1 42 02048 Die Stubenfliege Die Stubenfliege Arbeitsvideo/ 4 Kurzfilme FWU Schule und Unterricht VHS 42 02048 17 min, Farbe Sachgebiet Biologie Zoologie • Systematische Zoologie, Gliederfüßer • Allgemeine Zoologie, Gestalt und Bau, Fortpflanzung und Entwicklung, Verhalten Adressaten Allgemeinbildende Schule (ab Schuljahr 6) Sekundarbereich I, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Integrierte Gesamtschule (ab Schuljahr 6), Sekundarbereich II Lernziele Am Beispiel der Stubenfliege wesentliche Merkmale des Körperbaus von Insekten kennen lernen; die Arbeitsweise der indirekten Flugmuskulatur verstehen; den Ablauf einer vollkommenen Verwandlung kennen; erkennen, dass Insekten wichtige Glieder vielfältigster Nahrungsnetze sind Vorkenntnisse Grundkenntnisse über die Systematik von Gliedertieren; Grundlagen über den Körperbau der Insekten Schlagwörter Stubenfliege, Insekten, Zweiflügler, Flugmuskulatur, Metamorphose Kurzinhalt Neben der Honigbiene ist auch die Stubenfliege gut geeignet, um die Besonderheiten der Insekten exemplarisch zu erklären. Mit Hilfe von Kurzfilmen zu den Themen Fortbewegung, Nahrungserwerb, Entwicklung und Feinde lassen sich wichtige biologische Sachverhalte erarbeiten. 1. Fortbewegung 2. Ernährung 3. Fortpflanzung 4. Feinde 3,0 min 3,3 min 6,3 min 3,5 min © FWU Institut für Film und Bild 2 42 02048 Die Stubenfliege Kurzbeschreibung Die vier Kurzfilme zeigen am Beispiel der Stubenfliege wichtige Einzelheiten über Bau und Lebensweise eines solitär lebenden Insekts. Real- und Trickaufnahmen verdeutlichen die Arbeitsweise der indirekten Flugmuskulatur; zur Nahrungssuche sind Sinnesorgane erforderlich: Geruchs- und Geschmackssinneszellen. Flüssige Nahrung kann die Stubenfliege unmittelbar aufnehmen, feste Nahrung muss erst verflüssigt werden, bevor sie aufgesaugt werden kann. Nach der Paarung legt das Weibchen seine Eier in organisches Material. Die Stubenfliege durchläuft eine vollkommene Verwandlung. Nach zweimaliger Häutung verpuppen sich die Maden in einem Tönnchen. Nach der Verwandlung sprengen die Fliegen den Deckel des Tönnchens ab und schlüpfen. Schließlich wird gezeigt, wie vielfältige Fressfeinde, darunter Vögel, Amphibien, Spinnen, Käfer und fleischfressende Pflanzen dazu beitragen, Fliegenpopulationen trotz ihrer gigantischen Vermehrungsrate in Schach zu halten. Zum Inhalt Inhaltsverzeichnis und Zeitangaben min/sec 0 Ende FWU-Sigel 1 Fortbewegung 2 Ernährung 3 Fortpflanzung 4 Feinde 00:00 03:02 03:17 06:18 03:33 Zu den Filmen 1. Fortbewegung Die Große oder Gemeine Stubenfliege (Musca domestica) gehört zur Insektenordnung der Zweiflügler (Diptera). Bei diesen ist (im Gegensatz zu anderen, unter den Trivialnamen „Fliegen und Mücken" zusammengefassten Arten) das hintere Flügelpaar zu zwei Schwingkölbchen, den Halteren, umgebildet. Diese keulenförmigen Gebilde befinden sich während des Flugs ständig in Vibration. Sie dienen der Flugstabilitätskontrolle und z.T. auch als stimulatorische Organe. Tiere ohne Halteren verlieren das Gleichgewicht und sind meist flugunfähig. Ansonsten ist diese Reduktion eines Flügelpaares kein Nachteil, im Gegenteil: die Zweiflügler, insbesondere die Echten Fliegen, gehören zu den wendigsten, schnellsten und ausdauerndsten Fliegern im Insektenreich. Gezwungenermaßen kann eine Fliege bis zu zwei Stunden in der Luft bleiben! Die am Chitinskelett des Thorax ansetzende indirekte Flugmuskulatur ist der „Motor" für die enormen Flugleistungen und kann bis zu 90 % des Thoraxvolumens einnehmen. Zwei Muskelpaare wirken als Gegenspieler: die im Thorax längs verlaufenden Senker und die zwischen Rücken- und Bauchplatte eingespannten Heber. Kontrahieren die Senker, verkürzt sich der Brustabschnitt minimal und wölbt die Rückenplatte nach oben. Umgekehrt wird bei der Kontraktion des Hebers die Rückenplatte etwas nach innen gezogen. Diese winzigen Bewegungen werden auf die kurze, gelenkige Verbindung zwischen Flügel und Rückenplatte übertragen und dabei um ein Vielfaches verstärkt. Auf diese Weise werden die Flügel ausschließlich von der hoch frequent schwingenden indirekten Muskelmasse (etwa 200 Mal/Sekunde) angetrieben. Sehr zarte, direkte Muskeln an den © FWU Institut für Film und Bild 42 02048 Die Stubenfliege 3 Flügelbasen sorgen für die Feinsteuerung, da die Flügel im Flug nicht einfach auf und ab schlagen, sondern vielmehr komplizierte räumliche Bahnen beschreiben. Die Flügel bewegen sich von hinten oben auf einer nach vorne ausgebeulten Bahn schräg nach vorne unten und auf einer nach hinten ausgebeulten Bahn wieder zurück. Während des Abschlags wird die Bewegung bei gleich bleibender Flügelhaltung zunächst beschleunigt; die verstärkte Vorderkante der Flügel weist nach vorne. Ende des Abschlags wird der Flügel verzögert und dabei um seine Längsachse rotiert. Am Umkehrpunkt der Schlagrichtung erreicht – bei minimaler Schlagschwingung – die Rotationsschwingung ihr Maximum: Die Vorderkante des Flügels wird gedreht und kann beim Aufschlag ebenfalls die Führung übernehmen. Schräg nach hinten oben bewegt sich der Flügel in die Ausgangsposition zurück. In der oberen Umkehrstellung spielt sich die umgekehrte Bewegung ab. Vor diesem Hintergrund kann man an Flugaufnahmen sofort entscheiden, ob sie während des Auf- und Abschlags gemacht worden sind, man muss dazu nur die Richtung der morphologischen Vorderkante der Flügel beobachten. Die Untersuchung der Flügelbewegungen von Insekten gestaltet sich wegen der hohen Schlagfrequenz als äußerst schwierig. Um den Flügelschlag ordentlich aufzulösen, muss mit entsprechend hohen Bildfrequenzen gearbeitet werden: sollen beispielsweise Auf- und Abschlag in je 30 Bilder zerlegt werden, sind für 200 x 30 x2 = 12 000 / Bilder/Sekunde notwendig! 2. Ernährung Die Insekten haben sich im Laufe der Evolution nach und nach jede denkbare Nahrungsquelle erschlossen. Erwachsene Fliegen zeigen keine besonderen Vorlieben, zuckerhaltige Nahrung nehmen sie genauso an wie eiweiß- oder fetthaltige. Die vergleichsweise geringe Anzahl der Geruchssinneszellen auf den Fühlern legt den Schluss nahe, dass das Geruchsvermögen der Stubenfliegen nicht besonders gut ausgeprägt ist. Sie finden ihre Nahrung deshalb auch über eine Art „Herdentrieb", der vorwiegend durch optische Reize ausgelöst wird. Alle adulten Zweiflügler besitzen saugende Mundwerkzeuge, die entweder als Stechrüssel oder leckende Saugrüssel in vielfältiger Form in Erscheinung treten. Im Fall der Stubenfliege handelt es sich um einen Tupf-Saug-Rüssel, der im Ruhezustand eingeklappt unter dem Kopf getragen und nur zur Nahrungssuche oder -aufnahme vorgestreckt wird. Das Rüsselende ist von zwei halbkreisförmigen Saugpolstern besetzt, die wie ein Kissen über die Nahrung gebreitet werden. Über die tracheenartigen Halbröhren an der Unterseite der Saugpolster wird die flüssige bzw. zuvor mit Hilfe von Speichelsaft