Ausgabe 16 - 2014 pdl.konkret ambulant Der praxisnahe Informationsdienst für die Leitung von ambulanten Pflegediensten Verfahrensanweisung „Förderung der Harnkontinenz“ Pflegedienst „Konkret“ QualitätsmanagementHandbuch Logo Ihrer Einrichtung 6.1.2 Verfahrensanweisung: Förderung der Harnkontinenz Thema: Förderung der Harnkontinenz Definition: Eine Harninkontinenz ist der Verlust oder das Nichterlernen der Fähigkeit, Urin sicher in der Harnblase zu speichern und selbst Ort und Zeitpunkt der Entleerung zu bestimmen. Harninkontinenz ist nicht generell mit einer Erkrankung gleichzusetzen, vielmehr handelt es sich in der Regel um ein Symptom. Ursächlich für die Harninkontinenz sind ganz unterschiedliche Faktoren, die auch in Kombination auftreten können. Die Einteilung der Formen der Harninkontinenz beruht vor allem auf Veränderungen der Speicher- und Entleerungsfunktionen der Harnblase; zusätzlich können funktionelle Einschränkungen unfreiwilligen Harnverlust begünstigen. Ziel aller unserer Maßnahmen im Umgang mit unseren Patienten, die unter Einschränkungen bei der Ausscheidung leiden, ist die Verbesserung der Betreuung und Pflege. Daneben ist es unser Ziel, etwaige Risikofaktoren frühzeitig zu erkennen sowie eine festgestellte Harninkontinenz – falls möglich – zu beseitigen oder ggf. weitestgehend zu reduzieren bzw. zu kompensieren. Inkontinenz und Kontinenzförderung sind auch heute tabuisierte Themen und bei vielen Menschen schambesetzt. Selbstverständlich für uns ist in diesem Zusammenhang daher ein einfühlsamer und diskreter Umgang mit unseren betroffenen Patienten. Grundlage all unseres Handelns ist der Expertenstandard zur Kontinenzförderung. Geltungsbereich: Pflege Zuständige Personen: Verantwortliche Pflegefachkraft, stellvertretende Verantwortliche Pflegefachkraft und Qualitätsbeauftragter Beschreibung des Vorgangs: 1. Alle unsere 3-jährig examinierten Mitarbeiter verfügen über Beratungskompetenz und aktuelles Wissen zum Thema Kontinenzförderung und Inkontinenz sowie über die Kompetenz zur Identifizierung von Risikofaktoren und Anzeichen für eine Harninkontinenz. Ebenso verfügen unsere Mitarbeiter auch über Wissen und Beratungskompetenz bezüglich möglicher Komplikationen der Harninkontinenz sowie über kontinenzfördernde Maßnahmen und Anwendung von Hilfsmitteln. Das Wissen unserer Mitarbeiter wird laufend durch gezielte Fortbildung und Vorhalten aktueller pflegefachlicher Literatur aktualisiert. Falls erforderlich, ziehen wir weitergebildete pflegerische Fachexperten zur fachlichen Unterstützung hinzu. 2. Unser Ziel ist, dass wir frühzeitig etwaige Risikofaktoren für eine Inkontinenz bei unseren Patienten erkennen. Denn nur so können wir gezielt und schnellstmöglich notwendige pdl.konkret ambulant , Verlag PRO PflegeManagement, www.ppm-online.org präventive Maßnahmen einleiten. Schon bei der Aufnahme unseres Patienten ermitteln wir bei der Informationssammlung bzw. der Pflegeanamnese routinemäßig die individuellen Ressourcen / Fähigkeiten und etwaige Probleme mit der Kontinenz. Insbesondere mit dem Risikofaktor „sexualisierte Gewalt“ bei Frauen gehen wir im Rahmen der Anamnese sensibel um. 3. Die Einschätzung zur Kontinenz wiederholen wir bei Veränderung der Pflegesituation sowie im Anschluss nach 1 bis 2 Monaten und dann in 3-monatigen Intervallen. 4. Wenn wir bei unserem Patienten Hinweise darauf feststellen, dass er möglicherweise Einschränkungen im Bereich der Ausscheidung hat, erfassen wir differenziert seine Ressourcen und Risiken. 5. Bei der differenzierten Erfassung von Ressourcen und Risiken legen wir großen Wert darauf, insbesondere die subjektive Sicht unseres Patienten zu dieser Problematik zu erfassen. Selbstverständlich für uns ist hierbei, dass wir das Thema bei unserem Patienten einfühlsam und diskret ansprechen. 