Ferienkurs Analysis 3 für Physiker Autor: Stand: Maximilian Jokel, Benjamin Rüth 9. März 2016 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Räume - Schauplatz der Mathematik 1.1 Lebesgue-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Testfunktionen-Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Beziehung zwischen Lebesgue-Räumen und dem Schwartz-Raum . . . . . 3 3 4 5 2 Fourier-Transformation 2.1 Motivation: Fourier-Transformation in der Quantenmechanik 2.2 Fourier-Transformation auf L1 (Rn ) . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Fourier-Transformation auf S(Rn ) und L2 (Rn ) . . . . . . . . 2.4 Satz von Plancherel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Algebraisierung der Ableitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Eigenschaften der Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 7 8 11 12 13 14 3 Faltung 3.1 Motivation: Faltung in der Kosmologie 3.2 Faltung auf L1 (Rn ) . . . . . . . . . . . 3.3 Eigenschaften der Faltung . . . . . . . 3.4 Fourier-Transformation der Faltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 16 17 19 20 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 RÄUME - SCHAUPLATZ DER MATHEMATIK 1 Räume - Schauplatz der Mathematik Um Mathematik betreiben zu können, bedarf es zunächst der Definition jener Objekte mit denen anschließend hantiert werden soll. Dabei bezeichnet man eine mit einer zusätzlichen mathematischen Struktur ausgestattete Menge von Objekten als Raum. Das wohl bekannteste Beispiel eines Raums ist der zentrale Untersuchungsgegenstand der linearen Algebra – der Vektorraum. So bilden beispielsweise lineare Funktionen oder Polynome einen Vektorraum, wie sich durch explizites Nachprüfen der Definition leicht verifizieren lässt. Der Raum der linearen Funktionen oder der Raum der Polynome wiederum stellen Beispiele für sogenannte Funktionenräume dar. Diesen Räumen gilt im Folgenden unsere besondere Aufmerksamkeit. 1.1 Lebesgue-Räume Wir erinnern uns zunächst an die bereits aus Schulzeiten bekannte Norm eines Vektors ~x ∈ R3 , die seinerzeit als k~x k2 := q x21 + x22 + x23 3 X = !1/2 = x2i 3 X !1/2 (1.1) 2 |xi | i=1 i=1 definiert wurde. Verallgemeinert man diese Definition indem man statt ~x ∈ R3 auch Vektoren ~x ∈ Rn zulässt, so ergibt sich k~x k2 := q x21 + x22 + · · · + x2n = n X !1/2 x2i i=1 = n X !1/2 2 |xi | (1.2) i=1 Als weitere Verallgemeinerung lässt sich für 1 ≤ p < ∞ die sogenannte p-Norm eines Vektors ~x ∈ Rn als !1/p n k~x kp := X (1.3) |xi |p i=1 definieren. Ausgehend von dieser Definition ist der Weg zu Funktionenräumen nicht mehr weit. Ähnlich wie ein Vektor durch dessen Länge teilweise charakterisiert werden kann, lassen sich Funktionen durch deren Integral teilweise charakterisieren. Ersetzt man simultan den Vektor ~x ∈ Rn durch die Funktion f (x) : Rn → C und die Summe über die p-ten Potenzen der Beträge der Komponenten durch das Integral über die p-te Potenz des Betrags der Funktion, so ergibt sich die Funktionenraum-Norm kf kp := Z dx |f (x)| p 1/p (1.4) Ruft man sich in Erinnerung, dass Normen zur Charakterisierung vonR Funktionen eingeführt werden so ist unmittelbar klar, dass obige Definition nur für dx |f (x)|p < ∞ 3 1 RÄUME - SCHAUPLATZ DER MATHEMATIK sinnvoll ist. Divergiert das Integral zweier Funktionen so können diese nicht miteinander verglichen werden. Dementsprechend genügt es diejenige Teilmenge der Funktionen f (x) : Rn → C zu betrachten, deren Integral im Sinne der p-Norm konvergiert. Man definiert Z dx |f (x)|p < ∞ Lp (Rn ) := f : Rn → C (1.5) An dieser Stelle verbleibt ein Problem: Die Funktionenraum-Norm kf k ist tatsächlich nur eine Halbnorm, da aufgrund der Definition als Integral aus kf k = 0 nicht notwendigerweise f = 0 folgt. Daraus folgt unmittelbar, dass der Raum L(Rn ) kein normierter Raum ist. Um den Ursprung dieser Unannehmlichkeit zu verstehen, betrachtet man exemplarisch die Funktion ( 1Q (x) = 1 0 für x ∈ Q für x ∈ /Q (1.6) Berechnet man die p-Norm k1Q (x)kp , so