4. Gemischtanionische Dodekahydro-closo

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Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
4. Gemischtanionische
Alkalimetalle
Dodekahydro-closo-Dodekaborate
63
der
Schon seit den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts war durch Untersuchungen von
Muetterties bekannt, daß das Caesium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat Cs2[B12H12] in
Gegenwart von Halogenid-Anionen (X = Cl − I) schwerlösliche Doppelsalze der Zusammensetzung Cs2[B12H12] ⋅ CsX (≡ Cs3X[B12H12]) zu bilden vermag [12]. Beim Versuch aus einer
wäßrigen Lösung von Na2[B12H12] mit CsCl das schwerlösliche Cs2[B12H12] auszufällen,
konnte als Produkt Cs3Cl[B12H12] isoliert und elementaranalytisch charakterisiert werden. Das
bei der röntgenographischen Untersuchung an einer Pulverprobe von Cs3Cl[B12H12] erhaltene
Diffraktogramm wurde anfangs im orthorhombischen Kristallsystem indiziert, weitere
kristallographische Daten lagen in der Literatur nicht vor [12]. Erst in den siebziger Jahren
untersuchte Kuznetsov systematisch die Tendenz von schweren Alkalimetall-Dodekahydrocloso-Dodekaboraten (M2[B12H12]; M = K − Cs) mit Halogenid-Anionen, gemischtanionische
Derivate des Formeltyps M3X[B12H12] (X = Cl − I) bilden zu können. Mittels Schwingungsspektroskopie, differenzthermoanalytischer Methoden (DTA/TG) und Pulverdiffraktometrie
wurden die erhaltenen Verbindungen eingehend untersucht. Die Analyse der dabei erhaltenen
Pulverdiffraktogramme führte auch hier zu der Erkenntnis, daß diese zwar isotyp zueinander,
jedoch im orthorhombischen System kristallisieren sollen [65]. Erst nachdem die Struktur von
K3Br[B12H12] anhand Einkristalldaten im trigonalen Kristallsystem (Raumgruppe: R 3 m)
gelöst und verfeinert werden konnte [66], war ersichtlich das man die gemischtanionischen
Halogenid-Derivate M3X[B12H12] (M = K − Cs; X = Cl − I) fälschlicherweise als
orthorhombisch beschrieben hatte. Außer für K3Br[B12H12] liegen bis zum heutigen Zeitpunkt
keine weiteren Einkristalldaten für diese Verbindungsklasse vor. Auch die bis dahin
strukturell nicht untersuchten Ammonium-Verbindungen (NH4)3X[B12H12] (X = Cl − I)
sollten aufgrund des ähnlichen Ionenradius von NH4+ mit K+ und Rb+ isotyp zu den
entsprechenden Kalium- und Rubidiumsalzen kristallisieren. Eine Redetermination der
Kristallstrukturen anhand von Einkristalldaten erschien daher notwendig, um die hier
vorhandenen Informationslücken zu schließen. Der Existenzbereich dieser Verbindungsklasse
bestätigte sich bislang nur für die schweren Alkalimetalle von Kalium bis Caesium. Es blieb
weiterhin die Frage offen, wie sich die leichten Alkalimetall-Dodekahydro-closoDodekaborate mit Lithium und Natrium in Gegenwart von Halogenid-Anionen in wäßriger
Lösung verhalten würden. Da auch bislang keine gemischtanionischen Derivate mit FluoridAnionen etwa der analogen Zusammensetzung M3F[B12H12] (M = K − Cs) existierten, sollten
64
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
im Rahmen dieser Arbeit, all diese Sachverhalte geklärt werden. Literaturangaben zufolge
bilden die schweren Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaborate auch mit komplexen,
nicht sphärischen Anionen (z. B. [BH4]−, [CN]−, [NO3]− usw.) gemischtanionische Derivate
des selben Formeltyps M3X[B12H12]. Die schon länger bekannten closo-DodekaboratTetrahydroborate der Zusammensetzung M3[BH4][B12H12] (M = Rb, Cs) wurden zwar schon
früher als Nebenprodukte bei der Pyrolyse von Rb[B3H8] und Cs[B3H8] beobachtet [67], eine
röntgenographische Charakterisierung der Verbindungen blieb jedoch bis zum heutigen
Zeitpunkt aus. Auch die bereits bekannten closo-Dodekaborat-Oxonitrate M3[NO3][B12H12]
(M = Rb, Cs) wurden schon in den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts mittels
Elementaranalyse, Infrarot-Spektroskopie, DTA/TG-Methoden und Pulverdiffraktometrie
untersucht [68]. Röntgenstrukturanalysen an Einkristallen von M3[NO3][B12H12] (M = Rb, Cs)
liegen in der Literatur hingegen nicht vor. Für Cs3[BH4][B12H12] und Cs3[NO3][B12H12]
werden daher im Rahmen dieser Dissertation erstmalig Einkristalldaten vorgestellt. Des
Weiteren war es möglich, ein bisher unbekanntes gemischtanionisches Derivat mit dem
Tetrafluoroborat-Anion ([BF4]−) der Zusammensetzung Cs3[BF4][B12H12] zu synthetisieren
und strukturell zu charakterisieren.
4.1 Darstellung von M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I)
Die gemischtanionischen Halogenid-Derivate der Zusammensetzung M3X[B12H12] (M = K −
Cs, NH4; X = Cl − I) sind durch Umsetzung einer wäßrigen Lösung von (H3O)2[B12H12] mit
dem entsprechenden Alkalimetallhalogenid (MX) zugänglich. Da die entstehenden Salze
meist mit dem jeweiligen Alkalimetallhalogenid verunreinigt sind, ist es nur möglich,
phasenreine Verbindungen zu erhalten, indem die Alkalimetall-Dodekahydro-closoDodekaborate M2[B12H12] (M = K − Cs, NH4) direkt aus der entsprechenden wäßrigen
Alkalimetallhalogenid-Lösung im molaren Verhältnis 1 : 1 umkristallisiert werden. Es
entstehen farblose, transparente, flächenreiche Einkristalle mit polyederförmigem oder
gelegentlich auch würfelförmigem Habitus. Ihre Stabilität ist vergleichbar mit der der reinen
Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaborate.
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
4.2
65
Darstellung von Cs3X[B12H12] (X = [BH4], [BF4], [NO3])
Die gemischtanionischen Caesium-Derivate der Zusammensetzung Cs3X[B12H12] (X = [BH4],
[BF4], [NO3]) sind durch Umsetzung einer wäßrigen Lösung von (H3O)2[B12H12] mit den
entsprechenden Caesium-Salzen (Cs[BH4], Cs[BF4] bzw. Cs[NO3]) zugänglich. Um
phasenreine Verbindungen zu erhalten, wird das Caesium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat
Cs2[B12H12] direkt aus der entsprechenden wäßrigen Caesiumsalz-Lösung im molaren
Verhältnis von eins zu eins heiß umkristallisiert. Beim Abkühlen der wäßrigen Lösungen
entstehen ebenfalls farblose, transparente Einkristalle mit lattenförmigem Habitus. Im Falle
von Cs3[BH4][B12H12] weisen die Kristalle jedoch einen polyederförmigen Habitus auf.
4.3
Strukturbeschreibung von M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4;
X = Cl − I)
Die
hydratwasserfreien
Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Halogenide
der
Formel M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I) kristallisieren allesamt isotyp
miteinander in der trigonalen Raumgruppe R 3 m (Nr. 166) mit drei Formeleinheiten pro
Elementarzelle. Gitterkonstanten, Lageparameter und thermische Auslenkungsparameter sind
in den Tabellen 24 − 27, 30 − 33 und 36 − 38 wiedergegeben. Ausgewählte interatomare
Abstände können aus den Tabellen 28 − 29, 34 − 35 und 39 entnommen werden. Die
Existenzbereiche für Kalium- und Ammonium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Halogenide
sind demnach auf die Bromide und Iodide beschränkt, während die analogen Rubidium- und
Caesium-Verbindungen sowohl von den Chloriden als auch von den Bromiden und Iodiden
existent sind. Betrachtet man sich die Gitterkonstanten (a und c) und die molaren Volumina
(Vm), so ist die Tendenz ersichtlich, daß sich diese bei gleichen Anionen ([B12H12]2– und X−)
mit steigendem Kationenradius von Kalium bis Caesium und genauso bei gleichbleibendem
Kation M+ (und [B12H12]2–-Anion) in Abhängigkeit vom Radius des Halogenid-Anions vom
Chlorid bis zum Iodid hin vergrößern.
Die Verbindungen M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I) kristallisieren im Sinne einer
trigonalen Verzerrungsvarianten der anti-Perowskit-Struktur im anti-LaAlO3-Typ (Abb. 31
und 35) [69]. Die Halogenid-Anionen befinden sich auf der speziellen Lage 3b (x/a = y/b = 0,
z/c = 1/2; Lagesymmetrie: 3 m) die Metall-Kationen bzw. das Stickstoffatom auf der
speziellen Lage 9e (x/a = 1/2, y/b = z/c = 0; Lagesymmetrie: .2/m).
66
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
x
z
Abb. 31: Die Elementarzelle von M3X[B12H12] (M = K − Cs; X = Cl − I) mit Blick entlang
[010]
Die Boratome B1 und B2 sowie die Wasserstoffatome H1 und H2 besetzen die teilspezielle
Wyckoff-Position 18h (Lagesymmetrie: .m) [70]. Hierbei bilden die quasi-ikosaedrischen
[B12H12]2–-Anionen und die M+-Kationen gemeinsam eine kubisch dichteste Kugelpackung
aus, in der die Halogenid-Anionen alle jene Oktaederlücken besetzen, die nur aus M+Kationen aufgebaut sind. Die M+-Kationen selbst werden dabei trans-oktaedrisch von vier
[B12H12]2–- und zwei Halogenid-Anionen koordiniert. Im Detail greifen jeweils drei
Wasserstoffatome einer Dreiecksfläche zweier Boratanionen (CN = 6) und zwei
Wasserstoffatome zweier weiterer Boratanionen über Kante (CN = 4) an die Kationen an
(Abb. 32). Es resultiert somit eine annähernd kuboktaedrische Koordinationsfigur um M+ mit
einer Gesamtkoordinationszahl von zwölf, wobei bei gleichbleibendem Halogenid-Anion der
Metall-Wasserstoff-Abstand mit kleinerwerdendem Kation abnimmt. Die Halogenid-Anionen
selbst sind nahezu perfekt oktaedrisch von sechs M+-Kationen umgeben (Abb. 33, links).
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
67
Abb. 32: Ansicht auf die nahezu kuboktaedrische Koordinationssphäre der M+-Kationen in
M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I)
Abb. 33: Blick auf die nahezu oktaedrische Koordinationsumgebung der X−-Anionen
(links) und auf ein quasi-ikosaedrisches [B12H12]2−-Clusteranion (rechts) in der
Kristallstruktur von M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I)
68
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Betrachtet man die Umgebung der Clusterschwerpunkte so fällt auf, daß diese zwölffach von
Alkalimetall-Kationen in Form eines Kuboktaeders umgeben sind (Abb. 34), wobei M+
immer über Dreiecksflächen aus Bor- bzw. Wasserstoffatomen zu liegen kommt.
