Die Geologie im Raum Ludwigsburg

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Geologie in Ludwigsburg
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Geologie in Ludwigsburg
Herausgeberin
Auskünfte zu Geologie, Grundwasser, Baugrund, Altlasten
Stadt Ludwigsburg
und Erdwärmenutzung in Ludwigsburg erteilt:
Fachbereich Tiefbau und Grünflächen
Fachbereich Tiefbau und Grünflächen
Wilhelmstraße 11
Abteilung Bodenschutz
71638 Ludwigsburg
Telefon: 07141/910-2707
Telefax: 07141/910-2230
Bearbeitung und Beiträge
Mail: [email protected]
Dr. Wolfgang Goos
Ingenieur-Geologe
mit einem Beitrag von Kim Bleher cand. B.Sc.: Fossilien im Ob. Muschelkalk, Keuper und Quartär
Stand: Mai 2017
Das Titelblatt zeigt über dem Luftbild von Ludwigsburg von links nach rechts den Schilfsandstein am Lemberg, Lösssedimente am
Grünpark Hungerberg und Oberen Muschelkalk (Trigonodusdolomit) an der Burg Hoheneck.
3
Inhalt
1. Einleitung
4
2. Geologischer Bau und Erdgeschichte von Baden-Württemberg
7
2.1
Krustenbewegung und Landschaftsbild
7
2.2
Der Aufbau des Untergrundes
11
2.2.1
Grundgebirge
11
2.2.2
Deckgebirge
11
3. Geologie und Fossilien in Ludwigsburg
19
Tabelle 1: Geologische Gliederung, Schichtaufbau und Grundwasser in Ludwigsburg
20
Tabelle 2: Stratigraphische, lithologische, hydrogeologische und baugrundgeologische
21
Charakterisierung der Schichtfolge in Ludwigsburg
3.1
Buntsandstein
22
3.2
Muschelkalk
22
3.2.1
3.3
Keuper
3.3.1
3.4
Fossilien im Oberen Muschelkalk
Fossilien im Keuper
Quartär
3.4.1
Fossilien in den quartären Deckschichten
23
26
29
31
34
Bildtafeln
35
3.5
Geologische Karte und Profilschnitt von Ludwigsburg
38
3.6
Tektonik - Die Lagerung der Schichten
42
3.7
Lemberg und Hohenasperg als Zeugen der Erdgeschichte
42
4. Das Grundwasser im Untergrund von Ludwigsburg
44
5. Anhang
49
5.1
Gesteinskunde
49
5.2
Schichtung, Schieferung und Klüfte
53
5.3
Gesteinsverwitterung
53
5.4
Gesteinsfarben
55
5.5
Karst
56
5.6
Erdbeben
57
5.7
Vulkanausbrüche
60
Die Entstehung der Alpen
62
6.1
Pangäa zerfällt
62
6.2
Ozeanbildung und Sedimentation
63
6.3
Die erste Kompressionsphase der Alpenbildung in der Kreide-Zeit
64
6.4
Die zweite Kompressionsphase der Alpenbildung in der Paläogen- und Neogen-Zeit
64
6.5
Die Heraushebung der Alpen
65
6.6
Die Alpen vom Eiszeitalter bis heute
72
6. Exkurs
4
1. Einleitung
Dieses Manuskript ist eine Zusammenfassung der geologischen und landschaftsgeschichtlichen Entstehung von BadenWürttemberg und der geologischen Verhältnisse im Raum Ludwigsburg.
Die Gemarkung von Ludwigsburg liegt in der Mitte des Landschaftsraums des 1327 km2 großen Neckarbeckens und umfasst
eine Fläche von 43,33 km2 (Abb. 1). Das wenig bewaldete, sehr fruchtbare und intensiv landwirtschaftlich genutzte Neckarbecken wird von den engräumig zertalten und weniger fruchtbaren Keuperwaldbergen umrahmt. Das sind im Süden und
Osten der Glemswald, die Stuttgarter Bucht, der Schurwald und der Welzheimer Wald. Im Nordosten folgen der Mainharter
Wald und die Löwensteiner Berge und im Nordwesten der Strom- und Heuchelberg. Nach Westen geht das Neckarbecken in
die von verkarstetem Muschelkalk (Heckengäu) und Buntsandstein geprägte Ostabdachung des Nordschwarzwaldes über.
Der Markungsbereich westlich des Neckars gehört zur Muschelkalk- und Lettenkeuperfläche des "Strohgäus", dessen östlicher Teil bis zum Neckartal "Langes Feld" genannt wird. Der Bereich östlich des Neckars gehört zur Gäufläche der "Backnan-
ger Bucht". Im Strohgäu wird auf den fruchtbaren Lösslehmböden (Parabraunerden) überwiegend Ackerbau betrieben. Das
Neckartal mit seinen Nebentälern und die Gäuflächen östlich des Neckars werden auch durch Obstbau und Weinbau geprägt. Die Keuperberge haben Höhen von bis zu 475 mNN im Stromberg, 450 bis 530 mNN im Stuttgart-Sindelfinger Raum
und 500 bis fast 600 mNN im Mainharter Wald und im Welzheimer Wald. Nach Westen zum Nordschwarzwald hin steigen
die Muschelkalk- und Buntsandsteinflächen auf über 500 bis 600 mNN an. Das Neckarbecken liegt im Süden bei über 300
mNN und fällt nach Norden auf etwa 160 mNN bei Heilbronn ab. Das Neckartal ist zwischen 250 mNN bei Plochingen und
150 mNN bei Heilbronn eingeschnitten. Die höchste topographische Erhebung in Ludwigsburg ist der Lemberg, ein sogenannter Zeugenberg am Ostrand der Gemarkung mit 365,1 mNN. Der tiefste Punkt liegt im Gewann Hofwiesen und Krautwiesen im Neckartal am Nordrand der Gemarkung bei ca. 195,8 mNN. Der Neckarwasserspiegel liegt an der Anlegestelle Hoheneck bei 196,2 mNN. Die Höhe des Marktplatzes von Ludwigsburg liegt bei ca. 292,0 mNN und der Salonwald ist mit 327,8
mNN die höchste Erhebung im Stadtgebiet. Im Raum Ludwigsburg fallen in Jahresdurchschnitt 750 mm Niederschläge mit
einer Schwankungsbreite von 500 mm bis 1100 mm. Die Jahresdurchschnittstemperaturen liegen zwischen 9,2 und 12,0 °C
an einer Messstelle außerhalb der Stadt, 200 m südlich des Salonwaldes.
Heilbronn
Sulm
Brettach
Heilbronner
Berge
0
8 km
Neckar
SchozachHügelland
Bottwar
Kirchbach
Metter
Nord
Löwensteiner
Berge
Schozach
Zaber
Mainhardter
Wald
Lauter
Besigheim
Murr
Vaihingen/E.
Mühlacker
Strombergvorland
Metterplatte
Bietigheim/B.
Marbach
Backnang
Grenzbach
EnzGrenzbachHeckengäu
GlemsStrudelbachPlatte
Strudelbach
Hagenschieß
Glems
Enz
Buchenbach
Ludwigsburg
Langes
Winnenden
In den
Berglen
Feld
Waiblingen
Feuerbach
Leonberg
Schmidener
Feld
Rems
Schorndorf
Rankbach
Esslingen
Weil der Stadt
Würm
Sindelfingen
Böblingen
Schwippe
Zeugenberge
Abb. 1: Naturräumliche Gliederung im mittleren Neckarraum.
Fils
Körsch
5
Heilbronn
HM
Sulm
Brettach
Nord
Kraichbach
LM
Schozach
Neckar
Zaber
StM
Bretten
0
8 km
HhS
Kirchbach
Lauter
Bottwar
NJF
Besigheim
Metter
PM
Murr
Bietigheim/B.
Vaihingen/E.
Backnang
Marbach
SFS
Mühlacker
Enz
Buchenbach
Schnittlage
Würm
Ludwigsburg
Glems
Grenzbach
Strudelbach
Pforzheim
Winnenden
Feuerbach
Leonberg
Waiblingen
Schorndorf
RB
Stuttgart
Rems
B. Liebenzell
LB
Rankbach
Esslingen
Nagold
Weil der Stadt
KM
HS
Schwippe
Calw
FG
SB
Ostrand Schwarzwald
Gäulandschaft, Neckarbecken
FG
SM
Keuperbergland
Reste von Gipskeuper
Lettenkeuper
Buntsandstein
Fils
Körsch
Sindelfingen
Böblingen
Filderebene und Albvorland
Reste von Frühem Jura
Sandstein-/ Mergelkeuper,
Schilfsandstein
Gipskeuper-Hangfuß und
vorgelagertes Gipskeuper-Hügelland
Oberer Muschelkalk
Mtl. und Unt.. Muschelkalk
Mittlerer und ,
Früher Jura
Miozäner Vulkanschlot
(Basalttuff)
Zeugenberge mit Sockel aus Gipskeuper und Kappe aus Schilfsandstein
Wichtige tektonische Strukturen (Schichtlagerung, Schichtversatz): Sindelfinger Brüche (SB), Leonberger Brüche (LB), Hölzertal-Sattel (HS), Fildergraben
(FG), Sulzbach-Mulde (SM), Körsch-Mulde (KM), Remstal-Brüche (RB), Schwäbisch-Fränkischer-Sattel (SFS), Neckar-Jagst-Furche (NJF), Pleidelsheimer
Mulde (PM), Hessigheimer Sattel (HhS), Stromberg-Mulde (StM), Löwensteiner Mulde (LM). Heilbronner Mulde (HM).
Abb. 1a: Geologische Grundschichten im mittleren Neckarraum.
Die Karte zeigt die geologischen Grundschichten von Buntsandstein bis Jura ohne die jüngeren Deckschichten aus Löss-, Schutt- und Auensedimenten.
Die Grenzen der Grundschichten sind oft unter den Deckschichten verborgen. Daher können Abweichungen vorkommen.
W
E/NW
SE/N
S
Albvorland
Schwäbische Alb
mNN
800
mNN
800
Schwarzwald
600
Nagold
Heckengäu und Strohgäu
Würm
Keuperbergland
Filderebene
Erms
600
Strudelbach
Stuttgart
Brauner
Jura
Körsch
Neckar
Glems
400
Weißer
Jura
Nesenbach
400
Schwarzer Jura
200
Gipskeuper
Schilfsandstein
0
Grundgebirge: Gneise und Granite
Oberer Muschelkalk
Mittlerer- und
Unterer Muschelkalk
Buntsandstein
Perm (Zechstein)
Stubensandstein
Bunte Mergel
mit Kieselsandstein
Rhätsandstein
Knollenmergel
Lettenkeuper
Vulkanschlote
Abb. 2: Bau des Schichtstufenlandes vom Nordschwarzwald bis zur Schwäbischen Alb.
Der schematische und überhöhte Profilschnitt zeigt die Lage und die Neigung der sedimentären Grundschichten aus den Zeitperioden von Perm, Trias
(Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper) und Jura. Die Abb. 1a und 2 veranschaulichen dreidimensional den Bau des Schichtstufenlandes.
Punktiert = Sandstein
200
0
6
Seit der Frühzeit ihrer Entwicklung haben die Hominiden, die direkten Vorfahren des Menschen und der Mensch, Werkzeuge
aus Stein hergestellt. Gemahlene farbige Gesteine wurden für Felsmalerei und für Körperbemalung verwendet. Gefäße
und Hütten wurden aus Ton und Lehm gebaut. Stonehenge, die Pyramiden und andere Kult- und Kulturstätten wurden aus
Stein errichtet. Während der Jungsteinzeit wurden Kupfer und Zinn (Bronze) und später Eisen und weitere Metalle aus Gesteinen erschmolzen und zu Werkzeugen, Schmuck, Gefäßen, Waffen und in Bauwerken verarbeitet. Die ersten größeren
Ansiedlungen des Menschen wurden oft dort gegründet, wo Wasser und Metalle in ausreichender Menge zur Verfügung
standen. Mit Kohle, Erdöl, Erdgas und mit Uran kam die Industrialisierung in Schwung. Die komplexer werdenden Bauwerke, Brücken und Tunnels erfordern detaillierte Kenntnisse von Geologie, Boden- und Felsmechanik. Die Schätze der Erde wurden für den Menschen von großer Bedeutung, und die Kenntnisse über Vorkommen, Gewinnung, Eigenschaften und Anwendung wurden zwischen den Generationen weitergegeben und fortentwickelt. Mit der stark zunehmenden Bedeutung von
Kohle und Erzen für die Metallverhüttung und für Dampfmaschinen und Eisenbahnen im 19. Jahrhundert sind die Geowissenschaften mit den Fachgebieten Geologie und Paläontologie, Geographie, Mineralogie, Geophysik, Geodäsie, Meteorologie und
Bodenkunde entstanden.
Die Geologie (gr. gé = Erde, logos = Lehre) ist die Wissenschaft vom Bau und der Entstehungsgeschichte der Erde. Zur Rekonstruktion der Erdgeschichte sind genaue Kenntnisse der unterschiedlichen Gesteine, ihrer Entstehung und Zusammensetzung,
ihrer Entwicklung im Laufe der Jahrmillionen und ihrer physikalischen und chemischen Eigenschaften erforderlich. Durch Studium, Analyse und Kartierung der Art der Gesteine (Petrographie) und ihrer Lagerungsverhältnisse und Entstehungsbedingungen (Stratigraphie, Tektonik, Paläoklimatologie), durch die Erforschung und Klassifizierung der fossilen Lebewelt in den Gesteinsschichten (Paläontologie) und mit chemischen und physikalischen Methoden (Geochemie, Geophysik, Radiometrie) kann
eine Systematik und Altersdatierung der Gesteine der oberen Erdkruste vorgenommen werden. Mineralogische, geophysikalische, geographische und kartographische Untersuchungen ergänzen die Geologie und führen zu unserem heutigen Bild von
der Entstehung und Entwicklung der Erde, des Klimas und der Lebewelt.
Die geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse auf der Gemarkung Ludwigsburg sind gut untersucht und auf 4 Kartenblättern mit Erläuterungen der Geologischen Karte von Baden-Württemberg 1 : 25 000 (GK 25) des Landesamtes für Geologie
Rohstoffe und Bergbau (LGRB-BW, Freiburg) dargestellt:
- Blatt 7020 Bietigheim-Bissingen
- Blatt 7021 Marbach am Neckar
- Blatt 7120 Stuttgart Nord-West
- Blatt 7121 Stuttgart Nord-Ost
Eine umfassende Übersicht zur Geologie von Ludwigsburg und Stuttgart zeigt die Geologische Karte 1 : 50 000 (GK 50) Blatt
Stuttgart und Umgebung mit Erläuterungen. H. Brunner. 6. Auflage. LGRB-BW, Freiburg, 1998.
Weiterreichende und überregionale Details zu Schichtfolge und Schichtaufbau, Tektonik, Fossilien, Hydrogeologie, Rohstoffe,
Böden und Baugrund können bei O.F. GEYER & M.P. GWINNER 2011: Geologie von Baden-Württemberg, 5. Auflage und bei
M.P. GWINNER & K. HINKELBEIN 1976: Stuttgart und Umgebung, Sammlung Geologische Führer, Bd. 61 nachgelesen werden.
Die Baugrundkarte der Stadt Ludwigsburg mit Erläuterungen, 2017, 3. Auflage kann dort beim Fachbereich Tiefbau und Grünflächen eingesehen werden.
Einen guten Überblick zu Landschaften und Natur im Landkreis Ludwigsburg gibt das Buch Naturkundliche Wanderungen im
Kreis Ludwigsburg von H. GREB, 1993, 4. Auflage.
Auf der Gemarkung Ludwigsburg liegen an der Erdoberfläche die jungen und relativ weichen Deckschichten aus dem jüngsten
Erdzeitalter des Quartärs diskordant über den wesentlich älteren und festeren Grundschichten aus der Zeit der Trias. Die quartären Sedimente wurden während der letzten Würm-Kaltzeit vor 115.000 - 12.000 Jahren und z.T. während der vorangegangenen
Riß-Kaltzeit abgelagert. Sie bestehen aus 0,5 m bis über 10 m mächtigen Lösssedimenten, Verwitterungsbildungen, Frostmischböden und Schutt- und Talsedimenten. Darunter liegen die hier insgesamt etwa 660 Meter mächtigen Gesteine des Gipskeupers,
des Lettenkeupers, des Muschelkalks, des Buntsandsteins und des Perms. Diese Sedimente wurden vor etwa 290 - 220 Mio.
Jahren in den Zeitperioden von Perm und Trias im großen Germanischen Sedimentbecken abgelagert, das teils vom Meer überflutet und teils mit Tieflandebenen bedeckt war. Diese Sedimente haben sich im Laufe langer Zeiträume zu felsartigen Gesteinen
verfestigt. Die Gesteine des Oberen Muschelkalks sind im Neckartal als breit aufgeschlossene und stark geklüftete Felsbänder an
den Prallhängen des Flusses zu sehen. Sie bilden zusammen mit den überlagernden und teils stark erodierten Gesteinen des
Lettenkeupers und zum Teil des Gipskeupers die Unterlage der Gäuebene. Am Ostrand der Gemarkung trägt die Kuppe des
7
Lembergs eine dünne Bedeckung aus Schilfsandstein, der hier der Rest einer ehemals weitflächig verbreiteten und heute erodierten Sandsteinschicht ist. Dieser "Zeugenberg" ist aufgrund einer tektonischen Tieferlegung der Gesteinsschichten durch Reliefumkehr entstanden. Die jüngeren Trias-Schichten und die Schichten aus der Jura-Zeit wurden im Raum Ludwigsburg in den
vergangenen 145 Mio. Jahren abgetragen. Die Grundschichten der Trias- und der Jura-Zeit haben in Baden-Württemberg großräumig eine flachwellige Neigung nach Südosten. Zum Schwarzwald hin steigt diese Schichtneigung an. Örtlich gibt es aber
Schichtverbiegungen als Mulden- und Sattelstrukturen und Schichtverwerfungen als Graben- und Horststrukturen mit Sprunghöhen von wenigen Metern bis über 100 m.
2. Geologischer Bau und Erdgeschichte von Baden-Württemberg
Während der mehr als 4 Milliarden Jahre alten Erdgeschichte kam es in und auf der Erdkruste zu großen Strukturveränderungen. Die Urerde
ist kurz nach ihrer Entstehung mit einem etwas kleineren Planeten kollidiert und mit diesem verschmolzen. Aus den ins All geschleuderten
Trümmern hat sich der Mond gebildet, der die Erdachse stabilisiert und mit seiner Gezeitenwirkung maßgeblich zur Entstehung des Lebens
beigetragen hat. Nach dem Abkühlen der anfangs flüssigen Erdkruste bildeten sich feste Landmassen und durch Vulkanausbrüche und
Meteoriteneinschläge kamen große Wassermengen in die Atmosphäre, aus denen Meere entstanden. Die ersten Kontinente sind auf dem
zähplastischen Erdmantel auseinander und wieder zusammengedriftet. Durch Kontinentalkollisionen wurden Gebirge aufgefaltet und durch
Erosion wieder abgetragen. Vulkanausbrüche gestalteten Landschaften und hatten ebenso wie Meteoriteneinschläge und Eiszeiten weitreichende Auswirkungen auf die Landschaftsbildung, auf das Klima und auf die Lebewelt. Aber auch das Leben selbst nimmt Einfluss auf die
geologischen, morphologischen und klimatischen Abläufe. Neue Forschungen zeigen, dass Mikroorganismen in der Erdkruste bis in einige
Tausend Meter Tiefe nachgewiesen werden können, ebenso in der Atmosphäre in einigen Tausend Metern Höhe. Die Entstehung vieler
Minerale wird mit dem Einfluss von Mikroorganismen in Verbindung gebracht. Die britischen Wissenschaftler James Lovelock und Lynn
Margqulis haben in ihren Arbeiten zur Auswirkung des Lebens auf das Klima der Erde auf diese Zusammenhänge hingewiesen und vertreten
die Ansicht, dass die Lebewelt in ihrer ganzen Komplexität und Vielfalt entscheidenden Einfluss auf das Klima und wahrscheinlich auch auf
einige geologische Vorgänge nimmt (Gaia-Theorie). Lovelock und Margqulis gehen soweit, die Erde als eine Art Superorganismus zu betrachten. Die Lebewelt reagiert nicht nur mit Anpassung, sondern viel flexibler auf äußere Gegebenheiten und kann das Klima und damit auch die
Landschaftsgestaltung durch Reaktionen der biologischen Regelmechanismen mit beeinflussen. Sollte diese These zutreffen, hätten wir es
auf der Erde mit weit komplexeren Mechanismen und Interaktionen zwischen Lebewelt, Klima und Landschaftsentwicklung zu tun, als es
bisher für möglich gehalten wurde. Die dynamischen Vorgänge und Veränderungen innerhalb der Erdkruste halten an und werden auch in
Zukunft die Erde gestalten und verändern. Sie sind für die Entstehung der Gesteine, für die Formung der Landschaften und auch für die
Entwicklung der Lebewelt auf der Erde von großer Bedeutung. Während die Strukturen und Ablagerungen der ersten Jahrmilliarden der
Erdgeschichte heute nur noch an wenigen Stellen fragmentarisch zu sehen sind und nur ein gröberes Bild der damaligen Zeiten rekonstruieren lassen, sind die Zeugnisse der letzten 600 Millionen Jahre zu Geologie, Klima und Lebewelt oft besser erhalten und gut rekonstruierbar.
2.1 Krustenbewegung und Landschaftsbild
Der Aufbau der Erde gliedert sich in Erdkern, Erdmantel und
Erdkruste (Abb. 3). Die zwischen 5 und 80 km mächtige
ser Neubildung von Meeresboden driften die Platten langsam
auseinander. Es bildeten sich weltumspannende Bruchsys-
Erdkruste aus leichten, silikatischen Gesteinen ist in 7 Groß-
teme, die ozeanischen Riftsysteme mit mächtigen mittelozea-
platten und mehrere kleine Platten unterteilt (Abb. 3a). Diese
nischen Gebirgsrücken. Im Bereich dieser ozeanischen Rift-
"schwimmen" auf dem schwereren Magma des Erdmantels
systeme hat sich tief am Meeresgrund im Umfeld der oft sehr
heißen vulkanischen Aktivitäten eine reiche Lebewelt entwi-
und sind, angetrieben durch konvektive Fließbewegungen des
etwa 1000 - 3000 °C heißen und zähplastischen Magmas
ckelt, die ihre Energie unabhängig von der Sonne aus chemi-
ständig in langsamer vertikaler und horizontaler Bewegung.
schen Prozessen gewinnt. Beim Auseinanderdriften kontinen-
Die Vertikalbewegungen der Platten liegen bei wenigen mm
taler Platten entstehen kontinentale Riftsysteme wie das ostaf-
pro Jahr, die Horizontalbewegungen liegen bei bis zu 16 cm
pro Jahr. Bei der Kollision der Platten werden die dünnen
rikanische Grabensystem und das Rote Meer. Innerhalb der
Platten bilden sich oft große Bruchstrukturen, wie z.B. das
aber schwereren ozeanischen Krustenplatten unter die dicke-
"Europäische Känozoische Riftsystem" mit Rhonegraben, Bres-
ren aber leichteren Kontinentalplatten in den Erdmantel versenkt (Subduktion). Hier kommt es oft zur Bildung von Tief-
segraben, Oberrheingraben und Niederrheingraben. Oft
seegräben, Inselketten und Gebirgen mit Vulkanen, wie z.B.
gen der Erdkruste. In die so entstandenen Gräben und Becken dringen Flüsse oder das Meer ein und es bilden sich
Japan und die Anden. Bei der Kollision von Kontinenten
kommt es ebenfalls zur Gebirgsbildung wie z.B. Alpen und
Himalaya. Entlang der Plattengrenzen in den Ozeanen kommt
es zu Rissen im Meeresboden und es tritt Lava aus. Mit die-
kommt es auch zu weiträumigen Hebungen oder Absenkun-
über lange Zeiträume mächtige Sedimentablagerungen, die
von den umgebenden Festlandsgebieten abgetragen und
abgeschwemmt werden. Diese Sedimente werden mit der Zeit
8
entwässert, kompaktiert und zu geschichteten Gesteinspake-
Die Landmasse der Erde waren zu dieser Zeit zum Großkonti-
ten verfestigt. Nach tektonischer Hebung und Trockenfallen
nent "Pangäa" vereinigt, und sind dann im Laufe der vergan-
dieser Gebiete, verursacht durch Plattenbewegungen und
genen 200 Millionen Jahre zu den heutigen Kontinenten
Gebirgsbildungen, werden die abgelagerten Gesteine durch
die Erosion von Wasser, Eis und Wind wieder abgetragen
auseinander gedriftet (Abb. 3a). Das Germanische Becken
erstreckte sich von England und von Skandinavien bis nach
(Kreislauf der Gesteine, Abb. 27). Im kleinräumigen Maßstab
Polen, Süddeutschland und nach Burgund (Abb. 6). Im Laufe
kommt es innerhalb der Erdkrustenplatten zur Bildung von
Schichtverbiegungen, die als Mulden- und Sattelstrukturen
der Zeit wurden hier die oft über 2000 m mächtigen Sedi-
bezeichnet werden und zu horizontalen und vertikalen
telalter) in den Zeitabschnitten von Trias, Jura und Kreide
abgelagert. Gegen Ende der Jura-Zeit vor 145 – 140 Millionen
Schichtversetzungen, die als Verwerfungen bezeichnet wer-
mentschichten des Mesozoikums (mittleres Leben -> Erdmit-
den. Diese sind oft als Graben- und Horststrukturen angelegt
Jahren wurden Teile dieses Beckens in Süddeutschland über
(Abb. 4). Diese dynamischen Bewegungsvorgänge innerhalb
der Erdkruste werden unter dem Begriff "Tektonik" (= die
Baukunst betreffend) zusammengefasst. Sie haben im Zu-
den Meeresspiegel herausgehoben und unser Land ist seitdem Abtragungsgebiet. Durch die stärkere Heraushebung von
sammenwirken mit der Verwitterung und der Abtragung der
ogen-Zeit vor etwa 35 Millionen Jahren zum Einbrechen des
Gesteine maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung von Flusssystemen und Landschaften. Das Zusammenspiel dieser
Oberrheingrabens und zur Verkippung der ursprünglich horizontal abgelagerten Sedimentschichten nach Südosten. In-
Kräfte führte gegen Ende der erdgeschichtlichen Zeitära des
nerhalb der europäischen Erdkrustenplatte ist durch tektoni-
Paläozoikums ("älteres Leben" -> Erdaltertum) vor etwa 255
sche Vorgänge schließlich die "Süddeutschen Scholle" entstanden, die weite Bereiche von Baden-Württemberg und
Millionen Jahren im Raum des heutigen Mitteleuropa zur
Bildung des so genannten "Germanischen Beckens" als flache
Vogesen, Schwarzwald und Odenwald kam es in der Palä-
Bayern umfasst (Abb. 4).
Einsenkung und Randmeer des großen "Tethys-Ozeans".
1500 – 800 °C
- 28 GPa
3000 - 1500 °C
- 146 GPa
6000 - 3000 °C
- 365 GPa
Abb.3: Der Schalenbau der Erde.
Die, relativ starren und leichten Platten der Erdkruste "schwimmen" auf den zähplastischen und schwereren Gesteinen des Erdmantels und werden
durch sehr langsame Konvektionsströmungen im heißen Erdmantel bewegt. Der Erdkern besteht aus Eisen mit Nickel mit Spuren anderer Metalle. Der
äußere Kern ist flüssig, der innere Kern ist aufgrund des hohen Drucks fest. Die Strömungen im flüssigen Kern erzeugen das Erdmagnetfeld, das die
Erdoberfläche mit ihrer Lebewelt von den schädlichen Strahlungen der Sonne und aus dem Weltall abschirmt. Die hohen Temperaturen im Erdinneren stammen noch aus dem Bildungsprozess des Planeten und werden durch den Zerfall von radioaktiven Isotopen der Elemente Uran, Thorium und
Kalium stabil gehalten. Die Erde besteht zu 90 % aus den Elementen Eisen, Sauerstoff, Silizium und Magnesium. In den Mineralstrukturen von
Erdkruste und Erdmantel sind auch große Mengen an Wasser eingeschlossen, die bei plattentektonischen und vulkanischen Vorgängen eine große
Rolle spielen.
9
1) Perm bis Trias
vor ca. 70 Ma
(Meerestransgression)
Gondwana ist zerfallen
Atlantik
Pangäa
Panthalassa
3) Späte Kreide
Nordmeer
vor 299 - 201 Ma
Pangäa ist entstanden
Alpidische Gebirgsbildung in der Paläogenund Neogen-Zeit
Neo-Tethys
Tethys
Pazifik
Cimmeria
Pazifik
Indik
Permo-Karbon-Vereisung
vor 300 Ma
2) Jura
polare Eiskappe
im Nordwinter
vor 201 - 145 Ma
Pangäa zerfällt
Laurentia
4) Die Erde
heute
Eurasia
Atlantik
Neo-Tethys
Pazifik
Indik
Gondwana
polare Eiskappe
im Südwinter
Abb. 3a: Plattentektonik und Kontinentaldrift - Die Wanderung der Kontinente.
Nach der Bildung der festen Erdkruste vor etwa 4 Milliarden Jahren sind einzelne Erdkrustenplatten, sogenannte Kratone entstanden. Diese begannen sich vor 3,5 Mia Jahren, angetrieben durch Konvektionsströmungen im heißen und plastischen Erdmantel gegeneinander zu bewegen und
tun das bis heute. Vor 2,6 Mia. Jahren, vor 1,8 Mia. Jahren und vor 1,1 Mia. Jahren haben sich die Kratone und die sich darauf entwickelnden
Kontinente zu den Großkontinenten "Ur", "Columbia" und "Rodinia" zusammengeschoben. Rodinia ist vor 750 Mio. Jahren wieder zerfallen.
Bild 1: In der Zeit von Devon bis Frühe Trias vor ca. 400 - 250 Mio. Jahren haben sich die einzelnen Kontinente wieder zu einem Großkontinent
zusammengeschoben, der "Pangäa" genannt wird und der von einem großen Meer -Panthalassa- umschlossen wurde. Bei diesen Kontinentalkollisionen kam es zur variscischen Gebirgsbildung während der Devon- und Karbon-Zeit, die hier gelb gestrichelt dargestellt ist. Die Klimabedingungen im Zentrum dieses Großkontinents waren sehr heiß und trocken, so dass sich das Leben bevorzugt an den tropisch-warmen Kontinentalrändern und im Meer entwickelt hat. Das Tethys-Meer ist ein Nebenmeer von Panthalassa, von dem später das heutige Mittelmeer als Restmeer
übrig geblieben ist. Die variscischen Hochgebirge wurden seit der Perm-Zeit abgetragen
Bild 2: Während der Zeit der Späten Trias wurde das Auseinanderbrechen von Pangäa in die Teilkontinente Laurasia und Gondwana durch das
Öffnen von Spalten und durch die Förderung von Lava eingeleitet. Der Atlantik ist entstanden.
Bild 3: In der Zeit der Späten Kreide vor 70 Ma hat sich nach dem Nordatlantik auch der Südatlantik geöffnet und verbreitert. Indien hat sich von
Afrika gelöst und ist unter der Bildung des Himalaja-Gebirges mit Asien kollidiert. Die afrikanische Platte ist mit der europäischen Platte kollidiert,
und die überwiegend im Tethys-Meer abgelagerten, mächtigen Gesteinsserien haben sich zu den Alpen aufgefaltet und überschoben.
Bild 4 zeigt die heutige Situation mit den Plattengrenzen - punktiert - und mit den jungen alpidischen Gebirgen - gelb punktiert. Die Pfeile zeigen
die Plattenbewegungen. Die Lage von Mitteleuropa ist rot umrandet. In den kommenden Millionen Jahren werden die Kontinente weiter auseinanderdriften. Durch die weitere Nordwanderung der afrikanischen Platte mit bis zu 6 mm/Jahr gegen die europäische Platte wird das Mittelmeer
verschwinden und es wird ein weiteres großes Gebirge am Südrand der Alpen entstehen. Australien wird mit Südostasien kollidieren und Südamerika vereinigt sich mit Nordamerika, wobei das Karibische Meer verschwindet. In etwa 250 Mio. Jahren entsteht so vermutlich wieder ein Großkontinent.
10
Die intervallartige tektonische Hebung von Süddeutschland ab
ein, als in den mittleren und nördlichen Landesteilen. Das
der Kreide-Zeit führte zur verstärkten Abtragung der Gesteine
führte in Verbindung mit der unterschiedlichen Abtragungsgeschwindigkeit der unterschiedlich widerstandsfähigen und
und zum Einschneiden der Flusssysteme von Ur-Rhein und
Ur-Donau durch rückschreitende Erosion. Im Bereich der
wasserdurchlässigen Sedimentgesteine zur Bildung eines
Hochgebiete von Schwarzwald und Odenwald wurden die
Schichtstufenlandes mit einer asymmetrischen Auffächerung
Sedimentschichten so weit abgetragen, dass die Gneise und
der Schichtstufen nach Nordosten. Dieses Zusammenspiel
Granite des alten Grundgebirges wieder zutage treten. Die
starke Hebung von Schwarzwald und Odenwald führte ab der
von Hebung und Schrägstellung durch Krustenbewegungen
mit der Abtragung der Gesteinsschichten durch Bäche und
Kreide-Zeit auch zur flachen Einkippung der ehemals weitge-
Flüsse hat im Laufe der Jahrmillionen das "Schwäbisch-
hend horizontal abgelagerten Sedimentschichten nach Südos-
Fränkische Schichtstufenland" mit seinen Verebnungsflächen
und Steilstufen geschaffen, das sich vom Klettgau bis zur
ten. Wegen der noch stärkeren Hebung des Südschwarzwaldes fallen die Schichten dieses Tafeldeckgebirges dort steiler
Rhön erstreckt (Abb. 7 und 8).
Abb. 4: Die tektonischen Strukturen in Süddeutschland.
eBecken
Ludwigsburg
Grafik ergänzt aus: C. Stier, H. Behmel & U. Schollenberger (1989): Wüsten, Meere und Vulkane, Baden-Württemberg in Bildern aus der Erdgeschichte. Peter Grohmann, Stuttgart. Nach O.F.
Geyer & M.P. Gwinner (1991) und W. Carlè (1950).
Fast ganz Baden-Württemberg und weite Teile von Bayern liegen
im Bereich eines Erdkrustenteils, der "Süddeutschen Scholle"
genannt wird (im Bild grün). Diese bildet ein Dreieck zwischen
Oberrheingraben, Alpen, Böhmischer Scholle, Sächsischer
Scholle, Soling Scholle und Rheinischem Schiefergebirge. Der
nordwärts gerichtete Druck der afrikanischen Kontinentalplatte,
der auch für die Auffaltung der Alpen verantwortlich ist, und der
südostwärts gerichtete Druck der Mittelatlantischen Schwelle
zerscherte die Europäische Kontinentalplatte in zahlreiche Brüche und Gräben. "Das setzte die gesamte süddeutsche Lithosphäre unter Spannung und führte zu einer Aufwölbung der
Erdkruste um 1000 m und im Südschwarzwald um bis zu 2000
m. Die Süddeutsch Scholle riss am Oberrheingraben von Westeuropa ab und wurde seither wie ein Keil nordwärts in die mitteleuropäische Kruste vorgetrieben" (Zitat aus Geyer/Gwinner, Geologie von Baden-Württemberg, 2012, 5. Auflage, Seite 294.) Das
Schollenmosaik der Süddeutschen Scholle ist in fraktaler Hierarchie vom Satellitenbild bis zur mikroskopischen Probe erkennbar.
Der tektonische Bau, also Brüche und Gräben, Mulden und
Sättel, Gewölbe, Falten, Abschiebungen und Aufschiebungen
und auch die Gesteinsklüfte haben maßgeblichen Einfluss auf die
Verwitterung und Abtragung und damit auch auf die Richtung
der Flüsse und letztlich auf das Gesicht der Landschaft.
Das kleine Bild rechts oben zeigt die Spannungsverhältnisse in
Mitteleuropa und den linksseitigen Versatz um ca. 30 km am
Oberrheingraben. Die weißen Pfeile zeigen die Einspannung der
Krustenteile (Blöcke) zwischen der afrikanischen Platte mit den
Alpen und dem nordeuropäischen Plattenteil. Der schwarze Pfeil
deutet die Bewegung als Reaktion darauf an. Die Erdbebengebiete sind schraffiert. Die Bewegungen der Erdkruste sind auch
heute noch aktiv. Im Südschwarzwald werden Hebungen von 0,1
mm pro Jahr gemessen und die Alpen heben sich mit ca. 0,3 1,8 mm pro Jahr
über 1000 m/Mio. Jahre. Die Afrikanische
Platte schiebt sich mit bis zu 6 mm/Jahr nach Norden gegen die
Europäische Platte (Abb. 4a).
Abb.4a: Geologischer Tiefenschnitt
Südwestdeutschland - Alpen - Norditalien.
Afrikanische
Platte
50
Europäische Platte
Der nicht überhöhte Nord-Süd-Schnitt zeigt das
Abtauchen der Europäischen Erdkrustenplatte unter
die Afrikanische Platte im Bereich der Südalpen.
Grafik ergänzt aus O.F. Geyer & M.P. Gwinner (2012):
Geologie von Baden-Württemberg, 5. Aufl., Schweizerbart,
Stuttgart.
11
2.2 Der Aufbau des Untergrundes
Der Geologe nennt den inneren Bau des Untergrundes "Gebirge", auch wenn kein Bergland im geographischen Sinne aufragt. Im oberen
Bereich der Erdkruste sind in Baden-Württemberg zwei übereinander liegende geologische Baueinheiten zu unterscheiden: Das ältere "kris-
talline Grundgebirge" (Grundgebirgssockel) und das jüngere "sedimentäre Deckgebirge" (Sedimenthülle). Das Grundgebirge bildet den Sockel
unseres Landes und wurde im Schwarzwald und im Odenwald tektonisch um 1000 - 2000 m emporgehoben. Wegen der dadurch stark
beschleunigten Abtragung der Sedimenthülle wurde das Gneis- und Granit-Grundgebirge dort freigelegt und es haben sich kuppige Waldund Bergwiesenlandschaften mit tief eingeschnittenen Tälern entwickelt. Im Bereich des östlich anschließenden Tafeldeckgebirges mit seinen unterschiedlich harten und unterschiedlich erosionsbeständigen Sedimentgesteinen hat sich eine teils landwirtschaftlich genutzte und
teils bewaldete Schichtstufenlandschaft entwickelt. Das mit Sedimenten aus den Kaltzeiten überprägte Molassebecken in Oberschwaben ist
eine Akkumulationslandschaft mit einem bis zu 5000 m tiefen Becken, das mit dem Abtragungsschutt der Alpen aufgefüllt wurde (Abb. 9).
