3.9 Optik mit Elektronen: Elektronenmikroskopie

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Lichtquelle
Elektronenquelle
Kondensor
Kondensorspule
Objekt
Objektivspule
Objekt
Objektiv
Projektionslinse
Projektionsspule
Endbild
Endbild
50.1 Vergleich des Aufbaus eines Licht­
mikroskops mit einem Elektronenmikroskop
3.9 Optik mit Elektronen:
Elektronenmikroskopie
In Physik 7 (Optik) wurde das Auflösungsvermögen von optischen Instrumenten
besprochen. Zwei Licht aussendende Punkte eines Objekts können getrennt wahrgenommen werden, wenn ihre Beugungsscheibchen unterscheidbar sind, d. h.
mindestens durch das 1. Beugungsminimum getrennt sind. Der entsprechende
Beugungswinkel α (s. Physik 7, S. 34) ist bei einer Objektgröße d durch sin α = λ/d
gegeben.
Bei einem Mikroskop begrenzt die Größe der Objektivlinse den Winkel α . Er muss
kleiner als der Öffnungswinkel u sein, unter dem der Objektivradius vom Objekt
aus erscheint. Das Objekt befindet sich praktisch im Abstand einer Brennweite f
vor dem Objektiv, daher ist u = r/f, der Quotient aus Objektivradius r und Brennweite f. (u heißt Öffnungsverhältnis oder numerische Apertur und ist der Kehr­wert
der aus der Fotografie bekannten Blendenzahl.)
Der kleinste Abstand d, der mit Hilfe eines Mikroskops aufgelöst werden kann, beträgt daher größenordnungsmäßig
d ≈ λ/sin u,
50.2 Das Elektronenmikroskop an der Fakultät
für Physik der Universität Wien kann mit
Spannungen bis 300 kV betrieben werden
(Vergrößerung bis 750 000fach).
Je kleiner die Wellenlänge ist, desto kleinere Strukturen lassen sich also unterscheiden. Mit Röntgenstrahlen ( λ ≈ 10 –2 nm) müsste man einzelne Atome sehen
können. Es gibt jedoch keine Linsen für Röntgenstrahlen, weil alle Stoffe bei derart kurzen Wellenlängen einen Brechungsindex n = 1 haben. (Röntgenteleskope auf
Forschungssatelliten nutzen die Reflexion von Röntgenstrahlung an Metalloberflächen bei streifendem Einfall.)
Elektronen lassen sich auch bei hoher Energie durch elektrische und magnetische
Felder ablenken, so dass Linsen für Elektronenstrahlen gebaut werden können. Im
Elektronenmikroskop kann daher die Welleneigenschaft von Materie zur Abbildung kleiner Strukturen genutzt werden. (  50.1)
Das Elektronenmikroskop wurde um 1931 entwickelt. Die von einer Glühkathode
ausgehenden Elektronen werden durch eine Spannung von rund 100 kV beschleunigt. Je höher die Spannung ist, desto kürzer ist nach der de Broglie-Beziehung
die Wellenlänge der Elektronen. Magnetspulen wirken als Linsen. Im Magnetfeld
werden die Elektronen durch die Lorentzkraft abgelenkt und auf den Brennpunkt
fokussiert. Die Brennweite der Linsen kann über den Strom in den Spulen kontinuierlich verändert werden. Damit werden die Scharfeinstellung und die gewünschte
Vergrößerung erzielt. Leider gestatten die unvermeidlichen Linsenfehler nur Öffnungswinkel mit sin u ≈ 10 –2 . Deshalb können Elektronenmikro­skope nur Abstände
d ≈ 100 λ auflösen. Bei einer Beschleunigungsspannung von U ≈ 100 kV ergibt sich
d ≈ 0,4 nm.
50.3 Rasterelektronenmikroskop und Falschfarbentechnik lassen den Befall einer für das
Immunsystem wichtigen T-Zelle (orange) durch
AIDS-Viren (blau) sichtbar werden. Die Viren
erkennen bestimmte Oberflächenbereiche und
setzen sich dort fest. Anschließend schleusen
sie sich in die Zellmembran ein.
Das tatsächliche Auflösungsvermögen von Elektronenmikroskopen ist etwas geringer, es beträgt derzeit bis zu 0,1 nm, während Lichtmikroskope derzeit 200 nm
erreichen. Zum Vergleich: T-Zellen (  50.3) und rote Blutkörperchen sind etwa
7500 nm groß.
Elektronenmikroskope gehören zu den wichtigsten Forschungsinstrumenten der
Naturwissenschaften. Ihrem Einsatz verdanken wir viele Fortschritte der Medizin
und Mikrobiologie, mittels Elektronenmikroskop konnten erstmals Viren sichtbar
gemacht werden.
