V1.2 Kalibrieren eines Multimeters 1 Theorie Unter Verwendung eines einstellbaren Präzisions-Spannungsgenerators für Gleich- und Wechselspannungen wird ein analoges und ein digitales Multimeter kalibriert, d.h. seine aktuellen Abweichungen vom Idealverhalten verglichen mit den zulässigen Fehlergrenzen des Datenblattes. Mit den Ergebnissen wird ein Prüf-Protokoll angefertigt. 1.1 Eingangswiderstand des Messgeräts Betrachtet man ein Vielfach-Messgerät elektrisch nur als Zweipol, den man an dem Messpunkt anschließt, so unterscheiden sich analoge Zeigerinstrumente (ohne Verstärker), solche mit Verstärker und digitale Messgeräte sehr grundsätzlich in ihrem äußeren elektrischen Verhalten. (Passive) Zeigerinstrumente sind stromgesteuerte Anzeigegeräte, die für die Bewegung des Messwerks einen bestimmten Stromwert, z.B. 0..30uA, benötigen, den die zu untersuchende Spannungsquelle liefern muß. Durch eine Kette von Vorwiderständen mit dem Bereichsschalter Abbildung 1 passives Vielfachinstrument Strom/ Spannung mit 1 kΩ/Volt wird sichergestellt, daß in allen eingestellten Spannungs-Messbereichen ein etwa konstanter Strom durch das Messgerät fließt. Fließt so durch das Gerät bei Vollausschlag des Zeigers der gleiche Strom durch die Messspitzen, im 3V Bereich genauso wie im 300V Bereich, ergibt sich ein veränderlicher Eingangswiderstand des Messgerätes, der sich mit der Wahl des Messbereichs ändert (typisch 30 kOhm / Volt, mit Bezug auf den gewählten Messbereich). Heute verwendete digitale Multimeter haben intern Schaltungen und Verstärker, die Spannungswerte verarbeiten. Deswegen wird am Eingang ein hochohmiger Spannungsteiler verwendet, von dem mit dem Bereichsumschalter bei Bedarf Teilspannungen abgenommen werden. Daher ist der Eingangswiderstand bei solchen Geräten hochohmig (typisch 10 MOhm) und in allen Bereichen konstant. mtlab1v207.doc / 22.09.2004 21:32 Seite 1/11 Kalibrieren eines Multimeters Werden diese Vielfach-Messgeräte in realen elektronischen Schaltungen eingesetzt, so entstehen durch den Eingangswiderstand des Messgerätes in Verbindung mit dem Quelleninnenwiderstands möglicherweise große systematische Messfehler oder sogar Störungen der Schaltung. 1.2 Fehlerquellen Führt man eine Messung durch und notiert den angezeigten Wert, so ist neben der Größe des Wertes auch die Messunsicherheit von Interesse. Diese mögliche Abweichung zwischen dem „wahren“ Wert und dem abgelesenen Wert ist vor allem dann wichtig, wenn der Messwert eine zugesagte Eigenschaft eines Produktes darstellt (z.B. Reichweite, Empfindlichkeit, Leistungsverbrauch). Bei den Ursachen der Abweichung unterscheidet man: • zufällige Abweichungen Sie werden durch zufällige elektrische oder mechanische Störungen, Rauschen, Reibung, durch Übertragungs- oder Ablesefehler verursacht. Wiederholt man die Messungen mehrmals, kann durch Mittelwertbildung die Abweichung verringert werden. • systematische Abweichungen Sie werden durch eine große Anzahl Ursachen hervorgerufen, die regelmäßig und vorhersagbar auftreten. Dazu gehören Nichtlinearitäten von Bauelementen oder Anzeigegeräten, Temperatureinflüsse, Lageabhängigkeiten, Nullpunkt- und Skalenfaktorfehler, Trägheit, Resonanz, Abweichungen durch Quelleninnenwiderstände, Leckströme, Isolationsmängel und anderes. Sind die Ursachen und Einflüsse genau genug bekannt, könnte man systematische Fehler korrigieren. 1.3 Klassengenauigkeit Die Klassengenauigkeit oder Garantiefehlergrenze eines Messgerätes ist ein bei analogen Instrumenten vom Hersteller festgelegter Wert. Der Hersteller sichert dem Benutzer zu, daß die Fehler der mit dem Messgerät unter festgelegten Bedingungen ermittelten Messwerte innerhalb der angegebenen Grenzen liegt. Diese Garantiefehlergrenze G als mögliche größte Abweichung bezieht sich auf den Messbereichsendwert Unsicherheit ∆x ∆x G =± = Meßbereichsendwert X X und bildet so ein Unsicherheitsband mit konstanter Breite um die ideale Kennlinie herum. 