Summenzeichen Gymnasium Immensee Vertiefungskurs Mathematik Bettina Bieri 24. Juli 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen: Summenzeichen 1.1 Der Aufbau des Summenzeichens . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Sonderfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Die untere und die obere Summationsgrenze sind gleich. 1.2.2 Die obere Summationsgrenze ist kleiner als die untere. 1.2.3 Schreibweise mit Intervallen . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Unendliche Summen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.5 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Rechenregeln für das Summenzeichen . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Übungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Weiterführung Summenzeichen 2.1 Indexverschiebung . . . . . . . . . . 2.1.1 Indexverschiebung allgemein . 2.1.2 Regeln zur Indexverschiebung 2.1.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . 2.2 Doppelsummen . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Matrizen . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Doppelsummen . . . . . . . . 2.2.3 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Vollständige Induktion und spezielle Summen 3.1 Beweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Vollständige Induktion . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Allgemeines Vorgehen bei vollständiger Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Spezielle Summen . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Übungsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 3 5 5 5 5 5 6 7 7 8 8 8 8 9 10 10 11 12 13 . . . . . . . . 13 . . . . . . . . 14 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 14 15 15 18 Kapitel 1 Grundlagen: Summenzeichen Auch im Grundlagenfach werdet ihr dem Summenzeichen begegnen. Allerdings wird dieses dort nur sehr oberflächlich behandelt, daher werden wir uns in diesem Kurs etwas detaillierter damit befassen. Im Studium werden lange Summen nie ausgeschrieben - es wird immer das Summenzeichen verwendet. Daher ist es wichtig, dass ihr mit dieser Schreibweise gut vertraut werdet. 1.1 Der Aufbau des Summenzeichens Wenn man lange Summen aufschreiben will, benutzt man das Summenzeichen. Beispiel P4 i 1 2 3 4 i=1 (2 − i) = (2 − 1) + (2 − 2) + (2 − 3) + (2 − 4) = 1 + 2 + 5 + 12 Natürlich kann man bei diesem Beispiel die Summe auch ausschreiben. Wenn wir uns nun aber vorstellen, dass wir alle ungeraden Zahlen bis 99 summieren möchten, würde dies sehr mühsam. Mit dem Summenzeichen geht auch das sehr einfach: P50 i=1 (2i − 1). Allgemeine Definition Seien a1 , ..., an reelle Zahlen und n ≥ 2 eine natürliche Zahl. Die Summe der Zahlen a1 , ..., an wird bezeichnet mit: Pn i=1 ai = a1 + a2 + a3 + ...an . 