2.2.1 Grundgebirge
Die Gneise und Granite unter der Sedimenthülle werden als
bis auf über 800 °C erhitzt und hohen gerichteten Drücken
Grundgebirge bezeichnet. Es handelt sich um sogenannte
mit bis zu 1,4 GPa ausgesetzt. Durch diese Beanspruchun-
Kristallingesteine, bei denen sich die Minerale bei der Gesteinsentstehung in großer Tiefe durch langsame Kristallisati-
gen haben sich andere Mineralgefüge gebildet (Rekristallisation), oder es sind vollkommen neue temperatur- und druck-
on aus einer Gesteinsschmelze oder durch Umkristallisation
stabile Minerale entstanden. Alle vorhergehenden Gesteins-
bei der Gesteinsmetamorphose (Umwandlung) gebildet ha-
strukturen und Fossilien wurden dabei zerstört. Es kam aber
ben. Diese Minerale sind im Gestein oft gut sichtbar, im
Gegensatz zu den oft sehr kleinen Mineralen der Sediment-
nicht zur vollkommenen Gesteinsaufschmelzung. Metamorphe Gesteine sind oft an ihrer Schieferstruktur zu erkennen,
gesteine, die durch Verwitterung und Abtragung zersetzt und
die durch einseitig gerichteten Druck und durch die hohen
zerrieben wurden oder sekundär neu entstanden sind. In
Baden-Württemberg sind die Grundgebirgsgesteine die Reste
Temperaturen entstanden ist. Die Granite werden als plutonisch-magmatische Gesteine (Tiefengesteine, Erstarrungsge-
eines durch die Abtragung eingeebneten ehemaligen Falten-
steine, Intrusionsgesteine) bezeichnet. Sie sind in Süd-
gebirges. Dieses "Variszische Gebirge" bildete in der Zeit des
deutschland während der variszischen Gebirgsbildung in
Paläozoikums vor 400 bis 300 Millionen Jahren über weite
Bereiche des heutigen Nordamerika, Europa und Asien einen
Bereichen von tektonischen Schwächezonen in glutflüssigem
Zustand aus großer Tiefe aufgestiegen. Dabei haben sie die
Hochgebirgsgürtel, ähnlich wie heute die Alpen. Bei der
älteren Gneise durchschmolzen und sind dann noch inner-
Abtragung dieses Gebirges vor etwa 250 - 300 Millionen
halb der Erdkruste unter hohem, allseitigem Druck langsam
Jahren sind die in der Tiefe liegenden Kristallingesteine an
vielen Stellen freigelegt worden. In Baden-Württemberg be-
zu grobkristallinen Festgesteinen mit einem richtungslos
körnigen Mineralgefüge erstarrt (Abb. 7). Durch Hebung,
steht dieses Grundgebirge zu 2/3 aus Gneisen und zu 1/3
Gebirgsbildung, Verwitterung und Abtragung kommen die
aus Graniten. Die Gneise sind metamorphe Gesteine, die
durch die Umwandlung älterer Sedimentgesteine und Mag-
Gneise und die Granit-Plutone mit der Zeit an die Erdoberfläche und bilden charakteristische Gebirgslandschaften, wie
matite entstanden sind. Diese Ausgangsgesteine wurden in
z.B. im Rheinischen Schiefergebirge, Bayerischen Wald,
Süddeutschland durch tektonische Vorgänge in 10 bis über
Odenwald, Schwarzwald und in Teilen der weltweiten Mittel-
30 Kilometer Tiefe versenkt, auf 500 °C und stellenweise
und Hochgebirge.
2.2.2 Deckgebirge
Vor ca. 280 Mio. Jahren war das an der Oberfläche anstehende "kristallinen Grundgebirge" in Baden-Württemberg durch Erosion flachwellig
eingeebnet. Im sich dann bildenden Germanischen Becken wurden nun bis zum Beginn der Kreide-Zeit vor 145 Mio. Jahren über 2000 m
mächtige Sedimente abgelagert. Diese Sedimenthülle wird als "Deckgebirge" bezeichnet. Das Grundgebirge und die oft verfestigten und felsartigen Sedimente des Tafeldeckgebirges bis zum Ende der Neogen-Zeit werden als "Grundschichten" bezeichnet. Darüber liegen die meistens
locker gelagerten Sedimente aus der Quartär-Zeit vor 2,6 Mio. Jahren bis heute, die als "Deckschichten" bezeichnet werden.
Die Einteilung von Grundgebirge und Deckgebirge in Süddeutschland
•
Quartär -> Holozän und Pleistozän
•
Paläogen und Neogen, in Ludwigsburg nicht
abgelagert
Kreide, in Bad.-Württ. nur vereinzelt abgelagert
Jura, in Ludwigsburg abgetragen
Trias -> Keuper, Muschelkalk, Buntsandstein
Perm, Karbon, Devon, in Bad.-Württemberg
stellenweise abgelagert und erhalten
Gneise und Granite des Grundgebirges
•
•
•
•
•
DECKGEBIRGE
(Sedimenthülle)
Sedimentgesteine, schwach
metamorphe Sedimentgesteine
und vulkanische Gesteine
DECKSCHICHTEN
Lockergesteine und verfestigte
Schotter des Quartärs,
umgelagerte Grundschichten,
bis 2,6 Mio. Jahre alt
GRUNDSCHICHTEN
GRUNDGEBIRGE
(Sockel, Basement)
Metamorphe und plutonische
Kristallingesteine
überwiegend Festgesteine
und Halbfestgesteine,
älter als 2,6 Mio. Jahre
12
Sedimentäre Grundschichten
Während der langsamen und schubweisen Einsenkung des
Mesozoikums werden in die Zeitperioden Trias (Buntsand-
Germanischen Beckens in der Zeit des Mesozoikums kam es
über einen Zeitraum von etwa 140 Mio. Jahren zur Ablage-
stein, Muschelkalk, Keuper), Jura und Kreide untergliedert
rung von stellenweise über 2.000 m mächtigen Sediment-
"Germanische Trias" bezeichnet, im Gegensatz zur "Alpinen
Trias", die im weiter südlich gelegenen und tieferen Meeres-
schichten, teils unter flacher Meeresbedeckung (marine bzw.
überwiegend chemische und chemisch-biogene Sedimente)
und teils unter dem Einfluss von Tiefland-Flusssystemen
(terrestrische, fluviatile, limnische, deltaische bzw. überwie-
(Abb. 5). Im außeralpinen Deutschland wird die Trias als
becken der Tethys abgelagert wurde. Am Übergang von der
Jura-Zeit zur Kreide-Zeit vor etwa 145 bis 140 Mio. Jahren
kam es in Süddeutschland zur einer stärkeren Heraushebung
gend klastische Sedimente - Abb. 7). Die Klimaverhältnisse
waren warm und trocken und oft wüstenhaft mit episodischen
der Erdkruste über den Meeresspiegel und damit zum Ende
Starkregenfällen und Sturzfluten (arides bis semiarides Kli-
der Kreide-Zeit sind hier der Abtragung zum Opfer gefallen.
In der Zeitära des Känozoikums ("jüngstes Leben" -> Erdneu-
ma). Die Ursache für dieses Klima war die langsame Wande-
der flächenhaften Sedimentation. Mögliche Ablagerungen aus
rung der europäischen Erdkrustenplatte seit dem Ende der
Karbon-Zeit aus der tropisch-feuchten Äquatorregion nach
ogen- und Neogen-Zeit (früher Tertiär-Zeit genannt) das Al-
Norden in die subtropische Wüstenzone (Abb. 3a). Die Ein-
penvorland der Schweiz, Oberschwabens und Bayerns abge-
senkung des Beckens wurde durch die Aufschüttung der
senkt. Ursache waren u.a. Massenausgleichsvorgänge im
Sedimente kompensiert, so dass die Sedimentationsoberfläche oft knapp über dem Meeresspiegel oder flach darunter
Zuge der alpinen Gebirgsbildung. In diesem "Nordalpinen
Molassebecken" wurde der Abtragungsschutt der rasch auf-
lag (Tiefland, Schelfmeer). Die weichen, feinkörnigen und
steigenden Alpen als bis über 5.000 m mächtige, sandig-
locker gelagerten Sedimente wurden mit der Zeit durch den
Prozess der "Diagenese" (Verdichtung) verfestigt. Die Sedi-
tonige, teils karbonatische und alpennah konglomeratische
Schichten, teils unter flacher Meeresbedeckung, in ausge-
mente wurden durch den Druck der überlagernden Schichten
dehnten Seen- und Flusslandschaften und durch mächtige
entwässert und kompaktiert. In den winzigen Zwischenräu-
kiesig-sandige Schichtfluten aus den Alpen heraus abgelagert
men der Sedimentkörner wurden durch Lösungsvorgänge
(Hochgrat-Schwemmfächer). Auch der einbrechende Ober-
und durch Umkristallisation und Sammelkristallisation neue
Kristalle gebildet (Kalk, Quarz, Tonminerale), die das Sedi-
rheingraben wurde in dieser Zeit vom Meer überflutet und mit
ment zu festem Gestein verkittet haben. Die Sedimente des
umgebenden und aufsteigenden Hochländern aufgefüllt.
zeit) hat sich vor 40 bis 5 Millionen Jahren während der Palä-
dem bis über 4.000 m mächtigem Abtragungsschutt aus den
Deckschichten
Gegen Ende der Neogen-Zeit ist das warme Erdklima aus
herrschte ein kaltes und trockenes Tundra- und Steppenkli-
unterschiedlichen Gründen kälter geworden. Während der
Zeitperiode des Quartärs vor 2,6 Mio. Jahre bis heute wurden
ma mit bis zu 100 m tiefem Permafrost und mit einem spärlichen Bewuchs mit Gräsern und Sträuchern. Auf dieser Land-
im "Pleistozän" (Eiszeitalter - "Das am meisten Neue") in ganz
oberfläche haben sich durch sommerliche Frost-Tau-Wechsel
Deutschland die vielfältigen Deckschichten-Sedimente der
und Verwitterungs-, Umlagerungs- und Fließvorgänge Frost-
Kaltzeiten und der dazwischen liegenden Warmzeiten auf den
wesentlich älteren und schon stark erodierten Grundschich-
mischböden, Frostschuttdecken, Fließerden und Schuttmassen gebildet. Darüber wurden in weiten Bereichen feinkörnige
ten diskordant abgelagert. In mindestens 8 Kaltzeiten (Glazia-
Lösssedimente durch Staubstürme herantransportiert und
le) von jeweils 100.000 bis 200.000 Jahren Dauer schoben
abgelagert. An den Talflanken lagerte sich lehmig-steiniger
Hangschutt ab. Die Kaltzeiten wurden von den 10.000 bis
sich mächtige Gletscher vom skandinavischen Schild nach
30.000 Jahre andauernden Warmzeiten (Interglaziale) unter-
Norddeutschland vor. In Oberschwaben und in Bayern traten
die Gletscher aus den Alpen ins Flachland und stellenweise
brochen. Im dann warmen und feuchteren Klima waren die
bis über die Donau heraus. Der Feldberg im Südschwarz-
kaltzeitlichen Ablagerungen besonders intensiv der Verwitte-
wald trug dann ebenfalls eine Eiskappe und die Hochlagen im
Nordschwarzwald waren mit zahlreichen kleinen Kar-
rung und Bodenbildung ausgesetzt und in den Flusstälern
wurden sandige Schotter mit Torflinsen und Auenlehme ab-
Gletschern bedeckt. Die Gletscher hinterließen nach jedem
gelagert. Diese kaltzeitlichen Ablagerungen und Verwitterun-
Vorstoß ihre Ablagerungen aus kuppigen und weitgeschwun-
gen haben maßgeblich zur Bildung der fruchtbaren Böden in
Süddeutschland beigetragen. Die Jetzt-Zeit wird als "Holozän"
genen Moränenzügen, tiefreichenden Beckentonen mit
Torfablagerungen und Seen und langgezogenen, ebenen und
("Das ganz Neue") bezeichnet und zählt seit dem Ende der
rinnenförmig abgelagerten Schmelzwassersedimenten aus
"Würm-Kaltzeit" vor etwa 11.700 Jahren. Das Holozän ist eine
sandigen Flussschottern. In den nicht vom Eis bedeckten
Warmzeit, auf die in einigen tausend Jahren vermutlich die
sogenannten "Periglazialgebieten", so auch in Ludwigsburg,
nächste Kaltzeit folgen wird.
13
Im Raum Ludwigsburg an der Oberfläche anstehende Gesteine.
= Größerer Vereisungsphasen in der Erdgeschichte.
... abgetragene Gesteinsschichten.
=
Artensterben-Großereignisse
... in der Tiefe anstehende Gesteine.
- sedimentäres Deckgebirge von Permokarbon und Trias
und kristallines Grundgebirge (Gneise und Granite des
abgetragenen variszischen Gebirges und älterer Zeit-Perioden).
=
Meteoriteneinschläge von Nördlinger Ries und Steinheimer
Becken vor 14,8 Ma. Beide Krater stammen von einem
Meteoriten, der sich beim Anflug geteilt hat.
=
Vermutete Änderungen in der Neigung der Erdachse.
Abb. 5: Geologische Zeittafel und geologische Ereignisse in Südwestdeutschland.
Altersangaben gerundet nach International Chronostratigraphic Chart v2016/12.
Klima in
MittelEuropa
Kulturstufen
Mya-Meer
- warm
- kühler
- warm
- kühler
- warm
- Neuzeit
Kleine Eiszeit
- Mittelalter
Völkerwanderung
- Altertum (Römer)
- Eisenzeit (Hallstatt)
- Bronzezeit (Pyramiden, Hügelgräber)
Kleine Eiszeit ca. 1 - 1,5 °C kälter als heute. Größte
Ausdehnung der Alpengletscher im Holozän.
Im Mittelalter bis. 1 °C wärmer als heute. Die
Römerzeit war bis 1 - 1,5 °C wärmer als heute,
die Alpengletscher waren weit zurückgezogen.
Subboreal
Limnea-Meer
Litorina-Meer
- sehr warm...
5725 - 9285
Atlantikum Ca. 1 - 3 °C wärmer als heute,
die Alpen waren bis in hohe Lagen fast eisfrei.
9285- 10705
10705- 11 700
Alter
in 1000 a
vor heute
Boreal
Präboreal
Pleistozän-Gliederung
in Baden-Württemberg
Ancylus-See
Yoldia-Meer
Gliederung
in NW-Europa
u.a. nach LGRB 2011, 10. Ausgabe
und stratigraphy.org, Quartanary v2016a
u.a. nach
Quartanary v2016a
11,7 - 115
Würm-Glazial
Weichsel-Komplex
11,7 - 23
- Spät-Würm
11,7 - 14,50
11,67- 12,68
12,68 - 13,35
13,35 - 13,54
13,54 - 13,67
13,67 - 13,80
13,80 - 14,50
14,5 - 23
14,5
Spätglazial
- Jüngere Dryas
Hasenweiler- Alleröd Interstadial
Formation
- Ältere Dryas
- Bölling Interstadial
- Älteste Dryas
- Meiendorf Interst.
Hochglazial (Jungmoränen)
-> Tettnang-(Eis-)Vorstoß (Innenwall)
-> Kißlegg-Vorstoß (Außenwall)
23 - 60
60 - 115
- Mittel-Würm (Früh- Früh-Würm glazial)
115 - 126
Eem- Warmzeit
126 - 380
Riß-Glazial
IlmenseeFormation
Baltischer
Eisstausee
380
380 - 416
416 - 480
480
- Früh-Riß (Frühglazial)
Holstein-Warmzeit
Hoßkirch-Glazial (früher Mindel)
Eem-Warmzeit
Saale-Komplex
- Warthe
- Trenthe
SteinentalFormation
Bavel-Zeit
~1,3 Ma
Menap-Kaltzeit
Waal-Warmzeit
1,8 Ma
[Günz]
Calabrium
- Dorste-Kaltzeit (kalt)
- Linge-Kaltzeit (glazial)
->Unterpfauzenw.-Vorstoß
[Haslach - Mindel]
860
Tiefere
"Jüngere
Decken
schotter"
(kristallinreich)
Tiefere "Ältere
Deckenschotter"
(kristallinarm)
Eburon-Kaltzeit
[Biber-Donau]
Gelasium
2,588 – 5,3 Ma
Jäger und Sammler,
Höhlenmaler,
Steinaxt.
- kalt
- wärmer
- kalt
- wärmer
- glazial
- kalt
11700 – 40000 a
- kalt, glazial
- kalt, kühl
- warm
- kühl, kalt
- 2 bis 3 mal
glazial
Abwechselnd
kühl, kalt und
glazial-trocken
mit kurzen und
feuchteren
Warmphasen.
- Glaziale c, b, a
- Interglazial I - IV
Bavel-Zeit
- Dorste
- Leerdam
- Linge
- Bavel
Waal-Warmzeit
Eburon-Kaltzeit
Pliozäne Höhenschotter (Höhensedimente)
- MittelPaläolithikum
H. neandertalensis
200 T – 40 T
40000 - 300000 a
- Vor 74000 a
Ausbruch des TobaCaldera-Vulkans in
Indonesien.
Nur wenige Tausend
Hominiden haben
weltweit überlebt.
- AltPaläolithikum
(Altsteinzeit)
?
300 T – 2,588 Ma
- kalt und
glazial
Ab Bavel
zunehmend
glazial.
Menap-Kaltzeit
Höhere "Älteste Deckenschotter" (dolomitreich,
Basis kristallinreich)
Höhensedimente
Cro MagnonMensch
H.
floresiensis
1,5 - 0,02
H.
denisova
H.
naledi
- JungPaläolithikum
Cromer-Komplex
Tegelen-Warmzeit
Prätegelen
~ 4200 - 11700 a
(Kupfersteinzeit,Ötzi,
mögliche Sintflut.)
(6500 – 11700 a)
- warm
Tegelen-Warmzeit
2,588 Ma
- Neolithikum
Ackerbau, Viehzucht.
Agrarrevolution
(Mesolithikum)
Holstein-Warmzeit
Elster-Komplex
-> Vilsingen-Vorstoß (Innenwall)
-> Steinhausen-Vorstoß (Außenwall)
781
Matuyama
- kühler
- wärmer
- kalt, kühl
DietmannsFormation
- Glaziale C, B, A
Brunhes
Klimaoptimum
des Holozäns
Homo sapiens sapiens
195 T Jahre - heute,
mit 0 - 4 % Genanteil
des H. neandertalensis.
Auswanderung aus
Afrika vor etwa 60 T 90 T Jahren.
Besiedelung von
N-Amerika vor etwa
50T Jahren.
- glazial
-> Dürmentingen-Vorstoß (Innenwall)
-> Scholtterhaus-Vorstoß (Außenwall)
Pliozän
- kühler
(Löbben Kaltphase)
Möglicher
Stammbaum
der Hominiden
Mit zunehmendem Alter
werden die
Kenntnisse der
Klimaverhältnisse und die
Gliederung der
Kaltzeiten
unschärfer.
Prätegelen
Komplex
-Kaltzeit
Warmzeiten
mit kurzen
Kaltphasen
Reuver
warm
kühl
H. steinheimensis
~
300 T
H. heidelbergensis
620 T – 200T
?
H. antecessor
1 Ma – 600 T
Faustkeil,
Nutzung des Feuers.
H. erectus 1,8 Ma - 40 T
Die Zeitscala ist nicht linear!
Subatlantikum
Cromer-Zeit
Frühes Pleistozän
Ostseestadien
früher H. sapiens
2465 - 5725
Vegetations-Zeitstufen
in Europa
Vegetationszeitstufen
Spätholozän
MittelTarantium
Alter
in Jahren
vor heute
Heute 2465 B.P.
- Spät-Riß
Spät-/Hochglazial (Altmoränen)
Ionium
Mittleres Pleistozän
Spätes Pleistozän
Früh-
Holozän
14
H. ergaster
2 Ma - 500T
H. robustus
20 - 1,0 Ma
H. habilis
2,1 – 1,5 Ma
H. rudolfensis
2,5 – 1,8 Ma
Australopithecäen (Lucy)
4,4 – 1,0 Ma
Abb. 5a: Zeittafel von Holozän und Pleistozän (Quartär) in Deutschland (Die Zeitskala ist nicht linear).
Die stratigraphische Einteilung und die absolute Altersgliederung der Zeitabschnitte im "Pleistozän" (Eiszeitalter) sind Gegenstand der aktuellen Forschung,
die noch nicht abgeschlossen ist. Kenntnisse über die Temperaturen stammen aus Auswertungen von Eisbohrkernen, Sedimenten, Muschelschalen, Tropfsteinen, Pollen und Baumringen. Im Mittleren und Späten Pleistozän gab es stärkere Klimaschwankungen, als im Frühen Pleistozän. Die Kenntnisse zur
Entwicklung der Hominiden sind noch sehr lückenhaft. Man muss annehmen, dass der menschliche Stammbaum wesentlich komplexer ist, als heute bekannt. Als Ursprungsort der Menschheit ist Afrika belegt. Die Auswanderung auf die anderen Kontinente erfolge über die arabische Halbinsel in mindestens
3 Wellen. Von zahlreichen Hominidenarten ist der heutige Mensch als einzige Art übriggeblieben.
1536
Perm, Zechstein
Trias, Buntsandstein
Trias, Muschelkalk
Trias, Unterkeuper
259-252 Millionen Jahre (Ma)
252-244 Ma
244-236 Ma
(Lettenkeuper) 236-234 Ma
Fennoskandisches
Hochland
Trias, Mittlerer- und
Später Jura (Weißer Jura)
Paläogen und Neogen
Quartär
Oberer Keuper 234-201 Ma
164-145 Ma
66-2,58 Ma
2,58 Ma bis heute
gestichelt = Land in Früher Kreide
Dargestellt ist die
Situation im Eiszeitalter (Pleistozän)
Fennoskandisches
Hochland
Gletscher der
Würm-Kaltzeit
größte
Vergletscherung
flaches Randmeer
Molasse Becken
Paratethys
Abb. 6: Das Germanische Becken - Die Verteilung von Land und Meer in Europa.
Paläogeographische Karten der Sedimentationsräume in Deutschland und in Europa (Germanisches Becken) für die Zeiträume von Perm bis Quartär. Gut zu erkennen sind das Fenoskandische- und das Vindelizische
Hochland, die Liefergebiete für die mächtigen klastischen Sedimente im Germanischen Becken waren. Seit dem Ende der Jura-Zeit sind weite Teile von Süddeutschland Festland. Die Kreidezeit ist nicht dargestellt. Die
breiten Pfeile verdeutlichen das episodisch einströmende Meerwasser in das Muschelkalk-Becken. Die schmalen Pfeile verdeutlichen den Transport der klastisch-fluviatilen Sand-, Schluff, und Tonsedimente in die Kontinentalbecken der Buntsandstein- und Keuper-Zeit.
Grafik ergänzt nach R. Schoch, Staatliches Museum für Naturkunde, Stuttgart, www.naturkundemuseum-bw.de. Zeitangaben gerundet nach International Chronostratigraphic Chart v2016/12.
16
Vindelizisches
Ludwigsburg
Land
Ludwigsburg
Die Abbildung zeigt
die hier rot gefärbten
Gneise, die von den
helleren Granit-Plutonen
in der Devon-Karbon-Zeit
durchschmolzen wurden.
Ludwigsburg
Rheingraben
Ludwigsburg
Schwäb. Alb
Molassebecken
Abb. 7: Die Erdgeschichte von Baden-Württemberg.
Paläogeographische Blockbilder der Landschaften für die Zeitabschnitte von Bundsandstein, Muschelkalk, Keuper, Paläogen und Neogen.
Blockbilder ergänzt nach C. Stier, H. Behmel & U. Schollenberger (1989): Wüsten, Meere
und Vulkane, Baden-Württemberg in Bildern aus der Erdgeschichte. Peter Grohmann, Stuttgart.
Während der Buntsandstein-Zeit war das Germanische Becken eine fluviatile Aufschüttungsfläche mit einem
Zur Jura-Zeit drang wieder das Meer von Süden in das Germanische Becken vor und lagerte in einem flachen bis
wüstenartigen Klima. Aus den randlichen Hochgebieten haben Flüsse und Sturzfluten sandige Sedimente
mit Tonen und Geröllen in die oft abflusslosen Tiefebenen transportiert. Während der Muschelkalk-Zeit drang
tiefen Schelfmeer Ton- und Kalkschlämme und mächtige Riffkalke ab (kein Bild). Gegen Ende der Jura-Zeit und
mit Begin der Kreide-Zeit vor etwa 145 bis 140 Mio. Jahren wurde unser Land tektonisch angehoben und wurde
das Meer in das Becken vor und lagerte Kalk- und Tonschlämme ab. Zur Zeit des Mittleren Muschelkalks
war dieses Randmeer zeitweise vom großen Ozean abgeschnitten, so dass das Meerwasser im trockenheißen Klima (arides Klima) verdunstete und sich Evaporitsedimente als Gips, Anhydrit und Steinsalz abgesetzt haben. Zur Keuper-Zeit herrschten wieder festländische Ablagerungsverhältnisse mit gelegentlichen
Abtragungsgebiet (Abb. 16). Auf dem Festland entwickelte sich durch die Erosion der schräg gestellten und
unterschiedlich widerstandsfähigen Sedimentschichten das Schwäbisch-Fränkische-Schichtstufenland. Der
Stress der afrikanisch-europäischen Plattenkollision (Alpenbildung) während der Zeit des Paläogens (früher
marinen Einflüssen bei einem oft trockenen und kontinentalen Klima vor. Zur Zeit des Gipskeupers kam es
zur Ausscheidung von Gips und Anhydrit im verdunstenden Meerwasser. Die höheren Keuperschichten
werden von mächtigen Tonmergel-Sedimenten und von Sandsteinlagen aufgebaut, die von Flusssystemen
aus Norden und Südosten in das Becken transportiert wurden.
Tertiär) vor etwa 40 Millionen Jahren führte zum Einbrechen der europäischen Grabensysteme und zur Heraushebung der Grabenschultern von Schwarzwald und Vogesen. Im Oberrheingraben wurden unter Meeresbedeckung bis zu 4.000 m mächtige Sedimente abgelagert. Im Alpenvorland wurden der bis über 5.000 m mächtige
Abtragungsschutt der Alpen im teils marinen und teils limnisch-fluviatil geprägten Molassebecken abgelagert.
17
Odenwald
Keuper
Quartär +
Paläogen/
Neogen
Bauland
Hohenlohe
Neckar
Rheingraben
Kraichgau
Keuper
Heuchelberg
Hohenloher Ebene
Kaiserstuhl
Vulkanruine
Gäue
H eckengäu
Gäue
Murr
Buntsandstein
Perm,+
Karbon
Schwäbische
Alb
Baar
NordSchwarzwald
Hegau
Keuper
Enz
Murg
Schwarzwald
OberrheinGraben
Schnittlage
in Abb. 9
MeteoritenKrater
Nördlinger Ries
und
Steinheimer
Becken
Oberschwaben
Alpenvorland
Ludwigsburg
Strohgäu
Backnanger
Bucht
Welzheimer
Wald
Stuttgart
Schurwald
Glemswald
Keuper
Oberes Gäu
Neckarbecken
SchwäbischFränkische
Waldberge
Zabergäu
Stromberg
Muschelkalk,
teils mit
Lettenkeuper
Nagold
Kraichgau
Löwensteiner
Berge
Mainhardter
Wald
Filder
Rems
Fils
Früher Jura
AlbVorland
Schönbuch
Klettgau
Deckgebirge
Grundgebirge
Molassebecken
Gneise +
Granite
Abb. 8: Baden-Württemberg heute - Die geologische Anatomie unseres Landes.
Keuper
Muschelkalk,
teils mit
Lettenkeuper
Mittlerer
Jura
Später
Jura
Schwäb. Alb
Geologische Reliefbilder ergänzt nach G. Wagner & A. Koch (1961), bearbeitet durch R. Hüttner. Quelle: LGRB-BW.
Die räumliche Darstellung zeigt vereinfacht die Verbreitung der Gesteinsschichten in Baden-Württemberg.
Östlich der fluviatilen Terrassenlandschaften des Oberrheingrabens erhebt sich das kristalline Grundgebirge
Über dem Keuper liegen die Tonsteine, Mergelsteine und Sandsteine des Frühen Juras (blaugrau). Darüber
bilden im Alb-Vorland die mächtigen Tonsteinserien des Mittleren Juras (braun) den kuppigen Anstieg zur
(rot) und bildet zusammen mit Sedimentresten von Karbon und Perm (grün) die stark bewaldete, kuppige
und tief zertalte Mittelgebirgslandschaft von Schwarzwald und Odenwald. Im Nordschwarzwald und im
Odenwald liegt der Buntsandstein (beige) als älteste sedimentäre Schichtstufe auf dem Grundgebirge und
steilen Schichtstufe der Schwäbischen Alb. Der Felstrauf der Schwäbischen Alb wird von den verkarsteten
Karbonatgesteinen des Späten Juras (hellblau) gebildet, die den derzeitigen Haupterosionsrand der Jurastufe
leitet den Übergang von der Grundgebirgslandschaft zur nach Osten folgenden Schichtstufenlandschaft
ein. Über dem Buntsandstein folgt die Stufe und Verebnungsfläche des z.T. verkarsteten Muschelkalks
in Baden-Württemberg markieren. Die roten Punkte (Auswahl) im Vorland und auf der Alb sind Reste von
Vulkan-Tuff-Schloten des Kirchheim-Uracher Vulkangebiets aus der Miozän-Zeit. Die zunächst kuppige und
(rosa), der zusammen mit dem geringmächtigen Lettenkeuper - Unterer Keuper (gestichelte Linie in der
ab der miozänen Meeres-Klifflinie ebenere Albhochfläche geht entlang der Donau in die teils hügelige und
teils flächige Akkumulationslandschaft von Oberschwaben über. Diese wird von den mächtigen Ton-, Sandund Kiesschichten des Molassebeckens aus der Zeit von Paläogen und Neogen (gelb) aufgebaut. Die Molas-
Abb. rechts) die weiten und oft waldfreien Gäuflächen und das Neckarbecken bildet. Darüber folgt die
Schichtstufe des Gipskeupers und des Sandsteinkeupers - Mittlerer und Oberer Keuper (grün), deren Hochflächen die bewaldeten Keuperbergländer rund um Stuttgart und Heilbronn und die SchwäbischFränkischen Waldberge bilden. Das Ausgreifen der Keuperschichtstufe nach Westen im Glemswald bei
Leonberg wird durch die Reliefumkehr im Fildergraben verursacht.
seschichten werden großteils von den Ablagerungen der Gletscher (Moränenzüge) und deren Schmelzwässer (Schotterflächen) des Pleistozäns – Eiszeitalter und von kiesig-sandig-lehmigen Talablagerungen des
Holozäns - Jetztzeit (ocker) bedeckt.
18
West
Ost
Nord-Vogesen
Rheingraben
Nord-Schwarzwald
Nord
Gäue
Filder
Merkur
ehemalige Sedimentbedeckung
Permokarbon bis Jura
Haguenau
Rhein
Schwäbische Alb
Achalm
Murg
Baden-Baden
Süd
Nagold
B. Liebenzell
Oberschwaben
Tautschbuch
Neckar
Höchsten
Donau
Ludwigsburg Stuttgart
Thurgau
Alpen
Säntis
Bodensee
Mengen
St. Gallen
Helvetikum
ehemalige Gletscherbedeckung
Grundgebirge
Grabenfüllung der Paläogen- und Neogen-Zeit
Permokarbon
Buntsandstein
Muschelkalk
Pliozäne Vulkanschlote
Keuper
Süddeutsche Scholle
Früher- Mittlerer- Später Jura
Pleistozäne und holozäne Sedimente
Subalpine Molasse
Beckenfüllung der Paläogen- und Neogen-Zeit
Abb. 9: Geologischer Profilschnitt Vogesen - Rheingraben - Schichtstufenland - Oberschwaben - Alpen.
Der Profilschnitt zeigt vereinfacht und etwa 10-fach überhöht die Lage der Sedimentschichten (gelb) über dem Grundgebirge in Baden-Württemberg.
Die Pfeile verdeutlichen die vertikalen und horizontalen Bewegungen der Erdkruste.
Bei der Abtragung des variszischen Gebirges in Südwestdeutschland während der Perm-Zeit vor ca. 250 bis
300 Mio. Jahren wurden die über dem Grundgebirge liegenden Gesteine aus den Zeitperioden von Devon
und Karbon bis auf örtliche Reste entfernt. Dabei kam es zur Ablagerung von grobkörnigen terrestrischen
Sedimenten in langgestreckten Becken (Rotliegendes) und zu flächenhaften, marinen und terrestrischen
Ablagerungen in Baden-Württemberg (Zechstein). Während der nun beginnenden Einsenkung des großen
Germanischen Beckens wurde in den Zeitabschnitten von Trias (Buntsandstein, Muschelkalk, Keuper) und
Jura eine über 1.500 m mächtige Sedimenthülle flächig auf dem Grundgebirgssockel abgelagert. Ab dem
Ende der Jura-Zeit hat sich das Gebiet des Rheinischen Schildes im Zentrum von Europa weiter aus dem
Meer herausgehoben und auch Südwestdeutschland in die Hebung miteinbezogen. Im Bereich von
Schwarzwald und Vogesen kam es zu einer lokalen Aufwölbung, verursacht durch thermische Konvektionsprozesse im oberen Erdmantel (Manteldiapir). Als Folge dieser Heraushebung ist in der Paläogen-Zeit vor
etwa 45 - 35 Mio. Jahren der 300 km lange und bis zu 40 km breite Oberrheingraben als mittlerer Teil des
"Europäischen Känozoischen Riftsystems" entstanden, der sich heute noch mit 0,1 - 0,2 mm/Jahr absenkt
und verbreitert. Die Sedimentgesteine auf den herausgehobenen Grabenschultern von Vogesen, Schwarzwald und Odenwald wurden nun rasch abgetragen. Im stärker herausgehobenen mittleren und südlichen
Schwarzwald werden heute weite Teile der Mittelgebirgslandschaft von den Gneisen und Graniten des
Grundgebirges aufgebaut. Im nördlichen und östlichen Schwarzwald bedecken die Sedimentgesteine der
Schichtstufe des Buntsandsteins viele Bergrücken und reichen oft bis in die Täler. Der Rheingraben war
während der Paläogen-Zeit vom Meer überflutet und wurde mit bis zu 4.000 m mächtigen Sedimenten
gefüllt. Durch die ungleichmäßige Hebung von Schwarzwald und Odenwald in Verbindung mit der Einsenkung des Nordalpinen Molassebeckens wurden die Sedimentschichten in Baden-Württemberg nach
Profilschnitt verändert und ergänzt nach O.F. Geyer & M.P. Gwinner (1991):
Geologie von Baden-Württemberg. 4. Aufl. Schweizerbart, Stuttgart.
ihrer Ablagerung nach Südosten verkippt. Das hat zusammen mit der Abtragung der unterschiedlich erosionsbeständigen Gesteine zur Bildung eines sich nach Nordosten asymmetrisch aufgefächerten Schichtstufenlandes
geführt. Unter der Schwäbischen Alb und unter Oberschwaben nimmt das Schichtfallen zum Molassebecken hin
wieder zu (Molasseflexur). Das Molassebecken hat sich in der Zeit von Paläogen und Neogen (früher Tertiär) als
Massenausgleichsbewegung zu den rasch aufsteigenden Alpen eingesenkt und war zeitweise vom Meer überflutet. Diese Akkumulationslandschaft nimmt bis heute den Abtragungsschutt der Alpen auf. Es wurden sandigtonige, kiesige und konglomeratische Sedimente mit einer Mächtigkeit bis über 5.000 Meter abgelagert. Vor dem
Alpenrand biegt die Schichtlagerung der Molasse um und bildet die "Aufgerichtete Vorlandsmolasse". Ursache
dafür sind die sich nach Norden vorschiebenden Alpen, die die Molasseschichten verbiegen, stauchen, falten,
abscheren und überschieben. Die gefalteten und abgescherten Bereiche bilden als alpenparallele Hügelketten
eine Schichtrippenlandschaft und werden "Subalpine Molasse" oder "Faltenmolasse" genannt. Während der
Auffaltung der Alpen wurden ältere Flysch-Sedimente über die jüngere Faltenmolasse überschoben. Der Flysch
entstand während der Kreide-Zeit durch marine Trübeströme (Turbidite) im tiefen Meeresbecken der Tethys. Die
Felsgesteine der Helvetischen Decken, die am Säntis über dem weichen Flysch liegen, wurden in einem weit
südlich nahe Afrika liegenden, flachen Schelfmeer der Kreide-Zeit abgelagert und dann hunderte Kilometer weit
nach Norden überschoben (siehe Kap. 6). In Oberschwaben und im Thurgau werden die Molasseschichten
großteils von kuppig-weitgeschwungenen und steinig-lehmigen Gletschermoränenzügen, von langgezogenen und
ebenen, kiesig-sandigen Schotterflächen ehemaliger Schmelzwasserrinnen und von den tonig-torfigen Beckenfüllungen des Pleistozän (Eiszeitalter), sowie von den jüngsten klastisch-fluviatile Ablagerungen aus der aktuellen
Zeit des Holozän bedeckt.
36
19
3. Geologie und Fossilien in Ludwigsburg
In den Zeitperioden von Oberkarbon bis Perm vor etwa 320 bis 250 Millionen Jahren wurden die variszischen Hochgebirgszüge stark abgetragen. Die Abtragungsprodukte wurden in Baden-Württemberg als grobkörniger, terrestrischer Schutt in
langgestreckten und von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Becken abgelagert (Rotliegendes). Darüber wurden im
nördlichen Baden-Württemberg marine Sedimente und terrestrisch-fluviatile Sedimente (Zechstein) in einer großen Meeresbucht sedimentiert. Eine Kette von Vulkanen hat große Mengen an Lava und Tuffen ausgestoßen und abgelagert. Im sich
dann weiter ausdehnenden und einsinkenden Germanischen Becken wurden in den Zeiten von Trias und Jura und stellenweise während der Kreide-Zeit kontinentale und marine Sedimente weitgehend horizontal abgelagert. Die Schichten aus der
Jura-Zeit und die höheren Schichten aus der Keuper-Zeit wurden in Ludwigsburg in den vergangenen 145 - 140 Mio. Jahren
abgetragen. Die Mächtigkeiten der abgelagerten Gesteinsschichten schwanken zwischen den Randbereichen und dem Beckeninneren. Nachfolgend werden die Schichtmächtigkeiten im Raum Ludwigsburg angegeben.
Bei einer hypothetischen Tiefbohrung auf der Stohgäufläche in Ludwigsburg würde man diese Schichtfolge antreffen:
Jetztzeit: An der Oberfläche 20 - 50 cm humoser Oberboden und stellenweise 0,5 - über 2 m anthropogene Auffüllungen.