ergibt sich – da die Menge der rationalen Zahlen Q bezüglich der Menge der reellen Zahlen R eine Menge vom Lebesgue-Maß Null ist – für das Integral im Sinne der p-Norm der Wert Null. Offensichtlich kann daraus aber nicht 1Q (x) = 0 für alle x ∈ R gefolgert werden. Bildet man Äquivalenzklassen indem man zwei Funktionen f und g genau dann miteinander identifiziert, wenn sich diese nur auf einer Nullmenge unterscheiden, so gilt 1Q (x) ∼ 0 (1.7) da 1Q (x) nur auf der Menge der rationalen Zahlen Q, die bezüglich R eine Nullmenge darstellen, ungleich Null ist. Wendet man diese Maßnahme der Bildung von Äquivalenzklassen auf Lp an, so gelangt man zu den sogenannten Lebesgue-Räume oder kurz Lp -Räume Lp (Rn ) := Lp (Rn )/ ∼ (1.8) welche die Basis für alle folgenden Überlegungen bilden. 1.2 Testfunktionen-Räume Eine andere sehr wichtige Klasse von Räumen sind die sogenannten TestfunktionenRäume, die im Kontext von Distributionen von besonderer Wichtigkeit sind. Sehr häufig wird der Raum D(Rn ) der Testfunktionen ausgehend von der Menge ∞ Ccomp (Rn ) := {φ ∈ C ∞ (Rn ) | supp(φ) ist eine kompakte Teilmenge von Rn } (1.9) konstruiert. Diese Menge umfasst alle unendlich oft differenzierbaren Funktionen, die außerhalb einer kompakten Teilmenge des Rn verschwinden. Gemäß der anfänglichen Definition muss – um einen Raum zu erhalten – diese Menge mit einer zusätzlichen ma∞ (Rn ) in thematischen Struktur ausgestattet werden. Definiert man auf der Menge Ccomp 4 1 RÄUME - SCHAUPLATZ DER MATHEMATIK geeigneter Art und Weise eine Topologie, so kann daraus ein Konvergenzbegriff abge∞ (Rn ) eine zusätzliche Struktur aufprägt und so leitet werden, welcher der Menge Ccomp schließlich auf den Testfunktionen-Raum D(Rn ) führt. Beispiel. Ein einfaches Beispiel für eine Testfunktion aus dem Raum D(R) ist die durch 2 a exp für |x| < a x2 −a2 φa (x) = (1.10) 0 für |x| ≥ a definierte Funktion mit dem kompakten Träger [−a, a] ⊂ R. Wie wir später im Abschnitt über Distributionen sehen werden hat der Raum D(Rn ) die etwas unangenehme Eigenschaft, dass er Elemente umfasst, die durch Fourier-Transformation auf Elemente außerhalb von D(Rn ) abgebildet werden. Um diesen Makel zu beseitigen erweitert man den Raum D(Rn ) dergestalt, dass die Fourier-Transformation auf dem erweiterten Raum zu einem Automorphismus wird. Definition 1. Der Schwartz-Raum S(Rn ) ist definiert als S(Rn ) = φ ∈ C ∞ (Rn ) | ∀α, β ∈ Nn0 : sup |xα ∂ β φ(x)| < ∞ x∈Rn (1.11) Diese auf den ersten Blick sehr kompliziert anmutende Definition hat bei genauerer Betrachtung eine sehr anschauliche Interpretation: Der Schwartz-Raum umfasst diejenigen unendlich oft differenzierbaren Funktionen φ ∈ C ∞ (Rn ), die für kxk → ∞ schneller als jede beliebige inverse Potenzfunktion auf Null abfallen. Entsprechend seiner Definition umfasst der Schwartz-Raum S(Rn ) auf natürliche Weise den Testfunktionen-Raum D(Rn ), welcher – analog zu den rationalen Zahlen Q, die dicht in den reellen Zahlen R liegen – eine dichte Teilmenge des Schwartz-Raums darstellt. Beispiel. Das Paradebeispiel einer Funktion aus dem Raum S(R) \ D(R) ist die durch φ(x) = exp −x2 (1.12) definierte Gauß’sche Glockenkurve. 1.3 Beziehung zwischen Lebesgue-Räumen und dem Schwartz-Raum Um die Beziehung der für unsere Bedürfnisse relevanten Lebesgue-Räume L1 (Rn ) und L2 (Rn ) untereinander und deren Relation zum Schwartz-Raum S(Rn ) zu ergründen, betrachten wir die oben erwähnte Gauß’sche Glockenkurve. Diese S(R)-Funktion ist ohne Zweifel nicht nur eine L1 (R)-Funktion sondern auch eine L2 (R)-Funktion. Kann dies auf 5 1 RÄUME - SCHAUPLATZ DER MATHEMATIK beliebige S(R)-Funktionen verallgemeinert werden? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, betrachten wir die durch f (x) = √1 für x ∈ (0, 1) 0 für x ∈ R \ (0, 1) x (1.13) definierte Funktion. Berechnet man das Integral des Betrags der Funktion so ergibt sich erwartungsgemäß ein endlicher Wert. Dementsprechend können wir schlussfolgern, dass die obige Funktion f eine L1 (R)-Funktion sein muss. Um zu überprüfen, ob f auch eine L2 (R)-Funktion ist bildet man zunächst das Betragsquadrat und berechnet anschließend das Integral. Die Tatsache, dass dieses Integral divergiert bedeutet, dass f keine L2 (R)-Funktion sein kann. Zusammen mit dem Beispiel der Gauß’schen Glockenkurve impliziert dieses, dass es zwar L1 (R)-Funktionen gibt die zugleich auch L2 (R)-Funktionen sind, dieses Resultat aber nicht auf beliebige L1 (R)-Funktionen verallgemeinert werden kann. Um zu überprüfen, ob im Gegenzug vielleicht jede L2 (R)-Funktion auch eine L1 (R)Funktion ist, untersuchen wir die sinc-Funktion sinc(x) = sin(x) x (1.14) Nimmt man den Betrag der Funktion und integriert diesen, so stellt man fest, dass das Integral divergiert. Berechnet man dagegen das Integral des Betragsquadrats der sincFunktion, so ergibt sich der endliche Wert π was bedeutet, dass die sinc-Funktion zwar eine L2 (R)-Funktion aber keine L1 (R)-Funktion ist. Zusammenfassend können wir also schlussfolgern, dass weder die L1 (R)-Funktionen eine echte Teilmenge der L2 (R)-Funktionen sein können noch die L2 (R)-Funktionen eine echte Teilmenge der L1 (R)-Funktionen sein können. Vielmehr haben wir gezeigt, dass es eine Schnittmenge zwischen dem Raum der L1 (R)-Funktionen und den L2 (R)-Funktionen gibt. Weiterhin kann gezeigt werden, dass der Schwartz-Raum S(Rn ) zum einen in der Schnittmenge L1 (Rn ) ∩ L2 (Rn ) liegt und zum anderen eine dichte Teilmenge des L2 (Rn ) bildet, was sich später bei der Verallgemeinerung der Fourier-Transformation von L1 (Rn ) auf L2 (Rn ) als vorteilhaft erweisen wird. 6 2 FOURIER-TRANSFORMATION 2 Fourier-Transformation In nahezu jedem technischen Studiengang wird man früher oder später mit der FourierTransformation konfrontiert. Egal ob in der Elektrotechnik, der Bildbearbeitung oder der Quantenmechanik – die Fourier-Transformation ist omnipräsent. Doch was macht diese Transformation eigentlich so besonders? 2.1 Motivation: Fourier-Transformation in der Quantenmechanik Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zunächst über die Natur und den Nutzen der Transformation einer Funktion im Klaren sein. Die Notwendigkeit einer Transformation ergibt sich zumeist aus einer mathematischen oder physikalischen Problemstellung, die in einer gegebenen Darstellung nur unter extremem Aufwand gelöst werden. Denkt man beispielsweise an die Berechnung von Integralen, so vereinfacht sich ein auf den ersten Blick unlösbar schweres Integral unter einer vorteilhaften Variablentransformation oftmals beträchtlich. Löst man das Integral in den neuen Variablen und transformiert anschließend das Ergebnis zurück in die ursprünglichen Variablen, so hat man – allein durch die Wahl einer vorteilhaften Darstellung – das Problem erfolgreich gelöst. Ganz ähnlich verhält es sich bei Gleichungen deren Lösung in einer gegebenen Darstellung nicht ohne Weiteres ersichtlich ist. Als Beispiel betrachten wir die zentrale Gleichung des kommenden Semesters – die Schrödinger-Gleichung eines Teilchens der Masse m, das sich in Abwesenheit eines Potentials in einer Dimension frei bewegen kann i~ ∂ ~2 ∂ 2 ψ(t, x) = − ψ(t, x) ∂t 2m ∂x2 (2.1) Die Lösung dieser Gleichung ist für das ungeschulte Auge alles andere als offensichtlich. Im Gegensatz zur Berechnung von Integralen bringt im vorliegenden Fall ein Wechsel der Variablen keinerlei Vereinfachung, da die störenden Ableitungen weiterhin bestehen bleiben. Um sich derer zu entledigen und so die partielle Differentialgleichung in eine algebraische Gleichung oder zumindest eine gewöhnliche Differentialgleichung umzuwandeln, bedient man sich einer sogenannten Integraltransformation. Stellt man die Funktion ψ(t, x) als sogenanntes Fourier-Integral dar 1 ψ(t, x) = √ 2π Z exp (+ikx) ψ̂(t, k) dk R 7 (2.2) 2 FOURIER-TRANSFORMATION und setzt diese Darstellung in die Schrödinger-Gleichung ein, so ergibt sich für die linke Seite der Gleichung i~ 1 ∂ ∂ ψ(t, x) = i~ √ ∂t ∂t 2π 1 =√ 2π Z Z exp (+ikx) ψ̂(t, k) dk (2.3) R