Kinematik - ETH Zürich

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Kinematik
Kapitel 2
2.1 Bewegung
Kinematik
Die Bewegungsvorgänge finden im Raum und in der Zeit statt. Ein
Körper kann sich von einem Ort zu einem anderen Ort bewegen.
Ein frei beweglicher Körper hat im Raum drei Freiheitsgrade. D. h.,
der Körper kann sich in drei unabhängige Richtungen bewegen: oben,
unten, rechts, links, vorwärts und zurück.
Ein Körper ist relativ zu einem anderen in Bewegung, wenn
sich seine Lage im Raum, gemessen relativ zum zweiten Körper, mit der Zeit verändert.
Andererseits sagt man, dass sich ein Körper relativ in Ruhe befindet,
wenn sich seine relative Lage mit der Zeit nicht verändert.
Sowohl Ruhe wie Bewegung sind relative Begriffe.
Wir beginnen mit der klassischen Mechanik. Eine genaue Beschreibung der Bewegungsvorgänge ist wichtig für ein Verständnis der physikalischen Welt.
Ein Haus und ein Baum sind z.B. relativ zur Erde in Ruhe, aber sie
sind relativ zur Sonne in Bewegung.
Viele Wissenschaftler haben zum Fortschritt der klassichen Mechanik
beigetragen, wie zum Beispeil, Archimedes (-287– -212), Galileo
Galilei (1564-1642), Copernicus (1473-1543), Tycho Brahé (15461601) und J. Kepler (1571-1630). Der bekannteste Schöpfer der klassischen Mechanik ist natürlich Sir Isaac Newton (1642-1727). Seine
drei Newtonschen Gesetze sowie sein Gravitionsgesetz bilden die
Basis der gesamten Mechanik.
Wenn ein Zug durch eine Station fährt, sagen wir, dass sich der Zug
relativ zur Station in Bewegung befindet. Ein Passagier des Zuges
könnte aber genausogut sagen, dass sich die Station relativ zum Zug
in Bewegung befindet, und zwar in entgegengesetzter Richtung.
2.1.1 Massenpunkte oder Teilchen
Die physikalischen Gesetze, die der Bewegung zugrunde liegen, werden wir nachher im Rahmen der Dynamik studieren.
Um unsere Betrachtung von Bewegung zu vereinfachen, beginnen
wir zunächst mit Gegenständen, deren Position im Raum durch die
Angabe der Koordinaten eines Punktes beschrieben werden kann.
Einen solchen Gegenstand nennen wir ein Teilchen.
Im Rahmen der Kinematik wird die Bewegung eines Teilchens
rein geometrisch charakterisiert.
Physik
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Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung
Kinematik
Man spricht auch von Massenpunkt und meint damit einen
idealisierten Körper, dessen Masse in einem Punkt konzentriert ist.
Wir studieren die Bewegung makroskopischer Körper, die als solche
Massenpunkte betrachtet werden können. In diesem Fall verstehen
wir als Massenpunkt einen Körper, dessen räumliche Ausdehnung als
vernachlässigbar betrachtet werden soll.
Für manche Zwecke ist es z.B. sinnvoll, die Erde als Teilchen zu
betrachten: in diesem Fall bewegt sich das Teilchen “Erde” auf einer
fast kreisförmigen Bahn um die Sonne.
Der Begriff des Massenpunktes ist natürlich eine Idealisierung, und
ob eine Masse als Massenpunkt betrachtet werden kann, hängt vom
Problem ab.
Stroboskopisches Bild der Bewegung eines Balls. In diesem Bild ist
das Zeitintervall Dt zwischen den Blitzen lang, so dass es schwierig ist, die
Bewegung zu verstehen.
Figur 1.
2.1.2 Beschreibung der Bewegung: die stroboskopische
Lampe
Mit einer stroboskopischen Lampe, können wir die Position eines
Körpers zu verschiedenen Zeiten beobachten.
Das Zeitintervall (Dauer) zwischen zwei Blitzen der stroboskopischen Lampe wird Dt genannt.
Mit der stroboskopischen Methode können wir eine Liste von Positionen zu verschiedenen Zeiten aufstellen. Diese Liste wird die
Bewegung beschreiben.
Gleich wie in Figur 1, aber mit kleinerem Dt, es ist leichter, die
Bewegung zu verstehen.
Figur 2.
Physik
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54
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung
Kinematik
Wie man in der Abb. 1 sehen kann, wird die Bewegung mit schlechter Genauigkeit beschrieben, wenn das Zeitintervall Dt zwischen den
Blitzen der Lampe gross ist.
Wenn das Zeitintervall kleiner gemacht wird, ist die Bewegung besser
beschrieben, wie in Abb. 2 dargestellt ist.
Wenn das Zeitintervall Dt gegen null geht, wird man eine kontinuierliche (funktionale) Beziehung zwischen der Lage und der Zeit gewinnen.
s1
(a)
(b)
Die Verbesserung der Beschreibung mit kleiner werdenden Zeitintervallen ist in Abb. 3 dargestellt.
s2
s1
(c)
s1
(d)
s1
(e)
s1
(f)
Die Bewegung wird besser charakterisiert, je kleiner das
Zeitintervall Dt ist. a) Dt=1/15 s, b) Dt=10/15 s, c) Dt=6/15 s, d) Dt=3/15 s, e)
Dt=2/15 s, f) Dt=1/15 s.
Figur 3.
Physik
55
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Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in einer Dimension
Kinematik
2.2 Bewegung in einer Dimension
Wenn wir annehmen, dass sich der Körper zur Zeit t1 bei der Position
x1 und zur späteren Zeit t2 bei x2 befindet, so ist die Verschiebung:
Dx ∫ x 2 - x1 = x ( t2 ) - x ( t1 )
Am Anfang beschränken wir uns auf die Bewegung in einer Dimension. D.h., dass die Bewegung des Körpers geradlinig ist, seine Bahn
ist eine gerade Linie.
Die Verschiebung kann natürlich einen positiven oder negativen Wert
besitzen, abhängig von der Bewegungsrichtung.
Einfache Beispiele:
1.
2.
3.
ein Auto, das auf einer ebenen, geraden und schmalen Strasse
fährt;
ein Flugzeug, das auf einer bestimmten Höhe fliegt;
ein Zug, der auf einer geraden Strecke fährt.
Verschiebung Dx
x2
x1
Bei der Bewegung entlang einer geraden Linien gibt es nur
zwei mögliche Richtungen: die positive und die negative.
–20
Siehe Abb. 4.
–15
–10
–5
0
5
10
15
Ursprung
Positive Richtung
Man führt auf dieser Geraden zunächst ein Koordinatensystem ein,
in dem man einen Ursprung O und eine positive Richtung wählt.
Negative Richtung
Die übliche Konvention mit positiven x-Werten nach der rechten Seite
des Urspunges wird verwendet.
Figur 4.
Jedem Punkt auf der Geraden entspricht eine Zahl x, die den
Abstand des Punktes vom Ursprung angibt.
Bewegung in einer Dimension. Definition der Verschiebung.
2.2.1 Der Begriff der Geschwindigkeit
Der Begriff der Geschwindigkeit ist uns aus dem Alltag vertraut. Wir
können ihn von einer Analyse der stroboskopischen Bilder verstehen.
Wenn der Körper sich bewegt, wird sich seine Lage mit der Zeit verändern. Dann kann der Ort x des Körpers mit der Zeit t durch eine
funktionale Beziehung in Zusammenhang gebracht werden:
Die stroboskopischen Bilder stellen nicht nur die Bewegung
dar, sondern, weil das Zeitintervall zwischen den Blitzen der
Lampe konstant ist, auch die Geschwindigkeit, mit der der
Körper sich bewegt.
x ∫ x ( t)
(wir sagen, dass die Koordinate x von der Zeit t abhängt).
