Mesoebene 1 - Marina Mather

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Szenario, Erzählung
Mesoebene
Makroebene
Mikroebene
Die Ebene Mensch das Individuum,
der Dialog, informelle Kontakte,
Szenen des alltäglichen Lebens
- Handlungs - Wissensprozesses.
Der “modus operandi“ vor Ort,
quasi ”die Unternehmenskultur”
Analyseebene
Mikroebene
Der architektonische Ort, das Gebäude, welches die Lebens, und
Handlungsprozesse der Menschen,
hervorbringen. Seine Struktur, die
Atmosphäre, die Möglichkeiten.
Mesoebene 1
Der gebaute Kontext - die Gebäude - ”Die Bildungslandschaft”, die Atmosphäre, der
Zwischenraum, die Wissensräume auf ihrem Gipfel, ”als Kultorte” der Geschichte auszeichnen.
Mesoebene 2
Materielle Raumstrukturen höherer Aggregation, Politik, Kultur,
Religion,
Handelsrouten,
Netze welche die Kultorte anliefern bzw. diese erst hervorbringen.
Makroebene 1
Icon
Kapitel 1
”Von der Unternehmenskultur zum Kultort und zurück!”
Wissensräume und Bildungslandschaften
auf dem Weg nach Europa z. B.
”Gab es schon einmal Bildungslandschaften? ”
Scenario 01 .
Scenario 02 .
Scenario 03 .
Scenario 04 .
d
Kap 2; Abb 01 . Raffael ”die Schule von Athen”
Die griechisch, römische Antike
Hochblüte des Islam und Transfer
Das europäische Kloster
Entstehung der Europäischen Universität
Szenario 01 - die griechische Antike
Mikroebene
z. B. Lebenslauf von Phytagoras
z. B. Lebenslauf von Aristoteles
Mesoebene 1 z. B. die Stoa
z. B. die Agora von Athen
Kap 2; Abb 02; 03 . Atmosphäre Stadt und Bibliotek
Mesoebene 2 z. B. berühmte Agoren
z. B. Athen, Pergamon, Priene
Makroebene z. B. Eroberungen Alexanderreich
z. B. Karawanenhandel
z. B. die Bibliothek von Alexandria
Kap 2; Abb 02; 03 . Atmosphäre Bibliotek Alexandria
01 - die griechische Antike
die Mikroebene
Der enorme Verdienst Pythagoras war, dass er viel orientalisches
Wissen in einer Zeit des Verfalls der altorientalischen Kulturen nach
Europa gerettet hat. Viel von seinem Gedankengut hat er von den
Ägyptern und Persern übernommen. Nur ein Beispiel: Der berühmte
“Satz des Pythagoras“ war sicher den alten Ägyptern schon bekannt.
Die Landvermesser Ägyptens wendeten ihn praktisch an, die Geometrie und Zahlentheorie hieraus wird aber von den Griechen
weiterentwickelt. Später wird Euklid diesen Satz Pythagoras
zusprechen.
Der enorme
Verdienst Pythagoras war, dass
er viel orientalisches Wissen
nach Europa
gerettet hat.
Pythagoras, die lebendige Wissensbrücke:
Kap 2; Abb 03 . Pythagoras Reise dauerte 20 Jahre
Pythagoras
wird auf der Insel Samos ca. 570 v. Chr. in Griechenland geboren.
Schon früh pilgerte er zu den Gelehrten seiner Zeit. Thales von
Milet (630- 545 v. Chr.) rät ihm nach Ägypten zu reisen und sich
dort in die Mysterien einweihen zu lassen. Von hier gelangte er nach
Babylonien, wo er sich eingehend mit Mathematik, Astronomie,
Naturphilosophie und Musik beschäftigt. Nach 22 Jahren kehrte er
nach Samos zurück. Dort hatte 538 der Tyrann Polykrates die Macht
an sich gerissen; Pythagoras stand in Opposition zu diesem Machthaber, weswegen er sich in den damals hellenistischen Süden Unteritaliens zurückzog. Dort tauchte er ca. 532, spätestens aber 529 v.