6. Im Rahmen einer differenzierten Einschätzung einer Inkontinenz erstellen wir eine ausführliche Anamnese inklusive einer körperlichen Untersuchung. Hierzu gehören, bei Bedarf in Absprache mit dem Arzt bzw. auf dessen Anordnung, beispielsweise ◗ Gewichtserfassung, ◗ Auffälligkeiten im Genitalbereich, ◗ Medikamente, ◗ Symptomatik der Inkontinenz, ◗ Einschätzung körperlicher und geistiger Fähigkeiten, ◗ Führung eines Miktionsprotokolls, ◗ 24-h-Vorlagegewichtstest, ◗ ggf. vom Arzt angeordnete Bestimmung des Restharnvolumens und ◗ eine Urinanalyse, um einen Harnwegsinfekt auszuschließen. 7. Mithilfe eines Miktionsprotokolls ermitteln wir den Typ, das Ausmaß und die Häufigkeit der Inkontinenz. Das Miktionsprotokoll führen wir, möglichst gemeinsam mit unserem Patienten und seinen Angehörigen, mindestens 3 bis 5 Tage, ggf. auch länger. Falls dies nicht möglich ist, nehmen wir eine fachliche Einschätzung aufgrund unserer pflegefachlichen Kompetenz vor. Eine Restharnbestimmung können wir nur dann ausführen, wenn die Kostenübernahme für Material und Ressourcen gesichert ist. 8. Für unsere Patienten erstellen wir in den genannten Abständen auch ein Kontinenzprofil. 9. Auch im Zusammenhang mit Stuhlausscheidungen erfassen wir unter gleichen Bedingungen wie bei der Harnkontinenz die Ressourcen und Risiken. Hier erheben wir insbesondere auch die Gewohnheiten und den Grad der Selbstständigkeit unseres betroffenen Patienten. Ebenso ermitteln wir Aspekte wie beispielsweise Frequenz und Menge der Stuhlausscheidungen, Konsistenz, Farbe, Geruch und Beimengungen. Auch achten wir auf Veränderungen der Stuhlgewohnheiten unter sonst gleichen Bedingungen. 10. Alle relevanten Aspekte und alle unsere Feststellungen dokumentieren wir in unserem Formular „Einschätzung der Kontinenz“. 11. Unseren Patienten und dessen Angehörige beraten wir über erforderliche Maßnahmen wie beispielsweise Kontinenztrainingsplan, Miktionsprotokoll, Einsatz von Hilfsmitteln, personellen Hilfebedarf, z. B. beim Aufsuchen der Toilette, oder auch Hautinspektion. 12. Den Zeitpunkt der Beratung, die Beratungsinhalte und eine eventuelle Ablehnung der notwendigen Maßnahmen dokumentieren wir nachvollziehbar im Formular „Einschätzung der Kontinenz“. 13. Unsere vereinbarungsgemäß durchgeführten Leistungen dokumentieren wir nachvollziehbar in der Pflegedokumentation im Formular „Durchführungs- / Leistungsnachweis“. Die geplanten und vereinbarten Maßnahmen beschreiben wir, ebenso wie Risiken, Ressourcen, Ziele und Probleme, detailliert in der Pflegeplanung. Einschränkungen in der Lebensqualität und den damit u. U. verbundenen Leidensdruck berücksichtigen wir bei unserer Maßnahmenplanung. Ebenso legen wir großen Wert darauf, dass Kontinenz fördernde Maßnahmen, wann immer möglich, Vorrang vor Inkontinenz kompensierenden haben. 14. Alle an der Versorgung Beteiligten werden umgehend über Ursachen, Maßnahmen und ihre Möglichkeiten zur Mitwirkung informiert. 15. Die Effektivität der geplanten Maßnahmen wird in individuell festzulegenden Abständen durch die zuständige Pflegefachkraft überprüft. 16. Die zuständige Pflegefachkraft entscheidet gemeinsam mit unserem Patienten und ggf. seinen Angehörigen über die Fortführung bzw. etwaige Änderung der Maßnahmen. 17. Dieser Standard wird verbindlich von allen Mitarbeitern angewandt. Zugehörige Unterlagen: ◗ Pflegedokumentation ◗ Expertenstandard Förderung der Harnkontinenz ◗ Literaturliste ◗ Fortbildungsplan Freigabe Durch Datum PDL 01.06.2014 Bearbeitet durch Version QB Version 1.0 Änderungsdatum Evaluationsdatum 29.09.2014 29.03.2015