Pressemitteilung - the Leibniz Institute on Aging

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Information für die Presse
22.10.2013
Achtung Sperrfrist bis Donnerstag , 24. Oktober 2013, 11 Uhr (MEZ)
Vorstand
Prof. Dr. K. Lenhard Rudolph
Wissenschaftlicher Direktor
Vererblichen Formen des Brustkrebs auf der Spur
Dr. Daniele Barthel
Administrativer Vorstand
Pressekontakt
Dr. Kerstin Wagner
Neben Mutationen in den Genen BRCA1/2 sind auch
Tel.:
+49 (0)3641 – 65-6378
Fax:
+49 (0)3641 – 65-6351
Email:
[email protected]
solche
im
PALB2-Gen
für
eine
erhöhte
Email:
[email protected]
Brustkrebsanfälligkeit verantwortlich. Forschern vom Jenaer Leibniz-Institut
für
Prof. Dr. Peter Herrlich
Wissenschaftlicher
Direktor
Altersforschung und der Universität Oulu in Finnland gelang der Nachweis,
wie
eine
Dr. Daniele Barthel
Mutation von PALB2 DNA-Schäden verursacht, obwohl die Zelle Administrativer
noch über
eine
Vorstand
Pressekontakt
intakte Kopie des Gens verfügt. Die Verdopplung der DNA läuft in solchen
Zellen
Dr. Kerstin Wagner
+49 (0)3641 – 65-6378
beschleunigt ab, so dass dadurch vermehrt Fehler entstehenTel.:
können.
Aufgrund
Fax:
+49 (0)3641 – 65-6335
einer
unzureichenden
Schadensantwort
kommt
es
Email: [email protected]
zu
einer
erhöhten
Chromosomen-Instabilität; ein Mechanismus, der für frühe Phasen der BrustkrebsEntstehung verantwortlich ist. (Nat. Commun. 2013, doi: 10.1038/ncomms3578)
Mit rund 72.000 Neuerkrankungen jährlich ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste
Krebserkrankung bei Frauen in Deutschland. Eine erhöhte erbliche Prädisposition
(Veranlagung) geht mit einer Vielzahl von Genen einher. In 5-10% der vererblichen Fälle
wird sie mit einer Mutation der brustkrebsassoziierten Gene BRCA1 und BRCA2 in
Verbindung gebracht, die durch Regulation der homologen Rekombination zum Erhalt der
genomischen Stabilität beitragen und damit eine wichtige Rolle bei der Reparatur von
DNA-Schäden spielen. Ein ebenso wichtiges Kandidaten-Gen ist PALB2; z.B. in Finnland
sind bis zu 1% der Brustkrebsfälle auf PALB2-Mutationen zurückzuführen. Wie und über
welchen Mechanismus die Erkrankungen entstehen, war bisher nicht bekannt.
Ein internationales Team um Dr. Helmut Pospiech vom Leibniz-Institut für Altersforschung
- Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena und Prof. Robert Winqvist von der Universität Oulu in
Finnland untersuchte jetzt mit Kooperationspartnern vom Universitätsklinikum HamburgEppendorf und dem Rutgers Cancer Institute in New Jersey, USA, wie sich mutierte
PALB2-Zellen bei Zellteilungsexperimenten verhalten. „Für unsere Studien verwendeten
wir Probenmaterial von Frauen, die eine PALB2-Mutation in sich trugen, mit der
Besonderheit, dass ein Teil von ihnen bereits an Brustkrebs erkrankt war, während die
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anderen völlig gesund waren“, berichtet Dr. Pospiech, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der
Arbeitsgruppe von Prof. Frank Große am FLI sowie am Biochemischen Institut der
Universität Oulu in Finnland. Von früheren Arbeiten wusste man, dass das PALB2-Protein
an BRCA2 bindet und dessen Chromatin-Bindung stabilisiert, die für die Reparatur von
Chromosomen-Brüchen wichtig ist. PALB2 steuert darüber hinaus bei der homologen
Rekombination, einem Reparaturmechanismus der Zelle zur Vermeidung von DNASchäden, die Interaktion zwischen BRCA1 und BRCA2.
