Versuch 27: Messungen zum Wiedemann

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Versuch 27: Messungen zum
Wiedemann-Franzschen Gesetz
Es soll die Temperaturverteilung an Metallstäben in ihrer zeitlichen Entwicklung untersucht
werden. Damit kann die zeitliche und räumliche Abhängigkeit des Wärmetransports studiert
werden. Weiterhin wird die Methode von van der Pauw zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit
von dünnen Filmen vorgestellt. Der Vergleich von Meßergebnissen aus beiden Versuchsteilen soll
zum Wiedemann-Franzschen Gesetz führen.
Vorkenntnisse
Wärme und Temperatur – Mechanismen des Wärmetransports – Umwandlung von elektrischer
Energie in Wärme – Wärmeleitung und Stromtransport in Metallen – Kontinuitätsgleichung –
Temperaturabhängikeit des elektrischen Widerstandes – Ohmsches Gesetz – Meßmethoden der
elektrischen Leitfähigkeit
Physikalische Grundlagen
Die folgenden Abschnitte behandeln gewisse versuchsrelevante Zusammenhänge. Sie können eine
ergänzende Hilfestellung für die Vorbereitung geben; der Text reicht für eine Vorbereitung aber
nicht aus. Für die Einarbeitung kann die im Anhang aufgelistete Literatur herangezogen werden.
Für diesen Versuch sind – unter anderen – insbesondere folgende Quellen geeignet:
Feynman Lectures, Bd. 1.
Gerthsen, Physik, Kap. 5.4., Kap. 14.3.
Bergmann-Schäfer, Bd. 2.
Das Wiedemann-Franzsche Gesetz
Sowohl die Wärmeleitfähigkeit λ als auch die elektrische Leitfähigkeit σ wird in (reinen) Metallen beinahe ausschließlich von den freien Ladungsträgern getragen. Unter dieser Voraussetzung
ist das Verhältnis beider Größen zueinander konstant und der absoluten Temperatur T proportional (Wiedemann-Franzsches Gesetz). Im Rahmen eines rein klassischen Modells wurde die
Proportionalitätskonstante L von L. Lorentz 1872 berechnet zu:
λ
= LT = 3
σ
(
k
e
)2
also L ≈ 2.23 · 10−8
T
V2
K2
(1)
Betreffs einer Ableitung dieser Beziehung sei auf die Literatur verwiesen, so z.B. Bergmann
Schäfer, Bd. 2.
1
Versuch 27: Messungen zum Wiedemann-Franzschen Gesetz
2
Leitfähigkeitsmessung nach van der Pauw
Die (hier als skalar angenommene) spezifische elektrische Leitfähigkeit σ und der elektrische
Widerstand ρel = 1/σ sind definiert über das Ohmsche Gesetz:
⃗
⃗ȷel = σ E
D
(2)
Eine interessante Methode zur Messung des elektrischen Widerstandes hat van der Pauw angegeben. Im
Gegensatz zu den sonst üblichen „eindimensionalen“
Verfahren wird dazu eine „zweidimensionale“ Probe
in Form einer Folie oder einer flachen Scheibe mit
konstanter Dicke d und beliebig geformtem Rand benutzt (siehe dazu die Abb. 1). Die Probe muß einfach
zusammenhängend sein, d.h. sie darf keine Löcher
aufweisen.
C
B
A
Abb. 1: Schema zur Bestimmung
des Widerstandes nach
van der Pauw.
Auf dem Probenrand sind insgesamt vier Kontakte (A, B, C und D) möglichst geringer Ausdehnung mehr oder weniger willkürlich angeordnet, von denen zunächst A und B zur Stromeinspeisung und C und D zur Spannungsmessung verwendet werden. Das Verhältnis von Spannung zu
Strom werde als Widerstand RAB,CD definiert. Einen zweiten Widerstand RBC ,DA erhält man
analog, wenn die Kontakte zyklisch getauscht werden.