Quartärzeit: 0,5 - 8 m und stellenweise bis über 10 m relativ weiche und körnig-bindige Deckschichten der Kaltzeiten und der
Jetztzeit. Je nach Standort Lösslehm, Löss, Frostmischböden, Fließerden, Schuttsedimente, Auen- und, Seesedimente, Flusskiese.
Gipskeuper: Stellenweise wenige Meter bis maximal 35 m mächtige Tonsteine und Gipsauslaugungsreste (Zellendolomite).
Lettenkeuper: Je nach Abtragung bis maximal 23 m Wechsellagerung von Tonsteinen, Dolomitsteinen und Sandsteinen.
Oberer Muschelkalk: 85 - 88 m Dolomitsteine und massige Kalksteine mit dünnen Tonsteinlagen.
Mittlerer Muschelkalk: Ca. 65 m Kalk- und Dolomitsteine, Auslaugungstone der Salzgesteine und teilausgelaugte Sulfatschichten.
Ab dem Mittleren Muschelkalk sind die Schichten auf der Gemarkung Ludwigsburg nicht mehr an der Oberfläche aufgeschlossen.
Unterer Muschelkalk: Ca. 56 m Kalk- und Dolomitsteine.
Buntsandstein: Ca. 300 m Sandsteine mit Gerölllagen und vereinzelten Tonsteinlagen.
Perm (Rotliegendes und terrigener Zechstein): Ca.100 m Sandsteine, Konglomerate, Tonsteine, Dolomitsteine.
Gneise und Granite des Grundgebirges (Kristallingesteine) als Basis unter dem sedimentären Deckgebirge.
Die hier beschriebene Schichtfolge ist z.T. in Tabelle 2 und im geologischen Profilschnitt in Abb. 19b dargestellt. Je nach Lage auf der Gemarkung ist der Obere Muschelkalk durch Erosion in seiner Mächtigkeit reduziert. Der Gipskeuper und der Lettenkeuper sind örtlich ganz
abgetragen. Östlich des Neckars liegt auf der Kuppe des Lembergs ein 25 m mächtiger Erosionsrest des Schilfsandsteins als jüngste erhaltene Keuperschicht auf der Gemarkung. Darunter liegt hier die nahezu vollständige Schichtfolge des ca. 100 m mächtigen Gipskeupers.
Die Kenntnisse über die geologische Gesteinsschichtfolge in Baden-Württemberg wurden in den vergangenen 200 Jahren durch geologische Kartierungen an der Erdoberfläche, beim Tunnelbau, beim Bergbau, durch zahlreiche tiefe Bohrungen und bei seismischen Untersuchungen erlangt. In Ludwigsburg wurden zwei tiefe Bohrungen bis in den oberen Bereich des Buntsandsteins niedergebracht.
Neben der Art und Ausbildung der Gesteine geben auch die in den Gesteinen eingeschlossenen Fossilien einen guten Einblick in die Lebensräume und zu den Klimaverhältnissen zur Zeit der Sedimentation. Die Gesamtheit aller Fossilien zeigt die
Entwicklung des Lebens und des Klimas auf der Erde und macht oft eine zeitliche Gliederung und eine weiträumige Vergleichbarkeit der Gesteinsablagerungen möglich (stratigraphische Gliederung mit Hilfe von sogenannten Leitfossilien).Teile
von verendeten und abgestorbenen Lebewesen können unter bestimmten Gegebenheiten in feinkörnige Sedimente eingebettet werden. Mit der Verfestigung und Entwässerung der Sedimente kam es bei geeigneten Ablagerungsbedingungen - keine
schnelle Zersetzung, Sauerstoffabschluss, Mumifizierung durch Austrocknung etc.- zur Fossilisation dieser Tier- und Pflanzenreste. Das sich nur langsam zersetzende organische Material wurde entwässert, flachgedrückt und mit der Zeit durch
Minerale aus der Sedimentumgebung als chemische Substanzumwandlung ersetzt. Dabei wurden Schalen, Zähne, Skelettteile und Pflanzenreste z.B. durch Karbonate, Siliziumverbindungen oder durch Pyrit versteinert. Die Morphologie der ehemaligen Lebewesen und v.a. die der Hartteile blieb dann an den Grenzflächen als Abdruck, Steinkern und Lebensspuren sichtbar erhalten. Abdrücke von Horn, Haut, Federn und Organen sind ebenso möglich, wie Reste von Wohnbauten, Fress- und
Kriechspuren und Ausscheidungen. Kaum zersetzte Reste von Landpflanzen wurden unter Luftabschluss in Torf und bei
höheren Temperaturen und Drücken in der Tiefe in Braunkohle und Steinkohle umgewandelt (Inkohlung). Die bei der Verwesung von marinen Mikroorganismen (Plankton, Algen, Faulschlamm) entstanden Flüssigkeiten und Gase wurden in der
Tiefe unter bestimmten Druck- und Temperaturbedingungen in Erdöl und Erdgas umgewandelt. Zur Ablagerungszeit der verschiedenen Gesteinsschichten gab es unterschiedliche Lebens- oder lebensfeindliche Bedingungen, weshalb nicht in jeder
Schicht Fossilien zu finden sind. In früheren Zeiten lag der Süddeutsche Raum nahe am Äquator und war oft von flachen und
warmen Meeren bedeckt. Hier finden sich fossilisierte marine Fauna und Flora. Im Laufe der Zeit zog sich das Meer auch
zurück und es gab Sümpfe und Trockengebiete mit amphibischem und terrestrischem Leben und den zugehörigen Fossilien.
20
Tabelle 2: Stratigraphische, lithologische, hydrogeologische und baugrundgeologische Charakterisierung der Schichtfolge in Ludwigsburg.
Alle Angaben sind Durchschnittswerte und ersetzen keine spezifischen Untersuchungen bei einzelnen Bauvorhaben.
21
22
3.1 Buntsandstein (252 bis 244 Millionen Jahre)
Der Buntsandstein ist die älteste und unterste Sediment-Schichtstufe in Baden-Württemberg. Er bildet die bewaldeten Höhenzüge des Buntsandstein-Schwarzwaldes und -Odenwaldes und im Nordschwarzwald die Hochlagen von Schliffkopf, Hornisgrinde, Merkur und Hohloh.
Über der durch Erosion wellig eingeebneten Rumpffläche des
Grundgebirges mit den langgezogenen Ablagerungströgen
(fluviatil-limnische Sedimentation). Die Grenze zum jüngeren
Muschelkalk bilden die unter Meereseinfluss abgelagerten
der Karbon- und Perm-Zeit wurden die Schichten des Bunt-
Röt-Tone. In Ludwigsburg beginnt die etwa 300 m mächtige
sandsteins bei einem wüstenartigen Klima in einer Land-
Gesteinsserie des Buntsandsteins im Neckartal ca. 140m
schaft vergleichbar mit Inner-Australien flächig und diskordant abgelagert. Die oft rötlich gefärbten und grob- bis
und auf der Gäufläche ca. 200 - 240 m unter der Geländeoberfläche. Die obersten Schichten des Buntsandsteins, die
feinkörnigen Sandsteine mit Geröll- und Tonsteinlagen wur-
Röt-Tone und der Plattensandstein wurden bei den Solewas-
den von Flüssen aus den randlichen Hochgebieten in breiten
Schwemmfächern als Schichtfluten in die oft abflusslosen
serbohrungen in Ludwigsburg-Hoheneck und im ehemaligen
Mathildenhof in der Rosenstraße bei 59 bzw. 67 mNN ange-
Ebenen des Germanischen Beckens geschüttet
bohrt (Abb. 19b).
3.2 Muschelkalk (244 bis 236 Millionen Jahre)
Der Muschelkalk ist die zweite Schichtstufe in Baden-Württemberg und bildet zwischen Klettgau und Bauland die Neckar- und Taubergäuplatten. Während der Muschelkalkzeit kam es durch den Anstieg des Meeresspiegels zur Überflutung des Germanischen Beckens durch ein
flaches und warmes Randmeer des großen Tethys-Meeres zwischen Afrika und Eurasien. Bei trocken-heißen Klimaverhältnissen, ähnlich
denen im Persischen Golf wurden im stark salzhaltigen Meerwasser feinkörnige Ton- und Karbonatschlämme, karbonatische Schalenreste
von Meerestieren und evaporitische Sedimente abgelagert (bioklastische, chemisch-biogene und chemische Sedimentation, Abb. 6).
Der Untergrund der Gäuhochebene wird von den etwa 56 m
Kristallstruktur von Kalk eingebaut (CaCO3
mächtigen Mergel-, Kalk- und Dolomitschichten des Unteren
Unter dem Dolomit folgen unterschiedlich mächtige, plattige
Muschelkalks aufgebaut. Der etwa 65 m mächtige Mittlere
bis gut gebankte, geklüftete und gelbgrau bis graublau gefärbte Kalksteine, die oberflächennah plattig-steinig verwit-
Muschelkalk besteht großteils aus evaporitischen Gesteinen
CaMg(CO3)2).
(Anhydrit, Gips und Steinsalz) und aus Dolomitsteinbänken
und tritt in Ludwigsburg nicht zutage. Die Evaporite wurden
tern. Sie bestehen teils aus mikrokristallinen Blaukalken, die
durch Ausfällung aus dem verdunstenden Meerwasser in
Mineralien übersättigten und sauerstoffarmen Meer gebildet
haben und teils aus zertrümmerten Gehäuseresten von Mee-
einem sehr warmen Meeresgebiet mit einem stark verringerten Wasseraustausch abgelagert. In den Landesteilen, wo
sich aus ausgefällten Kalkschlämmen in einem warmen, an
restieren (bioklastische Kalke, Schalentrümmerkalke) aus
heute die Bedeckung durch höhere Gesteinsschichten ganz
sauerstoffreichen und lichtdurchfluteten Flachwasserberei-
oder teilweise abgetragen ist, so auch im Raum Ludwigsburg,,
chen. Im Unteren Hauptmuschelkalk findet man Trochitenkalke, die fast vollkommen aus versteinerten Stielgliedern von
wurden die Salzgesteine des Mittleren Muschelkalks durch
das Sicker- und Grundwasser ausgelaugt. Hier sind nur noch
die schluffig-tonigen Lösungsrückstände übrig geblieben.
Auch die Gips- und Anhydritgesteine befinden sich hier im
Seelilien (Crinoiden) aufgebaut sind. Die Kalksteinbänke
werden durch zahlreiche dünne, dunkler gefärbte und z.T.
dolomitische Tonmergelsteinfugen voneinander getrennt, was
Stadium der Auslaugung was im Stroh- und Heckengäu örtlich zur Bildung von Lösungshohlräumen mit Durchbrüchen
eine gute lithostratigraphische Gliederung des Oberen Mu-
bis zur Erdoberfläche als Erdfälle führt. Erdfälle treten auch
bereich zum Vorfluter und v.a. an den Talrändern und unter
den Talsohlen kommt es vermehrt zur Verkarstung der Kar-
im Lettenkeuper bevorzugt in der Nähe der Grenze zum Oberen Muschelkalk auf, weil das zunächst oberirdisch fließende
Wasser hier versickert und die Kalklösung dann an geeigne-
schelkalks über weite Entfernungen möglich macht. Im Nah-
bonatgesteine des Oberen und Mittleren Muschelkalks. Durch
ten Kluftsystemen im Muschelkalk beginnt. Die Schichtgrenze
die Lösung der Karbonate durch zirkulierendes Grund- und
Sickerwasser erweitern sich die schmalen Klüfte und Schicht-
Mittlerer/Oberer Muschelkalk liegt etwa 15 - 25 m unter der
fugen zu Spalten und Hohlräumen bis hin zu Erdfällen. Das
Talauen-Oberfläche des Neckartals.
erhöht dann die Grundwasserführung und Durchströmung
Der etwa 88 m mächtige Obere Muschelkalk wird in seinem
dieser Schichten erheblich und kann Baugrundprobleme
verursachen. Der Mineralwasserbrunnen und der Brunnen
obersten Teil vom 5 - 11 m mächtigen, gelbgrauen, massigen
und kavernösen Trigonodusdolomit gebildet, der sandig-
des Freibades Hoheneck sind in verkarsteten Muschelkalk-
schluffig verwittert. Bei der Dolomitisierung wird nach der
Wasserdurchlässigkeit führen bei Karbonat- und Sandsteinen
oft zur Tiefenerosion der Flüsse, während die viel besser
Sedimentablagerung Magnesium aus dem Meerwasser in die
schichten gefasst. Gerade die Klüftigkeit und damit die gute
23
abdichtenden Tonsteine mehr in die Breite erodiert werden.
Neckar und die Nebenflüsse tief in das harte, klüftige und
An den steilen Prallhängen der Flüsse zwischen Hoheneck
z.T. verkarstete Gestein einschneiden und winden sich in
und Poppenweiler treten die Gesteinsformationen des Oberen
engen Mäandern durch die Täler. Die harten Kalksteinbänke
Muschelkalks als stark zerklüftete Felsbänder breit zutage
und es kommt hier öfter zu gefährlichen Steinschlägen. Die
werden oft in Steinbrüchen abgebaut und zu Bausteinen,
Schotter und Zement verarbeitet (ehem. Stbr. Hubele, ehem.
Strohgäufläche wurde durch den Schwäbisch-Fränkischen-
Stbr. im Blühenden Barock etc.).
Sattel tektonisch empor gehoben. Hier mussten sich der
3.2.1 Fossilien im Oberen Muschelkalk
Der Obere Muschelkalk ist sehr fossilreich. In den beiden Hauptschichten Trochitenkalk (mo1) und Ceratitenkalk (mo2) lassen sich Schalentrümmerbänke und Lagen mit Fossilanreicherungen, zudem Abdrücke von Schlangenseesternen und Bohrgänge finden. Häufig sind auf
den Bankoberflächen Funde von Schuppen und Fischzähnen im gesamten Oberen Muschelkalk anzutreffen. Fossilien treten auch häufig in
den mergeligen Schichten auf. Der über dem Ceratitenkalk liegende Trigonodusdolomit ist fossilarm. Neben Muscheln (Trigonodus sandbergeri) kommen dort auch Brachiopoden, Schnecken, Foraminiferen und Wirbeltierreste vor.
3
1
2
5
6
7
4
9
10
8 13
11
12
Abb. 10: Rekonstruktion der Lebewelt im Muschelkalkmeer.
Zeichnung und Text verändert nach H. Hagedorn und Th. Simon (1985) aus C. Stier, H. Behmel, U. Schollenberger (1989):
Wüsten, Meere und Vulkane, Baden-Württemberg in Bildern aus der Erdgeschichte, Grohmann, Stuttgart.
Die tiefste und älteste in Ludwigsburg im Neckartal zutage
Haßmersheimer Mergel. auf. Neben Seelilien sind auch
tretende Gesteinsschicht ist der Trochitenkalk. Trochiten
Muscheln, Gastropoden (Schnecken) und Brachiopoden
sind versteinerte Stielglieder von Seelinien, die im Gestein oft
(Armfüßer) häufig anzutreffen. Im Grenzbonebed zum Ceratitenkalk, einer Ansammlung von Fossilienresten, lassen sich
in Massen auftreten und in einigen Horizonten auch gesteinsbildend sind. Im Trochitenkalk trat das erste Mal die
sogenannte Encrinus liliiformis (Abb. 11, Nr. 4) auf, eine
zusätzlich noch Schuppen und Zähne von verschiedenen
Seelilienart, die sich besonders gut hier und auch in ganz
Fischarten finden. Knochenfunde von Reptilien, Amphibien
und Saurierarten sind dagegen selten.
Baden-Württemberg finden lässt. Es gibt aber auch Schalentrümmerbänke ohne Trochiten, dafür mit vielen Terebratula
Der Ceratitenkalk verdankt seinen Namen der Ammonoidea-
vulgaris, einer Brachiopodenart. Ceratitenfunde sind in dieser Schicht eher selten, dennoch treten auch hier schon die
Ordnung Ceratitida (Nr. 1, 11). Ceratiten sind die Leitfossilien des Oberen Muschelkalks und machen dort eine bio-
frühsten Ceratiten, die Serpiantites sp. in der Schicht der
stratigraphische Gliederung über weite Bereiche möglich.
24
Funde sind im Raum Ludwigsburg aber selten. Dennoch
symmetrisch. Die Terebratula vulgaris ist hier nur noch teil-
sind Ceratiten im Ceratitenkalk häufiger vertreten als im
weise vertreten. Im Ceratitenkalk lassen sich auch Schalen-
Trochitenkalk. Vorherrschend sind aber Muscheln und
trümmerbänke vorfinden. Eine dieser Bänke stellt das
Brachiopoden, z.B. Coenothyris cycloides in der Cycloides
bank. Muschel und Brachiopoden lassen sich durch ihre
Hauptlager der Muschelart Pecten subtilis, dar. Dann gibt es
sich immer noch Seelilienteile, zudem auch Steinkerne von
Klappen unterscheiden. Muscheln besitzen zwei gleiche
Chemnitzia hehli (Nr. 22), gewundene Turmschnecken und
Klappen und sind lateralsymmetrisch. Brachiopoden dagegen besitzen eine Schale und einen Deckel, sie sind nicht
die Natutilidenart Nautilus bidorsatus.
Abb. 11: Lebewelt und Fossilien des Oberen Muschelkalks.
Zeichnung und Text aus H. Brunner (1998): Geologische Karte von
Baden-Württemberg 1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung,
Hrsg.: Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Bad.-Württ.,
(LRGB-BW), Freiburg.
36
25
Stratigraphie
Obere
Sulfatschichten
HeilbronnFormation
(Ceratitenkalk)
DiemelFormation
Meißner-Formation
Obere
Dolomite
Rottweil-F.
Oberer Muschelkalk
Trochitenkalk-Formation
Zwischendolomit
SteinsalzSchichten
Untere
Sulfatschichten
Untere
Dolomite
Liegende
Kalkmergel
KarlstadtFormation
Unterer Muschelkalk
Abb. 12: Geologische Profile des Mittleren Muschelkalks aus Tiefbohrungen
(Diemel-, Heilbronn- und Karlstadt-Formation).
Links: Mittlerer Muschelkalk in der Grundwasserbohrung Mathildenhof in Ludwigsburg mit ausgelaugten
Steinsalzschichten und Sulfatschichten in fortschreitender Auslaugung.
Rechts zum Vergleich: Mittlerer Muschelkalk in Stuttgart mit vollständiger Sulfat- und Salinarformation.
Schichtprofile ergänzt aus: H. Brunner (1998): Geologische Karte von Baden-Württemberg
1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung. LGRB-BW, Freiburg.
Abb. 13: Geologisches Standardprofil des Oberen Muschelkalks
(Rottweil-, Meißner- und Trochitenkalk-Formation) im Raum Stuttgart.
36
26
3.3 Keuper (236 bis 201 Millionen Jahre)
Ausgelöst durch tektonische Vorgänge im Zusammenhang mit der Wanderung der Kontinente hat sich das Muschelkalkmeer wieder langsam
zurückgezogen. Während der nun folgenden Keuper-Zeit wurden wieder festländisch geprägte, brackische, deltaische, limnische, fluvioklastische und äolische Sedimente in breiten und reliefarmen Tiefland-Flussebenen, in Seen und in Buchten abgelagert (85 % Tonsteine). Das
Klima war tropisch-feucht-warm und im Zentrum des Pangäa-Großkontinents ein trocken-heißes Kontinentalklima. Dieser flache Ablagerungsraum war nur durch schmale Pforten mit gelegentlichen und kurzen Meerwasserzuflüssen mit dem Weltmeer verbunden. In den abgeschnürten Meeresbecken kam es im sehr warmen und an Mineralien übersättigten Wasser zur Eindampfung und Absetzung von Karbonatsedimenten, Sulfatsedimenten und Salzen. Zur Lettenkeuper-Zeit kam es auch zu feinkörnigen Sandeinschüttungen durch ein großes Flussdelta aus
dem weit nördlich gelegenen "Fenno-Skandischen Hochland", das im Bereich des heutigen Baltikums und Skandinavien lag. Warme Winde
haben v.a. zur Zeit des Mittleren Keupers große Staubmassen in das Keuperbecken transportiert, aus denen mit der Zeit die mächtigen,
rötlich und auch grünlich-grau gefärbten Tonsteine der Dunkelroten Mergel, der Bunten Mergel und des Knollenmergels entstanden sind. Mit
dem Schilfsandstein, Kieselsandstein, Stubensandstein und Rhätsandstein treten dann z.T. mächtigere Sandsteinlagen auf. Diese wurden
teils von Hochgebieten aus dem weit entfernten "Fennoskandischen Hochland" (feinkörniger Schilfsandstein) und teils aus dem viel näher
und südöstlich gelegenen "Vindelizischen und Böhmischen Hochland" (grobkörniger Kieselsandstein, Stubensandstein und Rhätsandstein) in
breit verzweigten Flusssystemen und in großen Schwemmfächern in die warmen und trockenen Tieflandebenen des Germanischen Beckens
eingeschwemmt (Abb. 6). Je länger die Transportstrecke der Sandsedimente ist, desto feinkörniger ist später der abgelagerte und verfestigte
Sandstein. Die weicheren und weniger stabilen Gesteinskomponenten werden beim Transport zerrieben, so dass mit zunehmender Entfernung vom Liefergebiet der Anteil der erosionsbeständigen Quarzkörner aus den abgetragenen Kristallingesteinen zunimmt.
Auf den waldarmen Gäuflächen in Baden-Württemberg, so
Schichten gegenüber der Umgebung und der damit verbun-
auch im Bereich des Strohgäus und des Langen Feldes wird
die breite Ausstrichsfläche des Oberen Muschelkalks oft von
denen verstärkten Abtragung verantwortlich ist. Die Gesteine
des Lettenkeupers wurden in Ludwigsburg in den ehemali-
den wechselnd mächtigen und eher weich geformten Erosi-
gen Steinbrüchen in Hoheneck und in Eglosheim-Mäurach
onsresten des Lettenkeupers bedeckt.
abgebaut und als Baumaterial verwendet.
Der Lettenkeuper (Unterer Keuper) bildet keine eigene land-
Westlich des Neckars liegen über dem Lettenkeuper stellen-
schaftliche Schichtstufe und hat im Raum Ludwigsburg je
weise die Erosionsreste des ursprünglich über 100 m mäch-
nach Abtragungszustand eine Mächtigkeit von wenigen
tigen Gipskeupers (Mittlerer Keuper). Die überwiegend ter-
Metern bis maximal 23 m. Der Lettenkeuper bezeugt den
Wechsel von der rein meeresgeprägten Muschelkalk-Zeit zu
restrischen Ablagerungsverhältnisse mit der Ablagerung von
mächtigen Ton(Mergel-)sedimenten wurden hier immer
den stark festländisch beeinflussten Ablagerungsverhältnis-
wieder durch kurze Meeresvorstöße mit der Bildung von
sen der Keuper-Zeit. Er besteht aus einer engen Wechselfolge von geringmächtigen, gelblichen bis grauen Dolomitstein-
dünnen Kalk/Dolomitablagerungen und wechselndmächtigen Sulfatablagerungen bei einem ariden Klima un-
bänken (spätdiagenetisch dolomitisierte Kalksteine), grau-
terbrochen. Die Sulfatgesteine bestehen aus Anhydrit, der
grünen bis blaugrauen, z.T. dolomitischen Ton- und Schluff-
nahe der Erdoberfläche durch Wasseraufnahme und unter
steinen und graugrünen, feinkörnigen Sandsteinlagen und bänken. Die Sande wurden von Flusssystemen aus dem weit
Volumenszunahme in Gips umkristallisiert ist. Die Sulfatgesteine unterliegen oberflächennah, in Hangbereichen, in
nördlich gelegenen Baltikum herantransportiert. Die Karbo-
Tallagen und in Klingen bevorzugt der Auslaugung durch
natsteinbänke lassen sich über hunderte von Kilometern
korrelieren. Die Tonsteine verwittern oberflächennah zu
einsickerndes und zirkulierendes Wasser (Subrosion). Das
kann zur Bildung von Hohlräumen führen, hat Auswirkungen
weichen Tonmergeln, die Karbonat- und Sandsteine werden
auf die Baugrundqualität und kann zu komplexen Grund-
von der Verwitterung steinig-mergelig zerlegt. Vom Muschel-
wasserverhältnissen führen. Die höchste Restmächtigkeit im
kalk ausgehend sind örtlich Erdfälle möglich. Die Dolomit-
westlichen Markungsgebiet hat der Gipskeuper mit ca. 30 35 m im Bereich des Salonwaldes. Die Gips- und Anhydrit-
steine und die Sandsteine sind zum Teil sehr fossilreich. Im
"Hohenecker Kalk", der im Raum Ludwigsburg eine Flach-
gesteine in den ehemals ca. 15 - 18 m mächtigen, dolomiti-
wasserfazies des Lingula-Dolomits ist, wurden zahlreiche
schen Grundgipsschichten an der Basis des Gipskeupers
Versteinerungen von Muscheln und Wirbeltieren gefunden.
wurden hier und westlich des Neckars durch einsickerndes
Niederschlagswasser und durch Grundwasser aufgelöst und
In der Innenstadt ist der Lettenkeuper im Bereich des Tälesbachs schon stark abgetragen, während er im westlichen
und östlichen Markungsgebiet bei Eglosheim, bei Neckarweihingen/Poppenweiler und im südlichen Stadtgebiet bis
abgeführt. Hier sind nur noch schwachschichtige und bröckelige Tonsteine mit unruhiger Lagerung und wabenartige,
tonig-karbonatische Lösungsrückstände, sogenannte "Zel-
zum Salonwald oft bis zur vollen Mächtigkeit erhalten ist. Die
Ursache für die starke Abtragung der Keuperschichten im
lendolomite" übrig geblieben. Hohlraumbildungen im Gips-
westlichen Bereich von Ludwigsburg ist der "Schwäbisch-
In den flachwelligen Landschaftsteilen des Strohgäus und
Fränkischen Sattel", der für die tektonische Hochlage der
am Fuß der Keuperberge haben sich im Gipskeuper als
keuper sind in Ludwigsburg bisher nicht bekannt geworden.
27
Folge der Sulfatauslaugung oft flache und breite Talzüge und
nördlich gelegenen Fennoskandischen Hochland und Gebir-
Geländesenken mit Sumpfflächen gebildet (Subrosionsland-
ge bis zum Tethys-Meer im Süden als flaches und breit
schaft). In Ludwigsburg sind das der Altachgraben und die
verflochtenes Flussarmsystem und Delta erstreckt hat
Tallagen im Bereich Monrepos. Man nimmt an, dass die
Bildung der Strohgäufläche stark mit der Auflösung der
(Nordischer Keuper). Durch den langen Transportweg ist
dieser Sandstein feinkörniger, als die jüngeren und nicht so
Sulfatschichten im Gipskeuper auf breiter Front zusammen-
weit transportierten Keupersandsteine von Stubensandstein,
hängt. Östlich des Neckars ist der Gipskeuper unter der
Kuppe des Lembergs in nahezu vollständiger Mächtigkeit
Kieselsandstein und Rhätsandstein aus dem Vindelizischen
Hochland (Vindelizischer Keuper). Der Schilfsandstein tritt in
erhalten. Er wird hier in einer tektonischen Tieflage (Mulden-
zwei Faziesausbildungen auf (Fazies = Gesicht): Die "Rinnenfazies" wird von den bis zu 35 m mächtigen, braunroten und
und Grabenbildung) unter einer Kappe aus Schilfsandstein
bis heute vor der Erosion geschützt. Der Gipskeuper am
Lemberg besteht aus mächtigen, violettrot, grünlich oder
olivgrau gefärbten und undeutlich geschichteten Ton-
grünlichen Sandsteinformationen gebildet, die innerhalb der
schmalen und lang gestreckten Delta-Arme sedimentiert
wurden und die sich oft in den unterlagernden Gipskeuper
(Mergel)steinserien mit vielen Lagen von feinschichtigen,
plattig gebankten und knolligen Sulfatgesteinen. Nahe der
erosiv eingeschnitten haben. Diese Sandsteine treten heute
Erdoberfläche sind auch hier die Sulfatgesteine oft ausge-
ander verzweigte, rinnenförmige Sandsteinstränge an den
Rändern und in den Tälern der Keuperbergländer in Baden-
laugt. Geringmächtige, aber über weite Bereiche verfolgbare
Dolomitsteinhorizonte durchziehen und untergliedern den
Gipskeuper, z.B. Anatina-Bank, Acrodus-Corbula-Bank,
als von Nordosten nach Südwesten verlaufende und mitein-
Württemberg in Erscheinung und zeichnen den ehemaligen
Bleiglanzbank und Bochinger Bank. Diese können sich in
Verlauf des breit verzweigten Flussdeltas nach. Die Sandsteinbänke wurden von der Erosion an den Steilstufen und in
Hangbereichen durch schwache Geländeknicke und
den Bachklingen oft deutlich herauspräpariert und bilden
Verebnungen bemerkbar machen. Entlang der zusammenhängenden Keuperbergländer rund um das Neckarbecken
oberhalb des Gipskeupers eine kleine Schichtstufe, gelegent-
bildet der Gipskeuper einen breiten und oft welligen Hangfuß
lich auch mit Felswänden und darüber mit oft gut erkennbare Verebnungsflächen. Nach der Mineralzusammensetzung
und den ersten Steilanstieg der Keuperschichtstufe mit
Streuobstwiesen und Weinbergen. Die Gesteine und v.a. die
mit Quarz, Feldspäten, Glimmer und Schieferteilchen ist der
Tonsteine von Lettenkeuper und Gipskeuper sind an der
von 5 - 20 Meter mächtigen, dunkelrotbraunen und feinsandig-siltigen Tonsteinlagen gebildet, die in den breiten Flach-
Oberfläche und unter den jungen, kaltzeitlichen Deckschich-
Schilfsandstein eine "Grauwacke". Die "Normalfazies" wird
ten zu lehmig-steinigen Frostschuttdecken verwittert und oft
mit Lösssedimenten vermischt. Schon an flachen Hängen
wasserbereichen zwischen den Delta-Armen abgesetzt wur-
sind sie oft zu Fließerden und Hanglehmen umgelagert. Die
tion aus und tritt an den Erosionsränder der Keuperschichtstufe im Gegensatz zur mächtigeren Rinnenfazies morpholo-
unausgelaugten Grundgipsschichten wurden früher in Asperg und in Leonberg abgebaut und zur Gipsherstellung
verwendet.
Die bewaldete Kuppe des Lembergs wird vom dort etwa 25
m mächtigen Schilfsandstein (Mittlerer Keuper) als Erosionsrest einer ehemals weitflächigen Bedeckung gebildet. Die
Entstehung dieses Zeugenberges wird in Kapitel 3.7 be-
den. Sie macht mehr als die Hälfte der Schilfsandsteinforma-
gisch oft kaum in Erscheinung. Der Schilfsandstein am Lemberg besteht aus gut gebankten, feinkörnigen und kalkig
gebundenen Sandsteinen der Rinnenfazies mit feinsandigen
Tonsteinlagen (Abb. 25). Die Sandsteine zeigen oft eine
Schrägschichtung und Rippelbildung, die durch die Ablagerung im fließenden Wasser entstanden ist. Die Verhältnisse
zur Schilfsandsteinzeit sind mit denen im heutigen Missis-
schrieben. Den Namen erhielt der Schilfsandstein von den
versteinerten Schachtelhalmresten, die man früher für Schilf
sippi Delta in Louisiana, USA vergleichbar. Im Stuttgarter
hielt. Die Sedimente des Schilfsandsteins wurden durch eine
chen abgebaut und auch in Ludwigsburg zum Bau von Häusern und Mauern verwendet.
riesige Flusslandschaft herantransportiert, die sich vom weit
Raum wurde der Schilfsandstein in zahlreichen Steinbrü-
Die flächig abgelagerten höheren Keuperschichten aus Schilfsandstein, Bunten Mergeln, Kieselsandstein, Stubensandstein, Knollenmergel und
Rhätsandstein bilden die Steillagen, Verebnungsflächen und Hochflächen der oft bewaldeten Keuperbergländer rund um das Neckarbecken. Sie
wurden in Ludwigsburg seit der Heraushebung unseres Landes aus dem Meer vor etwa 145 Mio. Jahren aber ebenso abgetragen, wie die noch
höher liegenden und jüngeren Schichten des Juras. Durch diese Abtragung ist in der Kreide-Zeit eine Rumpfflächenlandschaft mit flachen und
nach Süden und Südosten zur Urdonau entwässernden Tälern entstanden. Die nördlichen Bereiche dieser Bäche und Flüsse mit geringer Erosionskraft sind seit der Neogenzeit durch rückschreitende Erosion des nordöstlich und tiefer liegenden und damit stärker erodierenden RheinNeckarsystems angezapft und nach Norden und Osten umgelenkt worden. (Abb. 20 und 26). Im Eiszeitalter seit 2,6 Ma kam es während der
Kaltzeiten zu einer verstärkten physikalischen Verwitterung und Abtragung der Böden und Gesteine durch Frostverwitterung -> Durchmischung
und Abschwemmung durch oberflächliche Frost-Tauwechsel im wassergesättigten Permafrostboden. Es kam zu Ablagerungen von windgetragenen Lösssedimenten auf Hochflächen und im Windschatten von Erhebungen und zur Ablagerung von Auensedimenten in den Tälern. Die heutige
Landschaftsoberfläche zeigt den Zustand nach der letzten Würm-Kaltzeit. Auf den alten, stark erodierten, verwitterten und oft felsartigen Grundschichten der Muschelkalk- und der Keuper-Zeit liegen tonig-steinige Verwitterungsbildungen und die weicheren und grob- bis feinkörnigen
Deckschichten-Ablagerungen aus der viel jüngeren Würm-Kaltzeit mit Resten aus der Riss-Kaltzeit und älterer Kaltzeiten (Abb. 17).
28
36
(StuttgartFormation)
Abb. 14: Geologisches Standardprofil des Lettenkeupers (Erfurt-Formation)
- Unterer Keuper- im Raum Stuttgart.
Schichtprofile aus: H. Brunner (1998): Geologische Karte von Baden-Württemberg
1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung. LGRB-BW, Freiburg.
Abb. 15: Geologisches Standardprofil des Gipskeupers (Grabfeld-Formation)
- Mittlerer Keuper- im Raum Stuttgart im Raum Stuttgart.
36
29
3.3.1 Fossilien im Keuper
Im Vergleich zum marin geprägten Muschelkalk verändern sich die Klima- und Ablagerungsbedingungen im Keuper deutlich. Der Meerwasserzufluss in das Germanische Becken wurde immer mehr eingeschränkt. Es bildeten sich flache und verlandende Buchten und Rinnen mit
Sumpfgebieten, die im kontinentaler werdenden Klima immer wieder austrockneten. Die marine Lebewelt wurde zunehmend von brackischen
und limnischen Lebensformen abgelöst. In abgeschnürten Meeresbecken und nach vereinzelten, kurzen Meeresvorstößen, kam es im sehr
warmen und an Mineralien übersättigten Wasser zur Eindampfung und Absetzung von Karbonatsedimenten, Sulfatsedimenten und Salzen.
Der Keuper ist wegen der für das Leben oft schwierigen Verhältnisse in den terrestrisch und fluviatil geprägten Lebensräumen insgesamt
fossilarm. Mit den gefundenen Fossilien können die damals vorherrschenden Lebens- und Klimabedingungen aber gut rekonstruiert werden.
Lettenkeuper
Im engschichtig gegliederten Lettenkeuper findet man Fossilien aus dem festländischen Milieu, aus Brackwasser und
Flachwasserbereich mit recht günstigen Lebensbedingungen
vermuten, der sich von den weniger fossilreichen und
Süßwasser und auch marine Fossilien. Eine biostratigraphi-
gleichalten Lingula-Schichten durch viele Fossilreste abhebt.
sche Altersgliederung ist wegen dem Fehlen von Leitfossilien
nicht möglich. Daher wird der Lettenkeuper lithostratigra-
Eine große Muschelfauna, die von Myophoria intermedia,
Costatoria goldfussi, Unionites, Bakevellia substriata,
phisch mit Hilfe der Karbonatsteinbänke gegliedert. Durch
Pleuromya und Pseudocorubla dominiert wird, zeigt ein
einen Anstieg der Salinität des Meeres in der betrachteten
deutlich marines Gepräge. Zusätzlich sind noch Gastropoden
Region wurden die Lebensbedingungen schlechter und die
Fauna verarmte. Im oft flachen Brackwasser fehlen daher
(Schnecken) zu finden. Teilweise wurden größere Wirbeltierknochen und Zähne verzeichnet, die aber meist stark zer-
Ceratiten und kalkschalige Brachiopoden. Muscheln wie
brochen und abgerollt waren, was auf einen Transportweg
Myophoria goldfussi sind darum entscheidend für die Zu-
schließen lässt. Auch Haifisch-Zähne (Nr. 7, 8) und Flossen-
ordnung der Schichten. Eine Änderung der biomischen
Bedingungen lässt auch Funde von Fisch- und Saurierresten
stacheln gibt es im Hohenecker Kalk. Doch erst durch zahlreiche Funde von Reptilien und Lungenfisch-Zahnplatten der
zu. Auch Fossilien von landlebenden Sauriern treten auf.
Gattung Ceratodus und Ptychoceratodus wurde der Kalk
Somit gab es zumindest Zeitweise eine Verbesserung der
Lebensbedingung für diese Arten. An der Basis des Letten-
berühmt. Dennoch war auch für diese großen Fische hier
nicht immer der richtige Lebensraum, da viele der Zahnplat-
keupers liegt das fossilreiche und oft nur 1 cm mächtige
ten Abrollerscheinungen zeigen, also noch zerbrochen und
Grenzbonebed mit Schuppen und Zähnchen von Fischen
transportiert wurden. Erstmalig gelang es ein zusammen-
und Knochenresten von Sauriern. Im höheren Unteren Keuper findet man in der sogenannten Anthrakonit-Bank reich-
hängendes Skelett von einem Pachypleurosaurier, den
Neusticosaurus, freizulegen. Es wurden sogar etwa 100
lich Fossilien und Bonebed-Lagen. Im dolomitischen Mergel-
dieser kleinen Saurier auf einer Stelle gefunden, was natür-
schiefer treten dann neben Bonebed-Lagen Palaeestherien,
Linguliden - eine Brachiopoden Art (Abb. 16, Nr. 6) und
lich sehr ungewöhnlich ist. Daher werden hier besondere
Umstände, wie ein kleines, lokales Massenaussterben ver-
Ostracoden - winzige Muschelkrebse von 0,5-2 mm auf (Nr.
mutet. Die toten Tiere wurden dann von der Strömung ver-
5). In den Unteren Dolomiten lassen sich Bonebed Nester
driftet und an einer geeigneten Stelle zusammenge-
mit Lingula-Schalen finden, zudem Grabgänge und Pflanzenreste. Das häufigste Auftreten von Pflanzenresten, die
schwemmt, abgelagert und fossilisiert. Knochenreste von
mehren Meter großen Nothosaurus giganteus wurden auch
stellenweise als mächtige, inkohlte Lagen (Lettenkohle) auf-
gefunden.
treten können, findet sich jedoch im jüngeren AnoplophoraDolomit. Schachtelhalme (Nr. 11) sind hierfür ein gutes
Beispiel.
