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Jahrbuch 2003/2004 | Schöler, Hans R. | Genexpression und Funktion der Gene in der Keimbahn der Maus
Genexpression und Funktion der Gene in der Keimbahn der Maus
Gene Expression and Function in the Mammalian Germline
Schöler, Hans R.
Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin, Münster
Korrespondierender Autor
E-Mail: [email protected]
Zusammenfassung
Säuger müssen, um sich fortzupflanzen und dadurch die Aufrechterhaltung der Art zu gew ährleisten, Oozyten
und Spermien bilden. Embryonale Stammzellen differenzieren in Kultur in Oogonien, die in Meiose (Reifeteilung)
eintreten und gemeinsam mit anheftenden Zellen follikelähnliche Strukturen bilden können. Diese können im
w eiteren Verlauf Gebilde hervorbringen, die große Ähnlichkeit mit frühen embryonalen Entw icklungsstadien der
Maus besitzen. Oogenese, die Entw icklung zum reifen Ei, in Kultur ist für unterschiedliche biologische und
medizinische Bereiche von Bedeutung. Biologische Studien, die durch dieses System erleichtert w erden
könnten, sind unter anderem Funktionsstudien zur Induktion von Urkeimzellen, zur Wechselw irkung von
somatischen Zellen und Keimzellen oder Studien zur genetischen Reprogrammierung nach Kerntransfer in
Eizellen. Ein großes Potenzial sehen die W issenschaftler um Hans R. Schöler aber auch in der medizinischen
Anw endung. Sie vermuten, dass durch Oogenese in Kultur Grundlagen der Fertilität und Probleme der
Infertilität besser untersucht w erden können und durch dieses In-vitro-System der Einfluss von W irk- und
Schadstoffen auf die Gametogenese, die Entw icklung der Geschlechtszellen, bestimmt w erden kann. Ein
Hauptaugenmerk w ird sein, die künstlichen Eizellen zum Kerntransfer und zur Gew innung körpereigener
embryonaler Stammzellen einzusetzen.
Summary
In order to reproduce and to ensure species perpetuation, mammals must produce germ cells, i.e., oocyte and
sperm cells. In culture, embryonic stem cells differentiate into oogonia, enter meiosis and produce support cells
that have follicle-like structures. They further develop into structures very similar to those found in early
stages in mouse embryonic development. The use of oocytes derived in culture is important for biological
research and various medical applications. This in vitro system can facilitate biological studies, for example,
functional studies for induction of PGCs, interaction betw een somatic cells and germ cells or studies in genetic
reprogramming after nuclear transfer into oocytes. We also see a very large potential in medical applications.
We believe that through the derivation of oocytes in culture, fundamental understanding of fertility and
problems in infertility can be best researched, and through this in vitro system positive and harmful affects can
be ascertained. A major initiative w ill be to use these artificially derived oocytes for nuclear transfer, to study
gene function and genetic reprogramming in a defined system and for production of one’s ow n embryonic stem
cells.
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Einleitung
Die theoretische und experimentelle Unterscheidung von "Körper" (Soma) und "Keim" hat W issenschaftler seit
Anbeginn der Embryologie fasziniert. Eine Theorie, die 1885 von August Weismann vorgestellt w urde, besagt,
dass der Keim in Organismen durch ein Plasma mit spezifischen Determinanten bestimmt w ird. Gemäß dieser
Theorie können die Körper von Metazoen als vergängliche Transportsysteme für die zur Fortpflanzung
notw endigen Keime betrachtet w erden. Die Fusion von Eizelle und Spermium führt zur Bildung eines neuen
Keimes, der nach kurzer Zeit sow ohl Körper als auch Keimzellen hervorbringt. Der Körper nährt und schützt die
Keimzellen, w ährend diese sich in spezialisierte Gameten entw ickeln, die nach Fusion beider Typen von
Gameten w ieder einen neuen Keim bilden, und der Lebenszyklus startet erneut.