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
25
Chr. auf und gründete in Kroton seine Philosophenschule, die ihn
bald auch in anderen Teilen Griechenlands bekannt machte. Pythagoras war ein vorzüglicher Redner, er erlangte Einfluss, den er auch
politisch geltend machte. Spannungen und kriegerischen Auseinandersetzungen der Stadt Kroton mit der Nachbarstadt Sybaris verließ
er nach dem Jahre 510 Kroton und übersiedelte nach Metapont, wo
Kap 2; Abb 03. Mesopotamien, Untergrundschrein und Orakel, ca 300 v. Chr.
In Kroton fand Pythagoras in Milon, dem reichsten Bürger der Stadt
den idealen Mäzen. Pythagoras Ruf als Weiser von Samos hatte sich
zwischenzeitlich in Griechenland verbreitet; Milon aber war noch
berühmter. Von herkuleischer Gestalt war es ihm als einzigen gelungen bei Olympischen Spielen zwölf Siege zu erringen. Neben der
Athletik schätzte und praktizierte Milon Philosophie und Mathematik. Erzählt wird, dass Milon Pythagoras einen Teil seines Hauses
zur Verfügung stellte, der groß genug war, um darin eine Schule
aufzubauen. Hier gründete Pythagoras seine religiös-philosophischpolitische Gemeinschaft von ca. sechshundert Anhängern, zu der
auch mehrere Frauen gehörten. Sie nannte sich‚ pythagoräischer
Bund‘ und ihre Mitglieder bezeichneten sich später als Pythagoreer.
Als sicher gilt, dass zwischen dem Geheimkult der orphischen Mys
terien und den Pythagoräern enge Beziehungen bestanden, wie überhaupt wurde die Schule als enge Gemeinschaft geführt wurde. Der
eingeweihte Kreis verpflichtete sich zu Treue untereinander und zu
Verschwiegenheit nach außen. Die bescheidene pythagoräische
Lebensweise war genau geregelt:
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Die nach ihm
benannten
Pythagoräische
Schule blieb
auch nach
seinem Tod kulturgeschichtlich
bedeutsam.
27
Ein Einblick in die pythagoräische Lebensweise ist uns
von Jamblichos (einem Neuplatoniker ca 350 n Chr.) über liefert:
Kap 2; Abb 05 . Platon und die Akademie von Athen (Mosaik aus Pompeji, um 50 AD)
„In die Geheimnisse des pythagoräischen Bundes eingeweiht zu
werden war nicht einfach. Erste Bedingung war der Verzicht auf
persönlichen Besitz. Dann musste der Neophyt während fünf Jahren
Schweigen üben und hören lernen. Der Tagesablauf begann mit
einem einsamen Morgenspaziergang, denn P. lehrte man solle nicht
mit anderen Menschen zusammentreffen, solange die Seele nicht
vorbereitet und die Gedanken nicht geordnet sind. Nach dem Spaziergang folgten Lehrgespräche, anschließend Leibesübungen. Nach
dem Mittagessen,- auf gesunde Diät wurde Wert gelegt- war der
Nachmittag Fragen der Politik und des Verhältnisses zu Freunden
gewidmet. Abends ging man wiederum spazieren, aber diesmal zu
zweit und zu dritt und unterhielt sich über die tagsüber betriebenen
Studien. Nach dem Abendessen pflegte man die Lektüre. Vor dem
Schlafengehen vergegenwärtigte sich jeder die Begebenheiten des
Tages und beurteilte sein Verhalten.“ Jamblichos verdanken wir
noch folgende Ergänzung: „Abends, wenn seine Jünger schlafen
gingen, befreite er (P) sie von dem verwirrenden Nachhall des
Tages reinigte völlig ihr von den Wogen der Erregung zugeschüttetes
Denken und verschuf ihnen ruhigen Schlaf; beim Aufstehen befreite
er sie von Schlaftrunkenheit und Benommenheit durch bestimmte
eigentümliche Gesänge und Melismen.“
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Die pythagoräische Lebensweise entsprach
offensichtlich
einer gesunden
Mischung aus
Bewegung und
Lehrgesprächen,
sowie Zeit für
Reflektion und
Einordnung.