aufgelöste Nahrung aufgetupft und zur Mundöffnung geführt. Von dort gelangt sie durch Saug-Pump-Wirkung in den Kropf, der als temporäres Nahrungsreservoir dient. Erst bei Bedarf wird die Nahrung an den Mitteldarm weitergegeben. Da der zum Kropf führende Gang schon im mittleren Brustabschnitt von der Speiseröhre abzweigt, muss die Fliege die sich im Kropf befindende Nahrung in den vorderen Abschnitt des Verdauungssystems „erbrechen". Unter Umständen kann der Kropfinhalt dabei das Ende des Rüssels erreichen und austreten; kleine Reste davon werden bisweilen auf der Unterlage abgesetzt. Neben der Abgabe des Speichelsafts fördert auch dieser Vorgang ungemein die Verschleppung und Ausbreitung von Krankheitserregern. Die zuvor an Kot, faulenden Substanzen (siehe unten, Fortpflanzung), Abfällen etc. aufgenommenen Keime gelangen so leicht auf den Menschen - oder seine Nahrungsmittel. Die mit Haaren und Borsten reich besetzte Oberfläche der Fliegen begünstigt zusätzlich die Ausbreitung der Krankheitserreger. Je nach Lebensraum konnte man an einzelnen Exemplaren mehrere Millionen Bakterien finden! Besonders häufig werden Erreger von Magen- und Darmkrankheiten übertragen; in Amerika wird die Stubenfliege aus diesem Grund sogar als „Typhoid-Fly" bezeichnet. Auch heute noch hat © FWU Institut für Film und Bild 4 42 02048 Die Stubenfliege die Fliege, vor allem wegen ihres massenhaften Auftretens und allen hygienischen Maßnahmen zum Trotz, immer noch eine enorme medizinische Bedeutung. 3. Fortpflanzung Auch für das Auffinden des paarungsbereiten Partners sind vorwiegend die „sozialen Tendenzen" verantwortlich; der Geruchssinn scheint ebenso wie bei der Nahrungssuche eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch zwei eindeutige Merkmale: sie sind kleiner und ihre halbkugeligen Facettenaugen stoßen am Kopf zusammen. Bei den Weibchen hingegen bleibt die Stirn frei. Bei der Paarung presst das Männchen seine Spermatophore (mittels Samenpumpe) in die Geschlechtsöffnung am Ende der (jetzt eingezogenen) Legeröhre des Weibchens, während er die Rückseite des Weibchens zu stimulatorischen Zwecken mit dem Rüssel betastet. Dunghaufen, Kot und faulendes Pflanzenmaterial sind die wichtigsten Brutstätten für die Eier. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven haben - wie bei allen holometabolen Insekten keinerlei Ähnlichkeit mit den erwachsenen Tieren. Nach zweimaliger Häutung verpuppen sich die bein- und kopflosen Maden in einem Tönnchen. Zum Schlüpfen sprengt die Fliege mit ihrer Stirnblase die vorderste Kalotte des Tönnchens ab; sie wird deshalb als Deckelschlüpfer bezeichnet. Rhythmische Kontraktionen von Stirnblase und Hinterleib und die nach hinten gerichteten Borsten bewirken ein allmähliches Herausschieben des Körpers aus dem Puparium („Tönnchenpuppe"). Der gesamte Vorgang dauert üblicherweise etwa fünf Minuten. Die frisch geschlüpften grau-weißen Fliegen sind noch sehr klein, die Chitinhülle ist weich. Durch Luftaufnahme vergrößert sich das Körpervolumen zusehends und die Flügel entfalten sich. Die Stirnblase wird in die Kopfkapsel eingezogen, die zurückbleibende Bogennaht auf der Stirn, ein umgekehrtes U, erinnert noch an diesen Vorgang. 