24 DIGITAL ISSUE Eine Ausgabe. Ein Thema. HORIZONT 36/2016 8. September 2016 Mensch-Maschine Werbewirkungsgipfel: Besucher verorten Kampagnenerfolg zwischen Kreation, Daten und dem richtigen Zusammenspiel aller Bereiche Z Von Katrin Ansorge wei Tage lang diskutieren Forscher, Vermarkter und Werbekunden über Werbewirkung, über die wissenschaftlichen Grundlagen und die Stärken der unterschiedlichen Gattungen – und dann kommt Thomas Strerath. Studien über Werbewirkung seien komplett überflüssig, sagt der Jung-von-Matt-Vorstand beim HORIZONT Werbewirkungsgipfel in Düsseldorf und bemüht sich gar nicht FOTO: GUIDO SCHRÖDER Bleibt im Klischee: Thomas Strerath findet Werbewirkungsstudien überflüssig erst, das Klischee des forschungsfeindlichen Kreativen nicht zu erfüllen. Neben der Idee sei es die Technologie, die vor allem der Gattungsforschung, die die Wirkung einzelner Medien nachweist, den Rang ablaufe. Werbung trifft Daten Die Diskussion darüber, welche Voraussetzungen in Zukunft für einen verlässlichen Erfolg von Werbung gegeben sein müssen, steht im Mittelpunkt des zweitägigen Kongresses. Es gibt die Wissenschaftler, die wie Privatdozent Tino Meitz vom Leibniz Wissenschaftscampus Tübingen an die Branche appellieren, bei der Interpretation von Big Data unbedingt langfristig mit Forschern an den Universitäten zusammenzuarbeiten. Es gibt Gattungsvertreter wie Andrea Treffenstädt (GIK), Barbara Evans (Facit/Serviceplan), Kerstin Niederauer-Kopf (AS&S) und Uwe Domke (RMS), die sich im Detail mit den Stärken von Print, TV und Radio beschäftigen. Und es gibt Unternehmen wie IBM und Deloitte, die sich verstärkt und immer forscher als Mittler zwischen den Welten positionieren. „Wir stehen als Creative Digital Consultancy genau in der Mitte zwischen Agenturen, Beratern und Medien“, sagt beispielsweise Hannes Weißensteiner, Senior Studio Lead bei Deloitte Digital, das kürzlich die Kreativagentur Heat aus San Francisco gekauft hat. Das Konzept der Mediaagentur hält er für ein „auslaufendes Geschäftsmodell“. Stattdessen könne ein Unternehmen wie Deloitte dabei helfen, „Ineffizienzen im Marketing“ durch datengesteuerte Beratung auszumerzen. Ein Beispiel nennt Andreas Erler von IBM: In der bis 2020 verlängerten Zusammenarbeit mit Red Bull beschäftige sich man sich auch damit, die Profile von Sportlern in Social Media datengestützt zu verbessern. „Selbstlernende Systeme helfen uns, zu verstehen und zu begründen – aber am Ende entscheidet der Mensch, nicht die Maschine.“ Werbung trifft Content Doch auch für den wird es immer komplizierter, auch abseits vom Zwang zur guten Idee und dem zum eifrigen Datensammeln. Durch den Siegeszug von Content Marketing werde die Werbewirkungsforschung immer komplizierter, sagt Joerg Strauss, Geschäftsleiter des G+J-CM-Dienstleisters Territory. Ausgangspunkt seiner These ist die Überlegung, dass es in Zukunft entscheidend sei, auch die Vorteile aus dem CM mit Werbung und Daten zusammenzuführen, um eine kommunikative Leitidee ausbreiten zu können und eben auch mehr Wirkung zu erzielen – weil durch die Bündelung der Maßnahmen die Gesamteffizienz steige. „Es reicht nicht, die Gesamtwirkung der Kommunikation als Markenerlebnis zu messen, ebenso wenig die Relevanz der Werbekanäle und ihr Zusammenspiel.