Determinanten der Keimbahn
Drosophila, C.elegans und die Maus: Im Tierreich scheinen in Eizellen vorhandene Determinanten ein w eit
verbreitetes System für die Festlegungen von Keimzellen zu sein, w ie die "P-Granules" von C. elegans oder die
"Polar Granules" von Drosophila. In Säugern jedoch konnten solche Determinanten nicht nachgew iesen
w erden und es ist fraglich, ob sie überhaupt Determinanten besitzen, die denen von C. elegans oder Drosophila
entsprechen. W ährend Determinanten bereits sichtbar in Eizellen dieser Spezies vorliegen und eine sehr frühe
Trennung von Körper- und Keimzellen zu beobachten ist, findet eine Aufspaltung von Körper und Keimzellen
bei Säugern erst w ährend der Bildung der Keimblätter (Gastrulation) statt. Auch scheinen diese Zellen des
Säugerembryos vor der Gastrulation noch nicht in ihrem Differenzierungspotenzial eingeschränkt. Im
Mausembryo w erden etw a 6.5 Tage nach der Befruchtung in dem proximalen Bereich des embryonalen
Zylinders Keimzellen induziert, w obei Signale aus dem extraembryonalen Ektoderm eine w ichtige Rolle spielen.
W ährend dieser Spezifikationsphase können die Vorläuferzellen neben Urkeimzellen noch in somatische
Zelltypen differenzieren, w ie etw a extraembryonales Mesoderm und Allantois (Urharnsack). Werden Zellen des
Mausembryos noch vor der Gastrulation in den proximalen Bereich des embryonalen Zylinders transplantiert,
so können sie gemäß ihrem neuen Ort zu Urkeimzellen differenzieren, obw ohl sie am ursprünglichen Ort einen
anderen Zelltyp gebildet hätten.
Keimbahn der Säuger und Pluripotenz
Pluripotenz im Säugerembryo: Befunde dieser Art legen nahe, dass die Keimbahn von Säugern in zw ei Phasen
unterteilt w erden kann. In der ersten Phase, die bis etw a zur Gastrulation dauert, sind die Zellen der
Keimbahn noch nicht festgelegt und können entsprechend ihrer Position im Embryo unterschiedliche Zelltypen
des Körpers oder Keimzellen bilden. Die Fähigkeit von Zellen nahezu alle Zelltypen hervorbringen zu können,
w ird als Pluripotenz bezeichnet. Der Phase pluripotenter Zellen der Keimbahn folgt die Phase unipotenter
Zellen. In dieser zw eiten Phase sind die Zellen der Keimbahn festgelegt und als Keimzellen identifizierbar.
Pluripotenz in der Kulturschale: W ährend pluripotente Zellen im Embryo nur w ährend einer begrenzten
Periode auftreten, kann man aber pluripotente Zellen einiger Säuger dauerhaft in Kultur nehmen und durch
entsprechende Bedingungen die Differenzierung in Körperzellen verhindern. Dies ist zuerst bei der Maus,
später bei bestimmten Affen und auch beim Menschen gelungen. Leitet man Zelllinien von pluripotenten Zellen
in frühen Embryonen, so genannten Blastozysten ab, w erden sie embryonale Stammzellen (ES-Zellen)
genannt. ES-Zellen sind das Ergebnis einer kulturbedingten Transformation pluripotenter Zellen des Embryos
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und daher nicht mit ihnen gleichzusetzen. Der w ichtigste Unterschied ist der, dass - im Gegensatz zu den nur
kurzzeitig im Embryo vorkommenden pluripotenten Zellen - ES-Zellen bei sachgemäßer Behandlung in Kultur
nahezu unbegrenzt vermehrt w erden können. Es gibt aber w esentliche Eigenschaften, die beibehalten
w erden. Dies ist zum einen, dass ES-Zellen auch in Kultur pluripotent sind, da sie je nach Bedingung in
unterschiedliche Zelltypen des Körpers differenziert w erden können. Zum anderen können sie sich, w enn sie in
Blastozysten injiziert w erden, in den Verband pluripotenter Zellen des Embryos einfügen und alle Zelltypen
des Körpers, aber auch Keimzellen bilden. Interessanterw eise lassen sich Urkeimzellen, (prämigratorische und
frühe migratorisiche Keimzellen) durch geeignete Kulturbedingungen ebenfalls zu Zellen transformieren, die
ES-Zellen ähneln. Wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft w erden sie EG-Zellen (embryonale Keimzellen, engl.
