Nach einem Zeckenbiss Vortragshinweis: 4.9. Hallux valgus – Erkrankung des Vorfußes Borrelia burgdorferi Kreiskrankenhaus Rinteln Referent: Dr. Thido Wunder, Oberarzt Chirurgische Abt. KKH Stadthagen Beginn 17 Uhr Symptome, Krankheitsverlauf und Behandlung der von Zecken übertragenen Borreliose Sie sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen: Der Erreger Borrelia burgdorferi. Auch der Überträger ist nur wenige Millimeter groß: Die Zecke überträgt den Erreger durch einen Stich und Blutsaugen von anderen Säugetierwirten auf den Menschen. Das spiralförmige Bakterium verursacht eine multisystemische, also unterschiedliche Organsysteme des Menschen betreffende, und in mehreren Stadien ablaufende Infektionskrankheit, die Lyme-Borreliose genannt wird. Vorkommen & Häufigkeit Nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts erkranken jedes Jahr in Deutschland etwa 80 000 bis 230 000 Menschen an der Borreliose. Die bakterielle Lyme-Borreliose kommt in ganz Deutschland vor. Eine vorbeugende Impfung ist nicht möglich. Neuere Beobachtungen zeigen eine Zunahme der durch Zecken übertragenen Erkrankungen wie auch der ZeckenPopulationen, nicht zuletzt auch durch den Klimawandel, durch den die natürlichen Wirte der Zecken kaum noch dezimiert werden. Nicht alle Zecken tragen Krankheitserreger in sich. Während in den nördlichen Bundesländern die Zecken-Populationen nur zu etwa sechs bis zehn Prozent mit Borrelien durchseucht sein sollen, liegt der Wert im südund mitteldeutschen Raum deutlich höher, regional sogar bis 50 Prozent. Zeckenstich und Entfernung Zecken halten sich bevorzugt in Gestrüpp, hohen Gräsern, Farnen und im Unterholz auf – nicht nur in abgelegenen Waldgebieten, sondern auch in Städten. Angelockt durch Körperwärme und Düfte lassen sie sich von der Pflanze abstreifen und suchen auf der Haut des Opfers nach einer geeigneten Einstichstelle: feuchte, warme und gut durchblutete Hautareale wie etwa Kniekehlen, Leisten und der Haaransatz. Beim Stich durchbohren die scharfen Mundwerkzeuge der Zecke die Haut. Begünstigt durch örtlich betäubende und die Blutgerinnung hemmende Substanzen im Speichel kann das Spinnentier dann meist ungestört über längere Zeit Blut saugen, ohne dass das Opfer dies merkt. Die Borrelien halten sich im Darm der Zecke auf und brauchen in der Regel länger als 10 Stunden, bis sie sich von dort über den Speichel der Zecke in die Stichwunde bewegt haben. Das Infektionsrisiko steigt also proportional zur Dauer des Saugakts. Zecken lassen sich mit unterschiedlichen Instrumenten entfernen: Mit einer Pinzette wird das Tier möglichst hautnah gepackt und gerade herausgezogen. Speziell für diesen Zweck entworfene Pinzetten sind unter der Bezeichnung „Zeckenzange“ erhältlich. Bei „Zeckenkarten“ werden die Flanken eines Schlitzes unter die Zecke geschoben; der eingeklemmte Parasit kann dann mit der Karte als Hebel abgezogen werden. Zu beachten ist auf jeden Fall, dass dessen Körper keinesfalls gequetscht wird, um dadurch nicht die Übertragung von Erregern zu begünstigen. Bei mit Borrelia burgdorferi befallenen Zecken liegt die Gefahr, sich zu infizieren, bei circa 25 Prozent. Dabei müssen jedoch nicht alle mit Borrelien infizierten Betroffenen eine erkennbare Erkrankung entwickeln. Krankheitsverlauf Kommt es jedoch zu einer Erkrankung, so zeigt sich die Lyme-Borreliose als eine viele Organsysteme betreffende Infektionskrankheit mit einem breiten Spektrum an Erkrankungsformen und Symptomen, die sich bevorzugt im Bereich der Haut, des zentralen und peripheren Nervensystems, der Gelenke sowie des Herzens manifestiert. Die Borreliose wird in ihrem Krankheitsverlauf häufig in unterschiedliche Stadien