„Bei der mutierten Form fanden wir nur halb so viel PALB2-Protein in den Zellen vor, wie
normalerweise vorkommen sollte“, erzählt Pospiech. Die Forscher konnten zeigen, dass
es bei den mutierten Zellen zu einer Deregulierung der Replikation, der Verdopplung der
DNA, kommt. „Von den circa 250.000 definierten Orten, an denen die Replikation starten
kann, werden in der Regel nur etwa zehn Prozent tatsächlich benutzt. Der Rest dient als
eine Art stille Reserve, um gegen Stress und andere Störfaktoren gewappnet zu sein“, so
Pospiech weiter. Treten bei der Verdopplung Probleme auf, dann bleibt die Replikation
stehen und fängt in der Nachbarschaft neu an. Dazu wird die „schlafende“ Reserve
geweckt.
„Im Gegensatz zu den Kontrollzellen stellten wir bei den Zellen von Mutationsträgern fest,
dass die Replikation doppelt so häufig gestartet wird und dadurch beschleunigt abläuft,
jedoch die Replikation an vielen Stellen oft nicht bis zum Ende durchläuft; die DNA quasi
wie mit heißer Nadel verdoppelt wird“, so der Biochemiker weiter. Mit fatalen Folgen, denn
dadurch können vermehrt Fehler entstehen, da wichtige Kontrollmechanismen umgangen
werden. So konnten die Forscher zeigen, dass bei der Replikation vermehrt auf die stille
Reserve zurückgriffen wird, ohne dass dafür irgendeine äußere Störung oder Stress der
Auslöser waren. „Damit besitzen die mutierten Zellen eine geringere Kapazität, um auf
induzierten Replikationsstress zu reagieren, da sie bereits unter normalen Bedingungen
am Limit fahren und der zur Schadensreparatur benötigte Sicherheitspuffer zum Teil
schon aufgebraucht ist“.
Beim
Zellwachstumsprozess
prüfen
diverse
Kontrollpunkte,
ob
alle
Prozesse
ordnungsgemäß abgelaufen und eventuelle Schäden bereits entfernt worden sind, bevor
die nächste Phase der Zellteilung gestartet wird. Fügt man den Zellen Schaden zu, dann
zeigen die mutierten Zellen nur zu Beginn eine robuste DNA-Schadensantwort, können
diese aber nur unzureichend aufrechterhalten. „Den mutierten Zellen geht bereits nach
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wenigen Stunden die Puste aus, so dass fehlerhafte Zellen freigegeben werden und
letztendlich Chromosomen-Schäden auftreten“, unterstreicht Pospiech. Frisch isolierte
Blutlymphozyten von Mutationsträgern weisen bereits viele Chromosomen-Anomalien auf,
so dass die aufgezeigte Genom-Destabilisierung nicht nur in den untersuchten
Zellkulturen, sondern auch in den Zellen der betroffenen Personen stattfindet. Wichtig ist
hierbei, dass bereits der funktionelle Verlust einer Kopie des PALB2-Gens zu den
beschriebenen Defekten führt.
Veränderungen der Anzahl und Struktur der Chromosomen treten in gealterten Zellen
gehäuft auf; insbesondere die Entstehung von Tumoren im Alter ist häufig mit der
Chromosomen-Instabilität verbunden. „Der von uns identifizierte Mechanismus zeigt
eindringlich, dass die Geschwindigkeit der Zellteilung selbst zum Problem werden kann“,
so Pospiech, „damit verbessern die Ergebnisse unser Verständnis zur Entstehung von
chromosomaler Instabilität in alternden Zellen und der Entstehung von Krebs als dessen
Folge“.
„Bei unseren Untersuchungen waren die Kontrollzellen häufig sehr homogen, während
sich die Trägerzellen oft sehr variabel verhielten.“ Obwohl alle Patienten die gleiche
PALB2-Mutation trugen, waren einzelne Schadensmerkmale (Phänotype) unterschiedlich
stark ausgeprägt, so dass eine altersbedingte Anpassung denkbar wäre. Die Forscher
möchten deshalb in einem nächsten Schritt untersuchen, ob die beschriebenen
Replikationsfehler in Abhängigkeit vom Alter gehäuft auftreten, da mit dem Alter nicht nur
die Verdopplung des Erbmoleküls fehleranfälliger wird, sondern auch die körpereigenen
Reparaturtrupps der Zelle altern.