exp (+ikx) i~ ∂ ψ̂(t, k) ∂t dk (2.4) R Für die rechte Seite erhält man − ~2 ∂2 2m ∂x2 ψ(t, x) = − ~2 ∂2 2m ∂x2 1 =√ 2π Z 1 2π √ Z exp (+ikx) ψ̂(t, k) dk (2.5) R ~2 exp (+ikx) − (+ik)2 ψ̂(t, k) 2m ! dk (2.6) R wobei wir die Ableitung nach der Variable x einfach in das k-Integral gezogen haben und zudem verwendet haben, dass nur der Exponentialfaktor eine x-Abhängigkeit aufweist. Kombiniert man beide Seiten der transformierten Gleichung und betrachtet nur die jeweiligen Integranden so erhält man die gewöhnliche Differentialgleichung i~ ~2 k 2 ∂ ψ̂(t, k) = ψ̂(t, k) ∂t 2m (2.7) die durch Trennung der Variablen leicht integriert werden kann und das Ergebnis ! ~k 2 ψ̂(t, k) = ψ̂(0, k) exp −i t 2m (2.8) liefert. Setzt man dieses wiederum in die Integraldarstellung von ψ(t, x) ein, so lautet die Lösung der Schrödinger-Gleichung schließlich 1 ψ(t, x) = √ 2π Z " ~k 2 t − kx ψ̂(0, k) exp −i 2m #! dk (2.9) R 2.2 Fourier-Transformation auf L1 (Rn ) Bei den obigen Überlegungen sind wir in (2.2) stillschweigend davon ausgegangen, dass das Integral konvergiert. Dies ist jedoch für beliebige Funktionen ψ̂ im Allgemeinen nicht der Fall, sondern bedarf bestimmter mathematischer Voraussetzungen. 8 2 FOURIER-TRANSFORMATION Definition 2. Die Fourier-Transformierte fˆ: Rn → C einer Funktion f ∈ L1 (Rn ) ist definiert als Z n fˆ(k) := (2π)− /2 exp (−ik · x) f (x) dn x (2.10) Rn wobei k · x = Pn i=1 ki xi das Standard-Skalarprodukt auf Rn bezeichnet. Vergleicht man diese Definition mit obiger Rechnung in der eine Funktion ψ(t, x) durch das k-Integral über eine Funktion ψ̂(t, k) ausgedrückt wurde so stellt man fest, dass dort genau über „die falsche Variable mit dem falschen Vorzeichen im Exponenten“ integriert wurde. Der Grund dafür ist, dass wir zugunsten der besseren physikalischen Anschaulichkeit die inverse Fourier-Transformation angewendet haben. Definition 3. Die inverse Fourier-Transformierte fˇ: Rn → C einer Funktion f ∈ L1 (Rn ) ist definiert als n fˇ(k) := (2π)− /2 Z exp (+ik · x) f (x) dn k (2.11) Rn wobei k · x = Pn i=1 ki xi das Standard-Skalarprodukt auf Rn bezeichnet. Um ein Gefühl für das Wesen und die Eigenschaften der Fourier-Transformation zu entwickeln, betrachten wir im Folgenden zwei Beispiele. Beispiel. Wir betrachten erneut die bereits mehrfach angesprochene Gauß’sche Glockenkurve mit der Funktionsgleichung f (x) = 2πσ 2 −n/2 kxk2 exp − 2 2σ ! (2.12) Deren Fourier-Transformierte berechnet sich mittels der Definition gemäß fˆ(k) = (2π) −n/2 Z exp (−ik · x) 2πσ 2 −n/2 Rn = 4π σ 2 2 −n/2 Z Rn exp −i n X i=1 ! ki xi kxk2 exp − 2 2σ n 1 X exp − 2 x2 2σ i=1 i wobei wir die Definitionen des Skalarprodukts k ·x = Norm kxk = n P i=1 !! n P i=1 dn x (2.13) dn x (2.14) ! ki xi sowie der Euklidischen x2i im Rn verwendet haben. Fasst man die Exponentiale zusammen und schreibt das Exponential der Summe in ein Produkt der Exponentiale um, 9 2 FOURIER-TRANSFORMATION wobei jeder Exponentialfaktor zum entsprechenden Integral gezogen wird, so ergibt sich . . . = 4π σ 2 2 −n/2 Z exp − n X " i=1 Rn x2i + iki xi 2σ 2 #! dn x " #! Z n 2 −n/2 Y x i exp − = 4π 2 σ 2 + iki xi dxi 2 i=1 2σ (2.15) (2.16) R Integrale dieser Form löst man stets, indem man im Argument der Exponentialfunktion durch quadratische Ergänzung ein vollständiges Quadrat erzeugt 2 x2i 1 2 σ 2 ki2 1 2 2 + ik x = + x + 2 · x · iσ k = x + iσ k i i i i i i i 2σ 2 2σ 2 2σ 2 2 (2.17) Setzt man dies ein und substituiert x̃i := xi + iσ 2 ki , so erhält man ! Z 2 k2 i2 h σ 1 2 i exp − xi + iσ ki − dxi . . . = 4π σ 2 2σ 2 i=1 R ! ! n 2 k2 Z 2 −n/2 Y σ x̃ i exp − = 4π 2 σ 2 exp − i dx̃i 2 2 n −n/2 Y 2 i=1 2σ 2 (2.18) (2.19) R Mit der Formel zur Berechnung von Gauß-Integralen ergibt sich . . . = 4π 2 σ 2 n −n/2 Y √ i=1 = 4π σ 2 2 = (2π) −n/2 −n/2 2πσ 2 σ 2 ki2 2πσ 2 exp − 2 n/2 !! n σ2 X k2 exp − 2 i=1 i σ 2 kkk2 exp − 2 (2.20) ! (2.21) ! (2.22) wobei wir im vorletzten Schritt das Produkt von Exponentialen zu einem Exponential einer Summe umgeschrieben haben und anschließend erneut die Definition der Euklidischen Norm im Rn verwendet haben. Interessanterweise ist die Fourier-Transformierte einer n-dimensionalen Gauß’schen Glockenkurve erneut eine Gauß’sche Glockenkurve. Der einzige Unterschied liegt im Auftreten des Faktors σ 2 wobei σ ein Maß für die Breite der Glockenkurve ist. Man erkennt, dass eine sehr schmale Glockenkurve in Ortsraum (σ 1 steht im Argument der Ortsraum-Exponentialfuntion im Nenner) einer sehr breiten Glockenkurve im Impulsraum (σ 1 steht im Argument der Impulsraum-Exponentialfuntion im Zähler) entspricht. 