in: A. Töpfer: Betriebswirtschaftslehre: Anwendungs- und prozessorientierte Grundlagen, 2. überarb. Aufl., Springer Verlag Heidelberg 2007, S. 557-560 II. Übergeordnete Wertschöpfungsprozesse 557 daraus resultierende Wettbewerbsvorteile. Umgesetzt über verschiedene – hier nicht näher erläuterte – Gestaltungsfelder, wird dabei eine mehrfache Wertorientierung verfolgt: Als ein zentraler Maßstab für die Unternehmensentwicklung fungiert einerseits der Customer Benefit als direkt leistungsbezogener Nutzen für den Kunden und damit als Wert der Beziehung für den Kunden. Dies ist andererseits die Basis für den Customer Value als aus dem Leistungsversprechen erwachsender Beziehungswert des Kunden für das Unternehmen. Dies stellt jedoch bis dahin lediglich das Wertpotenzial des Kunden für ein Unternehmen im Sinne möglicher Kaufaktivitäten des Kunden innerhalb des erwarteten Kundenbindungszeitraums dar. Erst wenn die Kaufakte über die Zeit tatsächlich durch den Kunden getätigt werden, wird die zweite Art des Kundenwertes realisiert, die dem Unternehmen Umsätze und Deckungsbeiträge einbringt. Man nennt dies Customer Equity als den tatsächlich durch das Unternehmen realisierten Kapitalwert des Kunden, also den Teil des Kundenwertpotenzials, den das Unternehmen auf sich ziehen konnte. Kurzgefasst lässt sich damit festhalten, dass Business Excellence die Fähigkeit ausmacht, eine Unique Customer Value Proposition zu erreichen und dabei gleichzeitig den Unternehmenswert zu steigern. Absatzpolitisches Instrumentarium Mit der Abschlussrubrik von Abbildung F-II-10 gehen wir nun noch kurz auf ausgewählte Entscheidungssituationen im Marketingprozess ein. • Das zunächst aufgeführte Entscheidungsfeld einer differenzierten, ziel- und strategiegeleiteten Marktbearbeitung beinhaltet drei verschiedene Handlungsansätze: Die differenzierte Marktbearbeitung stellt das Grundprinzip des Marketing dar und ist direkt aus seiner Entwicklungsgeschichte ableitbar. Wenn die Märkte Aufnahmewiderstände zeigen, dann sind sie kaum noch im Ganzen zu behandeln. Zunächst als einheitlich angesehene Abnehmer-/ Kundengruppen sind also – wie ausgeführt, bis hin zu Ein-Personen-Segmenten – weiter aufzugliedern, um den jeweiligen Teilmengen möglichst maßgeschneiderte Angebote unterbreiten zu können. Hierdurch ist das Konzept der Marktsegmentierung gekennzeichnet, und als dessen Voraussetzung ist eine leistungsfähige Marktforschung aufzubauen. Zu diesen beiden Aspekten können wir auf unsere Ausführungen in A.I.5. und F.III.5. verweisen. Als ziel- und strategiegeleitet ist die Marktbearbeitung in Abgrenzung gegenüber einem eher intuitiven und bei den heutigen Wettbewerbssituationen nicht mehr erfolgversprechenden Vorgehen zu kennzeichnen. Hiermit wird die Verbindung zu den grundlegenden Erläuterungen in diesem und dem vorangegangenen Abschnitt hergestellt. Damit bleibt noch offen, auf welche Weise die Marktbearbeitung aus Sicht des übergeordneten Marketingprozesses geschehen kann respektive welche Steuerungsbeziehungen hierbei zu den direkten und flankierenden Wertschöpfungsprozessen gegeben sind: 558 - - - Kapitel F: Entscheidungssituationen in unterschiedlichen Wertschöpfungsprozessen In einer eher traditionellen, vom Grundsatz aber durchaus weiterhin gültigen Klassifikation kommen wir damit zum so genannten absatzpolitischen Instrumentarium eines Unternehmens. Begrifflich von ERICH GUTENBERG 1955 geprägt, geht es hierbei um Instrumentalbereiche, innerhalb derer mit einzelnen Maßnahmen