Siehe Abb. 5 und 6.
Physik
20
x (m)
57
58
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in einer Dimension
Kinematik
Dt
Dt
Dt
Dt
Wir definieren die mittlere Geschwindigkeit (oder Durchschnittsgeschwindigkeit) als
Dt
vm ∫
Zeit:
t1
t2
t3
t4
t5
t6
Ort:
x1
x2
x3
x4
x5
x6
Dx x 2 - x1 x ( t2 ) - x ( t1 )
=
=
Dt
t2 - t1
t2 - t1
wobei Dx die Verschiebung des Körpers darstellt und Dt die
verstrichene Zeit.
Siehe Abb. 7.
–20
–15
Figur 5.
–10
–5
0
5
10
15
20
x (m)
Die MKS-Einheit der Geschwindigkeit ist Meter pro Sekunde (m/s).
Die Verschiebung kann sowohl positive als auch negative Werte
annehmen. Die mittlere Gewschindigkeit kann auch positive oder
negative Werte annehmen, je nachdem, ob x2 grösser oder kleiner als
x1 ist. Ein positiver Wert entspricht einer Bewegung nach rechts, ein
negativer Wert einer Bewegung nach links.
Bewegung eines Wagens mit konstanter Geschwindigkeit.
Dt
Dt
Dt
Dt
Dt
Zeit:
t1
t2
t3
t4
t5
t6
Ort:
x1
x2
x3
x4
x5
x6
Dt
v1=
–20
–15
Figur 6.
–10
–5
0
5
10
15
Dt
v 2=
x3–x2
Dt
Dt
x4–x3
Dt
v3=
–10 –5
x1 x 2
0
x3
v4 =
Dt
x5–x4
Dt
Dt
v5=
x6–x5
Dt
20
x (m)
–20
Bewegung eines Wagens mit sich verändernder Geschwindigkeit.
–15
Figur 7.
Physik
x2–x1
Dt
59
60
5
10
x4
Definition der mittleren Geschwindigkeit
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
15
x5
20 x (m)
x6
Kinematik
Bewegung in einer Dimension
Als Folge der Definition der mittleren Geschwindigkeit folgt die
Beziehung für die zurückgelegte Verschiebung Dx in einem Zeitintervall Dt:
Dieses Verhältnis entspricht genau der mittleren Geschwindigkeit im
Zeitintervall Dt und wir haben eine geometrische Bedeutung der
Geschwindigkeit gewonnen.
Dx = v m Dt
Die mittlere Geschwindigkeit entspricht der Steigung der
Geraden, die die Punkte (x1,t1) und (xi,ti) (i=2,3,4,...) verbindet.
oder
x 2 - x1 = v m ( t2 - t1 )
fi
x 2 = v m ( t2 - t1 ) + x1
In der eindimensionalen Bewegung kann das Teilchen sich nur nach
rechts oder links bewegen. Das Vorzeichen der Geschwindigkeit wird
dann positiv oder negativ sein.
Wie erwartet, ist die Geschwindigkeit ein Mass für den in einem
bestimmten Zeitintervall zurückgelegten Abstand.
Um die momentane Geschwindigkeit in einem Punkt zu bestimmen,
müssen wir das Zeitintervall Dt so klein “wie möglich” machen. In
der Sprache der Mathematik bedeudet das, dass wir den Grenzwert
des Quotienten berechnen.
Der zurückgelegte Abstand Dx ist zum Zeitintervall Dt und zur
Geschwindigkeit vm proportional.
2.2.2 Die momentane Geschwindigkeit
Das wird in der Form
v = lim v m = lim
Wenn die funktionale Beziehung zwischen x und t bekannt ist, kann
die Bewegung des Körpers als Funktion der Zeit geplottet werden.
Siehe z.B. Abb. 8.
Dt Æ 0
Dx
Dt
geschrieben. Dieser Grenzwert ist aber gleich der Ableitung1 von x
nach der Zeit, d. h.,
Die Kurve des Orts eines Körpers als Funktion der Zeit wird
als das “Weg-Zeit-Diagramm” oder die x-t-Kurve bezeichnet.
v ( t) =
Die Verschiebung Dx=xi-x1 (wobei i=2,3,4) und das entsprechende
Zeitintervall Dt=ti-t1 (wobei i=2,3,4) zwischen verschiedenen Punktpaaren (i=2,3,4) sind in der Abbildung eingetragen.
dx
dt
1. Die Geschwindigkeit, die als ein Grenzwert definiert ist, wird heute im Bereich der Physik nicht mehr als ein fundamentales Konzept der Mechanik betrachtet. Wir werden später sehen, dass ein solcher Grenzwert im Bereich der Quantenphysik nicht mehr benutzt
werden kann. Die Definition der momentanen Geschwindigkeit soll “nur” als ein Begriff
verstanden werden, der sehr nützlich ist für die Beschreibung der Bewegung von makroskopischen Körpern. Diese Definition soll nur benutzt werden in Fällen, in denen der
Effekt der sogenannten Unschärferelation von Heisenberg nicht bemerkt werden kann.
Diese wird im Kapitel 14 der Quantenphysik genauer studiert.
Die Strecke zwischen zwei Punkten ist die Hypotenuse des
rechtwinkligen Dreiecks mit den Katheten Dx und Dt. Das Verhältnis Dx/Dt ist demnach die Steigung dieser Strecke.
Physik
Dt Æ 0
61
62
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in einer Dimension
Kinematik
Es folgt daraus, dass
die momentane Geschwindigkeit v(t) des Körpers zu jeder
Zeit t durch die Ableitung der Funktion x(t) nach der Zeit t
gewonnen werden kann.
x
x-t-Kurve
140
x3,t3
Beispiel: Ein Körper bewegt sich auf solche Weise entlang der xAchse, dass seine Position zu jedem Zeitpunkt durch
120
x ( t) = 5 t 2 + 1
100
Dx
x1,t1
gegeben ist, wobei x in Metern und t in Sekunden angegeben ist.
1.
x ( 3) - x (2) 46 - 21
= 25 m / s
=
3- 2
3- 2
60
Tangente
40
Mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall zwischen 2 s und 2,1 s:
vm =
3.
Dt
80
Mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall zwischen 2 s und 3s:
vm =
2.
x4,t4
x2,t2
x (2,1) - x (2) 23, 05 - 21
=
= 20, 5 m / s
2,1 - 2
0,1
20
Mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall zwischen 2 s und
2,001 s:
0
0
1
2
3
4
5
6
7
4.
Mittlere Geschwindigkeit im Zeitintervall zwischen 2 s und
2,00001 s:
Figur 8.
Die x-t-Kurve (oder “Weg-Zeit”-Diagramm).
x (2, 00001) - x (2) 21, 0002 - 21
=
= 20, 001 m / s
vm =
2, 00001 - 2
0, 00001
5.
Momentane Geschwindigkeit:
v=
Physik
dx
= 10 t fi
dt
8
9
t
x (2, 001) - x (2) 21, 02 - 21
=
= 20, 005 m / s
vm =
2, 001 - 2
0, 001
v ( t = 2) = 20 m / s
63
64
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in einer Dimension
Kinematik
2.2.3 Der Begriff der Beschleunigung
Beispiel: Bewegung eines Lifts
Die Beschleunigung basiert auf folgendem Konzept:
Die Beziehungen zwischen Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung sind in Abb. 9 dargestellt, im Fall der Bewegung eines Liftes.
Wenn sich die momentane Geschwindigkeit eines Körpers mit
der Zeit verändert, dann sagen wir, der Körper werde
beschleunigt.
1.
2.
Die mittlere Beschleunigung in einem bestimmten Zeitintervall Dt ist als das Verhältnis Dv/Dt definiert
am =
3.
Dv v ( t2 ) - v ( t1 )
=
Dt
t2 - t1
wobei Dv = v 2 – v 1 die Änderung der momentanen Geschwindigkeit im Zeitintervall Dt=t2–t1 ist.