29
An den Pythagoräern gab es natürlich auch Kritik, beispielsweise
von Aristoteles. Er warf ihnen vor Fakten zu verändern, damit sie in
ihr Denkschema passten:
Aristoteles wird 384 v. Chr. auf
der Halbinsel Chalkidike in Nordgriechenland geboren. Er entstammte einer Medizinerfamilie. Sein Vater war Leibarzt des makedonischen Königs Amyntas. Mit 17 ging er nach Athen um in dort in
die Akademie Platons einzutreten. Hier war er über 20 Jahre hin
durch Schüler und später Lehrer. Über das Verhältnis zu Platon wird
Widersprüchliches berichtet, es scheint, dass sie manchmal recht
unterschiedlicher Meinung waren. Der über 40 Jahre ältere Platon
bestimmte ihn jedenfalls nicht zu seinem Nachfolger. Noch im Jahre
seines Todes 347 v. Chr. verlässt Aristoteles Athen, um nach Kleinasien zu gehen und in Assos seine platonische Akademie zu gründen.
Schon 2 Jahre später begibt er sich mit seinem Freund Theophrastos
nach Mytilene auf Lesbos um biologische Studien zu machen. Im
Jahre 342 v. Chr. ereilte ihn der Ruf des Makedonischen Königs
Philipp II (der Griechenland mit militärischen Mitteln einigte), um
als Lehrer für seinen Sohn Alexander, des späteren Alexander des
Großen tätig zu sein. Nach dem Tode Philipps II im Jahre 336 v. Chr.
übernahm Alexander die Macht und bereits zwei Jahre später 334
brach er zu seinen großen Siegen auf. Aristoteles, der kein Freund
dieses Großmachtstrebens war, begleitete ihn nicht, sondern ging
zurück nach Athen um dort eine eigene Forschungsstätte das Lykeion
die Wege des Aristoteles:
Lykeion u. Gymnasion
Kap 2; Abb 05 . Athen, Agora und Akropolis, Orte in einer Landschaft
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Aristoteles
ist wohl der
bedeutendste
Philosoph und
Naturforscher
des Abendlandes.
31
(siehe: lycée) zu gründen. Aristoteles hatte bald eine große Bibliothek, u. a. sammelte er alle Staatsverfassungen und legte Sammlungen von Pflanzen und Tieren an. 12 Jahre dauerte diese bedeutende Forschertätigkeit bis sich nach dem Tode Alexanders, ca 322
v Chr. eine antimakedonische Stimmung in Athen breit machte,
schließlich hatten die Makedonier der Stadt Athen die Freiheit genommen. Er flüchtete auf das Landgut seiner Mutter in Chalkis
Euboia, wo er wenige Monate später starb. Aristoteles ist wohl
der bedeutendste Philosoph und Naturforscher des Abendlandes.
Sein universales Werk ist das weitreichendste, und gilt seit dem
13. Jh. als die wichtigste Grundlage der mittelalterlichen Scholastik
z. B. des Albertus Magnus oder Thomas von Aquin. Obwohl er zu
Lebzeiten nur eine handvoll Schüler gehabt haben soll, unterrichtete
so später Tausende an den mittelalterlichen Universitäten. Sein Einfluss dauert bis heute an.
Kap 2; Abb 05 . Stadtmauer Athen, Agora und Akropolis, sowie außerhalb das Lykeion
(von griechisch Λύκειον, Lykeion; latinisiert
Lyceum, deutsch auch Lyzeum geschrieben) war in der Antike ein
dem Apollon Lykeios geweihter Hain mit Gymnasion nahe Athen.
Das Lykeion ist benannt nach den Wolfskopf-Skulpturen, mit denen
das Lykeion geschmückt war (griech. lykos = „Wolf“).
das Lykeion: Peripatos ist der Name der philosophischen Schule des Aristoteles. Wie die anderen philosophischen Schulen Athens (Akademie,
Stoa, Kepos) erhielt sie ihren Namen von dem Ort, an dem der
Kap 2; Abb 05 . Darstellung Aristoteles lehrt im Peripatos
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Sein universales
Werk ist das
weitreichendste und gilt als
die wichtigste
Grundlage der
mittelalterlichen
Scholastik.