Abb. 34: Kuboktaedrische Umgebung der anionischen [B12H12]2−-Cluster aus zwölf M+Kationen in M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I)
Die intramolekularen Abstände im Borat-Cluster liegen in dem für Dodekahydro-closoDodekaborate üblichen Bereich ( d (B−B) ≈ 178 pm, d (B−H) ≈ 110 pm). Die Abstände der
Clusterschwerpunkte zu den zwölf Boratomen (Schwerpunkt in x/a = y/b = z/c = 0,
Lagesymmetrie: 3 m ≡ 3a) betragen im Mittel 168,5 bis 169,7 pm und korrespondieren so mit
Clusterinnendurchmessern von 337 bis 339 pm.
Eine Sonderstellung nehmen die Ammonium-Verbindungen (NH4)3X[B12H12] (X = Br − I)
ein, in welchen analog zu (NH4)2[B12H12] B−Hδ−⋅⋅⋅+δH−N-Wasserstoffbrückenbindungen
auftreten. Die Lageparameter für die am Stickstoff gebundenen Wasserstoffatome (H3, H4
und H5) konnten zwar aus Differenzfouriersynthesen entnommen werden (H3 und H4 in 18h
mit x/a, −x/a, z/c, Lagesymmetrie: .m; H5 in 36i mit x/a, y/b, z/c, Lagesymmetrie: 1; siehe
Tab. 26 und 32), wurden aber während der Strukturverfeinerung festgehalten. Die
tetraedrischen Ammonium-Kationen NH4+ liegen jedoch bei Raumtemperatur in der
Kristallstruktur orientierungsfehlgeordnet vor, wobei in diesem Fall zwei ineinander gestellte
NH4-Tetraeder mit Stickstoff als Zentralatom einen verzerrten Würfel bilden (Abb. 36). Die
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
69
Fehlordnung resultiert aus der Unvereinbarkeit der Symmetrie der NH4+-Kationen mit der
Punktlagensymmetrie des Stickstoff-Zentralatoms (2/m).
x
z
Abb. 35: Blick auf die Elementarzelle von (NH4)3X[B12H12] (X = Br und I) entlang [010]
mit einer der beiden möglichen Orientierungen der NH4+-Kationen
Es lassen sich in (NH4)3I[B12H12] (d(N−H) = 95 − 98 pm, H−N−H-Winkel: 95 − 126°; Tab.
29) mittelstarke Brückenbindungen von N−H4 zu H1−B1 mit Wasserstoff-WasserstoffAbständen von 230 pm (2×) bzw. von N−H4 zu H2−B2 mit 249 pm (1×) (zum Vergleich
d(HN−HB) = 236 pm in (NH4)2[B12H12]) finden. In einen etwas breiteren Bereich (243 − 254
pm) fallen die Wasserstoff-Wasserstoff-Abstände von N−H5 zu H1−B1 bzw. H2−B2, die
ebenfalls als mittelstark eingestuft werden können. Die Abstände von N−H3 zu H1−B1 und
H2−B2 bewegen sich dagegen oberhalb von 290 pm und sind daher nur für sehr schwache
Wechselwirkungen verantwortlich. Zusätzlich findet sich zwischen dem Iodid-Anion und
H3−N eine annähernd lineare I−⋅⋅⋅+H−N-Wasserstoffbrückenbindung (Abb. 37) mit einem
70
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Donor-Akzeptor-Abstand von 257 pm (1×) und einem N−H−I-Winkel von rund 175° (Tab.
29). Auch in (NH4)3Br[B12H12] liegen die NH4+-Kationen orientierungsfehlgeordnet vor.
Betrachtet man sich hier ebenfalls das B−Hδ−⋅⋅⋅+δH−N-Wasserstoffbrückenbindungssystem, so
stellt man erwartungsgemäß große Analogien zu (NH4)3I[B12H12] fest.
Abb. 36: Orientierungsfehlgeordnetes NH4+-Kation
(NH4)3X[B12H12] (X = Br und I)
in
der
Kristallstruktur
von
Die Abstände innerhalb des annähernd tetraedrischen Ammonium-Kations liegen den
Röntgenbeugungsdaten zufolge zwischen 79 und 108 pm mit H−N−H-Winkeln zwischen 73
und 132°. Wie üblich liefern jedoch auch hier die Röntgenbeugungsdaten zu ungenaue
Bindungsabstände und -winkel von den Wasserstoffatomen zum kovalenten Bindungspartner
Stickstoff. So finden sich unter anderem in (NH4)3Br[B12H12] von N−H4 zu H1−B1
Brückenbindungen mit Wasserstoff-Wasserstoff-Abständen von 236 pm (2×). Im Vergleich
zu (NH4)3I[B12H12] fällt auf, daß zwischen N−H5 und H1−B1 mit einem WasserstoffWasserstoff-Abstand von 209 pm offenbar eine starke Brückenbindung vorhanden ist.
Während sich die Abstände von N−H3 zu H1−B1 und H2−B2 ebenfalls jenseits von 290 pm
bewegen und deshalb nur für sehr schwache Wechselwirkungen zuständig sind, fallen
weiterhin die Abstände von N−H5 bzw. von N−H4 zu H2−B2 in ein Intervall von 254 bis 285
pm (siehe Tab. 35). Zusätzlich existiert zwischen dem Bromid-Anion und N−H3 eine fast
lineare Br −⋅⋅⋅+H−N-Wasserstoffbrückenbindung mit einem Donor-Akzeptor-Abstand von 271
pm (1×) und einem N−H−Br-Winkel von etwa 178°.
Die Tatsache, daß die NH4+-Kationen bei Raumtemperatur fehlgeordnet vorliegen, läßt deren
Ausordnung bei tiefen Temperaturen vermuten. Eine Phasenumwandlung in eine niedriger
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
71
symmetrische Tieftemperaturphase wäre daher bei dynamischer Orientierungsfehlordnung zu
erwarten. Messungen von Intensitätsdatensätzen für (NH4)3Br[B12H12] und (NH4)3I[B12H12]
bei –100°C (≡ 173 K) belegen jedoch weiterhin die Existenz der trigonalen Phase
(Raumgruppe: R 3 m), selbst in diesem Tieftemperaturbereich. Ob tatsächlich noch eine
Ausordnung der Ammonium-Kationen bei Temperaturen weit unterhalb von –100°C
stattfindet, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht eindeutig belegt werden, zumal auch
durchgeführte Tieftemperatur-DSC-Untersuchungen (DSC-Kurven nicht abgebildet) an
diesen Systemen bislang kein Indiz für eine Phasenumwandlung geben. Es wurden keine
thermischen Effekte im Temperaturbereich zwischen –150°C und Raumtemperatur detektiert,
was für eine statische NH4+-Fehlordnung sprechen könnte.
Abb. 37: Wasserstoffbrücken-System in den Verbindungen (NH4)3X[B12H12] (X = Br und I;
die kürzesten B−Hδ−⋅⋅⋅+δH−N-Kontakte sind gestrichelt vorgehoben)
Die Abweichung der gemischtanionischen Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaborate
M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I) von der idealen, kubischen Perowskit-Struktur
läßt sich eventuell darauf zurückführen, daß sowohl sphärische (M+ und X−) als auch quasiikosaedrische Ionen in der Kristallstruktur vorhanden sind. Die nicht kugelförmigen
72
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
[B12H12]2–-Anionen sind daher wohl für den Symmetrieabbau vom kubischen ins trigonale
Kristallsystem verantwortlich. Auch scheint die Größe der M+-Kationen und der HalogenidAnionen eine entscheidende Rolle dafür zu spielen, ob der anti-LaAlO3-Strukturtyp realisiert
wird oder nicht. Mit Zunahme der Radien der Kationen und der Halogenid-Anionen
verringern sich nämlich die elektrostatischen Abstoßungskräfte zwischen den [B12H12]2–Anionen und die Struktur gewinnt an Stabilität.
So wurden bei Versuchen zur Darstellung von K3Cl[B12H12] und (NH4)3Cl[B12H12] durch
Umsetzung einer wäßrigen Lösung von (H3O)2[B12H12] mit KCl bzw. NH4Cl nur die Kaliumund Ammonium-Dodekahydro-closo-Dodekaborate K2[B12H12] und (NH4)2[B12H12] im antiFlußspat-Typ (kubisch, Fm 3 ; siehe Kap. 3.4) als Produkte beobachtet (Abb. 38 und 39).
Auch das direkte Umkristallisieren von K2[B12H12] und (NH4)2[B12H12] aus wäßriger KClbzw. NH4Cl-Lösung führte nicht zu K3Cl[B12H12] und (NH4)3Cl[B12H12]. Anhand röntgenographischer Pulveraufnahmen wurden nur die bereits erwähnten Ausgangsverbindungen
nachgewiesen. Demnach sind die Ionenradien von K+ und NH4+ wahrscheinlich bereits zu
klein, um mit Cl− und [B12H12]2– stabile, gemischtanionische Derivate des Formeltyps
M3X[B12H12] ausbilden zu können.
*
Die markierten Reflexe stammen von KCl (kubisch, a = 627,7 pm, Fm 3 m [71])
3000
*
2000
Absolute Intensität
*
1000
*
*
*
*
0
-1000
-2000
-3000
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
2Theta
Abb. 38: Bei der Umsetzung einer wäßrigen Lösung von K2[B12H12] mit KCl experimentell
erhaltenes (oben) und anhand von Einkristalldaten K2[B12H12] (unten, hell) und KCl
(unten, dunkel) simulierte Pulverdiffraktogramme
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
73
Die elektrostatischen Abstoßungskräfte zwischen den anionischen [B12H12]2–-Clustern wären
in diesem Fall wohl zu groß und würden die Struktur destabilisieren. Dies erklärt auch,
weshalb mit Fluorid-Anionen unter diesen Bedingungen keine gemischtanionischen Derivate
der Zusammensetzung M3F[B12H12] (M = K − Cs, NH4) beobachtet werden. Man erhält bei
der Umsetzung wäßriger Lösungen von M2[B12H12] bzw. (H3O)2[B12H12] mit den
Alkalimetallfluoriden MF (M = K − Cs, NH4) ausschließlich die schwerlöslichen
Dodekahydro-closo-Dodekaborate M2[B12H12] im anti-Flußspat-Typ einkristallin. Daraus
folgt jedoch auch, daß die Ionenradien der Alkalimetalle Lithium und Natrium bereits zu klein
sind, um zu den schwereren Alkalimetallen isotype und hydratwasserfreie Verbindungen der
Formel M3X[B12H12] (M = Li − Na; X = F − I) ausbilden zu können. Ob es unter anderen
Bedingungen (etwa durch Festkörperreaktionen oder unter hohem Druck) möglich ist,
gemischtanionische Halogenid-Derivate der leichten Alkalimetalle sowie die Fluorid-Derivate
der gesamten Alkalimetallreihe zu synthetisieren, bleibt weiterhin Gegenstand für zukünftige
Untersuchungen an diesen Systemen.