Im nördlichen Bereich von Ludwigsburg zwischen Hoheneck
und Eglosheim wurde im stratigraphischen Bereich des
Lingula-Dolomits und der Grünen Mergel eine spezielle
Fazies (Ausbildung) des Gesteins gefunden. Fundstätten
dieses "Hohenecker Kalks" sind zwei ehemalige Steinbrüche
in Hoheneck beim Tierheim und in Eglosheim-Mäurach. Der
Hohenecker Kalk ist ein gelblicher, körniger und stark poröser, recalcitisierten Dolomit mit einer Mächtigkeit von 8 - 9
m. Die Porosität und somit seine gute Bearbeitbarkeit macht
ihn zu einem guten Baumaterial. Die dort gefundene, reichliche Fossilienfauna und -flora lässt einen eng begrenzten
30
36
Abb. 16: Lebewelt und Fossilien des Unteren
und des Mittleren Keupers.
Zeichnung und Text aus H. Brunner (1998): Geologische Karte von
Baden-Württemberg 1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung,
Hrsg.: LGRB-BW, Freiburg.
Gipskeuper
Die mächtigen Tonmergelsteine des Gipskeupers werden
den kompakten Grundgipsschichten und weiter oben auch
keupers finden sich zudem Muschelschalennester mit kleinen Knochenbruchstücken die sich bis hin zu Lagen aus-
von engschichtigen und knolligen Sulfathorizonten durchzo-
breiten können. Erst in den Estherienschichten tritt eine
genen. Dünne Karbonatsteinhorizonte machen eine lithostratigraphische Gliederung möglich. In den Tonsteinen
reichhaltigere Fauna mit verschiedenen Muschelarten der
Lamellibranchiaten (Abb. 16, Nr. 1 - 4) auf. Auch das Leit-
finden sich vereinzelt Muscheln, wie Myophoria goldfussi,
fossil des Gipskeupers Palaeestheria fimbricata wurde in
die Krebstiere Euestheria minuta, Fische und nicht näher
dieser Schicht abgelagert.
bestimmbare Schnecken. In der Bleiglanzschicht des GipsSchilfsandstein
Über dem Gipskeuper folgen die teilweise in diesen erosiv
eingeschnittenen Gesteine des Schilfsandsteins. Namens-
feinsandigen Stillwasserbereichen ausgebreitet haben.
gebend waren hier die häufig gefundenen Reste von Schach-
erkennen. Diese bildeten sich nach Anschwemmung und
telhalmgewächsen (Abb. 16, Nr. 11), die man früher für
Anhäufung der abgestorbenen Vegetation und Inkohlung
durch den hohen Druck der überlagernden Schichten. Ne-
Schilf hielt. Die ebenfalls gefundenen fossilisierten oder
inkohlten Reste von anderen Pflanzenarten (Abb. 16, Nr. 9 14), lassen auf üppig bewachsenen Sumpflandschaften
schließen, die sich zwischen den sandigen Flussarmen eines
interferierenden (weitverzweigten) Flusssystems in den tonig-
Örtlich lassen sich auch dünne Kohleschichten im Gestein
ben Fossilien der Flora sind im Schilfsandstein gelegentlich
auch Muscheln und Reste von Dachschädellurchen, von
Theropoden - eine Unterordnung der Saurier und eine kleine
Panzerechse, Dyoplax arenaceus zu finden.
3136
3.4 Quartär (2,6 Millionen Jahre bis heutige Zeit)
Am Übergang von der Neogen-Zeit in die Quartär-Zeit vor etwa 2,6 Mio. Jahren hat sich das Klima auf der Erde grundlegend verändert. Die
zuverlässig milden bis sehr warmen Klimaverhältnisse von der Perm-Zeit bis zum Beginn der Neogen-Zeit wurden unbeständiger und kälter.
Es kam zu zyklisch auftretenden Wechseln von längeren Kaltzeiten und kurzen Warmzeiten. Während der jüngeren Kaltzeiten des Pleistozäns
(Würm, Riß, Hoßkirch, Cromer, Bavel) kam es durch die Abkühlung in der Atmosphäre zur Bildung von großen Eismassen, die von den Polen
bis in die Kontinente der gemäßigten Breiten vorgestoßen sind. Auch viele Mittel- und Hochgebirge und deren Vorländer wurden von diesem
Klimawandel erfasst und es haben sich dort große Gebirgs- und Vorlandgletscher gebildet. Durch die Umwandlung von viel Meerwasser über
Schneeniederschläge in Eis kam es auch zu einer Absenkung des weltweiten Meeresspiegels um bis zu 140 m. Der Raum Ludwigsburg war
immer eisfrei, aber es herrschte hier ein kaltes und trockenes Tundra- und Steppenklima mit Permafrostböden und spärlichem Bewuchs. Die
heutige Landschaftsoberfläche im Strohgäu wird zu einem großen Teil von mehreren Metern Lösssedimenten, von Verwitterungsbildungen
und örtlich von Schuttsedimenten und Talsedimenten aus dem Periglazial der Riß-Kaltzeit und v.a. aus der letzten Würm-Kaltzeit gebildet.
Diese bedecken fast überall die über 200 Mio. Jahre älteren und erodierten Schichten des Muschelkalks und des Keupers. Ohne die
Lösssedimente und dem Verwitterungsprodukt Lösslehm wäre der Anbau von Nutzpflanzen im Strohgäu nicht so ertragreich.
Die heutige Landoberfläche wird fast überall von den 0,5 bis
über 10 m mächtigen und oft wenig verfestigten Deck-
lehm verwittert. Wegen der rhythmischen tektonischen He-
schichten aus der Zeit des Quartärs gebildet. Das Quartär
bung unseres Landes schnitten sich die Flüsse vor allem
während der schmelzwasserreichen Phasen zu Beginn und
gliedert sich in das Pleistozän = Eiszeitalter vor ca. 2,6 Milli-
am Ende der Kaltzeiten in die Landschaft ein und hinterlie-
onen Jahren bis 11.700 Jahren und in das Holozän = Jetztzeit und Warmzeit seit 11.700 Jahren. Während der Kaltzei-
ßen auf den Hochflächen und an den Talflanken Reste ihrer
ten im Pleistozän gab es im heutigen Strohgäu nie eine
sandigen Schotter in der Aue des Neckartals mit örtlichen
Gletscherbedeckung. Der Boden in diesem trocken-kalten
Faulschlammlinsen stammen aus der Würm-Kaltzeit und
Periglazialgebiet mit Klimaverhältnissen wie heute in Nordsibirien war aber bis zu 100 m tief gefroren und zum Teil mit
aus dem Holozän. Die Sande und Schotter aus Jurakalken
Gräsern und niedrigen Sträuchern bewachsen. In den kur-
und in der Bauindustrie verwendet. Die 10 bis 20 m über
der Talaue liegenden Schotterterrassen stammen aus den
zen Sommern tauten die Permafrostböden an der Oberfläche zu einer breiigen und schon bei leichter Hangneigung
fließfähigen Masse auf. Die Festgesteine des Gips- und
Lettenkeupers und des Muschelkalks wurden im wasserge-
Schotterablagerungen als Höhen- und Terrassenschotter. Die
wurden im Neckartal in zahlreichen Kiesgruben abgebaut
Riß-Kaltzeiten, die höher liegenden Schotterreste stammen
aus älteren Kaltzeiten. Die über den Neckarschottern liegenden, braunen und schluffig-feinsandig-tonigen Auenleh-
sättigten Boden durch Frost-Tauwechsel entfestigt, aufgearbeitet und zu tonig-schluffig-steinigen Verwitterungslehmen,
me wurden großteils durch Hochwasserereignisse im Alter-
Frostmischböden, Fließerden und Abschwemmmassen verwit-
großflächig betriebene Waldrodung, die zu starken Boden-
tert und umgelagert. An Hängen und Talflanken entstanden
abschwemmungen geführt hat. Im Neckartal gibt es am
durch Frostverwitterung und Fließvorgänge (Solifluktion)
Zipfelbach bei Poppenweiler und bei der Kläranlage Hoheneck flache Schwemmfächer mit kiesig-lehmigen Ablagerun-
tonig-sandige Fließerden und Hanglehme, z.T. mit Löss und
tum und im Mittelalter abgelagert. Ursache war die damals
steinig-kantiger Hang- und Talschutt. In den flachen Tälchen
gen aus den in das Neckartal eintretenden Seitentälern.
haben sich lehmig-tonige Bachablagerungen, oft vermischt
Durch die Verringerung des Gefälles vom steileren Seitental
mit organischen Bestandteilen und mit gemischtkörnigen
Abschwemmmassen und Lösslehm abgelagert. V.a. im
in das flachere Neckartal werden die gröberen und schwereren Sedimente nicht weitertransportiert und hier fächerför-
Bereich des Gipskeupers gibt es, bedingt durch die Auslau-
mig abgelagert. An einigen Quellen und Bächen in Ludwigs-
gung der Grundgipsschichten und der damit verbundenen
Gefällsreduzierung, ausgedehnte und sehr feuchte anmoori-
burg findet man Süßwasserkalke. Diese entstehen durch das
ge Flächen mit einem hohen Anteil an organischen Bestand-
Ausfällen von Kalk beim Erwärmen und Verdunsten des
Wassers. Der Kalk umschließt oft auch Pflanzen, wie z.B.
teilen (Monrepos, Altach-Graben). Während der Riß-Kalt-
Moos, und erhält dann eine poröse Struktur.
zeiten vor 380.000 - 125.000 Jahren und während der
Würm-Kaltzeit vor 115.000 - 11.700 Jahren wurde Gesteinsstaub durch starke Südwestwinde aus den vegetationsarmen
Östlich von Poppenweiler an der Straße nach Hochdorf
wurde früher in einer kleinen Kiesgrube Travertin abgebaut.
und oft trockenen Schotterebenen des Oberrheingrabens
Travertin (Lapis Tiburtinus nach einem Vorkommen am
ausgeblasen und auf den östlich gelegenen Grassteppen
und baumlosen Tundraflächen des heutigen Strohgäus als
Tiber bei Rom) ist eine Quellkalkablagerung, die überwie-
gelblich-grauer Löss abgelagert. Dieser ist heute an der
gend während der Warmzeiten gebildet wurde. Das Grundwasser wurde hier mit aufsteigendem Kohlendioxid (CO2)
Oberfläche oft 0,5 - 2 m tief zu rostbraun gefärbtem Löss-
aus dem Erdmantel angereichert und ist als kohlensaures
32
Wasser (H2CO3) an tektonischen Störungszonen ausgetreten.
der Innenstadt, in Cannstatt, Münster und Untertürkheim,
Durch das Entweichen des Kohlendioxids am Quellaustritt
die als Werksteine abgebaut wurden. Der Travertin wurde
infolge der Temperaturzunahme und des Druckabfalls ha-
dort an den Austrittstellen der kohlensäurehaltigen Mineral-
ben sich die eisenhaltigen und gelbbraun gebänderten Sauerwasserkalke, oft mit Einschlüssen von Pflanzen- und Tier-
quellen v.a. in den warmen Zwischeneiszeiten und im Holozän großflächig abgelagert. Diese Quellen sind seit etwa
resten gebildet. Das heute zugeschüttete Kiesvorkommen ist
500.000 Jahren im Bereich von Störungszonen des Filder-
der Rest einer Schotterterrasse aus dem Frühen Pleistozän.
Sehr bekannt sind die großen Travertinvorkommen von
grabens aktiv und bilden das bedeutendste Mineralwasservorkommen in Deutschland.
Stuttgart in
Gäuflächen
Lösslehm
Löss
LB-Innenstadt
Frost- und Verwitterungsschutt (Frostmischböden),
Fließerden
Höhenschotter
Neckartal
Abschwemmmassen,
Bachablagerungen,
Talauen
Hanglehme, Fließerden
Auffüllung
LB-Neckarweihingen
Reste kaltzeitlicher Schotterablagerungen:
- Höhenschotter (Pliozän und Frühes Pleistozän)
- Höhere Terrassenschotter (Mittleres Pleistozän)
- Tiefere Terrassenschotter, Hoch- und Niederterrassenschotter der
Riß- und Frühwürm-Kaltzeit (Mittleres- und Spätes Pleistozän)
Erdfall
Reste von Gipskeuper und Lettenkeuper
Hangschutt,
Talschutt
Auffüllung: Lehmig-sandiger Schutt, Steine, Schlacken, Schadstoffe.
Auenlehme
Sandige Talkiese
mit Schlicklinsen
Schotter von
Würm-Kaltzeit
und Holozän
Lössführende
Fließerde
Lösslehm: Gelblich-rostbrauner, entkalkter, verlehmter und verdichteter
Schluff und Ton. Oft vermischt mit Abschwemmmassen und Frostschutt.
Löss: Während der Kaltzeiten durch Wind transportierter, fahl-gelbgrauer,
kalkhaltiger und poröser Schluff (= Korngröße zwischen Ton und Sand).
Frost- und Verwitterungsschutt: Kaltzeitliche Böden und Solifluktionsböden mit umgelagerten
Keuper- und Muschelkalksteinchen in bindiger Matrix aus feinsandigem Ton und Schluff.
Oberer
Muschelkalk
z.T. verkarstet
Mittlerer
Muschelkalk
Abschwemmmassen, Bachablagerungen, Talauen: Graubraune, schluffig-tonige Zusammenschwemmungen mit Sand und kantigen Gesteinsbruchstücken und oft vermischt mit Lösssedimenten.
Oft weich bis breiig und mit organischen Resten. Alte, mit Lehm und Ton plombiere Tälchen.
Salze ausgelaugt,
Anhydrit und Gips
in Auslaugung.
Kaltzeitliche Terrassenschotter: Gelbliche bis bräunliche und sandige, wenig gerundete Flussschotter
in unterschiedlichen Höhenlagen über der Talaue. Oft löchrig und konglomeratisch verfestigt.
Unterer
Muschelkalk
Hanglehm, Fließerde: Brauner Verwitterungslehm aus Keupertonsteinen mit wechselnd steinigen Anteilen.
Oft vermischt und verzahnt mit abgeschwemmtem Lösslehm, gelegentlich rutschend.
Hangschutt: Brauner Verwitterungslehm mit hohen kiesig-steinigen Anteilen bis hin zu einem tragfähigen Steingerüst aus
schwerer verwitterbaren Gesteinen von Gipskeuper, Lettenkeuper und Muschelkalk. An Steilhängen gelegentlich rutschend.
Talschutt: Steinige Schuttmassen und Blöcke am Talfuß (Gesteinsschutt) in tonig-, sandig-, schluffiger Grundmasse.
Auenlehm: Braune, feinsandig-tonige Schluffe mit schwarzen, organischen Bestandteilen (abgesetzte Hochflutsedimente).
Großteils im Altertum und Mittelalter infolge von Waldrodung und Ackerbau abgelagerte Abschwemmungen.
Talkies (Neckarschotter): Sandige und wenig gerundete Jurakalke mit Schlicklinsen aus Würm-Kaltzeit und Holozän.
Erdfälle: Vertikale Lösungshohlräume im Muschelkalk. Hochbrechen bis an die Oberfläche. Oft Plombierung mit Lehm und
Steinen.
Abb. 17: Profilschnitt der quartären Deckschichten auf den Gäuflächen, in Hangbereichen und im Neckartal.
(schematisch und überhöht).
Löss und Lösslehm
Löss ist ein vom Wind getragenes (äolisches) Sediment aus
Gletschern und aus weitläufigen Flussebenen durch starke
überwiegend schluffigem und gut sortiertem Gesteinsstaub,
das etwa 10 % der Landoberfläche der Erde bedeckt. Löss
und beständig wehende Winde ausgeblasen. Heutzutage
findet Lösssedimentation z.B. in Zentralasien statt, wo Staub
wurde vor allem während der kalten und trockenen Hochgla-
aus Wüstengebieten in die randlichen Grassteppen ausge-
zialzeiten innerhalb der Riß- und Würm-Kaltzeiten aus den
blasen wird. Im Strohgäu ist Löss flächig verbreitet und das
vegetationsarmen und oft trockenen Schotterflächen vor den
Verwitterungsprodukt Lösslehm begründet die hohe Frucht-
33
barkeit dieser Landschaft. Der Löss im Raum Ludwigsburg
verwitterten die oberen 0,5 - 2 m des Lösses zu gelbbraun
wurde aus oft den abgetrockneten Überschwemmungsgebie-
bis rostbraun gefärbtem, dichtem, schluffig-tonigem Löss-
ten der Schotterebenen des Oberrheingrabens und in gerin-
lehm mit hoher Kapillarität. Hier kann sich die Bodenfeuchte
gem Umfang von den Hochflächen des damals waldfreien
Schwarzwaldes durch beständig wehende Westwinde ausge-
lange halten und oberflächennahes Grund- und Schichtwasser kann kapillar aufsteigen. Das ist zusammen mit dem
blasen und nach Osten transportiert. Bei diesem luftgetrage-
hohen Mineralgehalt und mit der guten Bearbeitbarkeit die-
nen Transport wurden die großen und schweren Sandpartikel schon nach kurzer Transportstrecke wieder abgelagert,
ses Bodens mit ausschlaggebend für die hohen landwirtschaftlichen Erträge im Strohgäu. Bei der Verwitterung wer-
wie z.B. die Dünen bei Hockenheim und Schwetzingen,
den die Karbonate durch das kohlensäurehaltige Nieder-
während die feinen und leichten Schluff- und Tonpartikel
schlagswasser und durch die Humussäuren der Waldböden
weiter transportiert wurden. Mit nachlassender Windgeschwindigkeit wurde der Staub im Windschatten von Tal-
gelöst und in tiefere Bodenhorizonte verlagert. Dort werden
sie oft in Kalkkongretionen als sogenannte "Lösskindl" ausge-
und Beckengebieten, auf den weiten Verebnungen der
schieden. Durch die Oxidation der Eisenverbindungen im
Gäuflächen, am Fuße der Keuperberge und auf der Filderebene abgelagert. Unterstützt wurde die Sedimentation
karbonatischen Bindemittel kommt es zur rötlich-braunen
durch das Einfangen des Staubes von den Gräsern und
Verfärbung des Bodens (Goethit, Limonit). Dabei überzeihen
die Eisenhydrooxide als dünne Häutchen die Mineralkörner.
Sträuchern in der baumlosen Steppe und Tundra. Mit zu-
Die Feldspäte und andere Silikate werden zersetzt, in Ton-
nehmender Sedimentbildung wurde die Vegetation zugeschüttet und hat nach ihrem Absterben und Auflösung in
minerale umgewandelt und der Boden verschlämmt und
vielen Lössablagerungen eine vertikal-haarröhrenförmige
verdichtet sich. Durch weitere bodenbildende Prozesse
(Tonverlagerung etc.) entstehen schließlich die fruchtbaren
Textur hinterlassen, die stabilisierend und gut drainierend
Braunerden, Parabraunerden und Schwarzerdeböden. An den
wirkt. Das führt zusammen mit der kantigen Kornform der
Lösskörner und mit der sekundären Kalkzementation zu
Hängen östlich des Neckars ist der Lösslehm oft mit Fließer-
einer hohen Standfestigkeit und macht die Anlage von Hohl-
den umgelagert. Lösslehm ist oft feucht, kann breiige Zonen
enthalten und ist dann rutschgefährdet. Er ist durch den
wegen mit senkrechten Wänden möglich. Wird der Löss
jedoch fluviatil umgelagert und verwittert (Sekundärlöss,
und schlechtere Baugrundeigenschaften als unverwitterter
Tongehalt plastisch und hat eine geringere Standfestigkeit
Lösslehm, Schwemmlöss), verliert er diese Struktureigen-
Löss. Bei Austrocknung, v.a. im Sommer und Herbst, können
schaften. Er wird weich und ist rutschgefährdet. Der gelb-
Lösslehm und tonhaltige Böden bis in Tiefen von um die 2 m
graue bis fahlbraune Primärlöss ist ungeschichtet, homogen
und schwach durch Kalk verfestigt. Löss besteht zu 50 -
schrumpfen. Der Boden wird dann rissig und zerfällt in klei-
80% aus Quarzkörnern mit bis zu 30% Karbonaten (Kalk
und Dolomit), mit Beimengungen von 10 - 20% Feldspäten,
ca. 10% Tonmineralen und aus anderen Mineralen. Charak-
ne Stücke. Setzungen an flach gegründeten Gebäuden können die Folge sein. Lösssedimente sind empfindlich gegenüber Winderosion (Deflation). Im Strohgäu wurde der Lösslehm auf vielen Geländekuppen nach der Rodung der Wäl-
teristisch ist die poröse Struktur mit einem Porenvolumen
der durch Winderosion in seiner Mächtigkeit reduziert und
von bis zu 40%. Die Korngröße liegt je nach dem Ausgangs-
stellenweise ganz abgetragen. Der Lösslehm wurde früher in
Gruben abgebaut und zur Ziegelherstellung verwendet
gestein und der Entfernung zum Liefergebiet im Mittel- bis
Grobschluffbereich (0,006 bis 0,063 mm) und oft mit Bei-
(Steinbruch Hubele, ehem. Ziegelwerke am Römerhügel).
mengungen von Feinsand und Ton. Im Löss werden oft
Die weit verbreiteten und fruchtbaren Lösssedimente auf der
Reste von Schneckengehäusen und gelegentlich Zähne und
Erde sind mitverantwortlich dafür, dass heute fast 8 Milliarden Menschen ernährt werden können.
Knochen von Säugetieren gefunden. Im feuchten und warmen Klima der Warmzeiten (Eem-Warmzeit und Jetztzeit)
Am Ostrand der Grünanlage-Hungerberg in Ludwigsburg-Hoheneck sind Löss, Lösslehm und Schotter der Würm- und RissKaltzeiten in einem geologischen Fenster zu sehen und auf einer Schautafel beschrieben.
34
3.4.1 Fossilien in den quartären Deckschichten
Während der Kaltzeiten war das Klima in Mitteleuropa außerhalb der Gletscherbedeckung
überwiegend
kühl000
bis kalt
undalten
trocken
und der
del des etwa 300
000 bis 400
Jahre
Urmenschen
Boden war gefroren. In den kurzen Warmzeiten war es gemäßigt-warm und
feuchter
und
zum
Teil
wärmer
als
heute.
Die
kaltzeitlichen
Homo steinheimensis (Nr. 15) geborgen werden. Eine
Tundren und Steppen waren meist baumlos und waren oft mit Gräsern und niedrigen Sträuchern bedeckt (Wermut und Heidekraut). Sie
wurden von großen Säugetieren bevölkert, die sich an das raue und wechselhafte Klima angepasst haben. Wenn in den Wärmephasen oder
in Zwischenkaltzeiten die Gletscher schmolzen und die Permafrostböden in den eisfreien Gebieten aufgetaut sind, konnten sich vermehrt
Bäche, Seen und Sümpfe mit einer daran angepassten Flora und Fauna bilden.
Am Häufigsten lassen sich im Löss die kleinen, weißen Ge-
umfangreiche warmzeitliche und z.T. auch kaltzeitliche Flora
häuse der Landschnecken Trichia hispida, Fructicicola
und Fauna aus dem Quartär wurde in den bis zu 30 m
hispida, Succinea oblonga und Pupilla muscorum (Abb. 18,
Nr. 3-5) finden. Auch ein vollständiger Schädel mit den
mächtigen Travertinablagerungen (Sauerwasserkalke) im
Austrittsbereich der Cannstatter Mineralquellen in Stuttgart
Stoß- und Backenzähnen (Nr. 7) eines Mammuts (Abb. 9)
im Neckartal und im Nesenbachtal gefunden. Gegen Ende
oder ein vollständiges Geweih, Gebiss und Skelettteile von
der der Würm-Kaltzeit bis vor etwa 8.000 Jahren sind plötz-
einem Riesenhirsch (Nr.16) wurden aus den Lössschichten
schon ausgegraben. Ebenso andere Wirbeltierreste, z.B. von
lich viele große Säugetiere, wie z.B. das Mammut, das Wollnashorn und der Säbelzahntiger ausgestorben. Die Gründe
Wildpferden (Nr. 11) und Wollnashörnern (Nr. 8). In einer
sind noch nicht geklärt. Möglicherweise war eine schnelle
Kiesgrube in Steinheim am Neckar konnte ein Frauenschä-
Abkühlung das Klimas in Verbindung mit dem sich vermehrenden und jagenden Menschen die Ursache.
Abb. 18: Lebewelt und Fossilien des Pleistozäns.
Zeichnung und Text aus H. Brunner (1998): Geologische Karte von Baden-Württemberg
1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung, Hrsg.: LGRB-BW, Freiburg.
35
Bildtafeln
Bild 1 links: Löss und Lösslehm mit "Lösskindl" an der geologischen Schautafel im Grünpark Hungerberg.
Bild 2 rechts: Neckarschotter aus der Riss-Kaltzeit über Kalksteinen des Oberen Muschelkalks im Grünpark Hungerberg.
Bild 3 links: Schilfsandstein am Lemberg (Rinnenfazies).
Bild 4 rechts: Lösslehm und Löss über freigelegter Baugrubensohle aus Gipskeuper (ausgelaugte Grundgipsschichten).
36
Bild 5: Hohenecker Kalk (Lingula Dolomit)
des Lettenkeupers im ehem. Steinbruch
Mäurach.
Bild 6: Kalksteinbänke des Oberen
Muschelkalks im Grünpark Hungerberg
(ehem. Steinbruch Hubele).
Beräumung der Felswand zur Absicherung des
Fußweges.
Bild 7: Erdfall im Favoritepark.
Lösungsvorgänge im tieferen Untergrund haben
zum Durchbrechen der schlotartigen Aushöhlung
bis an die Erdoberfläche geführt. Der Erdfall ist
mit Versturzmassen plombiert. Das Regenwasser
versickert bis in den Muschelkalk.
37
ca. 235 mNN
10
Humus: durchwurzelt, dunkelbraun.
Entkalkter Löss: Schluff, z.T. schwach feinsandig,
9
mehlig, trocken, entkalkt, ungeschichtet, hellgrau,
locker gelagert.
8
Lösslehm: Schluff, tonig, feinsandig, entkalkt,
7
braun, fest.
6
Löss: Schluff, kalkhaltig, gelbbraun, halbfest.
5
Bodenrest: Schluff, humos, bröckelig, braun,
Mn - Ca - Kongretionen.
4
Lösslehm: Schluff, entkalkt, tonig, braungelb, fest.
3
Flussschotter: Kies, 0,5 - 5 cm, sandig, löchrig,
2
kalkhaltig, oft verfestigt, teils geschichtet und
eingeregelt, ockergelb. Oft flache und kantengerundete Weißjuragerölle. Basis ca. 225 - 226
1
mNN.
Aufarbeitungshorizont: Kalkgerölle, Blöcke bis
0
30 cm, brecciös, sandig, gelbbraun, fest.
Oberer Muschelkalk: Kalkstein, feinkristallin, dünn
gebankt, geklüftet, blaugrau, hart.
Verfestigte Flussschotter (Konglomerat).
5 cm
Bild 8: Profil der quartären Deckschichten an der NW-Wand des ehem. Steinbruchs Hubele, heute Grünpark Hungerberg
(Der Aufschluss wurde 1989 verfüllt).
38
3.5 Geologische Karten und geologischer Profilschnitt von Ludwigsburg
Die geologische Karte in Abb. 19 zeigt einen Ausschnitt aus der "Geologischen Karte (GK 50) von Stuttgart und Umgebung"
des LGRB-BW, 1998. Hier ist der Ausstrich der geologischen Schichten an der Erdoberfläche dargestellt. Ein großer Teil der
Fläche auf der Gemarkung Ludwigsburg wird hier von den Deckschichten aus Lösslehm, Löss, Frostmischböden, Verwitterungslehmen, Fließerden, Hangschutt und Auesedimenten bedeckt, die in der Quartär-Zeit und dort v.a. während der Würmund Riß-Kaltzeiten abgelagert wurden.
Die geologische Karte in Abb.19a zeigt den Ausstrich (das Auftreten) der geologischen Grundschichten aus der Trias-Zeit
unterhalb der Deckschichten (abgedeckte Karte) und die Talauen-Sedimente aus der Quartär-Zeit. Die 0,5 bis über 10 m
mächtigen Deckschichten, welche die Grundschichten flächig bedecken, wurden hier aus Gründen der Übersichtlichkeit
nicht dargestellt.
Der geologische Profilschnitt in Abb. 19b zeigt schematisch und überhöht die heute noch ca. 600 - 700 m mächtigen Sedimentschichten des erodierten Deckgebirges über dem kristallinen Grundgebirgssockel. Die Sedimentschichten liegen flachwellig und diskordant auf dem Grundgebirge und werden von Verwerfungen gegeneinander versetzt. Im Bereich von Hohenasperg und Lemberg sieht man die Muldenlage und die tektonische Grabenstruktur, die für die Reliefumkehr dieser Zeugenberge verantwortlich sind. Im Bereich des Neckartals sieht man die Hochlage der Muschelkalkschichten, die durch den
von Südwesten nach Osten verlaufenden "Schwäbisch-Fränkischen Sattel" verursacht wird (siehe auch Abb. 2 und 21). Die
Lage des Profilschnittes ist in der geologischen Karte markiert. Der Vergleich beider Darstellungen soll die räumliche
Lage der geologischen Schichten in Ludwigsburg veranschaulichen.
39
36
Abb. 19: Geologische Karte von Ludwigsburg.
Ausschnitt aus: H. BRUNNER (1998): Geologische Karte von Baden-Württemberg 1 : 50 000, Blatt Stuttgart und Umgebung, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau, Baden-Württemberg, Freiburg..
Holozäne und pleistozäne Deckschichten
Keuper
Muschelkalk
Künstliche Auffüllungen
Lösslehm und Löss, l
Travertin von Poppenweiler, qk
Mittlerer Keuper
Schilfsandstein, km2
Stuttgart-Formation
Talablagerungen, h
Anmoorige Flächen, hm
Pleistozäne Flussschotter:
Jüngere Flussschotter, g
= Würm- und Rißkaltzeit
Älterer Flussschotter, H
= Schotter älterer Kaltzeiten
Höhenschotter
Mittlerer Keuper
Gipskeuper, km1
Grabfeld-Formation
Hangschutt
0
Tektonische Störungen, z.T. vermutet
Unterer Keuper
Lettenkeuper, ku
Erfurt-Formation
Nord
Oberer Muschelkalk (Hauptmuschelkalk)
Trigonodusdolomit, mod, = Rottweil Formation
Oberer- und Unterer Hauptmuschelkalk, mo2+1
= Meißner- und Trochitenkalk-Formation
1 km
40
Abb. 19a: Geologische Übersichtskarte
der Grundschichten in Ludwigsburg.
Marbach
Freiberg
Neckartal
Affalterbach
Tamm
Darstellung ohne Deckschichten aus Lösssedimenten,
Schuttdecken und Hangschuttmassen (siehe Abb. 19).
L 1129
B 27
L 1130
Monrepos
Lemberg
Schnittlage
Neckarweihingen
Talauen; Tallehme und Abschwemmmassen, im Neckartal über
Schottern der Würm-Kaltzeit, Heilwasserbrunnen Hoheneck.
Bekannte Erdfälle; Schlotartige Hohlräume im Untergrund
mit verstürzten Gesteinsmassen und lehmigen Füllungen.
?
Bekannte Reste kaltzeitlicher Terrassenschotter;
Hohenasperg
Riß-Kaltzeiten und ältere Kaltzeiten, oft konglomeratisch
verfestigt.
Hoheneck
Eglosheim
Asperg
Kaltzeitlicher Blockschutt; Gerundete Blöcke aus Stubensandstein als Reste kaltzeitlicher Blockströme aus dem
Hochgebiet des Ur-Aspergs.
Poppenweiler
Favorite
Schilfsandstein (Mittlerer Keuper);
Sandsteine und feinsandige Tonsteine (Erosionsreste).
A 81
Schloss
Gipskeuper (Mittlerer Keuper); Tonsteine mit einzelnen
?
Karbonatsteinbänken, Sulfatgesteine, Gipsauslaugungsreste.
Hochdorf
Lettenkeuper (Unterer Keuper); Wechsellagerung
Bhf.
Oßweil
L u d w i g s b u r g
von Karbonatsteinen, Tonsteinen und Sandsteinen.
L 1100
WN-Bittenfeld
Oberer Muschelkalk; Im oberen Bereich Dolomitsteinbänke,
darunter Kalksteinbänke, getrennt durch dünne Tonsteinlagen.
Möglingen
Hochberg
Verwerfungen (Schichtversatz), z.T. vermutet
Pflugfelden
Lage des Profilschnitts
L 1140
Pflugfelden
L 1140
Leudelsbach
Die Grundschichten werden von 0,5 m bis über 10 m mächtigen
quartären Deckschichten aus Lösslehm, Löss, Frostmischböden,
Salonwald
Nord
1 km
Grünbühl
Kornwestheim
K 1692
B 27
Remseck
0
Fließerden und Hangschutt bedeckt. Diese wurden aus Gründen der
1 km
Übersichtlichkeit hier nicht dargestellt (abgedeckte Karte).
Pattonville
West
Ost
ASPERG
Hohenasperg
LUDWIGSBURG
Eglosheim
Schilfsandstein
Hoheneck
Neckar Neckarweihingen
Deckschichten der Kaltzeiten
Terrassenschotter
Gipskeuper
AFFALTERBACH
Lemberg
mNN
Schilfsandstein
350
Verwerfung
300
Talaue
Gipskeuper
Lettenkeuper
25
Abb. 19b: Geologischer Profilschnitt.
(4-fach überhöht)
Mittlerer Muschelkalk; Kalkstein- und Dolomitsteinbänke.
In Ludwigsburg Auslaugungstone von Salzgesteinen, Sulfatgesteine in Auslaugung.
Untere Muschelkalk; Kalkstein- und Dolomitsteinbänke,
200
Tonmergelsteine.
Oberer Muschelkalk
150
Buntsandstein; Sandsteine mit Gerölllagen
Mittlerer Muschelkalk
100
und vereinzelten Tonsteinlagen.
Unterer Muschelkalk
50
Perm; In Ludwigsburg Rotliegendes und terrigener Zechstein
(Tonsteine, Dolomitsteine, Konglomerate, Sandsteine).
.
Grundgebirge; Im Raum Ludwigsburg vermutlich
Gneise und Migmatite.
Lettenkeuper
Heilwasserbrunnen
Hoheneck (Sole)
Buntsandstein
Das Grundwasser im
Buntsandstein ist
gespannt.
0
-50
-100
-150
-200
-250
-300
Perm
Grundgebirge
-350
Die gestrichelten Linien sind Grundwasseroberflächen in den
drei Hauptgrundwasserstockwerken bzw. die Druckfläche im
Oberen Bundstandstein (Abb. 20).
Im Neckartal ist der Heilwasser-Sole-Brunnen mit dem
artesischen Aufstieg des gespannten Grundwassers aus dem
Oberen Buntsandstein eingezeichnet.
0
1
2 km
36
41
West
Ost
Jurameer
Ablagerung von
Bild 1: Ende der Jura-Zeit vor ca. 145 Mio. Jahren.
Karbonatsedimenten
Süddeutschland war während der Jura-Zeit von einem flachen
Randmeer mit einem subtropischen Klima am Nordrand des großen
Tethys-Ozeans bedeckt (Abb. 6). Es wurden Kalkschlämme, z.T.
mit Resten von Kalkschalen und Tonschlämme, ähnlich wie bei den
Jura
heutigen Bahamas abgelagert. Im flacheren Wasser kam es zur
- Kalk- und Dolomitsteine, Riffkalke, Tonsteine, vereinzelt Sandsteine
Bildung von großen Schwamm- und Korallenriffzügen, wie heute
am Great-Barrier-Rif vor Australien. Gegen Ende der Jura-Zeit kam
Keuper
- Kalk- -und
Dolomitsteine,
Tonsteine,
Keuper
Tonsteine,
Sandsteine,
Kalk- Sandsteine,
und Dolomitsteine, Sulfatgesteine (Anhydrit, Gips)
Evaporitgesteine (Anhydrit, Gips)
Muschelkalk
die Absenkung im Germanischen Becken allmählich zum Stillstand
und es folgte eine tektonische Hebung von Teilen von Europa
(Belgisch-, Rheinisches-, Böhmisches Land). Es kam zum Ende der
marinen Sedimentation und Süddeutschland wurde Festland. Auf
der neuen kreidezeitlichen Landoberfläche begann die Verwitterung
- Kalk- und Dolomitsteine, Tonsteine,
Evaporitgesteine (Salz, Anhydrit, Gips)
und Abtragung der ehemals im Meer und in Tiefländern abgelager-
Buntsandstein, Perm, Grundgebirge
- Sandsteine, Tonsteine, Dolomite,
Die Absenkung geht zu Ende
Hebung zum Beginn der Kreide-Zeit
Konglomerate, Vulkanite, Gneise und Granite
ten Gesteinsschichten. Bei einem tropischen Klima entstand eine
flachwellige Rumpfflächenlandschaft mit einer Entwässerung durch
Flüsse nach Süden.
Bild 2: Oligozän-Zeit bis Miozän-Zeit vor 33,9 - 5,3 Mio.
Jahren.
"Albtrauf" in der
Späten Miozän-Zeit
Im Oligozän setzte in Süddeutschland wieder eine verstärkte LandEntwässerung nach
hebung ein und die Gesteinsschichten wurden durch plattentekto-
Südosten zur Ur-Donau
nische Vorgänge auch im Zusammenhang mit der Bildung der
Alpen und der Heraushebung des Schwarzwaldes weiter verbogen
und an Verwerfungen gegeneinander versetzt. Im Miozän war die
Hebung wieder schwächer und es kam zur flächenhaften Abtragung und zu einem weitgehenden Reliefausgleich. Das Zusammenwirken der unterschiedlich starken Abtragung der Gesteine mit
der tektonischen Verkippung des Tafeldeckgebirges nach Südosten
führte ab dem Späten Miozän zur Grobformung von Süddeutsch-
Starke Hebung und
Verkippung im Oligozän
und am Ende des Miozäns
land mit der Bildung des "Schwäbisch-Fränkischen Schichtstufenlandes". Es hat sich ein flacher Erosionsrand (Trauf) des Juras
gebildet, der allmählich in Richtung Osten und Südosten verlegt
Deckenschotter, Entwässerung seit
wurde. Bei einem Anfangs noch tropischen aber zunehmend kühler
und trockener werdenden Klima schnitten sich die Flüsse tiefer in
etwa 5 Ma nach Norden zum Rhein
die Rumpffläche ein.
Bild 3: Pliozän-Zeit vor 5,3 - 2,6 Mio. Jahren.
