© Hartmut Ring, 2010 1 Prof. Dr. Hartmut Ring Universität Siegen Diskrete Mathematik für Informatiker Wintersemester 2009/2010 Diskrete Mathematik für Informatiker 2. Zahlenmengen und Zahlensysteme Die ganzen Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.1 Die ganzen Zahlen 2 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Definition 2.1 Die Menge ℕ der Natürlichen Zahlen ist definiert durch die Peano-Axiome (P1) 1 ist eine natürliche Zahl. (P2) Jede natürliche Zahl besitzt eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl als Nachfolger. (P3) 1 ist nicht Nachfolger einer natürlichen Zahl. (P4) Verschiedene natürliche Zahlen haben verschiedene Nachfolger. (P5) Gilt eine Aussage, die eine natürliche Zahl als Parameter enthält, für 1, und folgt aus der Gültigkeit der Aussage für eine natürliche Zahl die Gültigkeit für deren Nachfolger, so gilt die Aussage für alle natürlichen Zahlen. Guiseppe Peano 1858 - 1932 Aus (P5) ergibt sich das Beweisprinzip der Vollständigen Induktion 1 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 3 Prinzip der Vollständigen Induktion 2.3 Vollständige Induktion © Hartmut Ring, 2010 A(n) sei eine Aussage für eine natürliche Zahl n Induktionsanfang (Induktionsbasis, Induktionsverankerung) A(1) Diskrete Mathematik für Informatiker Induktionsschritt ∀n ∈ ℕ : ( A(n) ⇒ A(n + 1)) Satz 2.25 Wenn Induktionsanfang und Induktionsschritt gelten, dann ist die Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n richtig. © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 4 Prinzip der Vollständigen Induktion 2.3 Vollständige Induktion Zu zeigen: Eine Aussage A(n) gilt für alle natürlichen Zahlen n Induktionsanfang Behauptung: A(1) ... ... Induktionsschritt Voraussetzung: Für ein beliebiges n gilt A(n) ... Diskrete Mathematik für Informatiker ... Behauptung: A(n+1) Beweis ... Beweis (Voraussetzung verwenden!) A(n+1) mit Hilfe von A(n) ausdrücken und für A(n) die Induktionsvoraussetzung verwenden! 2 © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Vollständige Induktion (Beispiel 1) 2.3 Vollständige Induktion 5 Induktionsanfang Behauptung: A(1) 1 ∑i = i =1 Diskrete Mathematik für Informatiker n ∑i Zu zeigen: Eine Aussage A(n) gilt für alle natürlichen Zahlen n 1 (1 + 1 ) = n(n + 1) 2 i =1 Induktionsschritt Voraussetzung: Für ein beliebiges n gilt A(n) n ∑i = n(n + 1) 2 i =1 2 n +1 ∑i Behauptung: A(n+1) = ( n + 1 )( n + 2) 2 i =1 Beweis trivial Beweis (Voraussetzung verwenden!) n +1 n n(n + 1) i =1 i =1 2 ∑ i = ∑ i + (n + 1) = = n ( n + 1 ) + 2( n + 1 ) 2 = + (n + 1) ( n + 1)( n + 2) 2 © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Vollständige Induktion (Beispiel 2) 2.3 Vollständige Induktion 6 Zu zeigen: Eine Aussage A(n) gilt für alle natürlichen Zahlen n Induktionsanfang Behauptung: A(1) (5n−1) mod 4 = 0 Induktionsschritt Voraussetzung: Für ein beliebiges n gilt A(n) (5n−1) mod 4 = 0 Behauptung: A(n+1) (5n+1−1) mod 4 = 0 Diskrete Mathematik für Informatiker (51−1) mod 4 = 0 Beweis trivial Beweis (Voraussetzung verwenden!) (5n+1−1) mod 4 = (5(5n−1)+4) mod 4 = 5 (5n−1) mod 4 = 0 3 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 7 Vereinfachung durch Verallgemeinerung 2.3 Vollständige Induktion Kann man ein Brett mit 8 mal 8 quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen? Eine Lösung für das Beispiel Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 8 Vereinfachung durch Verallgemeinerung 2.3 Vollständige Induktion Verallgemeinerung: Kann man ein Brett mit 2n mal 2n quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen (für beliebiges n) ? Beweis durch Vollständige Induktion! 