung von
Hilfe und es sind keine
Maßnahmen wie:
Hilfsmittel erforderlich.
angebotener oder begleitender Toilettengang zu individuellen,
Unabhängige Kontinenz
festgelegten Zeiten
Es kommt zu keinem
unfreiwilligen Harnverlust.
Medikamenteneinnahme
Es ist keine personelle
Unterstützung
Intermittierender Fremdkatheterismus
erforderlich.
Eine oder mehrere der
Gebrauch von mobilen Toilettenhilfen
folgenden Maßnahmen
werden selbständig
durchgeführt:
− Trainingsmaßnahm Unabhängige kompensierte Inkontinenz
en, z.B.
Blasentraining
Es kommt zu unwillkürlichem Harnverlust.
− Medikamenteneinnahme
Personelle Unterstützung bei der Versorgung mit
− Intermittierender
Kontinenzhilfsmitteln (z.B. der Entleerung des
Selbstkatheterismus
Blasenkatheterbeutels, dem Wechsel der aufsaugenden
Hilfsmittel oder Anlegen/Wechsel eines Kondomurinals) ist nicht
− Gebrauch von
notwendig.
mobilen
Toilettenhilfen
29
Expertenstandard Kontinenzförderung
E2
Eine differenzierte Einschätzung der Kontinenzsituation und
eine Beschreibung des individuellen Kontinenzprofils liegen
vor.
− Daraus gehen hervor:
Reversible und irreversible Risiken für Harninkontinenz
Die Diagnose der Harninkontinenz (wenn sie gestellt wurde)
bzw. Symptome und pflegerelevante Befunde
Notwendige weitere diagnostische Maßnahmen
Auswirkungen auf die persönliche Lebensführung
Das aktuelle Kontinenzprofil
Beschreibung für die Bedeutung des Patienten:
− Vermeidung von Kaffee
− Nachtstuhl
− Mögliche Tag- und Nachtunterschiede
Expertenstandard Kontinenzförderung
S3a/b
S3a: Die Einrichtung hält die
erforderlichen Materialien zur
Beratung bei Problemen mit der
Harninkontinenz (z.B.
anatomische Modelle,
Informationsbroschüren,
Hilfsmittel) vor
S3b: Die Pflegekraft verfügt über
Beratungskompetenz zur
Vorbeugung, Beseitigung,
Verringerung oder Kompensation
von Harninkontinenz
30
Expertenstandard Kontinenzförderung
P3
Die Pflegekraft informiert den
Patienten/Bewohner und ggf. seine Angehörigen
über das Ergebnis der pflegerischen
Einschätzung und bietet in Absprache mit den
beteiligten Berufsgruppen eine ausführliche
Beratung zur Kontinenzerhaltung oder –
förderung und ggf. zur Kompensation einer
Inkontinenz an. Darüber hinaus werden weitere
interne und externe Ansprechpartner genannt.
Expertenstandard Kontinenzförderung
E3
Der Patient/Bewohner und ggf. seine
Angehörigen kennen geeignete
Maßnahmen zur Kontinenzförderung und
zur Vermeidung von bzw. zum Umgang
mit einer Inkontinenz
31
Expertenstandard Kontinenzförderung
S4
Die Pflegefachkraft verfügt über
Steuerungs- und Planungskompetenz zur
Umsetzung von kontinenzfördernden
Maßnahmen bzw. zur Kompensation der
Harninkontinenz
−
−
−
Wissen zu den Maßnahmen
Steuerungskompetenz (Hilfsmittel,
Einbindung versch. Berufsgruppen)
Auswahl der Interventionen
Das multidisziplinäre Team...
