6 Teil II: Wärmelehre KAPITEL A Einleitung 1. Womit beschäftigt sich die Wärmelehre? Die Wärmelehre befaßt sich mit dem Verhalten von Körpern, wobei gegenüber der Mechanik als wesentliche definieren: Als proportional zur mittleren kinetischen Translationsenergie der Moleküle 1m<v2 >= 3kT 2 2 , wobei v die Geschwindigkeit der zufälligen Bewegung relativ zum Schwerpunkt ist. Mit der auf der Mechani benötigt man die Koordinaten und Geschwindigkeiten aller Teilchen (x i,v i) mit i=1,...,N. Über die Mittelung peratur. Der Vorteil der mikroskopischen Beschreibung ist die gedanklich klare Struktur und die Möglichkeit Andererseits sind die Koordinaten und Geschwindigkeiten der einzelnen Teilchen keiner direkten Messung z Eigenschaften das Teilchenbild nicht. Ein großer Teil der Thermodynamik wurde sogar entwickelt, bevor sich rung überwiegend mit der makroskopischen Thermodynamik befassen. Neben der Verbindung zur Mechanik gibt es Zusammenhänge mit dem Elektromagnetismus. So spielt z.B. thermoelektrische Effekte verknüpfen die beiden Gebiete der Physik. Ein wichtiger Zusammenhang mit der O thermischen Gleichgewicht. 7 KAPITEL B Temperatur 1. Makroskopische Betrachtung a) Gleichgewicht Zur makroskopischen Definition der Temperatur kommen wir nicht ohne den Begriff des thermischen Gleich der übrigen Welt isolierten System die Zustandsvariablen, d.h. die Parameter, die das System beschreiben, ni man Relaxationszeiten. Zwei Systeme im thermischen Gleichgewicht, die über eine diathermische Wand, d.h weise direkt nach der Kontaktierung kein Gesamtsystem im thermischen Gleichgewicht. Man sagt dann, sie h tierung thermisches Gleichgewicht vorliegt, sagt man, sie haben gleiche Temperatur. Man kann ϑ also jedem Sy zwei Systeme nach ihrer Kontaktierung im Gleichgewicht bleiben oder nicht. Diese Größe heißt Temperatur. b) Zustandsvariable Zustandsvariable sind die makroskopischen Parameter, mit denen man ein System beschreibt. p,V,n,ϑ Bei einem Gas zentration oder Zusammensetzung. Bei einer paramagnetischen Substanz sind dies B, M, ϑ . ϑB ist das Magne die Oberflächenspannung, A die Fläche; bei einem Widerstandsdraht σ = F/A,l,ϑ . Die Zustandsvariablen ein heißt die Zustandsgleichung. Bevor wir eine Temperaturskala angegeben haben, können wir die Zustandsfunk gibt. Für ein Gasf(p,V,n,ϑ) schreiben = 0wir c) Temperaturskala Bei der Definition einer Temperaturskala gibt es eine Reihe im Prinzip willkürlicher Maßnahmen. Man kann * Man wählt eine Thermometersubstanz ("Standardsystem") Die Zustandsvariablen aus, z.B. Quecksilber seien x, oder y undHe. ϑϑ , z.B. V, p, daß die Stoffmenge konstant bleibt. * Man sorgt dafür, daß eine der beiden Zustandsvariablen x oder y konstant bleibt; die andere ist dann die th p = const, und man mißt die Temperatur über die Volumenausdehnung; bei einem Gasthermometer ist mei * Man wählt eine thermometrische Funktion