1 Erklärung P Das ist ein grosser, griechischer Buchstabe und heisst Sigma. Wenn wir ihn aber wie oben beschrieben verwenden, nennen wir ihn Summenzeichen. i=1 bedeutet, dass wir beim Summieren mit 1 beginnen. Danach wird das i bei jedem Summanden um eins erhöht, bis wir bei derjenigen Zahl angelangt sind, welche oberhalb des Summenzeichens steht. Dort hören wir mit dem Summieren auf. Die Summenzeichendarstellung besteht aus folgenden Elementen: 1. Bildungsgesetz der Summanden (im Beispiel: 2i − i) 2. Summationsvariable oder Laufindex mit Werten aus N (im Beispiel: i) 3. Summationsanfang oder untere Summationsgrenze (im Beispiel: i = 1) 4. Summationsende oder obere Summationsgrenze (im Beispiel: 4) 2 1.1.1 Aufgaben Aufgabe 1 Rechne die folgenden Ausdrücke aus: P3 i a) i=1 4 P6 b) i=2 i P500 c) i=1 2i P2 d) i=1 log2 (i) P7 1 1 e) i=1 ( i − i+1 ) Pn f) i=1 i Pn g) i=0 i Aufgabe 2 Schreibe die folgenden Summen mithilfe des Summenzeichens: a) 1 + 2 + 4 + 8 + 16 + 32 b) 3 + 6 + 9 + 12 + 15 + 18 + 21 c) −1 + 2 − 3 + 4 − 5 + 6 − 7 + 8 d) − 21 + 14 − 18 + 1 16 − 1 32 3 4 1.2 Sonderfälle 1.2.1 Die untere und die obere Summationsgrenze sind gleich. In diesem Fall besteht die Summe aus nur einer Zahl: Pj i=j ai = aj . 1.2.2 Die obere Summationsgrenze ist kleiner als die untere. In diesem Fall ist das Ergebnis der Summe 0: Für n < j gilt: 1.2.3 Pn i=j ai = 0. Schreibweise mit Intervallen Sei i ∈ I, I eine Teilmenge der ganzen Zahlen und ai , i ∈ I reelle Zahlen, dann ist P i∈I die Summe aller Zahlen ai , deren Index i in der Menge I enthalten ist. Beispiel Sei I = {1, 2, 3, 4}. Dann gilt: P i∈I ai = 1.2.4 P4 i=1 ai = a1 + a2 + a3 + a4 . Unendliche Summen Eine Summe muss nicht immer eine obere Grenze haben. Es gilt: P i∈N ai = P∞ i=1 ai = a1 + a2 + a3 + .... 5 1.2.5 Aufgaben Berechne die folgenden Summen: P0 a) i=0 2 P9 1 b) i=10 i2 −14i+8 P c) i∈I i, I = {2, 5, 10, 20} P 1 d) i∈I i2 , I = {k|k = 2n, n ∈ N, n < 4} 6 1.3 Rechenregeln für das Summenzeichen Seien a1 , ..., an , b1 , ..., bn , c, d reelle Zahlen und n eine natürliche Zahl. Für das Summenzeichen gelten folgende Rechenregeln: 1. P Assoziativität Pk der Addition: Pn n i=1 ai = i=1 ai + i=k+1 ai mit k ∈ {1, ..., n} 2. P Distributivität: P n n i=1 (c · ai ) = c · ( i=1 ai ) 3. P Kommutativität P der Addition: Pn n n i=1 (ai + bi ) = i=1 ai + i=1 bi 4. P Kombination aus Kommutativität undP Distributivität: Pn n n i=1 (c · ai + d · bi ) = c · i=1 ai + d · i=1 bi Es handelt sich dabei nicht um etwas Neues, sondern um die bereits bekannten Regeln, welche für die Addition mit wenigen Summanden bestens bekannt sind. 1.4 Übungsmaterial Falls ihr noch mehr üben möchtet, findet ihr Material auf verschiedenen Internetseiten. Zwei Beispiele gebe ich hier an. Ein Übungsblatt mit Lösungen gibt es unter: https : //home.zhaw.ch/ maz/Auf gaben/F olgenR eihen/Summenzeichen.pdf (Sinnvoll für euch sind die Aufgaben bis und mit Aufgabe 4.) Online-Aufgaben gibt es unter: http : //vilespc01.wiwi.uni − oldenburg.de/navtest/viles1 (Deskriptive Statistik, Einführung und Grundlagen, Rechnen mit dem Summenzeichen) 7 Kapitel 2 Weiterführung Summenzeichen 2.1 Indexverschiebung Gelegentlich ist es nützlich, die Summationsgrenzen zu verschieben. Wie dies funktioniert ist an folgendem Beispiel gut ersichtlich: P2 i=1 ai = a1 + a2 = a3−2 + a4−2 = 2.1.1 Pn i=1 P4 i=3 ai−2 . Indexverschiebung allgemein ai = Pn−1 i=0 ai+1 = Pn+1 i=2 ai−1 = ... oder noch allgemeiner: Für jede natürliche Zahl k gilt: Pn i=1 ai = 2.1.2 Pn−k i=1−k ai+k = P1+k i=1+k ai−k Regeln zur Indexverschiebung Bei einer Indexverschiebung sind folgende Regeln zu beachten: 1. Die obere und die untere Summationsgrenze werden um den selben Wert erniedrigt bzw. erhöht. 