4000
3000
Absolute Intensität
2000
1000
0
-1000
-2000
-3000
-4000
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
2Theta
Abb. 39: Bei der Umsetzung einer wäßrigen Lösung von (H3O)2[B12H12] mit NH4Cl
experimentell erhaltenes (oben) und anhand von Einkristalldaten für
(NH4)2[B12H12] simuliertes (unten) Pulverdiffraktogramm
74
4.3.1
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Strukturdaten für M3I[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Tabelle 24: Kristallographische Daten von M3I[B12H12] (M = K, Rb) und deren Bestimmung
Kristallographische Daten:
M=K
M = Rb
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1023,96(7)
1040,43(7)
c (in pm)
1127,83(9)
1155,48(9)
Zahl der Formeleinheiten
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm3)
1,878
2,415
molares Volumen (Vm in cm3/mol)
205,57
217,44
Meßparameter:
κ-CCD (Fa. Nonius), Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Meßgerät, Strahlung
Meßbereich
±hmax = 13; ±kmax = 13; ±lmax = 14
Θmax (in grd)
27,5
27,5
546
708
3,21
12,22
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
7756
10894
davon symmetrieunabhängig
306
327
0,021; 0,010
0,082; 0,034
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,010
0,022
301
321
0,011; 0,025; 1,071
0,022; 0,052; 1,062
0,0109(6)
0,0042(4)
0,23; −0,19
0,59; −0,58
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
75
Tabelle 25: Kristallographische Daten von M3I[B12H12] (M = NH4, Cs) und deren
Bestimmung
Kristallographische Daten:
M = NH4
M = Cs
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1036,43(7)
1067,81(7)
c (in pm)
1144,38(9)
1197,25(9)
Zahl der Formeleinheiten
3
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm )
3
molares Volumen (Vm in cm /mol)
1,511
2,812
213,70
237,32
κ-CCD (Fa. Nonius)
IPDS (Fa. Stoe)
Meßparameter:
Meßgerät
Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Strahlung
Meßbereich
±hmax = 13; ±kmax = 13;
±lmax = 14
±hmax = 16; ±kmax = 15;
±lmax = 18
Θmax (in grd)
27,5
32,8
474
870
2,22
8,82
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
7483
5746
davon symmetrieunabhängig
320
561
0,018; 0,010
0,042; 0,020
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,010
0,017
320
446
0,010; 0,025; 1,164
0,029; 0,033; 0,963
0,012(1)
0,0084(2)
0,18; −0,21
0,58; −0,51
76
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 26: Lageparameter für M3I[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
K
9e
½
0
0
I
3b
0
0
½
B1
18h
0,0575(1)
−x/a
0,8806(2)
B2
18h
0,0933(1)
−x/a
0,0286(2)
H1
18h
0,239(1)
−x/a
0,859(2)
H2
18h
0,147(1)
−x/a
0,049(2)
Rb
9e
½
0
0
I
3b
0
0
½
B1
18h
0,0571(2)
−x/a
0,8838(3)
B2
18h
0,0924(2)
−x/a
0,0280(3)
H1
18h
0,239(2)
−x/a
0,860(2)
H2
18h
0,160(2)
−x/a
0,038(3)
N
9e
½
0
0
I
3b
0
0
½
B1
18h
0,05723(8)
−x/a
0,8823(1)
B2
18h
0,09265(8)
−x/a
0,0280(1)
H1
18h
0,241(1)
−x/a
0,859(2)
H2
18h
0,149(1)
−x/a
0,048(2)
a)
18h
0,452
−x/a
0,041
a)
18h
0,532
−x/a
0,069
a)
H5
36i
0,426
0,411
0,036
Cs
9e
½
0
0
I
3b
0
0
½
B1
18h
0,0556(1)
−x/a
0,8877(2)
B2
18h
0,0902(1)
−x/a
0,0271(2)
H1
18h
0,234(2)
−x/a
0,853(3)
H2
18h
0,143(2)
−x/a
0,047(3)
H3
H4
a)
Lageparameter fixiert und Besetzungswahrscheinlichkeit auf 50% reduziert
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
77
Tabelle 27: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2) für
M3I[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
K
626(3)
304(3)
434(3)
93(2)
½U23
½U22
I
226(1)
U11
235(2)
0
0
½U11
B1
327(6)
U11
182(6)
−19(3)
−U23
218(7)
B2
465(8)
U11
235(7)
5(3)
−U23
375(9)
H1
439(58)
H2
445(58)
Rb
545(3)
310(3)
427(3)
65(2)
½U23
½U22
I
275(2)
U11
308(3)
0
0
½U11
B1
336(12)
U11
248(13)
−16(6)
−U23
195(13)
B2
331(12)
U11
284(15)
12(6)
−U23
197(13)
H1
361(102)
H2
426(115)
N
537(9)
277(9)
374(9)
42(7)
½U23
½U22
I
233(1)
U11
264(2)
0
0
½U11
B1
260(5)
U11
177(6)
−16(2)
−U23
150(5)
B2
276(5)
U11
234(6)
1(2)
−U23
187(5)
H1
365(49)
H2
413(50)
b)
1500
b)
H4
1500
H5b)
1500
Cs
426(1)
232(1)
343(1)
56(1)
½U23
½U22
I
222(1)
U11
266(2)
0
0
½U11
B1
254(9)
U11
213(10)
−22(4)
−U23
139(10)
B2
220(8)
U11
253(11)
11(4)
−U23
136(9)
H1
451(97)
H2
311(81)
H3
a)
Für M, I und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–2π2(U11h2a*2
+ U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als "isotroper"
Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
b)
Uiso willkürlich fixiert
78
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 28: Ausgewählte interatomare Abstände (d/pm) und Winkel (∢/grd) für M3I[B12H12]
(M = K − Cs, NH4)
[B12H12]2−-Anion:
K:
NH4:
M−H:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
176,6
177,2
178,6
105,0
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
177,6
177,2
178,6
98,0
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
178,0
178,0
178,5
106,1
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,2
178,0
178,5
103,7
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
Rb:
Cs:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
178,2
177,7
178,4
111,6
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,6
177,7
178,4
122,4
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
178,1
177,9
178,7
120,0
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
179,0
177,9
178,7
100,5
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
K − H1
302,0 (4×)
Rb − H1
306,9 (4×)
K − H2
319,3 (4×)
Rb − H2
309,7 (4×)
322,6 (2×)
341,5 (2×)
N − H1
305,7 (4×)
Cs − H1
321,1 (4×)
N − H2
321,0 (4×)
Cs − H2
337,0 (4×)
328,1 (2×)
M−I:
I−M:
345,6 (2×)
K − I
350,3 (2×)
Rb − I
356,8 (2×)
N − I
354,8 (2×)
Cs − I
367,2 (2×)
I − K
350,3 (6×)
I − Rb
356,8 (6×)
I − N
354,8 (6×)
I − Cs
367,2 (6×)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
79
Tabelle 28 (Fortsetzung)
[NH4]+-Kation:
N − H3
98,1
(1×)
H3 − N − H5
94,8 (2×)
N − H4
97,6
(1×)
H3 − N − H4
97,5 (1×)
N − H5
94,9
(2×)
H4 − N − H5
115,7 (2×)
H5 − N − H5
125,7 (1×)
Tabelle 29: Wasserstoffbrückenbindungssystem in (NH4)3I[B12H12]
Wasserstoffbrückena):
d(D–H)
d(H⋅⋅⋅A)
d(D⋅⋅⋅A)
∢ (D–H⋅⋅⋅A)
N–H4⋅⋅⋅H2
97,6
249,2
328,5
138,2
N–H4⋅⋅⋅H1 (2×)
97,6
229,7
306,0
134,3
N–H5⋅⋅⋅H2 (2×)
94,9
254,2
321,3
127,8
N–H5⋅⋅⋅H2’ (2×)
94,9
250,7
321,3
131,3
N–H5⋅⋅⋅H1 (2×)
94,9
243,3
306,0
123,4
N–H3⋅⋅⋅I
98,1
257,0
354,8
174,6
D–H⋅⋅⋅A
a)
D = Donor, A = Akzeptor
80
4.3.2
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Strukturdaten für M3Br[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Tabelle 30: Kristallographische Daten von M3Br[B12H12] (M = K, Rb) und deren
Bestimmung
Kristallographische Daten:
M=K
M = Rb
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1002,33(6)
1016,89(6)
c (in pm)
1117,68(9)
1141,82(7)
Zahl der Formeleinheiten
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm3)
1,737
2,329
molares Volumen (Vm in cm3/mol)
195,24
205,29
κ-CCD (Fa. Nonius)
IPDS (Fa. Stoe)
Meßparameter:
Meßgerät
Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Strahlung
Meßbereich
Θmax (in grd)
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
±hmax = 12; ±kmax = 12;
±lmax = 14
27,4
±hmax = 15; ±kmax = 15;
±lmax = 17
32,8
492
654
4,08
13,16
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
4938
6307
davon symmetrieunabhängig
292
490
0,024; 0,013
0,129; 0,042
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,023
0,040
292
411
0,023; 0,061; 1,150
0,048; 0,103; 1,213
0,007(1)
0,014(1)
0,46; −0,16
0,59; −1,86
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
81
Tabelle 31: Kristallographische Daten von M3Br[B12H12] (M = NH4, Cs) und deren
Bestimmung
Kristallographische Daten:
M = NH4
M = Cs
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1015,61(7)
1045,53(7)
c (in pm)
1138,67(9)
1185,49(9)
Zahl der Formeleinheiten
3
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm )
3
molares Volumen (Vm in cm /mol)
1,351
2,754
204,21
225,32
κ-CCD (Fa. Nonius)
IPDS (Fa. Stoe)
Meßparameter:
Meßgerät
Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Strahlung
Meßbereich
±hmax = 13; ±kmax = 13;
±lmax = 14
±hmax = 15; ±kmax = 15;
±lmax = 18
Θmax (in grd)
27,4
32,9
420
816
2,99
9,90
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
6878
5391
davon symmetrieunabhängig
306
530
0,041; 0,013
0,068; 0,030
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,034
0,025
306
464
0,034; 0,101; 1,313
0,033; 0,053; 1,198
0,004(3)
0,0119(6)
0,57; −0,30
2,25; −0,97
82
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 32: Lageparameter für M3Br[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
K
9e
½
0
0
Br
3b
0
0
½
B1
18h
0,0589(2)
−x/a
0,8797(2)
B2
18h
0,0956(2)
−x/a
0,0289(3)
H1
18h
0,235(2)
−x/a
0,862(2)
H2
18h
0,132(2)
−x/a
0,069(2)
Rb
9e
½
0
0
Br
3b
0
0
½
B1
18h
0,0583(3)
−x/a
0,8823(4)
B2
18h
0,0942(3)
−x/a
0,0277(4)
H1
18h
0,233(3)
−x/a
0,851(3)
H2
18h
0,136(5)
−x/a
0,044(7)
N
9e
½
0
0
Br
3b
0
0
½
B1
18h
0,0582(2)
−x/a
0,8824(3)
B2
18h
0,0946(3)
−x/a
0,0285(4)
H1
18h
0,238(3)
−x/a
0,868(3)
H2
18h
0,130(3)
−x/a
0,059(4)
a)
18h
0,463
−x/a
0,039
a)
18h
0,544
−x/a
0,017
a)
H5
36i
0,620
0,061
0,020
Cs
9e
½
0
0
Br
3b
0
0
½
B1
18h
0,0567(2)
−x/a
0,8862(2)
B2
18h
0,0918(2)
−x/a
0,0275(3)
H1
18h
0,240(2)
−x/a
0,859(2)
H2