Man bemerkt, dass die Änderung der Geschwindigkeit in den Zeitintervallen Dt1 (von t=1 bis t=3s) und Dt2 (von t=8 bis t=9s) gleich sind,
aber mit entgengesetztem Vorzeichen. Weil Dt2 halb so gross ist wie
Dt1, ist die Beschleunigung während Dt2 doppelt so gross, wie während Dt1,
Im MKS-System wird die Beschleunigung als Meter pro Sekunde im
Quadrat ausgedrückt ( m § s 2 ) .
Wie bei der Geschwindigkeit definieren wir nun die momentane Beschleunigung als Grenzwert der mittleren Beschleunigung für immer kleiner werdende Zeitintervalle:
a( t) = lim
Dt Æ 0
In Abb. 9a) ist die x(t)-Kurve des Liftes gezeigt, wenn er sich nach
oben entlang der x-Achse bewegt.
In b) die Geschwindigkeit v(t) des Liftes. Sie ist die zeitliche
Ableitung der x(t)-Kurve.
In c) die Beschleunigung. Sie ist die zeitliche Ableitung der v(t)Kurve. Sie ist positiv wenn die Geschwindigkeit zunimmt, und
negativ wenn die Geschwindigkeit abnimmt.
Dieser Effekt in einem Lift ist uns vertraut, weil unser Körper diese
Beschleunigungen spürt.
Dv dv
=
Dt dt
Die Beschleunigung ist damit als die zeitliche Ableitung der
Geschwindigkeit definiert.
Da die Geschwindigkeit selbst als Ableitung des Ortes x nach der Zeit
definiert ist, ist die Beschleunigung die zweite Ableitung von x nach t,
geschrieben als
a( t) =
Physik
dv d Ê dx ˆ d 2 x
= Á ˜∫
dt dt Ë dt ¯ dt 2
65
66
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in einer Dimension
Kinematik
Lage x (m)
2.3 Integration der Bewegung
Wir haben gesehen, wie man die Geschwindigkeitsfunktion v(t) und
die Beschleunigungsfunktion a(t) durch Ableitung der Ortsfunktion
x(t) nach der Zeit t gewinnen kann.
20
Integration der Bewegung: Das umgekehrte Problem ist, die
Funktion x(t) zu finden, wenn die Geschwindigkeit v(t) oder
die Beschleunigung a(t) gegeben ist.
10
Dazu müssen wir Integration anwenden.
0
0
2
4
6
8
10
Geschwindigkeit (m/s)
Zeit t (s)
Wenn wir wissen, wie sich die Geschwindigkeit mit der Zeit ändert,
d.h., wenn wir v=v(t) kennen, dann können wir die Position x zu
jedem Zeitpunkt durch Integration erhalten. Es gilt
4
3
v(t ) =
2
1
2
4
6
8
fi
dx = v(t )dt
Um die physikalische Bedeutung dieser Gleichung zu verstehen, muss man sich errinern, dass vdt die Verschiebung des
Körpers innerhalb des kleinen Zeitintervalls dt darstellt.
0
0
dx
dt
10
2
Beschleunigung (m/s )
Zeit t (s)
Jetzt werden wir sehen, dass die Positionsfunktion x(t) die Stammfunktion von v(t) ist.
2
Wir nehmen an, dass sich der Körper zur Zeit t0 im Punkt x0
befindet. Um die Position des Körpers zur Zeit t zu berechnen,
integrieren wir dx=v(t)dt von t0 bis t:
0
-2
t
Ú v (t¢)dt¢ =
-4
0
2
4
6
8
10
t0
Zeit t (s)
x( t )
Ú
x( t0 )
x( t )
dx =
Ú dx = x (t) - x
x0
wobei t’ als Integrationvariable betrachtet wird.
Figur 9.
Physik
Beispiel der Bewegung eines Liftes.
67
68
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
0
Integration der Bewegung
Kinematik
a) Gleichförmige, geradlinige Bewegung. Wenn sich ein Körper in
gleichförmiger, geradliniger Bewegung befindet, ist seine Geschwindigkeit v konstant. Daher ist
Damit folgt
t
x ( t) = Ú v ( t¢ ) dt¢ + x 0
v(t ) = Konst. fi
t0
dv
=0
dt
fi
a( t ) = 0
Wir wissen aus der Mathematik, dass
d.h., es gibt keine Beschleunigung! Es folgt für konstante Geschwindigkeit v(t)=v0, dass
der Stammfunktion eine beliebige Integrationskonstante hinzugefügt werden muss, um die allgemeine Lösung zu erhalten.
Die Konstante x0 ist durch die Position des Körpers zu einem
bestimmten Anfangszeitpunkt gegeben, der gewöhnlich bei t=0
gewählt wird. Diese Angabe dieser Konstante wird deshalb Anfangsbedingung genannt.
t
t0
t0
t0
mit x0=x(t0).
b) Gleichförmig beschleunigte, geradlinige Bewegung. Die Bewegung eines Teilches mit konstanter Beschleunigung kommt in der
Natur häufig vor. So fallen z.B. alle Gegenstände aufgrund der Gravitation senkrecht nach unten.
t
und
t
= x 0 + v 0 ( t - t0 )
Da wir zweimal integrieren müssen um x(t) aus a(t) zu erhalten, treten nun zwei Konstanten x0 und v0 auf. Diese Konstanten sind durch
die Anfangsbedingungen der Geschwindigkeit und der Position des
Teilchens gegeben:
v ( t) = Ú a( t¢ ) dt¢ + v 0
t
x ( t) = x 0 + Ú v ( t¢ ) dt¢ = x 0 + v 0 Ú dt¢
x ( t) = Ú v ( t¢ ) dt¢ + x 0
Wenn sich ein Körper in gleichförmig beschleunigter geradliniger
Bewegung befindet, ist seine Beschleunigung a(t)=a0 konstant. Es
folgt daher
t0
2.3.1 Einige spezielle Bewegungsvorgänge
t
t
t0
t0
v ( t) = v 0 + Ú a( t¢ ) dt¢ = v 0 + a0 Ú dt¢
Wir werden nun zwei wichtige Bewegungen betrachten.
= v 0 + a0 ( t - t0 )
Die Bewegungsgleichungen, die wir hier herleiten, werden immer
wieder benötigt werden.
mit v0=v(t0).
Physik
69
70
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Integration der Bewegung
Kinematik
2.3.2 Beschleunigung durch die Gravitation
Für den Ort erhalten wir damit
In der Nähe der Erde spürt jeder Körper die sogenannte Erdbeschleunigung. Diese Beschleunigung wird durch eine Anziehung
zwischen der Erde und dem Körper (Gravitationskraft) verursacht.
t
x ( t) = x 0 + Ú v ( t¢ ) dt¢
t0
t
= x 0 + Ú (v 0 + a0 ( t¢ - t0 )) dt¢
Wenn der Luftwiderstand als vernachlässigbar betrachtet
werden kann, beobachten wir, dass jeder Körper, unabhängig
von seinem Gewicht, dieselbe Erdbeschleunigung erfährt. Wir
nennen diese Beschleunigung die Erdbeschleunigung g.
t0
1
= x 0 + v 0 ( t - t0 ) + a0 ( t - t0 ) 2
2
Die Richtung dieser Beschleunigung ist nach unten zum Erdzentrum
gerichtet. Der Betrag ist
Wenn wir x0=0, v0=0 und t0=0 setzen, werden die Gleichung vereinfacht
Lage x (m)
1
x (t ) = a0 t 2
2
v(t ) = a0 t
g ª 9, 8 m / s2
a(t ) = a0
Wenn wir uns von der Erde entfernen, wird die Gravitationsbeschleunigung abnehmen. Zum Beispiel, in einer Höhe von ª2500 km, ist die
Erdbeschleunigung ungefähr halb so gross, wie auf der Erdoberfläche, oder gª5 m/s2.