auf die Absatzmärkte und damit auf den Absatz eines Unternehmens eingewirkt werden kann. Nach der GUTENBERG-Einteilung besteht das absatzpolitische Instrumentarium aus den vier Hauptinstrumenten Absatzmethode, Preispolitik, Werbung und Produktgestaltung. Im englischen Sprachraum wird von Marketing-Entscheidungsvariablen gesprochen. Hier war es E. JEROME MCCARTHY, der 1960 mit seiner Aufgliederung in Product, Place, Promotion und Price eine sehr eingängige Unterscheidung traf. Wegen der gleichen Anfangsbuchstaben konnte diese als Four P’s abgekürzt werden, was sich schnell zur geflügelten Bezeichnung für die absatzpolitischen Instrumentalbereiche entwickelte. Hierfür bildete sich bald noch eine prägnante Gesamtcharakterisierung heraus: NEIL H. BORDEN bezeichnete in einem 1964 erschienen Artikel den MarketingManager als „Mixer of Ingredients“, woraufhin dann allgemein vom Marketing-Mix bzw. von dessen einzelnen (Sub-)Mix-Bereichen gesprochen wurde. Diesem Entstehungszusammenhang entsprechend, wird in Wissenschaft und Praxis bis heute vielfach eine viergliedrige Einteilung der Aktionsparameter des Marketing verwendet. Eine zur zielgruppen-/ kundenbezogenen Leistungs- und Beziehungsgestaltung in wettbewerbsintensiven Märkten wesentliche Variablengruppe hat dabei allerdings keine ausreichende Berücksichtigung gefunden. Hiermit ist der als Mittel zum Herausarbeiten von Kundenvorteilen und damit zum Erzielen von Wettbewerbsvorteilen immer wichtiger werdende Service-Bereich gemeint. Als Kundendienst war er meist dem produktbezogenen Instrumentalbereich untergeordnet. Um das Service-Mix erweitert, gehen wir von einem fünfteiligen absatzpolitischen Instrumentarium aus; in Abbildung F-II-12 ist es als Marketing-Pentagon wiedergegeben. Die Bezeichnung steht hierbei in erster Linie für das Fünfeck als geometrische Figur. Unter den nachstehend aufgeführten Mix-Bereichen sind – in der Literatur teilweise auch als absatzpolitische Teilgebiete mit Produktpolitik usw. bezeichnet – jeweils eine ganze Reihe markt- und kundenbezogener Entscheidungssachverhalte gegeben, die aus der Anbieterperspektive mit folgenden charakteristischen Fragestellungen zusammengefasst werden können. Die Reihenfolge entspricht dabei den Phasen und damit der Logik der Marktbearbeitung. Produkt-Mix: Was für Produktgruppen/ Produkte oder Dienstleistungen bieten wir mit welchem Qualitätsniveau unseren Zielgruppen/ Kunden als Problemlösungen für ihre Bedürfnisse/ Anforderungen an? II. Übergeordnete Wertschöpfungsprozesse 559 Kontrahierungs-Mix: Wie können wir die Preise und Konditionen der Marktleistungen gestalten, so dass sich aus Sicht der Kunden – auch im Wettbewerbsvergleich – ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis ergibt, welches für unser Unternehmen zugleich rentierlich ist? Kommunikations-Mix: Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um die Abnehmer/ Kunden über unser Leistungsangebot und unser Unternehmen zu informieren bzw. mit ihnen in einen direkten Dialog über gewünschte Problemlösungen zu treten, damit gegenüber Konkurrenzunternehmen Vorsprünge in der Käuferpräferenz aufgebaut werden können? Distributions-Mix: Über welche Distributions-/ Vertriebskanäle bieten wir den Zielgruppen/ Kunden unsere Marktleistungen an, und wie ist dabei der physische Transport der Güter/ die Erstellung der Dienstleistungen zu organisieren? Service-Mix: Welche Serviceleistungen wünscht der Kunde vor, während und nach dem Erwerb/ der Nutzung unserer Marktleistungen