4. Feinde Pro Gelege setzt ein Weibchen, abhängig von ihrem physiologischen Zustand, bis zu 200 Eier ab, nach Literaturangaben können es bis zu 2000 Eier im etwa zwei bis drei Monate dauernden Leben eines Weibchens sein. Würden sich aus allen Eiern eines Weibchens neue Fliegen entwickeln und diese sich wiederum vermehren usw., so wären bereits nach sechs Monaten rund fünf Billionen Nachkommen vorhanden. Natürlich ist dies nicht der Fall. Gelege und Maden vertrocknen und viele Fressfeinde machen Jagd auf Eier, Maden und Fliegen. An dieser Stelle soll nur auf zwei der im Film gezeigten „Feinde" näher eingegangen werden: den fleischfressenden Sonnentau und den parasitär lebenden Fliegenschimmel. Die einheimischen Sonnentauarten (Drosera) leben auf den extrem mineralstoffarmen Böden der Hochmoore. Ein Mangel an Stickstoffverbindungen wird durch „Fangen" und „Verzehr" kleinerer Insekten ausgeglichen. Seine in Rosetten stehenden Blätter sind mit Tentakeln besetzt, die in köpfchenartigen Schleimtropfen enden, an denen die Tiere festkleben (Leimspindelfallen). Durch Berührungsreiz krümmen sich alle Tentakeln auf das Tier zu, so dass es schließlich im Schleim erstickt. Zur Verdauung scheiden die Köpfchen eiweißabbauende Exoenzyme aus. Der Fliegenschimmel (Entomophthora muscae) gehört zur Klasse der Jochpilze (Zygomycetes). Er parasitiert an der Stubenfliege und kann insbesondere im Herbst in kürzester Zeit selbst große Fliegenpopulationen vernichten. Der Name „Jochpilze" geht auf eine Besonderheit der Fortpflanzung zurück: bei der Zygogamie verschmelzen zwei Gametangien unter Ausbildung einer Brücke, eines Jochs, miteinander. Die Produkte dieser © FWU Institut für Film und Bild 5 42 02048 Die Stubenfliege geschlechtlichen Vorgänge, Zygosporen, bleiben an der Fliege haften und keimen aus. Schließlich durchwuchert ein dichtes Myzel den ganzen Fliegenkörper und zersetzt ihn. Zur ungeschlechtlichen Weiterentwicklung bildet der Pilz an der Oberfläche der Fliege in einem dichten Rasen einsporige Sporangien, Konidien. Die abgeschleuderten Konidien bilden einen weißen Hof um die verendete Fliege. Zur Verwendung Die Kurzfilme „Fortbewegung" und „Ernährung" können zur exemplarischen Erarbeitung wesentlicher Merkmale des Körperbaus und der Verhaltensweisen eines solitär lebenden, höheren Insekts verwendet werden. Mit Hilfe des Films „Fortpflanzung" kann die vollständige Verwandlung eines Insekts gezeigt werden. Außerdem wird im Film „Feinde" am Beispiel der Stubenfliege gezeigt, dass Insekten wichtige Glieder vielfältigster Nahrungsbeziehungen sind und dass zu ihren Feinden neben wirbellosen und Wirbeltieren auch Pflanzen und Pilze gehören können. Weitere Medien 32 03782/42 01731 Stechmücken. 16-mm-Film/VHS 19 min, f 42 02058 Beutefangmethoden bei Insekten. Arbeitsvideo/3 Kurzfilme. VHS 15 min, f Literatur J. Hess. Heimliche Untermieter, Solothurn: Aare Verlag, 1980 Dausien's großes Buch der Insekten, Hanau: Verlag Werner Dausien, 1991 B. Klausnitzer. Insekten, Zürich-Stuttgart-Wien: Albert Müller Verlag, 1987 W Nachtigall/R. Nagel. Im Reich der Tausendstel Sekunde, Hildesheim: Gerstenberg Verlag, 1988 Urania Tierreich. Insekten, Leipzig: Urania Verlagsgesellschaft mbH, 1978 Bearbeitete Fassung und Herausgabe FWU Institut für Film und Bild, 1996 Bearbeitung Sonja Riedel Produktion Georg Schimanski, Bichl Kamera Georg Schimanski Trick Eva Mause Magdalene Engels Begleitkarte Sonja Riedel Fachberatung Dr. Ernst-Gerhard Burmeister, Gernlinden © FWU Institut für Film und Bild 42 02048 Die Stubenfliege 6 Bildnachweis Okapia – Frankfurt Pädagogische Referentin im FWU Sonja Riedel © FWU Institut für Film und Bild