40
20
0
0
2
4
6
8
Auf anderen Planeten ist die Beschleunigung verschieden. Zum Beispiel, auf dem Mond ist g nur ungefähr 1/6 der Erdbeschleunigung,
d.h.
10
Geschwindigkeit (m/s)
Zeit t (s)
10
7.5
gMond ª 1, 67 m / s 2
5
2.5
0
0
2
4
6
8
10
2
Beschleunigung (m/s )
Zeit t (s)
2
Demonstrationsexperiment: Fallversuch. Die Fallzeit eines
Gegenstandes, der aus verschiedenen Höhen fallen gelassen
wird, wird gemessen. Aus diesen Messungen bemerken wir,
dass die Fallzeit proportional zur Quadratwurzel der Höhe
ist.
1.5
1
0.5
0
0
2
4
6
8
10
Zeit t (s)
Figur 10.
Physik
Bewegung mit konstanter Beschleunigung
71
72
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Integration der Bewegung
Kinematik
Gleichförmig beschleunigte Bewegung:
h=
1 2 1 2
a t = gt
2 0
2
fi
t=
2h
g
Fallversuch
0.6
0.5
Tabelle 1 zeigt eine Liste von gerechneten Fallzeiten mit einer Erdbeschleunigung g=9.81m/s2.
Fallzeit (s)
TABLE 1. Tabelle
der Fallzeiten.
Höhe h (m)
Fallzeit (s)
0.1
0.1428
0.2
0.2020
0.3
0.2474
0.4
0.2856
0.5
0.3193
0.6
0.3498
0.7
0.3778
0.8
0.4039
0.9
0.4284
1.0
0.4516
1.1
0.4736
1.2
0.4947
0.4947
0.4736
0.4516
0.4284
0.4
0.4039
0.3778
0.3498
0.3193
0.3
0.2856
0.2474
0.2
0.202
0.1428
Physik
0.1
0
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
1.4
Höhe (m)
Plot der Beziehung zwischen den Höhen und den Fallzeiten im
Fallversuch. Eine Beschleunigung g=9.81m/s2 wurde verwendet.
Figur 11.
73
74
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
Kinematik
2.4 Bewegung in mehreren
Dimensionen
Die Verschiebungsvektoren S i stellen die Bewegung des Balles im
Raum dar. Der Verschiebungsvektor S 1 entspricht der Bewegung
zwischen dem 1. und 2. Blitz einer stroboskopischen Lampe, der
Jetzt betrachten wir die Bewegung eines Körpers in mehreren Dimensionen. Wir werden dieselben Begriffe, die wir für die eindimensionale Bewegung eingeführt haben, aber in komplizierterer Form
wieder verwenden: Verschiebung, Geschwindigkeit und Beschleunigung werden nun als Grössen aufgefasst, die Vektoren sind.
Vektor S 2 zwischen dem 2. und 3. Blitz, usw.
Die Trajektorie oder die Bahnkurve des Körpers im Raum
wird als die Liste von Verschiebungsvektoren dargestellt.
Die Kurve repräsentiert den Weg, den der Körper durchläuft.
Wir verwenden noch einmal eine stroboskopische Lampe, um die
Position des Körpers zu verschiedenen Zeiten zu beobachten.
(Die Bahnkurve sollte nicht verwechselt werden mit den Weg-ZeitKurven auf den vorherigen Seiten.)
Mit der stroboskopischen Methode können wir die Ortslagen im
Raum zu verschiedenen Zeiten rekonstruieren.
2.4.1 Der Ortsvektor
Abb. 12 zeigt einen Ball, der sich entlang einer Kurve im Raum
bewegt. Das Bild stellt ein stroboskopisches Bild dar. Die Indizes von
1 bis 9 entsprechen den Blitzen der stroboskopischen Lampe.
s2
s1
2
1
Der Ursprung ist als der Nullpunkt des Koordinatensystems
definiert. Mit Hilfe eines mehrdimensionalen Koordinatensystems, können die Punkte auf der Bahnkurve durch die Koordinaten dargestellt werden.
s3
3
4
s4
s8
s5
5
Der Ortsvektor ist als die Verschiebung zwischen dem
Ursprung und dem Punkt im Raum definiert.
9
s7
s6
6
Figur 12.
Wir werden ein Koordinatensystem definieren, relativ zu welchem
die Bewegung beschrieben wird.
8
7
Abb. 13 zeigt, wie die Verschiebungsvektoren S i , die früher definiert
Verschiebungsvektoren. Dieses Bild stellt die Bewegung des Balles
wurden, mit Hilfe der Ortsvektoren r i dargestellt werden können:
r r
r
Si ∫ ri +1 - ri
i = 1, 2, 3, 4,...
im Raum dar. Der Verschiebungsvektor S 1 entspricht der Bewegung
zwischen dem 1. und 2. Blitz einer stroboskopischen Lampe, S 2 zwischen
dem 2. und 3. Blitz, usw.
Physik
75
76
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
r1
Kinematik
r3
r2
s2
s1
2
y
s3
r4
3
1
heitsvektoren zu berechnen. Im Abb. 13 haben wir z.B. die 2dimensionalen kartesischen Koordinaten verwendet:
r r
r
r
r ∫ r ( t) = x ( t)ex + y ( t)ey
4
s4
r5
s5
5
r6 r
7
6
s8
Wir bemerken, dass im kartesischen Koordinatensystem die Basisvektoren fest sind, d.h., sie sind zeitlich konstant.
9
s7
s6
8
7
ey
Ursprung O
Figur 13.
Man kann auch die Kugelkoordinaten verwenden:
r r
r
r ∫ r ( t) = r( t)er ( t)
x
ex
In diesem Fall hängt der Einheitsvektor vom Punkt ab. Der Einheitsvektor er wird deshalb von der Zeit abhängen.
Darstellung der Verschiebungsvektoren S i und der Ortsvektoren
ri .
Die Koordinate r(t) wird nur den radialen Freiheitsgrad darstellen. Die anderen Freiheitsgrade werden durch die Änderung der Richtung des Einheitsvektors er berücksichtigt.
Wie im Fall der Bewegung in einer Dimension, wird die Bewegung
umso besser beschrieben, je kleiner das Zeitintervall Dt ist.
2.4.2 Der Geschwindigkeitsvektor
Deshalb betrachten wir den Grenzfall, für den Dt nach null geht. Die
Lage des Teilchens wird damit als eine funktionale Beziehung zwischen den Ortsvektoren und der Zeit beschreiben. Diese Beziehung
entspricht der Bahnkurve des Körpers und wird als
r r
r ∫ r ( t)
Um einen mittleren Geschwindigkeitsvektor zu erhalten, nehmen
wir einen Verschiebungsvektor und dividieren ihn durch das Zeitintervall Dt, d.h.
r
r
r
r Si ( ri +1 - ri )
vi ∫
=
(i = 1, 2, 3,...)
ti +1 - ti
Dt
geschrieben (Vergleich mit Kap. 2.2).
Wir haben in Kap. 1.5 gesehen, dass mit Hilfe einer Vektorbasis Vektoren durch ihre Komponenten dargestellt werden können.
Siehe Abb. 14.
Der Geschwindigkeitsvektor zeigt in die Richtung der Bewegung und sein Betrag ist gleich der mittleren Geschwindigkeit.