oder als Ergänzung hierzu, und wie ist dadurch Kundenzufriedenheit und -bindung aufzubauen bzw. zu vertiefen? Die fünf Marketing-Mix-Bereiche kennzeichnen in ihrem Zusammenspiel das Leistungsversprechen, das wir unseren Zielkunden anbieten. Alle fünf Mix-Bereiche erfordern strategische Ausrichtungen und Entscheidungen, die für die Marktorientierung und den Erfolg eines Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind. Unter diesem Blickwinkel sind die Bereiche des Marketing-Mix wichtige Bestandteile von Marketing als Marktorientierte Unternehmensführung. Zusätzlich müssen sie jedoch auch in einer operativen Umsetzung präzisiert und ausgestaltet werden, um im Absatz und Vertrieb die Marktleistungen des Unternehmens erfolgreich absetzen zu können. Dies entspricht bei allen fünf Instrumentalbereichen des Marketing-Pentagon dem – operativen – Marketing im engeren Sinne. Aufbauend auf den vorstehenden Einordnungen geben wir in den folgenden Unterabschnitten eine Übersicht zu den marktorientierten Entscheidungssachverhalten in den einzelnen Mix-Bereichen. Bei der wertschöpfungsprozessbezogenen Grundlegung dieses Hauptkapitels werden damit die Bezüge zu den weiteren Prozessen der unternehmerischen Wertschöpfung aufgezeigt; so ergibt sich das Gesamtbild zusammen mit den – eher ressourcenorientierten – Ausführungen zu den im Verlauf von F.III. und F.IV. erläuterten direkten und flankierenden Prozessen. • Zur nachhaltigen Sicherung von Unternehmenserfolg, -fortbestand und -wachstum kommt noch ein weiter gehender Ansatz hinzu. Auf der Basis eines umfassenden Relationshipmanagement und eines Business Excellence-Niveaus sind mit den jeweiligen Kunden dauerhaft tragfähige Erfolgspartnerschaften einzu- 560 Kapitel F: Entscheidungssituationen in unterschiedlichen Wertschöpfungsprozessen gehen. Dies wird als Value Marketing bezeichnet, und darauf kommen wir am Ende der Ausführungen in F.II.2.f. zurück. Di n st tio •D rib ika R ist un g/ P - V rib ut m n i u u m e io t r t n o Ve rtr.s ion ns )K örde atio ka s n i r y g k f t e fs nik tin • P Ve rie ste an -M n s s rtr bs m äl u a kau mu rke h ix ys ieb or e/ e m (M er om a isc sw ga M e M m V t a K he e ne k g/ e g o r e k o g r l r i n tpe K D i e/ st r D nd bu lba ia ne • I er itte t-/ D ge ibu istr tra W m ek a .gr t tio i r n o i ad Im n n U D / • im ke e r a M • Markt- ru n g -Mix ngs ieru segmente • Produktprogramm • Produktdifferenzierung • Technologie • Qualität • Design • LZ-Phasen ix nzie eis • Pr isdiffere e • Pr atte b n • Ra ditione n • Ko trah Kon Zielgruppen • Sy s • Ge temkom w • Pr ährleis petenz e -/ A t t-/ A ung/ Ga - Inf fte ra ., - Kd Beratu r-Sales ntie -Ser ng, .dien Q vic st, W u artu alifizieru es ng, Ents ng Serv o rg u iceng M ix -M s on Produkt-Mix Abb. F-II-12: Das absatzpolitische Instrumentarium in der Form des Marketing-Pentagon b. Produkt-Mix Der Bereich des Produkt-Mix umfasst die elementaren Entscheidungen zu den Marktleistungen eines Unternehmen; hier ist – in Verbindung mit dem übergeordneten Steuerungsprozess der strategischen Unternehmensentwicklung und -planung – festzulegen, mit welchen Produkten oder Dienstleistungen den aktuellen und potenziellen Kunden Problemlösungsangebote unterbreitet werden sollen. Als Ausgangs- und Bezugspunkt der anderen Instrumentalbereiche nimmt der Produkt-Mix eine zentrale Stellung ein; im Marketing-Pentagon (Abb. F-II-12) ist er deshalb als Basis-Bereich auf die Grundlinie der geometrischen Figur des Pentagon gesetzt.