Die Südostschweiz, 1.4.2015

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KULTUR REGION
Brecht und Weill
im Kino Apollo
Bertold Brechts und Kurt Weills Volks­
oper «Rise And Fall Of The City Of
Mahagonny» ist eines der grossen
Bühnenwerke des 20. Jahrhunderts.
Weills Mischung aus populärer Musik
der Zwanzigerjahre, Jazz, Neoklassik
und Romantik hat zahlreiche spätere
Opern und Musicals stark beeinflusst.
Brechts Libretto erzählt die Grün­
dung, den Aufstieg und den Nieder­
gang der fiktiven Stadt Mahagonny.
Im Rahmen der Liveübertragungen
aus dem Royal Opera House in Lon­
don zeigt das Kino Apollo in Chur
heute Mittwoch, 1. April, um 20 Uhr
eine Fassung der Oper in der Regie
von John Fulljames. (so)
Südostschweiz | Mittwoch, 1. April 2015
In den Köpfen der Emigranten
Mit sechs Uraufführungen feiert das Origen-Kulturfestival in Riom unter dem Titel
«Exodus» vom 15. Juni bis 17. Oktober sein zehnjähriges Bestehen. Eröffnet wird
zudem die zweite Spielstätte von Origen, die Clavadeira.
Albi Bruns skurrile
Maschinenwelt
Von Donnerstag, 2. April, bis Samstag,
2. Mai, präsentiert der Churer Grafiker
Albi Brun in der Churer Stadtgalerie
eine Ausstellung mit dem Titel «Merk­
und denkwürdige Fortbewegungsmit­
tel». Bruns skurrile Maschinenmodel­
le sind aus alten Gerätschaften, Ma­
schinen­ und Apparateteilen zusam­
mengebaut und bilden einen fantasti­
schen Kosmos aus seltsamen Segel­
und Raumschiffen, aus Unterseeboo­
ten und Fliegern, die direkt einem Ro­
man Jules Vernes entstammen könn­
ten. Die Vernissage zur Ausstellung
findet morgen Donnerstag, 2. April,
um 18 Uhr statt. (so)
H. R. Giger an der
Bad Ragartz 2015
Am 9. Mai öffnet die Skulpturenaus­
stellung Bad Ragartz zum sechsten Mal
ihre Tore. Neben 90 Künstlerinnen und
Künstlern aus 13 verschiedenen Län­
dern wird es dieses Jahr auch einen
Schwerpunkt mit Werken von
H.R. Giger geben. Laut Rolf Hohmeister,
dem Gründer und Organisator des
Kunstanlasses, soll in Zusammenarbeit
mit dem Museum H.R. Giger in Greyerz
eine «Hall of Fame» zu Ehren des 2014
verstorbenen Künstlers eingerichtet
werden. Der Raum wird verschiedene
Skulpturen Gigers beinhalten. (so)
Marco Santilli
bei «Weekly Jazz»
Der Tessiner Klarinettist Marco Santilli
tritt am Donnerstag, 2. April, um
20.30 Uhr in der Reihe «Weekly Jazz»
in der «Marsöl»­Bar in Chur auf. San­
tilli hat bei Hansjürg Leuthold und
Heinz Hofer in Zürich studiert und
spielt derzeit im Orchester der Oper
Zürich und beim Orchestra della sviz­
zera italiana. Für sein Konzert in Chur
hat er sich mit Rolf Caflisch am
Schlagzeug, Dave Maeder am Bass
und Saki Hatzigeorgiou an der Gitarre
zusammengetan. (so)
Stadt Chur spricht
Defizitgarantien
Der Stadtrat der Stadt Chur hat zwei
Defizitgarantien im Kulturbereich ge­
sprochen. Laut Mitteilung erhält das
Tanztheater Pasiòn für die Produktion
«Die kleine Churer Oper: Drum sing i,
grad drum» 15 000 Franken. Der
Bündner Singkreis erhält für die Auf­
führungen von Wolfgang Amadeus
Mozarts «Requiem» und von dessen
Klarinettenkonzert in A­Dur 10 000
Franken. (so)
Federführend: Architektin Carmen Gasser, Giovanni Netzer und Juanjo Arques (von links) informieren über das diesjährige Origen-Kulturfestival.
von Valerio Gerstlauer
Z
unächst das diesjährige
Programm, später die Zu­
kunftsaussichten des Festi­
vals. Nach diesem Motto in­
formierte Giovanni Netzer,
Intendant des Origen­Kulturfestivals
in Riom, gestern in Chur die Medien.