“ Stattdessen müsse man die Effizienz von Themen und Content erheben, inklusive deren Bedeutung auf den SocialMedia-Plattformen. Je stärker CM im Maßnahmenmix wird, desto wichtiger wird das von Strauss angesprochene Thema. Er schätzt, dass im Schnitt rund ein Drittel aller Kommunikationsspendings künftig in CM fließen werden. Medien in Bewegung TV siegt im Kampf um das größte Stück vom Onlinevideo-Kuchen Von Katrin Ansorge B Brillanter Fürsprecher: Guido Modenbach überzeugt Jury und Publikum von TV FOTO: GUIDO SCHRÖDER ewegtbild boomt, und das seit Jahren und über alle Gattungen hinweg. Beim Werbewirkungsgipfel wollten HORIZONT und die Jury um Christian Hahn, Telekom, Giuseppe Fiordispina, (noch) Samsung, und Stefan Uhl, Starcom Mediavest, nun vor allem überzeugende Argumente von denjenigen hören, die ein möglichst großes Stück vom Onlinevideo-Kuchen wollen. Im Ring: Guido Modenbach für TV, Simon Köpp für Online, Carsten Schwecke für Print/Online und Robert Bosch für Out-ofHome. TV Guido Modenbach, Geschäftsführer von Seven-One Media, setzt auf „Killercharts“, auf denen er der riesigen Reichweite von TV huldigt. Fernsehen erreiche täglich 71 Prozent der Bevölkerung, die Nutzung sei seit Jahren konstant und dominant, auch im gesamten Bewegtbildbereich. Damit kommt kein Werbekunde an Fernsehen vorbei, sagt Modenbach. Seine Gattung sorge nicht nur für die größte Werbeerinnerung, sondern generiere auch die größten Gewinne und helfe selbst der Konkurrenz: „Es stärkt andere Medien im Mix.“ Ein Argument, das letztlich sogar die anderen Pitch-Teilnehmer überzeugt. Onlinevideo People Based Marketing ist das Steckenpferd von Facebooks Adserver Atlas. Anzeigen begleiten den Konsumenten dabei von einem Gerät zum anderen bis in die Offline-Welt. Unternehmen brauchen Deutschlandchef Simon Köpp zufolge heute deshalb völlig andere Strategien, um Menschen, die so viele Geräte nutzen wie noch nie, zu erreichen und den Erfolg zu messen. Atlas kann diese natürlich bieten. Crossmedia/Print „Wir sind dort, wo die Nutzer sind“: Carsten Schwecke von Axel-Springer-Vermarkter Media Impact zieht mit dem „Bild“-Slogan in den Kampf – und geht fest davon aus, dass über verschiedene Plattformen gestreuter Content lineares TV in die Schranken weisen kann. Der Erfolg von „Bild“ auf den neuen Plattformen deute darauf hin, dass sich „smart distributed content“ vor linearem TV nicht zu verstecken brauche. „Wir zeigen, wie man selbst mit 70 Jahre alten Printmarken auch mit neuen Bewegtbildinhalten erfolgreich sein kann.“ Out-of-Home Einen Kampf gegen Windmühlen will Robert Bosch nicht führen. „TV ist das klassische Reichweitenmedium – daran gibt es nichts zu rütteln.“ Der Chief Marketing Officer von Ströer animiert Kunden aber dazu, die Wirkung von TV mit Out-of-Home zu verlängern: „Zu Hause verschlafen die Menschen die Hälfte ihrer Zeit und nutzen, wenn sie wach sind, viele andere Medien parallel“, so Bosch. 5 Prozent der Marketingausgaben sollten deshalb in Ströers PublicVideo-Netz fließen. ZITATE „Werbung muss Argumente liefern, die verstanden und gelernt werden“ Dirk Engel, Marktforscher „Das Grundwissen aus vielen Jahrzehnten Forschung wird in der Praxis viel zu wenig angewendet“ Hartmut Scheffler, TNS Infratest „Ein tiefgehendes Interesse an der Werbewirkung fehlt“ Tino Meitz, Leibniz Wissenschaftscampus Thüringen „Wir haben ziemlich viel gruselige Werbung“ Ines Imdahl, Rheingold Salon „Die Mediaagentur ist ein auslaufendes Geschäftsmodell“ Hannes Weißensteiner, Deloitte Digital „Wir glauben, dass JICs wichtiger werden. Wir müssen uns nur schnell vom Währungsbegriff verabschieden“ Klaus-Peter Schulz, OMG „Wenn sich die Unternehmen nicht damit auseinandersetzen, wieso Google und Facebook nicht in der AG.MA präsent sind, werden sie es nie sein“ Martin Krapf, Screenforce „In der MA Intermedia ist die Datenlage von TV grottenschlecht. Wir arbeiten mit einem konstruierten Wert“ Andrea Tauber-Koch, OWM „Manche Sorgen haben wir einfach nicht. Unsere Werbung wird nicht verdeckt und an ihr laufen auch keine Roboter vorbei“ Andreas Knorr, Wall Decaux „Wenn Sie eine sympathische Anzeige machen wollen, dann nehmen Sie ein schönes Bild“ Andrea Treffenstädt, GIK „Eine ganzseitige Zeitungsanzeige ist quasi ein Single Spot Markus Ruppe, ZMG „Die Websites sind noch immer mit Werbung überladen – daran müssen die Publisher arbeiten!“ Kerstin Pape, Otto