1.4 Fehlergrenzen digitaler Messgeräte In den Datenblättern von digitalen Messgeräten ist die Messunsicherheit aufgeteilt in einen Skalenfaktorfehler und eine Nullpunktabweichung, weil die Nichtlinearität der Messwertverarbeitung nur vernachlässigbar klein ist. Die Messunsicherheit G ist für jeden Bereich angegeben als G = ± ( % der Ablesung ± Anzahl von Meßschritten (digits )) und bildet deswegen als Unsicherheitsbereich einen mit dem Ausschlag zunehmenden Trichter und einem kleinen konstanten Anfangsbereich. 1.5 Auflösung Die Anzahl der angezeigten Stellen bei einem digitalen Messgerät hat nur wenig mit der Genauigkeit der Messung zu tun. Die kleinste unterscheidbare Wertänderung ist ein Schritt in der kleinsten Stelle, die Auflösung des Messbereichs. Die Messunsicherheit kann aber um ein vielfaches größer als die Auflösung sein. Als Beispiel kann ein Vielfachmessgerät (LCD- mtlab1v207.doc / 22.09.2004 21:32 Seite 2 /11 Kalibrieren eines Multimeters Anzeige 0…3999) mit der Auflösung 1/3999 = 0,025% im Bereich Gleichspannung eine Messunsicherheit von ±(0,8% ± 1 digit) haben, ein real viel größerer Wert. 1.6 Kalibrieren Kalibrieren ist eine Prüfung auf Einhaltung der zugesicherten Fehlergrenzen unter vereinbarten Testbedingungen, z.B. Raumtemperatur, Lage des Geräts, Aufwärmzeit und Signalform. Das Ergebnis ist hauptsächlich „erfüllt“ oder „nicht erfüllt“. Abweichungen vom Idealwert werden nicht korrigiert. Die Messergebnisse werden protokolliert. Bei der Herstellung oder Reparatur eines Messgerätes werden die Eigenschaften justiert, bis sie innerhalb der Fehlergrenzen liegen. Das moderne Qualitätsmanagement (ISO9000) fordert für alle wertenden Messgeräte eine regelmäßige Kalibrierung gegenüber einem geeignet genauen Referenzgerät. 1.7 Spannungs-/Stromnormale Für den Einsatz als Prüfgeräte oder Signalquellen in Versuchen gibt es besondere einstellbare Spannungs- oder Stromquellen, die über digitale Schalter in feinen Stufen einstellbar, z.Teil auch fernsteuerbar über den IEC-Bus, sind und speziell für eine hohe Stabilität der Ausgangswerte entwickelt wurden. Werden sie von offiziell zugelassenen Prüfinstituten, z.B. dem Deutschen Kalibrierdienst DKD auf Genauigkeit und Einhaltung der Werte, besonders mit Bezug auf die offiziellen Größen des SI-Systems der PTB, überprüft, können sie als Normalspannungsquellen für die Prüfung und Freigabe von Messgeräten verwendet werden. Von einem Labornormal erwartet man in der Regel eine um den Faktor 10x…3x geringere Messunsicherheit als die des Prüflings. Besonders die Erzeugung fein abgestufter Wechselspannungen mit hoher Genauigkeit erfordert einen hohen technischen Aufwand. Ein solches Kalibriergerät wird im Rahmen dieses Versuches eingesetzt. 1.8 Messfehler in realen Schaltungen Eine elektronische Schaltung, z.B. ein Transistor-Verstärker, bildet ein kompliziertes Netzwerk aus linearen und nichtlinearen Bauelementen. Häufig haben Ströme und Spannungen in der Schaltung sehr geringe Werte. Durch das Hinzufügen des Messgeräte-Innenwiderstands beim Messen wird die Schaltung gestört. Eine Messung gegen das Null-Potential (Masse) führt zu einem zusätzlichen Abfluß von Strom aus einem Netzknoten, eine Messung der Spannungsdifferenz führt zu Zu- und Abflüssen des Stroms zwischen den Netzknoten. Knoten mit sehr geringen Strömen lassen sich häufig nur indirekt oder mit Spezialmessköpfen messen. Eine Spannungsmessung an Quellen mit hohem Quellenwiderstand ergibt systematisch falsche Messungen mit Abweichungen, die häufig viel größer als die angegebenen Messgeräteunsicherheiten sind. Möglicherweise wird die Funktion der Schaltung durch die Messung massiv gestört. Zusätzlich zur Verschiebung der Gleichspannungsarbeitspunkte können durch die Messgeräte und angeschlossenen Kabel Brumm- und Hochfrequenzstörungen in die untersuchte Schaltung eingekoppelt werden. mtlab1v207.doc / 22.09.2004 21:32 Seite 3 /11 V 1.2 Kalibrieren eines Messgerätes 2 Versuchsvorbereitung Sie machen sich mit der Definition der Fehlergrenzen von Messgeräten vertraut. Berechnen Sie den Arbeitspunkt und die zu erwartenden Spannungen der Transistorschaltung in Anhang 1. Bereiten Sie eine Tabelle zu Pkt.9 der Messaufgabe vor. Die Fehlergrenzen werden von Ihnen am Laborplatz für die dort zur Kalibrierung bereitstehenden Geräte ermittelt und eingetragen. Unter Verwendung der dort vorhandenen Datenblätter und Tabellen bereiten Sie die Kalibrierung der Messgeräte vor, indem Sie für einen ausgewählten Bereich der Messgeräte (Umax <= 100 Volt, Imax <= 100mA) die Fehlergrenzen berechnen und skizzieren. 