ϑ(x) , die angibt, wie die Temperatur mit ϑ(der x) =freien ax Zustandsgrö Funktionen sind diskutiert ϑ(x) ∼ lo worden, gx , diez.B. den absoluten Nullpunkt ins Unendliche rücken würde. * Schließlich benötigt man einen oder mehrere Fixpunkte, d.h. Temperaturen, die sich reproduzierbar einste Celsius-Skala angegeben. Gefrierpunkt von H2O Siedepunkt vonH2O O2 S Au ( 0° C) ( 100° C) (-182° C) ( 440° C) (1063° C) α) Einfache Thermometerskala Vor 1954 wurden für die amtliche Temperaturskala 2 Fixpunkte und deren Temperaturdifferenz benutzt. Die ferenz auf 100° festgesetzt wurde. Als System diente Helium, dessen Druck x = p bei konstantem Volumen ϑ(x) = ax. Eine beliebige Temperatur ergibt sich dann aus 8 ϑ(x) = x ϑ(x 2 ) − ϑ(x 1 ) x 2 − x 1 β) Moderne Gasthermometerskala Die moderne Gasthermometerskala benutzt einen Fixpunkt x1 und seine Temperatur ϑ(x 1 ) . Als Fixpunkt wird flüssiger und gasförmiger Aggregatzustand gleichzeitig existieren. Der Tripelpunkt läßt sich genauer repr Abb. 185: Eine lineare thermometrische Funktion ϑ = 273,16 zugeordnet. Die Temperatur ist, wenn man als thermometrische Funktion die Proportionalität ve ϑ = p 273,16 p tr V=const Das Gasthermometer besteht aus dem Gasvolumen V und dem Flüssigkeitsmanometer. Durch Anheben oder bleibt. Der Druck wird an der Höhe h des0+ Flüssigkeitsmanometers ρ gh). abgelesen (p = p d) Die ideale Gastemperatur Nach dem unter b) beschriebenen Prinzip arbeitende Gasthermometer zeigen eine Temperatur, die noch etwa Abb. 186: Der Tripelpunkt von Wasser der Druck im Thermometer ist. Mißt man eine Temperatur, z.B. die Siedepunkttemperatur, indem man unter fangsdruck am Tripelpunkt ptr variiert, so stellt man fest, daß der Wert, den man durch Extrapolation der gem nennt man die ideale Gastemperatur. Sie ist für praktische Zwecke mit der Kelvin-Skala identisch, die über de p T = ϑ = 273,16 lim p tr V=const p tr →0 T = 273,16 lim V p tr →0 V tr p=const 9 Abb. 187: Gasthermometer e) Thermometer Mit der nun bekannten Temperaturskala kann man für andere Thermometersubstanzen die Thermometerfunkt Die Konstanten des Polynoms kann man in Nachschlagewerken finden. Solche Thermometer sind entweder l Temperaturbereich. Abb. 188: Extrapolation zu verschwindendem Druck Ein Widerstandsthermometer nutzt die Widerstandsänderung mit der Temperatur aus R = R 0 (1+ Aϑ + Bϑ 2 ) Häufig benutzt wird Platin. Der Anwendungsbereich liegt zwischen er -angewendet. 200° C und + 1200° C. Heute werden al Ein Thermoelement (s. Kap. I) nutzt die Kontaktspannung zwischen zwei Metallen aus. In einem Stromkreis mit konstanter Temperatur kompensieren sich die verschiedenen Spannungen. Bei untersc übrig, die mit der Temperaturdifferenz wächst. Ein Thermoelement sollte möglichst stromlos betrieben werd sucht. Typische Materialien sind Kupfer und Konstantan. Temperaturbereich für den Einsatz 0 - 1000° C. Die U = a + bϑ + cϑ 2 Ein einfaches Thermometer liefert ein Bimetallstreifen, d.h. ein Streifen, der aus zwei Metallen mit untersch das Bimetall. Es gibt Stoffe, die ein anomales Verhalten bezüglich ihrer thermischen Ausdehnung zeigen und deshalb als T und Gummi, das sich bei Erwärmung zusammenzieht. 