Physiotherapie/
Masseure
Krankenkasse/
Pflegekasse
Psychologische
Begleitung
Innerbetriebliche
Dienste
- Küche
- Einkauf
Selbsthilfegruppe
Arzt
- Diagnose
- Therapie
Der inkontinente
Mensch
Ergotherapie
Heimleitung/
Pflegedienstleitung
- Pflegekonzepte
- Pflegestandards
Hilfsmittelieferant/
Home-CareUnternehmen
Facharzt
Hilfsmittel
zur Therapie
Pflegende
- pflegerische
Interventionen
- kons. Therapie
32
Expertenstandard Kontinenzförderung
P4
Die Pflegefachkraft plant unter Einbeziehung der
beteiligten Berufsgruppen mit dem
Patienten/Bewohner und ggf. seiner
Angehörigen individuelle Ziele und Maßnahmen
zur Förderung der Harnkontinenz bzw. zur
Kompensation der Harninkontinenz und zur
Vermeidung von Beeinträchtigungen
−
−
Selbstbestimmung des Betroffenen
Individuelle Interventionen, die Erfolg versprechend
sind
Expertenstandard Kontinenzförderung
P4
Allgemeine Maßnahmen:
Gewichtsreduktion
Mobilitätsförderung
Regelung der Flüssigkeitsaufnahme
Darmmanagement
Spezielle Maßnahmen:
Blasentraining
Beckenbodentraining
Toilettentraining (angebotene Toilettengänge,
Toilettengänge zu individuellen Zeiten, Toilettengänge zu
festen Zeiten)
Nicht durchführen: Miktionsauslösende Techniken, Doppelund Dreifachmiktion
Einsatz von Hilfsmitteln
33
Expertenstandard Kontinenzförderung
E4
Ein Maßnahmenplan zum Erhalt des
bisherigen oder Erreichen des
angestrebten Kontinenzprofils liegt vor
−
Festlegung des Ziel (Welches Profil wird
angestrebt oder soll erhalten bleiben?)
Dokumentation der Maßnahmen
Expertenstandard Kontinenzförderung
S5
Die Einrichtung sorgt für eine
bedarfsgerechte Personalplanung, ein
kontinenzförderndes Umfeld (z.B.
Erreichbarkeit, Zugänglichkeit und
Nutzbarkeit von Toiletten, Wahrung der
Intimsphäre), geschlechtsspezifische
Ausscheidungshilfen und Hilfsmittel zur
Kompensation von Inkontinenz (z.B.
Vorlagen, Kondomurinale).
34
Expertenstandard Kontinenzförderung
P5
Die Pflegefachkraft initiiert und koordiniert die
multidisziplinäre Behandlung (z.B. durch Ärzte,
Hebammen, Physiotherapeuten, Psychologen)
und sorgt für eine kontinuierliche Umsetzung
des Maßnahmenplans. Auf die Bitte des
Patienten/Bewohners um Hilfe bei der
Ausscheidung wird unverzüglich reagiert.
−
−
−
Unverzüglich heißt unmittelbar abklären
Überforderung ist zu vermeiden
Keine Mehrfachversorgungen
Expertenstandard Kontinenzförderung
E5
Maßnahmen, Umfeld und Hilfsmittel sind
dem individuellen Unterstützungsbedarf
des Patienten/Bewohners bei der
Ausscheidung angepasst
35
Expertenstandard Kontinenzförderung
S6/P6/E6
S6: Die Pflegefachkraft verfügt über die Kompetenz, die
Effektivität der Maßnahmen zum Erhalt und zur Förderung
der Kontinenz sowie zur Kompensation der Inkontinenz zu
beurteilen
P6: Die Pflegefachkraft überprüft in individuell
festzulegenden Abständen den Erfolg der Maßnahmen und
entscheidet gemeinsam mit dem Patienten/Bewohner, ggf.
seinen Angehörigen und den beteiligten Berufsgruppen über
deren Fortführung bzw. Modifikation.
E6: Das angestrebte Kontinenzprofil ist erreicht bzw. das
bisherige erhalten. Für den Patienten/Bewohner ist das
individuell höchstmögliche Maß an Harnkontinenz mit der
größtmöglichen Selbständigkeit sichergestellt.
Fallbeispiel Nr.1:
Frau Sorge ist 65 Jahre alt und lebt mit ihrem Ehemann im eigenen Haus in Stuttgart. Sie
hat 4 Kinder geboren, zwei Töchter und zwei Söhne. Sie war bis zu ihrem 60. Lebensjahr
berufstätig. Arbeitete in einer Bäckerei im Verkauf. Sie hegt und pflegt viele sozialen
Kontakte mit Nachbarn und Freunden, läd gerne ein und geht gerne Besuche machen. Sie
hat nie Sport gemacht, geht aber sehr gerne spazieren und auch mal in die Berge kleinere
Wanderungen machen. Einmal wöchentlich ging sie zum Schwimmen, was sie aber seit
Kurzen, wegen der aktuellen Beschwerden, nicht mehr macht. Frau Sorge ist 1.56 cm groß
und wiegt 74 kg. Daraus ergibt sich ein BMI von 30,4. Sie ist kerngesund, nimmt keine
Medikamente und fühlt sich auch sonst pudelwohl. Sie ist nie anfällig gewesen für
Erkrankungen, Grippeepedemien zogen meist an ihr vorbei. Seit vielen Jahren leidet sie
allerdings an Obstipation, manchmal kann sie nur nach hohen Abführmitteldosierungen zur
Toilette. Verstärkend wirkt sich aus, dass sie in letzter Zeit die Trinkmengen reduziert hat
und auch keinen Kaffee mehr trinkt (aus Angst vor Inkontinenz).