10 2 FOURIER-TRANSFORMATION Als zweites Beispiel studieren wir die besonders in der Signalverarbeitung häufig anzutreffende Rechteckfunktion. Beispiel. Wir betrachten die durch ( f (x) = 1 0 für |x| < R für |x| ≥ R (2.23) definierte Rechteckfunktion und möchten deren Fourier-Transformierte fˆ(k) bestimmen. Dazu muss zunächst überprüft werden ob f eine L1 (R)-Funktion ist, was aber trivialerweise erfüllt ist. Aus der Definition der Fouriertransformation ergibt sich 1 fˆ(k) = √ 2π Z∞ −∞ 1 exp (−ikx) f (x) dx = √ 2π ZR exp (−ikx) dx (2.24) −R wobei wir verwendet haben, dass das Integral aufgrund der Definition der Rechteckfunktion außerhalb des Intervalls [−R, R] verschwindet. Integration und Auswertung an den Grenzen liefert R 1 1 fˆ(k) = √ exp (−ikx) 2π −ik −R 1 1 1 =√ − exp (−ikR) + exp (+ikR) ik ik 2π 1 2 · [exp (+ikR) − exp (−ikR)] =√ 2πk 2i (2.25) (2.26) (2.27) Unter Zuhilfenahme der Exponentialdarstellung der Sinusfunktion sin(x) = 1 2i (exp (+ix) − exp (−ix)) ergibt sich schließlich fˆ(k) = r 2 sin(kR) π k (2.28) An dieser Stelle stoßen wir auf eine interessante und bemerkenswerte Tatsache: Obwohl wir für die ursprüngliche Funktion definitionsgemäß eine L1 (R)-Funktion gewählt haben, ist deren Fourier-Transformierte fˆ abgesehen von einem Vorfaktor genau die bereits im Abschnitt über Testfunktionen-Räume besprochene sinc-Funktion, die jedoch keine L1 (R)-Funktion ist! 2.3 Fourier-Transformation auf S(Rn ) und L2 (Rn ) Im Abschnitt über Testfunktionen-Räume hatten wir bereits gesehen, dass die FourierTransformierte einer Testfunktion aus dem Raum D(Rn ) nicht mehr notwendigerweise 11 2 FOURIER-TRANSFORMATION in D(Rn ) liegt. Um zu garantieren, dass sowohl die Funktion als auch deren FourierTransformierte im selben Funkionenraum liegen, haben wir den Raum der Testfunktion D(Rn ) zum Schwartz-Raum erweitert, in dem die Fourier-Transformation ein Automorphismus ist. Im Gegensatz dazu müssen wir nun den Raum der L1 (R)-Funktionen auf den SchwartzRaum S(Rn ) einschränken um sicherzustellen, dass die Fourier-Transformation ein Automorphismus ist. Neben dieser Tatsache hat der Schwartz-Raum im Gegensatz zum Lebesgue-Raum L1 (Rn ) zudem die äußerst vorteilhafte Eigenschaft, dass für beliebige Funktionen f, g ∈ S(Rn ) auch die Produkte f g und f g wieder im Schwartz-Raum liegen. Dieser Umstand ermöglicht es auf dem Schwartz-Raum durch hf, gi := Z f¯(x)g(x) dn x (2.29) Rn ein Skalarprodukt zu definieren. Erinnert man sich, dass das Bilden eines Skalarprodukts als Projektion interpretiert werden kann und vergleicht mit dieser Deutungsweise im Hinterkopf die Struktur dieses Skalarprodukts mit der Definition der auf den SchwartzRaum S(Rn ) eingeschränkten Fourier-Transformation Z n fˆ(k) := (2π)− /2 exp (−ik · x) f (x) dn x (2.30) Rn so ergibt sich – anders als auf dem Lebesgue-Raum L1 (Rn ) – eine sehr anschauliche Interpretation der Fourier-Transformation: Die Fourier-Transformierte fˆ(k) einer Funktion f ∈ S(Rn ) ist der Anteil der Funktion f (x) in Richtung der Basisfunktion exp (+ik · x).1 An dieser Stelle ist es wichtig zu realisieren, dass diese Interpretation in Ermangelung eines Skalarprodukts im Lebesgue-Raum L1 (Rn ) nicht zulässig ist! 2.4 Satz von Plancherel In unserem eingangs diskutierten Beispiel hatten wir die Fourier-Transformation als eine Integraltransformation eingeführt mit deren Hilfe es möglich ist, ein mathematisches Problem in eine andere Darstellung zu übersetzen. Die Existenz eines Skalarprodukts auf dem Schwartz-Raum S(Rn ) erlaubt es uns die Eigenschaften der Fourier-Transformation genauer zu studieren. Wir betrachten dazu das Skalarprodukt hfˆ, ĝi = Z fˆ(k)ĝ(k) dn k (2.31) Rn 1 Damit diese Interpretation sinnvoll ist muss zunächst gezeigt werden, dass die Basisfunktionen exp (+ik · x) ein vollständiges Orthonormalsystem bilden. Der Beweis, dass die Funktionen exp (+ik · x) für unterschiedliche k ∈ Rn im Sinne des oben definierten Skalarprodukts orthogonal sind wird an späterer Stelle im Zusammenhang mit der Delta-Distribution gezeigt. 