Im Fall des Ortsvektors können wir auch eine bestimmte Basis verwenden, um die Komponenten als Projektionen auf gegebene Ein-
Physik
77
78
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
Kinematik
Die momentane Geschwindigkeit ist ein Vektor, der tangential zur Bahn ist, und der durch die zeitliche Ableitung des
Ortsvektors gegeben ist:
r
r
dr
v ( t) =
dt
i
S i = r i + 1 —r i
ri
r i +1
0 S0 1
0
—r i )
(r
Si
= i +1
Vi =
t
t
ey
ex
v0 =
a)
Figur 14.
v0
v0
v0 =
S0
Dt
b)
S0
Dt
Dt = 0.1 Sec
Dt = 0.4 Sec
Definition des Geschwindigkeitsvektors.
S0
In Abb. 15 sehen wir, dass der Betrag des Verschiebungsvektors nicht
gleich dem tatsächlich durchlaufenen Weg ist, der entlang der Kurve
gemessen wird. Der Betrag des Verschiebungsvektors ist kleiner als
diese Distanz.
1
v0
01
v
~i
momentane
Geschwindigkeit
S0
v0 =
Wenn wir jedoch immer kleiner werdende Zeitintervalle betrachten,
dann nähert sich der Betrag der Verschiebung der tatsächlichen
Strecke an, die das Teilchen entlang der Kurve zurücklegt.
c)
S0
Dt
Dt = 0.025 Sec
v
~i =
d)
Dt
Si
Dt
0 Sec
Die Richtung des mittleren Geschwindigkeitsvektors nähert sich
dabei der Richtung der Tangente an die Kurve an.
Figur 15.
Definition der momentanen Geschwindigkeit.
Wir haben gesehen, dass die Berechnung der mittleren Geschwindigkeit, wenn Dt nach null geht, zu einer zeitlichen Ableitung führt.
Physik
79
80
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
Kinematik
Um die Ableitung zu bestimmen, verwenden wir die Ergebnisse des
Kap. 1.5.4 (wir betrachten 2 Dimensionen):
r
r
r
dr d r
xe + yey
=
v ( t) =
dt dt x
r
r
dey
dex dy r
dx r
e +x
=
+ ey + y
dt
dt
dt
dt x
dx r dy r
e + e
=
dt x dt y
und damit
r
r
r
der d
cosfex + sin fey
=
dt dt
r
r
dey
r
r
de
d
d
= (cosf ( t))ex + cosf x + (sin f ( t))ey + sin f
dt dt
dt
dt
df r
df r
e
e + cosf
= - sin f
dt y
dt x
df r
e
=
dt f
(
(
)
wobei wir verwendet haben, dass die kartesischen Einheitsvektoren
festgelegt sind.
In ähnlicher Weise kann man beweisen,
r
def
df r
= - er
dt
dt
Wir können damit den Geschwindigkeitsvektor so ausdrücken:
r
r
r dx r dy r
e + e
v ( t) = v x ( t)ex + v y ( t)ey =
dt x dt y
Mit diesen Ergebnissen ist der Geschwindigkeitsvektor im Kugelkoordinatensystem gleich
r
r
df r
de
dr r
dr r
v ( t) = er + r r = er + r ef
dt
dt
dt
dt
wobei vx(t) und vy(t) die Komponenten der Geschwindigkeit sind.
In Kugelkoordinaten wurde die Geschwindigkeit so berechnet:
r
r
r
r
r
de
dr dr r
r ( t) = rer
fi v ( t) =
= er + r r
dt
dt dt
Wir können das Ergebnis so interpretieren:
Wir müssen nun die zeitliche Ableitung des Basisvektors bestimmen.
Wir können die kartesischen Koordinaten verwenden! Es gilt (Siehe
Kap. 1.5.6),
r
r
r
ÏÔer = cosfex + sin fey
r
r
Ìr
ÔÓef = - sin fex + cosfey
Physik
)
81
1.
Der erste Term ist die radiale Geschwindigkeit. Sie ist wie erwartet
in die Richtung er gerichtet.
2.
Der zweite Term ist die Geschwindigkeitskomponente senkrecht
zu er in Richtung von ef .
3.
Der Betrag der Geschwindigkeit in Richtung von ef ist gleich
r
82
df
dt
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
Kinematik
Im Allgemeinen werden sich beide Komponenten r und f in einer
beliebigen Bahnkurve ändern. In diesem Fall tragen beide Terme bei
und der Geschwindigkeitsvektor ist durch die Summe von zwei Vektoren, die in die Richtung von er resp. ef zeigen, gegeben.
Andererseits, wenn der Geschwindigkeitsvektor denselben Betrag
und dieselbe Richtung hat, nennen wir dies eine Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit. Siehe Abb. 16a).
Abb. 16b) und c) zeigen solche Arten von Beschleunigung. In b)
ändert sich nur der Betrag der Geschwindigkeit, und in c) nur die
Richtung.
Wir bemerken, dass der Geschwindigkeitsvektor “per Definition” zur
Bahnkurve tangential ist. Wir betrachten die zwei folgenden Fälle:
1.
a)
Wenn r=Konst., ist der Geschwindigkeitsvektor gleich
r
df r
df r
df r
dr r
v ( t) = er + r ef = 0 + r ef = r ef
dt
dt
dt
dt
2.
b)
D.h., nur der zweite Term trägt zur Geschwindigkeit bei und er
entspricht der tangentialen Geschwindigkeit. Dies ist z.B. der Fall
bei der Kreisbewegung (Siehe Kap. 2.6).
Wenn f=Konst., ist der Geschwindigkeitsvektor gleich
V1
V1
V3
V2
V2
V4
V3
V5
V4
V6
V5
V1
V2
c)
V3
V4
r
dr r
df r dr r
dr r
v ( t) = er + r ef = er + 0 = er
dt
dt
dt
dt
a) Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit. b) und c) sind
beschleunigte Bewegungen.
Figur 16.
D.h., die Geschwindigkeit ist radial gerichtet.
Der momentane Beschleunigungsvektor ist der Grenzwert
der mittleren Beschleunigung, wenn das Zeitintervall gegen
null geht. D.h., der momentane Beschleunigungsvektor ist die
zeitliche Ableitung des Geschwindigkeitsvektors.
2.4.3 Der Beschleunigungsvektor
Der Vektor der mittleren Beschleunigung wird definiert als
das Verhältnis der Änderung der Geschwindigkeit zum Zeitintervall Dt:
r
r
r
r
r (v - v ) (v - v )
(i = 1, 2, 3,...)
ai ∫ i +1 i = i +1 i
Dt
ti +1 - ti
Man muss beachten, dass der Geschwindigkeitsvektor seinen Betrag,
seine Richtung oder beides ändern kann.
Von Beschleunigung spricht man, wenn der Geschwindigkeitsvektor in irgendeiner Weise variiert.
Physik
V7
83
84
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Bewegung in mehreren Dimensionen
Kinematik
wobei wir die folgenden Ergebnisse verwendet haben:
r
r
def
der df r
df r
ef und
=
= - er
dt
dt
dt
dt
Um die Ableitung zu bestimmen, verwenden wir die Ergebnisse des
Kap. 1.5.4 (wir betrachten 2 Dimensionen):
r
r
r
r
dv d
v ( t)ex + v y ( t)ey
a ( t) =
=
dt dt x
r
r
dey
dex dv y r
dv x r
e + vy
e + vx
=
+
dt
dt y
dt
dt x
dv x r dv y r
e +
e
=
dt x dt y
2
2
d xr d yr
= 2 ex + 2 ey
dt
dt
(
)
Die Beschleunigung kann so ausgedrückt werden:
Ê d 2 r Ê df ˆ 2 ˆ r Ê dr df
r
d 2f ˆ r
+ r 2 ˜ ef
a ( t ) = Á 2 - r Á ˜ ˜ er + Á 2
Ë dt ¯ ¯
dt ¯
Ë dt dt
Ë dt
Diese allgemeine Form sieht kompliziert aus! Wir werden sie später
in mehr Einzelheiten studieren (Siehe Kap. 2.6 und Kap. 11.3).
wobei wir verwendet haben, dass die kartesischen Einheitsvektoren
festgelegt sind.
