Endoprothese oder Steinextraktion bei Hochrisikopatienten?

Werbung
M E D I Z I N
KONGRESSBERICHT/FÜR SIE REFERIERT
einschätzung über- oder untertherapiert werden, auf 40 Prozent geschätzt
wird. Therapeutische Entscheidungen werden derzeit beim Mammakarzinom vor allem von der Tumorgröße,
dem Lymphknotenstatus und dem
Hormonrezeptorstatus abhängig gemacht.
Als wichtigster Prognosefaktor
gilt der Lymphknotenstatus. Es ist jedoch bekannt, daß zirka 25 Prozent
der Patientinnen ohne Lymphknotenmetastasen nicht länger als fünf Jahre
überleben, während umgekehrt 25
Prozent der Patientinnen mit positivem Lymphknotenstatus rezidivfrei
bleiben. Unter den nodal negativen
Patientinnen gibt es also eine „highrisk“-Gruppe, die eine adjuvante Therapie benötigt. Diese Gruppe (pT1,
N0) wie auch Patientinnen mit Lymphknotenmetastasen, aber guten Überlebenschancen, lassen sich mit Hilfe
der DNA-Bildzytometrie identifizieren. Sowohl die Stammlinienploidie
(-aneuploidie) wie die S-Phase-Fraktion sind geeignete prognostische Parameter, wobei die S-Phase-Fraktion
die höhere prognostische Relevanz
besitzt. Beim Mammakarzinom besteht die Bedeutung der statischen
DNA-Zytometrie also vor allem in einer verbesserten (objektiven) Einschätzung der Prognose und in einer
Entscheidungshilfe für die adjuvante
Therapie im Stadium pT1, N0.
Prostata- und
Harnblasenkarzinom
Karl-Horst Bichler (Tübingen)
betonte in seinem Referat die Notwendigkeit der statischen DNA-Zytometrie für die Diagnostik und The-
rapie von Prostata- und Harnblasenkarzinomen. Beim Prostatakarzinom
stellt die DNA-Bestimmung ein unabhängiges Kriterium zur Beurteilung der Dignität des Tumors dar. Sie
erlaubt eine biologische Bewertung
der Tumorprogression und sich daraus ergebende therapeutische Ansätze und gibt Hinweise auf die Hormonsensibilität eines Prostatakarzinoms.
So sollte man bei rein diploiden
oder tetraploiden Prostatakarzinomen eine „wait-and-see“-Strategie
einschlagen. Rein diploide Karzinome, die diploid bleiben, benötigen
keine Therapie, da solche Karzinome
unbehandelt keine Verkürzung der
Lebenserwartung erkennen lassen.
Bei Patienten, deren Prostatakarzinom ein tetraploides DNA-Verteilungsmuster aufweist, sollte eine Hormontherapie vermieden werden, weil
sie bei solchen Tumoren eine rasche
Progression begünstigt. Aneuploide
Prostatakarzinome benötigen eine
aggressive operative Therapie.
Bei Blasenkarzinom-Patienten
besitzt die DNA-Zytometrie die
höchste prognostische Wertigkeit
und stellt – wie beim Prostatakarzinom – ein unabhängiges Instrument
dar zur Beurteilung der Tumorbiologie, der Prognose und für den Einsatz
einer adjuvanten Chemotherapie
nach Tumorresektion oder für den
Verzicht auf eine adjuvante Chemotherapie.
Zum Schluß referierte Reinhard
Bollmann (Bonn) über seine Erfahrungen mit der DNA-Zytometrie bei
Ergüssen, Weichteil- und gastrointentialen Tumoren. Die gemessenen
DNA-Parameter können als Malignitätsmarker bei der oftmals schwie-
rigen Differentialdiagnose zwischen
reaktiven und pseudomalignen Zellkernveränderungen und malignen
Zellen in Körperhöhlenergüssen helfen. Hochdifferenzierte Weichteilsarkome lassen sich mit Hilfe der DNAZytometrie von gutartigen Geschwülsten abgrenzen.
Bei gastrointestinalen Karzinomen erlaubt die DNA-Bestimmung
die Vorhersage einer Lymphknotenmetastasierung. Präoperativ an Biopsien gewonnene DNA-Daten können also das operative Vorgehen beeinflussen.
Peter Drings (Heidelberg-Rohrbach) war von den Veranstaltern zur
Diskussion geladen. Sein Fazit lautete, daß der Stellenwert der DNA-Zytometrie in der deutschen Onkologie
derzeit eher gering sei und hier noch
großer Informationsbedarf besteht.
Er sah den Vorteil der Methode vor
allem in der Möglichkeit, von eher
subjektiven Bewertungsmaßstäben
zu objektiven, reproduzierbaren prognostischen Aussagen und Entscheidungshilfen über Therapiemodalitäten zu gelangen, objektive Begründungen für einen Therapieverzicht
auch den Patienten gegenüber zu finden und vor allem solche Patienten
und Patientinnen zu identifizieren,
bei denen eine adjuvante Therapie erforderlich ist, obgleich die üblichen
konventionellen Bewertungskriterien
eine solche Therapie nicht notwendig
erscheinen lassen.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med.
Friedrich-Wilhelm Kolkmann
Arzt für Pathologie
Jahnstraße 38 a
70597 Stuttgart
Endoprothese oder Steinextraktion bei Hochrisikopatienten?
Nicht immer gelingt es, bei der
Sanierung einer Choledocholithiasis
durch endoskopische Sphinkterotomie die Steine komplett zu extrahieren, so daß die Einlage eines Gallengangsstents oder einer nasobiliären
Sonde vorgeschlagen wurde. In einer
randomisierten Studie bei je 43 Hochrisikopatienten wurde die Einlage eines Doppelpigtailkatheters von 7F
mit einer sofortigen Steinextraktion
oder mechanischen Lithotripsie verglichen. Da bei einer Langzeitanalyse
die Zahl der biliären Komplikationen,
insbesondere einer aszendierenden
Cholangitis, bei den mit einer Gallengangsendoprothese versorgten Patienten signifikant höher lag, empfehlen die Autoren, nach Möglichkeit eine Steinextraktion oder Zertrümme-
rung vorzunehmen, um einen steinfreien Gallengang zu bekommen. w
Chopra KB, Peters RA, O’Toole PA,
Williams SGJ, Gimson AES, Lombard
MG, Westaby D: Randomised study of
endoscopic biliary endoprothesis versus
duct clearance for bileduct stones in
high-risk patients. Lancet 1996; 348:
791–794.
Gastrointestinal Unit, Chelsea & Westminster Hospital, London SW10 9NH,
Großbritannien.
Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 14, 4. April 1997 (53)
A-925
Herunterladen