2. Der Summationsindex i wird in der Summation bei jedem Auftreten durch i + k bzw. i − k ersetzt. Dabei ist insbesondere auf Minuszeichen vor dem Index i zu achten (1 − i wird zu 1 − (i + k) = 1 − i − k bzw. zu 1 − (i − k) = 1 − i + k). 8 2.1.3 Aufgaben Berechne die folgenden Summen möglichst einfach mithilfe einer Indexverschiebung: P4 a) i=1 (i − 1) P10 P8 b) i=3 (2i − 3) − 2 i=1 i − 8 Pn c) i=1 (ai − ai−1 ) (Diese Art von Summen werden als Teleskopsummen bezeichnet.) 9 2.2 Doppelsummen In der Praxis kommt es oft vor, dass man zwei Summenzeichen hintereinander hat. Wir sprechen dann von Doppelsummen. Um Doppelsummen machen zu können, brauchen wir doppelindizierte Zahlen. Es handelt sich dabei um Zahlen, welche in einer sogenannten Matrix angeordnet sind. 2.2.1 Matrizen Matrizen sind rechteckige Gebilde, in denen Zahlen angeordnet sind. Definition: Matrix Eine rechteckige Anordnung von m · n Zahlen aik in m Zeilen und n Spalten wird (m × n)−Matrix (Mehrzahl Matrizen) genannt. Man schreibt: a11 a12 · · · · · · a1n a21 a22 · · · · · · a2n . .. .. ... . . . A = .. . .. .. .. .. . . . am1 am2 · · · · · · amn Die Zahlen aik heissen Komponenten von A. Das Element aik bezeichnet das Element in der i-ten Zeile und der k-ten Spalte von A. Oft wird dieses Element auch mit (A)ik bezeichnet. Beispiel 1 5 2 Sei die Matrix A = −1 0 1 gegeben. Dann gilt: 3 2 4 a11 = 1, a12 = 5, a13 = 2, a21 = −1, a22 = 0, usw. 10 2.2.2 Doppelsummen Wenn wir nun alle Zahlen der oberen Matrix summieren wollen, brauchen wir eine Doppelsumme: P3 i=1 P3 j=1 aij = P3 i=1 (ai1 + ai2 + ai3 ) = (a11 + a12 + a13 ) + (a21 + a22 + a23 ) + (a31 + a32 + a33 ) = (1 + 5 + 2) + (−1 + 0 + 1) + (3 + 2 + 4) = 17 Rechenregeln für Doppelsummen Auch bei Doppelsummen gilt die Kommutativität: Seien n, m natürliche Zahlen und aij für i, j ∈ N, i ≤ n, j ≤ m reelle Zahlen, dann gilt für die Doppelsumme: Pm Pn i=1 j=1 aij = Pn j=1 Pm i=1 aij . Es spielt also keine Rolle, ob die Zahlen aij zunächst zeilenweise summiert werden und dann die Summe über die Zeilensummen gebildet wird, ober ob zunächst spaltenweise summiert wird und dann die Summe über die Spaltensummen gebildet wird. 11 2.2.3 Aufgaben Berechne die folgenden Doppelsummen: P1 P3 a) i=0 j=2 aij b) P2 P5 (2ij) c) P2 P3 (2j · i) i=1 i=0 j=1 j=2 12 Kapitel 3 Vollständige Induktion und spezielle Summen Einige spezielle Summen lassen sich durch einfachere Formeln ersetzen. Da in der Mathematik nichts verwendet werden sollte, das man nicht bewiesen hat, werden wir hier zuerst eine wichtige Beweistechnik kennenlernen, sodass wir danach die Formeln, welche zu den speziellen Summen gehören, auch beweisen können. 3.1 Beweise Es gibt vier wichtige Beweistechniken. 1. Beweis durch Beispiel Diese Art von Beweisen ist sehr einfach, klappt nur bei ganz bestimmten Aussagen. Z.B.: Aussage: Es gibt Zahlen, die nicht durch zwei teilbar sind. Beweis: 3 ist eine Zahl und nicht durch zwei teilbar. 2. Direkter Beweis Beim direkten Beweis wird von bereits bekannten Dingen aus schrittweise auf die Aussage geschlossen. 