4 Induktionsanfang: Man kann ein Brett mit 21 mal 21 quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen. klar! Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 9 Vereinfachung durch Verallgemeinerung 2.3 Vollständige Induktion 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Vereinfachung durch Verallgemeinerung 2.3 Vollständige Induktion 10 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Induktionsschritt: Voraussetzung: Für ein beliebiges n kann man ein Brett mit 2n mal 2n quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen. Behauptung: Man kann ein Brett mit 2n+1 mal 2n+1 quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen. Die vier Teilquadrate lassen sich nach Voraussetzung zerlegen. 2n+1 2n 2n 5 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Vereinfachung durch Verallgemeinerung 2.3 Vollständige Induktion 11 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Induktionsschritt: Voraussetzung: Für ein beliebiges n kann man ein Brett mit 2n mal 2n quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen. Behauptung: Man kann ein Brett mit 2n+1 mal 2n+1 quadratischen Feldern, von denen ein beliebiges fehlt, in Winkelsteine zerlegen. Die vier Teilquadrate lassen sich nach Voraussetzung zerlegen. 2n 2n Vollständige Induktion? 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion 12 © Hartmut Ring, 2010 Alle Äpfel sind blau! Vorbereitung: Man nehme einen Apfel und lackiere ihn blau. Präzisere Behauptung: In jeder Menge mit n Äpfeln haben alle Äpfel die gleiche Farbe. Diskrete Mathematik für Informatiker Induktionsanfang: n = 1 (klar!) Induktionsschritt: n n Da nun alle Äpfel die gleiche Farbe haben und mein Apfel blau ist, sind alle Äpfel blau! 6 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion Starke Induktion 13 © Hartmut Ring, 2010 A(n) sei eine Aussage über die natürliche Zahl n Induktionsanfang (Induktionsbasis, Induktionsverankerung) A(1) Diskrete Mathematik für Informatiker Induktionsschritt ∀n ∈ ℕ : ( ∀i ≤ n : A(i ) ⇒ A(n + 1)) Wenn Induktionsanfang und Induktionsschritt gelten, dann ist die Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n richtig. 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion © Hartmut Ring, 2010 Starke Induktion Zu zeigen: Eine Aussage A(n) gilt für alle natürlichen Zahlen n Induktionsanfang Behauptung: A(1) ... 14 ... Induktionsschritt Voraussetzung: Für ein beliebiges n gilt A(1), A(2), ..., A(n) ... Diskrete Mathematik für Informatiker ... Behauptung: A(n+1) Beweis ... Beweis (Voraussetzung verwenden!) A(n+1) mit Hilfe von A(1), ..., A(n) ausdrücken und für A(n) die Induktionsvoraussetzung verwenden! 7 © Hartmut Ring, 2010 Starke Induktion (Beispiel) Zu zeigen: Eine Aussage A(n) gilt für alle natürlichen Zahlen n Induktionsanfang Behauptung: A(1) 1 lässt sich als Diskrete Mathematik für Informatiker Produkt von Primzahlen darstellen. © Hartmut Ring, 2010 15 n lässt sich als Produkt von Primzahlen darstellen Induktionsschritt Voraussetzung: Für ein beliebiges n gilt A(1), A(2), ..., A(n) Behauptung: A(n+1) 1, 2, ... n lassen sich als Produkt von Primzahlen darstellen. n+1 lässt sich als Produkt von Primzahlen darstellen. Beweis Beweis (Voraussetzung verwenden!) „leeres Produkt“ Entweder ist n+1 eine Primzahl und damit Produkt (aus 1 Primzahl) oder n+1 besitzt einen Teiler t mit 1 < t < n+1. Dann ist (n+1) / t