10 f) Zustandsgleichung Die Form der Zustandsgleichung folgt nicht aus der makroskopischen Theorie. Sie muß experimentell bestim chungen werden häufig benutzt, um die Änderungen einer Zustandsvariablen aus der einer anderen unter be eines Gases, d.h. Kompression ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung aus der Volumenänderung die Tem genwärtigen, daß die Temperatur nur für einen Gleichgewichtszustand definiert ist und daß die Zustandsände sen. Wir geben im folgenden Zustandsgleichungen für einige Systeme an, zunächst ohne sie zu begründen. Abb. 189: Thermoelement α) Ideales Gas pV = νRT R= 8,31 J/K mol, allgemeine Gaskonstante ν: Anzahl der Mole 1 mol: Molekülgewicht in g ν = 1, p5 =Pa10= 1 bar, → T =V273 = 22,4 K l In dem idealen Gasgesetz sind das Boyle-Mariottsche Gesetz (Robert Boyle 1627 - 1691, E. Mariotte 1620 p = const (Joseph Gay-Lussac 1778 - 1850) V = V0 T T0 enthalten. Das ideale Gasgesetz ist für Temperaturen weit vom Kondensationspunkt gut erfüllt. In der Nähe des Konden Abb. 190: Thermische Ausdehnung von Wasser rik van der Waals 1837 - 1923) p + a2 (v− b) = RT , v wobei v das Volumen eines Mols ist und die Konstanten a und b für die verschiedenen Gase unterschiedliche β) Paramagnetische Substanz Für Temperaturen weit vom Curie-Punkt gilt das Curie-Gesetz ((Pierre Curie 1859 - 1906) M = CB T 11 B ist das Magnetfeld und C die Curiekonstante, M die Magnetisierung. In der Nähe des Curiepunktes gilt besser das Weißsche Gesetz (Pierre Weiss 1865 - 1940) M=C B T − NρC ρ ist die Dichte und N eine Konstante. γ) Oberflächenfilme Bei Oberflächenfilmen gilt s = s 0 1− ϑ ϑ0 mit 1<n<2. s ist die Oberflächenspannung. n 2. Mikroskopische Betrachtung a) Naives Modell des idealen Gases Um zu zeigen, wie aus einer mikroskopischen Betrachtung Gesetze für makroskopische Größen abgeleitet we he aus gleichen Massenpunkten der Masse m und der mittleren Geschwindigkeit v. Wir nehmen an, daß der werden kann. Die Teilchen, die auf eine Wand zufliegen, übertragen bei elastischer Reflexion pro Stoß den Im ∆P = 2mv Bei inelastischem Stoß wäre der Impulsübertrag ∆P = mv , und das Teilchen würde an der Wand haften bleibe Wand treffen wie sie wieder verlassen, so daß der elastische Stoß die Situation besser beschreibt als der inela Bei einer Teilchendichte von n Teilchen, die auf∆t die Wand zufliegen, treffen die Wand in der Zeit nAv∆t Teilchen. Der gesamte Impulsübertrag ist also ∆P = nAv∆t ⋅ 2mv ∆P undderDruckp= F/A = 2nmv2 ∆t Der Druck ist nach Erfahrung unabhängig von der Form des Gefäßes. Wir berechnen ihn daher für einen Wür nenten der Geschwindigkeit