eingeteilt, die sich von ihrem Verlauf her nicht immer sauber voneinander trennen lassen. So treten neben typischen Leitsymptomen auch zahlreiche Symptome auf, die auch bei Krankheiten anderer Ursache vorkommen. Zudem kann die Symptomatik vor allem im Frühstadium wechselhaft sein. Längere be- schwerdefreie Phasen Themen Der SN-Serie mit einem (erneuten) Ausbruch der Krank 11.8. Endoprothetik Schulter heit noch nach Monaten oder sogar Jahren 18.8. Borreliose sind ebenfalls möglich. Bei etwa 75 Prozent 25.8. Hallux valgus der Betroffenen kommt es nach circa drei bis 30 1.9. Sehnenschäden Schulter Tagen an der Stichstelle zur Ausbildung einer Ihre Fragen zu den angekündigten Themen schicken Sie als Email bitte einfach an: rötlichen, sich [email protected] nenden, oft ring-, gelegentlich aber auch rein fleckförmigen Hautläsion – auch als Wanderröte be- dernde Muskel-, Skelett- und zeichnet. Diese Hautverän- Gelenkschmerzen, Lymphderung bildet sich auch ohne knotenschwellungen. Schon spezielle Behandlung wieder frühzeitig kann auch das zentzurück, und innerhalb von Ta- rale und periphere Nervensysgen bis Wochen zeigen sich ne- tem mitbefallen sein in Form ben Allgemeinsymptomen, wie etwa einer HirnhautentzünMüdigkeit, Abgeschlagenheit dung oder relativ häufig einer sowie grippalen Symptomen, Gesichtslähmung. auch organische Beschwerden, Bei bis zu zehn Prozent der also Kopfschmerzen, an unter- Patienten kommt es nach eischiedlichen Stellen auftreten- nigen Wochen zu einer entde Hauterscheinungen, wan- zündlichen Mitbeteiligung des Kleiner Biss, GroSSe Wirkung Nur wenige Millimeter groß, aber gefährlich: Zecken, umgangssprachlich auch Holzbock genannt. Entfernen lassen sich die Achtbeiner mit speziellen Werkzeugen, wie Zeckenkarten. (unten links) Bisse der Zecken können Borreliose auslösen. Erste Anzeichen für eine Infektion ist die Wanderröte um die Bissstelle herum. (unten rechts) Fotos: istockfoto (2) | fotolia.com (1) Thomas Emrich Oberarzt Innere Medizin, KKH Rinteln Wie kann ich mich vor Kniekehlen, am Hals und Kopf sowie im Schritt gründlich nach ZeZecken schützen? Einen sicheren Schutz vor Zecken cken suchen. Diese Regeln gelten ganz besonders für Kinder. gibt es nicht. Aber man kann dennoch einiges tun, um Zeckenstiche zu vermeiden: Vermeiden Sie den Was tun bei Zeckenstich? Die Zecke soll möglichst schnell Aufenthalt im hohen Gras oder Unterholz. Tragen Sie geschlossene entfernt werden. Das InfektionsKleidung mit langen Ärmeln und risiko für Borreliose steigt mit der lange Hosen. Helle Kleidung ist Saugdauer der Zecke. Die Zecke günstiger als dunkle. Zecken kann möglichst nah an der Haut mit man gut darauf erkennen und noch Pinzette oder Zeckenzange fassen vor einem Stich entfernen. Verwenund langsam gerade herausziehen, den Sie Insekten abweisende Mitnicht drehen. Zecke nicht mit Öl, tel, diese helfen zumindest eine Nagellack, Alkohol oder Klebstoff Weile. Suchen Sie Ihren ganzen bestreichen. Zeckenleib vor allem Körper nach Zecken ab, nachdem möglichst nicht quetschen (drückt Erreger in die Haut). Anschließend Sie sich in der Natur aufgehalten die Wunde desinfizieren. Zecke sihaben. Zecken bevorzugen dünne cherheitshalber für eventuelle weiund warme Hautstellen. Deshalb tere Untersuchung aufheben. sollten Sie an den Armen, in den Was sollte ich nach einem Kann man sich bei Stich beachten? anderen BorrelioseDie Einstichstelle sollte circa vier Erkrankten anstecken? Nein, die Infektion erfolgt ausWochen lang beobachtet werden. Bei Auftreten von Wanderröte oder schließlich über Vektoren, also anderen Symptomen unter andeblutsaugende die Krankheitserrerem Fieber, Kopfschmerzen ist ein ger übertragende Parasiten. Arzt