Anlässlich des 10­Jahr­Jubiläums wird
Netzer daher erst im Sommer eine
Standortbestimmung vornehmen und
über seine Absichten aufklären, wel­
chen Weg das Festival in Zukunft ein­
schlagen soll.
Ein wenig allerdings liess sich Net­
zer gestern dennoch in die Karten bli­
cken. So zeichnet sich wohl ab, dass
sich das Origen­Kulturfestival vom
Bewegungs­ hin zum Tanztheater ent­
wickelt und dass Netzer aus diesem
Grund weniger Regiearbeiten über­
nimmt. Die Verantwortung liegt ver­
stärkt bei international bekannten
Choreografen.
«Die Not hält an»
Bereits bei der diesjährigen Festival­
ausgabe, die vom 15.Juni bis zum
17.Oktober stattfindet und unter dem
Titel «Exodus» steht, liegt der Schwer­
punkt auf Tanzproduktionen. So ste­
hen vier Uraufführungen in diesem Be­
reich auf dem Programm. Eröffnet
wird der Tanzreigen am 24.Juli mit der
Premiere von «Joseph», einem Tanz­
theater zur Josephslegende von Cho­
reografin Yuka Oishi. Auf der Bühne
stehen Tänzer des Hamburg Ballett
von John Neumeier. Zur zweiten Urauf­
führung lädt am 6. August Choreograf
Eno Peci. Er erzählt im Tanztheater
«Exil» von zerbrechenden Familien,
verlorenen Kindheiten und verlasse­
nen Müttern, die Sinn suchen im Exil
ihrer Kinder. Angekündigt sind Tänzer
des Wiener Staatsballetts.Am 7.August
werden anschliessend erstmals die
Choreografien «Causality» von Peter
Leung und «Departure» von Juanjo Ar­
ques präsentiert. Wie fast alle Veran­
staltungen dieser Festivalausgabe sind
auch sie Migrationsthemen gewidmet.
«Die Thematik spannt einen weiten
Bogen von den mythischen Völker­
wanderungen der Urzeit bis zu heuti­
gen Flüchtlingsfragen», sagte Netzer.
Auch Deportationen hätten Geschichte
gemacht, und die Not halte an, bis heu­
te. «Graubünden ist ebenfalls Emigran­
tenland – jahrhundertelang haben
Söldner, Architekten und Zuckerbäcker
ihr Brot in der Fremde gebacken.»
Zum Thema passt auch die Oper
«Benjamin», die Gion Antoni Derungs
(1935–2012) für Origen zur Eröffnung
der Burg Riom geschrieben hat und
heuer in einer Neuinszenierung Net­
zers zu sehen ist. Die Josephslegende
steht bei dieser Oper wie schon beim
Tanztheater «Joseph» im Fokus. Mit
der Premiere «Benjamins» am 17.Juli
wird die zweite Origen­Spielstätte er­
öffnet: die Clavadeira in der Scheune
von Sontga Crousch in Riom. Die
Scheune wurde 2014 provisorisch be­
spielt und erlaubt dem Festival die
Ausdehnung der Spielzeit über die
Wintermonate.
Niemand will auf die Arche
Auf Reisen geht das Origen­Kulturfes­
tival mit der neuen Commedia dell’
100
Veranstaltungen
… zeigt das Origen-Kulturfestival
im Rahmen der diesjährigen
Ausgabe.
Die Verantwortung
liegt verstärkt bei
international
bekannten
Choreografen.