entlang der Koordinatenachsen und beachten wir, daß die Kraft ist nur die Geschwindigkeiten mit dem korrekten Vorzeichen zum Druck auf eine Wand beitragen, so erkennen w p = 1nmv2 = 1N mv2 3 3V 12 pV = 1Nmv2 = 1νN A mv2 3 3 ν ist also eine Zahl, die proportional zur Teilchenzahl ist. Für N = NA ist ν = 1 . Die Stoffmenge ist dann 1 M Anzahl N enthält. A Teilchen Man schreibt pV = νRT 23 Man nennt · 10 /mol die Avogadrozahl (Amadeo Avogadro 1776 - 1856) A= 6 N RT = 2N A 1mv2 ; 1mv2 = 3 R T = 3kT 3 2 2 2N A 2 Abb. 191: Alle Teilchen, die auf A treffen R = NAk R = 8,3 J/K mol ist die ideale Gaskonstante. -23 k = 1,38 J/K ·10 ist die Boltzmann-Konstante (Ludwig Boltzmann 1844 - 1906). b) Wahrscheinlichkeit Der Schwachpunkt in der naiven Ableitung besteht darin, daß die "mittlere" Geschwindigkeit überhaupt nich unterschiedliche Geschwindigkeiten. Um hierüber mitteln zu können, muß man angeben, wie diese Verteilun untereinander und mit der Wand dauernd ihre Geschwindigkeit ändern und daß die entstehende Verteilung ein se, etwa geeignetes Würfeln reproduzieren können. Dies wollen wir im folgenden versuchen. α) Wurf einer Münze Beim Wurf einer Münze haben wir die Vorstellung, daß bei sehr vielen Würfen die Hälfte die Zahl, die Hälft können wir so zu diesem Ergebnis kommen: Die möglichen Ereignisse sind: Die Münze zeigt eine Zahl oder ein Wappen. Die Zahl der möglichen Ereign der günstigen Ereignisse ist z dafür, daß ein günstiges Ereignis auftritt, erhalten wir g = 1. Als Wahrscheinlichkeit zg W(z) = z = 1 m 2 β) Wurf zweier Münzen 13 Abb. 192: Die Anzahl der Teilchen, die auf eine Würfelfläche treffen. Bei zwei Münzen verfahren wir ebenso. Wollen wir z.B. wissen, wie wahrscheinlich es ist, daß beide Münze "Ensemble"). Dies wären hier 4, und die Teilmenge, die uns interessiert, wäre hier ein Ereignis. Die Wahrsch γ) Regeln zur Wahrscheinlichkeit Interessieren wir uns dafür, wie wahrscheinlich es ist, daß ein Ereignis auftritt, das aus zwei Ereignissen zusa auftritt, so addieren sich gemäß der oben eingeführten Abzählmethode die Einzelwahrscheinlichkeiten W = W(1) + W(2) (1 oder 2 findet statt) Da die Summe aller möglichen Ereignisse gleich dem Nenner ist, erhält man N Σ W(i) = 1 i=1 Wir sagen, die Wahrscheinlichkeit ist auf 1 normiert. Will man hingegen die Wahrscheinlichkeit für alle Fäll zieren sich die Wahrscheinlichkeiten, da bei jedem Eintreffen von Ereignis 1 der Bruchteil der Fälle bekannt auch als das Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten in Beispiel a deuten. c) Die Binominalverteilung Eine der wichtigsten Verteilungen ist die Binominalverteilung. Auf ihr fußt die Maxwell- und die Poissonve einfachsten Fall ist sie die Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Anzahl der geworfenen Zahlen bei N gleich bei dem die Wahrscheinlichkeiten, eine Zahl oder ein Wappen zu werfen, nicht gleich sind. Wir