3 Durchführung (1) Kalibrieren von einem analogen und einem digitalen Multimetern in jeweils 2 Gleichspannungsbereichen, 1 Wechselspannungsbereich bei 50 Hz und 400 Hz und zwei Gleichstrombereichen (Bereiche nach Wahl), jeweils Anfangs-, Endwert und 3 Zwischenwerte. Anfertigung eines (endgültigen) Kalibrierprotokolls während der Wertaufnahme. (2) Anschluß der Transistorschaltung und Durchführung der Arbeitspunkt-Messungen. 4 Auswertung Die Kalibrierurkunden werden am Laborplatz mit der Beendigung der Messungen fertiggestellt. Die geprüften Geräte werden entsprechend gekennzeichnet. Berechnung der prozentualen Fehler als systematische Fehler bei der Arbeitspunktmessungen in der Verstärkerschaltung. Kurze Diskussion der Ergebnisse, z.B. die Eignung der verwendeten Messgeräte und das Verhältnis der Fehler infolge von Gerätefehlern und als Folge des Messvorgangs. bei dem Versuch eingesetzte Geräte Kalibrierspannungsquelle digitale Multimeter der Typen analoge Multimeter mtlab1v207.doc / 22. Sep. 04 Rotek Kalibrator AC/DC VC M3860M, M3610D, VC222, VC444 und andere Unigor 3n und andere Seite 4 / 11 Laborbericht Kalibrieren eines Multimeters 5 Anhang 1 5.1 Transistor-Verstärker in Emitterschaltung mit NPN-Transistor 2N2221 Annahmen für die Schaltungsfunktion: Basis-Emitter-Spannung UBE = 0,6 Volt; Stromverstärkung B = IC/IB = 100, Basisstrom = 1/B ⋅ Kollektorstrom Basisstrom << Spannungteiler-Strom Arbeitspunkte und Potentiale der Schaltung (Näherungsrechnung): (1) Berechnen Sie den Strom im Spannungsteiler R3, R4, unbelastet (2) Berechnen Sie die Spannung U am TP 1. (3) Berechnen Sie die Spannung am Testpunkt TP4 unter der Annahme UR1 = 150 mV (Anwendung des Maschensatzes) (4) Berechnen Sie den Emitter- gleich Kollektorstrom über UTP4 und R5 (5) Berechnen Sie die Spannung am TP3 über den Kollektor-Strom, der näherungsweise wertmäßig dem Emitterstrom entspricht. (Rechnungen näherungsweise bzw. vereinfachend) Messungen jeweils mit UNIGOR (analog) und Digitalmultimeter: (5) Basis-Vorspannung: TP1 gegen Masse, TP 2 gegen Masse ; dazu als Kontrolle mit dem anderen Instrument die Spannungsänderung durch den Messvorgang an TP4 (6) Basis-Strom durch eine Spannungsmessung von TP1 gegen TP2; (7) Basis-Kollektor-Spannung: TP3 gegen TP2 , dazu als Kontrolle mit dem anderen Instrument die Spannungsänderung durch den Messvorgang an TP4 (8) Kollektorspannung: TP3 gegen Masse. (9) Erstellen Sie eine Tabelle mit den Spalten für errechnete Werte, „wahre Werte“ (Laborplatz), gemessen UNIGOR, %Fehler, gemessen DVM, %Fehler für die gemessenen Werte an den Testpunkten. mtlab1v207.doc / 22. Sep. 04 Seite 5 / 11 Laborbericht Kalibrieren eines Multimeters Kalibrierprotokoll: Prüfung eines Multimeters Datum: Uhrzeit: Prüfstand: Spannungs-/Stromnormal: verwendete Messbereiche Raumtemperatur: Prüfling: Bezeichnung Typ Seriennummer: Inventar-/Geräte-Nummer Baujahr: Prüfer: Ergebnis: das Gerät ist zur allgemeinen Benutzung freigegeben: O ja O nein Datum, Unterschrift mtlab1v207.doc / 22. Sep. 04 Seite 6 / 11 Kalibrieren und Einsatz eines Multimeters mtlab1v207.doc/22. Sep. 04 Seite 7 / 11 Kalibrieren und Einsatz eines Multimeters mtlab1v207.doc/22. Sep. 04 Seite 8 / 11 Kalibrieren und Einsatz eines Multimeters Kalibrierprotokoll: Prüfung eines Multimeters Datum: Uhrzeit: Prüfstand: Spannungs-/Stromnormal: verwendete Messbereiche Raumtemperatur: Prüfling: Bezeichnung Typ Seriennummer: Inventar-/Geräte-Nummer Baujahr: Prüfer: Ergebnis: das Gerät ist zur allgemeinen Benutzung freigegeben: O ja O nein Datum, Unterschrift mtlab1v207.doc/22. Sep. 04 Seite 9 / 11 Kalibrieren und Einsatz eines Multimeters mtlab1v207.doc/22. Sep. 04 Seite 10 / 11 Kalibrieren und Einsatz eines Multimeters mtlab1v207.doc/22. Sep. 04 Seite 11 / 11