12 2 FOURIER-TRANSFORMATION der Fourier-Transformierten fˆ, ĝ ∈ S(Rn ) zweier Funktionen f, g ∈ S(Rn ) und versuchen dieses durch das Skalarprodukt hf, gi auszudrücken. Einsetzen der Definition von fˆ(k) ergibt ... = Z Z (2π)−n/2 Rn exp (−ik · x) f (x) dn xĝ(k) dn k (2.32) n −n/2 = (2π) Z ZR Rn exp (+ik · x) f¯(x)ĝ(k) dn x dn k (2.33) Rn Da alle Integrale konvergieren, erlaubt es uns der Satz von Fubini die Integrationsreihenfolge zu vertauschen was auf ... = Z f¯(x) (2π) −n/2 Rn Z exp (+ik · x) ĝ(k) dn k dn x (2.34) Rn führt. Nachdem die Fourier-Transformation auf dem Schwartz-Raum S(Rn ) einen Automorphismus darstellt, ist die inverse Fourier-Transformierte der Funktion ĝ(k) aber gerade die Funktion g(x) woraus sich ... = Z f¯(x)g(x) dn x = hf, gi (2.35) Rn ergibt. Die Gleichheit hfˆ, ĝi = hf, gi zeigt, dass die Fourier-Transformation das Skalarprodukt erhält und damit eine unitäre Transformation ist. Daraus folgt automatisch, dass auch die 2-Normen kf k2 und kfˆk2 im Orts- und Impulsraum gleich sind. 2.5 Algebraisierung der Ableitung Wie in unserem einleitenden Beispiel aus der Quantenmechanik bereits erwähnt, findet die Fourier-Transformation insbesondere bei der Lösung partieller Differentialgleichungen ihre Anwendung. Dies liegt darin begründet, dass durch die Darstellung einer Funktion f ∈ C m (Rn ) als Fourier-Integral −n/2 f (x) = (2π) Z exp (+ik · x) fˆ(k) dn k (2.36) Rn partielle Differentialgleichungen in der Variable x in algebraische Gleichungen umgewandelt werden können. Dies kann leicht eingesehen werden, wenn man die Wirkung des durch ∂ |α| ∂ α := (2.37) ∂xα1 1 · · · ∂xαnn 13 2 FOURIER-TRANSFORMATION definierten Ableitungsoperators auf die Funktion f (x) studiert. Hierbei ist α ∈ Nn0 ein sogenannter Multiindex mit |α| := n X und αi k α := i=1 n Y k αi (2.38) i i=1 Wendet man ∂ α auf die Fourier-Darstellung der Funktion f (x) an, so ergibt sich ∂ α f (x) = (2π)− n/2 Z ∂ α exp (+ik · x) fˆ(k) dn k (2.39) Rn wobei wir verwendet haben, dass die Ableitungen ohne Umwege direkt ins Integral gezogen werden können und – da fˆ nicht von x abhängt – nur auf den Exponentialfaktor wirken. Schreibt man das Skalarprodukt im Argument des Exponentialfaktors aus, so erhält man ! n X ∂ |α| α ∂ exp (+ik · x) = exp +i ki xi (2.40) ∂xα1 1 . . . ∂xαnn i=1 Schreibt man das Exponential der Summe in ein Produkt von Exponentialen um und sortiert die einzelnen Faktoren zu den jeweiligen Ableitungen, so ergibt sich ··· = n n Y Y ∂ αi ∂ |α| exp (+ik x ) = exp (+iki xi ) i i ∂xα1 1 . . . ∂xαnn i=1 ∂xαi i i=1 (2.41) Führt man alle Ableitungen aus und verwendet die Multiindex-Schreibweise, so verbleibt ··· = n Y (+iki )αi = iα1 k α1 . . . iαn k αn = i|α| k α (2.42) i=1 und somit ∂ f (x) = (2π) α −n/2 Z exp (+ik · x) i|α| k α fˆ(k) dn k (2.43) Rn Bildet man nun unter der Annahme ∂ α f ∈ L1 (Rn ) auf beiden Seiten der Gleichung die Fourier-Transformierte und verwendet den Umkehrsatz, so ergibt sich α f = i|α| k α fˆ(k) ∂d (2.44) Dieses als Algebraisierung der Ableitung bekannte Resultat besagt, dass Fourier-Transformierte der Ableitung einer Funktion berechnet werden kann, indem man die Fourier-Transformation der ursprünglichen Funktion bildet und diese mit i|α| k α multipliziert. 