Die Forschungsergebnisse erscheinen online in der aktuellen Ausgabe der renommierten
Fachzeitschrift Nature Communications.
+++ Achtung Sperrfrist bis Donnerstag, 24. Oktober 2013, 11 Uhr (MEZ) +++
Kontakt:
Dr. Kerstin Wagner
Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI)
Beutenbergstr. 11, 07745 Jena
Tel.: 03641-656378, Fax: 03641-656351, E-Mail: [email protected]
Originalpublikation:
Nikkilä J, Parplys AC, Pylkäs K, Bose M, Huo Y, Borgmann K, Rapakko K, Nieminen P, Xia B,
Pospiech H, Winqvist R. Heterozygous mutations in PALB2 cause DNA replication and damage
response defects. Nat. Commun. 2013, doi: 10.1038/ncomms3578.
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Bild:
Der Chromosomensatz - die Gesamtheit aller Chromosomen einer Zelle - wird durch die
Anzahl sowie Morphologie und Struktur der Chromosomen charakterisiert. Die Abbildung
zeigt typische chromosomale Abweichungen peripherer Blutlymphozyten einer Patientin
mit einer PALB2-Mutation.
(Quelle: Prof. Robert Winqvist, Universität Oulu / Finnland)
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Hintergrundinfo
Lymphozyten sind zelluläre Bestandteile des Blutes. Sie umfassen die B-Zellen, T-Zellen und die natürlichen
Killerzellen und gehören zu den sogenannten „weißen Blutkörperchen“ (Leukozyten). Bei Erwachsenen
stellen die Lymphozyten etwa 20-50% der Leukozyten im peripheren Blut; außerhalb der blutbildenden
Organe.
Die homologe Rekombination ist ein „Werkzeug“ der Zelle, um Genmutationen zu reparieren. Sie tritt bei
allen Organismen auf, wenn homologe, doppelsträngige DNA-Abschnitte vorliegen; d.h. große Ähnlichkeiten
in der Nucleotidsequenz beider DNA-Abschnitte vorhanden sind. Bei Doppelstrangbrüchen kann durch
homologe Rekombination der Schaden in der DNA ausgebessert werden, indem die Information auf dem
unbeschädigten DNA-Strang (Chromatid) als Vorlage zur Verdopplung der DNA benutzt wird.
Der Chromosomensatz jeder Spezies, so auch des Menschen, wird durch die Anzahl, Morphologie und
Struktur der Chromosomen charakterisiert. Die innere Strukturierung der Chromosomen, die sich aus einer
unterschiedlich dichten Faltung und Kontraktion des DNA-Moleküls und assoziierter Proteine sowie aus den
unterschiedlichen Konzentrationen der vier DNA-Basen (Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin) ergibt, lässt
sich durch spezifische Färbetechniken, die Chromosomen-Bänderungsverfahren, darstellen und analysieren.
Das Leibniz-Institut für Altersforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist das erste deutsche
Forschungsinstitut, das sich seit 2004 der biomedizinischen Altersforschung widmet. Über 330 Mitarbeiter
aus 30 Nationen forschen zu molekularen Mechanismen von Alternsprozessen und alternsbedingten
Krankheiten. Näheres unter www.fli-leibniz.de.
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 86 selbständige Forschungseinrichtungen, deren Ausrichtung von den
Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu
den Geisteswissenschaften reicht. Leibniz-Institute bearbeiten gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch
relevante Fragestellungen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Grundlagenforschung,
unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die
Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft
und Öffentlichkeit. Die Institute pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, der Industrie und anderen
Partnern im In- und Ausland und unterliegen einem maßstabsetzenden transparenten und unabhängigen
Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute
der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 16.500 Personen, darunter
7.700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei 1,4 Milliarden Euro.
Näheres unter www.leibniz-gemeinschaft.de.
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