Staatsexamensklausur für das Lehramt L 1 (Wahlfach) / L 2 / L 5 Herbst 2002 Mathematik Zugelassenes Hilfsmittel: Einfacher nicht programmierbarer Taschenrechner (ohne Lösemodule sowie sonstige Computeralgebrakomponenten und ohne Grafik) Mathematischer Teil Bearbeitungszeit: 2 Stunden Gewertet werden die drei besten Aufgaben. 1 Geometrie (1) Seien R, S und T drei Punkte, die nicht auf einer Geraden liegen. Wir betrachten den Winkel ∠RST und von seiner Winkelhalbierenden denjenigen Strahl w, der im Inneren von des Winkels liegt. Beweisen Sie: Die Punkte auf w sind genau diejenigen Punkte, welche von den Schenkeln von ∠RST denselben Abstand haben. (2) Ein Dreieck ∆ABC sei durch die folgenden Punkte gegeben: A = (2 | 1), B = (8 | 1), C = (2 | 9). (a) Zeigen Sie, der Punkt P = (6 | 2) hat von den Seiten BC und AB denselben Abstand. (b) Stellen Sie die Gleichung der Dreieckswinkelhalbierenden durch den Punkt B auf. (c) Berechnen Sie für ∆ABC den Schnittpunkt der Winkelhalbierenden durch B mit der Winkelhalbierenden durch A. (d) Geben Sie die Gleichung des Inkreises von ∆ABC an. 2 Algebra (1) Lösen Sie das folgende lineare Gleichungssystem nach den Variablen x, y, z auf: -x + y x + y (s+1)·y + (s+2)·z = 1 + z = 1 + 4s·z = 10 (2) Zeigen Sie: Die Zahlen 2003 und 1010 sind teilerfremd. (3) Finden Sie ganze Zahlen a und b, so dass gilt: 2003 a + 1010 b = 1 1 3 Analysis (1) Betrachten Sie die reelle Funktion f, die definiert ist durch f(x) = 4x − 2 x2 − x − 2 (a) Bestimmen Sie den Definitionsbereich und den Wertebereich von f. (b) Geben Sie die Grenzwerte von f an den Rändern des Definitionsbereichs an und skizzieren Sie den Graphen F von f. (2) Lösen Sie die Ungleichung x x −1 > x−2 x +1 und geben Sie ihre Lösungsmenge in Intervallschreibweise an. (3) Prüfen Sie, ob die Gerade mit der Gleichung 3x + 2y = 2 eine Tangente an F ist. (4) Sei (xn) eine streng monoton wachsende reelle Zahlenfolge mit durchweg negativen Folgengliedern. (a) Zeigen Sie: Die Folge (yn) definiert durch yn : = xn · 3 n+1 ist eine Nullfolge. (b) Geben Sie ein konkretes Beispiel einer Folge (xn) explizit an, die streng monoton wächst, deren Folgenglieder sämtlich negativ sind, und die selbst keine Nullfolge ist. 4 Stochastik Ein Stapel Spielkarten, bestehend aus 4 Pikkarten und 4 Herzkarten (jeweils Bube, Dame, König und As) liegt auf dem Tisch. Michel zieht aus dem gut gemischten Stapel rein zufällig vier Karten und legt sie vor sich hin. Das Ganze nennen wir einen Durchgang. (1) Wie viele Möglichkeiten für das Ergebnis eines solchen Durchgangs gibt es, wenn nur interessiert, (a) ob mindestens zwei Herzkarten unter den gezogenen Karten sind? (b) welche vier Karten gezogen wurden? Geben Sie jeweils eine bestimmte Möglichkeit (eines Ergebnisses ) für (a) und (b) an und berechnen Sie ihre Wahrscheinlichkeit. (2) Wie wahrscheinlich ist, dass bei einem Durchgang lauter verschiedene Bilder (also ein Bube, eine Dame, ein König und ein As) gezogen wurde? (Geben Sie die Wahrscheinlichkeit