Wie die anderen
philosophischen
Schulen Athens
erhielten auch
das Lykeion, an
dem Aristoteles
unterrichtete,
seinen Namen
nach dem Ort
(Lykeios Hain
mit Gymnasion
nahe Athen)
33
Unterricht stattfand, in diesem Fall von dem „Peripatos“ (περίπατος
„Wandelhalle“). Die Angehörigen der Schule heißen Peripatetiker.
Aristoteles lehrte am Lykeion zusammen mit seinem engen Freund
und Mitstreiter Theophrast, in einem Park nahe Athen außerhalb der
Stadtmauern.
war f
Als Stoa (griech. στοά) wird eines der
wirkungsmächtigsten philosophischen Lehrgebäude in der abendländischen Geschichte bezeichnet. Tatsächlich geht der Name
(griechisch στο ποικίλη – „bemalte Vorhalle“) auf eine Säulenhalle
auf der Agora dem Marktplatz von Athen, zurück, in der Zenon von
Kition um 300 v. Chr. seine Lehrtätigkeit aufnahm. Ein besonderes
Merkmal der stoischen Philosophie ist die kosmologische, auf
Ganzheitlichkeit der Welterfassung gerichtete Betrachtungsweise,
aus der sich ein, in allen Naturerscheinungen und natürlichen
Zusammenhängen, waltendes göttliches Prinzip ergibt. Für den
Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser Ordnung zu
erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler
Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe
von Gelassenheit und Seelenruhe zur Weisheit strebt. Die Stoa Peripatos ist die
Säulenhalle am
Lykeion in der
Aristoteles unterrichtete; Seine
Schüler werden
Peripatetiker
genannt.
1
Das Gymnasion war in altgriechischer Zeit ein Ort der Muße
(σχολή, scholé, daher das Wort für „Schule“), für körperliche und
geistige Übungen. „In der griechischen Kultur spielte es zweifellos
die zentrale Rolle bei der Vermittlung der körperlichen, charakter-
Mit dem Namen
”Stoa” steht
tatsächlich ein
Gebäude für
eines der wirkmächtigsten
philosophischen
Lehrgebäude der
abendländischen
Geschichte.
”Paideia” bedeutet 1. die intellektuelle u. ethische
Erziehung wie 2.
die Bildung als
Besitz und Ergebnis des Erziehungsprozesses.
Kap 2; Abb 03 . Stoa - Säulenhalle auf der Agora
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
35
lichen und intellektuellen Bildung. Erst in hellenistischer Zeit (ca.
336 - 30 v. Chr.) wandelte es sich zu der öffentlichen Einrichtung,
die eine umfassende „Paideira“ vermittelte. Das Gymnasion
war weitläufig gestaltet und gehörte mit dem Theater, den Tempeln,
dem Bouleuterion, zu den schönsten Repräsentationsbauten jeder
griechischen Polis. Der Gebäudekomplex umfasste neben einer
”Palaistra” mehrere Laufbahnen und Wandelgänge, dazu Einrichtungen für weitere sportliche Übungen, Laufen, Speer- und Diskuswerfen, und häufig sogar über eine Parkanlage. Später kamen Badeanlagen und die Bibliothek hinzu. Die griechische Aristokratie bildete sich diese Einrichtung - auch in institutioneller Hinsicht - aus.
Sie ergänzte ein privates Angebot an Hauslehrern, welche Gruppen
einzelner Altersstufen in rhetorischen oder philosophischen Kursen
auf privaten Grundstücken, oder öffentlichen Plätzen und Gebäuden, unterrichteten. (Auch die Stoiker lehrten an mehreren Orten.)