Frau Sorge hatte nach der Geburt ihres 4.Kindes eine Belastungsinkontinenz, die aber dank
der Rückbildungsgymnastik kompensiert wurde. In den Wechseljahren trat diese Problematik
wieder auf. Die Gynäkologin stellte auch eine leichte Gebärmuttersenkung fest. Da sie auch
beim Geschlechtsverkehr Pannen erlebte, zog sie sich mehr und mehr aus den Intimitäten
mit ihrem Mann zurück. Der Mann leidet darunter, was ihr psychischen Druck macht.
Die Inkontinenz ist eine Belastungsinkontinenz Grad 2. Sie trägt Damenbinden, die aber oft
nicht ausreichend sind. Sie muss die Binden bis zu sechsmal am Tag wechseln. Sie erlebte
dadurch auch schon peinliche Situationen. Frau Sorge merkt mehr und mehr, dass sie etwas
tun muss, denn sie kann das Problem nicht mehr verstecken. Ihr soziales Leben ist
gefährdet. Sie hat Angst vor den peinlichen Situationen und neigt zum Rückzug. Die
Stimmung ist in letzter Zeit eher depressiv. Sie spricht mit niemandem darüber, weil sie sich
schämt.
Jetzt hat sie in einer Frauenzeitschrift vom Beckenbodentraining gelesen. Sie geht deshalb
zur Beratung in die Inkontinenzsprechstunde, um mehr darüber zu erfahren. Sie ist guter
Dinge und motiviert für eine Therapie.
36
Mögliche Ansätze*.
Gynäkologisches Konsil
(Medis, OP, BBT)
Zum Schwimmen gehen
motivieren,
Hilfsmittel anbieten
Soziale Kontakte aufrecht erhalten
Sportliche Aktivitäten fördern (evtl. Nordic walking)
Obstipationsprophylaxe (Diätberatung), evtl. Laxanzientherapie
Physiotherapie:
-BBT
-Elektrotherapie
-Femconen
-Haltungsschulung
-etc.
Sozialen Rückzug
verhindern
HIlfsmittelversorgung
Gewichtsreduktion (Ernährungsberatung)
Trinkmenge erhöhen
Gespräch mit dem Ehemann, evtl.
Psychologin hinzuziehen
Fallbeispiel Nr. 2:
Auf der internistischen Station liegt Hr. Weiter, der akut aufgenommen wurde,
wegen einer Blutzuckerentgleisung. Er ist seit 3 Tagen hier, die Blutzuckerwerte sind
noch nicht stabil. Er wird neu eingestellt. Der HbA1 war bei 7,6 bei der Aufnahme.
Der Diabetes Typ 2 besteht seit ca. 20 Jahren, seit 5 Jahren spritzt er Insulin.
Hr. Weiter ist 72 Jahre alt, 84 kg schwer bei einer Körpergröße von 1,76 (BMI 28).
Er lebt allein in seiner Wohnung, ist finanziell nicht sehr gut gestellt, da er von einer
kleinen Rente lebt. Er ist mobil und selbständig, wirkt allerdings nicht sehr gepflegt.
Seine Frau verstarb vor 7 Jahren an einem Apoplex. Zu der einzigen Tochter hat er
keinen Kontakt. Er sagt, er hätte kein Kind. Hr. Weiter macht einen verbitterten
Eindruck. Er ist mürrisch und schlecht gelaunt. Soziale Kontakte pflegt er zu zwei
Männern, mit denen er regelmäßig Karten spielt. Ansonsten lebt er eher
zurückgezogen. Hobbies hat er keine, er schaut gerne Fern, besonders
Tiersendungen und Dokumentationen über fremde Länder. Er trinkt regelmäßig
Weinschorle, manchmal 1- 1,5 l Wein pro Tag (Alkoholiker!).
Er hat vermutlich eine neurologische Blasenentleerungstörung, evtl.