Mit den so gewonnenen Widerstandswerten ergibt sich der hier gesuchte spezifische Widerstand
nach folgender Gleichung:
ρel =
(
)
πd
R
(RAB,CD + RBC,DA ) f RAB,CD
BC,DA
2 ln 2
(3)
f[R(AB,CD)/R(BC,DA)]
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0
1
10
100
1000
R(AB,CD)/R(BC,DA)
(
Abb. 2: Funktionsverlauf von f
(
R
RAB,CD
RBC ,DA
)
)
AB,CD
Die Funktion f RBC
wurde von van der Pauw berechnet und ist für die praktische Anwen,DA
dung in Abb. 2 wiedergegeben.
Herleitung
Van der Pauw hat selbst eine Herleitung obiger Gleichung angegeben (Philips Res. Repts. 13, 1
(1958)). Er zeigt hier die allgemeine Gültigkeit der Beziehung
exp−πRAB,CD d/ρel + exp−πRBC,DA d/ρel = 1
(4)
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3
für die oben angegebene Geometrie, indem er zunächst von einer halbunendlichen Probe mit den
Kontakten P, Q, R und S auf deren Rand (in dieser Reihenfolge) ausgeht und den Spannungsabfall VS − VR bei Einspeisung des Stromes I in P und Q berechnet. Dann zeigt er, daß (4) auch
für beliebig geformte, einfach zusammenhängende Proben mit konstanter Dicke ihre Gültigkeit
beibehält. Dies gelingt mit der Theorie der konformen Abbildungen. Faßt man die Probe als
obere Hälfte der komplexen z-Ebene auf, so läßt sich nach einem wohlbekannten Theorem eine
Transformation in Form einer analytischen Funktion t(z) angeben, die die Halbebene mit den
Kontakten P, Q, R und S auf das der tatsächlichen Probenform entsprechende Gebiet in der
t-Ebene mit den Kontakten A, B, C und D konform abbildet. Eine solche Abbildung ist winkeltreu und überführt Feldlinien in Feldlinien und Äquipotentiallinien in Äquipotentiallinien, so
daß die Potentialdifferenzen VS − VR und VD − VC invariant gegenüber konformen Abbildungen
und somit gleich sind. Die obigen Gleichungen bleiben daher unverändert bestehen, wenn man
die Bezeichnungen der Kontakte auswechselt. Damit ist die Gültigkeit von Gleichung (4) für alle
Proben mit der genannten Geometrie gezeigt.
Die Beziehung (3) zur Bestimmung von ρel wird durch Umformung aus Gleichung (4) erhalten.
R
Hierzu wird die oben erwähnte Funktion f verwendet. Sie wirkt auf das Verhältnis RAB,CD
der
BC,DA
Widerstände. Sie ist definiert durch:
{
f
exp(ln 2/f )
RAB,CD − RBC,DA
=
arcosh
RAB,CD + RBC,DA
ln 2
2
}
(5)
Zur Berechnung von f ist es leider nicht möglich, diese Gleichung explizit nach f aufzulösen. f
ist eben nur durch diese sogenannte implizite Darstellung verfügbar. Daher wird in Abbildung
2 der graphische Verlauf von f mitgeliefert.