Embryonic Germ Cells) genannt.
Das Oct4-Gen als Markierungshilfsmittel für die Keimbahn von Säugern
Expression: Oct4 ist das einzig bekannte Gen, das spezifisch in der Keimbahn von der Maus exprimiert w ird.
Die Ke im ba hn von Sä uge rn. Da s O ct4-Ge n wird in de n Ze lle n
de r Ke im ba hn e x prim ie rt (im Sche m a : Zygote , pluripote nte
Ze lle n und Ke im ze lle n). Soba ld Ze lle n die Ke im ba hna chse
ve rla sse n, be oba chte t m a n e ine Abna hm e de r O ct4Ge na k tivitä t.
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Oct4-Transkripte und Protein findet man bereits in der Eizelle, nicht aber im Spermium. Nach der Befruchtung
nimmt die Menge an RNA und Protein bis zum Vierzell-Stadium ab, danach beginnt die zygotische Expression
des Oct4-Gens. W ährend der w eiteren Entw icklung des frühen Mausembryos w ird Oct4 in den pluripotenten
Zellen des Embryos exprimiert. Mit der Abnahme an Genaktivität geht auch der Verlust an Pluripotenz einher.
Das erste Mal, dass eine Abnahme stattfindet, ist in den äußeren Blastomeren der Morula. Das sind diejenigen
Zellen des Embryos, die in trophektodermale Zellen differenzieren. Die inneren Zellen, die den Epiblast (auch
Embryonalknoten, primitives
oder embryonales
Ektoderm genannt) bilden, exprimieren Oct4 bis
zur
Gastrulation. Nur in den Zellen des zur gleichen Zeit entstehenden Hypoblasten (auch primitives oder
embryonales Entoderm genannt) nimmt die Oct4-Genaktivität ab. Nach der Gastrulation findet man Oct4
ausschließlich in Keimzellen. Allerdings findet man Oct4 nicht durchgängig w ährend der Keimzelldifferenzierung,
da dessen Aktivität noch vor der Meiose der männlichen und w eiblichen Keimzellen abnimmt. Oct4 w ird zu
Beginn der meiotischen Prophase I (13-14 Tage nach der Befruchtung) in der Maus reprimiert. Das Oct4-Gen
w ird w ährend der Oogenese w ieder aktiv, w ohingegen es w ährend der Spermatogenese nicht w ieder
angeschaltet w ird. In den Oozyten w achsender Follikel findet man direkt nach der Geburt Oct4-Transkripte und
Protein und zw ar unabhängig vom Reifungsgrad der Follikel.
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POU-Familie: Das Oct4-Protein ist Mitglied der POU-Familie von Transkriptionsfaktoren. Diese Familie ist dafür
bekannt, dass sie eine Vielzahl von biologischen Prozessen regulieren. Das große Spektrum an Aktivitäten
steht aber in krassem Gegensatz zu der kleinen Zahl an Genen, die die Familie ausmachen. So findet man nur
15 POU-Gene im humanen Genom, fünf im Genom von Drosophila und vier in dem von C. elegans. Es w urde
beschrieben, dass Oct4 seine Funktion molekular auf unterschiedliche Art ausübt. Eine Möglichkeit, mit der
Oct4 sein Spektrum an Aktivitäten erw eitert, ist durch Interaktion mit anderen Transkriptions- und Kofaktoren.
Die in Wechselw irkung tretenden Proteine können Mitglieder derselben Familie sein oder Mitglieder anderer
Familien.
So
dienen
bestimmte
Proteinoberflächen
als
Plattform
für
die
Interaktionen
mit
Transkriptionsfaktoren unterschiedlicher Familien, w obei zum Teil dieselben Aminosäuren für die jew eiligen
Wechselw irkungen verw endet w erden. So kann Oct4 beispielsw eise mittels einer Oberfläche mit Oct1, Oct6
oder einem zw eiten Oct4 interagieren, aber auch mit Sox2. Die Oberfläche von Sox2 w iederum, die an Oct4
bindet, kann mit Mitgliedern einer dritten Familie von Transkriptionsfaktoren, den PAX-Proteinen, interagieren.