Prostatahypertrophie – diagnostisch nicht gesichert. Die Symptome hat er schon
mehrere Jahre, sind aber zunehmend. Seine Symptome: Harndrang, häufige
Entleerungen, nächtlicher quälender Harndrang, das Gefühl der unvollständigen
Harnentleerung, nachts manchmal inkontinent.
Hilfsmittel benutzt er nicht, lehnt diese ab. Er verdrängt das Problem. Dem
Pflegepersonal fiel auf, dass die Unterhosen sehr verschmutz waren und sprach ihn
darauf an. Er ist grundsätzlich offen, über das Thema zu sprechen, erhofft sich ein
Wundermittelchen (in Form einer Tablette), die das Problem beseitigt.
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Mögliche Ansätze*..
Urologisches Konsil
Beschäftigungstherapie,
Entwicklung neuer Beschäftigungsmöglichkeiten
Soziale Kontakte aufrecht erhalten
Sozialen Rückzug
verhindern
Physiotherapie
Psychologe, evtl. Depressionsbehandlung,
Therapie der Alkoholsucht
Beratung zur
HIlfsmittelversorgung
Ernährungsberatung evtl. zum Kochkurs
motivieren (Krankenkassenangebot), evtl.
Essen auf Rädern
Fallbeispiel Nr. 3:
Frau Sauer ist seit zwei Monaten im Pflegeheim in Buxtehude. Sie ist 97 Jahre alt, Gr.1.65, Gew. 56 kg (BMI
20,7), größtenteils mobil und selbständig. Vor 3 Monaten verstarb ihre Tochter an Krebs. Die Tochter hatte sie
bis dahin gepflegt. Durch den Tod der Tochter und der Berufstätigkeit der Enkelkinder wurde der Heimeinzug
notwendig. Frau Sauer ist sehr gerne im Heim. Sie ist sehr kontaktfreudig, geht viel spazieren und hat schon
Freundschaften geschlossen. Außerdem verfügt sie über ein gutes soziales Netz, so dass jeden Tag Besuch
kommt (ehemalige Nachbarn, Frauen aus der Seniorengruppe etc.). Sie nimmt an allen Angeboten in der
Einrichtung teil, Beschäftigungstherapie, Singstunde, Seniorentanz, Gottesdienst etc.. Sie ist sehr
bescheiden, da sie auch so gelebt hatte. Ist für alles dankbar und stellt keine Ansprüche. Sie ist sehr offen
und freundlich.
Pflegerische Unterstützung benötigt sie beim Waschen des Intimbereichs, des Rückens und beim Haare
hochstecken. Ansonsten wäscht sie sich am Waschbecken alleine. Sie geht mit dem Rollator teilweise
selbständig, benötigt aber zum Toilettengang pflegerische Unterstützung, da sie mit dem An- und Auskleiden
nicht klarkommt. Zu Hause hatte sie eine kleine Inkontinenzvorlage. Sie ist harninkontinent und
stuhlinkontinent Grad 1 (leichte Verschmutzung, unkontrollierter Windabgang). Die Harninkontinenz hat sich
seit dem Heimeinzug verschlimmert, weshalb ihr die Pflegenden jetzt große Vorlagen angeboten haben. Da
sie niemandem zur Last fallen möchte, zögert sie, sich rechtzeitig zum Toilettengang zu melden.
Diagnosen: arterielle Hypertonie, Diabetes Typ 2 (nicht behandlungsbedürftig), Gonarthrosen auf beiden
Seiten, Hypercholesterinämie, Herzinsuffizienz
Sie nimmt dafür Medikamente ein. Zur Nacht benötigt sie ein Schlafmittel, für die Obstipation nimmt sie
Lactulose (täglich). Die Stuhlausscheidung gelingt trotzdem nur unregelmäßig (ca. jeden 3. Tag).
Sie ist Gebissträgerin, welches sie aber wegen Druckstellen nicht immer trägt. Sie bevorzugt weiche, meist
süße Speisen, freut sich immer, wenn es Brei oder Pudding gibt. Die Trinkmenge ist stark reduziert (ca. 600 –
700 ml pro Tag.).
Teilweise ist sie, vor allem nachts räumlich desorientiert, findet z.B. die Klingel und auch die Toilette nicht. Es
liegt eine hohe Sturzgefährdung vor (mehrere Stürze zu Hause).