Wir können damit den Beschleunigungsvektor so ausdrücken:
r
r
r dv r dv y r d 2 x r d 2 y r
e
e +
e =
a( t) = ax ( t)ex + ay ( t)ey = x ex +
dt
dt y dt 2 x dt 2 y
wobei ax(t) und ay(t) die Komponenten der Beschleunigung sind.
In Kugelkoordinaten wird die Beschleunigung so berechnet:
r
r
df r ˆ
dv d Ê dr r
= Á e + r ef ˜ =
a ( t) =
dt ¯
dt dt Ë dt r
r
r
2
df def
d 2f r
d r r dr der dr df r
ef + r 2 ef + r
= 2 er +
+
dt dt
dt
dt dt dt dt
dt
2
d 2f r
d 2 r r dr df r dr df r
Ê df ˆ r
ef + r 2 ef - rÁ ˜ er
ef +
= 2 er +
Ë dt ¯
dt
dt dt
dt dt
dt
Physik
85
86
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Zerlegung der Bewegung
Kinematik
wobei
2.5 Zerlegung der Bewegung
Wir wollen jetzt die Bewegungsgleichung von zweidimensionalen
Bewegungen integrieren.
r r
r0 = r (0)
Diese Bewegungsgleichung wird mit den Komponenten geschrieben
als:
Für eine Bewegung mit gleichförmiger Beschleunigung (d.h., ein
konstanter Beschleunigungsvektor a(t)=a0), finden wir die folgende
vektorielle Gleichung:
r
r r
1r
r ( t) = r0 + v 0 t + a0 t 2
2
r
r
1
1
= ( x 0 + v 0 x t + a0 x t 2 )ex + ( y 0 + v 0 y t + a0 y t 2 )ey
2
2
r
r
r
v ( t) = v 0 + Ú a( t¢ ) dt¢
t
0
Wir diskutieren nun eine wichtige Folgerung dieser Gleichungen:
r r
= v 0 + a0 Ú dt¢
t
Die Bewegungsgleichungen sagen voraus, dass die senkrechten x- und y- Komponenten der Bewegung unabhängig
voneinander sind.
0
r r
= v 0 + a0 t
mit
Für eine mehrdimensionale Bewegung werden wir ein ähnliches
Resultat finden:
r r
v 0 = v (0)
Eine beliebige Bewegung kann immer in unabhängige Komponenten zerlegt werden.
Nun fügen wir 2-dimensionale kartesische Einheitsvektoren ein:
r
r
r
r
r
v ( t) = v 0 x ex + v 0 y ey + a0 x ex + a0 y ey t
r
r
= (v 0 x + a0 x t)ex + (v 0 y + a0 y t)ey
(
)
In der Praxis wird man versuchen, unabhängige Komponenten zu wählen, die die einfachste Beschreibung der Bewegung
erlauben.
Wir können z.B. verstehen, dass Kugelkoordinaten nicht am besten
geeignet sind, um eine geradlinige Bewegung zu beschreiben.
Mit einer ähnlichen Herleitung findet man für den Ortsvektor:
r
r
r
r ( t) = r0 + Ú v ( t¢ ) dt¢
t
Wir bemerken, dass diese Zerlegung in unabhängige Komponenten
nicht ganz trivial ist. Sie muss mit Versuchen überprüft werden.
0
r r
1r
= r0 + v 0 t + a0 t 2
2
Physik
87
88
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Zerlegung der Bewegung
Kinematik
2.5.1 Demonstrationsexperiment: Wurf im bewegten
System
Das Teilchen erfährt während des Fluges eine konstante nach unten
gerichtete Beschleunigung (Erdbeschleunigung)
r
r
r
a( t) = a0 = - gey ( g > 0)
Eine wichtige Anwendung der Bewegung in zwei Dimensionen ist
die eines Teilchens, das in die Luft geworfen oder geschossen wird
und sich dann frei bewegen kann.
Der Anfangsgeschwindigkeitsvektor ist definiert als:
r r
r
r
v 0 = v ( t = 0) = v 0 x ex + v 0 y ey
In diesem Versuch wird geprüft, ob die horizontalen und vertikalen
Komponenten der Bewegung unabhängig voneinander sind.
Wir zerlegen die Bewegung in die zwei unabhängige Komponenten:
Ein Ball (das Teilchen) wird von einem Wagen aus senkrecht in die
Luft geworfen. Siehe Abb. 17.
x-Achse (// e x ):
Ï
Ôax ( t) = a0 x = 0
Ô
Ìv x ( t) = v 0 x + a0 x t = v 0 x
Ô
1
2
Ô x ( t) = x 0 + v 0 x t + a0 x t = x 0 + v 0 x t
2
Ó
fi Das Teilchen bewegt sich gleichförmig in x-Richtung
Y-Achse (// e y ):
Figur 17.
Ï
Ôay ( t) = - g
Ô
Ìv y ( t) = v 0 y + a0 y t = v 0 y - gt
Ô
1
1 2
2
Ô y ( t) = y 0 + v 0 y t + a0 y t = y 0 + v 0 y t - gt
2
2
Ó
Wurf im bewegten System.
fi Das Teilchen bewegt sich in gleichförmig beschleunigter Bewegung in y-Richtung.
Um diese Bewegung zu bestimmen, betrachten wir eine zweidimensionale Bewegungsgleichung.
Physik
89
90
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Zerlegung der Bewegung
Kinematik
Das Teilchen wird vom Wagen aus senkrecht in die Luft geworfen.
2.5.2 Demonstrationsexperiment: Schuss auf fallende
Platte
Wenn der Wagen in Ruhe ist, bewegt sich der Ball senkrecht nach
oben und fällt dann zu seiner ursprünglichen Position zurück.
Ein zweites Beispiel für die Zerlegung der Bewegung ist der Schuss
auf eine fallende Platte.
Wenn der Wagen sich horizontal mit konstanter Geschwindigkeit
bewegt, bewegt sich der Ball zum höchsten Punkt seiner Flugbahn,
um dann wieder zurückzukehren. Der Ball wird vom Wagen wieder
aufgefangen.
Man zielt mit der Kanone (Siehe Abb. 18) auf die Platte, die mit
einem Elektromagneten gehalten wird. Wenn man schiesst, wird der
Stromkreis im Elektromagneten unterbrochen, und die Platte fällt
nach unten.
Die maximale Höhe der Flugbahn hängt von der senkrechten
Geschwindigkeit ab, die dem Ball beim Abwurf mitgegeben wird.
Die vertikale Bewegung hat nichts zu tun mit der horizontalen.
Im höchsten Punkt der Bahnkurve ist die vertikale Geschwindigkeit gleich null: v y = 0 .
Wir nehmen an, dass die Kugel zur Zeit tmax diesen Punkt erreicht.
Wir müssen nur die vertikale Komponente der Bewegungsgleichung
betrachten:
v y = v 0 y - gtmax ∫ 0
fi
v 0 y = gtmax fi tmax =
v0y
g
Wenn wir diesen Wert in den Ausdruck für y einsetzen, erhalten wir
2
y max = y 0 + v 0 y
v0y 1 Ê v0y ˆ
1 v0y
- gÁ ˜ = y 0 +
2 g
g 2 Ë g¯
Figur 18.
Wie können wir eine Bedingung für das Zusammentreffen von Kanonenkugel und fallende Platte formulieren ?
Gäbe es keine Erdbeschleunigung, würde die Platte nicht fallen (!), und die Kugel der Kanone würde entlang einer geraden Linie fliegen.
Wir bemerken, dass diese Gleichungen unabhängig von der horizontalen Anfangsgeschwindigkeit v 0x sind.
Physik
Die verwendete Kanone, um auf die fallende Platte zu schiessen.