Wärmeleitung: 1. und 2. Ficksches Gesetz
Die Definition der (hier als skalar angenommenen) Wärmeleitfähigkeit λ ergibt sich aus dem
1. Fickschen Gesetz, welches die Proportionalität der Wärmestromdichte ⃗ȷw zum vorhandenen
Temperaturgradienten ausdrückt:
⃗ȷw = −λ grad⃗r T
(6)
Für die Wärmestromdichte ⃗ȷw ergibt sich andererseits aus der Kontinuitätsgleichung:
div⃗r ⃗ȷw +
∂q
= W
∂t
(7)
Hierbei ist W die Wärmeleistungsdichte und q die im Volumenelement enthaltene Wärme, also
dq = ρ cp dT
(8)
mit der Massendichte ρ und der spezifischen Wärme bei konstantem Druck cp . Durch Einsetzen
von (6) und (8) in die Kontinuitätsgleichung (7) erhält man die Temperaturleitungsgleichung:
∆⃗r T =
ρ cp ∂T
W
−
λ ∂t
λ
(9)
Für den Quotienten aus der Wärmeleitfähigkeit λ und der spezifischen Wärme pro Volumen ρ cp
führt man die Temperaturleitfähigkeit α ein und erhält schließlich die Temperaturleitungsgleichung in ihrer endgültigen Form (2. Ficksches Gesetz):
∂T
∂t
= α ∆⃗r T +
α
W
λ
mit
α =
λ
ρ cp
(10)
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Man erkennt, daß sowohl eine positive Krümmung des Temperaturprofils als auch die direkte
Freisetzung von Wärme zu einem Temperaturanstieg führen. Als Spezialfall betrachten wir den
Fall konstanter Wärmezufuhr (W (t) = const). Hier stellt sich nach hinreichend langer Zeit
ein sogenannter stationärer Zustand ein. Die Temperaturverteilung wird dann zeitunabhängig
( ∂∂ Tt = 0). Gleichung (10) hat dann die Form einer Potentialgleichung:
∆⃗r T = −
1
W
λ
(11)
Experiment
Aufbau zur Messung der Wärmeleitfähigkeit
R
x0
R
x0
21.0
x1
x1
Th
x2
x2
Cu
Al
WB
Abb. 3: Schematische Skizze des Versuchsaufbaus.
Temperatur (◦ C)
0
10
20
30
40
50
60
70
Zur Messung der Wärmeleitfähigkeit werden zwei
wärmeisolierte Metallstäbe aus Kupfer und Aluminium verwendet, die an ihrem oberen Ende bei
x0 mit einem Heizwiderstand R versehen sind. Der
Heizstrom wird von einem Netzteil geliefert, wobei
Strom und Spannung zur Bestimmung der Heizleistung mit Hilfe zweier Digitalvoltmeter und/oder direkt am Gerät gemessen werden können. Zwei Digitalmultimeter werden für die Temperaturmessung in
Verbindung mit zwei Platin-PTC-Widerständen benötigt. Die Sensoren sind im Abstand von 100 mm
voneinander in den Stäben bei x1 und x2 integriert.
In der folgenden Tabelle sind die Kalibrierdaten für
die Widerstände aufgeführt. Die entsprechende Kalibrierfunktion ist aus diesen Daten zu berechnen
(Auftragung der Widerstandswerte über der Temperatur und Berechnung der Ausgleichsgeraden).
Widerstand (Ω)
1000,0
1039,0
1077,9
1116,7
1155,4
1194,0
1232,4
1270,7
Temperatur (◦ C)
80
90
100
110
120
130
140
150
Widerstand (Ω)
1308,9
1347,0
1385,0
1422,9
1460,6
1498,2
1535,8
1573,0
Um einen Wärmerückstau zu vermeiden, sind die Stäbe mit ihrem unteren Ende an ein Temperaturbad gekoppelt. Dieses Bad ist durch eine dicke Aluminiumplatte realisiert.
Aufbau zur Bestimmung des spezifischen Widerstandes
Für die Messung des spezifischen Widerstandes steht jeweils eine bereits mit Kontakten versehene Folie aus Kupfer bzw. Aluminium zur Verfügung. Die Dicke dieser Folien ist am Meßplatz
angegeben. Zur Durchführung der Messung werden ferner ein Netzteil und zwei Digitalmultimeter (Strom- und Spannungsmessung) benötigt.
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Versuchsaufgaben
1. Wärmeleitfähigkeit von Kupfer und Aluminium
Messen Sie den zeitlichen Verlauf der Temperaturverteilung in einem Cu–Stab und Al–Stab, wie
er sich nach Einschalten einer an einem Ende angebrachten Heizung ergibt. Stellen Sie die Abhängigkeit der Temperatur von der Entfernung x zum Heizwiderstand dar, die sich zum Ende des
Versuchs eingestellt hat, und bestimmen Sie die Wärmeleitfähigkeit von Kupfer und Aluminium.