Psychisch ist sie stabil und zufrieden. Allerdings verheimlicht sie das Problem der Inkontinenz vor ihren
Bekannten. Dem Pflegepersonal gegenüber ist sie jedoch offen und beschreibt auch ihre Symptome. Sie hat
eine motorische Dranginkontinenz. Sie ist inkontinent, wenn sie es nicht zügig auf die Toilette schafft.
Möglicherweise liegt auch eine Mischinkontinenz (Belastung, Drang) vor. Untersucht wurde sie deshalb noch
nie.
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Mögliche Ansätze*.
Gespräch: Motivieren, Hilfsangebote anzunehmen
Arzt: Medikamente überprüfen,
Evtl. Medis Dranginkontinenz
Zahnarzt wegen Gebisskontrolle
Soziale Kontakte aufrecht erhalten
Obstipationsprophylaxe (Diätberatung),
evtl. Laxanzientherapie
Physiotherapie:
-Mobilitätsförderung
-Sturzprävention
-BBT in Seniorengymnastik
integrieren
Kontinenztraining (individuelles)
- Selbständigkeit fördern, evtl.
Erinnerungshilfen z.B. Wecker
Sozialen Rückzug
verhindern
Hilfsmittelversorgung
optimieren
Gewichtsreduktion (Ernährungsberatung)
ASE statt Schlafmittel zur Nacht
Trinkmenge erhöhen
Umgebungsgestaltung
Fallbeispiel Nr. 4:
Hr. Winter ist 62 Jahre alt. Er wurde vor 6 Wochen wegen eines akuten Harnverhalts in die
Klinik notfallmäßig eingeliefert. Eine Woche später wurde er an der Prostata operiert. Die
Histologie ergab ein gutartiges Prostataadenom. Der transurethrale Katheter wurde vor 2
Wochen durch den Urologen entfernt. Der Verlauf ist unauffällig, jedoch hat er seither
massive Inkontinenzbeschwerden. Er stellt sich jetzt in der Urologischen Ambulanz zur
Nachsorge vor.
Hr. Winter lebt mit seiner Frau und einen behinderten Sohn in seinem Einfamilienhaus. Er
ist wegen Rückenbeschwerden seit 3 Jahren berufsunfähig. Er genoss aber den
Ruhestand und baute sein Haus an und um und pflegt den Garten.
Die Operation mit allen Folgen trifft ihn sehr hart. Diese komplette Inkontinenz, die
sexuellen Einschränkungen. Er fühlt sich unvollständig, zu nichts nutze, aussätzig (was er
auch so sagt). Er fühlt sich gegenüber seiner Frau verpflichtet, hat massive Angst, dass
das mit dem Liebesleben nicht mehr so wird und macht sich Sorgen über seine Zukunft. Er
wirkt sehr erschüttert, depressiv, ist weinerlich.
Symptome und Diagnosen: Mehrere Bandscheibenvorfälle, die mit TENS und
morphinhaltigen Pflastern behandelt werden. Sonst keine Erkrankungen. Die Inkontinenz
ist vollständig, er benutzt dafür Inkontinenzvorlagen (Lila). Die Haut ist massiv gerötet, in
den Leisten Mazerationen. Starke Geruchsentwicklung. Seit ein paar Tagen brennt es
beim Wasserlassen.
Der Urologe zieht eine Behandlung mit Bio-feed-back, bzw. Elektrotherapie in Betracht. Hr.
Winter glaubt noch nicht an eine Besserung, ist deswegen nicht sehr motiviert. Seither
wurden die therapeutischen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft, keine medikamentöse
Therapie.
Die Trinkmenge ist gut, trinkt allerdings viel Kaffee und Tee (ca. 2,5 Liter pro Tag).
Stuhlausscheidung ist regelmäßig.
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Mögliche Ansätze*.
Beratung zur Cystitisprophylaxe
Evtl. auch Ernährungsberatung
Beratung zur Hautpflege
Soziale Kontakte aufrecht erhalten
Hobbies und sportliche Aktivitäten fördern
Physiotherapie:
-Bio-feed-back
-Elektrotherapie
Sozialen Rückzug
verhindern
Gespräch mit der Ehefrau, evtl.
Psychologin hinzuziehen
Hilfsmittelversorgung
evtl. Kondomurinale,
evtl. Anleitung zum
ISK
Aufklärung über Getränkeauswahl
Letzte Chance für Ihre
Fragen**..
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