untersuchen wissen, mit welcher Wahrscheinlichkeit er von insgesamt N Schritten n nach rechts macht. Im Gegensatz zu lassen ihn beispielsweise 10 Schritte machen und notieren die Anzahl der Schritte nach rechts n. Wir untern gangspunkt angefangen wird. Die meisten dieser Versuche werden n = 5 oder eine Zahl in der Nähe von 5 er lung W(n). Für eine große Anzahl von Schritten wird recht genau n = N/2 erfüllt sein, d.h. W(n) ist im Verhäl Die Wahrscheinlichkeit für einen Schritt nach rechts sei p, für einen Schritt nach links q mit p + q = 1. Die An Konfiguration nennen wir ein Muster der nacheinander registrierten Schritte nach rechts oder links, z.B. r, r, l n2 einer Konfiguration vorkommen. Die Wahrscheinlichkeit für genau diese Konfiguration p n 1ist ⋅ pW konf = schiedliche Wahrscheinlichkeiten für den Wurf einer Zahl oder eines Wappens haben (p, q). Die Wahrschein usw. Um die Wahrscheinlichkeit auszurechnen, daß genau n1 Schritte nach rechts, n2 Schritte nach links gemacht Rechtsschritte und n2 Linksschritte enthalten. Zunächst zählen wir die Gesamtzahl der Möglichkeiten ab, über 14 erste Element und stellen es nacheinander auf einen Platz weiter, ohne die Reihenfolge der anderen zu ändern der ersten Fälle gibt es N-1 Möglichkeiten, das 2. Element zu versetzen. Insgesamt also N(N-1) ...2 · 1 = N! M zu. Hierbei sind allerdings innerhalb der Schritte nach rechts n1! und der Schritte nach links n2! Permutation unabhängig Reihenfolge. von der Wir dividieren n Diedaher gesuchte Wahrscheinlichkeit durch nist also 1! ·2!. W(n 1 ,n 2 ) = N! p n 1 q n 2 n 1 !n 2 ! Wir schreiben diese n als Variable um2 auf = N1n-mit n n 1 = noch W(n) = N! p n q (N−n) n!(N − n)! Abb.193: Die möglichen Ereignisse bei dem Wurf von zwei Münzen. W(n) gibt Wahrscheinlichkeit die an, daß der Betrunkene nach insgesamt N Schritten n Schritte nach rechts gemacht hat. Diese Verteilung heißt Binominalverteilung, denn die Zahlenwerte W(n) sind identisch mit den Binominalkoe N N N! p n q (N−n) (p + q) = Σ n=0 n!(N − n)! Sie tritt überall in der Physik da auf, wo sich ein System mehrmals zwischen zwei Alternativen entscheiden k Galton 1822 - 1911) Um makroskopische Werte zu erhalten, muß man Mittelwerte bilden. Haben wir eine Größe F(n), die von de stärke seiner Stimme, so ist der Mittelwert wie üblich < F(n) >= Σ W(n i )F(n i ) = Σ W(n i )F(n i ) Σ W(n i ) Der Nenner ist wegen der Normierung 1. d) Die Gaußverteilung α) Ableitung der Gaußverteilung Für N >> 1 geht die Binominalverteilung in eine Gaußverteilung über. Da für N >> 1 die Verteilung sehr sch liegt da, wo W(n) sein Maximum besitzt. 15 n = 〈n〉 + η; dW = 0 dn 〈n〉 Bei Entwicklung zeigt es sich, daß es günstiger ist, statt W(n) ln(W(n)) zu entwickeln. Um dies plausibel zu m vor. Entwickeln wir ≈sie 1 +direkt, Ng. N Wegen so>>kann wird 1 fdas lineare Glied also noch sehr groß ausfallen. Die Reihe konvergiert 1 lnf = Nln (1+ g) = N g + g 2 + ... , erhält man eine gut konvergierendee Reihe. 