18h
0,153(2)
−x/a
0,051(3)
H3
H4
a)
Lageparameter fixiert und Besetzungswahrscheinlichkeit auf 50% reduziert
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
83
Tabelle 33: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2) für
M3Br[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
K
466(5)
368(5)
427(5)
−10(4)
½U23
½U22
Br
316(3)
U11
316(4)
0
0
½U11
B1
316(10)
U11
204(11)
−14(5)
−U23
192(11)
B2
366(12)
U11
278(13)
−3(5)
−U23
256(13)
H1
411(58)
H2
393(54)
Rb
305(3)
226(4)
304(4)
−8(2)
½U23
½U22
Br
227(4)
U11
267(5)
0
0
½U11
B1
178(13)
U11
167(15)
−20(8)
−U23
96(16)
B2
186(14)
U11
192(18)
7(7)
−U23
125(16)
H1
345(178)
H2
384(197)
N
404(20)
341(25)
417(24)
−40(22)
½U23
½U22
Br
330(5)
U11
367(6)
0
0
½U11
B1
280(14)
U11
234(16)
−9(7)
−U23
154(16)
B2
272(14)
U11
299(19)
−12(8)
−U23
169(16)
H1
593(84)
H2
558(81)
H3b)
1500
b)
1500
b)
H5
1500
Cs
267(2)
216(2)
280(2)
−8(2)
½U23
½U22
Br
246(2)
U11
292(4)
0
0
½U11
B1
185(9)
U11
173(12)
−13(5)
−U23
87(11)
B2
185(9)
U11
193(12)
15(5)
−U23
109(11)
H1
278(104)
H2
270(101)
H4
a)
Für M, Br und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–
2π2(U11h2a*2 + U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als
"isotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
b)
Uiso willkürlich fixiert
84
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 34: Ausgewählte interatomare Abstände (d/pm) und Winkel (∢/grd) für
M3Br[B12H12] (M = K − Cs, NH4)
[B12H12]2−-Anion:
K:
NH4:
M−H:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
177,1 (2×)
177,4 (2×)
178,5 (1×)
108,3
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,1
177,4
178,5
77,5
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
177,3
177,3
178,3
115,6
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,6
177,3
178,3
71,3
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
Rb:
Cs:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
177,9
177,8
177,7
106,2
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
177,6
177,8
177,7
76,0
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
177,9
177,7
179,2
114,3
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,6
177,7
179,2
114,3
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
K − H1
295,4 (4×)
Rb − H1
307,4 (4×)
K − H2
301,5 (2×)
Rb − H2
327,8 (4×)
332,7 (4×)
334,8 (2×)
N − H1
295,8 (4×)
Cs − H1
310,8 (4×)
N − H2
319,0 (2×)
Cs − H2
320,7 (4×)
337,0 (4×)
M−Br:
Br−M:
335,6 (2×)
K − Br
344,1 (2×)
Rb − Br
349,8 (2×)
N − Br
349,2 (2×)
Cs − Br
360,7 (2×)
Br − K
344,1 (6×)
Br − Rb
349,8 (6×)
Br − N
349,2 (6×)
Br − Cs
360,7 (6×)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 34
85
(Fortsetzung)
[NH4]+-Kation:
N − H3
78,8
H3 − N − H5
73,1 (2×)
N − H4
79,8
H3 − N − H4
114,7 (1×)
H4 − N − H5
122,2 (2×)
H5 − N − H5
131,7 (1×)
N − H5
108,0 (2×)
Tabelle 35: Wasserstoffbrückenbindungssystem in (NH4)3Br[B12H12]
Wasserstoffbrückena):
d(D–H)
d(H⋅⋅⋅A)
d(D⋅⋅⋅A)
∢ (D–H⋅⋅⋅A)
N–H4⋅⋅⋅H2
79,8
293,3
319,0
101,5
N–H4⋅⋅⋅H1 (2×)
79,8
235,9
295,8
132,6
N–H5⋅⋅⋅H2 (2×)
108,0
244,3
337,0
143,1
N–H5⋅⋅⋅H2’ (2×)
108,0
279,5
337,0
113,2
N–H5⋅⋅⋅H1 (2×)
108,0
208,5
295,8
136,0
78,8
270,5
349,2
178,2
D–H⋅⋅⋅A
N–H3⋅⋅⋅Br
a)
D = Donor, A = Akzeptor
86
4.3.3
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Strukturdaten für M3Cl[B12H12] (M = Rb, Cs)
Tabelle 36: Kristallographische Daten von M3Cl[B12H12] (M = Rb, Cs) und deren
Bestimmung
Kristallographische Daten:
M = Rb
M = Cs
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1009,73(7)
1038,02(7)
c (in pm)
1139,14(9)
1179,61(9)
Zahl der Formeleinheiten
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm3)
2,148
2,607
molares Volumen (Vm in cm3/mol)
201,93
220,98
Meßparameter:
IPDS (Fa. Stoe); Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Meßgerät; Strahlung
Messbereich
±hmax = 15; ±kmax = 15; ±lmax = 17
Θmax (in grd)
33,0
32,9
600
762
11,06
7,55
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
4987
5274
davon symmetrieunabhängig
490
517
0,076; 0,027
0,057; 0,022
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,030
0,022
425
504
0,036; 0,081; 1,090
0,023; 0,052; 1,099
0,016(1)
0,026(1)
1,17; −0,41
2,47; −1,38
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
87
Tabelle 37: Lageparameter für M3Cl[B12H12] (M = Rb, Cs)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
Rb
9e
½
0
0
Cl
3b
0
0
½
B1
18h
0,0584(2)
−x/a
0,8819(3)
B2
18h
0,0949(2)
−x/a
0,0279(3)
H1
18h
0,237(3)
−x/a
0,860(4)
H2
18h
0,156(3)
−x/a
0,043(4)
Cs
9e
½
0
0
Cl
3b
0
0
½
B1
18h
0,0572(1)
−x/a
0,8859(2)
B2
18h
0,0925(1)
−x/a
0,0272(2)
H1
18h
0,240(2)
−x/a
0,852(4)
H2
18h
0,155(2)
−x/a
0,048(3)
Tabelle 38: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2) für
M3Cl[B12H12] (M = Rb, Cs)
a)
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
Rb
326(2)
319(3)
372(3)
−66(1)
½U23
½U22
Cl
341(5)
U11
381(8)
0
0
½U11
B1
223(8)
U11
208(11)
−11(4)
−U23
121(9)
B2
212(8)
U11
230(11)
5(4)
−U23
121(9)
H1
306(96)
H2
280(97)
Cs
259(2)
249(2)
296(2)
−48(1)
½U23
½U22
Cl
307(4)
U11
352(7)
0
0
½U11
B1
182(6)
U11
175(8)
−8(3)
−U23
93(7)
B2
174(6)
U11
200(8)
4(3)
−U23
105(7)
H1
353(97)
H2
342(77)
Für M, Cl und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–
2π2(U11h2a*2 + U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als
"isotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
88
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 39: Ausgewählte interatomare Abstände (d/pm) für M3Cl[B12H12] (M = Rb, Cs)
[B12H12]2−-Anion:
Rb:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
176,9
177,7
178,1
108,4
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
177,7
177,7
178,1
108,2
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
Cs:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
178,1 (2×)
177,9 (2×)
178,4 (1×)
106,2
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,3
177,9
178,4
115,0
(2×)
(2×)
(1×)
(1×)
M−H:
Rb − H1
Rb − H2
299,5 (4×)
305,2 (4×)
331,3 (2×)
Cs − H1
Cs − H2
313,3 (4×)
315,8 (4×)
337,2 (2×)
M−Cl:
Rb − Cl
347,9 (2×)
Cs − Cl
358,4 (2×)
Cl−M:
Cl − Rb
347,9 (6×)
Cl − Cs
358,4 (6×)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
4.4
89
DTA/TG-Untersuchungen am System M3X[B12H12] (M = K − Cs,
NH4; X = Cl − I)
Studien zum thermischen Abbau der gemischtanionischen Alkalimetall-Dodekahydro-closoDodekaborat-Halogenide M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I) im Temperaturbereich
zwischen 30 und 1200°C unter Luftausschluß im Argonstrom zeigen hauptsächlich eine
Abhängigkeit der thermischen Stabilität vom vorhandenen Alkalimetall-Kation und weniger
vom Halogenid-Anion. Man stellt zunächst fest, daß die Verbindungen im Vergleich zu den
reinen Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaboraten M2[B12H12] (siehe Kap. 3.4.2) noch
stabiler sind und sich erst bei etwas höheren Temperaturen thermisch zersetzen.
Die Caesium-Verbindungen Cs3X[B12H12] (X = Cl − I) liegen bis etwa 600°C unzersetzt und
im festen Zustand vor. Erste endotherme Signale in den entsprechenden DTA/TG-Kurven
(Abb. 40 − 42), jedoch nur von sehr geringer Intensität, sind schon bei 284 (X = I), 366 (X =
Br) und 466°C (X = Cl) beobachtbar. Es fehlen jedoch entsprechende röntgenographische
Hochtemperatur-Untersuchungen, um den Beweis erbringen zu können, daß diese
thermischen Effekte tatsächlich den Anfang einer Fest-Fest-Phasenumwandlung in eine
Hochtemperatur-Modifikation anzeigen. Weiterhin sind im Falle von Cs3I[B12H12] bei 619
und 760°C endotherme Peakmaxima zu beobachten, während sich für Cs3Br[B12H12] bei 655
und 675°C sowie für Cs3Cl[B12H12] bei 682 und 704°C zwei endotherme Signale detektieren
lassen, wobei die Masse laut TG-Kurve in allen drei Fällen konstant bleibt.
Abb. 40: DTA/TG-Kurve von Cs3Cl[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1200°C
90
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Abb. 41: DTA/TG-Kurve von Cs3Br[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1200°C
Abb. ?: DTA/TG-Kurve von Cs3I[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und 1200°C
Abb. 42: DTA/TG-Kurve von Cs3I[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und 1200°C
Ob es sich dabei tatsächlich um weitere Fest-Fest-Phasenumwandlungen oder um das
(teilkongruente) Schmelzen der jeweiligen Verbindung handelt, ist noch ungeklärt. Sollte es
sich hierbei tatsächlich um eine Phasenumwandlung in eine Hochtemperatur-Modifikation
handeln, käme die echte anti-Perowskit-Struktur im SrTiO3-Typ [72] mit kubischer
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
91
Elementarzelle und frei rotierenden [B12H12]2–-Anionen in Frage. Ab etwa 700°C wird bei
allen drei Verbindungen eine beginnende Massenabnahme in der TG-Kurve registriert. Der
einstufig verlaufende Abbau ist mit einem Massenverlust von 88 − 92% verknüpft. Weitere
endotherme Peaks werden in der DTA-Kurve bei 1007 (Cs3I[B12H12]), 997 (Cs3Br[B12H12])
und 965°C (Cs3Cl[B12H12]) beobachtet. Hierbei handelt es sich wohl bereits um das Verhalten
der thermischen Zersetzungsprodukte. Bis 1200°C sind danach keine weiteren kalorischen
Effekte mehr zu detektieren.