Zur Wende Miozän-Pliozän hat sich das Land und v.a. der
Südschwarzwald wieder stärker und schubweise gehoben. Die
Flüsse schnitten sich weiter ein und erodierten in weichen GesteiSchubweise Hebung,
Verkippung
nen breite Täler. Das Klima wurde kühler und trockener (semiariden bis warm-gemäßigt). Es bildete sich ein Vorläufer des Neckars
und es kam zur Ablagerung von Talsedimenten. Die Schichten des
Juras wurden hier bis auf Reste abgetragen.
Bild 4: Quartär-Zeit seit, 2,6 Mio. Jahren bis heutige Zeit.
Ab dem Mittleren Pliozän und im Quartär wurde Süddeutschland
Ehemalige Landoberfläche vor 145 Mio. Jahren.
wieder stärker gehoben, wodurch sich die Erosion der Flüsse
Abtragung von 900 - 1100 m Gesteinsschichten
Hohenasperg
Ludwigsburg
Blockschutt
Neckar
Decken/Höhenschotter Talsedimente
Lemberg
Terrassenschotter
Erdfall
Keuper
verstärkt und vertieft hat. Es wurde kühler und es kam schließlich
zu einem Wechsel von Warm- und Kaltzeiten mit einem trockenen,
polaren Klima. Die Schichten des Keupers sind schon stark abgetragen. Der Schilfsandstein des Mittleren Keupers ist in tektonischen Muldenlagen durch Reliefumkehr am Hohenasperg und am
Lemberg in isolierten Resten erhalten geblieben (Zeugenberge). Auf
den Gäuflächen gibt es vereinzelte Reste von Blockschutt aus
Stubensandstein, von fluviatilen Höhenschottern und ein flächige
Muschelkalk
Bedeckung mit kaltzeitlichen Sedimenten, wie Lösssedimenten,
Buntsandstein, Perm,
Grundgebirge
Hebung, ab der WürmKaltzeit nachlassend
Fließerden und Frostschutt. Die Täler haben sich v. a. während der
stärkeren Erosionsphasen zu Beginn und am Ende der Kaltzeiten
weiter eingeschnitten. Man nimmt an, dass während der Kaltzeiten
im Strohgäu mindestens 50 m Gesteinsschichten abgetragen
wurden und sich der Neckar um ca. 80 m eingetieft hat. An den
Abb. 20: Die Landschaftsentwicklung im Raum Ludwigsburg
ab der Jura-Zeit.
Talrändern gibt es Reste von Terrassenschottern, die von den
Schematische und überhöhte Profilschnitte. Vgl. mit Abb. 7.
gert wurden. Auslaugungsvorgänge im Untergrund haben zur
Flüssen während der kaltzeitlichen Akkumulationsphasen abgelaBildung von Erdfällen geführt. Bis in die jüngste Zeit wurden
Talsedimente und v. a. Hochflutlehme im Neckartal abgelagert.
42
3.6 Tektonik – Die Lagerung der Schichten
Ludwigsburg liegt im Bereich der nach Südosten verkippten
wurde der Keuper hier oft stärker abgetragen, während die
Süddeutschen Scholle. Das tektonische Hauptelement in
Flanken vom Keuperstufenrand umsäumt werden. Am Nord-
Ludwigsburg ist der "Schwäbisch-Fränkische Sattel" (SFS). Es
handelt sich hier um eine etwa 15 km breite und linienhafte
westrand des Schwäbisch-Fränkischen Sattels verlaufen
kleinere Mulden- und Sattelstrukturen, wie z.B. die Pleidels-
Aufwölbung der Sedimentschichten (Leistenscholle), deren
heimer Mulde, der Heutingsheimer Sattel und die markante
150 km lange Achse von der Hornisgrinde im Nordschwarz-
Neckar-Jagst-Furche. Im Osten von Ludwigsburg wird der
wald bis zum Kocher im Welzheimer Wald verfolgt werden
kann. Die Sattelachse verläuft von Südwesten nach Nordos-
Schwäbisch-Fränkische Sattel von der Lemberg-Struktur
ten quer durch die Ludwigsburger Markung. Der SFS wird im
Norden von der Stromberg Mulde und von der Neckar-Jagst-
Tieflage der Schichten um bis zu 50 m und für die Reliefumkehr am Lemberg verantwortlich ist. Dort ist eine Kappe
Furche und im Süden vom Fildergraben eingerahmt (Abb. 2).
aus Schilfsandstein über weicherem Gipskeuper erhalten
Wegen der Hochlage der Schichten im Bereich des Sattels
u
geblieben.
unterbrochen, eine Verwerfungszone und Mulde, die für die
PM
NJF
Marbach
Freiberg
HS
Lemberg
SFS
LS
SB
Hoh.
Nwh.
E-heim
Ppw.
HM
HHS
Bittenfeld
Oßw.
Ludwigsburg
Neckar
Pfld.
260 ?
Grünb.
SFS
250
Nord
1 km
Kornwestheim
Höhenlage (mNN) des Bezugshorizontes - Grenze Ob. Muschelkalk/Lettenkeuper mit Fallrichtung
Neckarrems
Verwerfung (gestrichelt = vermutet)
Sattelachse
LS
Lemberg-Struktur
Muldenachse
HHS
Hirschberg-Hoheneck Störungszone
PM
Pleidelsheimer Mulde
SB
Säubrunnen Störung
HS
Heutingsheimer Sattel
HM
Hochdorfer Mulde
SFS
Schwäbisch-Fränkischer Sattel
NJF
Neckar-Jagst-Furche
Abb. 21: Schichtlagerung und tektonische Strukturen im Raum Ludwigsburg.
Die wellige Lagerung der geologischen Schichten (Mulden- und Sattelstrukturen) wird durch Linien gleicher Höhe an der Schichtgrenze Oberer
Muschelkalk/Lettenkeuper dargestellt. Dieser Bezugshorizont wurde durch zahlreiche Baugrundbohrungen punktuell erfasst und ist auch im
Gelände oft zu finden. Durch rechnerische Interpolation der einzelnen Punkte erhält man eine flächige Darstellung der Höhenlage dieser
Schichtgrenze. Die tektonischen Störungszonen (Verwerfungen, Auf- und Abschiebungen) sind am Versatz der Höhenlinien erkennbar.
Grafik ergänzt nach H. Brunner (1998): Geologische Karte von Baden-Württemberg
1 : 50 000, Erläuterungen Stuttgart und Umgebung. LGRB-BW, Freiburg.
43
3.7 Lemberg und Hohenasperg als Zeugen der Erdgeschichte
Der Lemberg und der Hohenasperg ragen als inselartig iso-
Rand des Verwerfungssystems auf gleicher Höhe mit den
lierte "Zeugenberge" aus der Gäufläche auf und bilden charakteristische Landmarken. Im Bereich dieser heutigen Er-
älteren Tonsteinschichten des Gipskeupers. Wegen ihrer
Härte und vor allem wegen ihrer guten Wasserdurchlässig-
hebungen verliefen im Zeitabschnitt des Schilfsandsteins vor
keit sind die Sandsteine aber widerstandsfähiger gegenüber
etwa 226 Mio. Jahren die Strömungsarme eines breit ver-
der Abtragung, als die weichen und wasserstauenden Ton-
zweigten und in den Untergrund eingeschnittenen Flussdeltas. In diesen Deltaarmen wurden mächtige Sandschichten
steine. In den folgenden Jahrmillionen wurde der Schilfsandstein daher weniger stark und schnell abgetragen als die
abgelagert, die später zu hartem Sandstein, der sogenannten
weichere Gipskeuper-Umgebung und schützt so bis heute
"Rinnenfazies" verfestigt wurden. Im Bereich des heutigen
den unterlagernden Gipskeuper vor der Erosion. Auf diese
Lembergs wurden diese Gesteinsschichten nach ihrer Ablagerung und Verfestigung durch ein mulden- und grabenarti-
Weise wurden im Bereich der tektonischen Eintiefungen der
Lemberg und der Hohenasperg als Hochgebiete erosiv her-
ges Verwerfungssystem, und im Bereich des Hohenaspergs
auspräpariert und belegen als "Zeugenberge" die ehemals
durch Muldenbildung in einem eng umgrenzten Bereich
gegenüber der Umgebung um ca. 20 bis 50 m tiefer gelegt.
flächig ausgedehnte Verbreitung des jüngeren Schilfsandsteins. Diese Vorgänge werden als "Reliefumkehr" bezeichnet
Die Ursache waren tektonische Beanspruchungen in der
und haben in größerer Ausdehnung auch maßgeblich zum
Erdkruste durch die ständige Bewegung der Kontinente und
Erhalt der Schichten des höheren Keupers (Stubensandstein
hier vor allem durch die Bewegung der afrikanischen Platte
in Richtung Norden gegen die europäische Platte. Nach der
etc.) am Stromberg und Heuchelberg, der Löwensteiner
Berge und der Keuperberge und Filderhochfläche im Raum
tektonischen Eintiefung lagen die Sandsteinschichten am
Stuttgart und Leonberg beigetragen (Fildergraben).
Sandstein
Abtragung
Tonstein
Nach Ablagerung und Diagenese
Grabenbildung
Reliefumkehr, heutiger Zustand
Abb. 22: Schema der Entstehung eines Zeugenbergs durch Reliefumkehr in einer tektonischen Graben- und Muldenstruktur.
Geomorphologische Umwandlung von einer Tieflage zu einer Erhebung durch Abtragung des umgebenden weichen Gesteins.
N
Zustand am Ende des "Späten Juras" nach der Heraushebung aus dem Meer.
Einmuldung und Abtragung, vermutlich seit der Paläogen-Zeit.
1. Reliefumkehr: Weitere Abtragung. Entstehung des ersten Zeugenbergs aus
Jura-Gesteinen.
Fortschreitende Abtragung. Nach Entfernung der harten Weißjura-Gesteine und
der weichen Braunjura-Gesteine entstand eine Verebnung auf den harten
Schwarzjura-Gesteinen, ähnlich der heutigen Filderfläche südlich von Stuttgart.
2. Reliefumkehr: Nach weiterer Abtragung der exponierten Umgebung entstand in
der Mulde erneut ein Zeugenberg, zunächst noch mit einer Kappe aus Schwarzjura, die weiter abgetragen wurde.
Heutiger Zustand. Schilfsandstein und Stubensandstein bilden die schützende
Kappe. In der Umgebung Abtragung bis auf die Keuper-Muschelkalk Gäufläche.
Möglicher Zustand in der geologischen Zukunft. Nach der Abtragung der harten
Keupersandsteine bildet sich auf dem Oberen Muschelkalk wieder eine Verebnung
in einer Mulde.
Abb. 23: Die Entstehung von Stromberg und Heuchelberg durch Reliefumkehr in einer tektonischen Mulde Hypothetisch und schematisch
Verändert nach O.F. Geyer & M.P. Gwinner (1991): Geologie von Baden-Württemberg. 4. Aufl. Schweizerbart, Stuttgart.
44
4. Das Grundwasser im Untergrund von Ludwigsburg
In Ludwigsburg fallen im langjährigen Durchschnitt 750 mm Niederschläge pro Jahr mit Schwankungen von 500 bis 1100 mm/a. Davon verdunsten 60 - 75 % teils direkt und teils über die pflanzliche Transpiration (Evapotranspiration). Ein Teil wird über Bäche und Flüsse abgeführt.
10 - 25 % versickert im Boden und sammeln sich in den Poren und Klüften der Gesteine als zusammenhängendes Grundwasser (in Ludwigsburg ca. 100 - 150 mm/a). Die verschiedenen Gesteine haben unterschiedliche Eigenschaften hinsichtlich der Speicher- und Leitfähigkeit des
Grundwassers. Die locker gelagerten und grob- bis feinkörnigen Deckschichten des Quartärs speichern das Grundwasser in den Zwischenräumen der Sedimentkörner und werden als Poren-Grundwasserleiter oder Lockergesteins-Grundwasserleiter bezeichnet. Die Kiese und Sande im
Neckartal sind gute Grundwasserspeicher und -leiter und haben oft eine hohe Ergiebigkeit. Je größer aber der Feinkornanteil (Schluff und Ton)
eines Sedimentes ist, desto geringer ist die Wasserdurchlässigkeit. Der in Ludwigsburg weit verbreitete Lösslehm wird wegen seines hohen
Schluff- und Tonanteils als Grundwasser-Geringleiter bezeichnet. Hier halten starke Kapillarkräfte zwischen den winzigen Partikeln das Wasser
fest. Das ist auch der Grund, warum die Versickerung von Oberflächenwasser in Ludwigsburg nur eingeschränkt sinnvoll ist. Die Festgesteine
von Keuper, Muschelkalk und Buntsandstein speichern das Grundwasser in den zahlreichen engen Klüften und Schichtfugen, die durch tektonische Beanspruchung und durch Auflockerung in Oberflächennähe entstanden sind. Diese Gesteine werden als Kluft-Grundwasserleiter oder
Festgesteins-Grundwasserleiter bezeichnet. Die Karbonatgesteine und Sandsteine sind Grundwasserleiter mit oft mittlerer Ergiebigkeit, während
die Tonsteine Grundwassergeringleiter sind. In den Karbonatgesteinen des Muschelkalks kommt es stellenweise zu stärkeren Lösungsvorgängen und zur Bildung von weiten Klüften und Hohlräumen (Verkarstung). Dann spricht man von einem Karst-Grundwasserleiter. Das trifft in
Ludwigsburg v.a. auf die Muschelkalkschichten im Bereich des Neckartals zu. Durchgehende Lagen von Gips und Anhydrit sind GrundwasserGeringleiter. Salzgesteine, die noch nicht von der Auflösung betroffen sind und weiche Tonen sind so dicht, dass nur sehr langsame Fließbewegungen stattfinden. Sie werden daher auch als Grundwasser-Nichtleiter bezeichnet.
Im Raum Ludwigsburg gibt es drei Hauptgrundwasserstockwerke:
Das obere Grundwasserstockwerk wird von den fein- und
stadt oft mit "leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasser-
gemischtkörnigen quartären Deckschichten im Verbund mit
stoffen" (LHKW) und mit Nitrat verunreinigt.
den porig-klüftigen Gesteinen des gering durchlässigen Gipskeupers und des schichtigen Kluftgrundwasserleiters des
Lettenkeupers gebildet. Das Grundwasser zirkuliert in den
Klüften und Schichtfugen der Festgesteine und in den Poren
Das mittlere Grundwasserstockwerk wird von den klüftigen
und v.a. in Talnähe oft verkarsteten Gesteinen des Oberen
Muschelkalks zusammen mit den Oberen Dolomiten des
der Deckschichten. Das Niederschlagswasser sickert durch
Mittleren Muschelkalks gebildet. Hier sind der Mineralbrun-
die oberste Humusschicht und durch die Deckschichten, wo
es durch Filtrations- und Sorptionsprozesse gereinigt wird.
nen von Hoheneck mit knapp über 1.000 mg/l gelöste Feststoffe, der Brunnen des Freibades und Teile der Notwasser-
Dann speist es die engen Klüfte und Poren des ausgelaugten
versorgung von Ludwigsburg im Neckartal bei Oßweil ge-
Gipskeupers und die Klüfte der Karbonatstein- und Sand-
fasst. Die Ergiebigkeit dieses wenig homogenen Grundwasserleiters ist, abhängig von der Anbindung an ein Kluft- oder
steinbänke des Lettenkeupers. Die quartären Kiese im
Neckartal sind stärker wasserführend und stehen mit dem
Karstsystem, gering bis mittel und gelegentlich hoch. Der
Grundwasser im Oberen Muschelkalk in Verbindung. Im
wasserführende Kieskörper (Porengrundwasserleiter) im
Lettenkeuper können der Hauptsandstein und der verkarstete Grenzdolomit zum Gipskeuper stärker wasserführend sein.
Neckartal bildet ein Drainagesystem für das Kluft- und
Karstgrundwasser des Mittleren und Oberen Muschelkalks.
An der Basis des Lettenkeupers bilden die Tonsteine der
Esterienschichten die Abdichtung zum Oberen Muschelkalk.
Das untere Grundwasserstockwerk liegt bei ca. 50 mNN im
Dort, wo diese Schichtgrenze zum Oberen Muschelkalk in
Oberflächennähe ausstreicht, kommt es bevorzugt zu Versi-
klüftigen Plattensandstein des Oberen Buntsandsteins unter
den abdichtenden Röttonen. Im Neckartal in Hoheneck wird
ckerungen in das nächst tiefere Stockwerk und stellenweise
aus einer 177 m tiefen Bohrung eine stark salz- und sulfat-
zu Quellaustritten. Das Grundwasser und die Quellen im
haltige Heilwasser-Sole mit 29.000 mg/l gelöste Feststoffe
Lettenkeuper hatten für die Besiedelung des Strohgäus eine
große Bedeutung und wurden in früheren Zeiten auch in
mit geringer Ergiebigkeit gefördert. Dieses Wasser steht dort
unter artesischem Druck und steigt im Bohrloch auf 198 bis
Ludwigsburg stark genutzt. Der Gipskeuper ist im Allgemei-
203 mNN auf. Der artesische Druck wird durch den höheren
nen gering wasserdurchlässig. Die örtlich verkarsteten
Grundgipsschichten können aber stärker wasserführend
Grundwasserspiegel im Bereich des Einsickerungsgebietes
am Rande des Nordschwarzwalds verursacht. Das Grund-
sein. Auch die Karbonatsteinbänke können örtlich eine stär-
wasser im Plattensandstein kann dabei nicht durch die über-
kere Wasserführung haben. Gespannte Verhältnisse sind v.a.
lagernden und dichten Röttone durchsickern, so dass die
in Tallagen möglich. Das obere Grundwasserstockwerk ist
von geringer bis mittlerer und im Neckartal auch von hoher
Grundwasserdruckfläche im Neckartal ca. 150 m über dem
Grundwasserleiter liegt. Das Alter dieses Grundwassers wird
Ergiebigkeit. Es ist im Bereich der Innenstadt und der West-
auf 30.000 Jahre und älter geschätzt.
45
Die oberflächennahen Grundwasserstände liegen in Ludwigs-
Salzstreuung auf Fuß- und Radwegen hat die Chloridbelas-
burg in den Tälern und in flachen Senken von Pflugfelden,
tung im Grundwasser in den letzten Jahren zugenommen.
Monrepos, Innenstadt, Poppenweiler und Neckartal bei ca.
1 - 5 m unter Gelände. Auf den Flächen und auf Kuppen in
Im mittleren Grundwasserstockwerk im Oberen Muschelkalk
Eglosheim, in der Weststadt, Oststadt, Favoritepark, Hohe-
gibt es nur weinige geogen bedingte Schwellenwertüber-
neck und östlich von Neckarweihingen liegen sie bei 5 bis
über 10 m unter Gelände. Die Grundwasserstände schwan-
schreitungen, z.B. bei Mangan und Sulfat. Stellenweise
ken in Abhängigkeit der Niederschläge und der Jahreszeiten
auftretende Spuren von LHKW unterhalb des Schwellenwertes zeigen, dass die Verunreinigung des oberen Grundwas-
um ca. 0,5 - 1,5 Meter in Tallagen und um bis über 3 Meter
serstockwerks diesen für die Notwasserversorgung wichtigen
im Bereich von Hochflächen und Kuppen. Im Frühjahr und
im Frühsommer liegen die Grundwasserstände oft am höchs-
Grundwasserleiter bereits erreicht hat. Die LHKW-Werte
haben hier aber in den vergangenen Jahren abgenommen.
ten, im Herbst und im Frühwinter am niedrigsten. Örtlich
sind gespannte Grundwasserverhältnisse möglich. Die
Hauptgrundwasseroberfläche liegt im Oberen Muschelkalk
Aus dem Unteren Grundwasserstockwerk im Buntsandstein
zwischen 192 mNN im Neckartal und ca. 210 - 225 mNN im
Werte für Chlorid, Sulfat und anderen Elemente und Verbindungen geologisch bedingt auf hohem Niveau. Diese Brun-
Südwesten der Gemarkung. Im Neckartal und in Poppenweiler gibt es zwei kleine Trinkwasserschutzgebiete. Nahezu die
gesamte Gemarkung ist Vorläufiges Heilquellenschutzgebiet
wird eine hochmineralisierte Sole gefördert. Hier liegen die
nen haben Heilwasserstatus und werden im Heilbad Hoheneck genutzt.
Zone B/1 zum Schutz des Solebrunnens in Hoheneck. Bohrungen, z.B. für Erdwärme werden hier in ihrer Tiefe begrenzt.
In den oberflächenahen Grundwässern von Baden-Württemberg wird der Schwellenwert für Nitrat an jeder zehnten
Messstelle überschritten. Insgesamt hat die mittlere Nitrat-
Die Grundwasserqualität in Ludwigsburg ist unterschiedlich.
konzentration zwischen 1994 und 2015 aber um 22 % ab-
Im oberen Grundwasserstockwerk im Quartär, im Gipskeuper
genommen. Auch die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln
und deren Abbauprodukten hat sich in den vergangenen
und im Lettenkeuper gibt es im Bereich der Weststadt und
der Innenstadt oft flächenhafte Verunreinigungen mit leichflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) ober-
Jahren verringert. Andere Schadstoffe kommen nur in Spu-
halb des Schwellenwertes der Trinkwasserverordnung. Diese
ren oder in sehr eng begrenzen Schadensherden in erhöhter
Konzentration vor, wie z.B. LHKW oder Mineralölkohlenwas-
Verunreinigungen stammen von ehemaligen chemischen
serstoffe in Ballungsräumen. Süßstoffe können in einem
Reinigungen und von Gewerbe- und Industriebetrieben. In
Einzelfällen kann diese Verunreinigung so hoch sein, dass
Drittel der Messstellen nachgewiesen werden. Röntgenkon-
das Wasser bei einer Grundwasserhaltung bei Bauvorhaben
trastmittel können in zwei Dritteln der risikobasiert ausgewählten Messstellen in Spuren nachgewiesen werden. Die
über Aktivkohle gereinigt werden muss. Dann ist oft auch
Nitrateinträge und die Einträge von Pflanzenschutzmitteln in
eine aufwändige Abdichtung des Untergeschosses gegen
das Eindringen dieser flüchtigen und gesundheitsschädli-
das Grundwasser müssen weiter minimiert werden. Das
betrifft auch das Donauried bei Ulm, aus dem der Raum
chen Substanzen erforderlich. In den vergangenen Jahr-
Stuttgart zum Teil mit Trinkwasser versorgt wird und wo der
zehnten wurden viele dieser Schadensfälle mit großen finanziellen Aufwendungen saniert. Dennoch nimmt die Verunrei-
Nitratgehalt mit 35 ug/l noch unter dem Schwellenwert von
nigung des Grundwassers durch LHKW nur langsam ab.
50 ug/l liegt. Das Bodenseewasser hat nur einen geringen
natürlichen Nitratgehalt von 4 - 5 ug/l. Reste von Arznei-
Erhöhte Werte von Mineralölkohlenwasserstoffen und von
mittel etc. könnten in Zukunft im Grundwasser zunehmen.
aromatischen Kohlenwasserstoffen kommen in Ludwigsburg
im Grundwasser nur in wenigen, sehr eng begrenzen Berei-
Hier müssen Maßnahmen, v.a. in den Kläranlagen getroffen
che vor, wo früher Tankstellen oder Lagerplätze betrieben
werden. Die tieferen Grundwasserhorizonte, aus denen zum
Teil Trinkwasser gewonnen wird und die für die Notwasser-
wurden. Pestizide (Pflanzenschutz) und Nitrate (Düngung)
versorgung von Bedeutung sind, sind weitgehend frei von
können in wenigen Brunnen knapp oberhalb der Schwellenwerte nachgewiesen werden, was dort jeweils mit der Nut-
anthropogenen Schwellenwertüberschreitungen.
zung als Gärtnereibetrieb zusammenhängt. Schwermetalle
können in den Ludwigsburger Brunnen nicht oberhalb der
Schwellenwerte nachgewiesen werden. In einigen Ludwigsburger Brunnen im Stadtbereich liegt der Chloridgehalt
knapp unterhalb und oberhalb des Schwellenwertes. Ursache ist die Salzstreuung im Winter. Durch die verstärkte
36
46
25
Osten
Westen
mNN
mNN
Monrepos
320
Eglosheim
300
km1
280
Favoritepark
Erdfall
Hoheneck
300
Hg
ku
240
abdichtende
Basisschichten
Neckartal
km1
280
Mineralwasserbrunnen
und artesischer Solebrunnen
ku
260
km1
?
?
?
220
200
320
Nußbäumle
L
hm
260
Neckarweihingen
Steinbr.
Hubele
h
mo
Hg
180
160
?
140
160
abdichtende Sulfatgesteine
und Auslaugungstone
mm
mm
140
120
120
100
mu
mu
0
1000 m
10-fach überhöht
nach oben
abdichtende
Röttone
Bach- und Talsedimente: Sandige Tone und Schluffe und sandig-schluffige Kiese
mit Schlicklinsen.
Anmoor: Weiche, stark wasserhaltige Tone mit Pflanzenresten.
Lösslehm, Löss, Wanderschutt/Fließerden, Frostmischböden, Hangschutt.
Kaltzeitliche Schotterreste: Sandige, oft nur kantengerundete Konglomerate.
60
20
so
0
Mesozoische Grundschichten (in Ludwigsburg und im tieferen Untergrund ca. 224 – 260 Mio. Jahre alt)
km2
km1
Schilfsandstein: Am Lemberg gebankte Sandsteine, überwiegend in der Rinnenfazies.
Gipskeuper: Im Stadtbereich tonig-karbonatische Gipsauslaugungsreste (Zellendolomite)
der Grundgipsschichten. Vereinzelt Gipsreste. Am Lemberg Wechselfolge von Tonsteinen mit einzelnen
Karbonatsteinbänken und Gips-/Anhydritlagen, die oberflächennah ausgelaugt sein können.
ku
Lettenkeuper: Enge Wechsellagerung von Tonsteinen, Karbonatsteinen und Sandsteinen.
mo
Oberer Muschelkalk: Kalksteinbänke und Dolomitsteinbänke mit Tonsteinfugen.
mm
Mittlerer Muschelkalk: Kalkstein- und Dolomitsteinbänke, Sulfatgesteine, Auslaugungsreste der
Salinar- und Sulfatgesteine, Tonsteine.
mu
Unterer Muschelkalk: Kalkstein- und Dolomitsteinbänke, Tonmergelsteine.
so
Oberer Buntsandstein: Röttone und Plattensandstein.
In der Tiefe weitere Sandsteinbänke des Buntsandsteins (sm, su) und Sedimente des Perms.
Abb. 24: Hydrogeologischer Profilschnitt Eglosheim - Neckarweihingen.
100
80
40
Quartärzeitliche Deckschichten (in Ludwigsburg bis ca. 300.000 Jahre alt, stellenweise älter)
hm
L
Hg
220
200
mo
180
h
240
Deckschichten der Quartär-Zeit aus Lösslehm, Löss, Fließerden und Frost/Hangschutt etc. Im Neckartal mittelalterliche Auenlehme über sandig-schluffigen
Kiesen von Würm-Kaltzeit und Holozän. Schotterreste aus der Riß-Kaltzeit. Das
Grundwasser korrespondiert mit dem in den Grundschichten. Gespannte Grundwasserverhältnisse, v.a. in Tallagen sind möglich.
Deckschichten; Reste kaltzeitlicher Terrassenschotter (Riß-Kaltzeit und Älter).
Grundschichten der Buntsandstein-, Muschelkalk- und Keuper-Zeit.
Bekannte Gesteinsbereiche mit einer mehr oder weniger zusammenhängenden
Grundwasserführung in Poren, Klüften und Schichtfugen (Grundwasserstockwerke). Im Lettenkeuper schichtiger Kluftgrundwasserleiter in den klüftigen Karbonat- und Sandsteinen, gekoppelt mit dem Porengrundwasserleiter in den Deckschichten. Wasserstauend sind die Tonsteine der Basisschichten. Das Grundwasser
kann örtlich gespannt sein. Der Obere und Mittlere Muschelkalk stellt keinen
homogen gebauten Kluftgrundwasserleiter dar. Bereichsweise sind die Karbonatgesteine verkarstet. Bei geringer oder fehlender Verkarstung gibt es über der auf den
Vorfluter eingestellten Grundwasseroberfläche eine höher liegende Sickerwasserzone (schwebender Grundwasserhorizont). Wasserstauend sind die Auslaugungstone der Salinar- und Sulfatgesteine im Mittleren Muschelkalk. Das Grundwasser in
den Klüften des Oberen Buntsandsteins ist im Solebrunnen im Neckartal artesisch gespannt. Wasserstauend nach oben sind hier die Röttone.
Haßmersheimer Schichten im Oberen Muschelkalk. Mergelsteine und einzelne
dünne Trochitenkalkbänke mit eingeschränkter hydraulischer Stockwerksverbindung.
Verwerfung, z.T. vermutet
Der Profilschnitt zeigt die drei Hauptgrundwasserstockwerke im Raum Ludwigsburg.
- Oberes Stockwerk: Quartäre Deckschichten, Gipskeuper, Lettenkeuper (Porengrundwasserleiter und schichtiger Kluftgrundwasserleiter, stellenweise gespannt).
- Mittleres Stockwerk: Oberer Muschelkalk mit den Oberen Dolomiten des Mittleren Muschelkalks (Kluftgrundwasserleiter, z.T. verkarstet), Neckarkiese (Porengrundwasserleiter).
- Unteres Stockwerk: Plattensandstein im Oberen Buntsandstein (gespannter Kluftgrundwasserleiter mit artesischem Austritt aus Bohrloch im Neckartal).
47
ku
10
*
Hohenasperg
Eglosheim
Favoritepark
Hoheneck
Neckar Neckarweih
mo
ku
km1
3
km1
km2
4
?
ku
14
11
6
mo
mo
8
km1
*
9
ku
12
ku
mo
ku
km1
Legende
km1
geologische Geländeaufschlüsse
bekannte Erdfälle
Steinschlag und Felssturz
ku
Steinschlag
* = Baumschlag
Ausstrich der Grundschichten unter
den Deckschichten, teils vermutet
km1
=
=
=
=
ku
mo
2
km2
km1
ku
mo
km1
7
5
ku
13
?
1
ku
km2
km1
Schilfsandstein
Gipskeuper
Lettenkeuper
Oberer Muschelkalk
Aufschlüsse
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Ehem. Steinbruch Mäurach; Lettenkeuper
km1
Bahnunterführung Hundshalde;
Lettenkeuper
Tierheim Hoheneck; Lettenkeuper
Burg Hoheneck; Trigonodus-Dolomit (mo)
Heimengasse Hoheneck; Oberer Muschelkalk
Grünpark Hungerberg, Oberer Muschelkalk,
Löss-Sedimente, kaltzeitliche Schotter
Lechtsteige Neckarweihingen; Löss-Hohlweg
Otto-Konz-Weg; Oberer Muschelkalk
Blüba, Märchengarten; Oberer Muschelkalk
Hörnle, L 1100; Oberer Muschelkalk
Neckarschleife Poppenweiler; Oberer Muschelkalk
Sommerhalde Poppenweiler; Oberer Muschelkalk
Lemberg; Schilfsandstein
Erdfall im Favoritepark; Lettenkeuper, Ob. Muka
Abb. 25: Geologische Geländeaufschlüsse, Erdfälle, Steinschläge und Felssturz.
Lemberg
Der Schilfsandstein
am Lemberg
Sicherheitshinweis
Fußweg
Rinnenfazies
Weinberge
ku
Normalfazies
Gipskeuper
An steilen bis senkrechten Erd- und
Felswänden kann man Gesteine und
Fossilien gut studieren. Hier besteht aber
eine erhebliche Steinschlaggefahr,
Absturzgefahr und damit Verletzungsgefahr und Lebensgefahr!
48
2) Vor 2 - 3 Mio. Jahren
1) Vor 5 - 6 Mio. Jahren
3) Vor 0,5 Mio. Jahren
bis heutige Zeit
Nordsee
Mittleres bis Spätes Pliozän
Spätes Miozän bis Frühes Pliozän
Pleistozän und Holozän
Ijssel
Ehemalige Fließrichtung im
trocken fallenden Molassebecken.
Haupt-Wasserscheiden
Einzugsgebiete
Ems, Weser, Elbe
Stuttgart
Ruhr
Benelux
Deutschland
UrRhone
FaltenJura
Alpenrand
Aare-Donau
Main
Maas
Rhein
Saar
Frankreich
Neckar
Altmühl
Mosel
Einzugsgebiet
Saone
Doubs
Rhone
Heraushebung und Nordverlagerung der Alpen
Abb. 26: Die Flussgeschichte von Südwestdeutschland.
Iller
*
Einzugsgebiet Donau
Einzugsgebiet Po
Schweiz
Rhone
Italien
Aare
Lech
Donau
Alpenrhein
Ur-Donau
Einzugsgebiet
Rhein
Ur-Rhein
Einzugsgebiete Loire, Seine, Schelde
Lahn
Inn
Österreich
Karten nach E. Villinger (1998): Zur Flussgeschichte von Rhein und Donau in Südwestdeutschland.
Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., NF., 80.
Die Veränderung der Einzugsgebiete der Flüsse durch Erosion und Tektonik
Vor etwa 140 Mio. Jahren wurde das Rheinische Festland zusammen mit dem nördlichen Teil von Süddeutschland aus dem Jurameer herausgehoben und der Abtragung durch das sich bildende Flusssystem ausgesetzt. An
Flüsse ging hier schneller voran als im Donau-System, so dass vor etwa 3 Mio. Jahren der Doubs die Alpenflüsse
Aare und Reuss bei Waldshut erreicht hat und durch den Sundgau zum Mittelmeer umlenken konnte.
seinem Südrand sind die Flüsse zum sogenannten Tethys-Meer geflossen. Im Bereich des Schweizer Mittellandes,
Bild 3: Die Walliser Rhone wurde im Bereich des heutigen Genfer Sees von Westen her angezapft und zum Mittel-
Oberschwabens und des Allgäus hat sich im Zuge der Alpenbildung an deren Nordrand als Massenausgleichsbe-
meer umgelenkt. Die Flusssysteme des heutigen Neckars und Mains wurden vom Oberrheingraben her angezapft,
wegung dann das Molassebecken mit Meeren und Seen gebildet. Nachdem das Molassebecken vor 10 bis 8 Mio.
zum Teil in ihren Fließrichtungen umgekehrt und der Nordsee zugeführt. Vor etwa 2,5 Mio. Jahren hat dann die
Jahren wegen der ständigen Hebung der Erdkruste allmählich trocken gefallen war, hat sich zunächst eine Seen-
Erosionsfront des Rheins das Aare-Doubs-System bei Basel und am heutigen Hochrhein erreicht und zur Nordsee
umgelenkt. Durch weitere rückschreitende Erosion wurde vor etwa 600.000 Jahren der Ur-Alpenrhein im Bereich
und Flusslandschaft mit einer Hauptabflussrichtung nach Südwesten zur Ur-Rohne gebildet. Durch die anschließende Verkippung der Erdkruste und Heraushebung des Südschwarzwaldes hat sich die Fließrichtung nach Osten
zum Pontischen Meer, dem Vorläufer des Schwarzen Meeres umgekehrt und es ist vor 5 - 6 Mio. Jahren die Ur-
des Bodenseebeckens der Donau entrissen und ebenfalls der Nordsee zugeführt. Dabei haben auch die Gletschervorstöße aus den Alpen und deren Erosions- und Ablagerungsvorgänge in den Kaltzeiten eine Rolle gespielt.
Donau als Hauptentwässerung von Süddeutschland und des nördlichen Alpenraumes entstanden.
Bild 1: Vor etwa 5 - 6 Mio. Jahren sind die nördlichen Alpenflüsse der Schweiz, Ur-Rhone des Walliser Rhonetals,
Der Rhein konnte sich wegen seiner starken Erosionskraft also weite Gebiete der hypsographisch flacheren Donau-
Ur-Aare, Ur-Reuss und Ur-Alpenrhein nach Norden und Nordosten zur Donau geflossen (Aare-Donau). Ebenso
und Rhone-Systeme einverleiben. Damit waren die Grundlagen für die heutigen Flusssysteme in Südwestdeutsch-
haben der Ur-Neckar über die Ur-Lohne (Fils), die Ur-Brenz (Jagst) nach Südosten zur Donau entwässert.
Bild 2: Das Gefälle der Donau auf ihrem langen Weg zum Schwarzen Meer war und ist aber recht flach, so dass
land mit den europäischen Hauptwasserscheiden und den Zuflüssen zur Nordsee und zum Schwarzen Meer geschaffen. Zeugnisse dieser grundlegenden Veränderungen der Flusssysteme sind Schotterablagerungen in expo-
das Donau-System in Süddeutschland eine relativ geringe erosive Kraft hat. Das Rhone-System mit dem Ur-Doubs
im Südwesten und das Rhein-System mit dem Ur-Neckar im Norden hatten und haben bis heute auch durch das
nierten Hochlagen, alte geköpfte Talböden am Nordrand der Schwäbische Alb und die scharfen Richtungsänderun-
Einbrechen des Rhone- und Rheingrabens, durch die Austrocknungen des Mittelmeeres von 6 Mio. Jahren und
gen von Aare, Rhein, Neckar und deren Nebenflüsse im Bereich der Anzapfgebiete. Der Kampf der Flusssysteme
von Rhein und Donau um das Einzugsgebiet dauert an und ist heute in der Wutachschlucht bei Blumberg gut zu
wegen der bis heute andauernde Hebung von Schwarzwald und Vogesen ein höheres Gefälle und eine größere
Erosionskraft. Das macht sich dort auch durch schroffere Talformen bemerkbar. Die rückschreitende Erosion der
wird sich in Zukunft die beiden Quellflüsse der heutigen Donau - Brigach und Breg - einverleiben (*).
sehen. Dort hat vor 20.000 Jahren das Rhein-System mit der Wutach die sogenannte Feldbergdonau angezapft und
49
36
5. Anhang
5.1 Gesteinskunde, der Kreislauf der Gesteine
Gesteine sind natürlich vorkommende und feste Gemenge aus Mineralen, Mineralbruchstücken und Organismenresten. Vulkanische Gläser
und Bimsstein bestehen aus nichtmineralischer, amorpher Substanz. Kohle und Torf sind aus Pflanzenresten entstanden. Gesteine unterscheiden sich stark hinsichtlich der Farbe und der Größe ihrer Kristalle, ihrer Härte und ihre Beständigkeit gegenüber der Verwitterung und
Abtragung. Man unterscheidet drei Hauptgesteinsarten: Magmatische Gesteine, die glutflüssig aus dem heißen Erdmantel aufsteigen und
noch tief innerhalb der Erdkruste oder an der Erdoberfläche abkühlen und kristallisieren, Sedimentgesteine, die durch Abtragung, Verwitterung und anschließender Verfestigung nahe der Erdoberfläche entstehen und metamorphe Gesteine, die tiefer in der Erdkruste unter hohen
Druck- und Temperaturbedingungen -aber ohne aufzuschmelzen- entstehen. Diese drei Hauptgesteinsarten befinden sich innerhalb der
Erdkruste in einem ständigen und langsamen Kreislauf zwischen Bildung, Versenkung, Heraushebung und Abtragung (Abb. 23).