2 Die Entwicklung von lnW bis zur 2. Ordnung hat die Form 2 η 2 + ... lnW(n) = (lnW) 〈n〉 + dln W η + 1 d lnW 2 2 dn 〈n〉 dn 〈n〉 (1) Setzt man die Binominalverteilung ein, erhält man rechts lnW = lnN!− lnn!− ln(N − n)!+ nln p + (N − n)ln q Die Ableitungen lassen sich N >> mit vereinfachen 1einem Hilfssatz (Formel für von James Stirling 1692 - 1770) Abb. 194: Wie weit kommt der Betrunkene? dln n! ≈ ln(n + 1)!− lnn! = ln(n + 1)! = ln(n + 1) ≈ lnn 1 n! dn damit wird dln W = −lnn + ln(N − n) + lnp − lnq dn d 2 lnW = − 1 − 1 = − N n N−n n(N − n) dn 2 (2) (3) Der Ausdruck auf der rechten Seite läßt sich vereinfachen. Da <n> bei dem Maximum von W(n) liegt, ist dln W = 0 dn 〈n〉 Der zweite Term in (1) fällt also fort. Außerdem kann man <n> durch man Np ersetzen, denn bildet man von (2) d −ln〈n〉 + ln(N − 〈n〉) + lnp − lnq = 0 p N − 〈n〉 = 1;Np − 〈n〉p = 〈n〉q 〈n〉q 16 Abb. 195: Die Möglichkeiten, 4 unterscheidbare Elemente anzuordnen. Np = 〈n〉(p + q) = 〈n〉 Der 3. Term in Gl. (1) wird mit (3) und dieser Beziehung N N = = 1 〈n〉(N − 〈n〉) Np(N − p) Npq Einsetzen in Gleichung (1) ergibt: − 1 1 η 2 = lnW(n) − lnW(〈n〉) 2Npq 1 η2 W(η) = W(〈n〉)e 2 Npq mit <n> = Np η = n−< n >= n − Np Dies ist die Gaußverteilung (Carl Friedrich Gauß 1777 - 1855) β ) Diskussion der Gaußverteilung In unserem Problem des eindimensionalen "random Walk" gibt diesition Gaußverteilung n nach N Schritten nicht diezuWahrscheinlichk erreichen, sond Wahrscheinlichkeit, n Schritte nach rechts2 ausgeführt = N - n Schritte zu haben. nachGleichzeitig links, so daßgab die es erreichte n Position bei Abb.196: Das Galtonsche Brett m = 2n=- n - (N - n) = 2n - N liegt. Um die Wahrscheinlichkeit auszurechnen, mit N Schritten m zu erreichen, braucht man nur in W(n) das 17 n= 1 2(m + N) zu ersetzen. η = n − 〈n〉 = 1(m + N) − Np = 1(m + N + 2Np) 2 2 = 1[m + N(1 − 2p)] 2 Zur Symmetrisierung des Ausdrucks wird in der runden Klammer 1 durch p + q ersetzt η = 1[m + N(q − p)] 2 Die Wahrscheinlichkeit p(m) m zu erreichen, hat dann die Form [m − N(p − q)] 2 m − m0 P(m) = exp − = exp − 8Npq P(〈m〉) m 2e P(m ) Es liegt also eine Gaußsche Glockenkurve mitvor. der Bei Verschiebung das m =Maximum m 0 m -e m erreicht die Kurve = 1 . Bei (m 0 = N(p - q) 0 liegt 0) = P(〈m〉) P(m) = e1 P(〈m〉) m e = 8Npq ist also ein Maß für die Breite der Kurve. Je mehr Ereignisse stattgefunden haben, desto brei 8pq me = mit steigendem N ab. Die Verschiebung wird Null, wenn p = q, d.h. sind.wenn die Schritte nach rech N N e) Die kontinuierliche Gaußverteilung α) Umschreiben auf x Wenn im Ortsraum die Schrittweite sehr klein ist gegen die Ausdehnung der Kurve, kann man die Gaußverte wie wahrscheinlich eine diskrete Schrittzahl m ist, sondern wie wahrscheinlich es ist, daß die ∆x Ereignisse in e man in m Schritten die Position x = ml. Bei genügend ∆x als kleiner