Molekulargeneitsche untersuchungen beim Hund : Genomweite

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Zusammenfassung
Heutzutage existieren weltweit mehr als 400 Hunderassen, die jede für sich eine in sich
geschlossene, mehr oder weniger stark ingezüchtete Population mit limitierter Populationsgröße darstellt. Durch intensive Selektion hinsichtlich bestimmter, meist morphologischer
Rassemerkmale sowie aufgrund schwerwiegender Flaschenhalseffekte wurde die effektive
Größe der Zuchtpopulation auf nur wenige Gründertiere reduziert. Nachfolgende selektive
Zuchtbestrebungen haben so beim Hund allgemein zu einer Spezies mit enormer phänotypischer Variabilität geführt, zumeist aber mit genetischen Einbußen.
Um die genetischen Beziehungen von deutschen Weimaraner Jagdhunden im Vergleich zu
anderen Rassen zu untersuchen, wurden paternal vererbte Y-chromosomale Marker und
maternal vererbte mitochondriale (mt)DNA-Sequenzen in 27 Hunderassen und vier Wölfen
analysiert. Insgesamt wurden neun polymorphe Marker des Y-Chromosoms und ein Teil des
caninen mt Genoms (1.947 bp, Basenpaare) in 115 männlichen Individuen untersucht, die
20 Y-chromosomale und 59 mtDNA-Haplotypen zeigten. In 34 Weimaranern wurden vier
verschiedene Y-chromosomale und drei mtDNA-Haplotypen beobachtet, die mindestens vier
männlichen bzw. drei weiblichen Vorfahren der derzeitigen Population in Deutschland
entsprechen. In diesem Zusammenhang konnten einzelne Einträge in den Weimaraner
Zuchtbüchern weder anhand der paternalen Y-chromosomalen noch der maternalen
mitochondrialen Vererbungsmuster bestätigt werden. Die untersuchten Rassen repräsentieren
9 von 10 durch die Fédération Cynologique Internationale (FCI) definierte Gruppen. Die
Vielfalt an Y-chromosomalen und besonders an mtDNA-Haplotypen war immens, gemessen
an der relativ kleinen Anzahl an untersuchten Individuen pro Rasse. Einzigartige Haplotypen
wurden nur in wenigen Rassen und beim Wolf gefunden. Andere Haplotypen dagegen
wurden in diversen Rassen, auch in verschiedenen FCI-Gruppen, identifiziert. Dies lässt
vermuten, dass diese Hunderassen gemeinsame männliche und weibliche Vorfahren
besitzen.
Die Folge enggezüchteter Hunderassen ist die allgemeine Verbreitung von Erbkrankheiten,
wie z.B. die generalisierte progressive Retina Atrophie (gPRA). Die gPRA gehört zu einer
Gruppe vererbter retinaler Erkrankungen, die mit dem allmählichen Verlust des Sehvermögens in verschiedenen Hunderassen assoziiert ist. Um die molekulargenetische Ursache für
autosomal rezessiv (ar) vererbte gPRA in Airedale Terriern (AT), Irish Glen of Imaal
Terriern (GIT), Löwchen (Lö), Coton de Tuléar (CdT) und Saarloos Wolfhunden (Sa) zu
finden, wurde zunächst eine Kopplungsanalyse 15 ausgewählter Kandidatengene (CDH23,
CHX10, CNGB3, LRAT, PCDH21, PROM1, PRPF8, RGR, RLBP1, RP1, RPGRIP1, SFRP2,
TTPA, TULP1 und USH2A) durchgeführt. Keiner der 26 untersuchten Mikrosatellitenmarker
zeigte anhand von Stammbaum- und LOD-Score Analysen eine Kopplung mit der gPRA in
den untersuchten Rassen. Deshalb wurde für die ersten drei Rassen die Suche auf das
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gesamte
Hundegenom
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ausgeweitet.
Insgesamt
wurden
544
Mikrosatellitenmarker
(311 Marker des MSS-2 und 233 Ergänzungsmarker) analysiert. Auf diese Weise sollten
große Markerabstände des bestehenden MSS-2 reduziert, Retina-spezifisch exprimierte
Genregionen abgedeckt und damit die Erfolgsrate der genomweiten Kopplungsanalyse
erhöht werden. Dennoch konnte für keine der Rassen ein Marker identifiziert werden, der
mit der genomischen gPRA-Region segregierte.
Um die Erfolgsaussichten der Suche nach der gPRA-Region zu steigern, wurden für AT,
GIT, Lö und Sa genomweite Kartierungsanalysen mittels SNP-microarrays durchgeführt, die
ein Marker-Set mit noch besserer Genomabdeckung als das erweiterte MSS-2 garantierten.
Durch Homozygotie-Kartierungen anhand genomweiter SNP-Genotypen wurden Kandidatenregionen identifiziert und durch zusätzliche Mikrosatellitenmarker feinkartiert. So
konnte für GITs die gPRA-Region auf Chromosom 16 lokalisiert werden. Diese Region
zeigt Syntenie zum menschlichen Chromosom 8, welche das Gen a disintegrin and
metalloprotease domain 9 (ADAM9) beinhaltet. ADAM9 ist ein gutes Kandidatengen für
canine gPRA, da in diesem Gen Mutationen beschrieben sind, welche die ar vererbte conerod dystrophy (CRD) verursachen, eine die Photorezeptorfunktion beeinträchtigende retinale
Erkrankung beim Menschen. Für die übrigen drei Rassen (AT, Lö und Sa) wurde innerhalb
der homozygoten Kandidatenregionen kein gPRA-gekoppelter Feinkartierungsmarker
anhand einer entsprechenden LOD-Score Analyse identifiziert. Dennoch wurden in einigen
chromosomalen Regionen ausgewählte Retina-exprimierende Kandidatengene mittels
Sequenzanalyse untersucht, wodurch aber die ursächliche Mutation der gPRA in diesen
Rassen bisher noch nicht gefunden wurde. Detaillierte Sequenzanalysen von ADAM9 identifizierten in erkrankten und Träger-GITs eine Deletion der Exons 15 und 16, die zur Leserasterverschiebung und zum vorzeitigen Stopp-Codon führte. Diese Mutation wurde in keiner
weiteren der 34 anderen untersuchten Hunderassen mit gPRA gefunden. Bei GITs wurde ein
variabler und teilweise sehr später Beginn der gPRA infolge einer relativ milden Form von
retinaler Degeneration trotz fortgeschrittenen Alters festgestellt. Mit der Identifizierung der
kausalen Mutation für gPRA beim GIT ist diese Rasse ein Modellorganismus für die CRD
beim Menschen und insbesondere für funktionelle Analysen der kürzlich beschriebenen
Mutationen im humanen ADAM9-Gen.
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