Magmatische Gesteine (Magmatite; gr. magma = geknetete
oberfläche und im Meer. Man unterscheidet klastische
Masse) sind Primärgesteine. Sie entstehen beim Aufstieg sehr
Sedimente, chemische und chemisch-biogene Sedimente. Die
tief liegender und 1000 - 1300 °C heißer, zähplastischer
Gesteinsschmelzen aus dem Erdmantel in die überlagernden,
oft in großen Kontinental- und Meeresbecken abgelagerten
festen Gesteine und durch vulkanische Aktivitäten an der
verdichtet und entwässert. Sie verfestigen sich unter dem
Erdoberfläche. Die überlagernden Gesteine werden dabei oft
Druck der überlagernden Schichten zu Festgesteinen wie z.B.
Konglomeraten, Sandsteinen, Schluff- und Tonsteinen, Kalk-
mit aufgeschmolzen. In Abhängigkeit der Ausgangsgesteine
werden beim Aufstieg und bei der Abkühlung neue Kristalle
Sedimente werden mit der Zeit tiefer versenkt und dabei
und Dolomitsteinen. Dieser Prozess wird "Diagenese" und
und Strukturen gebildet. Gesteinsschmelzen, die in höherlie-
"Lithifizierung" genannte und führt auch zur Neubildung von
genden Festgesteine eindringen, aber noch in der Tiefe langsam zu ungeregelt grobkristallinen Gesteine erstarren, werden
Mineralen, oft Kalk oder Quarz, als zementartige Verbindung
Plutonite (Intrusivgesteine) genannt, z.B. Granit, Syenit,
(Matrix) zwischen den einzelnen Sedimentkörnern (Kompaktion, Rekristallisation, Zementation). Eingeschlossene Skelett-
Diorit und Gabbro. Durch Hebungen im Rahmen von platten-
und Schalenreste von Lebewesen werden dabei oft in verstei-
tektonischen Vorgängen kommen viele Plutonite mit der Zeit
an die Erdoberfläche und werden abgetragen. Zu den Plutoni-
nerte Fossilien umgewandelt. Durch die stetige und gleich-
ten gehören auch die Pegmatite -> groß- bis riesen-körnige
mäßige Subsidenz (Absenkung) der Erdkruste in den Sedimentationsräumen und wegen der mehr oder weniger gleich-
Gesteine, auskristallisiert aus einer an flüchtigen Bestandtei-
hohen Sedimentationsrate entsteht ein Gleichgewicht, so dass
len reichen plutonischen Restschmelze und die Ganggesteine
-> Übergangsmagmatite und Intrusionsgesteine in schmalen
Sedimentbildungen von hunderten bis tausenden Metern
Mächtigkeit entstehen können. Klastische Sedimente (gr.
Gängen im Umgebungsgestein, z.B. Mineralgänge, Erzgänge,
klasis = zerbrechen) entstehen durch physikalische und
Lamporphyr, Lamproit und Kimberlit. Die bei Vulkanausbrü-
chemische Verwitterung und Abtragung von Gesteinskomple-
chen ausfließenden Laven und ausgeworfenen Gesteine werden Vulkanite (Eruptivgesteine) genannt, z.B. Rhyolith,
xen und mechanischer Zerkleinerung beim Transport durch
Trachyt, Andesit, Basalt, pyroklastische Aschen, Tuffe, Bims-
Schwerkraft, Wasser, Wind (Löss) und Eis. Die Erosionsprodukte, Blöcke, Kies, Sand, Schluff und Ton werden in Fluss-
stein. Durch die Druckentlastung an Schwächezonen in der
tälern, im Vorland von Gletschergebieten, in terrestrischen
Erdkruste wird das Gestein (Magma) flüssig, spezifisch leichter und steigt bis zur Erdoberfläche auf. Dort kommt es oft
Becken oder landnah im Meer, z.B. als Flussdelta transportiert und dabei weiter zerkleinerten, sortiert, klassiert und
zum explosiven Austritt von gelösten Gasen und Aschen. Der
schließlich abgelagert. Sie werden mit der Zeit durch kalkiges,
Gas- und Wasseranteil im Magma hat einen großen Einfluss
kieseliges oder toniges Bindemittel zu Konglomeraten, Sand-
auf die Charakteristik eines Vulkans. Vulkanite sind wegen
ihrer schnellen Erstarrung an der Erdoberfläche meistens
steinen, Schluff- und Tonsteinen diagenetisch verfestigt.
Chemische und chemisch-biogene Sedimente werden haupt-
ungeregelt feinkristallin und bei sehr schneller Erstarrung
sächlich im limnischen und im marinen Milieu ausgeschie-
auch als Gesteinsglas (Obsidian) ausgebildet. Sie können
aber auch mit grobkristallinen Einsprenglingen (Porphyre)
den. Chemische Sedimente i.e.S. entstehen durch Verwitte-
versehenen sein. Vulkanite werden auch oft geschichtet abge-
mem, an Salzen übersättigtem Wasser, auch unter der Beteiligung von Mikroorganismen. Wichtige Vertreter sind Kar-
lagert, z.B. als Stratovulkane oder als weiträumige Flutbasalte,
rung, Lösung und anschließender Ausfällung in sehr war-
z.B. in Indien, in Sibirien und in Oregon-USA. Vulkanische
Gesteine treten bevorzugt an tektonischen Plattenrändern
bonatgesteine, wie mikrokristalline Kalksteine, Kalksinter und
und an Subduktionszonen auf, z.B. pazifischer Feuerring,
ozeanische Rücken etc. Die häufigsten Minerale sind Quarz,
Kalksteine) und die als Evaporite (lat. "aus Verdunstung")
bezeichneten Sulfat- und Karbonatgesteine - Gips, Anhydrit,
Feldspäte, Glimmer, Pyroxene, Amphibole und Olivine.
Natron und Chloridgesteine -Steinsalz und Kalisalz. Weitere
Dolomitsteine (durch Magnesiumeinlagerung umgewandelte
chemische Sedimente sind Bändereisenerze. ChemischSedimentgesteine (lat. sedimentum = Bodensatz) sind Se-
biogene Sedimente i.e.S. entstehen aus Resten von Organis-
kundärgesteine und entstehen an oder knapp unter der Erd-
men, so z.B. bioklastische Kalksteine aus Kalkschalen des
50
Umwandlung, Wachstum und Neubildung (Rekristallisation)
Planktons, von Muscheln, Brachiopoden, Ammoniten, Seelilien, Schwämmen und Korallen. Kreide aus Foraminiferen-
der sedimentären und magmatischen Minerale und der Ge-
schalen und Kieselgesteine aus Skeletten der Kieselalgen.
steinsstrukturen. Alle vorhergehenden Strukturen, wie z.B.
Auch phosphorhaltige Gesteine (Phosphorite) und einige Erze
entstehen unter der Mitwirkung von Organismen. Hornsteine,
Schichtung und Fossilien gehen dabei verloren. Typische
Vertreter der metamorphen Gesteine sind gefaltete und oft
auch Feuerstein oder Flint genannt, können sowohl rein
stark deformierte Schiefergesteine (Tonschiefer), Phyllite und
chemisch, als auch biochemisch aus Kieselsäure (SiO2) gebildet werden. Rein biogene Sedimente sind durch pflanzliche
Gneise. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal ist oft eine mehr
oder weniger stark ausgeprägte Schieferung (Foliation). Sie
Ablagerungen entstandene Torfablagerungen und Faul-
entsteht durch Mineraleinregelung, Mineralneubildung und
schlämme und bei Temperaturen ab 120 °C Kohlegesteine
Mineralentmischung, (v.a. Minerale der Glimmer- und Chlo-
und Erdöl/Erdgas als Produkte der Verwesung von tierischem
Gewebe und Flüssigkeiten. Bei sehr intensiver Verwitterung
entstehen Rückstandssedimente wie z.B. Kaolin und Bauxit.
ritgruppe), unter dem hohen und oft gerichteten Druck
(Spannung) und durch hohe Temperatur (gebänderte Gnei-
se). Es gibt aber auch ungeschieferte (isotrope) Metamorphi-
ihre Schichtung, die durch geringfügige oder markantere
te, wie z.B. Marmor aus Dolomit- und Kalkstein, Quarzite aus
quarzreichem Sandstein und Hornfelse, die bei der Kontakt-
Wechsel der Ablagerungsbedingungen oder durch Windabla-
metamorphose entstehen. Metamorphite aus Sedimenten
gerung aus unterschiedlichen Richtungen entsteht, z.B. bei
Sanddünen (Kap. 5.4). Kompakte Riffkalke, viele glaziale
bezeichnet man als Paragesteine, aus Magmatiten als Ortho-
Ein wichtiges Erkennungsmerkmal der Sedimentgesteine ist
Moränen und manche Schuttbildungen sind ungeschichtet.
gesteine. Sehr tief in der Erdkruste versenkte Metamorphite
schmelzen ab ca. 700 - 800 °C teilweise auf und werden
Die häufigsten Minerale sind Quarz, Feldspäte, Glimmer,
dann Anatexite und Migmatite genannt. Durch Hebungen im
Tonminerale, Karbonate (Kalk- und Dolomitstein), Sulfate
(Gips, Anhydrit) und Salze (Stein-und Kalisalz).
Rahmen von plattentektonischen Vorgängen wie z.B. Gebirgsbildungen kommen viele metamorphe Gesteine mit der
Zeit an die Erdoberfläche, bilden oft Gebirgslandschaften und
Metamorphe Gesteine (Metamorphite; gr. metamorphoos =
werden abgetragen. Beispiele sind Schwarzwald, Bayerischer
umgestaltet) entstehen durch tektonische Versenkung von
Wald, Rheinisches Schiefergebirge und Teile der weltweiten
großen Gesteinspaketen in die Erdkruste bis in ca. 2 km bis
z.T. 60 km Tiefe bei Kontinentalkollisionen und bei der Ge-
Mittel- und Hochgebirge (Alpen, Anden, Himalaya, Appalachen etc.). Die häufigsten Minerale sind Quarz, Feldspäte,
birgsbildung. Die Druck- und Temperaturzunahme im Erdin-
Glimmer, Pyroxene, Amphibole, Karbonate (Marmor), Grana-
neren von 0,2 bis über 2 GPa und 150 - 800 °C führt zu einer
te, Staurolith und Disthen.
Die Entstehungs- und Ablagerungsbedingungen der drei Hauptgesteinsarten
Magmatite (Intrusiv- und Eruptivgesteine, Erstarrungsgesteine)
magmatisch
vulkanisch
=
Erstarrungsgesteine (Vulkanite und Plutonite).
=
Vulkanite -> Gashaltige Ergussgesteine, Eruptivgesteine, Effusivgesteine: Durch vulkanische Vorgänge an der Erdoberfläche
ausgestoßene Aschen, Steine, Tuffe (Pyroklasten) und ausgeflossene und erstarrte Gesteine (Lava). Oft feinkristallin oder glasig
durch die rasche Abkühlung, oder mit kristallinen Einsprenglingen, z.B. Tuff, Quarzporphyr, Rhyolith, Andesit, Trachyt, Basalt,
Obsidian. Ignimbrite -> Gesteine aus pyroklastischen Strömen, Bimsablagerungen und Aschen.
Plutonite -> Tiefengesteine, Intrusivgesteine: In großer Tiefe aus zähflüssigem Magma entstandene Gesteine.
plutonisch
=
Pegmatite
=
Groß- bis riesenkörnige Intrusionsgesteine, auskristallisiert aus einer an flüchtigen Bestandteilen reichen plutonischen
=
Restschmelze, die unter hohem Druck in das Umgebungsgestein gepresst wurde.
Übergangsmagmatite und Intrusionsgesteine in schmalen Gängen im Umgebungsgestein (Mineralgänge, Erzgänge,
Oft grobkristallin durch die langsame Abkühlung innerhalb der Erdkruste, z.B. Granit, Syenit, Diorit, Gabro.
Ganggesteine
Lamporphyr, Lamproit und Kimberlit).
Sedimente (Schicht- und Absatzgesteine), Sedimentationsräume
kontinental
=
Auf dem Festland abgelagerte Sedimente.
terrestrisch
=
Unter festländischem Einfluss entstandene und abgelagerte Sedimente. Terrigen = festländische Herkunft
klastisch
=
Durch mechanische Zerstörung und Zerkleinerung bei der physikalisch-chemischen Verwitterung (Erosion) und Sedimentation
entstandene Trümmergesteine (Gerölle, Sande, Schluffe, Tone -> Konglomerate, Sandsteine, Schluff- und Tonsteine).
konglomeratisch
=
Karbonatisch verfestigte, klastische Sedimente aus gerundeten Geröllen mit längeren Transportwegen,
brecciös
=
z.B. Nagelfluh im Oberallgäu.
Karbonatisch verfestigte klastische Sedimente aus kantigen Geröllen mit kurzen Transportwegen, z.B. Gesteinsbildungen
Fanglomerat
limnisch
=
=
Schlammbreccie, oft im ariden Klimabereich. Schlammfächer mit unsortiertem Material aller Korngrößen, oft eckig.
In den Gewässern des Festlandes gebildete Sedimente.
fluviatil
=
Durch Flüsse abgelagerte Sedimente (Kiese, Sande, Tone, Schlick, Konglomerate und Schuttbildungen, Deltasedimente).
lakustrin
=
In Binnenseen abgelagerte Sedimente (Tone, Schlick, Sande, Kiese, Deltasedimente, Evaporite).
alluvial
äolisch
=
=
Schwemmlandablagerungen in Niederungen, Tälern und an Küsten.
Durch Wind transportierte, sortierte und abgelagerte terrestrische (Staub-)Sedimente (Löss, Dünensand, Vulkanasche).
durch Vulkanausbrüche und Bergstürze.
51
periglazial
=
In Kaltzeitphasen und rezent in den Polargebieten außerhalb des Einflussbereichs der Gletscher abgelagerte Sedimente.
Durch Frost-Tauwechsel und fluviatile Vorgänge entstandene oder umgelagerte Sedimente, äolische Sedimente (LössSedimente, Solifluktionsböden, Frostmischböden, Fließerden, Schuttsedimente, Schotter, Beckentone und Torflager).
In Kaltzeitphasen und rezent im unmittelbaren Einflussbereich von Gletschern abgelagerte oder umgelagerte Sedimente
glazial
=
glazi-fluvial
=
Durch Schmelzwässer von Gletschern in Schmelzwasserrinnen transportierte und abgelagerte Sedimente (Blöcke und
glazi-lakustrin
=
sandige Schotter, Sande, Bändertone).
Durch Schmelzwässer von Gletschern in ehemalige Gletscherstauseen transportierte und abgelagerte Beckensedimente
arid, semiarid
=
(Moränen, Geschiebelehme, Beckentone und von Gletschern ausgehende Schmelzwassersedimente -> glazi- fluvial).
(Schotter, Sande und Bändertone, Deltasedimente, Driftblöcke).
Ablagerungen in Gebieten mit Wassermangel (mehr Verdunstung als Niederschlag). Sand, Staub und Steine, abgelagert in
episodisch fließenden Gewässern und durch Wind in Wüsten und Halbwüsten.
humid, semihumid =
Ablagerungen in Gebieten mit Wasserüberschuss. Unterschiedliche Sedimente in den Tropen und gemäßigten Breiten.
chemisch (biogen) =
Kalksinter, Kalktuffe, Tropfsteine, Travertin und Kieselsinter -> kontinental-fluviatile, chemisch-biogene Sedimente.
brackisch
=
Ablagerungen im Grenzbereich zwischen Süß- und Salzwasser. Kennzeichnend ist eine artenarme jedoch
individuenreiche Fauna.
marin
=
Im Meer abgelagerte Sedimente.
glazio-marin
=
Von Eismassen aus Gletschern im Meer ausgeschmolzene und abgelagerte Sedimente (Driftblöcke, Schotter).
epikontinental
flachmarin
=
=
In einem Flachmeer abgelagerte Sedimente, das flache Bereiche des Festlandes zeitweise überflutet hat.
In einem Flachmeer (Schelfmeer) festlandsnah abgelagerte Sedimente (Tonmergelsteine, Kalksteine, Dolomitsteine,
litoral
lagunär
=
=
Deltasedimente).
In der Uferregion (Küstenbereich) von Seen und Meeren und in Lagunen abgelagerte Sedimente.
In lagunenartigen und flachen Buchten abgelagerte Sedimente (litoral), z.B. Riffkalke, Kalk- und Dolomitsteine und Evaporite.
neritisch
=
In seichtem und lichtdurchflutetem Flachmeer abgelagerte Sedimente.
bathyal
=
In tiefem und lichtlosem Flachmeer abgelagerte Sedimente.
hemipelagisch
pelagisch
=
=
Im Bereich der Kontinentalabhänge abgelagerte Sedimente in 200 bis 4000 m Tiefe (Trübeströme).
Im Bereich der Tiefsee festlandsfern abgelagerte Sedimente (Tiefseetone).
eupelagisch
=
In Tiefen unter 2700 m abgelagerte Sedimente.
euxinisch
=
In sehr sauerstoffarmen Bereichen eines Meeres abgelagerte Sedimente. Schwefelwasserstoffreiches Wasser, sehr
lebensfeindlich, Faulschlämme, Erdölmuttergesteine, z.B. tiefe Bereiche des Schwarzes Meeres.
turbiditisch
=
Zyklische Abfolge von dünnen, fossilarmen Ton-, Kalk- und Sandsteinschichten. Oft als marine Trübeströme (Turbidite, Flysch)
=
im tieferen Meer als Erosionsprodukte der Gebirgsbildung entstanden, z.B. Flyschgesteine im Bregenzer Wald -> Grauwacken.
Durch Tier- und Pflanzenreste geprägte, marine und kontinentale Sedimente, z.B. bioklastische Sedimente (Schalentrümmer-
(Flysch)
chemisch-biogen
kalke), biogene Riffe, Kalktuffe. Hornstein -> kieselige Bildungen -> Feuerstein/Opal/Kieselerde/Radiolarit. Schlick, Phosphatlager
bioklastisch
=
stätten, Torf, Kohle, Bitumina -> Öl/Gas/Harze, Bändereisenerze, Bone-Beds. Geringe Anteile an klastischem Material.
Durch Schalentrümmer z.B. von Muscheln, Seelilien, Brachiopoden oder Riffbildnern (Korallen, Schwämme) geprägte
Sedimente, z.B. bioklastische Kalksteine, Schalentrümmerkalke, z.B. Trochitenkalke im Oberen Muschelkalk. Bioklastische
Sande aus Schalen- und Korallenresten. Versteinerte Knochenreste, Blatt- und Holzreste. Geringe Anteile an klastischem Material.
chemisch
=
Unter sehr warmen Klimaverhältnissen durch Verdunstung und Ausfällung aus einer übersättigten Meerwasser-Lösung
entstandene und abgelagerte Sedimente (mikrokristalline Kalksteine, Dolomitsteine, Evaporite).
evaporitisch
=
Unter ariden Klimaverhältnissen (heiß und trocken) durch Verdunstung (Eindampfung) einer übersättigten MeerwasserLösung ausgeschiedene Sulfat- und Salinargesteine (Evaporite = Gips und Anhydrit, Steinsalz und Kalisalz).
salinar
=
Ablagerung von Salzgesteinen (Halogenide, Chlorid- und Kaligesteine) bei starker Verdunstung von übersättigten Meerwasser.
=
Scharf begrenzte Flutablagerungen von starken Meer- und Seeüberflutungen (Tsunami), ausgelöst durch Seebeben, Vulkane,
Tsunamit
Erdrutschen, Meteoriten. Wenn jung, mäßig-festes Trümmergestein in Strandnähe. Chaotisch weitgestuft mit Ton, viel Sand,
Gesteinsbruchstücken und Steinblöcken aller Größen. Reste von Meerestieren (Schalen, Korallen) und oft mit menschlichen
Artefakten (Holz, Ziegel, Putzreste, Glas). Wenn älter, oft verfestigt, ohne menschliche Artefakte und gelegentlich großflächig mit
charakteristischen Strömungsmerkmalen, z.B. Chevron-Marken auf Madagaskar und in Nord-Australien.
Tempestit
Sedimentablagerungen von Sturmfluten. Sand mit Trümmergesteinen, wellig-ballige Lagerung und in den Untergrund eingetieft.
Metamorphite (Umwandlungsgesteine)
metamorph
=
Entstehung aus Sedimenten (Paragesteine) und aus Magmatiten (Orthogesteine), die tektonisch in Tiefen von
2 bis z.T. 50 km versenkt wurden. Dort wurden sie unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen in ihrer
Mineralzusammensetzung und in ihrem Gesteinsgefüge verändert, aber nicht aufgeschmolzen (Rekristallisation).
Metamorphite sind oft grobkristallin und haben durch den gerichteten Druck oft eine geschieferte Textur (Foliation),
z.B. Tonschiefer, Phyllite, Glimmerschiefer, Gneise. Es gibt aber auch ungeschieferte Metamorphite, wie z.B. Quarzit und
Marmor. Unter bestimmten Bedingungen bilden sich großkristalline Porphyroblasten in einer feinkristallinen Matrix.
Migmatite
=
Teilgeschmolzenes Mischgestein aus Metamorphit und Magamatit.
Anatexite
=
Teilaufschmelzung sehr tief versenkter Metamorphite in größerem Ausmaß durch hohe Temperaturen (> 650 – 750°C).
Bezeichnungen für Lockersedimente bzw. Gesteinen aus Lockersedimenten
Ton (-stein)
=
Feinklastisches Lockersediment und Verwitterungsprodukte mit einer Korngröße von < 0,002 mm.
Umwandlung der Silikatminerale in Tonminerale. Teilentwässert –> plastisch oder entwässert und zu Tonstein verfestigt.
Schieferton
=
Ton mit schieferähnlichem Parallelgefüge entlang von Schichtflächen. Nicht zu verwechseln mit "Tonschiefer"...
...das ist ein niedrig-metamorpher Tonstein, dem durch die Metamorphose eine echte Schieferung aufgeprägt wurde.
52
Schluff (-stein)
=
Feinklastisches Lockersediment mit einer Korngröße von 0,002 – 0,06 mm. Entsteht durch feinste Zerkleinerung von Gesteinen.
Sand (-stein)
=
Klastisches Lockersediment mit einer Korngröße von 0,06 – 2 mm. Entsteht durch die Zerkleinerung von Steinen und Geröllen in
Flüssen, in Wüsten- und in Küstengebieten. Sandstein besteht oft aus Quarzkörnern (Quarzarenith) mit unterschiedlichen
Anteilen an Feldspatmineralen, Ton und Gesteinstrümmern (Arkose, Litharenit, Grauwacke). Es gibt auch Sande und Sandsteine
aus Kalkschalenresten von Muscheln und Korallen, aus vulkanischen Gesteinen, aus verwitterungsbeständigen Mineralen
Kies (Konglomerat)
=
Löss
=
(Granat) und in ariden Gebieten aus Gips, z.B. Gipssande im "White Sands National Monument", NM-USA.
Grobklastisches Lockersediment mit einer Korngröße von 2 – 63 mm (Schotter, Gerölle). Verfestigt = Konglomerat.
Zerkleinerung und Rundung an Küsten und durch Transport in Flüssen und in Schmelzwasserrinnen in und vor Gletschern etc.
Äolisches und staubartiges Lockersediment. Quarz- und kalkhaltiger Schluff, z.T. mit Feinsand- und Tonanteilen. Durch starke
Wind v.a. während der Glazialzeiten aus oft trockenen und vegetationsarmen Schotterebenen ausgeblasen und mit nachlassender
Lösslehm
=
Windgeschwindigkeit in grasbewachsenen Muldenlagen, auf Verebnungsflächen und in Leegebieten abgelagert.
Bei der Verwitterung von Löss entsteht entkalkter, verlehmter, verdichteter und feuchterer Lösslehm mit Bodenbildungen zu
Braunerden und Schwarzerden. Lösslehm hält die Feuchtigkeit gut, was mitausschlaggebend für seine Fruchtbarkeit ist.
Lehm
=
Verwitterungsprodukt und Gemisch aus Ton, Schluff und Sand, kalkarm bis entkalkt.
Letten
=
Lokale Bezeichnung für sandig-schluffige und halbfeste bis felsartige Tone (-steine), mit geringem Kalkgehalt.
Mergel (-stein)
=
Gemenge aus Ton und Kalk. Je nach Kalk-Tongehalt wird mergeliger Kalk, Mergelkalk, Kalkmergel, Mergel, Tonmergel,
Mergelton und mergeliger Ton unterschieden.
Vorgänge
Asche, Gerölle, Steine,
Gase, Wasserdampf
Verwitterung, Zerkleinerung und Lösung der
Gesteine
durch mechanisch-physikalische und chemischbiogene Verwitterung unter
dem Einfluss von Niederschlägen, Wasser, Temperaturunterschieden, Atmosphärillien, Wind, Eis, Wellenschlag, Pflanzen und Mikroben, Schwerkraft und in
Gebirgen auch durch Blitzschlag.
Staub und Meteorite,
ca. 2 Mio. t/Jahr
Gliederung
Lithosphäre
Erdkruste
- Oberkruste, granitisch
Dichte 2,7 - 2,9 g/cm3
Druck 0 - 0,9 GPa
-> mechanisch steif
-> Bruchtektonik
Leichte kontinentale- und
schwerere ozeanische
Erdkruste aus leichten
Silikaten (Si, Al, Mg, K).
Mächtigkeit im Bereich der
Gebirge bis über 60 km,
im Bereich der Ozeane
5 - 8 km.
Conrad-Diskontinuität
Dichtesprung
in ca. 15 km Tiefe.
- Unterkruste, basaltisch
Dichte 3,3 g/cm3
Druck bis 1,5 GPa
–> teils duktil.
Lithosphärischer
Erdmantel
aus Gesteinen höherer
Dichte (Mg, Fe, Peridotit),
3,5 - 4 g/cm3, Druck bis
40 GPa, ~ 1100 °C
-> fest aber duktil.
Bis ca.100 km Tiefe, unter
Gebirgen tiefer.
Oberer Erdmantel
"Asthenosphäre"
-> plastisch und partiell
geschmolzen, ~ 1500 °C,
Dichte 4,6 g/cm3, >40 GPa.
Bis ca. 250 km Tiefe.
Gleitschicht für die
Lithosphärenplatten.
Jüngere
Vulkanite
Gletscher
Terrestrisches
Sedimentbecken
Alte Plutonite
herausgehoben
Magmakammer
Marines
Sedimentbecken
Magmatite, Metamorphite und
Sedimentgesteine an der Erdoberfläche.
Sedimente
Erstarrung der Magmatite
Lockergesteine
Vulkanite an der Erdoberfläche,
Plutonite in der Tiefe.
Hebung oder Versenkung
der Gesteinspakete durch
Plattentektonik und
Gebirgsbildung.
Aufstieg von
geschmolzenem
Magma
im Bereich von tektonischen Schwächezonen.
Erdkruste
Sedimente
verfestigt,
bis 4 km Tiefe,
bis ca. 150°C.
Metamorphite
2 - 50 km tief, 150 - 650 °C,
0,2- 1,2 GPa Druck. Beginn der
Aufschmelzung je nach Tiefe ab
650 - 900 °C.
Migmatite, Anatexite.
Magma-Intrusion
mit ca. 1100 - 2000 °C, z.B. bei
der Plattensubduktion mit wasserhaltigen Sedimenten oder durch
Hot-Spot (Mantelplum).
Darunter duktile Silikatgesteine des Erdmantels.
Lithosphärischer
Erdmantel
Asthenosphäre
Abtragung und Transport
durch Schwerkraft, Gletscher, Wind, Bäche und
Flüsse -> Strömungen,
Schlammfluten. Einbau von
gelösten Karbonaten in
Schalen von Tieren.
Ausfällung, Eindampfung ,
Sedimentation und beginnende Kompaktion
in Tälern, Seen, Meeren und
in absinkenden Sedimentbecken. Bildung von Schalentrümmerkalken im Meer.
Temperatur- und Druckzunahme
Mohorovicic-Disk.
in BW in 24 - 30 km Tiefe.
500 - 950 °C.
Grenze Kruste/Mantel
Asche, Lava
Versenkung, Entwässerung, Kompaktion und
Verfestigung (Diagenese,
Lithifizierung)
in Becken und bei der Gebirgsbildung. Bildung von
Festgesteinen und Fossilien,
Kohle, Erdöl und Erdgas.
Hebung oder weitere
Versenkung und
Metamorphose
z.B. durch Gebirgsbildung.
Gesteinsumwandlung durch
hohe Drücke und hohe
Temperaturen, Rekristallisation in festem Zustand.
Partielle Aufschmelzung
einzelner Minerale je nach
Tiefe ab ca. 650 °C. Je nach
den Bedingungen vollkommene Aufschmelzung möglich >
1100 °C.
Gleitschicht für die
Lithosphärenplatten bei der
Kontinentalverschiebung.
Abb. 27: Kreislauf der Gesteine (schematisch und nicht-maßstäblich überhöht!).
Mit der Verwitterung der Gesteine an der Erdoberfläche wird der Gesteinsschutt aus Blöcken, Kiesen, Sanden, Schluffen und Tonen in Täler, Seen, Senken und
in die Meeresbecken transportiert und abgelagert. Dort kommt es mit der Zeit zur Verfestigung der Sedimente bis hin zur Gesteinsbildung. Durch die ständigen
Bewegungen der Erdkrustenplatten (Tektonik) werden Gesteinspakete örtlich tiefer versenkt und an anderen Stellen, z.B. bei Gebirgsbildungen herausgehoben.
So entsteht ein vertikaler Kreislauf der Gesteine innerhalb der Erdkruste. Bei sehr tiefer Versenkung werden die Sedimentgesteine unter hohem Druck und
hohen Temperaturen umgewandelt (Rekristallisation) und auch aufgeschmolzen. Die Zumischung und Auskristallisation von aufsteigenden Magmen aus dem
Erdmantel vervollständigt die Gesteinsvielfalt, aus der sich die unterschiedlichen Landschaften an der Erdoberfläche bilden.
53
5.2 Schichtung, Schieferung und Klüfte
Schichtgrenzen sind weitgehend parallel verlaufende Grenz-
Schieferungsflächen sind charakteristische Grenzflächen in
flächen in Sedimentgesteinen. In Baden-Württemberg ver-
metamorphen Gesteinen, z.B. in Schiefern und in Gneisen.
Sie werden durch den hohen gerichteten Druck (Spannung)
laufen sie je nach den tektonischen Verhältnissen überwiegend leicht geneigt bis flachwellig-horizontal. In Gebirgen
sind sie oft komplex verfaltet. Schichtgrenzen entstehen,
und hohen Temperaturen tief in der Erdkruste verursacht
wenn die Sedimentablagerung unterbrochen wird, oder wenn
sich die Ablagerungsbedingungen ändern und es zu einem
die Entmischung, Einregelung und Neubildung der zuvor
regellos verteilten Minerale, z.B. Quarz, Feldspat und Glim-
Materialwechsel oder zu einem Wechsel der Korngröße
mer im Granit entstehen Gneise mit einer hell-dunkel-
kommt. Das kommt unter Wasser vor, wenn die Ablagerung
Bänderung. Marmor ist ungeschiefert und regellos körnig.
(Schieferung = lagig eingeregelte Minerale, Foliation). Durch
von feinem Kalk auf gröberen Kalk oder auf Kalkschalen-
Klüfte sind Bruchstellen und Trennflächen in ehemals kom-
trümmer wechselt, wenn nach einer längeren und homogenen Kalkablagerung Sande oder Tone abgelagert werden
pakten Gesteinen. Innerhalb der harten Sediment- und Kris-
(Materialwechsel) oder wenn auf Kiese grobe Sande und
Feinsande abgelagert werden (Wechsel der Korngröße
gradierte Schichtung, Flysch). Auch bei der Sedimentation
oft parallele Gesteinsklüfte. Sie entstehen durch tektonische
bei Gebirgsbildungen, durch Abkühlung und Kontraktion des
von Sanddünen kommt es durch wechselnde Windrichtun-
Gesteins und bei der Erosion, einhergehend mit Druckentlas-
gen und Windgeschwindigkeiten zur Bildung einer Schich-
tung v.a. bei der Talbildung. Auch starke Erdbeben, Vulkan-
tung (Kreuzschichtung, Schrägschichtung und gradierte
ausbrüche und große Meteoriteneinschläge können kompakte
Schichtung), die in der später verfestigten Düne gut sichtbar
Gesteinspartien durch Klüfte zerlegen. Die Klüfte stehen
ist. Sedimente, die nach der Ablagerung einige Zeit an der
zunächst sehr eng und verzahnt. An der Erdoberfläche und
Erdoberfläche liegen, bilden oft eine kalkhaltige oder man-
an Talböden und -rändern sind sie durch Erosion und der
gan- und eisenhaltige Kruste. Nach weiterer Sedimentation
kann das dann eine sichtbare Grenze sein (Änderung der
damit einhergehenden Druckentlastung oft Millimeter bis
Zentimeter zu Spalten geöffnet. Die chemische, biogene und
Mineralart, -Größe und -Farbe). Biologisch verursachte dün-
physikalische Gesteinsverwitterung greift bevorzugt in Klüften
tallingesteine verlaufen mehr oder weniger eng stehende und
Kräfte bei der langsamen Bewegung der Erdkrustenplatten,
ne Überzüge oder Reste von Schalen und Knochen (Bone-
und an Schichtfugen an und erweitert diese. In lösungsfähi-
beds) auf Ablagerungen an der Erdoberfläche oder unter
gen Gesteinen, wie z.B. in Karbonat- und Sulfatgesteinen
kommt es dann zur Bildung von Spalten, Gängen, Höhlen
Wasser können nach der Verfestigung zu Gestein sichtbare
Grenzen im Gestein bilden. Auf Schichtflächen ist die Rei-
und Erdfällen durch Auslaugung (Karst). In Klüften lagern
bungs- und Verbandsfestigkeit oft abgemindert und sie kön-
sich oft Minerale, wie z.B. Kalzit, Quarz, Gold und Erze aus
nen nach sekundären Veränderungen, z.B. durch Verwitterung leicht zu Gleitflächen werden und bei Belastung oder
heißen, fluiden Lösungen aus dem Erdinneren ab. Gesteine
brechen und gleiten bevorzugt entlang von Schichtflächen,
Durchfeuchtung abrutschen (v.a. tonhaltige Gesteine).
Schieferungsflächen und Kluftflächen.
5.3 Gesteinsverwitterung
Die bei der Diagenese verfestigten Gesteine werden in Ober-
Hydrolyse (Aufspaltung und Lösung durch geladene Ionen
flächennähe und v.a. an Talflanken und in Talböden von
des Wassers, H3O+ OH-, Herauslösung der metallischen
feinen und breiteren Entlastungsklüften und erweiterten
Schichtflächen durchzogen. An diesen offenen Tennflächen
Komponenten) und durch die Einwirkung von kohlendioxid-
und an Korngrenzen beginnen die physikalische und die
re. Hydrolyse ist für die Bodenbildung verantwortlich und
kann im Gestein Tiefen von 100 m erreichen. Eisensilikate,
chemisch-biogene Verwitterung. Die Intensität der Verwitte-
haltigem Wasser (Kohlesäure) in Tonminerale und Kieselsäu-
rung ist temperatur- und damit klimaabhängig, wobei auch
dem Wasser eine entscheidende Bedeutung zukommt.
wie z.B. Pyroxene setzen bei der Hydrolyse 2-wertiges Eisen
Die chemische und chemisch biogene Verwitterung ist eine
Gesteinszersetzung mit einer chemisch-mineralogischen
unter Volumenzunahme in schwer lösliches 3-wertiges Eisen
umgewandelt wird. Karbonatgesteine gehen unter der Ein-
Auflösung und Veränderung der Gesteine. Es kommt zur
wirkung von Kohlensäure in Lösung, während Quarz gering
Minerallösung, Mineralumwandlung und Mineralneubildung,
wasserlöslich ist. Salze lösen sich gut in Wasser. Schwefel-
oft einhergehend mit einer Volumensvergrößerung und mit
Farbveränderungen. Mit dem Fortschreiten der Verwitte-
und Salpetersäure aus Vulkanen und aus Sümpfen, organische Säuren und Kohlendioxid aus Pflanzenwurzeln und
rungsprozesse zerfällt das Festgestein in ein zunehmend
Bodenbakterien sind in Verbindung mit Wasser ebenfalls
feinkörniges und wenig dichtes Lockergestein. Silikatmine-
stark an der chemisch-biogenen Verwitterung der Gesteine
rale wie Feldspäte, Glimmer und Olivin verwittern durch
beteiligt.
frei, das durch Oxidation mit in Wasser gelöstem Sauerstoff
54
Die Hydration (Anlagerung von Wasser an das Kristallgitter)
So bilden sich in Tälern, Tiefebenen und in Küstengebieten
gehört zum Übergangsbereich zwischen chemischer und
neue Sedimentpakete, wie z.B. Löss, Lehme, Sande, Kiese
physikalischer Verwitterung. Anhydrit verwittert im Grund-
und Konglomerate, die sich später wieder zu Gesteinen
wasser durch Hydration unter Volumenzunahme zu Gips.
verfestigen können. Sehr verwitterungsbeständig sind Sande
aus Quarz, die oft mehrere Zyklen durchlaufen und dabei
Hämatit (Eisenoxid) verwittert zu Limonit und Goethit (Eisenhydroxid). Die gelösten und abtransportierten Minerale können in Seen und Meeresbecken durch chemische Ausfällung
ihre Korngröße nur wenig verändern (Granit -> Sand ->
Sandstein -> Sand -> Sandstein -> Sand).
neue Sedimente und Gesteine bilden, z.B. Karbonate, Sulfatund Salzsedimente, Tonsedimente. Die chemische und die
chemisch-biogene Verwitterung sind in den feuchten Tropen
Die chemische, chemisch-biogene und die physikalische
durch die hohen Temperaturen und durch die dichte Besie-
einander über und sind nicht immer scharf zu trennen. Man
unterscheidet verwitterungsbeständige Gesteine wie z.B.
delung mit Pflanzen und Mikroorganismen am stärksten.