konstant Schrittweite ansetzen.kann Dann man ist ∆xP(m) die Anzahl im Intervall der Ereignis ∆x ∆Z = P(m)∆m = P(m) = f(x)∆x l f(x) = dZ nennen wir die Verteilungsfunktion der Zahl der Ereignisse. Sie hat nach der ∆xDefinition →0 die Dimen dx Zahl der Ereignisse. Wenden wir diese Definition einer Verteilungsfunktion auf Geschwindigkeitsverteilunge f(v)dv 18 die Anzahl von Teilchen mit Geschwindigkeiten zwischen v und v + dv. f(x) erhält man aus der Gaußverteilung, indem man m im Exponenten durch x/l ersetzt: [x/l − N(p − q)] [x − Nl(p − q)] [m − N(p − q)] = = 8Npq 8Npq 2(4Nl 2 pq) 2 2 2 Hierin µ =istlN(p − q) eine Verschiebung und σ 2 = 4Nl 2 pq ein Maß für die Breite. Die kontinuierliche Gaußverteilung hat damit die Form f(x)dx = Ce (x−µ) 2 2σ 2 dx β) Normierung C ist eine Konstante, die sich aus der notwendigen Normierung der Verteilungsfunktion Abb. 197: Die Gaußverteilung ∞ ∫ f(x)dx = 1 −∞ −x ermitteln läßt. Bei der Berechnung dieses oder ähnlicher Integrale benötigt man e −ximmer undx n ewieder Integrationsfo zusammengestellt werden. Zur Berechnung von 2 ∞ I = ∫ e −x dx 2 −∞ 2 wird betrachtet. I ∞ I =∫ e 2 −∞ −x 2 ∞ dx ∫ −∞ e −y 2 ∞ dy = ∫ e − x 2 +y 2 −∞ dxdy 2 2 2 Durch die Transformation auf = xPolarkoordinaten + y, das Flächenelement rdrdϕ wird undr das Integral 2π ∞ I2 = ∫ e −r rdrdϕ ∫ 0 −∞ 2 2 19 2 das sich ebenfalls über die ganze Ebene = t, 2erstreckt. rdr = dt Durch und die ϕSubstitution dϕ = 2π erhält rüberman ∫Integration I 2 = π ∫ e −t dt = π Die höheren(nMomente ≠ 0) kann man entweder durch partielle Integration auf dieses Integral zurückführen oder direkt ∞ I n = ∫ x n e −x 2 /a 2 −∞ dx ergibt I0 = π a I1 = a2 Abb. 198: Die Gaußsche Glockenkurve I2 = 1 π a3 2 Die Normierungskonstante der Verteilung erhält man nun aus C ∫ e −(x−µ) 2 /2σ 2 dx = C π 2 σ = C 2π σ = 1 1 2π σ C= γ) Mittleres Schwankungsquadrat Analog zu Mittelwerten bei diskreten Verteilungen ist der Mittelwert der Funktion von x, F(x) bezüglich der k ∞ 〈F(x)〉 = ∫ f(x)F(x)dx −∞ Der Mittelwert des Schwankungsquadrates 2 1 (x − µ) = 2π σ = ∞ ∫ (x − µ) −∞ 2 −(x−µ) 2 /2σ 2 e dx 1 1 π σ 3 2 3/2 = σ 2 = 4Npql 2 2π σ 2 20 Abb. 199: Der Übergang zur kontinuierlichen Verteilung für l = 1, p = q = 1/2 erhält man (x − µ) =σ= N 2 Die absoluten Größen der Schwankungen wachsen also mit Wurzel N. Die relativen Größen N = 1 N N nehmen mit Wurzel N ab, z.B. Bei 10 Photonen im Detektor muß man mit einer Schwankung von 3 und einem relativen Fehler von 30 % rechnen. Bei 1000 Photonen wächst der Absolutwert der Schwankung auf 30, der relative Fehler sinkt auf 1/30 ≈ 3 %. Das Signal erscheint glatter. f) Geschwindigkeitsverteilung in Gasen α) Eindimensionales Gas Wir betrachten zunächst ein eindimensionales Gas wie es etwa bei geladenen Teilchen im Magnetfeld vorkommt, wo sich die Gyrationszentren nur parallel zum Magnetfeld bewegen können. Wir nehmen an, daß durch die