in Prozent an.) (3) Wie viele Durchgänge muss man unabhängig voneinander mindestens durchführen, bis man mit 90 % Sicherheit mindestens einmal lauter Herzkarten gezogen hat? (4) Jetzt wird die Ziehungsmethode für einen Durchgang geändert. Es werden nacheinander vier Karten aus dem Stapel gezogen. Nun wird aber jeweils zurückgelegt und neu gemischt. Wie wahrscheinlich ist es dann, genau zwei Könige (und zwei "Nicht-Könige") zu ziehen? (5) Berechnen Sie den Koeffizienten von X6 im Polynom (1 + X) 12. 2 Mathematikdidaktischer Teil Bearbeitungszeit: 2 Stunden 1 Geometrieunterricht in den Klassen 5 bis 10 a) Begriffsbildung (1) Erklären Sie, was ein geometrischer Quader ist? (2) Wie hängen geometrische und materielle Quader miteinander zusammen? Hat eine Postkarte die Form eines Quaders? Weshalb? (3) Beschreiben Sie stichwortartig eine Einführung des Begriffs (geometrischer) Quader in der Jahrgangsstufe 5 (oder früheren Jahrgangsstufen). Welche Rolle können dabei (Vollkörper-, Flächen-, Kanten-) Modelle spielen? b) Konstruktionsproblem Aufgabe Konstruiere ein Trapez ABCD aus den Daten ABCD, a = AB, e = AC, h = Abst(C;AB), F = Flächeninhalt(ABCD). (1) Stellen Sie eine Planfigur her und beschreiben Sie, wie diese entsteht. (2) Lösen Sie zuerst das allgemeine Konstruktionsproblem und konstruieren Sie dann mit den speziellen Daten a = 6 cm, e = 7 cm, h = 3 cm, F = 15 cm 2. Welche Konstruktionsoperationen (Zeichengeräte) soll/muss man dabei zulassen? (3) Geben Sie eine Konstruktionsbeschreibung an. (4) Nennen Sie heuristische Vorschläge, um Lösungsideen zu finden. Wie kann man Schülern helfen, ohne ihnen gleich alles zu verraten? (5) Welche didaktischen Funktionen kann die Aufgabe im Geometrieunterricht erfüllen? 2 Algebraunterricht in den Klassen 5 bis 10 Lösen von Textaufgaben (1) Analysieren Sie die Aufgabe. Welche Fragen kann man dem Text entnehmen? (2) Beantworten Sie diese Fragen. (3) Schreiben Sie die Lösung der Aufgabe so auf, dass sie sowohl als Musterlösung für die spezielle Aufgabe dient als auch zum Vorbild beim Bearbeiten von Textaufgaben. (4) Welche Schwierigkeiten können Schüler mit der Aufgabe haben? (5) Wie kann man Schülern helfen, eine Lösung zu finden? (6) Was kann der Schüler an dieser Aufgabe lernen zum Lösen von Textaufgaben? Es tönt im sonst so stillen Wald Der Jäger Lustgeschrei; Der Rüde bellt, die Büchse knallt, Und tötend fliegt das Blei. Die Zahl der Rehe kenn ich nicht, Die fielen durch den Schuß; Doch lag’s an Füchs und Hasen dicht, Die man addieren muß. Acht Hasen waren’s mehr als Reh, Und auch zwei Füchse mehr; Die Jagd war also, wie ich seh, Gar nicht an Beute leer. Doch zieht man von der Füchse Zahl Drei ab, so wird es klar, Wie groß nun auch für dieses Mal Die Zahl der Jäger war. Addierst du, was verlangt man hat, Das Wild, das fiel durch Blei, So übersteigt es das Quadrat Der Jäger Zahl um drei. Wie stark die Zahl der Jäger war, Wie reich an Beut‘ die Jagd, Dies lieber Leser, sonnenklar Dir dies Geschichtchen sagt. 3