Entsprechend diente die neugeschaffene Institution keineswegs nur
dazu, körperliche und taktische Fähigkeiten der Heerestruppe zu
stärken, vielmehr war dies ein Ort adeliger Kommunikation und die
ideale Bühne zur Selbstdarstellung im edlen Wettstreit mit anderen
Adligen. Nicht ungewöhnlich war auch, dass Wanderlehrer mit einer Schar von Anhängern in das örtliche Gymnasion einzogen und
sich effektvoll dem lokalen Publikum präsentierten. Die Aufenthalte
und Lesungen der Philosophen waren außerordentliche und vielbeachtete Ereignisse. Inschriften über Ehrungen belegen dies. Vielfach
wurde die Redner auch mit großzügigen Geldgeschenken bedacht.
Gymnasion von Pergamon
Gymnasion von Priene
Kap 2; Abb 03 .
Anlage des Gymnasion von Pergamon und Priene
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
“In unabsehbaren
Reihen zogen sich
die Hallen mit
hunderten von
Säulen hin, oft aus
kostbarem Marmor
gearbeitet. In der
Mitte mit paradiesischen Baumpflanzungen erhob sich
der Säulenwald,
der die Palästra“
(=Ringplatz) umgab.
Zusammen mit
dem Dromos
(=Wettlaufbahn)
bildete sie das herzstück des
griechische
Gymnasions.
„Die Gestalten der
durch Kraft und
Schönheit ausgezeichneten Athleten
zeigten die Frucht
der körperlichen
Erziehung,...
Bildsäulen der Philosophen lenkten den
Blick in die Höhe
1 nach Petersen;
in P. Scholz, 2007
37
die Mesoebene
Die griechische Agora - eine Versammlung autonomer
Die Agora steht für den Dialog der Gebäude
Einzelkörper:
10
9
1
im öffentlichen Raum, aufgespannt über einer frei begehbaren Mitte. Die Gebäude beinhalten religiöse und öffentliche Nutzungen,
Tempel, Altäre, Rathaus, Behörden, und die öffentliche Säulenhalle,
8
die Stoa. Mehrere solcher Stoen versammelte eine Agora. Mit
7
2
3
4
der Zeit ergeben sich Schwerpunkte der Nutzung der verschiedenen
Stoen: „Die Stoa der Philosophen, die offizielle Stoa in der Gesetzestexte ausgestellt wurden, in einer anderen Stoa waren Liegen auf
gestellt , und man verband hier den Unterricht mit einem Mahl, oder
eine Stoa in der Handel betrieben wurde.“ Ob man nun tatsächlich
handelte oder ein “Thema behandelte“ die Stoa ist „ein freigestellter
Schwellenbereich“, der den Beginn von Konzentration ermöglicht.
Die Stoa war ein
Ort multifunktionaler Nutzung,
z. B. der Lehre,
der gesetzesauflage, des Handels, wie der
Muße oder
”einfach ein
schattiger Ort”.
5
“Ich bin die Grenze der Agora“ ! Den Beginn der Agora
6
1 Stoa des Zeus; 2 Metroon; 3 Bouleuterion; 4 Tholos; 5 mittlere Stoa; 6 Heliaia; 7 Stoa des Attalos; 8 - 11 Stoa;
Kap 2; Abb 03 . Agora von Athen; 2. Jahrh. v. Chr.
setzt ein einfacher Grenz-Stein. Dieser trägt einen einfachen Schrift
zug. In Athen nimmt die Agora Platz auf halber Höhe zwischen
Akropolis und Stadt. Sie ist der tägliche Treffpunkt des Volkes.
Heeres -, Gerichts- und Volksversammlungen werden hier abgehalten. “Die Agora“ als Versammlungsort ist ein bedeutender Schritt
auf dem Wege zur Entwicklung der ersten, der attischen Demokra
tie, „die den männlichen (freien) Bürgern der Stadt Mitbestimmungs02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
39
rechte gewährte“. Sie wurde unter heftigem Ringen des Adels mit
dem einfachen Volk errungen. Die Agora sammlte nicht nur
Gebäude verschiedenster öffentlicher oder kultureller Inhalte an,
sondern auch Menschen des gesamten Einzugsgebiets der damaligen mediterranen Welt.