Die Bedeutung der einzelnen Wechselw irkungen im Kontext der Zelle und dem sich entw ickelnden Organismus
muss allerdings noch belegt w erden.
Funktion: In einer Reihe von Säugern, w ie auch beim Menschen, w urden Gene identifiziert, die Orthologe zu
dem Oct4 der Maus darstellen, so auch beim Menschen. Dagegen besitzen beispielsw eise w eder Drosophila
no ch C. elegans ein Oct4-Gen. Die Rolle des POU-Domänen-Transkriptionsfaktors Oct4 in der Keimbahn der
Maus ist essentiell, dessen Verlust hat je nach Entw icklungsstadium unterschiedliche Ausw irkungen. Fehlt die
Funktion sehr früh in der Embryonalentw icklung, dann entstehen im Embryo nicht pluripotente Zellen, sondern
stattdessen trophektodermale Zellen. Somit w eichen die Zellen der Keimbahn auf die früheste NichtKeimbahnlinie w ährend der Entw icklung aus. W ie w ir kürzlich nachw eisen konnten, führt das Fehlen von Oct4
in der zw eiten Phase zum Zelltod (Apoptose) von Urkeimzellen. Somit w ird Oct4 in der ersten Phase der
Keimbahn zur Aufrechterhaltung der Pluripotenz embryonaler Zellen benötigt, in der zw eiten zum Überleben
der Keimzellen.
Regulatorische Elemente: Oct4 übt nicht nur unterschiedliche Funktionen in der frühen und späten Phase der
Keimbahn aus, sondern es w erden auch unterschiedliche regulatorische Elemente im 5’ Bereich des Promoters
verw endet, um die Expression des Gens zu gew ährleisten. Diese Elemente konnten zuerst durch eine grobe
Deletionsanalyse bestimmt w erden, später im Detail durch den Sequenzvergleich verschiedener Oct4-Gene.
Dazu w urde das Oct4-Gen des Menschen mit den orthologen Genen der Maus und des Rindes verglichen. So
ergab die Grobkartierung, dass das proximale Element für die Expression in pluripotenten Zellen w ichtig ist,
das
distale
Element
für
die
Expression
in
Keimzellen.
Der
Sequenzvergleich
ermöglichte
es
den
W issenschaftlern in Münster, die Grenzen zw ischen Elementen für die Expression in pluripotenten Zellen und
in Keimzellen präziser zu definieren und dadurch die Aktivität noch besser voneinander zu trennen. So enthält
nun das proximale Element zw ei Regionen, die in den unterschiedlichen Säugern konserviert sind (CR2 und
CR3), das distale Element eine konservierte Region (CR4).
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Sche m a tische Da rste llung de s O ct4-R e porte rge ns gcO ct4-GFP .
Ge ze igt sind vie r k onse rvie rte Se que nze n (C R 1 bis 4) im 5’
re gula torische n Be re ich. C R 2 und 3 wurde n durch De le tion
e ntfe rnt, um Spe zifitä t in Ke im ze lle n zu e rha lte n (m it
R e chte ck m a rk ie rt). Die k onse rvie rte n R e gione n übe rla ppe n
m it zwe i re gula torische n Ele m e nte n, die zuvor be schrie be n
wurde n. Eine m dista le n Enha nce r (DE), de r spe zifisch für
Ke im ze lle n ist, und e ine m prox im a le n Enha nce r (P E), de r
spe zifisch für die pluripote nte n Ze lle n de s Epibla ste n ist.
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CR2 und CR3 besitzen zum Teil dieselben DNA- Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren. Durch Deletion der
Region mit dem distalen Element generierten Schöler und sein Team genomische Fragmente, die nur in den
pluripotenten Zellen der Maus aktiv sind, durch Deletion des proximalen Elementes solche, die w ährend der
Mausentw icklung in frühen Keimzellstadien, nicht aber in pluripotenten Zellen aktiv sind.