Abb. 43: DTA/TG-Kurve von Rb3I[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und 1200°C
Ein ganz analoges thermisches Verhalten legen auch die Rubidium-Verbindungen
Rb3X[B12H12] (X = Cl − I) an den Tag. Während im Falle von Rb3I[B12H12] und
Rb3Cl[B12H12] jeweils nur ein endothermer Peak bei 649 bzw. 680°C auftritt (Abb. 43 und
Abb. 45), werden laut TG-Kurve für Rb3Br[B12H12] bei 456 und 675°C (Abb. 44) zwei
endotherme Signale bei konstanter Masse detektiert. Auch hier werden Fest-FestPhasenumwandlungen bzw. das Schmelzen der jeweiligen Verbindung als Ursache
angenommen. Der ab etwa 700°C beginnende thermische Abbau erfolgt ebenfalls einstufig
und ist mit einem Massenverlust von etwas über 90% verbunden. Weitere, etwas breitere
endotherme Peakmaxima werden in den DTA-Kurven bei 984 (Rb3Cl[B12H12]), bei 955
(Rb3Br[B12H12]) und 1038°C (Rb3I[B12H12]) beobachtet, wobei es sich auch hier um
Reaktionen der thermischen Zersetzungspunkte handelt. Die analogen Kalium-Verbindungen
K3X[B12H12] (X = Br und I) verhalten sich völlig entsprechend (DTA/TG-Kurven nicht
abgebildet). Die thermischen Zersetzungspunkte liegen hier stets etwas niedriger, nämlich bei
92
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
903 (X = I) bzw. 939°C (X = Br), während zuvor Phasenumwandlungspeaks bei 612 bzw.
636°C detektierbar sind.
Abb. 44:
DTA/TG-Kurve von Rb3Br[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1400°C
Abb. 45: DTA/TG-Kurve von Rb3Cl[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1200°C
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
93
Eine Ausnahme bilden erneut wiederum die Ammonium-Verbindungen (NH4)3I[B12H12] und
(NH4)3Br[B12H12], welche sich schon bei relativ niedrigen Temperaturen (ca. 250°C)
thermisch zersetzen (Abb. 46 und 47).
Abb. 46: DTA/TG-Kurve von (NH4)3I[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1200°C
In der DTA-Kurve ist für (NH4)3I[B12H12] schon bei 366°C ein breiter, endothermer Peak zu
beobachten, der mit einem Massenverlust von 57% verbunden ist. Mit steigender Temperatur
sind zwar keinerlei thermischen Effekte mehr zu detektieren, es findet jedoch laut TG-Kurve
oberhalb von 400°C weiterhin kontinuierlich ein Massenverlust von rund 29% statt. Der
Gesamtmassenverlust beträgt hierbei 86%. Im Falle von (NH4)3Br[B12H12] verläuft der
thermische Abbau einstufig mit einem Massenverlust von 68%, wobei bei 351°C ein
endothermer Peak in der DTA-Kurve zu erkennen ist (Abb. 47). Auch hierbei werden bis
1200°C keine weiteren thermische Effekte mehr aufgezeichnet.
Daraus ist ersichtlich, daß das vorhandene Alkalimetall-Gegenkation die thermische Stabilität
durchaus beeinflussen kann. Demnach sind die Verbindungen Cs3X[B12H12] (X = Cl – I) aus
der Reihe der gemischtanionischen Halogenid-Derivate von schweren AlkalimetallDodekahydro-closo-Dodekaboraten wohl die stabilsten Vertreter. Als thermolabilste Vertreter
erweisen sich einmal mehr die Ammonium-Verbindungen (NH4)3X[B12H12] (X = Br und I).
94
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-Dodekaborate der Alkalimetalle
Abb. 47: DTA/TG-Kurve von (NH4)3Br[B12H12] im Temperaturbereich zwischen 30 und
1200°C
Über den Mechanismus der thermischen Zersetzung der gemischtanionischen HalogenidDerivate von schweren Alkalimetall-Dodekahydro-closo-Dodekaboraten liegen bislang keine
konkreten Anhaltspunkte vor. Der nach den DTA-Untersuchungen zurückbleibende,
grauschwarz glänzende und porös wirkende Rückstand erwies sich in allen Fällen als
röntgenamorph und von der Menge her stets als ungenügend, um weitere analytische
Untersuchungen
damit
durchzuführen.
DTA/TG-Untersuchungen
gekoppelt
an
ein
Massenspektrometer könnten diesen Sachverhalt sicherlich aufzuklären helfen. Die
massenspektroskopische Detektion der während des thermischen Abbaus freigesetzten Gase
sollte zu dieser Fragestellung mehr Klarheit bringen, steht zu diesem Zeitpunkt jedoch noch
aus. Ob es sich beim DTA-Rückstand um elementares Bor, um borreiche Alkalimetallboride
oder ein Gemenge aus beiden handelt, konnte bislang nicht geklärt werden. Bei der
thermischen Zersetzung von (NH4)3X[B12H12] (X = Br und I) wäre auch die anteilige Bildung
von Bornitrid (BN) nicht ausgeschlossen.
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
4.5
95
Strukturbeschreibung von Cs3[BH4][B12H12]
Geht man nun über zu gemischtanionischen Dodekahydro-closo-Dodekaboraten mit nicht
sphärischen Anionen, so stellt man abhängig von der Größe der zweiten anionischen Einheit,
ebenfalls strukturelle Ähnlichkeiten zu den Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Halogeniden
fest. So kristallisiert die zwei verschiedene Hydroborat-Einheiten enthaltende Verbindung
Caesium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Tetrahydroborat (Cs3[BH4][B12H12]) isotyp zu
den Caesium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Halogeniden Cs3X[B12H12] (X = Cl − I)
trigonal in der Raumgruppe R 3 m (Nr. 166) mit drei Formeleinheiten in der Elementarzelle.
Gitterkonstanten, Lageparameter und thermische Auslenkungsparameter sind in den Tabellen
40 − 42 wiedergegeben. Ausgewählte interatomare Abstände können aus Tabelle 43
entnommen werden.
x
z
Abb. 48: Blick auf die Elementarzelle von Cs3[BH4][B12H12] entlang [010] mit einer der
möglichen Orientierungen der [BH4]−-Anionen in der Kristallstruktur
96
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Dem anti-LaAlO3-Strukturtyp entsprechend, befindet sich das Caesium-Kation auf der
speziellen Lage 9e (x/a = 1/2, y/b = z/c = 0; Lagesymmetrie: .2/m) und das Boratom (B) der
tetraedrischen [BH4]−-Einheit auf 3b (x/a = y/b = 0, z/c = 1/2; Lagesymmetrie: 3 m).
Die Boratome B1 und B2 sowie die Wasserstoffatome H1 und H2 besetzen die WyckoffPosition 18h (x/a, −x/a, z/c; Lagesymmetrie: .m) und bilden die quasi-ikosaedrischen
[B12H12]2–-Anionen, die gemeinsam mit den Cs+-Kationen eine kubisch dichteste
Kugelpackung aufbauen, in der die Tetrahydroborat-Anionen [BH4]− alle jene Oktaederlücken
besetzen, die nur aus Cs+-Kationen konstituiert sind (Abb. 48).
Abb. 49: Ansicht auf die nahezu kuboktaedrische Koordinationssphäre von Cs+ in
Cs3[BH4][B12H12]
Betrachtet man sich die Umgebung der Kationen, so stellt man fest, daß Cs+ oktaedrisch von
vier [B12H12]2–- und zwei [BH4]−-Anionen umgeben wird. Im Vergleich zu den CaesiumDodekahydro-closo-Dodekaborat-Halogeniden koordinieren hierbei jedoch immer nur zwei
Wasserstoffatome der closo-Dodekaborat-Anionen über Kante (d(Cs−H) = 317 − 330 pm; CN
= 8) und zusätzlich zwei Wasserstoffatome zweier Tetrahydroborat-Einheiten ebenfalls über
Kante (d(Cs−H) = 306 − 315 pm; CN = 4) an die Kationen. Es resultiert dennoch auch in
diesem Fall eine annähernd kuboktaedrische Koordinationsfigur für Cs+ mit einer
Gesamtkoordinationszahl von zwölf (Abb. 49). Analog zu den entsprechenden Halogenid-
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
97
Derivaten werden die [BH4]−-Anionen wiederum von sechs Cs+ in oktaedrischer Form
(d(Cs⋅⋅⋅B) = 364 pm; siehe Abb. 50, links) sowie jeder [B12H12]2−-Cluster von zwölf CaesiumKationen (d(Cs⋅⋅⋅B) = 376 − 393 pm; siehe Abb. 34) umgeben.
Abb. 50: Blick auf die nahezu oktaedrische Koordinationsumgebung von [BH4]− (links) und
auf ein orientierungsfehlgeordnetes [BH4]−-Anion (rechts) in der Kristallstruktur
von Cs3[BH4][B12H12]
Die Bor-Bor-Abstände innerhalb des [B12H12]2−-Anions liegen zwischen 178 und 179 pm, die
Bor-Wasserstoff-Abstände zwischen 99 und 105 pm (siehe Tab. 43). Die Abstände der
Clusterschwerpunkte (in x/a = y/b = z/c = 0; Lagesymmetrie: 3 m ≡ 3a) zu den zwölf
Boratomen von etwa 170 pm korrespondieren mit einen Clusterinnendurchmesser von 340
pm. Betrachtet man sich die Tetrahydroborat-Anionen, so fällt auf, daß diese
orientierungsfehlgeordnet in der Kristallstruktur vorliegen. Aufgrund der Unvereinbarkeit der
Symmetrie der tetraedrischen [BH4]−-Anionen mit der Punktlagensymmetrie des BorZentralteilchens (Lagesymmetrie: 3 m) bilden zwei ineinander gestellte TetrahydroboratTetraeder mit Bor als Zentralatom einen verzerrten Würfel (siehe Abb. 50, rechts). Die
Lageparameter für die am Boratom B gebundenen Wasserstoffatome (H3 in 6c mit x/a = y/b
= 0, z/c; Lagesymmetrie: 3m und H4 in 18h mit x/a, −x/a, z/c; Lagesymmetrie: .m) konnten
aus der Differenzfouriersynthese entnommen werden, wurden jedoch während der Strukturverfeinerung festgehalten. Die B−H-Abstände im annähernd tetraedrischen [BH4]−-Anion
befinden sich im Bereich zwischen 113 und 117 pm mit H−B−H-Winkeln zwischen 108 und
111°, wobei nur eine geringfügige Abweichung vom idealen Tetraederwinkel (109,4°) zu
98
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
bemerken
ist
(Tab.
43).
Eine
zusätzliche
Stabilisierung
des
Systems
durch
Wasserstoffbrücken-Bindungen findet in Cs3[BH4][B12H12] nicht statt, zumal alle an den
Boratomen gebundenen Wasserstoffatome negativ polarisiert sind und somit aus
elektrostatischen
Gründen
keine
Donor-Akzeptor-Wechselwirkungen
zwischen
den
verschiedenen Hydroborat-Einheiten auftreten können.
DSC-Untersuchungen im Bereich zwischen −150° und 400°C ergeben bislang keinen
eindeutigen Hinweis auf die Existenz einer Tieftemperatur-Phase bei der eine Ausordnung der
[BH4]−-Einheiten stattfinden könnte. Bei −66°C ist in der DSC-Aufheizkurve zwar ein
endothermer Peak von sehr geringer Intensität zu sehen, der in der DSC-Abkühlkurve
allerdings nicht mehr zu detektieren ist. Geht man zu höheren Temperaturen über, so wird
beim Aufheizen ein scharfes, endothermes Signal bei 310°C registriert, welches eindeutig
eine Fest-Fest-Phasenumwandlung indiziert (Abb. 51).