Agora Geistige Mittelpunkte wie das klassische Athen zog
als größte Polis viele Fremde, die “Metöken“ an. Um 313 v. Chr
Weltforen Geistige Mittelpunkte wie das klassische Athen zog
als größte Polis viele Fremde, die “Metöken“ an. Um 313 v. Chr
zählte man 10 000 Fremde “Metöken“ und 21 000 Vollbürger
“Politen“. Im 2. Jh. v. Chr. stieg die Zahl der Fremden noch an. Der
Vorteil: Mehrere Wissensräume konnten über diese bedeutenden
Agoren eingefangen und zum Austausch gebracht werden. Umgekehrt ist interessant, dass die Herrscher verschiedenster Länder (z. B.
Ägyptens, Syriens, od. Pergamons) ebenfalls auf diesen Weltforen
präsent sein wollten und anfingen ihre Macht und Kultur in Form
von Bauwerken zu demonstrieren. Dadurch nahm die Bautätigkeit
auf der Agora enorm zu. So entstanden viele der imposanten Stoen.
Im 2. Jh. v. Chr. war die Agora von Athen auf allen Seiten von Gebäuden umgeben.
Kap 2; Abb 03 . Agora von Pergamon - Abb 04 . Weltforen ,Athen, Pergamon, Priene, Milet,
02
Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
die Agora als
Weltforum
brachte die antige Geisteswelt
zum Austausch.
Interessant ist,
dass auch die
Herrscher anderer Länder durch
den Bau einer
Stoa an diesen
Kultorten
präsent sein
wollten.
41
Weltforen Geistige Mittelpunkte wie das klassische Athen zog
als größte Polis viele Fremde, die “Metöken“ an. Um 313 v. Chr
zählte man 10 000 Fremde “Metöken“ und 21 000 Vollbürger
“Politen“. Im 2. Jh. v. Chr. stieg die Zahl der Fremden noch an. Der
Vorteil: Mehrere Wissensräume konnten über diese bedeutenden
Agoren eingefangen und zum Austausch gebracht werden. Umgekehrt ist interessant, dass die Herrscher verschiedenster Länder (z. B.
Ägyptens, Syriens, od. Pergamons) ebenfalls auf diesen Weltforen
präsent sein wollten und anfingen ihre Macht und Kultur in Form
von Bauwerken zu demonstrieren. Dadurch nahm die Bautätigkeit
auf der Agora enorm zu. So entstanden viele der imposanten Stoen.
Im 2. Jh. v. Chr. war die Agora von Athen auf allen Seiten von Gebäuden umgeben.
hn
Laufba
hn
Laufba
n
Stadio
Kap 2; Abb 03 . Agora von Priene - Abb 04 . das antikes Gymnasion mit angeschlossenem Stadion
Kap 2; Abb 03 . Agora von Priene, bleu angelegt altes und neues Gymnasion
Pergamon
Priene
„Aristoteles ist einer der berühmtesten Metöken
Athens” Metöke (von griech.: meta mit und oikos Haus, also „Mitwohner“) ist in der griech. Antike ein dauerhaft in der jeweiligen
Stadt lebender Fremder. Er besaß kein Bürgerrecht (und damit keine politischen Mitwirkungsrechte). Die Metöken mussten in Athen
eine spezielle Steuer (metoikion) entrichten und standen dafür unter
einem gewissen Schutz des Staates. Vor Gericht und bei Rechtsgeschäften mussten Metöken sich durch einen Bürger vertreten lassen.
Sie durften in Athen keinen Grundbesitz erwerben, mussten daher
auf landwirtschaftliche Aktivitäten verzichten und waren daher
überwiegend in Handwerk, Handel und Geldverleih tätig, wurden
aber wie die Bürger zum Kriegsdienst herangezogen:”
tte
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ee
r
Milet
Die Metöken
Mi
Athen
Weltforen
östliches
Kap 2; Abb 04 . Weltforen der Antike: Athen, Pergamon, Priene, Milet
Kap 2; Abb 04 . Wissensraum östliches Mittelmeer
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
45
die Makroebene + Mesoebene
Die Eroberungen und Karavanenhandel
Alexandria
Kap 2; Abb 03 . Alexanderreich 356-323 v. Chr.