3. Indirekter Beweis Beim indirekten Beweis nimmt man das Gegenteil der Aussage an und beweist, dass dieses nicht sein kann. 4. Vollständige Induktion Diese Beweistechnik werden wir im Folgenden kennenlernen. 13 3.2 Vollständige Induktion Diese Beweistechnik wird immer dann angewendet, wenn man etwas für alle natürlichen Zahlen beweisen will. 3.2.1 Allgemeines Vorgehen bei vollständiger Induktion Nennen wir die für eine natürliche Zahl n gemachte Aussage An . Falls es gelingt zu zeigen, dass A1 wahr ist und dass für alle natürlichen Zahlen n die Richtigkeit An+1 aus der angenommenen Richtigkeit von An gefolgert werden kann, dann ist der folgende Satz bewiesen: An ist wahr für alle natürlichen Zahlen n. 3.2.2 Beispiel Behauptung Für alle natürlichen Zahlen n gilt die folgende Formel: Pn i=1 i= n(n+1) . 2 Solche Summen heissen arithmetische Summen. Beweis n=1 P1 i=1 i=1= 1(1+1) 2 √ ny n+1 Wir können nun annehmen, dass die Behauptung für n gilt. Unter dieser Voraussetzung müssen wir nun beweisen, dass die Behauptung auch für n=n+1 richtig ist. Es ist also noch zu zeigen: Pn+1 i=1 i= (n+1)((n+1)+1) . 2 14 Dazu gehen wir folgendermassen vor: Pn+1 i=1 = i= Pn n2 +n+2n+2 2 i=1 = i+(n+1) = n2 +3n+2 2 = n(n+1) +(n+1) 2 (n+1)(n+2) 2 = = n(n+1) + 2(n+1) 2 2 = n(n+1)+2(n+1) 2 (n+1)((n+1)+1) 2 (Das zweite Gleichheitszeichen ist korrekt, da wir ja annehmen dürfen, dass die Behauptung für n gilt.) 3.3 Spezielle Summen Im folgenden Unterkapitel werden Formeln für bestimmte Summen angegeben. Diese sollen auch gleich direkt oder mithilfe von vollständiger Induktion bewiesen werden. 3.3.1 Aufgaben Beweise folgende Formeln direkt oder mit vollständiger Induktion: a) P Sei c ∈ R. Dann gilt ∀n ∈ N: n i=1 c = n · c. b) Sei Pn c ∈ R. Dann gilt ∀n, j ∈ N: i=j c = (n − j + 1) · c. c) Es gilt ∀n ∈ N: Pn 2 n(n+1)(2n+1) . i=1 i = 6 d) P Sei c ∈ R. Dann gilt ∀n ∈ N: n 1−cn+1 i i=0 c = 1−c . (Solche Summen heissen geometrische Summen. Diese beweisen wir nicht mit vollständiger Induktion, sondern direkt P mit einem Trick. Wir beginnen damit, dass wir uns die Summe (1 − c) ni=0 ci anschauen.) e) P Es gilt ∀n ∈ N: n 1 3 2 k=1 k = ( 2 n(n + 1)) f) Die Summe aller ungeraden Zahlen von 1 bis 2n − 1 ist gleich dem Quadrat von n ∀n ∈ N. Sei also n ∈ N. Dann gilt: P n 2 i=1 (2n − 1) = n 15 16 17 3.4 Übungsmaterial Falls ihr noch mehr üben möchtet, findet ihr Material auf verschiedenen Internetseiten. Drei Beispiele gebe ich hier an. Erklärungen der Theorie mit Beispielen findet ihr unter: http : //delphi.zsg − rottenburg.de/vollstind.html und unter: http : //www.mathematik.de/ger/f ragenantworten/erstehilf e/induktion /induktion.html. Viele Aufgaben mit Lösungen findet ihr unter: http : //www.emath.de/Ref erate/induktion − auf gaben − loesungen.pdf (Speziell die Aufgaben aus B entsprechen unserem Thema. Allenfalls kann es aber interessant sein, die Vollständige Induktion auch an Aufgaben anzuschauen, die nichts mit Summen zu tun haben.) Literaturverzeichnis E. Cramer, J. Nes̆lehová, Vorkurs Mathematik, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 2009 H. Heuser, Lehrbuch der Analysis, Teil 1, B. G. Teubner, Stuttgard, 1990 18