Aufheizkurve
Abkühlkurve
Abb. 51: DSC-Kurve von Cs3[BH4][B12H12] im Temperaturbereich zwischen −150 und
400°C
Dieser thermische Effekt ist vollständig reversibel, zumal in der DSC-Abkühlkurve der Peak
nun leicht verschoben, also fast ohne Hysterese, bei 305°C auftritt. Die Existenz einer
Hochtemperatur-Phase läßt sich wahrscheinlich darauf zurückführen, daß sowohl eine
verstärkte Reorientierungsdynamik der [B12H12]2−-Anionen einsetzt als auch eine freie
Rotation der [BH4]−-Anionen im Kristall stattfindet. Beide Hydroborat-Einheiten würden
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
99
somit bei höherer Temperatur dynamisch fehlgeordnet vorliegen. Temperaturabhängige
röntgenographische Messungen stehen noch an, um die Kristallstruktur der HochtemperaturPhase von Cs3[BH4][B12H12] näher zu untersuchen. Demnach ist die Verbindung bis 400°C
stabil. Ein thermischer Abbau ist daher erst bei höheren Temperaturen (ca. 500 − 600°C) zu
erwarten.
Literaturangaben zufolge sind wohl auch Rb3[BH4][B12H12] und K3[BH4][B12H12] existent
[67]. Nach Ausweis von röntgenographischen Pulveruntersuchungen sollen diese jedoch nicht
isotyp zu Cs3[BH4][B12H12] (trigonal, Raumgruppe: R 3 m) kristallisieren, sondern es findet
ein Symmetrieabbau von der Caesium- zur Kalium-Verbindung hin statt. Bei Versuchen zur
Darstellung von Rb3[BH4][B12H12] und K3[BH4][B12H12] durch Umsetzung einer wäßrigen
Lösung von Rb2[B12H12] bzw. K2[B12H12] mit Rb[BH4] bzw. K[BH4] konnten allerdings
bislang keine gemischtanionischen Derivate in einkristalliner Form isoliert werden. Einzig die
Edukte Rubidium- und Kalium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat fielen aus der wäßrigen
Lösung einkristallin an, während nicht umgesetztes Rubidium- und Kalium-Tetrahydroborat
und
eventuell
entstandenes
Rb3[BH4][B12H12]
bzw.
K3[BH4][B12H12]
bestenfalls
mikrokristallin vorlagen. Mittels Pulverdiffraktometrie wurden eindeutig die AlkalimetallTetrahydroborate nachgewiesen und zusätzlich dazu waren noch sehr schwache Reflexe eine
weiteren Phase beobachtbar, bei der es sich wahrscheinlich tatsächlich um Rubidium- bzw.
Kalium-Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Tetrahydroborat handeln dürfte. Die gemessenen
Diffraktogramme konnten jedoch nicht eindeutig genug indiziert werden, um hier
zuverlässige Angaben über Kristallsystem und Gitterkonstanten machen zu können.
Versuche, die Verbindungen aus Lösungsmitteln wie CH3CN, CH3OH und C2H5OH zu
kristallisieren, führten ebenfalls nicht zur Bildung von Kristallen, die sich für eine
Einkristallstrukturanalyse eigneten. Die Kristallstrukturen der gemischtanionischen Derivate
Rb3[BH4][B12H12] und K3[BH4][B12H12] konnten also im Rahmen dieser Arbeit nicht
aufgeklärt werden.
100
4.5.1
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Strukturdaten für Cs3[BH4][B12H12]
Tabelle 40: Kristallographische Daten von Cs3[BH4][B12H12] und deren Bestimmung
Kristallographische Daten:
Kristallsystem
trigonal
R 3 m (Nr. 166)
Raumgruppe
Gitterkonstanten: a (in pm)
1054,89(8)
c (in pm)
1197,12(9)
Zahl der Formeleinheiten
3
berechnete Dichte (Dx in g/cm3)
2,398
molares Volumen (Vm in cm3/mol)
231,58
Meßparameter:
Meßgerät, Strahlung
IPDS (Fa. Stoe), Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Meßbereich
±hmax = 13; ±kmax = 13; ±lmax = 14
Θmax (in grd)
30,4
F(000)
738
Absorptionskoeffizient (µ in mm−1)
7,03
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
4631
davon symmetrieunabhängig
452
Rint; Rσ
0,063; 0,033
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
n
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
nach International Tables, Vol. C [57]
0,036
381
0,043; 0,099; 1,034
0,0065(7)
3,45; −1,39
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
101
Tabelle 41: Lageparameter für Cs3[BH4][B12H12]
a)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
Cs
9e
½
0
0
B
3b
0
0
½
B1
18h
0,0563(4)
−x/a
0,8869(5)
B2
18h
0,0914(4)
−x/a
0,0267(5)
H1
18h
0,245(4)
−x/a
0,853(6)
H2
18h
0,145(5)
−x/a
0,041(7)
H3a)
6c
0
0
0,402
H4a)
18h
0,059
−x/a
0,529
Lageparameter fixiert und Besetzungswahrscheinlichkeit auf 50% reduziert
Tabelle 42: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2)
für Cs3[BH4][B12H12]
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
Cs
419(4)
325(4)
420(4)
7(2)
½U23
½U22
B
354(56)
U11
531(101)
0
0
½U11
B1
310(23)
U11
315(28)
−11(12)
−U23
159(26)
B2
285(22)
U11
366(31)
14(11)
−U23
167(26)
H1
497(227)
H2
420(210)
H3
b)
1500
H4
b)
1500
a)
Für Cs, und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–2π2(U11h2a*2
+ U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als "isotroper"
Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
b)
Uiso willkürlich fixiert
102
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 43: Ausgewählte interatomare Abstände (d/pm) und Winkel (∢/grd) für
Cs3[BH4][B12H12]
[B12H12]2−-Anion:
B1
B1
B1
B1
−
−
−
−
B1’
B2
B2’
H1
178,2 (2×)
178,9 (2×)
179,2 (1×)
105,4
B2
B2
B2
B2
−
−
−
−
B2’
B1
B1’
H2
178,8 (2×)
178,9 (2×)
179,2 (1×)
99,4
[BH4]−-Anion:
Cs−H:
Cs
Cs
Cs
Cs
−
−
−
−
H1
H2
H3
H4
317,2
329,8
315,4
305,9
(4×)
(4×)
(2×)
(2×)
B − H3
B − H4
H3 – B – H4
H4 – B – H4
117,3
113,3
107,6
111,3
(1×)
(3×)
(3×)
(3×)
4.6 Strukturbeschreibung von Cs3[BF4][B12H12] und Cs3[NO3][B12H12]
Betrachtet man sich die gemischtanionische Verbindung Cs3[BF4][B12H12], so stellt man nun
in Abhängigkeit von der Größe des [BF4]−-Anions eine Symmetrieerniedrigung im
Kristallsystem fest. Cs3[BF4][B12H12] kristallisiert orthorhombisch mit den Gitterkonstanten a
= 874,69(4), b = 1052,70(6) und c = 1724,53(7) pm in der Raumgruppe Pnma (Nr. 62) mit
vier Formeleinheiten in der Elementarzelle (Tab. 45). Quasi-isotyp dazu und mit ähnlichen
Gitterkonstanten kristallisiert auch Cs3[NO3][B12H12] (a = 848,50(2), b = 1045,60(5) und c =
1761,40(7) pm; Tab. 45). Die Tabellen 46 − 47 und 49 − 50 informieren über die
Lageparameter und Koeffizienten der thermischen Auslenkungsparameter. Ausgewählte
Atomabstände können aus Tabelle 48 und 51 entnommen werden. Die Abbildungen 52 und
53 zeigen eine Projektion der Elementarzellen mit Blick entlang der b-Achse. Die
Verbindungen kristallisieren im Sinne einer orthorhombischen Verzerrungsvariante der antiPerowskit-Struktur, im anti-GdFeO3-Typ [73] nämlich. In den Kristallstrukturen liegen nun
zwei röntgenographisch unterschiedliche Caesium-Atome vor (Cs1 und Cs2). Hierbei besetzt
Cs1 die teilspezielle Lage 4c (x/a, y/b = 1/4, z/c; Lagesymmetrie: .m.), Cs2 dagegen die
symmetriefreie allgemeine Lage 8d (x/a, y/b, z/c; Lagesymmetrie: 1).
Die Boratome B1 − B4 sowie die Wasserstoffatome H1 − H4 befinden sich auf der WyckoffPosition 4c (x/a, y/b = 1/4, z/c; Lagesymmetrie: .m.), die Boratome B5 − B8 und die
Wasserstoffatome H5 − H8 auf 8d (x/a, y/b, z/c; Lagesymmetrie: 1).
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
103
x
y
z
Abb. 52: Projektion der Elementarzelle von Cs3[BF4][B12H12] entlang [010]
Auch hierbei bilden die quasi-ikosaedrischen [B12H12]2–-Cluster und die Cs+-Kationen
gemeinsam eine kubisch dichteste Kugelpackung, in der die nicht sphärischen [BF4]−- bzw.
[NO3]−-Anionen all jene Oktaederlücken besetzen, die nur aus Cs+-Kationen aufgebaut sind.
Beide Caesium-Kationen werden verzerrt oktaedrisch von vier [B12H12]2–-Anionen und zwei
[BF4]−- bzw. [NO3]−-Anionen koordiniert. Während in Cs3[BF4][B12H12] an (Cs1)+ ein
Wasserstoffatom einer [B12H12]2–-Einheit über Ecke, zwei Wasserstoffatome zweier weiterer
Cluster über Kante sowie drei Wasserstoffatome einer Dreiecksfläche eines vierten
Boratanions angreifen (d(Cs1−H) = 317 − 342 pm; CN = 8), wird die unvollständige
Koordinationssphäre zusätzlich durch die in der Struktur vorhandenen Fluorid-Anionen der
Tetrafluoroborat-Einheiten komplettiert. Das bedeutet, es koordinieren noch zwei Fluoratome
zweier Tetrafluoroborat-Anionen über Kante an (Cs1)+ (1 × F1, 1 × F2 und 2 × F3 mit
d(Cs1−F) = 312 − 314 pm; CN = 4). Bei Betrachtung der Koodinationsumgebung von (Cs2)+
fällt auf, daß die Kationen ebenfalls verzerrt oktaedrisch von vier closo-Boratanionen und
zwei Tetrafluoroborat-Anionen umgeben werden, analog zur Umgebung von Cs+ in
Cs3[BH4][B12H12] also.
104
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
x
y
z
Abb. 53: Projektion der Elementarzelle von Cs3[NO3][B12H12] entlang [010]
Abb. 54: Ansicht auf die nahezu kuboktaedrischen Koordinationssphären von (Cs1)+ (links)
und (Cs2)+ (rechts) in Cs3[BF4][B12H12]
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
105
Es koordinieren jeweils zwei Wasserstoffatome der vier [B12H12]2–-Anionen über Kante
(d(Cs2−H) = 310 − 333 pm; CN = 8) und zwei Fluoratome zweier Tetrafluoroborat-Einheiten
ebenfalls über Kante an (Cs2)+ (1 × F1, 1 × F2 und 2 × F3 mit d(Cs2−F) = 315 − 325 pm; CN
= 4). Somit resultieren für (Cs1)+ und (Cs2)+ annähernd kuboktaedrische Koordinationsfiguren mit einer Gesamtkoordinationszahl von jeweils zwölf (Abb. 54).