Etablierung eines keimzellspezifischen In-vitro-Differenzierungssystems
Das
keimzellspezifische
Transgen
gcOct4-GFP:
Das
Konzept
der positionsabhängigen
Differenzierung
pluripotenter Zellen hat die Forscher veranlasst, nach Bedingungen zu suchen, um in der Kulturschale
Keimzellen aus embryonalen Stammzellen zu gew innen. Bis zu dem Zeitpunkt w ar es zw ar möglich gew esen,
Abkömmlinge der drei Keimblätter von ES-Zellen abzuleiten, Keimzellen konnten aber nicht identifiziert w erden.
Eine w ichtige Vorraussetzung ES-Zellen zu differenzieren w ar es, Keimzellen lebend nachw eisen zu können.
Dies bew erkstelligten Schöler und seine Leute, indem sie das keimzellspezifische Transgen mit einer cDNA für
ein grün fluoreszierendes Protein (GFP) verknüpften. Die Spezifität des Oct4 GFP-Transgens (gcOct4-GFP)
w urde getestet, indem aus transformierten ES-Zellen nach Injektion in Blastozysten transgene Mäuse
generiert w urden. Diejenigen ES-Zellen w urden für die Untersuchungen in der Kulturschale eingesetzt, die in
transgenen Mäusen Keimzellen, nicht aber Epiblastenzellen grün färbten. Die grüne Markierung erlaubte es
zum einen, geeignete Bedingungen für die Bildung von Keimzellen aus ES-Zellen zu etablieren, zum anderen
die unterschiedlichen Keimzellstadien w ährend der Embryogenese zu verfolgen. Das gcOct4-GFP-Transgen
diente dabei lediglich zur Festlegung der Bedingungen. Nachdem diese einmal etabliert w urden, w urden sie
mit ES-Zellen reproduziert, die kein Transgen besaßen. Zusammengefasst bestehen die Bedingungen darin,
dass ES-Zellen ohne Nährzellen auf unbeschichtete Kulturschalen dicht ausplattiert w erden. Es bilden sich
innerhalb w eniger Tage Kolonien, in deren Zentren sich grüne Keimzellkolonien befinden.
Oct4 und Vasa: W ährend der Mausentw icklung nimmt die Aktivität des Oct4-Gens noch vor der Meiose sow ohl
der w eiblichen als auch der männlichen Keimzellen ab. Die Meiose beginnt, nachdem sich die Keimzellen - nach
ihrer Wanderung durch den sich entw ickelnden Embryo - bereits etw a zw ei Tage in den Keimleisten befinden.
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Eine Identifikation von Keimzellen aus ES-Zellen in der Kulturschale ohne den Verbund mit somatischen Zellen
der Gonade und ohne GFP-Markierung w ar nicht möglich und machte die Verw endung w eiterer spezifischer
Gene notw endig. Als besonders geeignet für die Untersuchungen stellte sich das Vasa-Gen heraus. Das VasaProtein w ird erstmals in postmigratorischen Keimzellen gebildet und ist auch in späteren Keimzellstadien
nachw eisbar. In dem Schema von Hans Schöler entsprechen grüne Zellen, die kein Vasa bilden, Urkeimzellen
vor Erreichen der Keimleisten. Bei denjenigen Zellen, die sow ohl Oct4 als auch Vasa exprimieren, handelt es
sich um frühe postmigratorische Keimzellen bis etw a zu Beginn der Meiose. Danach können Keimzellen nicht
mehr durch GFP, sondern nur noch durch Vasa identifiziert w erden.
Oct4 und der Oberflächenrezeptor c-kit zur Identifikation von Urkeimzellen: Durch Verw endung von Antikörper
gegen c-kit lässt sich in Kombination mit GFP eine Population von Zellen sortieren, die sehr frühen Keimzellen
entspricht. Diese Population besitzt w eder Marker für Vasa noch für meiotische Gene. W ährend der
Mausentw icklung besitzt jeder Embryo zu diesem frühen Zeitpunkt etw a 100 Zellen. Daher eignen sich die in
Kultur gew onnenen Keimzellen besonders gut für solche Versuche, die nicht mit kleinen Zellzahlen
auskommen, w ie bestimmte biochemische oder zellbiologische Ansätze. Der Gruppe in Münster soll dieses
System dazu dienen zu bestimmen, w elches genetische Programm in frühen Keimzellen etabliert w ird.