Parallel
zu den Erfolgen Alexander´s des Großen entwickelte griechisches
Wissen und Kultur eine enorme Blüte. Die wirklichen Zentren griechischer Kultur lagen also in Alexandria, in Seleukia in Syrien und
Pergamon in Kleinasien. Der Welthandel im Ptolemäer und Seleukidenreich reichte ab 300 v. Chr. vom Seehandel im Mittelmeer
raum bis zur Seeverbindung durchs rote Meer nach Indien. Zugleich
zogen die Karawanenstraßen von Seleukia, Ekbatana, Baktra auf
der Seidenstraße bis nach China und Indien. Universale Wirtschaftsbeziehungen wurden durch die Einführung des attischen Münzfuß
als Einheitswährung erleichtert. Griechisch als Weltsprache brachte
die Kulturen miteinander ins Gespräch.
Alexandria, 331 v. Chr.
von Alexander dem Großen gegründet, war in Ihrer Blütezeit um
300 v. Chr. bis 395 n. Chr. ein wirtschaftliches, geistiges und politisches Zentrum der römisch-hellenistischen Welt. Die berühmte
Bibliothek von Alexandria (1.Bib. 300 v. Chr. - 2. Bib. 200 n. Chr.)
wurde zum größten Umschlagplatz antiken Wissens, den die Welt
bis dahin gesehen hatte. Sie war Lehr- und Forschungsstätte zu
gleich! Die Methode der Wissensbeschaffung war ebenso radikal
wie wirkungsvoll. Jedes Schiff, das im Hafen von Alexandria ankam, musste alle mitgeführten Schriften der Bibliothek überlassen
Zentren griechischer Kultur
lagen in Alexandria, in Seleukia
in Syrien und
Pergamon in
Kleinasien.
Griechisch galt
als Weltsprache
Die Einheitswährung erleichterte den
Handel.
Die Bibliothek von Alexandria Kap 2; Abb 03 . Bedeutende Handelswege und Verlauf der Seidenstraße im 1. Jh. n. Chr.
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Die berühmte
Bibliothek von
Alexandria wurde der größte
Umschlagplatz
antiken Wissens.
47
und bekam Kopien zurück. Die Bibliothek wächst bald auf einen
geschätzten Bestand von 700 000 Schriftrollen an, eine Anzahl, die
von nachfolgenden Bibliotheken erst im 18. Jh. wieder erreicht
wird. Lehrer und Schüler fanden dort ein Umfeld vor, indem die
Schriften aller großen Gelehrten über Mathematik, Astronomie, Geometrie, Landkarten und medizinische Abhandlungen nicht nur aufbewahrt sondern auch diskutiert und geforscht wurde. Das Geheimnis der Bibliothek von Alexandria lag in der Mischung der Kulturen.
Das Bibliotheksgelände war d e r Treffpunkt der berühmtesten Gelehrten und Weisen der Zeit. Aus widersprüchlichen Quellen wird
Kap 2; Abb 03 . So könnte sie ausgesehen haben ”am Beispiel Edfus das Bild einer Medizinschule des alten Ägypten mit ihrem Tempel, den Haupt- und Nebengebäuden sowie den ausgedehnten Heilpflanzengärten zu zeichnen.”
mehrmals über Brände und die Vernichtung immenser Schriftbestän
de berichtet, z. B. 48 v. Chr. als Caesar Schiffe im Hafen verbrannte.
Die Zweite Schule von Alexandria begann zu florieren als Rom die
Dominanz im Mittelmeer übernahm. Im 3. Jh. nach Chr. wirkten
hier z. B. der berühmte Arzt Galen, aus Pergamon oder Ptolemäus.
Hier wurde die 1. Stufe der Institutionalisierung des Wissens gelegt.
Über das Römische Reich übte griechisches Wissen und Kultur
einen nachhaltigen Einfluss auf die gesamte westliche Welt aus.
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Die Methode der
Wissensbeschaffung war ebenso
radikal wie
wirkungsvoll.
Jedes Schiff, das
im Hafen von
Alexandria
ankam, musste
alle mitgeführten Schriften
der Bibliothek
überlassen und
bekam nur Kopien zurück.
