Ausgabe 16 - 2014 pdl.konkret ambulant Der praxisnahe Informationsdienst für die Leitung von ambulanten Pflegediensten Übersicht: Neuerungen beim Expertenstandard zur Förderung der Harnkontinenz Lebensalter entfällt In der alten Fassung wurde „Alter“ noch als ein Risikofaktor aufgeführt. Dies entfällt nun, da sich keine Belege finden ließen, nach denen ein erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit dem Lebensalter besteht. Sexualisierte Gewalt Neu hinzugekommen ist aber der Risikofaktor „sexualisierte Gewalt“ bei Frauen. In die Kommentierung wurden entsprechende Hinweise zum sensiblen Umgang mit der Thematik im Rahmen der Anamnese aufgenommen. Dies erkennen Sie z. B. durch Zurückschrecken bei Berührung oder Panik bei Pflege im Intimbereich. Einschätzungsrhythmus zur Identifikation Konkretisiert wurde der Einschätzungsrhythmus zur Identifikation einer vorliegenden Harninkontinenz je nach Einrichtungsart, z. B. Krankenhaus, ambulante oder stationäre Pflege. Ziel ist, dass die Einschätzung entsprechend der individuellen Situation Ihres Patienten erfolgt. Deutlich dargestellt wird, dass die Einschätzung schon frühzeitig im Krankenhaus stattfinden soll und nicht erst nach Beginn der pflegerischen Versorgung in der ambulanten oder stationären Pflege. Fachexperten Ergänzt wurde der Expertenstandard auch um den Hinweis, dass das Hinzuziehen weitergebildeter pflegerischer Fachexperten zur fachlichen Unterstützung Ihrer Mitarbeiter hilfreich sein kann, z. B. Kontinenz-Beratungsstellen oder Sanitätshäuser. Wissen der Mitarbeiter Ebenso wurde ergänzt, dass Ihre Mitarbeiter auch über Wissen und Beratungskompetenz bezüglich möglicher Komplikationen bei Harninkontinenz sowie über kontinenzfördernde Maßnahmen und Anwendung von Hilfsmitteln verfügen müssen. Kosten für die Restharnbestimmung Zum Thema „Restharnbestimmung“ haben die Experten darauf hingewiesen, dass es Voraussetzung für die Delegation dieser Maßnahme ist, dass die Kostenübernahme für Material und Ressourcen gesichert ist, d.h. der Arzt muss die notwendige Leistung und Hilfsmittel verordnen und eine Genehmigung der Krankenkasse muss vorliegen. Anwendung der Kontinenzprofile Die Kontinenzprofile werden weiterhin von den Experten empfohlen. Lediglich zu ihren pdl.konkret ambulant , Verlag PRO PflegeManagement, www.ppm-online.org Anwendungen gibt es weitere Empfehlungen und Erläuterungen. Erleben Ihres Patienten Besondere Bedeutung wird auch dem Erleben Ihres Patienten beigemessen, d. h. die Einschränkung der Lebensqualität und der damit u. U. verbundene Leidensdruck sollen in der Maßnahmenplanung berücksichtigt werden. Hinweis: Wenn sich Ihr Patient einfach damit abgefunden hat, dass er z. B. beim Niesen ein paar Tröpfchen Urin verliert, dann müssen Sie ihn trotzdem regelmäßig beraten. Er kann selbst entscheiden, ob er Ihren Rat annehmen möchte oder nicht. Vorrang hat die Kontinenzförderung Verdeutlicht wird zudem, dass Kontinenz fördernde Maßnahmen immer Vorrang vor Inkontinenz kompensierenden Maßnahmen haben. Das bedeutet, dass es immer erst das Ziel ist, wieder selbstständig den Toilettengang zu bewältigen, bevor Einlagen oder Inkontinenzmaterial benutzt werden. Erst wenn diese Maßnahmen keine Aussicht auf Erfolg haben, können und sollen Inkontinenzmaterialien genutzt werden. Bereitstellung von Hilfsmitteln und regelmäßiger Gang zur Toilette Zur Anwendung von Hilfsmitteln stellt der Expertenstandard klar, dass in der ambulanten Pflege der Pflegedienst nicht für die Bereitstellung verantwortlich ist, sondern nur beratend tätig werden kann. Dies gilt auch für den Fall, dass Ihr Patient die Begleitung und Unterstützung beim Toilettengang wünscht. Dieser Passus gilt für Sie nur eingeschränkt und muss ggf. unter Einbindung der Angehörigen umgesetzt werden. Der Pflegedienst muss also die Pakete mit Inkontinenzmaterial nicht mitbringen oder womöglich stellen. Der Pflegedienst kann nur beraten und Hilfe anbieten, eben zusammen mit den Angehörigen.