Die Bildung von Follikeln: Nachdem die Keimzellen in vivo die Keimleisten erreicht und kolonisiert haben, ändern
sie ihre Morphologie drastisch. W ährend der Wanderung durch den Embryo bilden Keimzellen nämlich
Filopodien und Lamellipodien aus und berühren einander über dentritsche Fortsätze. In den Keimleisten
angelangt, runden sie sich dagegen ab. Das Zurückziehen von den anderen Keimzellen ist notw endig, damit
Keimzellen Kontakte mit anderen Zellen eingehen können. Im Falle der w eiblichen Keimbahn bilden somatische
Zellen und Keimzellen Aggregate, die Primordialfollikel genannt w erden. Die an der Keimzelle gelagerten
somatischen Zellen differenzieren zu Granulosazellen, die eine w ichtige Rolle bei der Entw icklung der Eizelle
aus der ursprünglichen Keimzelle des Follikels, der Oogonie, haben. In der Kulturschale gibt es zw ar auch
Hinw eise auf Wanderung, allerdings trifft dies nicht auf die Mehrzahl der Zellen zu. Die Keimzellen bilden
oftmals Kolonien von mehreren hundert Zellen. Interessanterw eise runden sich die Keimzellen in diesen
Kolonien ebenfalls ab und w ie im Embryo geht dies mit der Expression von Vasa einher. Da diese Kolonien nur
aus Keimzellen bestehen, können sie nicht innerhalb einer Kolonie mit somatischen Zellen in Kontakt treten.
Dies geschieht in Kultur auf eine andere Weise. Da die Kolonien zur Nährlösung hin offen sind, lösen sich die
abgerundeten Zellen ab und bilden Aggregate mit anderen Zellen des Überstandes. Diese Zellen exprimieren
keine der getesteten keimzellspezifischen Gene und daher handelt es sich voraussichtlich um somatische
Zellen, die sich an die Keimzelle(n) heften. Es ist jedoch nicht sicher, ob es sich um Vorläufer für
Granulosazellen handelt. Dies w äre erstaunlich, w eil sie sich gleichzeitig in der Schale entw ickeln, loslösen und
im Überstand an die Keimzellen heften müssten. Ebenfalls denkbar ist, dass es sich um Vorläufer für andere
Zelltypen handelt, die sich durch die Oogonie in Granulosazellen differenzieren lassen. Aus dem Überstand
einer Schale bilden sich eine Vielzahl von Aggregaten, aus denen sich follikelähnliche Strukturen entw ickeln.
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Follik e lä hnliche Struk ture n, die von e m bryona le n Sta m m ze lle n
de r Ma us a bge le ite t wurde n. Die Struk ture n e x prim ie re n
Ö stra diol und die zur Synthe se notwe ndige n ste roidoge ne n
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Diese Strukturen exprimieren die für deren Reifung notw endigen Gene und bringen schließlich Zellen hervor,
die große Ähnlichkeit mit Eizellen besitzen. Bei längerer Kultur teilen sich die Eizellen in den follikelähnlichen
Strukturen und entw ickeln sich letztlich zu Gebilden, die nicht nur w ie Blastozysten aussehen, sondern auch
die entsprechenden molekularen Marker exprimieren.
Die Eizellen stellen die Basis für eine Reihe von w eiteren Untersuchungen dar. Insbesondere sind die
W issenschaftler um Hans Schöler daran interessiert, ob sie in der Lage sind, einen somatischen Zellkern so zu
programmieren, dass sich nicht nur Blastozysten bilden, sondern von ihnen auch ES-Zellen abgeleitet w erden
können. Durch den Transfer des gesamten Keimbahnzyklus in die Kulturschale hätten die W issenschaftler nicht
nur ein ideales System, um entw icklungs-, zell- und molekularbiologische Fragen stellen zu können, sondern
möglicherw eise auch die Grundlage für eine neue Art der regenerativen Medizin geschaffen.
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