2.6 Eigenschaften der Fourier-Transformation Aus der Definition der Fourier-Transformation als Integral ergeben sich unmittelbar folgende leicht überprüfbare Eigenschaften: 14 2 FOURIER-TRANSFORMATION • Linearität f[ + g = fˆ + ĝ (2.45) • Translation (Verschiebung im Ortsraum) g(x) := f (x − x0 ) ĝ(k) = exp (−ik · x0 ) fˆ(k) ⇒ (2.46) • Modulation (Verschiebung im Frequenzraum) g(x) := exp (ik0 · x) • Skalierung g(x) := f ⇒ x λ ⇒ 15 ĝ(k) = fˆ(k − k0 ) ĝ(k) = λn fˆ(λk) (2.47) (2.48) 3 FALTUNG 3 Faltung Eine neben der Fourier-Transformation ebenfalls sehr häufig anzutreffende Operation ist die Faltung. Genau wie die Fourier-Transformation ist auch die Faltung ein extrem wichtiges Werkzeug und findet in der Signalverarbeitung, der Mustererkennung und sogar in der Medizin bei der Erstellung von Tomogrammen ihre Anwendung. 3.1 Motivation: Faltung in der Kosmologie Trotz ihrer zentralen Rolle in einer Vielzahl von Anwendungen innerhalb und außerhalb der Physik führt die Faltung oft ein stiefmütterliches Dasein und wird zumeist nur beiläufig im Kontext der Fourier-Transformation eingeführt. Um die Bedeutung der Faltung zu verstehen, betrachten wir ein Beispiel aus der Kosmologie: Vermisst man die Materieverteilung des Universums so stellt man fest, dass die Materie auf extrem großen Skalen in sehr guter Näherung homogen und isotrop verteilt ist. Aus dem Urknall-Modell ergibt sich die Vorhersage, dass trotz der beobachteten großräumigen Homogenität und Isotropie der Materie in bestimmten aber unbekannten Abständen gegenüber der mittleren Materiedichte minimal erhöhte Materiedichten auftreten sollten. Wir modellieren den Materiedichteüberschuss δρ(x) gegenüber der mittleren Materiedichte ρ̄ in einem stark vereinfachten eindimensionalen Beispiel durch eine Rechteckfunktion, die jeweils im Abstand d einen Überschuss aufweist 1 0 für |x − nd| < R sonst ( δρ(x) = (3.1) wobei n ∈ Z. Um den Abstand d R, in dem der Überschuss auftritt zu bestimmen, multiplizieren wir die Funktion δρ(x) für verschiedene a ∈ R mit der Rechteckfunktion 1 0 für |x − a| < R für |x − a| ≥ R ( f (x − a) = (3.2) und integrieren anschließend über ganz R. Da sowohl die Funktion δρ(x) als auch die Funktion f nur in ganz bestimmen Intervallen von Null verschieden sind, liefert das Integral über deren Produkt nur dann einen nicht-verschwindenden Wert, falls sich die Funktionen überlappen. Ob und wie groß diese Überlappung ist hängt dabei maßgeblich vom gewählten Wert von a ab. Wählt man beispielsweise a = d/2, so nimmt die Funktion f nur im Intervall (d/2 − R, d/2 + R) einen Wert ungleich Null an. Da die Funktion δρ(x) aber im Intervall [R, d − R] den Wert Null ergibt, liefert auch das gesamte Integral den Wert Null. Wählen wir hingegen den Wert a = R, so ergibt sich im Intervall [0, R) eine 16 3 FALTUNG Überlappung sodass sich für das Integral gemäß Z f (x − R)δρ(x) dx = ZR dx = R (3.3) 0 R der Wert R ergibt. Wählt man a = R/2 so vergrößert sich der Überlappungsbereich und das Integral liefert gemäß Z f (x − R/2)δρ(x) dx = +Z3R/4 dx = −3R/4 R 3R 2 (3.4) den Wert 3R/2. Durch systematische Variation des Wertes für a findet man für a = 0 den maximalen Wert 2R für das Integral. Anschaulich gesprochen bedeutet der sich für a = 0 ergebende maximale Wert, dass sich die Funktionen f und δρ maximal überlappen. Berechnet man das Integral für alle a ∈ R, so findet man auch für a = nd mit n ∈ Z für das Integral den maximalen Wert 2R. Daraus können wir nun schlussfolgern, dass sich jeweils im gegenseitigen Abstand d ein Materieüberschuss befindet. 3.2 Faltung auf L1 (Rn ) Nachdem wir im ersten Abschnitt die Menge der Funktionen f : Rn → C mit den Lebesgue-Räumen Lp (Rn ) auf eine sinnvolle Teilmenge eingegrenzt haben, spezialisieren wir uns nun auf den Lebesgue-Raum L1 (Rn ). Definition 4. Die Faltung f ∗ g zweier Funktionen f, g ∈ L1 (Rn ) ist definiert als Z (f ∗ g) (x) := dn y f (x − y)g(y) (3.5) Rn Die Operation der Faltung ist eng verwandt mit der Kreuz-Korrelation und der Gewichtung, wie folgende Aufgabe zur Gauß’schen Fehleraddition zeigt. Beispiel. Wir betrachten eine nicht direkt messbare Größe g, die sich aus N direkt messbaren Größen