Es gibt zwei hauptsächliche Bauarten in vielen und immer wieder neuen Varianten.
Im Transmissions-Elektronenmikroskop werden die Proben durchleuchtet, ihre
Struktur wird auf einem Bildschirm sichtbar gemacht.
Rasterelektronenmikroskope dienen der Untersuchung von Oberflächen. Die Proben werden mit einer feinen Goldschicht bedampft und mit dem Elektronenstrahl
zeilenweise abgetastet. Aus der Intensität der reflektierten Elektronen wird ein
plastisches und kontrastreiches Bild erzeugt. In einer weiteren Betriebsart wird
durch den Elektronenbeschuss der Probe Röntgenstrahlung erzeugt, diese wird
spektral analysiert. Durch Zuordnung der charakteristischen Röntgenlinien zu den
chemischen Elementen kann man die Zusammensetzung der Probe von Punkt zu
Punkt bestimmen.
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Teste dein Wissen
51.1
Was sagt das Teilchenmodell des Lichts?
51.2 Warum hat das Röntgenspektrum eine von der Beschleunigungsspannung
abhängige kleinste Wellenlänge?
51.3
Wie ist der Impuls von Photonen definiert? Was bewirkt er?
51.4
Erkläre den Doppelspaltversuch mit Wellen, Teilchen und Elektronen!
51.5 Welcher Zusammenhang besteht zwischen den Wellen- und Teilcheneigenschaften von Licht und Materie?
51.6
Worin besteht die Born’sche Deutung der Wellenfunktion?
51.7 Was sagt die Heisenberg’sche Unschärferelation aus? Was bedeutet dabei
„Unschärfe“?
51.8
Erkläre den Tunneleffekt mit Hilfe der Unschärferelation!
51.9 Welche Fragen treten in der Quantenmechanik bei der Interpretation der
Meß­ergebnisse auf (EPR, Verschränkung)?
51.1 Im Rasterelektronenmikroskop (REM) werden Bakterien auf einer Nadelspitze sichtbar.
Das REM wird mit Spannungen um 25 000 V
betrieben.
Weiterführende Fragestellungen
Allgemeine Relativitätstheorie
1.
Welche Experimente wurden 2002 zur Überprüfung der Allgemeinen Relativitätstheorie mit Hilfe der Saturnsonde Cassini-Huygens durchgeführt, und mit
welcher Genauigkeit wurde dabei die Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie bestätigt?
2.
Welche weiteren Experimente wurden in den letzten Jahren zur Überprüfung
bzw. Bestätigung der Allgemeinen Relativitätstheorie durchgeführt? Mit welcher Genauigkeit bestätigen die Experimente die Vorhersagen der Relativitätstheorie? Gibt es Experimente, deren Ergebnisse der Relativitätstheorie
widersprechen?
Quantenphysik
1.
Recherchiere zu einem der Pioniere der Quantenphysik (Planck, Einstein,
Bohr, Heisenberg, Schrödinger, de Broglie, Feynman,…) den Lebenslauf und
seine wichtigsten Beiträge zur Physik. Auf der Website www.nobelprize.org
sind Würdigungen der Leistungen und Ansprachen der Preisträger zu finden.
Was sagen sie über ihre Arbeit?
2.
Lies den Artikel von Markus Arndt über das C60 -Experiment „Grenzgänger …“
(http://pluslucis.univie.ac.at/PlusLucis/993). Erläutere den experimentellen
Aufbau. Fasse die Ergebnisse zusammen.
3.
Recherchiere, bei welchen Phänomenen außer dem α -Zerfall der Tunneleffekt
eine Rolle spielt und referiere über eine dieser Anwendungen.
4.
Auf der Website www.pro-physik.de findest du unter dem Titel „Anton Zei­
linger: Die grundsätzlichen Botschaften sind nicht wirklich verstanden“ ein
Interview mit Prof. Zeilinger. Fasse die wesentlichen Aussagen zusammen.
5.
Informiere dich, wie mit Teleportation durch Verschränkung von Photonen die
Eigenschaften eines Photons auf ein weit entferntes Photon erfolgt. Informationen dazu sind auf der Homepage der Arbeitsgruppe von Professor Zeilinger zu finden.
6.
Informiere dich über die Forschung an ultrakalten Atomen an der Universität
Innsbruck und mögliche Anwendungen.
51.2 Die Sonden Cassini und Huygens vor
Titan (Vordergrund) und Saturn (Hintergrund,
Zeichnung)
51.3 Bei der documenta (13), einer Kunstmesse
in Kassel, war die Installation „Quanten Heute,
2012“ (ein Teleportationsexperiment) der Gruppe des österreichischen Quantenphysikers
Anton Zeilinger zu sehen.
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