Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 105 1etv3-3 3.5 3.5.1 Messschaltungen Messwerterfassung Der Lernende kann die Anschaltung der Messinstrumente für Strom-, Spannungs- und Leistungsmessung skizzieren die Schaltung für stromrichtige und spannungsrichtige Messung angeben die Schaltungen für die Erweiterung des Spannungsmessbereiches und des Strommessbereiches angeben und dimensionieren die prinzipielle Wirkungsweise von Kompensationsmessschaltungen und Messbrückenschaltungen angeben Der Messwert ist der zu einem Messzeitpunkt ermittelte Wert der zu beschreibenden physikalischen Größe. Da Messinstrumente Innenwiderstand RM und damit Eigenverbrauch PM haben, verfälscht das Messinstrument die Messgröße. Für die Eignung eines Messgerätes entscheidet neben dem Innenwiderstand der Eigenverbrauch. Spannungsmessung Strommessung Ein Spannungsmesser wird parallel zum Messobjekt geschaltet. Ein Strommesser wird in Reihe zum Messobjekt geschaltet. Rx V Ux RM >> Rx A Ix Rx RM << RX Abb. 3.5.1 Messgeräteanschaltung für Spannungs- und Strommessung. Leistungsmessung Zur Leistungsmessung wird ein elektrodynamisches Messwerk verwendet, dessen Anzeige dem Produkt von Spannung und Strom proportional ist. Bei digitalen Instrumenten erfolgt eine rechentechnische Verarbeitung der Spannungs- und Strommessung. W Rx Leistungsmessinstrumente verfügen über Abb. 3.5.2 Messgeräteanschaltung für einen Spannungspfad und einen Leistungsmessung Strompfad. Der Strompfad ist in Reihe, der Spannungspfad parallel zum Messobjekt geschaltet. Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 106 1etv3-3 Bei Kombinationsmessungen (Aufnahme der U-I-Kennlinie, Widerstandbestimmung durch Strom- und Spannungsmessung) kann spannungsrichtig oder stromrichtig gemessen werden. Stromrichtige Messung Spannungsrichtige Messung Ix I A Ix A IU RMI Ux Rx V U V RMU RMI UI RMU Rx Ux Abb. 3.5.3 Schaltung zur spannungsrichtigen Messung Abb. 3.5.4 Schaltung zur stromrichtigen Messung Ux gemessener Wert I U tatsächlicher Wert Rx = x Ix − I + Ix + IU = 0 Ix = I − IU U gemessener Wert Ix U tatsächlicher Wert Rx = x Ix UI + Ux − U = 0 Ux = U − UI U − UI U UI Rx = = − Ix Ix Ix Rlx = Ux 1 = I − IU I/ Ux − IU / Ux 1 Rx = 1 1 − l R x RMU Fehler klein, wenn RMU >> Rx Rllx = Rx = (3.5.01) R x = Rllx − RMI (3.5.02) Fehler klein, wenn RMI << Rx Beispiel 3.5.01 Mit einem Strommesser (RMI = 1Ω) und einem Spannungsmesser (RMU = 20kΩ) soll ein Widerstand Rx = 100Ω spannungsrichtig und stromrichtig ausgemessen werden. Spannungsrichtige Messung: R ⋅R 1 100Ω ⋅ 20kΩ Rx = = 99.5Ω Rlx = x MU = 1 1 R x + RMU 100Ω + 20kΩ − Rlx RMU Stromrichtige Messung R x = Rllx − RMI Rllx = R x + RMI = 100Ω + 1Ω = 101Ω Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 107 1etv3-3 3.5.2 Messbereichserweiterung, Vielfachmessgeräte Der Lernende kann die Schaltungen für die Erweiterung des Spannungsmessbereiches und des Strommessbereiches angeben und dimensionieren die grundsätzliche Schaltung von Vielfachmessinstrumenten angeben Mit einem unbeschalteten Messinstrument sind nur relativ kleine Spannungen und Ströme messbar (UM; IM). Zur Vergrößerung der messbaren Werte von Spannung und Strom ist eine Messbereichserweiterung erforderlich. Das Messinstrument wird dann mit dem Messzubehör zu einem Messgerät. Spannungsmessbereichserweiterung Zur Vergrößerung der messbaren Spannung um den Faktor n wird ein Vorwiderstand RV in Reihe zum Messinstrument geschaltet. Strommessbereichserweiterung Zur Vergrößerung des messbaren Stromes um den Faktor n ist zum Messinstrument ein Parallelwiderstand RP zu schalten I RM RV V IM A UV UM U IP Abb. 3.5.5 Schaltung zu Erweiterung des Spannungsmessbereiches U RM + R V R = = 1+ v UM RM RM R V = R M ⋅ (n − 1) n= RM RP Abb. 3.5.6 Schaltung zu Erweiterung des Strommessbereiches (3.5.03) (3.5.04) Spannungs-Messgeräte werden durch ihren wirksamen Innenwiderstand RMi gekennzeichnet. R + R V RM [rMi ] = kΩ rMi = M = U UM V n= I RM + RP RM = = +1 IM RP RP RP = RM ⋅ 1 (n − 1) (3.5.05) (3.5.06) RMi = rMi ⋅ b Beispiel 3.5.02 Ein Messinstrument hat die Werte RM = 10Ω und UM = 10mV . Zu Berechnen sind die notwendigen Widerstände zur Messung der Spannung U = 100V und des Stromes I = 1A . U U 100V nU = R V = RM ⋅ − 1 = 10Ω ⋅ − 1 = 100kΩ UM 10mV UM I I ⋅ RM 1 1 nI = = RP = RM ⋅ = 10Ω ⋅ = 10mΩ I ⋅ R 1A ⋅ 10Ω IM UM M −1 UM 10mV Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 108 1etv3-3 Vielfachmessinstrumente (Multimeter) sind kompakte Geräte für den mobilen Messeinsatz. Mit handelsüblichen Vielfachmessgeräten können Gleich- und Wechselspannungen, Gleich und Wechselströme, Widerstände, Gleich- und Wechselleistungen, Pegel, Dämpfungen u. a. gemessen werden. Schaltungstechnische Variante für verschiedene Spannungsmessbereiche RV1 RV2 Schaltungstechnische Variante für verschiedne Strommessbereiche RV3 RP1 a RP2 RP3 a A RM b V b RM Abb. 3.5.7 Schaltungen von Vielfachmessinstrumenten Beispiel 3.5.03 Für die technische Realisierung eines Vielfachmessgerätes steht ein Messinstrument mit UM = 30 mV Vollausschlagspannung und IM = 50 µA Vollausschlagstrom zur Verfügung. Zu berechnen sind die erforderlichen Widerstände für den Einsatz als Spannungs- und als Strommesser mit nachstehenden Messbereichen! 30 mV; 100 mV; 300 mV; 1 V; 3 V; 10 V; 30 V; 100 V; 300 V 50 µA; 300 µA; 1 mA; 3 mA; 10 mA; 30 mA; 100 mA; 300 mA; 1 A; 3 A U 30mV RM = M = = 600Ω IM 50µA R V = R M ⋅ (nU − 1) nU = 1 RP = RM ⋅ (nI − 1) U UM nI = I R50µA = ∞ R300µ = 120Ω R1mA = 31.6 Ω R3 mA = 10.2 Ω R10mA = 3.02 Ω R30mA = 1.00 Ω R100mA = 0.300 Ω R300mA= 100 mΩ R1A = 30.0 mΩ R3A = 10.0 mΩ U R30mV = 0Ω R100mV = 1.40kΩ R300mV = 5.40kΩ R1V = 19.4kΩ R3V = 59.4kΩ R10V = 199kΩ R30V = 599kΩ R100V = 2.00MΩ R300V = 6.00MΩ I IM Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 109 1etv3-3 3.5.3 Messgeräte mit Nullindikator Der Lernende kann die prinzipielle Wirkungsweise von Kompensationsmessschaltungen und Messbrückenschaltungen angeben Messtechnische Anordnungen mit Nullabgleich arbeiten nach der Kompensationsmethode. Die Messgröße wird dabei mit einem bekannten Normal verglichen. Anordnungen mit zwei Quellen werden als Kompensatorschaltungen bezeichnet, Anordnungen mit einer Quelle als Brückenschaltungen. Kompensatorschaltung RM Mit dem verstellbaren Widerstand wird die Anordnung so abgeglichen, dass I = 0. Es liegt dann ein leerlaufender Spannungsteiler vor U2 = U20. Maschensatz Uqx = UqN ⋅ U20 = Uqx R2 R1 + R2 I R1 UqN R2 Abb. 3.5.8 Uqx U2 Kompensatorschaltung (3.5.07) Brückenschaltung Brückenschaltungen werden in der Elektrotechnik vielfältig angewendet. Eine typische Gleichstrom-Brückenschaltung ist die Wheatstonsche Brückenschaltung. Sie wird im Gleichstromkreis zur Bestimmung unbekannter Widerstände verwendet. IN IX I RX UM I1 RN RM R2 R1 I2 Uq Abb. 3.5.9 Brückenschaltung Im unabgeglichenem Zustand fließt durch das Messinstrument (Mittellageinstrument) der Strom I. Der Normalwiderstand RN sollte etwa die gleiche Größenordnung wie der zu bestimmende Widerstand RX haben. Prof. Dr.- Ing. Herzig Vorlesung "Grundlagen der Elektrotechnik 1" 110 1etv3-3 Durch Veränderung des Widerstandsverhältnisses R1/R2 wird die Brücke abgeglichen, das heißt I = 0 und UM = 0. Damit wird I1 = I2 und IX = IN. Für den oberen und den unteren Brückenzweig kann somit die Spannungsteilerregel angewendet werden. IX ⋅ R X I1 ⋅ R1 = IN ⋅ RN I2 ⋅ R2 R X R1 = RN R2 (3.5.08) Der unbekannte Widerstand ist dann R X = RN ⋅ R1 R2 (3.5.09) Beispiel 3.5.04 Zu bestimmen ist mit einer SchleifdrahtMessbrücke der unbekannte Widerstand Rx ! Uq Rx R Das Messinstrument zeigt den Strom IM = 0 an, wenn der Schleifer 13 % der Gesamtlänge des Schleifdrahtes S abteilt. S R1 = x ⋅ R S R 2 = (1 − x ) ⋅ R S Abgeglichene Brücke: 0≤x≤1 R1 = 0.13 ⋅ RS R 2 = (1 − 0.13) ⋅ RS = 0.87 ⋅ RS R1 R 2 = Rx R Rx = x ⋅ RS R1 0.13 ⋅R = ⋅R = ⋅ R = 0.149 ⋅ R R2 (1 − x) ⋅ RS 1 − 0.13