Im Gegensatz zu [BH4]− in Cs3[BH4][B12H12] liegen in der Kristallstruktur von
Cs3[BF4][B12H12] die Tetrafluoroborat-Anionen geordnet vor (Abb. 55, links). B, F1 und F2
befinden sich auf Spiegelebenen und besetzen die Punktlage 4c (Symmetrie: .m.), F3 besetzt
die symmetriefreie, allgemeine Lage 8d. Die B−F-Abstände innerhalb des tetraedrischen
[BF4]−-Anions bewegen sich im Bereich zwischen 138 und 140 pm mit F−B−F-Winkeln
zwischen 108 und 110°, und sind damit durchaus vergleichbar mit den Daten aus der
Einkristallstrukturanalyse von Cs[BF4] im Baryt-Typ (orthorhombisch, Raumgruppe: Pnma;
d(B−F) = 137 − 140 pm; F−B−F-Winkel: 108 − 113° [74]).
Auch in Cs3[NO3][B12H12] befinden sich N und O1 auf Spiegelebenen und belegen die
Punktlage 4c (Symmetrie: .m.), während O2 die allgemeine Lage 8d besetzt. Die N−OAbstände innerhalb des trigonal planaren [NO3]−-Anions finden sich im Bereich zwischen 125
und 126 pm mit O−N−O-Winkeln zwischen 118 und 120° (Abb. 55, rechts). Diese sind
wiederum gut vergleichbar mit den Daten aus Einkristallstrukturanalysen an Cs[NO3]
(trigonal, Raumgruppe: P31 bzw. P31m; d(N−O) = 117 − 129 pm; O−N−O-Winkel: 116 −
124° [75, 76]).
Abb. 55: Blick auf ein tetraedrisches [BF4]−-Anion (links) in der Kristallstruktur von
Cs3[BF4][B12H12] sowie auf ein trigonal planares [NO3]−-Anion (rechts) in der
Kristallstruktur von Cs3[NO3][B12H12]
106
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
In Cs3[NO3][B12H12] hingegen koordinieren jeweils zwei Wasserstoffatome von drei
anionischen [B12H12]2–-Cluster über Kante sowie drei Wasserstoffatome einer Dreiecksfläche
eines vierten Boratanions (d(Cs1−H) = 317 − 339 pm; CN = 9) an (Cs1)+. Drei
Sauerstoffatome zweier Nitrat-Anionen greifen zusätzlich einmal über Ecke sowie einmal
über Kante (1 × O1 und 2 × O2 mit d(Cs1−O) = 310 − 318 pm; CN = 3) an und komplettieren
somit die Koordinationssphäre von (Cs1)+. Es resultiert für (Cs1)+ daher eine annähernd
kuboktaedrische Koordinationsfigur mit einer Gesamtkoordinationszahl von zwölf (Abb. 56,
links). (Cs2)+ wird dagegen jeweils von zwei Wasserstoffatomen der vier [B12H12]2–-Anionen
über Kante (d(Cs2−H) = 304 − 332 pm; CN = 8) und drei Sauerstoffatomen zweier NitratEinheiten umgeben (1 × O1 und 2 × O2 mit d(Cs1−O) = 310 − 325 pm; CN = 3). Es resultiert
für (Cs2)+ also im Unterschied zu Cs3[BF4][B12H12] eine Gesamtkoordinationszahl von nur elf
(Abb. 56, rechts).
Abb. 56: Ansicht auf die Koordinationssphären von (Cs1)+ (links) und (Cs2)+ (rechts) in
Cs3[NO3][B12H12]
Sowohl in Cs3[BF4][B12H12] als auch in Cs3[NO3][B12H12] sind die [BF4]−- bzw. die [NO3]−Anionen oktaedrisch von sechs Cs+-Kationen (2 × (Cs1)+ und 4 × (Cs2)+; d(Cs⋅⋅⋅B) = 372 −
381 pm bzw. d(Cs⋅⋅⋅N) = 359 − 391 pm) umgeben (siehe Abb. 57). Jedes [B12H12]2–-Anion
wird zwölffach von Caesium-Kationen (4 × (Cs1)+ und 8 × (Cs2)+; siehe Abb. 58, links) in
Form eines Kuboktaeders koordiniert. Mit Bor-Bor-Abständen zwischen 177 und 180 pm
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
107
innerhalb der quasi-ikosaedrischen [B12H12]2–-Einheiten resultieren daraus im Mittel
Abstände von den Clusterschwerpunkten (in 4c; x/a ≈ 0,24, y/b = 1/4, z/c ≈ 0,09;
Lagesymmetrie: .m.) zu den zwölf Boratomen von 168,5 pm (Cs3[BF4][B12H12]) bzw. 170,0
pm (Cs3[NO3][B12H12]). Dies korrespondiert mit einem Clusterinnendurchmesser von etwa
337 bzw. 340 pm (Abb. 58, rechts).
Abb. 57: Blick auf die nahezu oktaedrische Koordinationsumgebung von [BF4]− (links) und
[NO3]− (rechts) in den Kristallstrukturen von Cs3[BF4][B12H12] und
Cs3[NO3][B12H12]
Abb. 58: Umgebung der anionischen [B12H12]2−-Cluster von zwölf Cs+-Kationen (links)
sowie Blick auf ein quasi-ikosaedrisches [B12H12]2−-Anion (rechts) in den
Kristallstrukturen von Cs3[BF4][B12H12] und Cs3[NO3][B12H12]
108
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Interessant erscheint nun die Tatsache, daß beim Übergang vom gemischtanionischen Derivat
Cs3[BH4][B12H12] zu Cs3[BF4][B12H12], also abhängig von der Größe der tetraedrischen
[BH4]−-
bzw.
[BF4]−-Anionen,
eine
Symmetrieerniedrigung
vom
trigonalen
ins
orthorhombische Kristallsystem stattfindet. Da in der trigonalen Phase die [BH4]−-Einheiten
orientierungsfehlgeordnet
und
im
Unterschied
dazu
die
[BF4]−-Einheiten
in
der
orthorhombischen Phase vollständig geordnet vorliegen, wird vermutet, daß sich beide Phasen
ineinander überführen lassen könnten. Dies bedeutet, daß bei Temperaturen weit oberhalb
Raumtemperatur eventuell eine trigonale Hochtemperatur-Phase von Cs3[BF4][B12H12]
existent sein könnte, die vom Aufbau her der Struktur von Cs3[BH4][B12H12] bei
Raumtemperatur entspricht. Da jedoch zwischen den Raumgruppen R 3 m und Pnma keine
direkte
Gruppe-Untergruppe-Beziehung
besteht,
sollte
es
sich
hierbei
um
eine
Phasenumwandlung erster Ordnung handeln. Um diesen Sachverhalt eindeutig zu bestätigen,
wären in diesem Fall temperaturabhängige Pulverdiffraktometer-Untersuchungen notwendig,
welche jedoch noch anstehen.
Bei Versuchen zur Darstellung von Rb3[BF4][B12H12] und K3[BF4][B12H12] durch
Umkristallisieren von Rb2[B12H12] bzw. K2[B12H12] aus einer wäßrigen Lösung von Rb[BF4]
bzw. K[BF4] konnten die entsprechenden gemischtanionischen Derivate nicht beobachtet
werden. Mittels Pulverdiffraktometrie wurden nur die eingesetzten Edukte identifiziert. Es
erscheinen daher die Ionenradien von Rb+ und K+ bereits als zu klein, um mit [BF4]− stabile
Derivate im anti-GdFeO3-Strukturtyp ausbilden zu können. Selbst die Umsetzung einer
wäßrigen Lösung der freien Säure (H3O)2[B12H12] mit Rb[BF4] oder K[BF4] führte nur zu
einkristallinem Rb2[B12H12] bzw. K2[B12H12]. Im Gegensatz dazu wird im Falle der
Dodekahydro-closo-Dodekaborat-Oxonitrate die Existenz der Cs-analogen RubidiumVerbindung Rb3[NO3][B12H12] zwar in der Literatur erwähnt [68], die Kristallstruktur wurde
jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht determiniert und bleibt weiterhin unbekannt.
Um die Verzerrung der [B12H12]2–-Clusteranionen in den röntgenographisch untersuchten
gemischtanionischen Derivaten M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl − I) bzw.
Cs3X[B12H12] (X = BH4, BF4 und NO3) zu quantifizieren, wurde mit Hilfe des Programms
SYMMOL [38] wiederum der r.m.s.-Wert (root mean square value) berechnet, der die
Abweichung der Symmetrie der Cluster von der idealen Ikosaedersymmetrie (Ih) als
Zahlenwert beschreibt. Die hierbei ermittelten r.m.s.-Werte werden in Tabelle 44
untereinander verglichen.
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
109
Tabelle 44: Abweichung der [B12H12]2–-Anionen von der idealen Ikosaedersymmetrie in den
gemischtanionischen Dodekahydro-closo-Dodekaboraten M3X[B12H12] (M = K −
Cs, NH4; X = Cl − I) und Cs3X[B12H12] (X = BH4, BF4 und NO3)
Verbindung
r.m.s.-Wert [38]
Cs3I[B12H12]
0,0053
Cs3Br[B12H12]
0,0067
Cs3Cl[B12H12]
0,0021
Rb3I[B12H12]
0,0050
Rb3Br[B12H12]
0,0013
Rb3Cl[B12H12]
0,0038
(NH4)3I[B12H12]
0,0022
(NH4)3Br[B12H12]
0,0051
K3I[B12H12]
0,0083
K3Br[B12H12]
0,0054
Cs3[BH4][B12H12]
0,0040
Cs3[BF4][B12H12]
0,0100
Cs3[NO3][B12H12]
0,0080
Daraus wird ersichtlich, daß im Vergleich zu den trigonalen Phasen M3X[B12H12] (M = K −
Cs, NH4; X = Cl – I) bzw. Cs3[BH4][B12H12] die Verzerrung der [B12H12]2–-Anionen in den
orthorhombischen Phasen Cs3[BF4][B12H12] und Cs3[NO3][B12H12] stets größer ist. In den
gemischtanionischen Halogenid-Derivaten selbst ist die molekulare Verzerrung quasi
unabhängig vom vorhandenen Kation oder Halogenid-Anion. Innerhalb der Reihe
M3X[B12H12] (M = K − Cs, NH4; X = Cl – I) weisen daher die closo-Dodekaborat-Anionen in
K3I[B12H12] die stärkste Verzerrung auf (r.m.s. = 0,0083), während in Rb3Br[B12H12] (r.m.s. =
0,0013) die Clusteranionen am wenigsten verzerrt vorliegen.
110
4.6.1
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Strukturdaten für Cs3X[B12H12] (X = [BF4], [NO3])
Tabelle 45: Kristallographische Daten von Cs3X[B12H12] (X = BF4, NO3) und deren
Bestimmung
Kristallographische Daten:
X = BF4
X = NO3
Kristallsystem
orthorhombisch
Raumgruppe
Pnma (Nr. 62)
Gitterkonstanten: a (in pm)
874,69(4)
848,50(2)
b (in pm)
1052,70(6)
1045,60(5)
c (in pm)
1724,53(7)
1761,40(7)
Zahl der Formeleinheiten
4
berechnete Dichte (Dx in g/cm3)
2,624
2,561
molares Volumen (Vm in cm3/mol)
239,10
235,30
Meßparameter:
κ-CCD (Fa. Nonius); Mo-Kα: λ = 71,07 pm
Meßgerät, Strahlung
Meßbereich
Θmax (in grd)
F(000)
−1
Absorptionskoeffizient (µ in mm )
±hmax = 11; ±kmax = 13;
±lmax = 22
27,5
±hmax = 12; ±kmax = 15;
±lmax = 25
31,5
1112
1072
6,86
6,95
Datenreduktion:
Datenkorrekturen
Absorptionskorrektur
Untergrund, Polarisations- und Lorentzfaktoren
numerisch; Programm X-SHAPE [26]
Zahl der gemessenen Reflexe
22398
31739
davon symmetrieunabhängig
1911
2729
0,047; 0,024
0,065; 0,027
Rint; Rσ
Strukturverfeinerung:
Strukturbestimmung
Programm SHELXS-86 [32]
Strukturverfeinerung
Programm SHELXL-93 [33]
Streufaktoren
nach International Tables, Vol. C [57]
R1 für n Reflexe mit Fo ≥ 4σ(Fo)
0,030
0,044
n
1705
2277
0,037; 0,076; 1,198
0,055; 0,132; 1,122
0,0012(1)
0,0029(3)
2,36; −1,01
2,16; −1,60
R1; wR2; GooF (für alle Reflexe)
Extinktionskoeffizient (g)
Restelektronendichten (max.; min.)
