Die ersten Löschfunkenstationen der Schweizer Armee waren Schulstationen der damals neu gegründeten Funkentruppe (1914). Übung an einer LöschfunkenSchulstation um 1913/14 in Bern Die seit 2008 im Tresor der Stiftung HAMFU in Uster gelagerten «Löschfunken-Schauobjekte» weckten das Interesse der IG-Uem zur Abklärung der Herkunft und Funktionsweise dieser historischen Objekte. Löschfunkensender (Schauobjekt 2008) HAMFU Uster . Fahrbare Funkenstation 1905 Basierend auf Angaben in Folge 6 der Reihe «Das Fernmeldematerial der Schweizerischen Armee» von Rudolf J. Ritter erfährt man, dass um 1906 von der Armee-Beschaffungsstelle zwei Funkenstationen für eigene Versuchszwecke angekauft wurden. Diese fahrbaren Militärstationen von Telefunken dienten 1905 den ersten Versuchen in Thun für die Einführung der drahtlosen Telegraphie. Die Ausrüstung dieser Stationen ermöglichte die drahtlose Übertragung von Morsesignalen zum Betrieb von Morseschreibern oder für den Hörempfang. Die Stationen waren noch nach dem Prinzip der «Knallfunken» gebaut, das heisst, im Hörer waren die Morsezeichen als zischende Laute zu vernehmen. Die Antennen waren zu Beginn Langdrähte, welche an Ballonen hochgezogen wurden. www.hamfu.ch Erste Versuche mit drahtloser Telegraphie 1905 in Thun. 1 HAMFU History Die beiden «Karren-Stationen» wurden zu Beginn des 1.Weltkriegs in Löschfunkenstationen umgebaut und dienten fortan als «Schulstationen» was auf zahlreichen Fotos in der Zeit um 1914 festgehalten ist. Die Entdeckung! Bei genauerer Betrachtung der verschiedenen Fotos von 1914 entdeckt man im Inneren der Funkstation stets den gleichen typischen Ausschnitt: Typischer Foto-Ausschnitt aus Schulstation um 1914 Bei einer näheren Untersuchung des bei HAMFU Uster gelagerten Materials (zwei zum Teil für Schauzwecke umgebaute Apparateprotzen) war festzustellen, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um diese zwei Schulstationen handeln muss, erwähnt in Ritter Folge 6. Beim «typischen Ausschnitt» handelt es sich um den von Telefunken um 1904/5 entwickelten Detektorempfänger Typ E4. Zitat aus obigem Link: Empfänger Telefunken E4 (1903) Ab 1903 wurde bei Telefunken eine "Elektrolytische Zelle" als Empfangsdetektor eingesetzt. Diese Zelle bestand aus zwei Platindrähten die in ein kleines Gefäss mit verdünnter Schwefelsäure eintauchten. Mit einer geringen Vorspannung in Serie zeigte die Schaltung als Gleichrichter und Demodulator sehr gute Leistungen. Die Elektrolytische Zelle, nach ihrem Erfinder auch "Schlömilch-Zelle" genannt, verdrängte den Kohärer in kurzer Zeit. Mit diesem System war Hörempfang per Kopfhörer möglich. Neben der "Schlömilch-Zelle" zur Demodulation hielt mit diesem Gerät eine weitere Erfindung Einzug in die Empfängertechnik: Der Drehkondensator. Er erlaubte zusammen mit der Spule die Abstimmung des Schwingkreises zwischen 100 und 1500 kHz. Das auffälligste Bauteil des E4 ist jedoch das an einer senkrecht angeordneten Platte angebrachte SpulenElement. Es besteht aus der unbeweglichen Antennenspule in der Mitte und der senkrecht schwenkbar angebrachten Koppelspule, die über die Antennenspule greifend bewegt wird. Am Rücken der senkrechten Platte befindet sich ein großer Umschalter, mit dem die Antenne entweder auf dem Empfänger oder auf einen Sender gelegt wird. 4 2 3 1 1: Drehkondensator 2: Antennenspule 3: Koppelspule 4: Sende/Empfangs-Umschaltung www.hamfu.ch 2 HAMFU History Detektorempfänger Typ E4 von Telefunken (1904) LW-KW AkAnz SpK Handgriff S/E Cd SkAnz KoHö DW Elektrisches Schaltschema des Detektorempfängers E4, neu erfasst am Löschfunkensender (Schauobjekt) der HAMFU Uster. www.hamfu.ch 3 HAMFU History Der Löschfunkensender der Schulstation 1914 Das Foto zeigt den Löschfunkensender mit dem Empfänger E4 eingebaut in der OriginalProtze (Metallkabine) von 1905 resp. 1914. Im Rahmen einer früheren Objekt-Erfassung wurden offenbar die im Original vorhandenen Türklappen links/rechts entfernt. Zum Schutz der Komponenten wurde die Kabinen-Öffnung mit einer PlexiglasPlatte abgedeckt. Die Schilder des Apparatetyps II a (Foto) sind bezüglich Apparateausführung und Herstelldatum nicht verifizierbar. Gut erkennbar sind die Antennen- und Gegengewichtsanschlüsse als Dachdurchführung. Die Stromversorgung der Funkenstation erfolgte über eine Kabelverbindung zur Benzinmotor-Protze (4 PS mit Wasserkühlung). Dieser Motor diente als Antrieb einer