xi gemäß g = g(x1 , x2 , . . . , xN ) (3.6) berechnen lässt. Dabei nehmen wir an, dass die Messgrößen xi statistisch unabhängig und normalverteilt um die Mittelwerte x̄i seien. Um die Abweichung ∆g der aus den Messgrößen xi = x̄i + ∆xi bestimmten Größe g vom Mittelwert 17 3 FALTUNG ḡ = g(x̄1 , x̄2 , . . . , x̄N ) zu bestimmen, erinnern wir uns an die aus dem Anfängerpraktikum bekannte Formel für die Gauß’sche Fehlerfortpflanzung v u u ∆g = t ∂g ∆x1 ∂x1 x̄i !2 ∂g ∆x2 ∂x2 x̄i + !2 ∂g ∆xN ∂xN x̄i + ··· + !2 (3.7) Als konkretes Beispiel betrachten wir zwei Stäbe, deren Längen durch Messung zu `1 = µ1 + σ1 = (1.00 ± 0.03) m (3.8) `2 = µ2 + σ2 = (2.00 ± 0.04) m (3.9) bestimmt wurden. Möchte man nun wissen wie lange der zusammengesetzte Stab ist, so steht man vor der Frage wie die Unsicherheiten σ1 und σ2 miteinander zu verrechnen sind um den Fehler σ des zusammengesetzten Stabes zu erhalten. Obwohl man mit der sogenannten Größtfehlerabschätzung, bei der man im vorliegenden Fall als Unsicherheit σ einfach die Summe der Fehler σ1 und σ2 angeben würde, immer auf der sicheren Seite ist, sollte die Unsicherheit σ gefühlsmäßig kleiner als σ1 + σ2 sein. Dieses Gefühl speist sich aus der Tatsache, dass eine große Unsicherheit nur dann auftritt wenn die Messung an beiden Stäben eine große Abweichung vom Mittelwert liefert, was aber relativ unwahrscheinlich ist. Erheblich wahrscheinlicher ist es hingegen, bei beiden Messungen kleine bis moderate Abweichungen vom Mittelwert festzustellen. Die Frage nach der korrekten gegenseitigen Gewichtung der Messunsicherheiten an beiden Stäben entspricht exakt der Interpretation der Faltung. Modelliert man die gemessene Länge `i (x) der Stäbe durch Gauß’sche Normalverteilungen (x − µi )2 `i (x) = q exp − 2σi2 2πσi2 1 ! (3.10) mit µ1 = 1.00 m, σ1 = 0.03 m und µ2 = 2.00 m, σ2 = 0.04 m, so ergibt sich daraus für die Faltung (`1 ∗ `2 ) (x) = Z∞ −∞ ((x − y) − µ1 )2 dy q exp − 2σ12 2πσ12 1 ! (y − µ2 )2 q exp − 2σ22 2πσ22 (3.11) 1 ! Fasst man die Exponentiale zusammen und sortiert im Argument die Terme entsprechend ihrer Potenz von y so erhält man µ22 1 (x − µ1 )2 ... = exp − − 2πσ1 σ2 2σ12 2σ22 · Z∞ −∞ 1 dy exp − 2 ! (3.12) · 1 1 µ1 − x µ2 + 2 y2 − 2 − 2 y 2 2 σ1 σ2 2σ1 2σ2 18 (3.13) 3 FALTUNG µ2 1 −x Mit den Definitionen a := σ12 + σ12 und b := µ2σ lässt sich der Ausdruck 2 − 2σ 2 1 2 1 2 durch quadratische Ergänzung im Argument des Exponentials zu 1 (x − µ1 )2 µ22 ... = exp − − 2πσ1 σ2 2σ12 2σ22 ! Z∞ −∞ 1 b dy exp − a y + 2 2 a 2 b2 +2 a ! (3.14) umschreiben. Substituiert man anschließend ỹ := y + 2 ab und führt das resultierende Gauß-Integral über ỹ aus, so erhält man (x − µ1 )2 µ22 1 exp − − ... = 2πσ1 σ2 2σ12 2σ22 σ2σ2 · exp 2 2 1 2 2 σ1 + σ2 ! µ1 − x µ2 − 2 2 2σ1 2σ2 (3.15) · 2 ! s 2π σ12 σ22 σ12 + σ22 (3.16) q ∞ wobei das Gauß-Integral −∞ dx exp −αx2 = απ verwendet wurde. Fasst man die Vorfaktoren sowie die Exponentiale zusammen und sortiert im Argument der Exponentiale die Terme entsprechend ihrer Potenz von x, so verbleibt R µ1 + µ2 1 (µ1 + µ2 )2 1 x2 + x − ... = q exp − 2 2 σ1 + σ22 σ12 + σ22 2 σ12 + σ22 2π σ12 + σ22 1 (x − (µ1 + µ2 ))2 =q exp − 2 σ12 + σ22 2π σ12 + σ22 1 ! (3.17) ! (3.18) Wie man unschwer erkennt, ist der Messwert für die Länge der aneinandergelegten Stäbe ebenfalls durch eine Gauß’sche Normalverteilung mit µ = µ1 + µ2 = 3.00 m q 2 und σ = σ1 + σ22 = 0.05 m gegeben. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der Formel für ∆g wobei g durch g(`1 , `2 ) = `1 + `2 gegeben ist, so findet man ∆ (`1 + `2 ) = q (∆`1 )2 + (∆`2 )2 (3.19) was exakt der durch Faltung bestimmten Formel entspricht. 3.3 Eigenschaften der Faltung Aus der Definition der Faltung als Integral ergeben sich unmittelbar folgende leicht überprüfbare Eigenschaften: • Kommutativität f ∗g =g∗f 19 (3.20) 3 FALTUNG • Assoziativität • Distributivität (f ∗ g) ∗ h = f ∗ (g ∗ h) (3.21) f ∗ (g + h) = f ∗ g + f ∗ h (3.22) 3.4 Fourier-Transformation der Faltung 20 Dieser Abschnitt folgt spätestens am Donnerstagabend.