CULTURE ASIA Fotos Cedric Diradourian, Alex Singh, Ly Dik CULTURE ASIA „Ferociously fast and furios“, betitelte der „Guar­dian“ die Trippple-Nippples-Bühnenshows. Zu Recht. Denkt man, man habe al­les bereits ge­sehen, so sollte man sich den Nippeln stellen. Am besten mit Ohrenstöpseln. Sie sind laut, sie sind schnell, bunt, manches Mal nackt und auch sehr verstörend. „DreifachNippel-Alarm“, so könnte man den Namen der in Ja­pan tobenden Band frei übersetzen – wie passend. Doch bei dem Versuch der musikalischen Ka­tegorisierung bleibt man zwangs­läufig ste­hen. Elektro? Check. Pop-Elemente? Auch da­bei. Sowie Kunst und Kitsch und definitiv sehr, sehr viel Punk-Attitude. Nennen wir es besser mal Neo-Punk, um den Punk-Urvätern die nötige Ehre zu gebühren. Die Trippple Nippples machen also Elektro-Kitsch-Pop-NeoPunk oder auch Brain Damage Pop, wie sie ih­re Musik selbst liebevoll bezeichnen. Brain Damage Pop, der einem vi­suell die Fresse poliert. Klingt nicht mal annähernd so anstrengend, wie es auf der Bühne tatsächlich wirkt. Die Mädchen Qrea Nippple, Yuka Nippple und Nabe Nippple lieben die ganz große Insze­nierung, das Rollenspiel und die Freiheit, im sonst sehr züchtig anmutenden Japan re­gel­ recht die Sau rauszulassen. Sie ziehen blank und geraten regelmäßig in einen (manchmal ekligen) Bühnenrausch. Sauber und frisch kommt man als Zuschauer auch nicht davon. Farbexplosionen und Exzesse mit Flüssigkeiten gehören auch zum Repertoire – warum auch nicht? Tracks wie „LSD“ oder „Masaka“ lassen der Fantasie viele Spielräume und er­ahnen, dass angepasste und beschwingte Pop­ musik mit dem Kauf einer Trippple-Nippples- Konzertkarte nicht zu erwarten sind. Ihre Kos­tüme sind aufwändig, wenn auch wertfrei. Kre­iert wird aus Zeitungspapier, aus Schlamm, Hühnerfedern, Schlagsahne, Altem und Abgelegtem sowie allem, was so ein 100-Yen-Store (Pendant zu unseren Ein-Euro-Geschäften) zu bieten hat. Von so viel Kreativität könnte sich so mancher Kölsche Jeck im Bienen- oder im Pippi-Langstrumpf-Kostüm noch ’ne Scheibe abschneiden. Angeblich seien die drei performenden Nip­pel miteinander verwandt, schreiben die japa­ni­schen Gazetten. Cousinen, so munkelt man. Es wird noch vertrackter: Auch die drei männ­li­chen australischen Instrumentalisten der Band Joseph Lamont, James Masheder und Elliott Hasiuk seien angeblich blutsverwandt. Familien-Dreier also, wohin das Auge schaut. Nun wollen wir uns aber nicht mit Stammbäumen aufhalten, der WTF-Effekt liegt bei den Trippple Nippples definitiv woanders. Fragt man sie jedoch nach ihren Wurzeln, so berich­ ten sie von dem anfänglichen Wunsch, die ja­pa­ni­sche Antwort auf Destiny’s Child sein zu wol­len. Hm, im Leben kann ja nicht alles klap­pen... Aber auf dem Weg, echte Berühmtheiten zu werden, sind sie. Und der führt sie auf diverse Bühnen mit Die Antwoord, mit Devo und auch vor die Kamera in Pharrell Williams’ Dokumentation „Tokyo Rising“. Trippple Nippples go black Eine Philosophie kann man lange suchen. Man wird keine finden. Tatsächlich gehen wir wahrscheinlich zu westlich verkopft an dieses Band-Inferno und vermuten nach Intellektualität lechzend politische oder feministische Motivationen hinter dem Trippple-NippplesSpektakel. Ähm, nö. Negativ. Es gibt nur ein paar Ziele, die werden kichernd genannt. Das erste, die bekannteste Band Japans zu werden, habe man bereits erreicht. Nun arbeite man an der Weltherrschaft und der Herausforderung, die bekloppteste Band des Planten zu werden und ein Konzert auf dem Mond zu geben. Wir sind zuversichtlich. trippplenippples.com Qrea, Yuka und Nabe sind die weibliche Hälfte der Band ­Trippple Nippples big in japan Das nie ruhende Tokio hat in den letzten Jahren so manche musikalische ­Skurrilität ausgespuckt, gewiss. Sehr viel davon verwehrt sich unserem ­westlichen Verständnis und Ohr. Eines aber ist definitiv auch hierzulande auf dem Weg nach oben: der Elektro-Noise-Pop. Ganz vorne mit dabei: die Band Trippple Nippples. TEXT Agi Habryka 76 Farbexplosionen und Exzesse mit Flüssigkeiten gehören zum festen Repertoire der TripppleNippples-Bühnenshow Die Trippple Nippples basteln ihre BühnenOutfits gerne selbst. Zeitungspapier, Schlamm, Federn oder Schlagsahne sind die Hauptmateri­ alien der extravaganten Kreationen 77