Vielzahl von Stößen, die ein Teilchen statistisch nach rechts oder links streuen, eine Verteilung wie beim eindimensionalen "random walk" entsteht. f(v x ) = 1 e −v 2x /2σ 2π σ Da der Mittelwert der Geschwindigkeit gleich Null sein wird, ist das mittlere Schwankungsquadrat gegeben durch σ = 〈v 2x 〉 Wir definieren jetzt als Temperatur wie früher 1 m v 2 = 1 kT 〈 x〉 2 2 Der Faktor 1/2 statt 3/2 rührt daher, daß wir ein eindimensionales Gas betrachtet haben. Man sagt, die Teilchen erhalten pro Freiheitsgrad 1/2 kT (Gleichverteilungssatz). Damit wird die Verteilungsfunktion (1/2)mv 2 1 − kT x ) f(v = e x 2π kT m β) Dreidimensionales Gas Bei einem dreidimensionalen Gas erhält man analog 21 f(v x , v y , v z ) = Ce − 12 m v 2x +v 2y +v 2z /kT Zur Bestimmung der Normierungskonstanten ordnen wir die Variablen im Integral so um, daß ein Produkt von gleichartigen Integralen erscheint, die wir schon kennen. C ∫ e− (1/2)mv 2x kT dv x ∫ e − (1/2)mv 2y kT dv y ∫ e − (1/2)mv 2z kT dv z = 1 3 C 2πkT =1 m C = m 2πkT 3/2 Die Verteilungsfunktion lautet damit f(v x , v y , v z ) = m 2πkT 3/2 e −(1/2)m v 2x +v 2y +v 2z /kT γ) Verteilung für |v|=v Die Wahrscheinlichkeit für ein Teilchen, daß sein Geschwindigkeitsbetrag zwischen v und v + dv liegt, ergibt sich aus der obigen Formel, indem man im Exponenten v 2x +v 2y +v 2z durch v ersetzt und als Volumenelement im Geschwindigkeitsraum eine Kugelschale nimmt, die zwischen v und v + dv liegt. Ihr Volumen ist 4πv 2 dv . Die Verteilungsfunktion wird damit f(v) = 4π m 2πkT 3/2 v 2 e −(1/2)mv 2 /kT Man nennt sie die Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung. Bei der Angabe von charakteristischen Geschwindigkeiten muß man unterscheiden zwischen df(v) vm, der häufigsten Geschwindigkeit, die sich aus der Bedingung = 0 ergibt, dv v m v m = 2kT/m <v>, der mittleren Geschwindigkeit ∞ 〈v〉 = ∫v f(v)dv = 8kT/πm = 1, 13v m 0 22 <v2>, der mittleren quadratischen Geschwindigkeit 2 〈v 2 〉 = ∫v 2 f(v)dv = 3kT/m = (1, 22v m ) δ ) Boltzmann Verteilung Die Boltzmann Verteilung ist anwendbar für ein Gas, das aus Atomen besteht, die diskrete Energiezustände Ei einnehmen können. Wir betrachten gleich den allgemeineren Fall, in dem Niveaus entartet sein können, d.h. es gibt gi Niveaus, die die gleiche Energie Ei haben. gi ist das statistische Gewicht. Statistische Betrachtungen, die ähnlich sind wie die, die zur Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung geführt haben, ergeben für die Anzahl der Teilchen in den Niveaus E1 und E 2 f(E 1 ) g 1 e −E 1 /kT g 1 −(E 1 −E 2 )/kT = = e f(E 2 ) g 2 e −E 2 /kT g 2 Deutet man die Erdatmosphäre als ein Ensemble von Teilchen in den Energieniveaus der Gravitation, erhält man aus der Boltzman Verteilung die barometrische Höhenformel f(h) = e −mgh/kT f(0) 23 Abb. 200: Verteilung für vx Abb. 201: Verteilung von |v| 24 Abb. 202: Maxwellverteilung für zwei Temperaturen