eine natürliche Zahl s mit 1 < s < n+1. Nach Voraussetzung lassen sich t und s als Produkte von Primzahlen darstellen und damit auch n+1 = t s. Das Schubfachprinzip Diskrete Mathematik für Informatiker 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion 16 Wenn in s Schubfächern k Gegenstände liegen und k > s ist, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. s k K und S seien endliche Mengen mit |K| > |S|. Dann gibt es keine injektive Abbildung von K nach S. 8 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 und Zahlensysteme Das Schubfachprinzip: Beispiel2 Zahlenmengen 2.3 Vollständige Induktion 17 Unter drei ganzen Zahlen befinden sich immer zwei, deren arithmetisches Mittel eine ganze Zahl ist. gerade ungerade k=3 © Hartmut Ring, 2010 Das Schubfachprinzip Diskrete Mathematik für Informatiker s=2 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion 18 Wenn in s Schubfächern k Gegenstände liegen und s < k ist, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. Beweis durch Vollständige Induktion (über s): Induktionsanfang (s = 1): Wenn in 1 Schubfach k > 1 Gegenstände liegen, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. s=1 k>1 9 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Das Schubfachprinzip 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.3 Vollständige Induktion 19 Wenn in s Schubfächern k Gegenstände liegen und s < k ist, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. Beweis durch Vollständige Induktion (über s): Induktionsschritt: Voraussetzung: Wenn in s Schubfächern k Gegenstände liegen und s < k ist, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. Behauptung: Wenn in s+1 Schubfächern k Gegenstände liegen und s+1 < k ist, dann liegen in (mindestens) einem Schubfach (mindestens) zwei Gegenstände. Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Das Schubfachprinzip (Induktionsschritt) 2.3 Vollständige Induktion 20 Fall 1: Kein Element liegt im „neuen“ Schubfach. Fall 2: Ein Element liegt im „neuen“ Schubfach. s+1 < k s<k k 1 s+1 < k s < k-1 k-1 1 1 Fall 3: Mehr als ein Element liegt im „neuen“ Schubfach. 10 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Das Schubfachprinzip (Induktionsschritt) 2.3 Vollständige Induktion 21 Das Schubfachprinzip ist sogar äquivalent zur Vollständigen Induktion Das Prinzip der Vollständigen Induktion ist auch äquivalent zum Prinzip vom kleinsten Element: Jede nicht leere Menge von natürlichen Zahlen hat ein kleinstes Element. © Hartmut Ring, 2010 Ganze Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.2 Ganze Zahlen 22 Definition 2.2 Die Gleichung a + x = b ist in ℕ nicht immer lösbar. Man erweitert deshalb zur Diskrete Mathematik für Informatiker Menge ℤ der ganzen Zahlen: ℤ = {..., -3, -2, -1, 0, 1, 2, 3, ...} ℤ = ℕ−ℕ 11 © Hartmut Ring, 2010 Die ganzen Zahlen sind aufzählbar! Diskrete Mathematik für Informatiker 23 ... 3 2 1 0 -1 -2 Eine unendliche Menge M heißt aufzählbar, wenn man sie mit Hilfe der natürlichen Zahlen durchnummerieren kann. (genauer: wenn es eine bijektive Abbildung f: M → ℕ gibt) -3 Rationale Zahlen © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlen und Zahlensysteme 2.1.2 Ganze Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.3 Rationale Zahlen 24 Definition 2.3 Die Gleichung a x = b (für a ≠ 0) ist in ℤ nicht immer lösbar. Man erweitert deshalb zur Menge Diskrete Mathematik für Informatiker Menge ℚ der rationalen Zahlen: ℚ={ m |m∈ℤ ℤ, n ∈ ℕ ℕ} n ℚ = ℤ/ℕ Standarddarstellung: m und n