aufsuchen. Hat man nach einer Soll man nach einem durchgemachten Borreliose Zeckenstich vorbeugend ein einen Krankheitsschutz, Antibiotikum einnehmen? also eine Immunität? Wenn keine KrankheitserscheinunNein. Während bei der virusbegen vorliegen: nein. In Einzelfällen dingten Frühsommer-Meningitikann eine Prophylaxe mit Doxyserkrankung (FSME) sowohl eine cyclin erwogen werden, zum BeiImpfung möglich ist als auch nach durchgemachter Krankheit eine lespiel bei multiplen Zeckenstichen, bei sehr ängstlichen Personen oder benslange Immunität besteht, exisnach Zeckenstich in Hochendetiert diese für die Borreliose nicht. miegebieten. Jede Woche eine Gesundheitsseite in den SN: Neben aktuellen Themen zu Gesundheit und Krankheitsbildern stellen wir Ihnen die passenden Therapiemethoden vor und machen Ursache oder Verlauf einer Erkrankung verständlich. Zusätzlich haben Sie die Möglichkeit zu den behandelten Themen Ihre Fragen an uns zu stellen! Schreiben Sie einfach per Email [email protected] Herzens im Sinne einer Herzmuskel- und/oder Herzbeutelentzündung. Relativ typisch für die Borreliose sollen dabei Herzrhythmusstörungen sein, die in ausgeprägten Fällen zur Implantation eines (vorübergehenden) Herzschrittmachers führen können. Späte Erkrankungserscheinungen sind, sofern die Erkrankung nicht adäquat behandelt wurde und ausgeheilt ist, typischerweise Gelenkentzündungen, vor allem der großen Gelenke. Eine an der Haut ablaufende Späterscheinung ist zunächst eine dunkelblaue Hautschwellung meist an einem der Beine. In seltenen Fällen können noch Jahre nach der Infektion chronische neurologische Symptome mit Nervenschmerzen, Lähmungen, insbesondere Gang- und Blasenstörungen auftreten. Diagnostik und Behandlung Die Borrelien-Labordiagnostik ist bislang nicht gänzlich standardisiert und basiert primär auf Antikörpertests im Blutserum und im Nervenwasser, mit denen die Antikörper festgestellt werden können. Eine Aussage über die Erregeraktivität ist damit nicht möglich. Deshalb sind sie nicht zur Therapiekontrolle geeignet. Obwohl die Ergebnisse in den ersten Wochen negativ sein können, zeigen die meisten Patienten später eine positive Antikörperreaktion. Patienten, die schon einmal an einer Borreliose erkrankt waren, reagieren oft jahrelang, auch nach adäquater Antibiotikatherapie, positiv. Da die Lyme-Borreliose eine im Grunde mit Antibiotika ursächlich heilbare Infektionskrankheit ist, kann es für einen Patienten fatal sein, wenn sie als Krankheit anderer Ursache fehldiagnostiziert wird, deshalb eine Antibiotikatherapie unterbleibt. Aber es ist ebenso problematisch, wenn fälschlicherweise eine Lyme-Borreliose diagnostiziert, eine ja auch nicht immer verträgliche und nebenwirkungsfreie Antibiotikatherapie durchgeführt und eine andere wirksamere Behandlung unterlassen wird. Vor allem im Frühstadium der Erkrankung können Antibiotika in Tablettenform eingesetzt werden. Später auftretende und chronische Symptome lassen sich nicht mehr so leicht behandeln. In solchen Fällen können oft Antibiotikagaben durch mehrwöchige Infusionen notwendig werden. Zur Behandlung kommen unterschiedliche Medikamente in Frage – je nach Art der Symptome beziehungsweise dem Organbefall und Alter des Erkrankten. Eine routinemäßige Antibiotikagabe bevor Symptome nach einem Zeckenstich auftreten, wird derzeit nicht empfohlen. Sicher ist aber die Notwendigkeit einer möglichst rasch einsetzenden und ausreichend langen Behandlung, wenn nach einem Zeckenstich eine Wanderröte als praktisch beweisendes Symptom beobachtet wird, und dringend zu erwägen bei einem grippeähnlichen Bild mit Gelenk-und Muskelbeschwerden als wahrscheinliches Symptom einer Infektion.