Bjarne Reuter Hodder, der Nachtschwärmer

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Unverkäufliche Leseprobe der Fischer Schatzinsel
Bjarne Reuter
Hodder, der Nachtschwärmer
Preis € 6,90
Preis SFR 12,80
192 Seiten, Broschur
ISBN 3-596-80368-3
Fischer Schatzinsel
Aus dem Dänischen von Peter Urban-Halle
Ab 10 Jahren
Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung der Texte und Bilder, auch
auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages
urheberrechtswidrig und strafbar.
Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung
in elektronischen Systemen.
© S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2005
7. Kapitel
odder glaubte, er habe eben eine
Kirchturmuhr schlagen hören, aber
ganz sicher war er sich nicht. Er stand
auf, um das Fenster zu schließen. Da entdeckte er sie. Sie schwebte in der Zimmerecke und
hatte ein Stöckchen in der Hand, das einer
Zuckerstange glich. Aber es war wahrscheinlich ein Zauberstab.
Eigentlich wusste er über Feen herzlich wenig.
Einmal hatte Hodder den Bäcker gefragt, wie
er Streuselschnecken machte. Und der Bäcker,
der eigentlich ein netter Mann war, hatte geantwortet, das sei ein Betriebsgeheimnis.
Es sollte Hodder nicht wundern, wenn es bei
Feen genauso war. Weshalb man auch so wenig von ihnen wusste.
»Guten Abend«, sagte Hodder. »Ja, also, ich
wollte gerade das Fenster zumachen; es ist
ziemlich kalt heute Nacht. Deshalb habe ich
auch meine Kapuzenmütze auf.«
Die Fee bewegte die Arme, als würde sie
schwimmen.
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Hodder dachte, man kann sie sich ganz gut im
Hallenbad vorstellen, im tiefen Becken. Und
ohne Schwimmweste. »Oh, du bist der Auserwählte, Hodder«, psalmodierte sie, »du bist
der Auserwählte.«
Hodder nickte und sagte, das habe er mittlerweile begriffen.
»Du Nachtschwärmer, du Nachtschwärmer.
O du Nachtschwärmer!«
»Ist es erlaubt, mal was zu sagen?« Hodder
setzte sich auf die Bettkante. »Ich bin nämlich
noch nicht so weit. Die Welt ist, wie Sie vielleicht wissen, ziemlich riesig. Und ich bin
nicht so groß für mein Alter, wie Sie sehen.«
»Du wirst die Welt erretten, du wirst die Welt
erretten.«
»Schon gut«, sagte Hodder, »immer mit der
Ruhe, Frau Fee. Eins nach dem anderen. Oder
wie Asta K. Andersen zu sagen pflegt: Erst das
eine, dann das andere. Das hat sie auf der PH
gelernt.«
»Dir ist alles gegeben.«
»Ich will ja nicht meckern oder undankbar
sein, aber verstehen Sie, ich muss jetzt auf
ganz andere Sachen achten. Mein Vater und
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ich sind allein. Wir haben keine Mutter. Oder
richtiger gesagt: Mein Vater hat keine Frau.
Was natürlich heißt, dass ich auch keine Mutter habe. Das heißt, wir müssen sozusagen alles selber machen. Das wollen wir ja auch
gern, aber wenn jetzt plötzlich das mit der
Welt dazukommt, dann wird alles so unübersichtlich, obendrein Butterbrote schmieren
und montags sauber machen und sonnabends
einkaufen. Und sonntags müssen wir noch ins
Waschcenter. Nicht, dass ich die Welt nicht erretten will, ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, ich hab’s ja auch versprochen, denn
wie Frau Andersen sagt, wer A sagt, muss
auch B sagen. Ich weiß auch nicht, warum.
Haben Sie was gesagt?«
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