Wechselstromgenerator-Gruppe zur Erzeugung der Primärspannung von 100 V/500 Hz. Die daran angekoppelte Gleichstrom-ErregerMaschine erlaubte die Einstellung der Primärspannung der Anlage entsprechend der gewünschten Leistung. Ant GG ge ge Protze für die Stromversorgung der Schulstation (1914) AM STC SEU STK ge E4 ge ge WM MT ge Ant = Antennenanschluss GG = Gegengewicht AM= Antennenstrom (10 A) STC = Stosskreiskapazität mit Leidener Flaschen SEU = Sende-Empfangsumschaltung (Handhebel) STK= Stosskreis-Induktivität fest und variabel (Leier) E4 = Detektorempfänger MT = Morsetaste WM = Wellenmesser ge www.hamfu.ch 4 ge ge HAMFU History Das elektrische Schema «Fahrbaren Funkenstation 1905» (Umgebaut als «Schulstation») Das obige Stromlaufschema wurde der Schulstation ll a entnommen. Es zeigt gewissermassen die Standardversion der Löschfunkensender von Telefunken. Die Optimierung der Tonqualität durch Verändern der Primärspannung ist hier noch nicht realisiert. Immerhin ist die Funkenstrecke mit einigen Abgriffen versehen, so dass damit die Anzahl Funken pro Sekunde optimiert werden konnte. Die Einrichtung zur losen Ankopplung eines Wellenmessers ist im Schema eingetragen. Leider fanden sich keine Hinweise auf die Höhe der Hochspannung. Die Primärleistung in der Originalversion als Knallfunkstation betrug 1 kW, so dürfte die HF Leistung um 500 Watt betragen haben. Die Komponenten des Löschfunkensenders (Version «Schulstation») Der Hochspannungstransformator (HV Tr) ist auf der Bodenplatte der Kabine befestigt. Die Primärspannung (Angabe 110 V /500 Hz) wird über Kabel von der Stromversorgungsprotze zugeführt. Die mit dem Transformator erzeugte Hochspannung dürfte etwa 8 bis12 kV betragen. Diese Spannung wird über stabile blanke Kupferdrähte, in sicherem Abstand von der Umgebung, zur Funkenstrecke geführt. WM Das Antennenstrom-Instrument (vermutlich Hitzdraht) erlaubt die Abstimmung auf max. HF-Strom im Bereich 10 A. Bei gewählter Frequenz geschieht dies durch Ändern der Anzapfstelle an der Antennenverlängerungsspule. Das hier sichtbare Flachkabel führt zur losen Ankopplung des Wellenmessers (WM) an den Antennenausgang. ge www.hamfu.ch 5 HAMFU History Die Ladespannung des Stosskondensators (Lei Fl), Batterie mit 48 Leidener-Flaschen entlädt sich über die 10 -fach Funkenstrecke. Mittels der Anzapf-Klammer kann die Funkenzahl/Sekunde optimiert werden. Die Stossinduktivität (St Ind) besteht aus einer festen stabilen blanken Kupferdrahtspule mit Anzapfstellen. Dies um Stossentladungen auf der gewünschten Sendefrequenz zu erzeugen. Die genaue Resonanz-Einstellung erfolgt über die Leier der kleineren Rollspule. Die Antennenverlängerungs-Spule (Ant Ind) Zur elektrischen Anpassung der Antenne auf die gewünschte Wellenlänge im Bereich 300 bis 1000 m. Die Morsetaste (MO) ist direkt in den Primärstromkreis geschaltet. Das heisst, die Taste wirkt gewissermassen als AUS/EIN-Schalter. Die Funkenbildung an den Kontaktstellen war unvermeidbar, was zeitweise den Ersatz der Kontaktkörper erforderte. Der übergrosse Tastknopf aus Isoliermaterial sollte den Operateur gegen unangenehme rückgeführte Hochfrequenzströme schützen. Stromversorgung: Die Original-Protze für die Schulstation ist leider nicht mehr verfügbar. Das untenstehende Bild zeigt Teile einer ähnlichen Stromversorgung. 1 1 5 4 3 M 5 2 g e +++++++++++++++++++++++ g e www.hamfu.ch g e 2 3 4 g e Wassertank vor Kühlergrill mit Ventilator-Flügel Wechselstromgenerator 500 Hz Generator für Gleichstrom-Erregung Antriebsriemen für Pumpe und Wechselstrom-Generator Motorenzylinder 6 HAMFU History Anmerkung: Die hier erstellte technische Beschreibung einer sogenannten «Schulstation» ist eine Ergänzung der HAMFU Geräteseite «Fahrbare Funkenstation von 1905» (Ritter-Folge 6, Seite 4). Es erweist sich als grossen Glücksfall, dass die beiden 1914 in «Schulstationen» umgebauten Objekte mehrheitlich im Originalzustand bis heute erhalten sind und sich im Besitz der HAMFU Uster befinden! Bericht: Werner Gebauer, Mitglied IG-Uem, März 2015. Ein grosse Danke geht an das Kern-Team: Göpf Irminger, Hermann Waldvogel und Walter Widmer für die nicht einfache «Durchleuchtung» der Apparate und Erfassung von Schema und Funktion von Komponenten. Ein Danke auch an die Geschäftsleitung HAMFU für die Zugangserlaubnis zu diesen Objekten, als auch für die organisatorische Unterstützung durch Jürg Baer. www.hamfu.ch 7