teilerfremd (gekürzt) 12 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme Die rationalen Zahlen sind aufzählbar 2.1.3 Rationale Zahlen 25 ℕ ℚ+ 1 1 2 2 3 1/2 4 1/3 5 3 6 4 7 3/2 8 2/3 9 1/4 10 1/5 11 5 12 6 1/1 2/1 3/1 4/1 5/1 6/1 7/1 8/1 1/2 2/2 3/2 4/2 5/2 6/2 7/2 8/2 1/3 2/3 3/3 4/3 5/3 6/3 7/3 8/3 1/4 2/4 3/4 4/4 5/4 6/4 7/4 8/4 1/5 2/5 3/5 4/5 5/5 6/5 7/5 8/5 1/6 2/6 3/6 4/6 5/6 6/6 7/6 8/6 1/7 2/7 3/7 4/7 5/7 6/7 7/7 8/7 1/8 2/8 3/8 4/8 5/8 6/8 7/8 8/8 Reelle Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 26 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Definition 2.7 Die reellen Zahlen können als die Menge aller Dezimalbrüche angesehen werden: ∞ ℝ = n + ∑ ai 10− i n ∈ ℤ , ai ∈ {0,1,2,… ,9} i =1 Beispiel: 1 ∞ = ∑ 3 ⋅ 10− i 3 i =1 Es gilt: ℚ ⊆ ℝ Frage: Ist ℚ = ℝ ? 13 Reelle Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 27 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Satz 2.6 2 ist keine rationale Zahl (Euklid, ca. 365 – 300 v.Chr.) ⇒ Es gibt teilerfremde natürliche Zahlen p und q mit 2 = p/q. ⇒ 2q2 = p2 ⇒ p2 ist eine gerade Zahl und damit auch p. ⇒ Es gibt eine natürliche Zahl k mit p = 2k. ⇒ 2q2 = 4k2 oder q2 = 2k2. ⇒ q2 ist eine gerade Zahl und damit auch q. ⇒ p und q sind nicht teilerfremd. ⇒ Annahme war falsch. Also ist 2 nicht rational. Definition Reelle Zahlen, die nicht rational sind, heißen irrationale Zahlen. Reelle Zahlen © Hartmut Ring, 2010 Also: ℚ≠ℝ Widerspruchsbeweis: Annahme: 2 ist rational. 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 28 3 ist keine rationale Zahl Indirekter Beweis: Annahme: 3 ist rational. ⇒ Es gibt teilerfremde natürliche Zahlen p und q mit 3 = p/q. Diskrete Mathematik für Informatiker ⇒ 3q2 = p2 ⇒ p2 ist durch 3 teilbar und damit auch p. ⇒ Es gibt eine natürliche Zahl k mit p = 3k. ⇒ 3q2 = 9k2 oder q2 = 3k2. ⇒ q2 ist durch 3 teilbar und damit auch q. ⇒ p und q sind nicht teilerfremd. ⇒ Annahme war falsch. Also ist 3 irrational. 14 Wo steckt der Fehler? 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 29 © Hartmut Ring, 2010 Behauptung 4 4 ist keine rationale Zahl Indirekter Beweis: Annahme: 4 ist rational. ⇒ Es gibt teilerfremde natürliche Zahlen p und q mit 4 = p/q. Diskrete Mathematik für Informatiker ⇒ 4q2 = p2 ⇒ p2 ist durch 4 teilbar und damit auch p. ⇒ Es gibt eine natürliche Zahl k mit p = 4k. ⇒ 4q2 = 16k2 oder q2 = 4k2. ⇒ q2 ist durch 4 teilbar und damit auch q. ⇒ p und q sind nicht teilerfremd. ⇒ Annahme war falsch. Also ist 4 irrational. Irrationale Zahlen 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 30 Beispiele: 2 , 3 , π, e Satz Die reellen Zahlen sind nicht aufzählbar! Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Reelle Zahlen, die nicht rational sind, heißen irrationale Zahlen. 15 Gauß-Klammern 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.1.4 Die Reellen Zahlen 31 © Hartmut Ring, 2010 Definition Für alle reellen Zahlen x wird definiert: x ≔ max { n ∈ ℤ | n ≤ x } x ≔ min { n ∈ ℤ | n ≥ x } In der Mathematik wird meist [x] statt x geschrieben (Gauß-Klammer) Diskrete Mathematik für Informatiker Satz Es gilt x−1 < x ≤ x ≤ x < x+1 Das Summensymbol Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Definition 2.20 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.2 Summen und Produkte 32 Beispiel Summensymbol: Summe der ersten 100 Quadratzahlen: b ∑ f (i ) def f(i): return i*i i =a hat den durch folgende PythonFunktion definierten Wert print(sigma(1, 100, f)) def sigma(a, b, f): s = 0 i = a while i <= b: s += f(i) i += 1 return s 16 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.2 Summen und Produkte Das Summensymbol 33 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Satz 2.22 Für reelle oder komplexe Zahlen ai, bi gilt n n n ∑ (a + b ) = ∑ a + ∑ b i =1 i i i i =1 i =1 i a1 a2 a3 ... an a1 a2 a3 ... an b1 b2 b3 ... bn b1 b2 b3 ... bn 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.2 Summen und Produkte Das Summensymbol 34 Satz 2.24 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Für reelle oder komplexe Zahlen aik gilt m n ∑∑ a i =1 k =1 ik n m = ∑∑ aik k =1 i =1 a11 a12 ⋯ a1n a11 a12 ⋯ a1n a21 a22 ⋯ a2n a21 a22 ⋯ a2n ⋮ ⋮ ⋮ am11 ⋮ am22 ⋯ amn am11 ⋮ ⋮ am22 ⋯ amn 17 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.2 Summen und Produkte Das Summensymbol 35 „Ausmultiplizieren“ © Hartmut Ring, 2010 Für reelle oder komplexe Zahlen c, ai gilt n ∑ ca i =1 i n = c ∑ ai i =1 Diskrete Mathematik für Informatiker Beispiel ∑ ( 3i n + 5 ) = ∑ 3i + ∑ 5 = 3∑ i + ∑ 5 n 2 i =1 i =1 =3 © Hartmut Ring, 2010 n n 2 i =1 i =1 i =1 n(n + 1)(2n + 1) + 5n 6 Das Produktsymbol Diskrete Mathematik für Informatiker n 2 2 Zahlenmengen und Zahlensysteme 2.2 Summen und Produkte Definition 2.20 Beispiel Produktsymbol: Fakultät: b ∏ f (i) i =a 36 n n! = ∏ i i =1 hat den durch folgende PythonFunktion definierten Wert def f(i): return i def product(a, b, f): p = 1 i = a while i <= b: p *= f(i) i += 1 return p print(product(1, 5, f)) Ergebnis: 5! = 120 18 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 37 Definition 2.20 Verallgemeinerung Die Dezimalzahl am am-1 ... a1 a0 , a-1 a-2 a-3 ... a-n ist definiert als Die Stellenwertdarstellung am am-1 ... a1 a0 , a-1 a-2 a-3 ... zur Basis b ist definiert als m ∑ a 10 i =− n m i i Dabei müssen alle Stellen (a-n ... am) Dezimalziffern (im Bereich {0, 1, 2, ..., 9} sein ∑ ab i =−∞ i i Ziffern aus {0, 1, 2, ..., b-1} © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 38 Stellenwertdarstellung der positiven reellen Zahl x zur Basis b ∈ ℕ (b > 1) am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … Diskrete Mathematik für Informatiker mit m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x 19 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 39 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x Beispiel: Zahl π zur Basis 10 m = log10 π = 0 a0 = 10 0 π − 10 10 −1π = 3,1... − 10 0,3... = 3-0 = 3 a−1 = 10 π − 1010 π = 31,... − 103,... = 1 1 0 = 31-30 , a−2 = 10 2 π − 10 101π = 314,... − 1031,... = 314-310 = 4 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 40 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x Beispiel: Zahl π zur Basis 2 m = log 2 π = 1 −1 −2 a1 = 2 π − 2 2 π = a0 = 2 0 π − 2 2 −1π = 1,5... − 20,7... = 1-0 = 1 3,1... − 21,5... 3-2 = 1 1 0 a−1 = 2 π − 2 2 π = 6,2... − 23,1... = 6-6 = 0 a−2 = 2 2 π − 2 21π = 12,5... − 26,2... = 12-12 = 0 a−3 = 23 π − 2 2 2 π = 25,1... − 212,5... = 25-24 = 1 = , 20 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 41 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x Eigenschaften der Stellenwertdarstellung 1 2 ai ∈ {0,1,… , b − 1} (∀i ∈ ℤ) erlaubte Ziffern i > m ⇒ ai = 0 höchste Stelle 3 am ≠ 0 m 4 ∑a b i =n i m i ≤ x < ∑ ai b i + b n korrekte Approximation i =n Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 42 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x 1 ai ∈ {0,1,… , b − 1} (∀i ∈ ℤ) erlaubte Ziffern Beweis: ai = b − i x − b b − i −1 x < b − i x − b(b − i −1 x − 1) = b ai > (b − i x − 1) − b(b − i −1 x ) = −1 Daraus folgt die Behauptung wegen ai ∈ ℤ. 21 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x 2 i > m ⇒ ai = 0 3 am ≠ 0 höchste Stelle Beweis: Nach Def. ist m = logb x , also: Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 43 m ≤ logb x < m + 1 ⇒ b m ≤ x < b m +1 ⇒ b −1 ≤ b − m −1 x < 1 0 < b −i −1 x < b −i x ≤ b − m −1 x < 1 i >m⇒ Also ist (a) b −i x = 0 und b −i −1 x = 0 Nach Def. ist ai = b − i x − b b − i −1 x = 0 − 0 = 0 © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 44 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x 2 i > m ⇒ ai = 0 3 am ≠ 0 höchste Stelle b −1 ≤ b − m −1 x < 1 (a) Diskrete Mathematik für Informatiker Beweis: m ≤ logb x ⇒ bm ≤ x ⇒ xb−m ≥ 1 Mit der Def. folgt (a) ⇒ 0 < b−m−1x < 1 am = b − m x − b b − m−1 x ≥ 1 − 0 = 1 22 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung reeller2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 45 © Hartmut Ring, 2010 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x m ∑a b 4 i i =n m i ≤ x < ∑ ai b i + b n 4.1 4.2 i =n b −1 ≤ b − m −1 x < 1 (a) Beweis: 4.1 O.B.d.A. sei n ≤ m. Nach der Def. von ai ist m m m m = ∑ b −i x b i − ∑ a b = ∑ b x b − ∑ b x b Nach (a) ist b = b x b − b xb und ∑ a b = b x b ≤ b xb = x −i i Diskrete Mathematik für Informatiker korrekte Approximation i =n i i =n n −n i − m −1 i =n m +1 i −n m damit 4.2 i=n ( − ( i +1) i +1 i=n −n n n i ) − m −1 x = 0 m +1 ∑ b x b −i i i = n +1 (b) x < b n b − n x + 1 ≤ b − n x b n + b n Einsetzen von (b) ergibt: m x < ∑ ai b i + b n i =n Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung ganzer2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 46 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … m = logb x ai = b −i x − b b −i −1 x n a0 = n − b = n mod b b n n a1 = − b 2 = (n div b) mod b b b usw. Beispiel: n = 11 m = log 2 11 = 3 11 a0 = 11 − 2 = 11 mod 2 = 1 2 5 a1 = 5 − 2 = 5 mod 2 = 1 2 2 a2 = 2 − 2 = 2 mod 2 = 0 2 1110=10112 1 a3 = 1 − 2 = 1 mod 2 = 1 2 23 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung ganzer2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 47 am … a1a0 , a−1a−2 a−3 … Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Allgemein: m 4 ∑a b i i =n m i ≤ x < ∑ ai b i + b n korrekte Approximation i =n Für ganze Zahlen: Keine Nachkommastellen: am ... a1a0 m ∑a b i =0 i m i ≤ x < ∑ ai b + b i m 0 i =0 ⇒ x = ∑ ai b i i =0 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung ganzer2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 48 am ... a1a0 x = a0b0 + a1b1 + a2b2 + a3b3 + ... + anbm = a0 + b (a1b0 + a2b1 + a3b2 + ... + ambm-1) Letzte Ziffer x ohne letzte Ziffer x mod b x div b Praktisches Verfahren Beispiel: Darstellung von 1357 zur Basis 8 (oktal): 1357 169 21 2 = 169 ⋅ 8 + 5 = 21 ⋅ 8 + 1 = 2⋅8+5 = 0⋅8+2 also: 135710 = 25158 24 Zahlenmengen und Zahlensysteme Stellenwertdarstellung ganzer2Zahlen 2.4 Stellenwertsysteme 49 Diskrete Mathematik für Informatiker © Hartmut Ring, 2010 Umrechnung von der Basis b zur Basis b2 a0b0 + a1b1 + a2b2 + a3b3 = (a0 + a1b)b0 + (a2 + a3b)b2 + ... + a2nb2n + a2n+1b2n+1 + ... + (a2n + a2n+1b)b2n = (a0 + a1b)(b2)0 + (a2 + a3b)(b2)1 + ... + (a2n + a2n+1b)(b2)n Dies ist die Stellenwertdarstellung zur Basis b2 mit den Koeffizienten a0' = (a0 + a1b) a1' = (a2 + a3b) ... an' = (a2n + a2n+1b) Allgemein lässt sich so durch Gruppieren von Ziffern zwischen einer Basis b und einer Basis bn umrechnen. Beispiel: 1A2B16 = 0001 1010 0010 10112. Die Lücken zeigen die Zifferngruppierung. 25