Verwitterung wirken je nach Klima zusammen, gehen oft in
Grauwacken und z.T. Tonschiefer und verwitterungsempfindDie physikalische Verwitterung ist in den kalten Gebirgs- und
liche Gesteine wie z.B. Ton- und Mergelsteine, oft in dünn-
Polarregionen domminierend. Sie setzt ebenfalls an Klüften,
Spalten, Schichtfugen und an Korngrenzen an und ist eine
bankigen Wechsellagen. Dunkle, graue und grünliche Sedi-
mechanische Gesteinszertrümmerung. Die Ursachen sind
Spannungen und Druckentlastungen im Gestein, die zu Exfoli-
sen als helle, rote oder violett-rote Sedimentgesteine. Besonders anfällig sind schwarz-graue Gesteine, die feinverteilten
ation (Abschalung bei kluftarmen Graniten) führen und
Pyrit (FeS2) enthalten. Gesteine, die von der Verwitterung
Volumensänderungen durch Quelldruck (z.B. Anhydrit), Temperaturverwitterung, Frostsprengung, Salzsprengung und Wur-
schnell und stark beeinflusst werden, nennt man veränder-
zelsprengung. Auch Blitzschlag sprengt in Gebirgen Felsen.
Bei der physikalischen Verwitterung kommt es zu einer Ent-
mentgesteine sind anfälliger gegenüber Verwitterungsprozes-
lichfeste Gesteine oder Halbfestgesteine. Auch Lockergesteine unterliegen der Verwitterung. Löss verwittert unter dem
Einfluss von kohlendioxidhaltigem Niederschlagswasser.
festigung und zu einer raschen Abnahme der Korngröße. Die
Dabei wird der Löss (kalkhaltiger Schluff) durch Kalklösung
chemisch- mechanisch zerlegten Festgesteine werden durch
Wasser, Wind und Eis erfasst, abtransportiert und mecha-
und durch die Umwandlung der Primärsilikate zu Tonmine-
nisch weiter zerkleinert (Steine -> Kies -> Sand -> Schluff).
Verwitterungsgrade
nach Wallrauch 1969
V5/W5
völlig
verwittert
V4/W4
stark
verwittert
Gesteinstyp
Boden,
Lockergestein
Zerlegung
ohne Gefüge
Restgefüge
Bohrkern
bindig
bindig
ralen in Lösslehm (entkalkter, toniger Schluff) umgewandelt.
V3/W3
verwittert
(mäßig verwittert)
Boden
nach DIN 1054,
einaxiale
Druckfestigkeit
qu,k in MN/m2
Vorherrschende
Verwitterung
Verwitterungsgrade
V1/W1
angewittert
Halbfestgestein
Auflockerung an
Trennflächen:
...vollständig/stark
sehr mürb
mürb-hart
< 1,25
1,25 - < 5,0
V0/W0
unverwittert
Festgestein
grusig/blättrig/bröckelig/stückig
Festigkeit
V2/W2
aufgewittert
(schwach
verwittert)
...teilweise
schwach
...beginnend
Kernstück,
Kernscheiben
...keine
Vollkern
mäßig hart
hart
12,5 - < 50,0
> 50,0
sehr hart
5 - < 12,5
chemisch-biologisch
chemisch-mechanisch
mechanisch
keine
(Boden)
VZ
zersetzt
VE
entfestigt
VA
angewittert
VU
unverwittert
Vollständige
Mineralneubildung und
Verfärbung.
Verlust der
mineralischen
Bindung, Eigenschaft eines
Lockergesteins.
Umwandlung in
Tonminerale.
Das Gestein ist zerbrochen
und entfestigt und zeigt
vollständige Auflockerung
an Trennflächen. Der
ursprüngliche Gesteinsverband ist noch erhalten.
Das Gestein zeigt teilweise Auflockerung an Trennflächen
Beginnende Mineralneubildung und
Verfärbung auf Trennflächen.
Das Gestein zeigt
keine Verwitterungserscheinungen und keine
Mineralneubildung.
nach FGSV 1992
Intensität,
Mineralneubildung,
Verfärbung
Verwitterungsgrade nach E. Wallrauch (1969), nach DIN 1054 und nach FGSV (1992). Tabelle verändert nach C. Moormann (2007).
55
5.4 Gesteinsfarben
Die Farben der Gesteine entstehen durch unterschiedlich
Weiße und hellgelbe Farben
gefärbte gesteinsbildende Minerale und Mineralkrusten.
Weiß gefärbte Sandsteine entstehen oft durch sekundäre
Entfärbung (Bleichung) der Mineralkörner durch zirkulieren-
Sedimentgesteine erhalten abhängig vom Ausgangsgestein,
von den Sedimentationsbedingungen und von den Klimaverhältnissen zur Zeit der Sedimentation und Verwitterung unterschiedliche Färbungen. Diagenetische Vorgänge nach der
Sedimentation können ebenfalls einen Einfluss auf die Ge-
de Wässer nach der Ablagerung und Verfestigung. Hellgelbe
Sandsteine haben oft einen erhöhten Anteil des Minerals
Feldspat, das sich zu weißem Kaolin zersetzt. Die grauweißen Lehrbergschichten an der Basis des Kieselsandsteins
steinsfarben haben. Gesteinsfarben sind v.a. an den Ge-
setzen sich aus baryt-, bleiglanz- und malachitführenden
steinsoberflächen oft sekundär durch Verwitterung und
Steinmergeln zusammen. Kalksteine können durch Eisenkarbonat gelblich gefärbt sein. Sehr feldspatreiche Gesteine
durch organischen Besatz verändert. Die sedimentären Tonsteine und Tonmergelsteine im Lettenkeuper und v.a. die im
verwittern unter vollhumiden (ganzjährig feuchten) Klimabe-
Mittleren Keuper zeigen im Geländeaufschluss oft lebhafte
dingungen oft zu dem weißen bis cremefarbenen und alumi-
Gesteinsfarben. Graue Gesteine wechseln sich ab mit rötli-
niumhaltigen Tonmineral Kaolinit, das ein wichtiger Rohstoff
für die Keramikproduktion ist. Marmor besteht aus weißen
chen, rotbraunen, grünlichen und violetten Gesteinen.
bis durchsichtigen Calcitkristallen (CaCO3), die durch die
Graue bis grünliche Farben
Die oft grau-grünen und grünlichen Gesteine des Lettenkeu-
Metamorphose grobkristallin gewachsen sind. Schlierenartige, gebänderte und gefleckte Färbungen sind hier häufig.
pers und des Gipskeupers sind bei der oxidativen Zersetzung
von organischem Material in einem relativ flachen Meeres-
Gelbliche bis rotbraune Farben
becken entstanden. Dort herrschte ein reduzierendes, d.h.
Im Strohgäu sind braun-gelblich bis rostbraun gefärbte Löss-
sauerstoffarmes Milieu, in dem es zur Bildung des grünlich-
lehmböden über fahl- bis hellgelb gefärbtem, unverwittertem
Löss charakteristisch. Bei der Verwitterung zu Lösslehm in
blauen Minerals Glaukonit (Grünsande) gekommen ist. Das
Schichtsilikat Glaukonit ist durch untermeerische Verwitterung von Feldspat und Biotit entstanden. Das sind Minerale
aus der terrestrischen Gesteinsverwitterung, z.B. von Graniten und Gneisen. Wegen der reduzierenden Verhältnisse im
unserem feuchtgemäßigten Klima wird 2-wertiges Eisen
(FeO) in den Silikatmineralen zu 3-wertigem Hämatit (Fe2O3)
oxidiert, das durch Hydration dann in braune Eisenhydroxide
(Goethit, Limonit -> FeOOH) umgewandelt wird. Gelbe Ge-
Meerwasser bei ca. 200 m Tiefe war eine Bildung von rötli-
steinsfarben kommen auch durch das Mineral Pyrit zustan-
chem Eisen-III-Oxid (Fe2O3) nicht möglich, so dass Eisen-II-
de, so z.B. im Stubensandstein. Schwarzgraue Dolomite im
Keuper verwittern oft nach ockergelb. Bräunliche Farben
Oxid (FeO) entstanden ist. Zur Glaukonitbildung kommt es
auch im Verdauungstrakt einiger Meereslebewesen.
Rötliche und violette Farben
Rötliche und violette Farben bilden sich unter rein oxidierenden, d.h. sauerstoffreichen Verhältnisse bei der Verwitterung
kommen auch oft von Glaukonit, wenn dieser zu dem Mineral Goethit oxidiert wird. Bei Kalksteinen und Tonsteinen sind
die färbenden Beimengungen die Minerale Limonit - braun
bis gelb, Hämatit - rötlich, Glaukonit - grünlich und organische Kohlenstoffverbindungen - grau bis fast schwarz.
von eisenhaltigen Mineralen in den Gesteinen in einem warmen und semiariden (halbtrockenen) Steppenklima auf dem
Graue bis braun-schwarze Farben
Festland, z.B. Pyroxen, Biotit und Olivin (-> Rotsedimente).
Farbbildend ist hier unlösliches Eisen-III-Oxid (Fe2O3 = Hä-
Graue bis dunkle und nahezu schwarze Gesteinsfarben
matit), das bei der vollständigen Oxidation des Eisens der
nisches Material hin, z.B. kohlige Pflanzenreste, bituminöse
Einschlüsse oder fein verteilter Pyrit (FeS) (Vitriolschiefer im
deuten auf ein sauerstoffarmes Ablagerungsmilieu und orga-
Minerale entsteht. Diese Farben sind v.a. bei den bunten
Tonmergeln des Mittleren Keupers oft zu sehen (Gipskeuper,
Lettenkeuper und Tonsteine im Frühen Jura). Unter Sauer-
Dunkelrote Mergel, Esterienschichten, Knollenmergel). Auch
stoffabschluss zersetzten Schwefelbakterien direkt nach der
die rötlichen Farben der Sandsteine des Keupers und des
Sedimentation das organische Material der in die Sedimente
abgesunkenen toten Lebewesen und wandeln es in dunkle
Buntsandsteins ist so zu erklären. Intensiv rot gefärbte eisenund aluminiumhaltige Lateritböden bilden sich in wechsel-
Sulfide um, z.B. Faulschlämme im Schwarzen Meer. Hier
feuchten tropischen und subtropischen Gebieten mit ausge-
kann es zur Bildung von goldfarbenen Pyritkristallen und
prägten Niederschlägen als Reste nach der Verwitterung der
pyritisierten Fossilien kommen. Kohlige Pflanzenreste und
Kohle können in geringer bis mittlerer Tiefe entstehen. Bitu-
Tonminerale. Das Aluminiummineral Bauxit ist ein fossiler
Laterit. Violette Farben entstehen auch oft in Schichten, in
denen eine Bodenbildung stattgefunden hat.
mina entstehen in größerer Tiefe unter erhöhten Druck- und
Temperaturbedingungen aus organischem Material. In trockenen und warmen Wüstengebieten kommt es zur Bildung
56
einer dünnen und braun-schwarz gefärbten Kruste der Ge-
bläulich gesprenkelt bzw. gebändert und bestehen aus mil-
steine an der Oberfläche, dem sogenannten Wüstenlack. Er
chig-durchsichtigem Quarz, rötlich-weißem Feldspat und
besteht aus Tonmineralen mit Eisenoxidhydraten und Man-
schwarzem und silbrigem Glimmer (-> saure Gesteine mit
ganoxiden, die durch kapillares Aufsaugen von Lösungen
aus dem Gestein und Niederschlag des Lösungsinhaltes auf
hohem Kieselsäure-, Natrium- und Kaliumgehalt). Granite
sind an der angewitterten Oberfläche oft hellgrau bis gelblich
der Gesteinsoberfläche infolge starker Verdunstung entstan-
gefärbt. Je weniger Quarz diese Gesteine enthalten, desto
den sind. Ein Einfluss durch Mikroorganismen ist möglich.
dunkler sind sie. Gesteine mit vielen Amphibol-, Pyroxenund Olivinmineralen sind sehr dunkel, z.B. Diorit, Andesit,
Bei magmatischen und metamorphen Gesteinen bestimmen
Gabbro, Basalt (-> basische Gesteine mit hohem Eisen-,
die Anteile unterschiedlich gefärbter Minerale die Gesteins-
Magnesium- und Calciumgehalt).
farben. Granite und Gneise sind grau, weiß, rosa oder
5.5 Karst
Gesteine, die durch chemische Lösungsprozesse stark angegriffen und gelöst werden, werden als Karstgesteine bezeich-
Spaltensysteme, die sich in langen Zeiträumen zu großen
Höhlensystemen ausweiten können. In diese sickert das
net. Der Name Karst kommt vom indogermanischen "Karre"
Niederschlags- und Oberflächenwasser rasch ein und bildet
= Stein oder karg und gibt einer Landschaft in Kroatien an
einen oft ergiebigen aber verschmutzungsempfindlichen
Grundwasserleiter. Das Grundwasser tritt oft an Quelltöpfen
der Nordwestadria ihren Namen. Man unterscheidet die
Subrosion von Sulfat- und Chloridgesteinen (Salinarkarst)
in den Tälern in großer Menge zutage, so z.B. am Blautopf
und die Korrosion von Karbonatgesteinen (Karbonatkarst).
und am Aachtopf am Südrand der Schwäbischen Alb. Ober-
Kalkgesteine (Kalziumkarbonat = CaC03) werden durch koh-
flächengewässer sind in Karstgebieten selten oder nur episodisch nach Starkregenfällen und versickern nach kurzer
lendioxidhaltiges Niederschlagswasser entlang von tektonischen Klüften und Schichtfugen aufgelöst (Kohlensäurever-
Fließstrecke, so dass die Oberflächen von Karstgebieten
witterung). Der natürliche C02 - Gehalt der Atmosphäre bildet
trocken sind. Es bilden sich charakteristische Landschafts-
mit Regenwasser Kohlensäure (H20 + C02 = H2C03) mit einem pH von 4 - 5. Die chemische Gleichung der Kalklösung
formen mit Erdfällen (Dolinen), Poljen (große, geschlossene
Becken), Trockentälern und Bachschwinden, wie z.B. die
lautet: CaC03 + H2C03 = Ca2+ + 2HC03- (Kalziumkarbonat
Donauversickerung bei Immendingen. Besonders von der
(Kalk) + Kohlensäure = Kalzium-Ion + Hydrogenkarbonat-
Verkarstung betroffen sind unbedeckte oder mit geringmächtigen Gesteinsschichten und Verwitterungsbildungen be-
Ion). Das Kalzium-Ion und das Hydrogenkarbonat-Ion sind
besser wasserlöslich als Kalk. Beide gehen v.a. im kalten
deckte Kalksteinschichten, wie z.B. die Schwäbische Alb
Wasser gut in Lösung und werden abgeführt. Der umgekehr-
(Jura-Kalk), das Heckengäu und teilweise auch das Strohgäu
te Prozess dieser Gleichung ist die Kalkausfällung, z.B. bei
(Muschelkalk). Auch Talhänge und Talböden sind wegen der
Auflockerung der Karbonatgesteine durch Hangentlastung
der Tropfsteinbildung, bei der Bildung von Kalksinter oder
großflächig bei der Kalksedimentation in warmen Meeresbe-
oft stärker verkarstet. ln Gebirgen verkarsten Karbonatgestei-
cken, wie es aktuell im Bereich der Bahama-Inseln und im
nen an der Oberfläche oft zu Karren und Schratten, wie z.B.
Persischen Golf zu beobachten ist. Im Lauf der Jahrtausende
bilden sich im Kalkgestein, auch abhängig vom Klima, durch
auf dem Gottesacker-Plateau. Selten kommt es auch in kalkig gebundenen Sandsteinen zu Karsterscheinungen, so z.B.
Kalklösung größer werdende und zusammenhängende
in Süd- und Mittelamerika und in Australien.
Abb. 28: Karstformen.
Quelle: Frederic Boulvain.
57
5.6 Erdbeben
Bei der Erdbebentätigkeit in Deutschland handelt es sich
Gründen eine Erdbebenstärke über Mw = 10,5 nicht möglich
nicht um die weltweit häufig vorkommenden Plattenrand-
ist und die Richter-Scala ab ML = 7 ungenau wird. Die Erdbebenskalen sind logarithmisch. Ein Magnitudensprung z.B.
beben, wo große Erdkrustenplatten untereinander abtauchen
oder horizontal aneinander vorbei gleiten, wie z.B. in Kalifornien, Japan, Sumatra, Chile und Italien, sondern um die
selteneren Intraplattenbeben. Die Erdbeben in Deutschland
von 4 nach 5 bedeutet eine 10-fach stärkere Bodenbewegung und die 33-fache Energie. Die Schäden an der Erdoberfläche (Schadensintensität = IO) sind von der Entfernung zum
können als Auswirkungen lokaler Spannungskonzentrationen
oder Schwächezonen, hervorgerufen durch geologische
Erdbebenherd und vom geologischen Aufbau des Unter-
Heterogenitäten in der oberen Erdkruste verstanden werden.
schen Makroseismischen Skala -EMS-" bewertet, die aus der
Mercalli-Scala entwickelt wurde. Bei Erdbeben in Meeresge-
Übersteigen die Spannungen die Festigkeit der Gesteine im
Untergrund, so kommt es zum ruckartigen Bruch der Gesteine (G. Schneider, Erdbeben, 2004). Ein Teil der aufgestauten
grundes abhängig. Sie werden nach der 12-teiligen "Europäi-
bieten kommt es gelegentlich zu verheerenden Flutwellen
Energie wird in Form von seismischen Wellen (p-Wellen, s-
(Tsunami), die viele Todesopfer fordern können (Sumatra,
Japan, Chile, Hawaii, Alaska, Oregon, Mittelmeer). In den
Wellen, Oberflächen-Wellen) freigesetzt und bei entspre-
vergangenen 200 Jahren wurden in Baden- Württemberg
chender Stärke an der Oberfläche als Erdbeben wahrge-
Erdbeben mit einer Magnitude bis zur Stärke M = 5,7 und
nommen. Als Hauptmotor für diese Vorgänge kann die Bewegung der Afrikanischen Platte nach Norden gegen die
mit einer Schadensintensität nach der Makroseismischen
Skala von bis zu I = 7 registriert. In Basel hat sich 1356 ein
Europäische Platte angenommen werden. Diese seit über 60
verheerendes Erdbeben mit der Magnitude M = 6,5 - 7 und
Mio. Jahren andauernde Bewegung hat auch zur Auffaltung
der Alpen geführt (siehe Abb. 9 oben). Von Nordwesten
der Schadensintensität I = 9 ereignet. Entlang des Ober-
drückt die untermeerische Materialneubildung an der Mittel-
rheingrabens kommt es häufig zu mittelstarken Erdstößen.
Beim bisher stärksten Beben auf der Schwäbischen Alb im
atlantischen Schwelle gegen Europa. Die beiden Hauptzen-
Jahr 1911 mit einer Magnitude von M = 5,6 sind im Raum
tren der Baden-Württembergischen Erdbebentätigkeit liegen
im Dreiländereck im Raum Lörrach/Basel und seit Anfang
Ludwigsburg Schäden der Intensität I = 6 aufgetreten. Man
geht davon aus, dass in Südwestdeutschland maximale Erd-
des 20. Jahrhunderts auch im Zollernalbkreis bei Albstadt
bebenstärken der Magnitude M = 6 auftreten können. Dann
und Balingen. Der Bruchtyp dokumentiert eine horizontal
und nordwestlich orientierte Kompression. Innerhalb der
wäre mit Schäden der Intensität um I = 7 zu rechnen. In
durch Bruchtektonik geprägten südwestdeutschen Groß-
Baden-Württemberg ist etwa alle 10 Jahre mit einem mittelstarken Erdbeben mit Gebäudeschäden und Betriebsstörun-
scholle werden zwei in Süd-Nord-Richtung verlaufende
gen in größerem Umfang zu rechnen (EMS 6 - 7).
Scherzonen vermutet: Die Kaiserstuhl-Scherzone von Basel
bis Lorsch und die Albstadt-Scherzone vom Schweizer Kan-
Erdbebengerechtes Bauen (DIN EN 1998-1)
ton Glarus bis in den Stuttgarter Raum (Abb. 4). Die Erdbeben führen in Südwestdeutschland zu Blattverschiebungen,
wobei sich der westliche Teil der Scherfläche nach Süden
und der östliche Teil nach Norden bewegen. Die Erdbebenaktivitäten im Oberrheingraben finden ihre Fortsetzung nach
Nordwesten und Westen bis in die Niederrheinische Bucht
(Raum Köln) und nach Belgien und Holland, wo weitere
Erdbebenschwerpunkte in Deutschland und in Europa liegen. An der Landesgrenze von Sachsen und Thüringen im
Vogtland liegt ebenfalls ein Gebiet mit erhöhter Erdbebentätigkeit (Abb. 30). Bei der Auslösung von Erdbeben spielt
auch der Wassergehalt der Gesteine eine wichtige Rolle. Das
Wasser wirkt hier als Schmiermittel. Die Energie eines Erdbebens im Erdbebenherd wurde früher nach der logarithmischen "Richter-Skala ML" berechnet. Heute wird oft die logarithmische "Moment-Magnituden-Skala Mw“ verwendet, welche die Vorgänge im Erdbebenherd mathematisch-physikalisch genauer beschreibt und über große Entfernungen
besser anwendbar ist. Beide Skalen sind mathematischtheoretisch nach oben offen, wobei aus physikalischen
Die "erdbebengefährdeten Gebiete" in Deutschland (Bayern,
Baden- Württemberg, Thüringen, Sachsen und entlang des
Rheins) werden in 4 Erdbebenzonen (Zone 0 bis 3) mit
unterschiedlichen Intensitätsintervallen und Bemessungswerten für die Bodenbeschleunigung (ag) unterteilt (Abb. 30).
Innerhalb dieser Zonen werden 3 geologische Untergrundklassen unterschieden: R = Gebiete mit felsartigem Gesteinsuntergrund, T = Übergangsbereich zwischen R und S und
S = Gebiete mit tiefer Beckenstruktur und mächtiger Sedimentfüllung. Nach der Festigkeit des Untergrundes werden 3
Baugrundklassen unterschieden: A = unverwitterte Festgesteine mit hoher Festigkeit, B = mäßig verwitterte Festgesteine bzw. Festgesteine mit geringer Festigkeit oder grob- und
gemischtkörnige, dicht gelagerte Lockergesteine in fester
Konsistenz und C = stark bis völlig verwitterte Festgesteine
oder grob- und gemischtkörnige, mitteldicht gelagerte, sowie
feinkörnige Lockergesteine in mindestens steifer Konsistenz.
Die Untergrundklassen und die Baugrundklassen werden
kombiniert (z.B. A-R). Für Hochbauten werden 4 Bedeutungskategorien angegeben, denen Bedeutungsbeiwerte (γI)
58
zugeordnet sind. Zum Beispiel Baugrundklasse C, Bedeu-
benzone 0 gilt das Intensitätsintervall (I) 6 <= I < 6,5. Für
tungskategorie III bei Wohneinheiten < 50 Personen,
Bedeutungsbeiwert γI = 1,2. Die Ludwigsburger Gemarkung
den rechnerischen Erdbebennachweis ist in Zone 0 kein
liegt innerhalb der Erdbebenzone 0 (Warnzone) und innerhalb der geologischen Untergrundklasse R. Für die Erdbe-
Die DIN muss nur in den Erdbebenzonen 1 bis 3 angewendet
werden.
Bemessungswert der Bodenbeschleunigung (ag) anzusetzen.
Schadensintensität IO nach der Europäischen Makroseismischen Skala - 1998.
(EMS-98 Kurzfassung, abgeleitet von der Mercalli-Scala).
Die Schadensintensität IO ist nur ungefähr mit der Magnitude Mw korrelierbar. Sie hängt nicht nur von der Magnitude, sondern
auch von der Tiefe und Entfernung des Hypozentrums und stark vom geologisch-tektonischen Bodenaufbau ab. Bindige und körnige
Sedimente reagieren empfindlicher auf Erdbebenwellen, als harte und felsartige Sedimente (Wackelpuddingeffekt).
Schadensintensität
IO
Charakterisierung
Wahrnehmungen und Schäden
Momentmagnitude
Mw
Erdbebenzonen in
Deutschland,
Bemessungswert ( ag)
deutlich-
1
Nur sehr vereinzelt von ruhenden Personen wahrgenommen.
1-2
Von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen.
Ruhende Personen fühlen ein leichtes Schwingen oder
Erschüttern.
Im Freien vereinzelt, in Gebäuden von vielen Personen
wahrgenommen. Einige Schlafende erwachen. Geschirr
und Fenster klirren, Türen klappern.
2-3
3-4
Beben bei den
Geothermiebohrungen
in Basel 2006
und St.Gallen 2013
5
stark
wahrnehmbar
Im Freien von wenigen, in Gebäuden von den meisten
Personen wahrgenommen. Viele Schlafende erwachen.
Gebäude werden insgesamt erschüttert. Hängende Gegenstände pendeln stark, kleine Objekte werden verschoben. Türen und Fenster schlagen auf und zu. Schwächere
Gebäude können leichte Schäden haben.
~4
6
leichte
Gebäudeschäden
Viele Personen erschrecken und flüchten ins Freie.
Einige Gegenstände fallen um. An vielen Häusern in
schlechterem Zustand entstehen leichte Schäden, wie
Mauerrisse und das Abfallen von kleinen Verputzteilen
und Schornsteinteilen.
4-5
Die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie.
Möbel werden verschoben. Gegenstände fallen in großen
Mengen aus den Regalen. An vielen Häusern guter
Bauart treten mäßige Schäden auf (Mauerrisse, abfallen
von Putz, herabfallen von Schornsteinen). Vornehmlich
Gebäude in schlechtem Zustand zeigen größere Mauerrisse und Einsturz von Zwischenwänden und Türmen.
5-6
schwere
Gebäudeschäden
Furcht und Panik. Gut gebaute Gebäude erleiden schwere
Schäden. Giebel stürzen eine. Gebäude einfacher Bauart
stürzen ein. Rutschungen und kleine Spalten treten auf.
6-7
zerstörend
Allgemeine Panik unter den Betroffenen. Auch gut
gebaute, gewöhnliche Bauten zeigen sehr schwere
Schäden und teilweisen Einsturz tragender Bauteile.
Viele schwächere Bauten stürzen ein.
7 - 7,8
7
8
9
10
11
12
Gebäudeschäden
~ 0,01
0,015 - 0,02
0,02 -0,03
A
0,06 - 0,07
0
Beben in
Albstadt 1911
und 1978
1
0,4 m/s2
0,1 - 0,2
2
0,6 m/s2
3
0,8 m/s2
Beben in
Mittel-Italien 2009
2 Beben in
Mittel-Italien 2016
Beben in Friaul 1976
Beben in Basel 1356,
in San Francisco 1906,
in Nepal 2015
sehr
zerstörend
Viele gut gebaute Gebäude und alle schlechten Bauwerke
werden zerstört. Bergrutsche und Spalten treten auf.
verwüstend
Die meisten Bauwerke, selbst einige mit gutem erdbebengerechtem Konstruktionsentwurf und Ausführung
werden zerstört. Bergrutsche und große Spalten treten
auf.
~ 8,5
Nahezu alle Konstruktionen werden zerstört.
Die Erdoberfläche/Landschaft wird stark verändert.
9 - 10
vollständig
verwüstend
1 g = 9,81 m/s2
A
geringe bis keine Gefährdung
4
2
Nur instrumentell zu beobachten.
~8
Erdbebengefährdung
3
nicht
fühlbar
kaum
bemerkbar
schwach-
1
Bodenbeschleunigung
in g
0,2 - 0,3
0,3 - 0,5
0,6 - 0,7
Beben in
Mexiko-City 1985
0,8 - über 1
Beben im Pazifik
vor Japan 2011
Beben im Ind. Ozean
vor Sumatra 2004
1-2
59
Abb. 29: Weltkarte der seismischen
Gefährdung.
Maximale Bodenbeschleunigung im m/s2
Ergänzt aus Shedlock et al. (2000), Seismological
Research Letters, 71.
Abb. 30: Erdbebenzonen in Deutschland.
In den 4 Zonen gelten unterschiedliche Intensitätsintervalle (I) und Bemessungswerte (ag) für die
Bodenbeschleunigung.
Weiß = keine Zone
Zone 0 6 <= I < 6,5
Zone 1 6,5 <= I < 7
Zone 2 7 <= I < 7,5
Zone 3 7,5 <= I < 8
kein ag
ag = 0,4 m/s2
ag = 0,6 m/s2
ag = 0,8 m/s2
Ergänzt aus DIN EN 1998-1/NA, Beuth-Verlag, Berlin.
60
Die Vorhersage von Erdbeben
Stärkere Erdbeben fordern oft viele Todesopfer. Im 20. Jahr-
absehbarer Zeit aber nicht möglich. Erdbeben treten v.a. an
hundert sind über 2 Mio. Menschen durch Erdbeben und
den Plattenrändern der Erdkruste regelmäßig auf. Je länger
das letzte Erdbeben in einem Gebiet zurückliegt, desto wahr-
Tsunamis ums Leben gekommen. Im Jahr 1976 gab es in
China bei einem Erdbeben mehr als 600.000 Tote, wobei
scheinlicher ist das nächste Beben. Die Zeitintervalle zwi-
hier noch die schlechte Infra- und Organisationsstrukturen
schen den Beben sind oft sehr unterschiedlich und können
der Kulturrevolution und die für Erdstöße sehr anfälligen
nur als grobe Anhaltspunkte dienen. Treten z.B. an der
südkalifornischen San-Andreas-Störung starke und zerstö-
Gebäude eine Rolle gespielt haben. Bei dem von einem
Erdbeben ausgelösten Tsunami vor Sumatra im Dezember
2004 sind 230.000 Menschen getötet worden. Der Tsunami
vor Japan 2011 hat 19.000 Todesopfer gefordert und hat
rende Erdbeben durchschnittlich alle 200 Jahre auf, muss
man davon ausgehen, dass das mögliche Zeitfenster von
150 – 300 Jahre reicht. Dort ist heute jederzeit mit einem
einen Kernkraftwerkskomplex zerstört. In Mittelitalien sind
2009 bei einem Erdbeben 308 Menschen ums Leben ge-
starken Beben zu rechnen, aber eine kurzfristige Vorhersa-
kommen, nachdem die Fachleute trotz zahlreicher Vorbeben
ist nicht möglich. Und das, obwohl Kalifornien zu den am
besten untersuchten und überwachten Erdbebengebieten
Entwarnung gegeben haben – "Es besteht keine Gefahr, geht
nach Hause und entspannt euch bei einem Glas Wein."
ge, mit der geeignete Maßnahmen ergriffen werden könnten,
der Erde gehört. Die Seismologen sind optimistisch, dass in
Daraufhin haben viele Bewohner wieder in ihren Häusern
Zukunft eine zuverlässige, mittelfristige Vorhersage im Be-
übernachtet und sind von dem zerstörenden Beben über-
reich von Monaten oder wenigen Jahren für gut untersuchte
Gebiete möglich sein wird. Das löst aber nicht die Probleme
rascht worden. So eine Aussage in einem Gebiet, das seit
Urzeiten immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht
wird (1915 30.000 Tote), ist unfachmännisch und hat zu
einem Strafverfahren gegen die Verantwortlichen geführt,
in Ballungsräume bezüglich teurer Vorsorgemaßnahmen
oder Evakuierungen. In jüngerer Zeit wurden Systeme entwickelt, welche die bei einem Erdbeben als erstes eintreffen-
das 2014 eingestellt wurde. Dieses Vorgehen mag unangemessen sein und soll vielleicht auch von Bausünden in itali-
den und schwächeren p-Wellen registrieren. So können
enischen Erdbebengebieten ablenken. Im August und im
tisch abgeschaltet werden und die Warnung vor den einige
Sekunden später folgenden und starken s-Wellen kann Men-
Oktober 2016 kam es in derselben Region in Italien wieder
zu Beben der Starke 6,5 mit über 300 Toten. Wegen der
dann z.B. Versorgungsleitungen, Anlagen und Züge automa-
schen noch Fluchtmöglichkeiten bieten. Die beste Erdbe-
wachsenden Weltbevölkerung und Industrialisierung wäre
benvorsorge ist aber nach wie vor das erdbebensichere
eine zuverlässige und kurzfristige Vorhersage von Erdbeben
Bauen von Gebäuden, Verkehrswegen, technischen Anlagen
und Versorgungsleitungen. "Nicht Erdbeben töten Menschen,
für Zeiträume von Tagen oder Wochen sehr zu wünschen.
Das ist nach dem derzeitigen Stand der Forschung in
sondern Bauwerke."
5.7 Vulkanausbrüche
Vulkane entstehen in Bereichen von tektonischen Schwä-
und wasserhaltige Sedimente mit in die Tiefe ziehen, z.B.
chezonen in der Erdkruste, z.B. beim Auseinanderdriften
von Erdkrustenplatten, bei Gebirgsbildungen mit Subduktion
Vulkane im Mittelmeer, in den Anden, in Südostasien, in
Kalifornien, in Oregon und viele Inselbögen im Pazifik. Aber
und als Hot-Spot. Dabei kommt es in der Tiefe durch die
Druckentlastung zur Verflüssigung von oft wasserhaltigen
die Erdplatten auseinander driften gibt es oft Vulkane, wie
auch in Riftzonen in den Ozeanen und auf dem Festland, wo
fisch leichte und unter Druck stehende Magma-Gas-
z.B. Island, viele Insel im Pazifik und die Vulkane in Ostafrika. In diesen Gebieten bilden sich oft Ketten von Stratovul-
Mischung drängt in Spalten zur Erdoberfläche und bricht als
Vulkan explosionsartig aus. Gasreiche Vulkane mit zähflüssi-
bis Jahrhunderten mehr oder weniger stark ausbrechen. Es
ger Lava sind sehr explosiv mit mächtigen und hoch in die
gibt auch wenige Vulkane, die ständig aktiv sind, wie z.B. der
Atmosphäre reichenden Ascheauswürfen. Sie bilden oft
steile Schichtvulkane mit pyroklastischen Strömen (Vesuv,
Stromboli vor der Westküste Italiens. An einige Stellen liegen
Vulkane innerhalb von Erdkrustenplatten und bilden eng
Mt. St. Helens, Fuji). Gasarme Vulkane haben oft eine flüssi-
begrenze Vulkanzonen. Der Ursprung dieser Hot-Spot-
Gesteinen und zum Austritt von gelösten Gasen. Die spezi-
kanen (Schichtvulkane), die in Zeiträumen von Jahrzehnten
gere Lava und bilden flachere Schildvulkane (Hawaii). Die
Vulkane liegt tief im Erdmantel an der Grenze zum Erdkern.
Vulkangebiete der Erde verlaufen zu einem großen Teil entlang der Plattenränder der Erdkruste. Das sind Subduktions
Während sich die Erdkrustenplatten langsam bewegen,
zonen, wo die Erdkrustenplatten untereinander abtauchen
bleibt der Hot-Spot stationär. Auf diese Weise haben sich
z.B. die Vulkaninselketten von Hawaii und der Malediven,
61
die Yellowstone-Calderen und die Vulkane in der Eifel und in
geführt. Süddeutschland war von Ernteausfällen und von
der Auvergne gebildet. Eine Besonderheit sind die großen
einer Hungersnot betroffen und es kam zu einer ersten Aus-
Caldera-Vulkane, wie der Yellowstone-Park in den USA, die
wanderungswelle. Solche großen Vulkanausbrüche sind
Toba-Caldera in Indonesien und die Phlegräischen Felder
neben starken Sonnenausbrüchen heute die gefährlichsten
Naturereignisse für die heute fast 8 Milliarden zählende
nördlich von Neapel. Diese viele Kilometer breiten Vulkanstrukturen brechen zyklisch nach Ruhephasen von tausenden bis hunderttausenden Jahren aus und führen dann zu
weiträumigen und auch kontinentübergreifenden Zerstörungen. Starke Aschenregen und Gasausbrüche führen zu sau-
Menschheit. Wegen der weiträumigen Wirkung auf das Klima
und auf die Pflanzenwelt würde die Nahrungsmittelproduktion rasch zusammenbrechen und es würde zu schweren
sozialen Unruhen kommen. Die Ausbrüche einzelner Vulka-
rem Regen und zerstören großräumig die Vegetation. Auch
ne fordern oft Todesopfer, aber nicht in dem hohen Maße,
die Auswirkungen auf das Klima, die bei einzelnen Vulkan-
wie bei stärkeren Erdbeben. Das hängt auch damit zusammen, dass sich Vulkanausbrüche besser geophysikalisch
ausbrüchen durchaus bemerkbar sein können, sind bei
Caldera-Ausbrüchen weltweit oft verheerend und länger
anhaltend. Staub und Gase, wie Schwefeldioxid und Kohlen-
überwachen und vorhersagen lassen. Es gibt vor dem Aus-
dioxid können das Klima und die Lebewelt weltweit stark
bruch charakteristische Bodenbewegungen durch die Umla-
beeinträchtigen. Der Ausbruch des Toba auf der Insel Java
gerung und Ausgasung von Magma (vulkanischer Tremor)
und chemische Veränderungen bei den austretenden Gasen.
vor 74.000 Jahren hätte fast den Homo sapiens ausgelöscht.
Tödlich sind hier weniger die fließende Lava, sondern die bis
Man schätzt, dass es damals nur wenige Tausend Überlebende gab, von denen wir alle abstammen. Die Phlegräi-
zu 700 °C heißen und bis zu 300 km schnellen Gas- und
schen Felder bei Neapel sind vor 35.000 Jahren ausgebro-
hänge "herunterfließen" und Schlammströme (Lahare), die
chen. Der massive Ascheregen über Kontinente hinweg und
durch Regenfälle und Gletscherschmelzen ausgelöst werden
der Rückgang der Temperaturen über Monate oder Jahre
und die auch entferntere Siedlungen in den Tälern rasch
haben möglicherweise zum Aussterben der Neandertaler
beigetragen. Im 16. Jahrhundert v. Chr. ist der Vulkan Thera
erreichen und zerstören können. Sehr selten, aber katastro-
auf der heutigen Insel Santorin ausgebrochen und hat mit
Tsunamiwellen die minoische Kultur im östlichen Mittelmeer
auf Hawaii, den Kanarischen Inseln, im Mittelmeer, in Indonesien und ohne vulkanische Beteiligung vor Norwegen
zerstört. Im 6. Jahrhundert n.Chr. ist der Ilopango in El Sal-
schon vorgekommen sind. Dabei können Flutwellen (Tsuna-
vador ausgebrochen und hat zu einer weltweiten und länger
anhaltenden Abkühlung geführt und wahrscheinlich auch
mi) im Meer von über 100 m Höhe entstehen. Es gilt hier
zum Beginn des "finsteren Mittelalters" mit wiederkehrenden
Objekt, das ins Wasser rutscht. Bei ihrer Reise über das
Meer teilen sich die Wellen dann in mehrere 10 - 20 m hohe
Seuchen und Hungersnöten beigetragen. Auch die Regression der gesellschaftlichen Entwicklung in dieser Zeit steht
damit im Zusammenhang. Der Ausbruch des Tambora 1815
Aschenströme (pyroklastische Ströme), welche die Vulkan-
phal sind große Bergrutsche an Vulkanabhängen, wie sie z.B.
die Regel, dass eine Flutwelle etwa so hoch wird, wie das
Einzelwellen auf und überschwemmen die Küstengebiete
von Inseln und Kontinenten.
in Indonesien hat in Europa zu einem Jahr ohne Sommer
Abb. 31: Stratovulkan
Die Darstellung zeigt vulkanische Ereignisse
und Ablagerungen rund um einen Schichtvulkan, wie z.B. Vesuv, Ätna und Stromboli.