(ρ in e− ⋅ 106 / pm3)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
111
Tabelle 46: Lageparameter für Cs3[BF4][B12H12]
a)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
Cs1
4c
0,26904(4)
¼
0,57525(2)
Cs2
8d
0,22966(3)
0,00364(2)
0,34094(2)
B
4c
0,5164(6)
¼
0,7506(3)
F1
4c
0,3564(4)
¼
0,7508(2)
F2
4c
0,5673(4)
¼
0,6751(2)
F3
8d
0,0669(3)
0,1425(2)
0,7108(2)
B1
4c
0,1722(7)
¼
0,1821(4)
B2
4c
0,0475(7)
¼
0,1003(4)
B3
4c
0,4327(7)
¼
0,0807(4)
B4
4c
0,3103(7)
¼
−0,0019(4)
B5
8d
0,3408(5)
0,1654(4)
0,1564(2)
B6
8d
0,3226(5)
0,1118(4)
0,0585(3)
B7
8d
0,1601(5)
0,1129(4)
0,1215(3)
B8
8d
0,1420(5)
0,1654(4)
0,0236(3)
H1a)
4c
0,128
¼
0,242
H2a)
4c
−0,078
¼
0,107
H3a)
4c
0,558
¼
0,075
H4a)
4c
0,355
¼
−0,061
H5a)
8d
0,406
0,110
0,200
H6a)
8d
0,375
0,023
0,038
H7a)
8d
0,107
0,024
0,142
H8a)
8d
0,077
0,111
−0,020
mit AFIX-Restriktion verfeinert (d(B−H) = 110 pm)
112
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 47: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2) für
Cs3[BF4][B12H12]
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
Cs1
344(2)
460(2)
308(2)
0
−9(1)
0
Cs2
332(2)
320(2)
381(2)
−4(1)
−14(1)
−1(1)
B
234(25)
284(29)
267(29)
0
−19(21)
0
F1
232(16)
626(24)
516(22)
0
−4(14)
0
F2
358(17)
617(23)
322(18)
0
36(14)
0
F3
396(13)
334(13)
531(16)
−80(11)
33(11)
1(10)
B1
228(25)
296(30)
313(30)
0
38(23)
0
B2
279(28)
250(30)
351(33)
0
−14(23)
0
B3
271(26)
259(29)
254(28)
0
35(22)
0
B4
311(29)
299(31)
315(31)
0
67(24)
0
B5
233(19)
268(20)
276(21)
34(16)
15(14)
32(16)
B6
268(18)
291(22)
318(23)
−16(17)
70(16)
3(16)
B7
247(19)
250(21)
355(24)
−15(17)
34(16)
−1(16)
B8
270(20)
329(23)
331(22)
−36(18)
−1(16)
−22(17)
H1b)
335
H2b)
352
H3b)
313
H4b)
370
H5b)
311
H6b)
351
H7b)
341
H8b)
372
a)
Für Cs, F, und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–
2π2(U11h2a*2 + U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als
"isotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
b)
Uiso(H) = 1,2 ⋅ Uiso(B)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 48: Ausgewählte interatomare
Cs3[BF4][B12H12]
Abstände
(d/pm)
und
Winkel
113
(∢/grd)
für
[BF4]−-Anion:
B
– F1
– F2
– F3
139,9
137,6
138,6 (2 × )
F1 – B – F3’
F1 – B – F2
F3 – B – F3’
F2 – B – F3
108,6 (2 × )
109,2
109,6
110,4 (2 × )
[B12H12]2–-Anion:
B1
–
–
–
–
B5
B2
B7
H1
177,9 (2 × )
178,2
178,5 (2 × )
110,0
B2
–
–
–
–
B1
B7
B8
H2
178,2
178,5 (2 × )
179,7 (2 × )
110,0
B3
–
–
–
–
B5
B4
B6
H3
177,3 (2 × )
178,2
178,7 (2 × )
110,0
B4
–
–
–
–
B8
B3
B6
H4
177,5 (2 × )
178,2
179,2 (2 × )
110,0
B5
–
–
–
–
–
–
B3
B1
B7
B5’
B6
H5
177,3
177,9
177,9
178,2
178,7
110,0
B6
–
–
–
–
–
–
B8
B5
B3
B7
B4
H6
178,2
178,7
178,7
178,9
179,2
110,0
B7
–
–
–
–
–
–
B5
B8
B1
B2
B6
H7
177,9
178,4
178,4
178,5
178,9
110,0
B8
–
–
–
–
–
–
B4
B8’
B6
B7
B2
H8
177,5
178,2
178,2
178,4
179,7
110,0
Cs1
–
–
–
–
–
H3
H6
H8
H7
H2
317,8
320,0 (2 × )
321,7 (2 × )
328,7 (2 × )
341,5
Cs2
–
–
–
–
–
–
–
–
H5
H5’
H8
H2
H1
H4
H7
H3
309,5
312,7
317,2
322,1
323,2
324,2
332,4
333,1
Cs1
– F1
– F2
– F3
312,3
312,6
314,2 (2 × )
Cs2
–
–
–
–
F3
F1
F2
F3’
314,5
317,9
321,9
325,1
114
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 49: Lageparameter für Cs3[NO3][B12H12]
a)
Atom
Wyckoff-Lage
x/a
y/b
z/c
Cs1
4c
0,26636(5)
¼
0,57550(3)
Cs2
8d
0,22711(4)
0,00308(3)
0,34169(2)
N
4c
0,0523(9)
¼
0,7514(3)
O1
4c
0,064(1)
¼
0,8226(4)
O2
8d
0,065(1)
0,1480(6)
0,7154(4)
B1
4c
0,1645(8)
¼
0,1786(4)
B2
4c
0,0415(7)
¼
0,0962(4)
B3
4c
0,4383(7)
¼
0,0823(4)
B4
4c
0,3181(8)
¼
0,0005(4)
B5
8d
0,3399(5)
0,1652(5)
0,1556(3)
B6
8d
0,3266(6)
0,1121(5)
0,0599(3)
B7
8d
0,1548(5)
0,1118(4)
0,1195(3)
B8
8d
0,1408(6)
0,1649(5)
0,0232(3)
H1a)
4c
0,115
¼
0,236
H2a)
4c
−0,088
¼
0,100
H3a)
4c
0,568
¼
0,078
H4a)
4c
0,368
¼
−0,057
H5a)
8d
0,405
0,110
0,199
H6a)
8d
0,382
0,023
0,041
H7a)
8d
0,099
0,023
0,139
H8a)
8d
0,076
0,110
−0,020
mit AFIX-Restriktion verfeinert (d(B−H) = 110 pm)
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
115
Tabelle 50: Koeffizienten der anisotropen thermischen Auslenkungsparametera) (Uij/pm2) für
Cs3[NO3][B12H12]
Atom
U11
U22
U33
U23
U13
U12
Cs1
407(3)
486(3)
411(2)
0
−15(1)
0
Cs2
370(2)
399(2)
501(2)
−16(1)
−26(1)
20(1)
N
625(37)
349(26)
409(27)
0
−35(25)
0
O1
1094(61)
844(47)
520(32)
0
125(39)
0
O2
1648(69)
719(35)
973(40)
−237(31)
63(45)
−205(41)
B1
314(31)
363(31)
355(28)
0
71(24)
0
B2
237(26)
347(30)
414(31)
0
8(23)
0
B3
231(25)
324(28)
351(28)
0
44(21)
0
B4
260(27)
397(32)
382(31)
0
43(23)
0
B5
263(21)
370(21)
355(21)
86(16)
38(15)
38(16)
B6
281(20)
317(20)
435(22)
−4(17)
55(17)
29(16)
B7
236(19)
292(19)
440(23)
45(17)
56(16)
1(15)
B8
287(20)
407(23)
412(22)
−28(19)
19(17)
−7(17)
H1b)
413
H2b)
399
H3b)
362
H4b)
415
H5b)
395
H6b)
413
H7b)
387
H8b)
442
a)
Für Cs, N, O und B definiert als "anisotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–
2π2(U11h2a*2 + U22k2b*2 + U33l2c*2 + 2U23klb*c* + 2U13hla*c* + 2U12hka*b*)]; für H als
"isotroper" Temperaturfaktor in der Form: exp[–8π2(Uiso sin2 θ / λ 2)]
b)
Uiso(H) = 1,2 ⋅ Uiso(B)
116
Gemischtanionische Dodekahydro-closo-dodekaborate der Alkalimetalle
Tabelle 51: Ausgewählte interatomare
Cs3[NO3][B12H12]
Abstände
(d/pm)
und
Winkel
(∢/grd)
für
[NO3]−-Anion:
N
– O2
– O1
124,6 (2 × )
125,7
O2 – N – O2
O1 – N – O2
O2 – N – O1
117,8
120,2
120,2
[B12H12]2–-Anion:
B1
–
–
–
–
B5
B7
B2
H1
177,9 (2 × )
178,3 (2 × )
178,9
110,0
B2
–
–
–
–
B8
B7
B1
H2
177,5 (2 × )
178,3 (2 × )
178,9
110,0
B3
–
–
–
–
B4
B6
B5
H3
176,6
177,1 (2 × )
177,5 (2 × )
110,0
B4
–
–
–
–
B3
B6
B8
H4
176,6
178,3 (2 × )
179,3 (2 × )
110,0
B5
–
–
–
–
–
–
B5’
B3
B6
B1
B7
H5
177,3
177,5
177,9
177,9
178,5
110,0
B6
–
–
–
–
–
–
B3
B5
B4
B8
B7
H6
177,1
177,9
178,3
179,2
179,6
110,0
B7
–
–
–
–
–
–
B1
B2
B5
B8
B6
H7
178,3
178,3
178,5
178,8
179,6
110,0
B8
–
–
–
–
–
–
B2
B8’
B7
B6
B4
H8
177,5
177,9
178,8
179,2
179,3
110,0
Cs1
–
–
–
–
–
–
H8
H6
H3
H7
H2
H4
316,5 (2 × )
317,7 (2 × )
318,2
326,6 (2 × )
333,5
339,4
Cs2
–
–
–
–
–
–
–
–
H5
H5’
H7
H8
H2
H3
H4
H1
303,9
314,2
318,3
318,3
319,0
324,2
329,2
331,7
Cs1
– O1
– O2
309,5
318,4 (2 × )
Cs2
– O2
– O1
– O2’
310,3
320,5
325,2
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