Bild Olivia Item
arte «L’Arca» unter der Regie von Fa­
brizio Pestilli. Diese wird in Andeer,
Bergün, Bivio, Chur, Filisur, Laax,
Lantsch, Lenzerheide, Müstair, Pratval,
Rapperswil, Riom, Savognin, Scuol,
Sils, Verscio und Zürich aufgeführt.
Von den 100 Veranstaltungen des Fes­
tivals fallen damit 42 auf «L’Arca». Lie­
bevoll wird dabei der Sintflut­Mythos
auf die Schippe genommen: Noah
baut die Arche, sammelt Tierpärchen
und harrt der grossen Flut. Seine Fa­
milie ist an Bord und ärgert sich über
den Spott der Menschen. Ansonsten
ist keiner an der Überfahrt interes­
siert, denn die Welt ist schön.
Zu einer weiteren Uraufführung
lädt Perkussionist Peter Conradin
Zumthor am 30.Juli in die Luftschutz­
räume des Schulhauses in Riom. Inmit­
ten von Kajütenbetten und Stahlbeton­
wänden wird er sein Solostück «Ein­
sam» zu Gehör bringen. In dem Werk
über das Alleinsein greifen Komposi­
tion und Improvisation ineinander.
Als Kernstück des Festivals bezeich­
nete Netzer schliesslich die Reihe
«Laudes e complet», die von Anfang
an zum jährlichen Programm gehört.
So singt auch dieses Jahr das Ensemb­
le Cantori gregorianische Horen in
verschiedenen Kirchen des Kantons.
Das detaillierte Programm und
Informationen zur Ticketreservation
unter www.origen.ch.
Drei Fragen an …
Giovanni Netzer
Intendant
des Origen-Kulturfestivals,
Riom
1
Der Kanton Graubünden
garantiert dem OrigenKulturfestival ab diesem
Jahr im Rahmen einer erstmals
gesprochenen Leistungsvereinbarung 200 000 Franken pro
Festivalausgabe. Sind Sie mit der
Summe zufrieden?
Ich bin sehr zufrieden, dass wir
diese Leistungsvereinbarung haben.
Für uns ist es wichtig, dass ein Teil
der Unterstützung nicht projekt­
abhängig ist, sondern Anfang Jahr
bereits ausbezahlt wird. Das ist für
uns ein grosser Fortschritt. Wir
haben zudem die Zusage bekommen,
dass alle Projekte, die ausserhalb
des Kontorahmens sind, wie bisher
über Projektbeiträge gefördert
werden.
2
Aber Sie haben einen
grösseren fixen Kantonsbeitrag budgetiert. Richtig?
Wir budgetieren die Beiträge des
Kantons grundsätzlich nicht. Beim
Kanton denkt man derzeit auf gute
Weise über die Kulturförderung
nach. Das Kulturförderungsgesetz ist
in Totalrevision und wird wohl im
nächsten Jahr erste Spuren zeitigen.
Von da her sind wir froh um das,
was im Moment möglich ist und
hoffen, dass die Revision generell zu
einer Stärkung der Kultur in
Graubünden führt.
3
Sind Festivaldimensionen
wie im vergangenen Jahr, als
man auch im Engadin und
im Münstertal Veranstaltungen
durchführte, mit dem aktuellen
Budget noch möglich?
Das vergangene Jahr hat uns gezeigt,
dass vieles möglich ist, dass ein The­
ma auch diversifiziert werden kann,
dass es in verschiedenen Gattungen
funktionieren kann. Wichtig ist aber,
dass wir den Betrieb konsolidieren,
dass wir uns fragen, wie wir uns lang­
fristig finanzieren können, wie wir
gute Leute bekommen, die über eine
Saison hinaus mitwirken. Das sind
Fragen, die wir uns im vergangenen
Jahr gestellt haben, und zu denen
wir in den nächsten Monaten Aus­
sagen machen werden. Ich glaube,
dass ein starker kultureller Fokus in
einer Gegend wie Mittelbünden
helfen kann, eine solche Region zu
entwickeln.
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