2
91
92
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Zerlegung der Bewegung
Kinematik
Die Bewegungsgleichung der Kugel würde in diesem Fall (d.h. keine
Erdbeschleunigung) lauten:
r
r
r
a0 = 0 fi v K ( t) = v 0
r
r r
fi rK ( t) = r0 + v 0 t
Wir müssen nun die Komponenten verwenden, um die Richtung der
Kanone durch einen Winkel bezüglich der horizontalen Achse zu
definieren. Es muss gelten,
r
r
r
v 0 ∫ v 0 x ex + v 0 y ey
r
r
r
r
fi v 0 x TTreffen ex + v 0 y TTreffen ey = Dex + hey
Ïv 0 x TTreffen = D
fi Ì
Ó v 0 y TTreffen = h
Hier haben wir angenommen, dass die Kugel zur Zeit t=0 abgeschossen wird. Wir nehmen auch als Ursprung des Koordinatensystems
den Ort an, wo die Kugel abgeschossen wird. Um die Bewegung in
der einfachsten Weise zu beschreiben, wählen wir die vertikale und
die horizontale Richtungen als Richtungen der y- und x-Achsen:
y
h
O
tan q =
v0y h
=
v0x D
abgeschossen werden muss. Wenn der Winkel diese Bedingung
erfüllt, wird die Kugel die Platte treffen.
r
v0
D
v0y h
=
v0x D
D.h., dass die Kugel unter einem Winkel
D=horizontaler Abstand
zwischen Kanone und Platte
h=Höhe der Platte
Platte
fi
Jetzt betrachten wir den Fall mit mit der Erdbeschleunigung. Der
Effekt der Erdbeschleunigung muss in die Bewegungsgleichung der
Kugel eingefügt werden:
r r
r
r r
a0 = g fi v K ( t) = v 0 + gt
r
r
1r
fi rK ( t) = v 0 t + gt 2
2
x
Der Ortsvektor der Kugel ist schliesslich gleich (Beachte: keine Erdbeschleunigung):
r
r
rK ( t) = v 0 t
Andererseits ist die Bewegungsgleichung der Platte gleich
r r
r
r
r
a0 = g und v 0 = 0 fi v P ( t) = gt
r
r
1r
fi rP ( t) = r0,P + gt 2
2
Um die Platte zu treffen, muss man die Kanone richten, so dass,
r
r
r
r
rK (TTreffen ) = v 0TTreffen = Dex + hey
wobei D der horizontale Abstand zwischen der Kanone und der
Plattte ist, h die Höhe der Platte, und TTreffen die (noch nicht
bestimmte) Zeit des Treffens.
Physik
93
94
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Zerlegung der Bewegung
Kinematik
Der Ort des Treffens ist gegeben durch
wobei r0,P der Ortsvektor der Platte zur Zeit t=0 ist. Die Bedingung
für das Treffen der Kugel auf die Platte wird folgendermassen gegeben
r
r
rK (TTreffen ) = rP (TTreffen )
r
1r
fi v 0TTreffen + g TTreffen
2
r
r
fi v 0TTreffen = r0,P
(
oder
r
r
r
v 0 ∫ v 0 x ex + v 0 y ey
fi
)
2
und
Ïv 0 x TTreffen = D
Ì
Óv 0 y TTreffen = h
r
1r
= r0,P + g TTreffen
2
(
)
r
r
1r
rP ( t) = r0,P + g TTreffen
2
(
r Ê
gÊ D ˆ
= Dex + Á h - Á r
Á
2 Ë v 0 cosq ˜¯
Ë
2
(
)
ˆr
˜˜ ey
¯
Wäre die Anfangsgeschwindigkeit der Kugel grösser, würde sie die
Platte an einem höheren Punkt treffen.
v0y h
fi
=
v0x D
Die physikalischen Gründe für das Treffen der Platte und der Kugel
sind:
– beide spüren dieselbe Erdbeschleunigung g, so dass beide Bewegungsgleichungen den Teil
Unabhängig von der Geschwindigkeit des Geschosses werden
die Platte und das Geschoss aufeinandertreffen.
1r
+ gt 2
2
Wir können die Zeit des Treffens so bestimmen:
Physik
r
1Ê D ˆ r
g
= r0,P + Á r
2 Ë v 0 cosq ˜¯
2
r
r
r
r0,P = Dex + hey
TTreffen =
2
2
r
r 1Ê D ˆ
r
= Dex + hey + Á r
- gey
2 Ë v 0 cosq ˜¯
2
Aber dies wird immer der Fall sein, weil wir den Winkel der Kanone
so gewählt haben, dass diese Bedingung erfüllt ist!
v 0 x TTreffen = D fi
)
enthalten.
– die vertikale Bewegung ist unabhängig von der horizontalen, die für
Platte und Geschoss ja verschieden sind.
D
D
= r
v 0 x v 0 cosq
95
96
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die gleichförmige Kreisbewegung
Kinematik
In der gleichförmigen Kreisbewegung wird der Winkel proportional zur Zeit sein. Wir schreiben:
2.6 Die gleichförmige Kreisbewegung
f ( t) = wt
Kreisbewegungen kennen wir aus der Natur und aus dem täglichen
Leben. Zum Beispiel:
1.
2.
3.
4.
wobei w die Winkelgeschwindigkeit2 ist. Die Winkelgeschwindigkeit ist konstant für eine gleichförmige Kreisbewegung.
Die Bewegung der Erde um die Sonne oder die des Mondes um die
Erde sind ungefähr Kreisbahnen.
Autos bewegen sich auf Kreisbögen, wenn sie um Kurven fahren.
Räder drehen sich im Kreis.
Ein Ball, der an einen Faden gebunden ist und sich so bewegt, dass
der Faden gespannt ist. Die Bahnkurve des Balles wird damit auf
einen Kreis gezwungen.
Das Teilchen bewegt sich im Gegenuhrzeigersinn um den
Kreis mit konstanter Geschwindigkeit. Die Anfangsposition
zur Zeit t=0 ist r=(r,0).
Das Teilchen hat einen ganzen Umlauf durchgeführt, wenn
f (T ) = wT = 2p
Eine Kreisbewegung wird durch den folgenden Ortsvektor beschrieben:
r
r
r
r ( t) = r(cosf ( t))ex + r(sin f ( t))ey
wobei T die Periode des Umlaufs ist. T ist die für einen vollen
Umlauf auf dem Kreis benötigte Zeit.
Die Einheit der Winkelgeschwindigkeit ist ein Winkel pro Zeiteinheit. D.h., z.B. Radian pro Sekunde, oder Grad pro Sekunde.
wobei f der Winkel ist, und r ist der konstante Radius des Kreises.
Dass der Radius wirklich konstant ist, können wir durch die Berechnung des Betrags des Ortsvektors beweisen:
r
r
r
r ( t) = r(cosf ( t))ex + r(sin f ( t))ey
Die Geschwindigkeit ist gleich:
r
r
r
r
dr d
r(coswt)ex + r(sin wt)ey
v ( t) =
=
dt dt
r
r
d
d
= r (coswt)ex + r (sin wt)ey
dt
dt
r
r
= rw (- sin wt)ex + rw (coswt)ey
(
= r 2 cos2 f ( t) + r 2 sin 2 f ( t)
= r 2 (cos2 f ( t) + sin 2 f ( t))
= r = Konst.
wobei wir die folgende gewöhnliche Beziehung benutzt haben, die
für einen beliebigen Winkel a gilt:
Wir können auch beweisen, dass
die Geschwindigkeit senkrecht zum Radius ist.
cos2 a + sin 2 a ∫ 1
2. Wir werden die Winkelgeschwindigkeit in Kap. 5 und 7 weiter diskutieren.
Wenn der Radius konstant ist, ist die Bahnkurve wirklich ein Kreis.