Es werden gleichzeitig mit dem Einschalten des Heizstromes die Widerstandswerte der zwei
Thermowiderstände etwa 30 Min. aufgezeichnet. Nach dieser Zeit hat sich, unabhängig von
der verwendeten Heizleistung, ein nahezu stationärer Zustand eingestellt. Die Widerstandswerte
werden direkt in ein Diagramm R(t) eingezeichnet. ∆T ergibt sich durch Umrechnung von ∆R =
R(x1 )−R(x2 ). Zeigen sie anhand des zeitlichen Verlaufs Ihrer Daten, dass trotz leichter Drift der
Widerstände ein stationärer Zustand der Wärmeleitung erreicht ist. Wie kann die weitere Drift
erklärt werden? Die Messung von T1/2 (t) bzw. R1/2 (t) ist mit beiden Stäben durchzuführen.
Die Messung der Temperaturleitfähigkeit erfolgt nach Gleichung (6) mit Hilfe eines konstanten Wärmestromes, der zwischen den beiden Meßpunkten x1 und x2 einen Temperaturabfall
verursacht (analog einem Spannungsabfall über einen elektrischen Widerstand). Die elektrische
Energie wird im Heizwiderstand vollständig in Joulesche Wärme umgewandelt. Daher kann die
sich einstellende Wärmestromdichte ȷw leicht aus dem Heizstrom, der Heizspannung und der
Querschnittsfläche des Stabes mit dem Radius r berechnet werden:
1
1
Pel =
UI
(12)
πr2
πr2
Die Stabdurchmesser werden mit Hilfe einer Schieblehre gemessen: Man berechne Durchschnitt
und Standardabweichung von mindestens fünf Messungen.
Voraussetzung für sinnvolle Ergebnisse ist die hinreichende Stationarität. Daher ist es angebracht, für die Berechnung der Wärmestromdichte nur Werte gegen Ende der Messung zu verwenden wenn ∆T ≈ const. gilt. Man achte darauf, daß die Maximalleistung des Widerstandes nicht überschritten wird! Für beide Metalle sind die gewonnenen Daten mit den
Literaturwerten zu vergleichen.
ȷw =
2. Spezifischen Widerstandes von Kupfer und Aluminium
Bestimmen Sie den spezifischen Widerstand von Aluminium und Kupfer nach der Methode von
van der Pauw.
Der Strom wird über je zwei der vier vorhandenen Kontakte eingespeist. Dabei ist die Stromstärke am dazu in Serie geschalteten Multimeter abzulesen, während das zweite Multimeter zur
Spannungsmessung an den anderen beiden Kontakten anzuschließen ist.
Man führe die Messung zunächst für Kupfer bei unterschiedlichen Einstellungen der Stromstärke durch und bilde daraus die Mittelwerte der Widerstände RAB,CD und (nach zyklischem
Vertauschen der Anschlüsse) RBC ,DA . Die Berechnung des spezifischen Widerstandes erfolgt
nach Gleichung (3). Anschließend sind die Messungen für Aluminium zu wiederholen. Geben
Sie für beide Metalle auch die elektrische Leitfähigkeit an und vergleichen Sie diese mit den
Literaturwerten!
3. Bestimmung der Lorentzkonstante
Berechnen Sie mit den gewonnenen Daten die Lorentzkonstante L und vergleichen Sie das Ergebnis mit dem Theoriewert.
Versuch 27: Messungen zum Wiedemann-Franzschen Gesetz
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Um aus der Temperaturleitfähigkeit (Vergleich mit Literaturwerten!) die Wärmeleitfähigkeit
berechnen zu können, seien die Dichte ρ und die spezifische Wärmekapazität cp in folgender
Tabelle mit aufgeführt (Literaturwerte):
Material
Al
Cu
λ in
W
mK
220
384
α in
m2
s
10−4
0.909 ·
1.122 · 10−4
σ in
1
Ωm
· 107
3.70
5.81 · 107
ρ in
kg
m3
2702
8933
cp in
J
kg K
896
383
L in
V2
K2
10−8
2.03 ·
2.26 · 10−8
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