Kurzfassung Schlamp - DLR-RNH

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Geologie, Böden und Standorte in Rheinhessen
Heinrich Schlamp
Zentraler Punkt der Terroir-Prägung von Riesling-Weinen sind nach derzeitigem Kenntnisstand Boden und Geologie. Unstrittig ist, dass Weine aus Trauben von unterschiedlichen
Standorten unterschiedlich schmecken, wenn Traubenqualität und Weinausbau vergleichbar sind. Traditionell werden diese Unterschiede den Lagen zugeschrieben. Bei der ganzheitlichen Betrachtung von Weinqualität findet der Herkunftseinfluss für hochwertige Weine in den letzten Jahren wieder stärkere Berücksichtigung.
Klima- und Standorteinfluss
Klimatisch günstigere und phänologisch frühere Standorte gelten wegen der besseren Reifebedingungen als besonders vorzüglich. Durch den Klimawandel, der uns seit dem
1988er nur gute bis sehr gute Jahrgänge brachte, hat sich die weinbauliche Standortbewertung verschoben. Wasserhaushalt und Wasserversorgung für die Reben sind in den
Mittelpunkt gerückt. Hier besteht ein sehr enger Zusammenhang mit dem geologischen
Ausgangsmaterial der Böden, da die Reben unterhalb der Profiltiefe wurzeln. Entscheidend für die Reifeentwicklung bleibt immer noch die Höhenlage. Je 100 m Höhenlage ist
die Jahresmitteltemperatur um 0,3 bis 0,5° C ernied rigt, was einer Woche Vegetationszeit
oder etwa 7°Oe entspricht. Demgegenüber ist die Han grichtung eines Weinbergs zweitrangig. Beachtenswert ist lediglich der Windschutz gegenüber dem Westwindeinfluss, ein
Nachteil für windoffene Hochflächen.
Die Klimaerwärmung hat einen Entwicklungsvorsprung von 1 Woche beim Reifebeginn
gebracht. Das erklärt auch, warum inzwischen spätere Lagen für die Erzeugung hochwertiger Weine nicht nur gleichberechtigt, sondern jahrgangsweise sogar günstiger sind. Aromabetonte Riesling-Weine entstehen bei langsamer, aber vollständiger Reife und später
Lese. Rheinhessen ist ein klimatisch relativ einheitliches Anbaugebiet. Die Grenzen der
Weinbauwürdigkeit werden hauptsächlich durch die Höhenlage und Windoffenheit bestimmt. Für die Differenzierung der Weine tritt die Geologie des Standorts stärker in den
Mittelpunkt, zumal sie vor allem den Wasserhaushalt bestimmt.
Geologie des Mainzer Beckens
Der Untergrund des Anbaugebiets Rheinhessen besteht in seinem größten Teil aus den
kalkreichen Ablagerungen eines Meeresarms des Tertiär-Zeitalters. Damals sind die Kalksteine und Kalkmergel entstanden, die großflächig traditionelle Weinbergsstandorte ausmachen. Die Gesteine des Rotliegenden treten am Rhein und im äußersten Westen der
Region hervor.
Tab. 1: Erdgeschichte und Geologie von Rheinhessen
Gestein
Flußablagerungen
Löß
Kalkstein
Kalkmergel
Rotliegend
Rhyolith /
Porphyr
Quarzit
Zeitskala
Erdzeitalter
10.000 J.
1. Mill. 10.000 J.
Quartär
Quartär
Zustand
heutige
Verhältnisse
Kalt- u.
Warmzeiten
bis 70 Mill. J.
Tertiär
Meeresarm
ca. 200 Mill. J. Perm
über
400 Mill. J.
Devon
Wüste
Meer
Allgegenwärtig ist der eiszeitliche Löß, der als Windablagerung die Region wie ein Schleier von unterschiedlicher Mächtigkeit überzieht. An den geografischen Eckpunkten treten
Rhyolith/Quarzporphyr ein vulkanisches Gestein des Perm-Zeitalters und Quarzit aus der
Devon-Zeit kleinflächig auf. Nacheiszeitliche Flussablagerungen sind Rebenstandorte in
der Rhein-Niederung und vereinzelt auch im Hügelland.
Gestein prägt den Wein
Aus der Landschaftsgeschichte lassen sich wenige geologische Formationen mit Einfluss
für den Wein zusammenfassen. Die interessante Vielfalt der Bodentypen und ihrer Profile
ist dafür zu kompliziert und weniger einflussreich. Durch die Tiefenbearbeitung des Rigolens, mehr noch durch die Erdbewegungen bei Flurbereinigungen ist der ursprüngliche
Bodentyp nicht mehr erkennbar. Weinbergsböden sind einfacher aufgebaut und gekennzeichnet durch den Rigolhorizont über dem Untergrund, dem geologischen Ausgangsmaterial. Daher ist die Vereinfachung zulässig und für die Terroir-bedingten Differenzierungen
bei der sensorischen Beurteilung der Weine ausreichend.
Tab. 2: Weinbergsstandorte und Geologie in Rheinhessen
a)
b)
c)
Löß – Standorte
Kalkgeprägte Standorte
•
Kalkstein
•
Mergel
•
Schwerer Ton
Rotliegendes
Weitere, seltenere Standorte
•
Quarzporphyr/Rhyolith
•
Quarzit
•
Kiese und Sande
•
Flussablagerungen
Diese Charakterisierung entspricht der jahrzehntelang bewährten Erfahrung aus Frankreich. Dort wird der Kalkgehalt eines Standorts als wichtigste Einflussgröße angesehen.
Die Durchwurzelbarkeit des Untergrunds und seine Nutzung für die Wasserversorgung
sind entscheidend. Daher sind Weine mit Standort- und Terroireinfluss überwiegend nur
mit alten Rebanlagen zu erzeugen, die ein gut und tief entwickeltes Wurzelsystem aufweisen.
In der Weinprobe werden jeweils 3 Riesling-Weine der Herkünfte Löß, Kalkmergel und
Rotliegendes präsentiert. Jeweils 1 Wein der selteneren Standorte Quarzit, Rhyolith und
Flussablagerung demonstrieren gleichzeitig die geografischen Eckpunkte Rheinhessens
ebenso wie die ältesten und jüngsten bodenbildenden Gesteine.
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