Physik
97
)
98
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die gleichförmige Kreisbewegung
Kinematik
Schliesslich wird die Beschleunigung berechnet. Es gilt,
r
r
r
r
dv d
rw (- sin wt)ex + rw (coswt)ey
=
a ( t) =
dt dt
r
r
= rw w (- coswt)ex - w (sin wt)ey
r
r
= -w 2 r(coswt)ex + r(sin wt)ey
r
= -w 2 r
Wir berechnen das Skalarprodukt zwischen dem Ortsvektor und dem
Geschwindigkeitsvektor:
r r
r
r
r
r
v ◊ r = rw (- sin wt)ex + rw (coswt)ey ◊ r(coswt)ex + r(sin wt)ey
(
)(
= r 2w[(- sin wt)(coswt) + (coswt)(sin wt)]
)
(
=0
Dass der Betrag des Ortsvektors sich mit der Zeit nicht ändert, kann
durch die Berechnung der zeitlichen Ableitung des Betragsquadrats
des Ortvektors (Siehe Kap. 1.5.4) bewiesen werden:
r
r dr
r r
d r r
d r2
r ) = (r ◊ r ) = 2r ◊
= 2r ◊ n = 0
(
dt
dt
dt
(
)
)
)
Die Beschleunigung zeigt zum Zentrum des Kreises.
Diese Ergebnisse könnten wir auch mit Hilfe der Kugelkoordinaten
herleiten. Die generelle Gleichung der Geschwindigkeit ist:
r
df r
df r
dr r
v ( t) = er + r ef = 0 + r ef
dt
dt
dt
r
= rwef
wobei wir angenommen haben, dass der Geschwindigkeitsvektor
zum Ortsvektor senkrecht ist (d.h., das Skalarprodukt verschwindet).
In diesem Fall zeigt die Gleichung, dass die zeitliche Ableitung des
Betrags des Ortsvektors sich nicht ändern wird. Der Betrag ist eine
Konstante.
wobei wir angenommen haben, dass die radiale Komponente sich mit
der Zeit nicht ändert. Wegen der Definition des Einheitsvektors ist die
Geschwindigkeit senkrecht zum Radius (Siehe Abb. 13 und folgende
in Kap. 1.5).
Man sieht auch, dass der Betrag der Geschwindigkeit konstant ist:
r
r
r
v ( t) = rw (- sin wt)ex + rw (coswt)ey
In ähnlicher Weise können wir den Ausdruck der Beschleunigung
herleiten:
= r 2w 2 (sin 2 wt + cos2 wt)
= rw = Konst.
Ê d 2 r Ê df ˆ 2 ˆ r Ê dr df
r
d 2f ˆ r
+ r 2 ˜ ef
a ( t ) = Á 2 - r Á ˜ ˜ er + Á 2
Ë dt ¯ ¯
dt ¯
Ë dt dt
Ë dt
r
r
2
= 0 - r(w ) er + (0 + 0)ef
2r
= - r(w ) er
r
= -w 2 r
(
Physik
(
99
100
)
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die gleichförmige Kreisbewegung
Kinematik
Wir betrachten die gleichförmige Kreisbewegung, d.h. den Fall, in
dem der Betrag des Geschwindigkeitsvektors konstant ist:
r
v = v = Konst.
2.6.1 Geometrische Herleitung
Wir können die gleichförmige Kreisbewegung auch geometrisch
betrachten.
Eine stroboskopische Analyse einer solchen Bewegung zeigt die Verschiebungsvektoren. Siehe Abb. 19b). Wie früher definieren wir Dt
als das Zeitintervall zwischen zwei Blitzen der stroboskopischen
Lampe.
Der momentane Geschwindigkeitsvektor ist in Abb. 19 dargestellt. Er
ist zur Bahnkurve tangential. Wir schreiben diesen Vektor als
r
r
r
v = v 0 x ex + v 0 y ey
Weil v=Konst., sind die Beträge aller Verschiebungsvektoren
in der stroboskopischen Analyse gleich.
und seinen Betrag als
r
v = v = v 02x + v 02y
Mit den Verschiebungsvektoren erhalten wir die mittleren Beschleunigungsvektoren als
r
r
r r
S2 / Dt - S1 / Dt
r
v2 - v1
=
a2 =
Dt
Dt
(
Wir bemerken, dass sich die Richtung dieses Vektors mit der Zeit
ändert. Das heisst, das Teilchen muss beschleunigt werden, um auf
der Kreisbahn zu bleiben.
Ball
Fa
n
de
S3
S2
S4
Damit gilt
V
S1
r r
r
S -S
a2 = 2 2 1
Dt
Figur 19. Gleichförmige Kreisbewegung eines Balles. a) Links: der Faden.
b) Rechts: Die stroboskopische Analyse der Bewegung mit
Verschiebungsvektoren.
Physik
)
wobei wir die Definition der mittleren Geschwindigkeit benutzt
haben:
r
r
r S
r
S
v1 = 1 ;
v2 = 2
Dt
Dt
Wie muss die Beschleunigung des Balles sein?
r
) (
101
102
Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die gleichförmige Kreisbewegung
Kinematik
Es gilt,
Zuerst bemerken wir, dass der Vektor S 2 – S 1 zum Zentrum der
Kreisbahn zeigt. Siehe Abb. 20. Deshalb ist die Beschleunigung auch
zum Zentrum gerichtet.
S3
S2
r r
vDt S2 - S1
qª
=
r
vDt
wobei r der Radius des Kreises ist.
S4
Wir multiplizieren die Gleichung mit v und dividieren beide Seiten
durch Dt. Wir erhalten,
r r
v 2 S2 - S1 r
=
= a1
Dt 2
r
– S1
S1
( S 2 – S 1)
Dieselbe Herleitung gilt für jeden Punkt der Kreisbahn.
Wir haben für eine gleichförmige Kreisbewegung gefunden
1.
2.
die Beschleunigung zeigt zum Zentrum des Kreises und
der Betrag ist konstant in der Zeit und gleich
r
v2
a (t ) =
r
Bestimmung der Beschleunigung einer gleichförmigen
Kreisbewegung.
Figur 20.
D.h., dass der Ball zum Zentrum des Kreises beschleunigt wird.
In jedem Punkt des Kreises, muss der Beschleunigungsvektor senkrecht zum Geschwindigkeitsvektor sein und zum Zentrum des Kreises
zeigen.
Um den Betrag der Beschleunigung zu bestimmen, konstruieren wir
zwei Dreiecke. Siehe Abb. 21. Zwei Ecken der Dreiecke haben denselben Winkel q.
Physik
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Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
Die gleichförmige Kreisbewegung
Kinematik
1.
S1
1
2
S2
q
( S 2 – S 1)
S2 – S1
S2 =
VDt
q
3
–S1
w=
wobei T die Periode des Umlaufs ist.
Die (tangentiale) Geschwindigkeit:
r
r
r
v = rwef
v = v = rw
3.
Die (zentripetale) Beschleunigung:
(c)
r
q
S1 =
VDt
r
r
a = -w 2 r
r
(a)
r
2p
T
2.
VDt
S1 =
Die Winkelgeschwindigkeit w:
2
r
v2
Ê vˆ
a = a = w 2r = Á ˜ r =
Ë r¯
r
q
(b)
Herleitung der Formel für den Betrag der Beschleunigung in einer
gleichförmigen Kreisbewegung.
Figur 21.
Während eines Umlaufs legt das Teilchen einen Weg 2pr zurück. Die
Periode T wird definiert als die benötigte Zeit, um diesen Weg
zurückzulegen. Für v=Konst., gilt
T=
2pr
v
2.6.2 Zusammenfassung
Wir haben wichtige Beziehungen hergeleitet, die im Fall der gleichförmigen Kreisbewegung gelten. Im allgemeinen können wir Winkelvariablen oder lineare Variablen verwenden:
Physik
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Physik I&II, WS 02/03-SS03, Prof. A. Rubbia (ETH/Zürich)
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