H20, H2S, SO2, SO3, CO2,
Schwermetalle etc.
Quelle: US Geological Survey, ergänzt.
MagamaCamber
62
6. Exkurs: Die Entstehung der Alpen (alpidische Orogenese)
Im Text wird oft auf den Schub des afrikanischen Kontinentes nach Norden gegen den europäischen Kontinent als treibende
Kraft für viele geologische und tektonische Ereignisse in Deutschland und in Europa hingewiesen (Bildung von Gräben, Mulden
und Sättel, Molassebecken der Alpen, Erdbeben etc.). Aus diesem Grunde erfolgt hier ein Exkurs zur Entstehung der Alpen.
Die Alpen sind ein Kollisionsgebirge (Decken- und Überschiebungsgebirge), das durch die Bewegungen der Afrikanischen
Kontinentalplatte, beginnend vor etwa 220 Ma zunächst nach Osten und Nordosten und dann vor etwa 55 Ma nach Norden
gegen Europa entstanden ist. Durch die Ostwärtsbewegung kam es zunächst zu einer Dehnung der Erdkruste zwischen Eurasia und Afrika. Es bildete sich ein stellenweise über 1000 km breiter, in sich gegliederter und schubwiese absinkender Ablagerungsraum, der mit mehreren tausend Meter mächtigen terrestrischen, flachmarinen und tiefmarinen Sedimenten und mit
magmatischen Ozeanböden gefüllt wurde. Mit der endgültigen Abspaltung der Apulischen Mikroplatte von Afrika vor etwa 140
Ma und deren Bewegung nach Nordosten und Norden wurden diese Ablagerungen dann mit der Zeit auf ca. 100 – 150 km
Breite zusammengeschoben, ineinander gestapelt, gefaltet und überschoben. Diese mächtigen Gesteinskomplexe aus leichten
Erdkrustengesteinen wurden dabei unterschiedlich tief in den Erdmantel aus schwereren Gesteinen gepresst und dort bei
hohen Temperaturen und Drücken oft metamorph verändert. Durch eine isostatische Ausgleichsbewegung des leichten Krustenmaterials wurden die Gesteine vor etwa 35 bis 5 Ma schubweise aus dem Meer herausgehoben, teilweise abgetragen und
sind wieder zum heutigen Hochgebirge aufgestiegen. Stark vereinfacht kann man sich die Alpenbildung wie eine Aneinanderreihung von Teppichen vorstellen, die von 5 m Breite auf 50 cm zusammengeschoben wurden und dabei noch in viele Einzelstücke zerfallen sind. Die Entstehung der Alpen ist recht komplex und noch nicht in allen Details erforscht, so dass hier nur die
wichtigsten Eckpunkte beschrieben werden.
Perm-Trias-Zeit
vor 252 Ma
Pangäa ist entstanden
Südamerika
Pangäa
Panthalassa
Nordamerika
Eurasia
Paläo-Tethys
Meliata-Hallstatt-Meere in der Mittleren Trias
Apulische Mikroplatte
Cimmeria
Afrika
Neo-Tethys
Abb. 32: Die Verteilung von Land und Meer
an der Wende der Perm-Trias-Zeit.
Die einzelnen Kontinente wurden durch plattentektonische Bewegungen ab der Karbon-Zeit
zum Großkontinent Pangäa zusammengeschoben. Die Apulische Mikroplatte, die bei der
Alpenbildung eine wichtige Rolle spielt, ist noch
mit Afrika verbunden. Das Cimmerische Superterrane hat sich von Afrika und Indien gelöst
und wandert unter Bildung des Neo-TethysMeeres nach Norden. Die gelb-gestichelten
Linien sind die variscischen Hochgebirgszüge,
die beim Zusammenprall der Kontinente entstanden sind.
Indien
Permo-Karbon-Vereisung
vor 300 Ma
Australien
Antarktika
6.1 Pangäa zerfällt
Abb. 32: Während der Karbon-Zeit vor etwa 300 Ma haben sich alle Kontinente auf der Erde durch plattentektonische Bewegungen zum Großkontinent Pangäa vereinigt. Bei dieser Plattenkollision kam es zur Bildung der großen variszischen Hochgebirgszüge, von denen heute nur noch flachere Abtragungsreste übrig geblieben sind. Pangäa war vom großen PanthalassaOzean umgeben, von dem heute der Pazifik übrig geblieben ist. In der großen östlichen Bucht von Pangäa lag der Tethys-Ozean,
der sich im Zuge der Kollision von Indien mit Eurasien vor 50 Ma geschlossen hat. Reste des Ozeanbodens finden sich heute
noch im Mittelmeer, im Schwarzen Meer und bei Australien. Die langsame Ausdehnung des Tehtys-Meeres in der Perm- und
Trias-Zeit mit einem Meeresarm nach Westen bis Gibraltar führte zu ersten Riftbildungen an den Nahtstellen von Afrika, Eurasia
und Amerika. Dort entstand im späteren Alpenraum bei einem heißen Klima ein immer wieder austrocknendes Flachmeer und
es kam zur Ablagerung von Strand- und Flachwassersedimenten, Salz- und Gipsablagerungen (Salze in Hallstatt und Berchtesgaden) und Vulkaniten (Bozener Quarzporphyr). Während der Trias-Zeit vor etwa 240 Millionen Jahren bildeten sich dort durch
Erdkrustendehnung kleine Randmeere (Meliata-Meer), in denen v.a. an den Schelfrändern bis über 2000 m mächtige Karbonatsedimente abgelagert wurden. An der Wende der Trias-Jura-Zeit vor etwa 200 Ma begann der Zerfall von Pangäa durch
plattentektonische Bewegungen mit der Bildung von Grabenbrüchen und ersten Meeren zwischen Amerika, Afrika und Eurasia.
Die heutigen Kontinente sind entstanden und unter der Bildung von neuem, magmatischem Meeresboden langsam auseinander gedriftet (Abb. 3a).
63
Ozeanbecken, Ablagerung von mächtigen Sedimenten und Bildung von vulkanischem Meeresboden.
Europa
Erdkruste
Aufstieg von Magma, Bildung von
neuem basaltischem Meeresboden an einem Riftsystem.
Lithosphärischer Mantel
Ein über 1000 km breiter Ablagerungsraum wurde über viele Millionen Jahre mit mehreren tausend Meter mächtigen Meeressedimenten gefüllt (Bild oben). Durch den
Schub der Afrikanisch-Apulischen Kontinentalplatte nach Norden wurde dieser auf
etwa 100 - 150 km zusammengeschoben, gefaltet und überschoben (Bild links). Die
leichteren Gesteine der Erdkruste "schwimmen" auf den schwereren Gesteinen des
Oberkruste
Unterkruste
Apulische
Platte
Europäische Platte
Afrika
Abb. 33: Die schematischen Abbildungen zeigen im Profilschnitt
das grundlegende Prinzip der Gebirgsbildung der Alpen.
Periadriatische
Linie
Lithosph. Mantel
Beginnende Subduktion,
Verschlucken von Meeresboden,
Erdmantels. Diese zunächst tief eingesunkenen Gesteinsstapel wurden dann im Zuge
der Abtragung durch eine isostatische Ausgleichsbewegung herausgehoben (siehe
auch Abb. 37).
6.2 Ozeanbildung und Sedimentation
Abb. 35-1: Ab der Zeit der Späten Trias drifteten die Erdkrustenplatten von Nord- und Südamerika und von Eurasia und Afrika
unter der Bildung des Zentral- und später des Nord- und Südatlantiks auseinander. Gleichzeitig wurde die Afrikanische Kontinentalplatte mit der noch daran hängenden Apulischen Mikroplatte entlang von Transformstörungen nach Osten an Europa
vorbeigeschoben. Durch diese Erdkrustendehnung entstand vom sich bildenden Atlantik ausgehend ab dem Mittleren Jura vor
etwa 170 Ma der Penninische Ozean (Alp-Tethys, Piemont-Ozean) zwischen Afrika und Europa. Dieser erreichte vor etwa 150
Ma seine größte Ausdehnung mit ca. 500 km Breite. Damit waren Afrika und Europa getrennt. Bei einem tropisch-warmen
Klima kam es an den Beckenrändern des Penninischen Ozeans zur Ablagerung von mächtigen klastischen Sedimenten durch
Abtragung aus den umliegenden Festländern und Inseln (germanische Entwicklung). Festlandsfern kam es in den flachen und
lichtdurchfluteten Schelfbereichen des Tethys-Meeres zur Bildung der Helvetischen, Ostalpinen und Südalpinen Sedimentationsräume. Dort kam es zur Ausfällung von Karbonaten aus dem Meerwasser und mit zunehmender Absenkung des Beckens zur
Sedimentation von über 2000 m mächtigen Korallen-, Algen- und Schwammsedimenten und von Schalenresten abgestorbener
Lebewesen (Abb. 34 bis 37). In den tiefen Ozeanbereichen des Penninischen Sedimentationsraumes kam es zur Bildung von
ozeanischer Kruste durch die Neubildung von magmatischem Meeresboden entlang von Riftzonen und zur Ablagerung von
Schuttströmen, Tiefwasserkalken und Radiolariten (Quarzsedimente aus den Kieselsäure-Skeletten von Einzellern) in großer
Mächtigkeit. In der Zeit des Frühen Jura vor etwa 180 Ma übte die Ost- und Nordostwanderung der Apulischen Platte Druck
auf die Sedimentkomplexe am Nordostrand der Platte aus und es kam zu ersten Überschiebungen der ostalpinen Schelfsedimente. Es bildeten sich die Strukturen der Nördlichen Kalkalpen, der Dolomiten und die Ophiolithe (submarine basische Magmatite, ozeanische Erdkruste) in den Dinariden. In der Zeit der Frühen Kreide vor etwa 140 Ma wurde die Apulische Mikroplatte
dann endgültig von Afrika getrennt und rotierte in ihrer Bewegung langsam von Osten nach Norden. Diese Platte umfasst heute
große Teile von Italien, die Adria und Teile des Balkans.
Kreide Flachmeer
NordAmerika
Ur- Eurasia
Helvetikum
Paläo-Tethys
Ur-Atlantik
Penninischer
Ozean
Iberia
Valais-Trog
Brianconnais
Ostalpin
Meliata-HallstattVardar-Meere
Südalpin Dinariden
Apulische
Platte
Teils Land, teils Meer
Cimmeria
NeoTethys
Abb. 34: Die Ablagerungsräume zwischen Afrika
und Eurasia zur Zeit der Späten Kreide vor 80 Ma.
Durch den Schub von Afrika und Apulia von Osten
nach Norden schließen sich der Penninische Ozean,
das Meliata-Meer und die Paläo-Tethys. Die Meeresböden werden z.T. in den Erdmantel gezogen (subduziert). Die Sedimente werden zusammengeschoben,
gefaltet, z.T. tief versenkt, überschoben und später
wieder über den Meeresspiegel herausgehoben und der
Abtragung ausgesetzt.
Doppellinien = Grabenbrüche und Transformstörungen,
Divergenz, Platten bewegen sich auseinander oder
aneinander vorbei.
Gestrichelte Linien = Subduktionszonen, Konvergenz, Platten
kollidieren. "Verschlucken" von Meeresboden in den Erdmantel.
Ur-Afrika
Grafik farbig umgezeichnet und ergänzt nach: R. Schuster &
K. Stüwe, 2010: Die Geologie der Alpen im Zeitraffer. Mitteilungen
des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark, Bd. 140, Graz.
64
Zum Helvetikum gehören heute das metamorphe Grundgebirge mit darin intrudierten Graniten, die dieses Basement überlagernden sedimentäre Decken der Schelfbereiche aus der Perm- bis Paläogen-Zeit und die Flysch-Decken. Das Penninikum
wird aus kristallinem Grundgebirge und aus metamorph überprägten und unmetamorphen mesozoischen Deckschichten gebildet, die von Kontinentalrändern und aus Ozeanbecken stammen. Das Ostalpin (Austroalpin) besteht aus Altkristallin, aus
paläozoischen Grauwacken und aus den mesozoischen Kalkalpen mit einer kreidezeitlichen Deckenüberschiebung. Das Südalpin besteht aus metamorphem Basement. Darüber befinden sich diskordant aufliegende und unmetamorphe Sedimente aus
dem breiten Zeitraum von Karbon, Mesozoikum und Känozoikum mit paläogenen und neogenen Auf- und Überschiebungen.
6.3 Die erste Kompressionsphase der Alpenbildung in der Kreide-Zeit
Abb. 35-2: Vor etwa 120 Ma löste sich Iberia (Spanien) von Europa und bewegte sich nach Südosten. Nordöstlich der iberischen Halbinsel bildete sich im Zuge der weiteren Öffnung des Atlantiks der schmale Valais-Ozean mit dem BrianconnaisMikrokontinent als Halbinsel (Abb. 34). Nach der Trennung der Apulischen Platte von Afrika begann sich der Penninische
Ozean an einer Subduktionszone am Nordwestrand dieser Platte in der Späten Kreide-Zeit vor etwa 90 Ma wieder zu schließen.
Der Ozeanboden wurde unter den ostalpinen Kontinentalrand subduziert (Abb. 37). Auch das Meliata-Meer und die Reste des
alten Tethys-Ozeans schlossen sich. Teile der Gesteine wurden bis in 80 km Tiefe versenkt und metamorph umgewandelt.
Durch die zunehmend einengenden Plattenbewegungen bildete sich nun auch innerhalb der Apulischen Platte eine Subduktionszone. Dabei wurden die Ostalpinen Decken im nördlichen Teil überschoben und vor etwa. 80 Ma über die Sedimente des
Penninischen Ozeans geschoben. Es bildeten sich die zum Teil metamorph überprägten Penninischen Decken aus ozeanischer
Kruste. Durch Faltung und Überschiebung des penninischen Meeresbodens und der auf dem Ostalpinen Schelf abgelagerten
Sedimente entstanden die frühalpidischen penninischen und ostalpinen Gebirgsdecken, die heute große Teile der Zentral- und
Westalpenalpen bilden, und die auch in den Hohen Tauern und im Burgenland in Österreich zu sehen sind. Nördlich der Kalkalpen bildete sich ein langgezogener und tiefer Trog, der mit mächtigen Schuttsedimenten, dem sog. Flysch aufgefüllt wurde.
Flysch-Sedimente (Turbidite) entstehen, wenn marin-klastische Sedimente wie Ton-Kalkschlämme und grobkörnigen Sedimente (Sande) bei gebirgsbildenden Prozessen an steilen, untermeerischen Kontinentalabhängen vom Schelfrand in die Tiefsee
abrutschen. Es bildet sich in sehr kurzer Zeit (Tage, Wochen) eine enge Wechselfolge von fossilarmen Tonmergelsteinen,
Sandsteinen und Breccien, die während der Gebirgsbildung oft verformt und metamorph umgewandelt werden können.
6.4 Die zweite Kompressionsphase der Alpenbildung in der Paläogen- und Neogen-Zeit
Abb. 35-3: Ab der Zeit des Paläogens vor etwa 53 Ma rotierte Afrika in seiner Bewegung und schob sich nun massiv nach
Norden gegen die Apulische Platte. Dieser brach erneut los und kollidierte mit über 13 mm/a mit ihrem nördlich gelegenen
Adriatischen Sporn mit Europa. Am Höhenpunkt dieser Kompressionsphase vor etwa 38 Ma schob sie sich mit ihren metamorphen ost- und südalpinen Gesteinsdecken weit über die Ablagerungen des südeuropäischen Schelfrandes. Die dort abgelagerten nordpenninischen und helvetischen Gesteine und die Flysch-Sedimente wurden von ihrer Unterlage abgetrennt, weit nach
Norden geschoben und komprimiert. Sie wurden zum Teil von Magmatiten durchschmolzen, gefaltet und überschoben. Nach
ihrer Versenkung bis in 60 km Tiefe und Erhitzung auf 550 °C wurden sie metamorph umgeformt und später mit über 5 mm/a
nach oben gepresst. Mit dieser starken Nordbewegung schlossen sich vor etwa 40 - 50 Ma der Penninische Ozean nun endgültig. Kurze Zeit später schloss sich auch das Tethys-Meer in Kleinasien. In den verbliebenen Restmeeren bildeten sich die
langgezogenen und bergigen Inselketten der weiter aufsteigenden und der Abtragung ausgesetzten Ur-Alpen. Der über viele
Millionen Jahre andauernde Schub der Apulisch-Afrikanischen Platte hat die abgelagerten Gesteine weiter zusammengeschoben, so dass diese heute viele 100 Kilometer weit entfernt von ihren ursprünglichen Ablagerungsgebieten liegen. Sie sind oft
intensiv verfaltet, z.Z. metamorph umgeformt und als Decken übereinander geschoben. So gehören z.B. im Gebiet um Zermatt
die Gipfelregionen der ostalpinen Dent Blanche Decke, u.a. das Matterhorn mit metamorphen Schelfsedimenten und Kristallingesteinen geologisch zur Apulisch-Afrikanischen Kontinentalplatte. Diese Gesteine liegen auf jurazeitlichen Tiefseeablagerungen aus Bündner Schiefern (metamorph umgewandelte, kalkig-tonige Sedimente der mittleren Tiefsee) und Ophioliten (submarine Magmatite) des früher nordwestlich von Apulia gelegenen Penninischen Ozeanbeckens. Ebenso wurden die Gesteine
der Nördlichen Kalkalpen in Bayern und Österreich im Apulisch-Afrikanischen Sedimentationsraum abgelagert und später viele
100 Kilometer weit nach Norden überschoben (Abb. 37, 38, 39). Die großen Gesteinsfaltungen und die viele Kilometer weit
reichenden Überschiebungen lassen heute an vielen Stellen der von der Erosion tief zerklüfteten Alpen eine zeitlich inverse
Lagerung der Gesteinsschichten erkennen. Das bedeutet, dass man oft mächtige und ältere Gesteinspakete über jüngeren Gesteinen liegend findet. Ein bekanntes Beispiel und Weltkulturerbe ist die gut sichtbare Glarner Hauptüberschiebung an der
Grenze der Schweizer Kantone Graubünden und Glarus bei den Gemeinden Flims und Elm. Hier wurde eine 250 - 300 Ma alte
Gesteinsdecke der Perm-Zeit über nur 35 - 50 Ma alte Gesteine der Paläogen-Zeit geschoben. Der starke Nordschub der Alpen
hat in Europa in Verbindung mit dem schwächeren Schub der nordatlantischen Riftzone bei Island auch zur Bildung der
65
Grabenbrüche in der Nordsee, des Niederrheingrabens, des Rhone-Bresse-Grabens und des Oberrheingrabens mit der
Heraushebung von Vogesen und Schwarzwald geführt. Auch die Bildung vieler tektonischer Strukturen in Baden-Württemberg,
z.B. Fildergraben und vieler Mulden- und Sattelstrukturen bis hin zu Verwerfungen, Schichtverbiegungen und Gesteinsklüften
und die Erdbebentätigkeit in Baden-Württemberg wurden großteils vom Nordschub der Alpen verursacht oder beeinflusst.
6.5 Die Heraushebung der Alpen
Abb. 35-4: Beim Zusammenschub der Gesteinspakete der Alpen sind diese nach oben und unten ausgewichen. Die leichten
Krustengesteine haben sich dabei tief in die schwereren Gesteine des zähplastischen Erdmantels gedrückt und wurden dort
unter hohen Druck- und Temperaturbedingungen in Kristallingesteine umgewandelt. Vor etwa 35 - 5 Ma wurden die gefalteten
und überschobenen Gesteine wieder in stärkerem Maße schubweise aus dem Meer herausgehoben und der Verwitterung ausgesetzt. In den Zentralalpen wurden die Externmassive (Aar- Massiv) weiter aufgewölbt und die helvetischen Gesteinsdecken
sind an deren Nord(west)abstürzen abgeglitten und wurden stark verfaltet, z.B. im Säntis-Gebirge. Die Hebung des Gebirges
kam durch das isostatische Aufsteigen der leichteren Krustengesteine zustande, die in den Gesteinen des schwereren Erdmantels aufschwimmen und in Verbindung mit der Herstellung eines Schwimmgleichgewichtes bei der schnellen Abtragung der aus
dem Meer herausgehobenen Gesteine. Dabei konnte auch das mögliche Abreisen des tief in den Erdmantel subduzierten Plattensporns eine Rolle spielen. Die Hebung lag früher bei über 5 mm/a und beträgt heute noch ca. 0,3 - 1,8 mm/a, vermutlich
auch verursacht durch das vor 15000 Jahren abgeschmolzene Gletschereis der Würmkaltzeit. Die gesamte Hebung der alpinen
Gesteinsstapel hat 20 - 30 km betragen, wobei das Gebirge wegen der starken Erosion zeitweise knapp die Höhe des heutigen
Himalayas von 5000 - 8000 mNN erreicht haben dürfte. Die Abtragungsprodukte der Alpen werden bis heute in den bis über
5000 m tief eingesunkenen und zum Teil in die alpine Faltung miteinbezogenen Molassebecken in der Schweiz, in Süddeutschland, im Wiener Becken und in der Poebene abgelagert. Diese haben sich im Zuge des Aufstiegs der Alpen als Massenausgleichsbewegung abgesenkt. In der Zeit des Neogens vor 30 Ma bewegte sich ein Teil der Südalpen entlang der Periadriatischen Linie 50 - 100 km nach Westen. Gleichzeitig wurden die Zentralalpen hochgepresst. Vor 15 Ma wurden die Kettengebirge
im Nahen Osten aufgefaltet und das Rote Meer zwischen Afrika und Arabien riss auf. Das heutige Mittelmeer ist ein Restmeer
des südwestlichen Tethysmeeres. Aus dem nördlichen Teil ging die Paratethys hervor, von der heute das Schwarze Meer und
das Kaspische Meer übrig geblieben sind. Vor 6 Ma ist durch die tektonisch verursachte Schließung der Straße von Gibraltar
das Mittelmeer einige Male ausgetrocknet und es haben sich mächtige Steinsalzschichten in den Meeresbecken gebildet.
3) Paläogen 66 - 23 Ma
1) Jura ~160 Ma
Jura-Meer
Ur-Eurasia
UrAmerika
PPO
O
A
Afrika driftet nach
Osten. Der Penninische Ozean entsteht.
MeliataHallstattVardarMeere
Afrika rotiert nach Norden. Das
Tethys-Meer schließt sich.
Atlantik
Paläo-Tethys
NeoTethys
Ur-Afrika
Indik
1. Phase
2. Phase
4) Neogen 23 - 2,5 Ma
2) Kreide ~90 Ma
Apulia driftet nach
Norden. Der Penninische
Ozean schließt sich.
Heraushebung und
Formung der alpidischen
Gebirgszüge.
15
14
3
Kreide-Flachmeer
6
Alpen
10
4
2
5
Mittel-
8
7
Meer
ZentralAtlantik
11
9
1
NeoTethys
Paratethys
12
13
Atlantik und Tethys-Ozean
PPPO
O
O
Penninischer Ozean
Flachere Nebenmeere
A
Apulische Platte, teils Land, teils Meer
Grabenbrüche und Rift-Zonen (Auswahl)
Alpidische Gebirgszüge
Indik
Abb. 35: Die paläogeographischen Karten zeigen die Entstehung der Alpen, angetrieben durch die Plattentektonik.
1 = Atlas und Rif; 2 = Betische Kordilleren (Sierra Nevada); 3 = Pyrenäen; 4 = Apenninen; 5 = Dinariden; 6 = Karpaten; 7= Helleniden; 8 = Rodopen; 9 = Taurus; 10 = Kaukasus; 11 = Pontiden;
12 = Elbrus; 13 = Zagros; 14 Faltenjura; 15 Europäisches Känozoisches Riftsystem.
Grafik farbig ungezeichnet und ergänzt nach B. Lammerer (1991), Wege durch Jahrmillionen. Verlage Tappeiner und J. Berg.
66
N(NW)
S(SE)
Teil von Pangäa
Tethys-Ozean
Ur- Europa
Ur-Afrika
Apulisch-Afrikanische Platte
Ur-Europa
Divergenz
Helvet. Schelf
Penninischer Ozean
Ost- und Südalpiner Schelf
Erdkruste
Erdmantel
Sedimentationsräume: Helvetikum
Penninikum
Ostalpin und Südalpin
Vardar-Meer
Brianconnais
Valais
Trog
Penninischer Trog
Subduktion
?
Konvergenz
1000 km
Auftrieb
Schwarz
wald-
AarGotthardMassiv
Wien
München
Mailand
150 km
Die Abbildung 36 zeigt vereinfacht die Entstehung der Alpen im Profilschnitt und Blockbild.
Die starke Verkürzung der ursprünglichen um die 1000 km breiten alpinen Sedimentationsräume auf etwa 100 - 150 km durch den Schub der
Afrikanisch-Apulischen Platten ist gut zu erkennen. Die zu Gesteinen verfestigten Sedimente wurden bei dieser Kompression gefaltet, übereinander geschoben und sind nach oben und unten ausgewichen. Helvetikum (südeuropäischer Schelf und Flachmeer), Penninikum (tiefer
Ozean mit flachen Schwellen), Ost- und Südalpin (nördlicher und südlicher apulischer und afrikanischer Schelf) sind Sedimentationsräume, die
während der Alpenbildung zu unterschiedliche Deckensystemen übergeschoben, gefaltet, z.T. in die Tiefe versenkt und dort metamorph
verändert wurden. Nach ihrer Heraushebung aus dem Meer stellen sie heute die tektonischen Großeinheiten der Alpen dar (Abb. 37, 38, 39,
41). Die Gebirgshebung kam v.a. durch das isostatische Aufsteigen der leichteren Krustengesteine zustande, die in den Gesteinen des schwereren Erdmantels aufschwimmen. Die Hebung lag früher bei über 5 mm/a und beträgt heute noch ca. 0,3 - 1,8 mm/a.
Grafiken z.T. dreidimensional und farbig umgezeichnet und ergänzt nach B. Lammerer (1991), Wege durch Jahrmillionen. Verlage Tappeiner und J. Berg.
67
NW
SE
Europäischer Kontinent und Schelf
Penninischer Ozean
Helvetischer Ablagerungsraum
passiver Kontinentalrand
Klastische Sedimente
Apulischer und Afrikanischer Schelf
Penninikum, Tiefsee mit Schwellen
Valais-Trog
Brianconnais-Schwelle
Ostalpin
Südalpin
aktiver Kontinentalrand
Piemont-Trog
Kalke, Korallenriffe, Lagunen
Lagunen, Korallenriffe, Kalke
Schuttströme, Flysch, Tiefseetone und
-kalke, Radiolarite, Basalte
Flysch
Variscisches
Grundgebirge
Aar- GotthardMassiv
APULIA, AFRIKA
UR-EUROPA
ca. 1000 km
Abb. 37: Geologischer Profilschnitt zur Zeit der Sedimentation im Penninischen Ozean.
Der überhöhte und schematische Profilschnitt zeigt ergänzend zu Abb. 32 die Sedimentationsräume mit deren Ablagerungen zwischen UrEuropa und Ur-Afrika kurz nach der größten Ausdehnung des Ozeans vor etwa 120 Ma. Die weißen Pfeile zeigen das Auseinanderdriften der
Kontinentalplatten unter Bildung von basaltischem Meeresboden. Die graue Linie und Pfeil zeigen die zur Zeit der Mittleren Kreide gerade
entstehende Subduktionszone durch den beginnenden Nordschub der Apulisch-Afrikanischen Platte (aktiver Kontinentalrand). Der Penninische Ozean begann sich nun wieder zu schließen. Die unterschiedlichen Farben kennzeichnen die unterschiedlichen Ablagerungsräume.
N
Abb. 38: Schema der tektonischen Großeinheiten.
S
Penninische
Decken
Ostalpine Decken
Periadriatische Linie
Helvetische
Decken
Südalpin
Molassebecken
Aar-Gotthard-Massiv
schnell abgetragen, so dass die Darstellung nur eine theoretische
Höhe ohne Abtragung zeigt. In früherer Zeit haben die Alpen wohl
6000 - 8000 mNN erreicht. Heute liegen die Gipfelhöhen oft um
3000 - 4000 m und erreichen am Mt. Blank 4810 mNN. Die Gesamthöhe der Heraushebung beträgt an die 30 km.
Apulische
Platte
Europäische Platte
Der überhöhte Profilschnitt zeigt die Überschiebungen der Gesteinsdecken der Alpen nach dem Zusammenschub von ca. 1000 km auf
ca. 100 - 150 km Breite. Die Faltungen und Überschiebungen haben
innerhalb der Erdkruste und Unterwasser stattgefunden. In der Realität wurden die Gesteine nach dem Herausheben aus dem Meer
ca. 150 km
Grafik umgezeichnet und verändert nach:
Froitzheim N. et al., 2008: Alpine tectonics of the Alps and Western Carpathians. In: McCann T. (Hrsg.) The Geology of Central Europe Vol. 2: Mesozoic and Cenozoic;
Schmid S. et al., 2004: Tectonic map and overall architecture of the Alpine Orogen. –Eclogae Geologicae Helvetiae 97.
NW
Walliser Alpen
Sion
Rhone
SE
Dt. Blanche Matterhorn Breithorn
Ostalpines Kristallin
Helvetikum
Periadriatische
Linie
Ostalpin
Penninikum
Ostalpin
Periadriatische Linie
N Schwarzwald
Waldshut
Rhein
Schweizer Mittelland
Luzern
Lägernkette
karbon
Variscischer
Gebirgsrumpf
Gneise, Granite
Altkristallin
Autochton
Südalpen
P. Cramalina
Helvetikum
Penninikum
Sedimente,
Kristallin
Sedimente, Kristallin
Aarmassiv
S
Mailand
Flysch
Gotthardmassiv
Lago Maggiore
Karbonate,
Quarzporphyr
Molassebecken
Südalpin
Granite, Metamorphite, Vulkanite
Magmatite, Metamorphite
Gneise, Granite
Europäische Platte
Poebene
Furka
Stanserhorn
Trias FaltenMolassebecken
jura
PermoSedimente
0,1 mm/a
Nord- und Zentralalpen
Junge Magmatite
0,3 - 1,8 mm/a
ca. 150 km
Apulisch-Afrikanische Platte
Bis zu 6 mm/a im Gebiet
um Udine (Friaul, Italien).
Abb. 39: Geologischer Profilschnitt der Westalpen (Schweiz) in heutiger Zeit.
Der überhöhte Profilschnitt zeigt die tektonische Gliederung der Alpen mit den Gesteinen aus den unterschiedlichen Sedimentationsräumen
und die kristallinen Massive in heutiger Zeit. Die dünnen Pfeile veranschaulichen die Überschiebungen der gefalteten Sedimente durch den
Schub der Apulisch-Afrikanischen Platte. Die "Periadriatische (Insubrische) Linie" trennt die Zentral- und Ostalpen von den Südalpen. An dieser
Naht haben sich die Südalpen etwa 50 - 100 km nach Westen verschoben und die Zentralalpen haben sich gegenüber den Südalpen um
mehrere Kilometer gehoben. Das führte dazu, dass heute nördlich kristalline Gesteine an der Oberfläche liegen, während südlich auch Sedimente auftreten (Abb. 41). Das Periadriatische Lineament existierte schon vor der Alpenbildung und wurde alpidisch reaktiviert.
68
Afrikanische
Platte
Europäische Platte
50
"Sporn"
Abb. 40: Geologischer Tiefenschnitt Südwestdeutschland - Alpen - Norditalien.
Der nicht überhöhte Nord-Süd-Schnitt zeigt das Abtauchen der Europäischen Erdkrustenplatte unter die Afrikanische Platte im Bereich
des zentralen Alpenraumes. Im westlichen und östlichen Alpenraum verhält es sich umgekehrt. Dort taucht die Afrikanische (Apulische)
Platte unter der Europäischen Platte ab. Aktuelle Forschungen lassen vermuten, dass der "Sporn" der abtauchenden Europäischen Platte
diese aufgrund seines Gewichts in die Tiefe zieht. Das hat zur Bildung des tiefen Molassebeckens beigetragen. Auftriebskräfte führen
zum Aufsteigen des leichteren Krustenmaterials. Die Schubkräfte der Afrikanischen Platte spielen beim Aufstieg der leichteren Gesteine
zu einem Gebirge eine geringere Rolle, als bisher angenommen wurde (Schlunegger & Kissling, Nature, Okt. 2015).
Grafik ergänzt aus O.F. Geyer & M.P. Gwinner (2012): Geologie von Baden-Württemberg. 5. Aufl., Schweizerbart, Stuttgart.
Friaul
6 mm/a
Abb. 41: Tektonische Gliederung der Alpen.
Die Karte zeigt die tektonischen Bauelemente der Alpen, die im Wesentlichen in den ehemaligen Sedimentationsräumen "Helvetikum, Penninikum, Ostalpin und Südalpin" entstanden sind. Die nach Norden gewanderte Apulische Platte dreht sich heute noch mit einem halben
Grad/Mio. Jahre um einen Punkt bei Turin gegen den Uhrzeigersinn. Der größte Schub dieser Platte wird heute nördlich von Udine in Friaul,
Italien mit etwa 6 mm/a gemessen. Das ist auch die erdbebenreichste Region der Alpen.
Grafik ergänzt nach: mr-kartographie.de
= heutiger Drehpunkt bei Turin.
69
Abb. 42: Alter und Art der Gesteine der Alpen.
Die Karte zeigt die Gesteine der Alpen, unterschieden nach den Zeitepochen ihrer Entstehung und die Gesteinsarten.
Grafik verändert nach: mr-kartographie.de
70
Österreich
Schubrichtung
Bayern
Italien
Schweiz
Frankreich
Abb. 43: Blockbild der tektonischen Einheiten der Alpen in heutiger Zeit
Die Darstellung zeigt ein vereinfachtes Blockbild mit den wesentlichen tektonischen Einheiten. Der Blick geht von West nach Ost.
Grafik ergänzt aus: R. Schuster & K. Stüwe (2010): Die Geologie der Alpen im Zeitraffer. Mitteilungen des naturwissenschaftlichen Vereins für Steiermark, Bd. 140,
Graz.
71
Abb. 44: Zeittafel der Alpenbildung.
Die Tafel zeigt die zeitlichen Abläufe der wichtigsten Vorgänge im Zusammenhang mit den Kontinentalverschiebungen, den Meeresbildungen,
den Sedimentablagerungen und der Gebirgsbildung im alpinen Raum. Orange Balken = Hauptfaltungen der Alpen.
72
6.6 Die Alpen vom Eiszeitalter bis heute
Die Alpen wie wir sie heute sehen, wurden in den vergangen 35 Ma gehoben und durch Abtragung morphologisch geformt.
Die größte Hebungsphase mit um die 5 mm/Jahr ist aber schon lange vorbei. Heute heben sich die Alpen noch mit 0,3 -1,8
m/Jahr. Im Eiszeitalter (Pleistozän) seit 2,6 Ma wurden während der Kaltzeiten immer wieder große Schneemengen in den
Alpen abgelagert, die sich zu Eis verdichtet haben. Diese Eismassen haben sich mehrfach als breite und über 1000 m
mächtige Gletscherströme aus den Tälern der Alpen heraus bis weit in die Vorländer geschoben. In den Alpen ragten dann
nur noch die höchsten Gipfel aus dem Eis. Die niedrigen Temperaturen haben zu einer verstärkten Frostverwitterung und zu
einer starken Auflockerung der Felsgesteine beigetragen. Durch den Schub der Gletscher von z.T. mehreren Metern/Tag
durch die Alpentäler bis in die Vorländer wurde viel Gesteinsmaterial abgetragen und als Gesteinsschutt, Kies, Sand und
Schluff im Eis und auf dem Eis wegtransportiert. Das Gletschereis hat die Gesteine v.a. an den Talflanken abgehobelt und
die V-förmigen Täler der Wassererosion zu den U-förmigen Tälern der Gletschererosion verbreitert und vertieft. Die heutigen
schroffen Gebirgslandschaften mit scharfen Graten, tiefen Karen, steilen Bergflanken und übertieften Tälern sind hauptsächlich durch die Erosion der Gletscher während der Eiszeiten geformt worden. Die mächtigen Schuttabtragungen wurden
von den Gletschern bis weit in die Vorländer am Rande der Südalpen und in Süddeutschland transportiert und dort als
weitgeschwungene und kuppige Moränenzüge und als langgezogene und ebene Schotterflächen abgelagert. Diese Ablagerungen haben das Voralpenland umgestaltet und geprägt. Am Alpenrand entstanden von den Gletschern übertiefte Becken,
die nach dem Rückzug der Gletscher mit Schottern, Moränen und Torf verfüllt wurden oder sich zu Seen entwickelt haben,
z.B. Bodensee und Genfer See. Nach dem Rückzug und Abschmelzen der Gletscher in den Alpen gegen Ende der WürmKaltzeit vor etwa 18000 - 12000 Jahren kam es durch den Wegfall des abstützenden Eises zu zahlreichen Bergstürzen und
zur Ausbildung von mächtigen Schuttfächern und Schuttablagerungen in den übertieften Tälern. Durch den Wegfall der Eislast auf dem Gebirge, etwa 62 Billionen Tonnen im gesamten Alpenraum, kommt es bis heute zu einer zusätzlichen Hebung
der Alpen, ähnlich wie auch in Nordamerika und in Skandinavien. Aktuelle Untersuchungen vom Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam zeigen, dass das abgeschmolzene Eis für 90 % der aktuellen Hebung verantwortlich sein
soll. Das heutige Gewässernetz und die Wasserscheiden wurden in den letzten 2 - 0,1 Mio. Jahren angelegt (Abb. 26). In
früherer Zeit lag die Hauptwasserscheide der Alpen weiter südlich des heutigen Alpenhauptkammes und die Entwässerung
erfolgte von Süden nach Norden in das nordalpine Molassebecken. Verursacht durch den bis heute anhaltenden Schub der
Apulisch-Afrikanischen Platte kam es auch weiter entfernt von den sich bildenden Alpen in Süddeutschland zu einer verstärkten Bruchtektonik mit Schichtverbiegungen, Verwerfungen, Mulden und Sätteln. Auch die Erdbebentätigkeit in BadenWürttemberg findet hier ihre Hauptursache. Viele andere Gebirge auf der Erde sind auf ähnliche Weise entstanden.
Abb. 45: Gletscher und Täler in den Alpen
Links der Aletschgletscher und rechts das Lauterbrunnental in der Schweiz.
Dieses übertiefte U-förmige Tal ist durch die Erosion der Gletscher entstanden.
Bildquelle: Pixabay
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