In Alexandria
wurde die 1.
Stufe der Institutionalisierung
von Wissen
gelegt.
49
Die Seidenstraße Kap 2; Abb 03 . der Karawanenhandel
Kap 2; Abb 03 . Seidenstraße, in Zentralasien
Der Karawanenhandel ist so alt wie
die babylonische Kultur. Das hochentwickelte Netz von Handelswegen, das seit der Antike das Mittelmeer mit Zentralasien und
Fernost verbindet wird heute unter dem Begriff Seidenstrasse zusammengefasst. Die Nordroute, verlief nördlich des Tarimbeckens
und wurde bereits um 430 v. Chr. von Herodot detailliert beschrieben. Die Südroute begann in Mesopotamien und führte über Ekbatana nach Kyreschata zum Fluss Silis und weiter. Dabei ist die Seidenstraße keineswegs eine natürliche Verbindung, dennoch war Ihre
Bedeutung als Transferkorridor in vielerlei Hinsicht so lohnend,
dass er über Jahrtausende aufrecht blieb. Die Wüsten und Steppen
Zentralasiens gehören indes zu den unwirtlichsten Strecken der
Erde. Hat man von Westen kommend die Taklamakan-Wüste erreicht ist man umgeben von den höchsten Gebirgsketten der Erde.
Das Klima ist rauh, die Temperaturunterschiede von über 40 °C
im Sommer bis unter -20 °C. im Winter. Die Seidenstrasse verbindet
daher weite Gebiete nomadischer Lebensweise mit einigen Punkten
langer sesshafter Tradition in den Oasen. In diesen Zentren trifft
man auf eine hochentwickelte städtische Kultur, kombiniert mit sorgsam angelegten Bewässerungssystemen wurden Früchte und Gemüse kultiviert. Von hohen Mauern umgeben trotzen diese dichten
Kristallisationskerne der Zivilisation häufigen Sandstürmen und periodisch wiederkehrenden feindlichen Eroberungsstürmen. In enger
Symbiose lebten sie mit dem hochentwickelten Handelssystem. Die
Seidenstraße transportierte nicht nur Waren wie Gewürze, Seide,
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
Dabei war die
Seidenstraße
keineswegs eine
natürliche Verbindung, trotz
aller Unwirtlichkeiten war
ihre Bedeutung
in vielerlei Hinsicht so lohnend,
dass sie über
Jahrtausende
aufrecht blieb.
51
Glas und Porzellan, nicht nur Kaufleute und Armeen gelangten auf ihr
von Ost nach West und von West nach Ost, sondern auch wie immer
geartete neue Information, Technik, ja ganze Religionen und Kulturen kamen hier zum Austausch und darüberhinaus verband sie
Netzwerke von Gelehrten. Auf diese Weise erreichte z. B. der Buddismus China und Japan und wurde dort zur vorherrschenden Religion. Auch das Christentum drang über die Seidenstraße vor bis zur
damaligen chinesischen Hauptstadt; Papier und Schwarzpulver hingegen nahmen den Weg zurück und gelangten über die arabischen
Länder später nach Europa. Zu architektonisch sichtbarem Wohlstand gelangten Oasenstädte wie z. B. Merv, Chiwa, Buchara, Samarkand. Samarkand gehört zu den ältesten Städten der Welt; schon
vor 2750 Jahren in der fruchtbaren Ebene des Serafschan gegrüdet.
Die Seidenstraße
transportierte
nicht nur Waren
wie Gewürze,
Seide, Glas,
Porzellan, nicht
nur Kaufleute
und Armeen,
sondern auch
Religionen und
ganze Kulturen
und verband
darüberhinaus
Netzwerke von
Gelehrten.
Kap 2; Abb 03. oben Oasenstadt Chiwa; unten Buchara, rechts Samarkand
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
53
Kap 2; Abb 03. Die Oasenstadt Chiwa; innen und außen
Kap 2; Abb 03 . Buchara, Moscheebezirk mit Koranschule
02 Wissensräume und Lernlandschaften auf dem Weg nach Europa
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