Datum: 08.07.2017 Bündner Tagblatt am Wochenende 7007 Chur 081/ 255 50 50 www.suedostschweiz.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 8'487 Erscheinungsweise: wöchentlich Seite: 10 Fläche: 72'678 mm² Auftrag: 1015977 Themen-Nr.: 278.013 Referenz: 65989078 Ausschnitt Seite: 1/2 Trennt uns etwas vom Paradies? «Seven - Sieben Todsünden und mehr»: Die Premiere des unter diesem Titel stehenden Tanztheaters im Rahmen des Kulturfestivals Origen am Freitagabend in der Clavadeira von Riom machte betroffen. rung, mehr Ruhm, mehr Schönheit, mehr Fast auf den Tag genau vor 84 Jahren, am Macht, mehr Tötung, mehr Leben, mehr, 7. Juni 1933, gelangte Kurt Weills Ballett- mehr, mehr, mehr, mehr... », sagt Oishi. Oper «Die sieben Todsünden» in Paris Und weiter: «Als ich über diese Gier auf zur Uraufführung. Sein aufrüttelnd her- unserem Planeten nachdachte, stiess ich bes und gleichzeitig schönes «Ballett auf die sieben Todsünden.» Chant& entlarvt die Doppelmoral ameWer nun erwartet, Yuka Oishis künstVON CHRISTIAN ALBRECHT ren. «Wie in der chinesischen Philosophie Yin und Yang - wenn es eine dunkle Sei- te in uns gibt, muss es auch eine lichte Seite in uns geben», sagt sie. Diese Dualität setzt sie auf der Ebene des Tanzes fort, indem sie einerseits das Nö-Theaterspiel und europäische Tanzstile amalgamiert rikanischer Kleinbürger, die Bertolt lerisch-tänzerische Auseinandersetzung und so zu einer neuen Art und Weise des Brecht in seiner satirischen, von Weill verwendeten Textvorlage karikiert. Inhalt und Aussage des albtraumartigen Opus sind auch heute noch, wenn auch unter veränderten Vorzeichen, erschreckend aktuell. Die 1984 im japanischen Osaka geborene Choreografin Yuka Oishi befasste sich für ihre Inszenierung in Riom ebenfalls mit den sieben Todsün- mit dem Thema münde in eine düstere Ausdrucks findet. Inhaltlich versteht sie Szenografie und nach einem bedrohli- es andererseits, einem möglicherweise chen Crescendo im finalen Chaos, sieht drohenden endzeitlich-apokalyptischen sich getäuscht. Nicht, dass hier die Laster Inferno mittels einer äusserst eindrückund dunklen Seiten des Menschen schön- lichen, symbolstarken Tanzsprache die getanzt oder gar ausgeblendet werden: Suche nach dem Menschlichen, der HuEs gibt in dieser Choreografie wie auch manitas gegenüberzustellen. Das mag der in der dazu gehörigen Musik äusserst gegen Ende des Stückes auftretende weiss stark aufrüttelnde Momente, die dem Zu- gewandete Cristo Redentor symbolisieschauer die Kehle zuschnüren und den ren, der seine schützenden Arme über Atem stocken lassen. Die Tanztruppe mit die Gefallenen und die nicht enden wolYumi Aizawa, Simone Repele, Sasha Riva, lenden Blutströme auf dieser Erde aus- den, die - nach der klassischen Theologie - sieben schlechten Charaktereigenschaften entsprechen. Diese selbst sind keine Sünden im engeren Sinn, können jedoch Sophie Ver&res und Luca-Andrea Tessaderen Ursache sein. rini leistet sowohl in den temporeichkraftvollen wie in den liebevoll sensibelAufrüttelnde Momente verspielten Momenten im Ensemble wie Ausgangs- und Brennpunkt von Yuka auch in vielen Soli während 60 Minuten Oishis inhaltlicher Recherche ist die Gier. absolut Hervorragendes. Durch die Wirtschaftskrise, die Gier von Bankern, Managern und Wirtschaftska- Tanzstile verschmolzen pitänen ist dieses urwüchsige Monster, Yuka Oishi versteht es, in ihrem Stück die das ungefüttert den Menschen zu ver- offenbarten menschlichen Abgründe mit schlingen droht, erneut ins kollektive feinem Gespür kunstvoll (will heissen: Bewusstsein gerückt. «Diese Welt ist von künstlerisch überzeugend) zu sublimieGier geblendet. Mehr Geld, mehr Nah- breitet. Es kann auch das weit zum azurblau verblassenden Abendhimmel geöff- nete Scheunentor sein, durch welches am Ende dieses Tanztheaters ein gleissend helles Scheinwerferlicht auf den blossen Oberkörper eines am Boden kauernden Tänzers fällt. Trennt uns etwas vom Paradies? Und wenn ja, was? Weitere Aufführungen: Morgen Sonntag, 9. Juli, 16.30 Uhr, sowie 13. und 15. Juli, jeweils 21 Uhr, Clavadeira, Riom. Infos: www.origen.ch ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Datum: 08.07.2017 Bündner Tagblatt am Wochenende 7007 Chur 081/ 255 50 50 www.suedostschweiz.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 8'487 Erscheinungsweise: wöchentlich Seite: 10 Fläche: 72'678 mm² Auftrag: 1015977 Themen-Nr.: 278.013 Hochmut, Jähzorn, Neid: Das Tanzensemble des Kulturfestivals Origen nimmt in Riom einiges auf sich. ARGUS DATA INSIGHTS® Schweiz AG | Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich T +41 44 388 82 00 | E [email protected] | www.argusdatainsights.ch Referenz: 65989078 Ausschnitt Seite: 2/2 Fotos Bowie Verschuuren